Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 21. Nov. 2014 - 13a B 14.30107

bei uns veröffentlicht am21.11.2014
vorgehend
Verwaltungsgericht München, 1 K 13.30263, 10.09.2013

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der am 23. August 1984 in Mashad (Iran) geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger und tadschikischer Volkszugehöriger muslimisch-schiitischen Glaubens. Er reiste nach eigenen Angaben im Dezember 2010 über Griechenland, Italien und Frankreich per Bahn ins Bundesgebiet ein. Am 19. Januar 2011 stellte er Asylantrag.

Bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) am 23. Februar 2011 gab er Folgendes an: Er habe ursprünglich mit seiner Familie in Iran gelebt. Dort sei er sieben Jahre lang zur Schule gegangen. Im Jahr 1986 sei seine Familie wieder nach Afghanistan gegangen und habe fortan in der Stadt Herat gelebt. Dort habe er als gut beschäftigter Berufsfotograf gearbeitet. Er sei im Frühjahr 2010 geflohen, weil ihm ein Clanchef einen Racheakt angedroht habe. Er sei im Mai/Juni 2010 in der Provinz/Stadt Ghor drei Tage lang als Hochzeitsfotograf tätig gewesen. Dieser Ort sei ca. 20 Autostunden von Herat entfernt. Dort habe der Sohn eines Großgrundbesitzers (Clanchef Khan) mit zahlreichen Gästen in einer großen Villa seine Hochzeit gefeiert. Die Feier sei teuer und prächtig gewesen. Hierbei habe er hochrangige und berühmte Leute fotografiert und gefilmt. Die Personenaufnahmen hätten auch in den vielen Obstplantagen (Äpfel und Orangen) um die Villa herum stattgefunden. Hierbei habe er zufällig den Opiumanbau hinter den Obstplantagen gefilmt und fotografiert. Nach Hause zurückgekehrt habe er drei Tage nach der Hochzeit einen Freund seines Vaters, welcher der Leiter der Drogenbekämpfungsbehörde der Provinz Herat und anderer Provinzen sei, angetroffen und ihm erzählt, dass er auf der Plantage des Clanchefs Opiumanbau beobachtet habe. Außerdem habe er ihm die entsprechenden Fotos gezeigt. Eine Woche nach der Hochzeit habe der Clanchef das Film- und Fotomaterial in Herat abholen lassen. Danach habe der Behördenleiter auf dem Anwesen des Clanchefs eine polizeiliche Kontrolle vornehmen lassen. Der Clanchef sei aber von dem Kommandeur dieses Gebiets gedeckt worden. Anschließend sei der Leiter der Drogenbekämpfungsbehörde selbst zu dem Anwesen des Clanchefs gefahren, um sich eigene Erkenntnisse zu verschaffen. Danach hätten die Leute des Clanchefs nach ihm als Fotografen im Geschäft sowie im Elternhaus gesucht, mit dem Vorwurf, er habe den Clan bei der Polizei angezeigt. Sie hätten gedroht, ihn deshalb zu bestrafen und zu vernichten. Er habe sich zu diesem Zeitpunkt bei einem Freund in der Stadt Jebrail aufgehalten. Sein Vater habe ihn rechtzeitig gewarnt. Danach sei er mit dessen Unterstützung geflüchtet. Die Dateien der verdächtigen Fotos habe er gelöscht.

Mit Bescheid vom 8. März 2013 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter ab (1.), stellte fest, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (2.) und Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorliegen (3.) und drohte dem Kläger die Abschiebung nach Afghanistan an (4.).

Im nachfolgenden Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht München beantragte der Kläger die Anerkennung als Asylberechtigter und darüber hinaus die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG und Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG vorliegen. In der schriftlichen Klagebegründung (Schriftsatz v. 22.4.2013) machte der Kläger geltend, dass der im Hintergrund einzelner Personenfotos zu erkennende Opiumanbau zufällig ins Bild geraten sei. Aus heutiger Sicht halte er es für einen Fehler, den Freund seines Vaters informiert zu haben. Im Jahr 2012 hätten die Leute des Clanchefs sein Elternhaus in Herat aufgesucht und damit gedroht, seinen jüngeren Bruder als Geisel zu nehmen, um dadurch seinen eigenen Aufenthaltsort zu erfahren. Außerdem sei sein Vater körperlich attackiert worden. Daraufhin habe seine Familie Afghanistan verlassen und lebe seitdem illegal in der Nähe von Mashad. Er habe zu seinen Angehörigen in Iran noch telefonischen Kontakt. In der mündlichen Verhandlung vom 10. September 2013 führte der Kläger ergänzend Folgendes aus: Er sei in Herat ein bekannter Fotograf. Der Bräutigam, der ihn als Fotograf eingeladen habe, sei ein Bekannter von ihm. Einige Gäste hätten ihn damals gebeten, sie auch vor den Mohnfeldern zu fotografieren. Hierdurch seien die ca. 200 m von den Gästen entfernt gelegenen Mohnfelder ins Bild gekommen. Der Leiter der Antidrogenbehörde habe sich drei der belastenden Fotos auf eine DVD gebrannt und diese mitgenommen. Er habe danach alle Fotodateien gelöscht. Diese seien so umfangreich gewesen, dass die Festplatte für deren Speicherung nicht ausgereicht habe. Nach seiner Ausreise hätten die Leute des Clanchefs noch weiter im Elternhaus nach ihm gesucht, obwohl sein Vater ihnen gesagt habe, er sei im Ausland. Schließlich hätten sie mit der Entführung seines Bruders gedroht. Seine Angehörigen in Iran seien dort mittlerweile als Flüchtlinge anerkannt.

Mit Urteil vom 10. September 2013, dem Kläger zugestellt am 19. September 2013, wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Soweit es um die Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 7 AufenthG gehe, sei die Klage wegen Verfristung unzulässig. Im Übrigen sei sie unbegründet.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung durch Beschluss vom 3. April 2014 (13a ZB 13.30324) hinsichtlich des Begehrens nach Zuerkennung subsidiären Schutzes und Feststellung eines national begründeten Abschiebungsverbots gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG i. V. m. § 138 Nr. 3 VwGO zugelassen.

In der nach Fristverlängerung durch Schriftsatz vom 13. Juni 2013 abgegebenen Berufungsbegründung macht der Kläger geltend, mit dem von ihm damals verwendeten Zoomobjektiv sei es ohne weiteres möglich gewesen, auf 200 m Entfernung Pflanzen detailgetreu zu erkennen. Die vom Verwaltungsgericht gehegten Bedenken hinsichtlich der Glaubwürdigkeit der Bedrohungsgeschichte seien in keiner Weise nachvollziehbare Mutmaßungen, die darauf beruhten, dass der Sachverhalt nicht richtig aufgeklärt worden sei. Im Fall der Abschiebung würde ihm eine extreme Gefahrenlage drohen, weil er in Herat der Rache des Clanchefs ausgesetzt wäre und losgelöst vom Familienverband keine Existenzmöglichkeit hätte. Eine inländische Fluchtalternative wie z. B. Kabul scheide wegen fehlender Lebensgrundlage aus.

Er beantragt,

die Beklagte unter Änderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 10. September 2013 zu verpflichten festzustellen, dass ihm der subsidiäre Schutz zuerkannt wird, hilfsweise dass die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 oder 7 AufenthG vorliegen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den vom Kläger geschilderten Hergang der Aufnahme des Mohnfelds fototechnisch nicht für plausibel und wendet ein, dass das fragliche Mohnfeld weder versteckt noch bekannt gewesen sein dürfte, so dass die Antidrogenbehörde hiervon auch ohne den Hinweis des Klägers hätte Kenntnis erlangen können.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten verwiesen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet (§ 125 Abs. 1 Satz 1, § 128 Satz 1 VwGO).

Das Bundesamt ist nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage der letzten mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AsylVfG) nicht verpflichtet festzustellen, dass für den Kläger subsidiärer Schutz besteht oder ein national begründetes Abschiebungsverbot vorliegt.

Die Voraussetzungen des subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylVfG sind nicht gegeben. Es ist nicht anzunehmen, dass dem Kläger in seinem Heimatland ein ernsthafter Schaden im Sinn dieser Vorschrift droht.

Dafür, dass dem Kläger in Afghanistan die strafprozessuale Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylVfG drohen würde, gibt es keinen Anhaltspunkt.

Die Gefahr von Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung besteht nicht (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG). Die Befürchtung des Klägers, Opfer eines Racheakts eines in der Provinz Ghor ansässigen Clanchefs zu werden, ist abstrakt geeignet, die genannten Tatbestandsmerkmale zu erfüllen. Nach § 4 Abs. 3 i. V. m. § 3c Nr. 3 AsylVfG sind derartige Handlungen nicht nur relevant, wenn sie vom Staat ausgehen, sondern auch dann, wenn sie von nichtstaatlichen Akteuren vorgenommen werden

Der Senat hält die Bedrohungsgeschichte allerdings nicht für glaubwürdig, weil sie Ungereimtheiten und Widersprüche enthält, die sich nicht plausibel auflösen lassen. Es ist schon wenig wahrscheinlich, dass der Kläger als Berufsfotograf ohne Not und Anlass den Auftraggeber eines dreitägigen, bezahlten Hochzeitsfoto-Einsatzes wegen eines Mohnfeldes am Rande von dessen großer Farm bei der Drogenpolizei in einer anderen Provinz anzeigte (Ghor bzw. Herat), zumal Indiskretionen im Zusammenhang mit einem Auftrag durchaus geschäftsschädigend sein können. Gänzlich unverständlich ist dieses Vorbringen des Klägers, weil der Auftrag von dem Bräutigam (Sohn des Clanchefs) erteilt worden war, der nach Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ein Bekannter von ihm war (s. Bl. 60 d. VG-Akte). Insofern ist es auch nicht nachvollziehbar, dass der Kläger vor dem Verwaltungsgerichtshof angab, er wisse nicht, wie der Ort der Hochzeit heißt und wo er liegt. Dieser Vortrag steht außerdem im Widerspruch zu den Angaben vor dem Bundesamt, wo der Kläger erklärte, dass der Ort des Foto-Auftrags die Stadt Ghor war (s. S. 37 d. BAMF-Akte). Auch die Umstände, wie die Aufnahmen von dem fraglichen Mohnfeld zustande kamen, sind nicht plausibel. Vor dem Bundesamt hatte der Kläger angegeben, er habe den Opiumanbau zufällig gefilmt und fotografiert (s. S. 34 d. BAMF-Akte), wohingegen er vor dem Verwaltungsgericht erklärte, die Gäste hätten ihn gebeten, sie auch vor den Mohnfeldern zu fotografieren (s. Bl. 62 der VG-Akte). Letzteres steht allerdings im Widerspruch dazu, dass die Mohnfelder ca. 200 m von den Personen entfernt gewesen seien sollen. Wie auch einem Fotoamateur bekannt ist, wird ein so weit entfernter Hintergrund bei Fokussierung auf die Personen im Vordergrund nur sehr klein und unscharf abgebildet. Außerdem werden die Personen üblicherweise direkt vor einer Blumenwiese platziert. Die ergänzende Behauptung, mit dem von ihm verwendeten Zoomobjektiv könne man Pflanzen in 200 m Entfernung detailgetreu abbilden, geht in zweierlei Hinsicht fehl. Abgesehen davon, dass ein versierter Fotograf bei Porträt- und Gruppenaufnahmen auf den Vordergrund, aber nicht auf „unendlich“ fokussiert, wäre es mit einer maximalen Brennweite von 105 mm (s. Niederschrift vom 20.11.2014, S. 3) ohnehin unmöglich gewesen, das geltend gemachte Ergebnis einer detailgetreuen Abbildung so weit entfernter Blumen zu erzielen. Die Angaben des Klägers widersprechen den einfachen Abbildungsgesetzen, wobei hierfür unterstellt werden kann, dass dieser früher im Besitz einer Kamera vom Typ EOS 5D war.

Zudem erscheint dem Senat eine aus dem geschilderten Vorfall resultierende ernsthafte Bedrohung nicht realistisch. Zunächst hätte ein etwaiges Foto mit einem unscharf abgebildeten farbigen Streifen im Bildhintergrund kaum mehr Beweiswert als die mündliche Mitteilung, dass sich am Rand der Plantage Mohnfelder befänden. Im Übrigen ist auch nicht zu erkennen, warum der Clanchef gerade den Kläger verdächtigt haben sollte, der Drogenpolizei einen Tipp gegeben zu haben. Bei der Vielzahl der Gäste und deren ausgedehnten Spaziergängen wäre die Existenz von Mohnfeldern ohnehin kein Geheimnis gewesen, so dass viele Personen als Informanten in Betracht gekommen wären. Dass die Drogenpolizei ohne zwingenden Anlass den Namen ihres Informanten preisgegeben hätte, ist unüblich und unwahrscheinlich, zumal der Fahndungsleiter ein guter Freund des Vaters des Klägers gewesen sein soll. Gegen eine konkrete Bedrohung spricht weiter die Behauptung des Klägers, die Leute des Clanchefs hätten alsbald nach der angeblichen Razzia und dann noch weitere zwei Jahre nach ihm in Herat, das nach Aussage des Klägers ca. 20 Autostunden entfernt liegt, gesucht (2010/2012) und erst dann mit Repressalien gegen seinen jüngeren Bruder gedroht, weil für das Zuwarten kein Grund ersichtlich ist. Im Übrigen war der Clanchef nach den Angaben des Klägers keiner Konsequenz ausgesetzt, für die er Rache nehmen könnte, zumal dieser vom zuständigen Kommandeur gedeckt werde.

Aufgrund der genannten Umstände ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger nach der von ihm geschilderten Verfolgungsgeschichte nicht der Gefahr eines Racheakts ausgesetzt wäre. Dass die Familie des Klägers (Vater, Mutter, Bruder, Schwestern) mittlerweile in Mashad/Iran lebt, wo sie sich nach Angaben des Klägers schon von 1984 bis 2000 aufhielt, lässt die Bedrohung nicht in einem anderen Licht erscheinen, zumal es vielfältige Gründe gibt, Afghanistan zu verlassen. Diese können auch in der schlechten wirtschaftlichen Lage begründet sein. Für die frühere Behauptung, seine Eltern seien in Iran als Flüchtlinge anerkannt worden, hat der Kläger keinen Nachweis erbracht, sondern lediglich vorläufige Aufenthaltsausweise vorgelegt, die bis 20. Juni 2014 befristet waren (s. Bl. 60, 63 der VG-Akte).

Die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG sind ebenfalls nicht gegeben. Eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines bewaffneten Konflikts ist nicht zu befürchten.

In der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zu der genannten Vorschrift (§ 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a. F.) ist geklärt, dass für Afghanistan im Ganzen und für die zur Westregion gehörende Heimatprovinz des Klägers, Herat, derzeit nicht davon auszugehen ist, dass praktisch jede Zivilperson schon allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betreffenden Gebiet einer ernsthaften Bedrohung für Leib und Leben infolge militanter Gewalt ausgesetzt wäre (vgl. BayVGH, U. v. 15.3.2013 - 13a B 12.30292 - juris; B. v. 26.11.2014 - 13a ZB 14.30366 - juris). Die Gefährdungswahrscheinlichkeit ist dort im unteren Promillebereich. Die Gefahr, Schaden an Leib oder Leben zu erleiden, lag für 2012 bei 0,05% pro Person und Jahr. Unterstellt, auch in Herat läge entsprechend der landesweiten Tendenz seither eine Verschärfung vor, bliebe die Größenordnung des Risikos unverändert (siehe auch BayVGH, B. v. 23.4.2014 - 13a ZB 14.30095 - juris). Eine Gefahrendichte von weniger als 1:1.000 liegt weit unter der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, U. v. 17.11.2011 - 10 C 13.10 - NVwZ 2012, 454 Rn. 23).

Auch die Voraussetzungen eines national begründeten Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 5 oder § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind nicht erfüllt. Hierbei handelt es sich um einen einheitlichen und nicht weiter teilbaren Verfahrensgegenstand, weshalb alle entsprechenden Anspruchsgrundlagen zu prüfen sind (BVerwG, U. v. 8.9.2011 - 10 C 14.10 - BVerwGE 140, 319 Rn. 16 und 17).

Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit eine Abschiebung nach den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention unzulässig (EMRK) ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Vorgängerregelung in § 53 Abs. 4 AuslG(U. v. 11.11.1997 - 9 C 13.96 - BVerwGE 105, 322) umfasst der Verweis auf die EMRK lediglich Abschiebungshindernisse, die in Gefahren begründet liegen, welche dem Ausländer im Zielstaat der Abschiebung drohen ("zielstaatsbezogene" Abschiebungshindernisse). Dabei sind alle Verbürgungen der EMRK in den Blick zu nehmen, aus denen sich ein Abschiebungsverbot ergeben kann. Schlechte humanitäre Bedingungen im Abschiebezielstaat können jedoch nur in besonderen Ausnahmefällen in Bezug auf Art. 3 EMRK ein Abschiebungsverbot begründen. In Afghanistan ist die Lage jedoch nicht so ernst, dass eine Abschiebung ohne weiteres eine Verletzung von Art. 3 EMRK wäre (BVerwG, U. v. 31.1.2013 - 10 C 15.12 - NVwZ 2013, 1167 unter Verweis auf EGMR, U. v. 21.1.2011 - M.S.S./Belgien und Griechenland, Nr. 30696/09 - NVwZ 2011, 413; U. v. 28.6.2011 - Sufi und Elmi/Vereinigtes Königreich, Nr. 8319/07 - NVwZ 2012, 681; U. v. 13.10.2011 - Husseini/Schweden, Nr. 10611/09 - NJOZ 2012, 952). Besondere individuelle Umstände, aufgrund derer der Kläger einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung unterworfen wäre, liegen nicht vor.

Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist ebenfalls nicht gegeben. Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG sind die Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG kann die oberste Landesbehörde anordnen, dass die Abschiebung für längstens sechs Monate ausgesetzt wird.

Eine individuelle erhebliche konkrete Gefahr i. S. v. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegt bei dem Kläger, der nach der Überzeugung des Senats nicht persönlich bedroht war, nicht vor.

Die schlechte Sicherheitslage - eine allgemeine Gefahr im Sinn des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG - kann auch dann nicht als Abschiebungshindernis unmittelbar nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG berücksichtigt werden, wenn sie durch Umstände in der Person oder in den Lebensverhältnissen des Ausländers begründet oder verstärkt wird, aber nur eine typische Auswirkung der allgemeinen Gefahrenlage ist (BVerwG, U. v. 8.12.1998 - 9 C 4.98 - BVerwGE 108, 77). Dann greift grundsätzlich die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG. Eine Abschiebestoppanordnung besteht jedoch für die Personengruppe, der der Kläger angehört, nicht (mehr). Das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr hat durch die Verwaltungsvorschriften zum Ausländerrecht (BayVVAuslR) mit Rundschreiben vom 3. März 2014, Az. IA2-2081.13-15 bezüglich der Rückführungen nach Afghanistan verfügt, dass nach wie vor alleinstehende männliche afghanische Staatsangehörige, die volljährig sind, vorrangig zurückzuführen sind (s. BayVVAuslR Nr. C.3.2).

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist jedoch im Einzelfall Ausländern, für welche ein Abschiebestopp nach § 60a Abs. 1 AufenthG oder eine andere Regelung, die vergleichbaren Schutz gewährleistet, nicht besteht, ausnahmsweise Schutz vor der Durchführung der Abschiebung in verfassungskonformer Handhabung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zuzusprechen, wenn die Abschiebung wegen einer extremen Gefahrenlage im Zielstaat Verfassungsrecht verletzen würde. Das ist der Fall, wenn der Ausländer gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde (st. Rspr. des BVerwG; vgl. nur BVerwGE 99, 324; 102, 249; 108, 77; 114, 379; 137, 226). Diese Grundsätze über die Sperrwirkung bei allgemeinen Gefahren und die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise verfassungskonforme Anwendung in den Fällen, in denen dem Betroffenen im Abschiebezielstaat eine extrem zugespitzte Gefahr droht, sind auch für die Rechtslage nach dem Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes maßgeblich (BVerwG, B. v. 23.8.2006 - 1 B 60.06 - Buchholz 402.242 § 60 Abs. 2 ff. AufenthG Nr. 19).

Im Hinblick auf die unzureichende Versorgungslage hat sich die allgemeine Gefahr in Afghanistan für den Kläger nicht derart zu einer extremen Gefahr verdichtet, dass eine entsprechende Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG geboten wäre. Wann allgemeine Gefahren von Verfassungs wegen zu einem Abschiebungsverbot führen, hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalls ab und entzieht sich einer rein quantitativen oder statistischen Betrachtung. Die drohenden Gefahren müssen jedoch nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Bezüglich der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der drohenden Gefahren ist von einem im Vergleich zum Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit erhöhten Maßstab auszugehen. Die Gefahren müssen dem Ausländer daher mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen. Dieser Wahrscheinlichkeitsgrad markiert die Grenze, ab der seine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich unzumutbar erscheint. Das Erfordernis des unmittelbaren - zeitlichen - Zusammenhangs zwischen Abschiebung und drohender Rechtsgutverletzung setzt zudem für die Annahme einer extremen Gefahrensituation wegen der allgemeinen Versorgungslage voraus, dass der Ausländer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach seiner Rückkehr in sein Heimatland in eine lebensgefährliche Situation gerät, aus der er sich weder allein noch mit erreichbarer Hilfe anderer befreien kann (Bergmann in Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl. 2013, § 60 AufenthG Rn. 54). Das bedeutet nicht, dass im Falle der Abschiebung der Tod oder schwerste Verletzungen sofort, gewissermaßen noch am Tag der Abschiebung, eintreten müssen. Vielmehr besteht eine extreme Gefahrenlage auch dann, wenn der Ausländer mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungertod ausgeliefert werden würde (vgl. BVerwG, U. v. 29.6.2010 - 10 C 10.09 - BVerwGE 137, 226).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ergibt sich aus den Erkenntnismitteln nicht, dass ein alleinstehender arbeitsfähiger männlicher afghanischer Rückkehrer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach einer Rückkehr in eine derartige extreme Gefahrenlage geraten würde, die eine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich als unzumutbar erscheinen ließe. Zwar ist die Versorgungslage in Afghanistan schlecht, jedoch ist im Wege einer Gesamtgefahrenschau nicht anzunehmen, dass bei einer Rückführung nach Afghanistan alsbald der sichere Tod drohen würde oder alsbald schwere Gesundheitsbeeinträchtigungen zu erwarten wären (seit U. v. 3.2.2011 - 13a B 10.30394 - juris; zuletzt U. v. 30.1.2014 - 13a B 13.30279 - juris). Der Betroffene wäre selbst ohne nennenswertes Vermögen und ohne familiären Rückhalt in der Lage, durch Gelegenheitsarbeiten wenigstens ein kleines Einkommen zu erzielen und sich damit zumindest ein Leben am Rand des Existenzminimums zu finanzieren. Der Senat hat sich dabei im Urteil vom 30. Januar 2014 (a. a. O.) u. a. auf die Lageberichte des Auswärtigen Amtes (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl-und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, Stand: 4.6.2013) gestützt sowie auf die Stellungnahmen von Dr. Danesch vom 7. Oktober 2010 an den Hessischen Verwaltungsgerichtshof, von Dr. Karin Lutze (stellvertretende Geschäftsführerin der AGEF - Arbeitsgruppe Entwicklung und Fachkräfte im Bereich der Migration und der Entwicklungszusammenarbeit i.L.) vom 8. Juni 2011 an das OVG Rheinland-Pfalz (zum dortigen Verfahren 6 A 11048/10.OVG) und von ACCORD (Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation) vom 1. Juni 2012. Nach den dortigen Erkenntnissen geht der Senat davon aus, dass trotz großer Schwierigkeiten grundsätzlich auch für Rückkehrer durchaus Perspektiven im Hinblick auf die Sicherung des Lebensunterhalts bestehen und jedenfalls der Tod oder schwerste Gesundheitsgefährdungen alsbald nach der Rückkehr nicht zu befürchten sind.

Aus den aktuellen Erkenntnismitteln ergibt sich nichts anderes. Der Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 31. März 2014 (Stand: Februar 2014, S. 19 ff. - Lagebericht 2014) stellt zum einen fest, dass sich Afghanistans Bewertung im Human Development Index kontinuierlich verbessert habe. Auch wenn Afghanistan weiterhin einen sehr niedrigen Rang belege und der Entwicklungsbedarf noch beträchtlich sei, habe es sich einerseits in fast allen Bereichen positiv entwickelt. Die afghanische Wirtschaft wachse, wenn auch nach einer starken Dekade vergleichsweise schwach. Andererseits würden Investitionen aufgrund der politischen Unsicherheit weitgehend zurückgehalten. Allerdings könne nach dem Wahljahr 2014 mit einer Normalisierung des durch die starke Präsenz internationaler Truppen aufgeblähten Preis- und Lohnniveaus zu rechnen sein. Eine weitere Abwertung der afghanischen Währung könnte zu einer gestärkten regionalen Wettbewerbsfähigkeit afghanischer Produkte führen. Negativ würde sich jedoch zum anderen eine zunehmende Unsicherheit und Destabilisierung des Landes auswirken. Die Schaffung von Arbeitsplätzen sei auch bei einer stabilen Entwicklung der Wirtschaft eine zentrale Herausforderung. Für größere Impulse mangle es bisher an Infrastruktur und förderlichen wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen und einer umfassenden politischen Strategie. Da die Schaffung von Perspektiven auch zu Sicherheit und Stabilität beitrage, sei die Unterstützung der Privatwirtschaft einer der Schlüsselbereiche der bilateralen Zusammenarbeit. Im Übrigen greift der Lagebericht 2014 mit Ausnahme der medizinischen Versorgung keine Einzelaspekte auf, sondern stellt nur die generelle Situation für Rückkehrer und die allgemeinen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen dar. Es wird darauf verwiesen, dass es an grundlegender Infrastruktur fehle und die Grundversorgung - wie schon bisher - für große Teile der Bevölkerung eine große Herausforderung sei und dies für Rückkehrer verstärkt gelte. Die hohe Arbeitslosigkeit werde verstärkt durch vielfältige Naturkatastrophen. Die medizinische Versorgung habe sich in den letzten zehn Jahren erheblich verbessert, falle allerdings im regionalen Vergleich weiterhin drastisch zurück. Nach wie vor seien die Verfügbarkeit von Medikamenten und die Ausstattung von Kliniken landesweit unzureichend.

Der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 6. 8.2013, S. 9 [UNHCR-Richtlinien] und Darstellung allgemeiner Aspekte hinsichtlich der Situation in Afghanistan - Erkenntnisse u. a. aus den UNHCR-Richtlinien 2013 vom August 2014 [UNHCR-2014]) geht davon aus, dass es für eine Neuansiedlung grundsätzlich bedeutender Unterstützung durch die (erweiterte) Familie, die Gemeinschaft oder den Stamm bedarf. Die einzige Ausnahme seien alleinstehende leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im berufsfähigen Alter ohne festgestellten Schutzbedarf, die unter bestimmten Umständen ohne Unterstützung von Familie und Gemeinschaft in urbanen und semiurbanen Umgebungen leben könnten, die die notwendige Infrastruktur sowie Erwerbsmöglichkeiten zur Sicherung der Grundversorgung böten, und die unter tatsächlicher staatlicher Kontrolle ständen.

Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass der Kläger in Iran sieben Jahre lang die Schule besuchte, eine abgeschlossene Berufsausbildung und Berufserfahrung hat und Computerkenntnisse besitzt. Da sich der Kläger mit diesen Erfahrungen und Kenntnissen von der Masse der Arbeit suchenden Analphabeten abhebt, ist davon auszugehen, dass er selbst ohne nennenswertes Vermögen und ohne familiären Rückhalt im Falle einer zwangsweisen Rückkehr nach Afghanistan in der Lage wäre, durch Gelegenheitsarbeiten in Herat oder notfalls auch in Kabul, wenigstens ein kleines Einkommen zu erzielen und sich damit zumindest ein Leben am Rand des Existenzminimums zu finanzieren. Das entspricht auch der Auffassung des UNHCR, wonach bei alleinstehenden leistungsfähigen Männern eine Ausnahme vom Erfordernis der externen Unterstützung in Betracht komme (UNHCR-2014). In diese Beurteilung ist nicht mit eingeflossen, dass die Tante des Klägers in Herat ein Haus bewohnt, in dem dieser möglicherweise Obhut finden könnte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Das Verfahren ist gemäß § 83b AsylVfG gerichtskostenfrei. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 21. Nov. 2014 - 13a B 14.30107

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 21. Nov. 2014 - 13a B 14.30107

Referenzen - Gesetze

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 21. Nov. 2014 - 13a B 14.30107 zitiert 11 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Gesetz


Aufenthaltsgesetz - AufenthG

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60a Vorübergehende Aussetzung der Abschiebung (Duldung)


(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 138


Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn1.das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,2.bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes aus

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 125


(1) Für das Berufungsverfahren gelten die Vorschriften des Teils II entsprechend, soweit sich aus diesem Abschnitt nichts anderes ergibt. § 84 findet keine Anwendung. (2) Ist die Berufung unzulässig, so ist sie zu verwerfen. Die Entscheidung kann

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 128


Das Oberverwaltungsgericht prüft den Streitfall innerhalb des Berufungsantrags im gleichen Umfang wie das Verwaltungsgericht. Es berücksichtigt auch neu vorgebrachte Tatsachen und Beweismittel.

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 21. Nov. 2014 - 13a B 14.30107 zitiert oder wird zitiert von 18 Urteil(en).

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 21. Nov. 2014 - 13a B 14.30107 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 26. Nov. 2014 - 13a ZB 14.30366

bei uns veröffentlicht am 26.11.2014

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung g

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 23. Apr. 2014 - 13a ZB 14.30095

bei uns veröffentlicht am 23.04.2014

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 30. Jan. 2014 - 13a B 13.30279

bei uns veröffentlicht am 30.01.2014

Tenor I. Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 24. Oktober 2012 wird die Klage insgesamt abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen. III. Das
15 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 21. Nov. 2014 - 13a B 14.30107.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 13. Juni 2016 - 13a ZB 16.30063

bei uns veröffentlicht am 13.06.2016

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 13. Juni 2016 - 13a ZB 16.30062

bei uns veröffentlicht am 13.06.2016

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 17. Jan. 2017 - 13a ZB 16.30182

bei uns veröffentlicht am 17.01.2017

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das

Verwaltungsgericht München Urteil, 27. Feb. 2019 - M 26 K 17.40437

bei uns veröffentlicht am 27.02.2019

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegu

Referenzen

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn

1.
das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, außer wenn er der Prozeßführung ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
das Urteil auf eine mündliche Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Für das Berufungsverfahren gelten die Vorschriften des Teils II entsprechend, soweit sich aus diesem Abschnitt nichts anderes ergibt. § 84 findet keine Anwendung.

(2) Ist die Berufung unzulässig, so ist sie zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluß ergehen. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Gegen den Beschluß steht den Beteiligten das Rechtsmittel zu, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Die Beteiligten sind über dieses Rechtsmittel zu belehren.

Das Oberverwaltungsgericht prüft den Streitfall innerhalb des Berufungsantrags im gleichen Umfang wie das Verwaltungsgericht. Es berücksichtigt auch neu vorgebrachte Tatsachen und Beweismittel.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 17. Juli 2014 bleibt ohne Erfolg.

Der Kläger beruft sich auf ernstliche Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts. Damit macht er keinen der in § 78 Abs. 3 AsylVfG genannten Zulassungsgründe geltend. Soweit er im Schriftsatz vom 26. September 2014 vorträgt, seinen Ausführungen komme auch grundsätzliche Bedeutung zu, legt er zwar einen Zulassungsgrund nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG dar, jedoch erst nach Ablauf der Monatsfrist des § 78 Abs. 4 AsylVfG, nachdem das Urteil bereits am 8. August 2014 zugestellt worden war.

Sollte das Vorbringen des Klägers im Antragsschriftsatz zur erheblichen individuellen Gefahr im Rahmen eines bewaffneten Konflikts und der Verweis auf die Zunahme der Zahl der Zivilopfer im ersten Halbjahr 2013 als Frage verstanden werden, ob für Rückkehrer eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines bewaffneten Konflikts bestehe (§ 60 Abs. 2 AufenthG i. V. m. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG), würde der Antrag ebenfalls nicht zum Erfolg führen. Zwar würde es sich damit nur um eine auch nach Ablauf der Antragsfrist zulässige Ergänzung eines bereits genannten Zulassungsgrunds handeln (vgl. hierzu Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 53; Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 124a Rn. 50), jedoch hat die Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung.

Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass die im Zulassungsantrag dargelegte konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, a. a. O., § 124 Rn. 36). Das ist vorliegend nicht der Fall. In der vom Verwaltungsgericht herangezogenen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zu § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG (§ 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a. F.) ist geklärt, dass für Afghanistan im Ganzen und für die zur Westregion gehörende Heimatprovinz des Klägers, Herat, derzeit nicht davon auszugehen ist, dass praktisch jede Zivilperson schon allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betreffenden Gebiet einer ernsthaften Bedrohung für Leib und Leben infolge militanter Gewalt ausgesetzt wäre (vgl. BayVGH, U. v. 15.3.2013 - 13a B 12.30292 - juris). Die Gefährdungswahrscheinlichkeit dort liegt im unteren Promillebereich. Das Verwaltungsgericht ist übereinstimmend mit dieser Rechtsprechung zu der Erkenntnis gelangt, dass der Kläger als Angehöriger der Zivilbevölkerung keiner erheblichen individuellen Gefahr ausgesetzt wäre. Sein nicht näher spezifizierter Vortrag zu einer Zunahme der zivilen Opfer in ganz Afghanistan bietet keinen Anlass, im Rahmen eines Berufungsverfahrens in eine erneute Risikobewertung einzutreten. Aus dem Hinweis, es sei zu befürchten, dass die hohe Opferzahl des Jahres 2011 wieder erreicht werde, lässt sich nicht auf eine wesentliche Verschärfung in der Heimatprovinz Herat des Klägers schließen. Zudem lag die dort für 2012 festgestellte Gefahrendichte von 0,05% weit unter der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, U. v. 17.11.2011 - 10 C 13.10 - NVwZ 2012, 454 Rn. 23). Unterstellt, auch in Herat läge entsprechend der landesweiten Tendenz im Jahr 2013 eine Verschärfung vor, bliebe die Größenordnung des Risikos unverändert im Promillebereich (siehe auch BayVGH, B. v. 23.4.2014 - 13a ZB 14.30095 - juris).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylVfG.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 29. Oktober 2013 ist unbegründet, weil die Voraussetzungen des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG nicht vorliegen.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung i. S. v. § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass die im Zulassungsantrag dargestellte Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung der Vorinstanz von Bedeutung war, auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich wäre, bisher höchstrichterlich oder - bei tatsächlichen Fragen oder nicht revisiblen Rechtsfragen - durch die Rechtsprechung des Berufungsgerichts nicht geklärt, aber klärungsbedürftig und über den zu entscheidenden Fall hinaus bedeutsam ist (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 124 Rn. 36).

Der Kläger hält für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob „derzeit in der Provinz H. von einem internen bewaffneten Konflikt im Sinne der Qualifikationsrichtlinie auszugehen ist, der so massiv ist, dass grundsätzlich für alle Personen eine individuelle Gefahr für Leib und Leben durch willkürliche Gewalt besteht“. Unter Bezugnahme auf Berichte des UN-Generalsekretärs vom März 2014, den Jahresbericht von UNAMA vom Februar 2014 und einen Artikel von Th. R. (Afghanistan Analysts Network - ANN) vom Dezember 2013 wird ausgeführt, dass von einer Verschlechterung der Sicherheitslage auszugehen sei, welche eine neue und andere Bewertung als im Urteil des Verwaltungsgerichts und der dort zitierten Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs angezeigt erscheinen lasse. Da die in den genannten Berichten aufgeführten Tatsachen für eine erhebliche Verschärfung der Lage sprächen, seien aktuelle Opferzahlen für H. aufzuklären. Demgegenüber habe das Verwaltungsgericht seinen Feststellungen lediglich nicht mehr aktuelle Aussagen zu den Opferzahlen zugrunde gelegt.

Nach der vom Verwaltungsgericht herangezogenen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zu § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG (§ 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a. F.) ist für Afghanistan im Ganzen und speziell bezüglich der zur Westregion gehörenden Provinz H. derzeit nicht davon auszugehen, dass praktisch jede Zivilperson schon allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betreffenden Gebiet einer ernsthaften Bedrohung für Leib und Leben infolge militanter Gewalt ausgesetzt wäre (vgl. BayVGH, U.v. 15.3.2013 - 13a B 12.30292 - juris). Der Verwaltungsgerichtshof ist zu der Erkenntnis gelangt, dass die Gefährdungswahrscheinlichkeit landesweit betrachtet im unteren Promillebereich liegt. Auch in der Provinz H. sind die Angehörigen der Zivilbevölkerung - das Vorliegen einer allgemeinen Gefahr aufgrund eines bewaffneten Konflikts unterstellt - keiner erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben i. S.v. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a. F. ausgesetzt. Selbst unter Zugrundelegung der von ANSO bezüglich H. ermittelten Zahlen der „incidents“ (sicherheitsrelevante Zwischenfälle), die erfahrungsgemäß erheblich höher sind als die Zahlen der Opfer, ergäbe sich bei einer Einwohnerzahl der Provinz von rund 1,8 Mio. für das Jahr 2012 eine Gefahrendichte im Promillebereich (0,05%). Das Verwaltungsgericht ist übereinstimmend mit dieser Rechtsprechung zu der Erkenntnis gelangt, dass der Kläger als Angehöriger der Zivilbevölkerung keiner erheblichen individuellen Gefahr ausgesetzt wäre. Die Hinweise des Klägers auf die aktuellen Berichte bieten keinen Anlass, im Rahmen eines Berufungsverfahrens in eine erneute Risikobewertung einzutreten.

Aus dem Hinweis, dass das Jahr 2013 sehr gewaltreich gewesen sei und die sicherheitsrelevanten Vorfälle in ganz Afghanistan gestiegen seien, lässt sich nicht auf eine wesentliche Verschärfung in der Heimatprovinz H. des Klägers schließen. Zudem lag die dort für 2012 festgestellte Gefahrendichte (Verhältnis der Zahl der sicherheitsrelevanten Zwischenfälle zur Bevölkerungszahl) von 0,05% weit unter der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2011 - 10 C 13.10 - NVwZ 2012, 454 Rn. 23 für die Höhe des dort festgestellten Risikos von ca. 0,12% oder ca. 1:800 pro Person und Jahr). Unterstellt, auch in H. läge entsprechend der landesweiten Tendenz im Jahr 2013 eine Verschärfung vor - wie in den vom Kläger genannten Stellungnahmen von Th. R., UNHCR und der Schweizerischen Flüchtlingshilfe ausgeführt - bliebe die Größenordnung des Risikos unverändert im Promillebereich (unter 0,1%) und würde eine kritische Gefahrenschwelle nicht erreichen (siehe auch BayVGH, B.v.10.12.2013 - 13a ZB 13.30304 - juris). Nach dem aktuellen Bericht von UNAMA (Annual Report 2013 - Februar 2014, S. 17) ist die Zahl der „Improvised Explosive Devices“ in der Westregion (mit Provinz H.) im Vergleich zum Jahr 2012 sogar gesunken.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylVfG.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

I.

Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 24. Oktober 2012 wird die Klage insgesamt abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.

III.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der nach seinen Angaben am 1. Januar 1991 in Malestan, Provinz Ghazni, geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger und hazarischer Volkszugehöriger muslimisch-schiitischen Glaubens. Er reiste am 15. Juni 2009 auf dem Luftweg ins Bundesgebiet ein und stellte am 19. Juni 2009 Asylantrag. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) übermittelte dem Kläger mit Schreiben vom 19. Juni 2009 die Benachrichtigung zur Anhörung für den 17. August 2009 in München. Der Kläger nahm diesen Termin nicht wahr und reiste weiter nach Norwegen. Am 2. Februar 2010 wurde er von Oslo nach Hamburg zurück überstellt. Mit Schreiben vom 30. März 2010 teilte das Bundesamt dem Kläger gemäß § 25 Abs. 4 Satz 5 AsylVfG mit, dass er den Anhörungstermin vom 17. August 2009 unentschuldigt nicht wahrgenommen habe und nunmehr die Möglichkeit bestünde, innerhalb eines Monats den Asylantrag und die übrigen Umstände schriftlich zu begründen. Am 3. Mai 2010 teilte der Bevollmächtigte des Klägers dem Bundesamt mit, dass ein Großteil der Verwandtschaft des Klägers aufgrund der Bürgerkriegswirren kurz vor dem Sturz der Taliban gestorben sei. Lediglich sein älterer Bruder habe überlebt. Nachdem aber auch dieser verschollen war, sei er aus Afghanistan geflohen und in den Iran gegangen. Nach ca. acht Monaten habe er sich auf den Weg nach Europa gemacht. Der Kläger stamme aus einer Provinz, wo Krieg herrsche. Ein aufnahmebereiter Familienverband bestehe in Afghanistan nicht.

Mit Bescheid vom 17. Februar 2011 lehnte das Bundesamt (1.) den Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter als offensichtlich unbegründet ab, stellte fest, dass (2.) die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen und (3.) Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorliegen, und drohte (4.) dem Kläger die Abschiebung nach Afghanistan an.

Durch Beschluss vom 8. Juli 2011 nach § 80 Abs. 5 VwGO ordnete das Verwaltungsgericht München (M 23 S 11.30195) die aufschiebende Wirkung der Klage (M 23 K 11.30194) gegen die Ziffer 4 des Bundesamtsbescheids vom „20. Februar 2007“ [?] insoweit an, als die Abschiebung nach Afghanistan angedroht wurde. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht München am 7. Oktober 2012 gab der Kläger Folgendes an: Er sei drei bis vier Jahre zur Schule gegangen und habe dort Lesen und Schreiben gelernt. Sein Vater sei zur Zeit der Taliban-Herrschaft in Afghanistan umgebracht worden, seine Mutter sei verstorben und sein Bruder verschwunden. Seine Familie habe in Ghazni in einer Mietwohnung gelebt. Die landwirtschaftlichen Grundstücke der Familie in Malestan bearbeite sein Onkel. Er könne aber wegen der Probleme mit seinem Onkel nicht in seinen Heimatort zurückkehren. Dieser behaupte, dass ihm die Grundstücke allein gehörten, wohingegen er selbst meine, dass sie seinem Onkel und seinem Vater gemeinschaftlich gehört hätten.

Durch Urteil vom 24. Oktober 2012 hob das Verwaltungsgericht den Bundesamtsbescheid vom 17. Februar 2011 in Nr. 3 insoweit auf, als festgestellt wurde, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegt. Zudem wurde dieser im Nr. 4 insoweit aufgehoben, als die Abschiebung nach Afghanistan angedroht wurde. Die Beklagte wurde verpflichtet festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Afghanistan vorliegen. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, dass für den Kläger im Fall der Abschiebung nach Afghanistan eine extreme Gefahr für Leib oder Leben bestünde. Er wäre angesichts der schlechten Versorgungslage in Afghanistan der Gefahr des baldigen Todes durch Verhungern oder Erfrieren ausgeliefert. Der Kläger habe in Afghanistan keine Familie als soziales Netz und hätte auch keine Möglichkeit, allein Fuß zu fassen und als Tagelöhner das Existenzminimum zu erlangen. Als Rückkehrer aus dem westlich geprägten Ausland täte sich der Kläger besonders schwer. In Kabul könnte er sich mangels Ortskenntnissen nicht zurechtfinden. Außerdem seien ihm die Lebensumstände in Afghanistan ohnehin fremd geworden, weil er sich mehrere Jahre in Deutschland aufgehalten habe. Hinzu komme, dass er nur die Grundschule besucht und keine Berufsausbildung erhalten habe. Aus diesen Gründen wären seine Chancen, irgendeinen Job zu finden, als aussichtslos einzuschätzen. Außerdem gehöre er als Hazara einer geächteten Volksgruppe an.

Durch Beschluss vom 13. September 2013 (13a ZB 13.30037) hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Berufung der Beklagten hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen eines nationalen Abschiebungsschutzes wegen Divergenz von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs bezüglich der Annahme einer extremen Gefahr zugelassen.

Am 27. September 2013 hat die Beklagte die Berufung unter Bezugnahme auf die Ausführungen im Zulassungsantrag begründet.

Die Beklagte beantragt,

die Klage unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München

vom 24. Oktober 2012 abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er habe vier Jahre lang die Schule besucht und dann seinem Vater in der Landwirtschaft geholfen. Nach dessen Tod sei er seinem Bruder zur Hand gegangen. Er habe zwar von seinem Vater Land bekommen, sei deswegen aber von seinem Onkel bedroht worden, so dass er Afghanistan verlassen habe. Ihm drohten nunmehr Gefahren durch die Taliban und insbesondere durch seinen Onkel. Dieser arbeite im Innenministerium in Kabul und habe ihn sogar bedroht, als er sich im Zuge der Ausreise kurzzeitig in Herat aufgehalten habe. Es gehe bei dem Streit auch um Baugrundstücke in Kabul. Das Land in seinem Heimatdorf Balagsan (bei Malestan) werde von Söhnen des Onkels bearbeitet. Im Übrigen habe er keinen Kontakt mehr zu seinem Onkel. Es sei hier von einer extremen Gefahrenlage auszugehen, welche ein Abschiebungsverbot in analoger Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG begründe. Er habe seit 2008 im Ausland gelebt. Es bestünde die Gefahr, dass er im Fall der Abschiebung in eine hilflose Lage geraten und den nächsten Winter nicht überleben würde. Er habe keine Chance auf dem derzeitigen Arbeitsmarkt in Afghanistan. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass gemäß den Erkenntnissen von amnesty international im Winter 2011/2012 und 2012/2013 mehr als 100 Personen in Flüchtlingslagern durch Erfrieren gestorben seien (Bericht vom 19.10.2012 und vom 21.1.2013). Der Kläger weist außerdem auf einen Beschluss der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder (IMK) aus der Sitzung vom 4. bis 6. Dezember 2013 (TOP 39) hin, demgemäß die IMK die Entwicklung der rückführungsrelevanten Situation in Afghanistan mit großer Aufmerksamkeit beobachte und der Auffassung sei, dass die bestehende Beschlusslage aus dem Jahr 2005 unter Berücksichtigung der aktuellen Entwicklung - insbesondere infolge des Abzugs der ausländischen Streitkräfte - einer Überprüfung und Neubewertung bedürfe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten sowie auf die zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnisquellen verwiesen.

Gründe

Die Berufung ist zulässig und begründet (§ 125 Abs. 1 Satz 1, § 128 Satz 1 VwGO). Das Bundesamt ist nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AsylVfG) nicht verpflichtet festzustellen, dass für den Kläger ein national begründetes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG besteht. Beim national begründeten Abschiebungsverbot handelt es sich um einen einheitlichen und nicht weiter teilbaren Verfahrensgegenstand, weshalb alle entsprechenden Anspruchsgrundlagen zu prüfen sind (BVerwG, U. v. 8.9.2011 - 10 C 14.10 - BVerwGE 140, 319 Rn. 16 und 17). Allerdings sind weder die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 noch diejenigen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG erfüllt.

Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit eine Abschiebung nach den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention unzulässig (EMRK) ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Vorgängerregelung in § 53 Abs. 4 AuslG (U. v. 11.11.1997 - 9 C 13.96 - BVerwGE 105, 322) umfasst der Verweis auf die EMRK lediglich Abschiebungshindernisse, die in Gefahren begründet liegen, welche dem Ausländer im Zielstaat der Abschiebung drohen („zielstaatsbezogene“ Abschiebungshindernisse). Dabei sind alle Verbürgungen der EMRK in den Blick zu nehmen, aus denen sich ein Abschiebungsverbot ergeben kann. Schlechte humanitäre Bedingungen im Abschiebezielstaat können jedoch nur in besonderen Ausnahmefällen in Bezug auf Art. 3 EMRK ein Abschiebungsverbot begründen. In Afghanistan ist die Lage jedoch nicht so ernst, dass eine Abschiebung ohne weiteres eine Verletzung von Art. 3 EMRK wäre (BVerwG, U. v. 31.1.2013 - 10 C 15.12 - NVwZ 2013, 1167 unter Verweis auf EGMR, U. v. 21.1.2011 - M.S.S./Belgien und Griechenland, Nr. 30696/09 - NVwZ 2011, 413; U. v. 28.6.2011 - Sufi und Elmi/Vereinigtes Königreich, Nr. 8319/07 - NVwZ 2012, 681; U. v. 13.10.2011 - Husseini/Schweden, Nr. 10611/09 - NJOZ 2012, 952).

Auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegt nicht vor. Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG sind die Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG kann die oberste Landesbehörde anordnen, dass die Abschiebung für längstens sechs Monate ausgesetzt wird.

Eine individuelle erhebliche konkrete Gefahr i. S. v. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG droht dem Kläger nicht.

Es ist nicht anzunehmen, dass dem Kläger bei Rückkehr in seine Heimatprovinz Ghazni eine Gefahr von Seiten seines Onkels drohen würde. Der Senat hält den Vortrag des Klägers nicht für glaubwürdig. Die diesbezüglichen Angaben vor dem Verwaltungsgericht und dem Verwaltungsgerichtshof weisen eine auffällige und nicht plausible Steigerung auf. In erster Instanz sprach der Kläger von Problemen mit seinem Onkel, die daher rührten, dass dieser die landwirtschaftlichen Grundstücke im Heimatdorf (für sich allein) bewirtschafte und ihm seine Ansprüche aus dem väterlichen Miteigentum streitig gemacht habe. Von (nicht näher beschriebenen) Drohungen war erst in der Berufungsverhandlung die Rede. Neu ist auch die Behauptung, der Onkel sei im Innenministerium beschäftigt, er habe den Kläger während eines einmonatigen Zwischenaufenthalts in Herat bedroht und es gebe außer den landwirtschaftlichen Flächen in der Provinz Ghazni auch noch Baugrundstücke in Kabul. Würden die geschilderten Ereignisse und Umstände den Tatsachen entsprechen, so wäre es unerklärlich, warum sie der Kläger nicht schon früher geltend gemacht hätte. Der Vortrag bezüglich des Zwischenaufenthalts in Herat entbehrt jeglicher Realitätsnähe. Es ist nicht nachvollziehbar, warum der Onkel dem Kläger nach dessen Weggang aus dem Heimatdorf noch nachgestellt haben sollte und wie es ihm gelungen sein könnte, ihn in Herat aufzuspüren. Bei kritischer Würdigung des gesteigerten Vortrags ist nach der Überzeugung des Senats allenfalls der Streit wegen der geltend gemachten Erbansprüche, aber nicht die fortgesetzte Bedrohung glaubwürdig.

Die erstmals in der Berufungsverhandlung geltend gemachte Bedrohung durch Taliban begründet die Annahme einer erheblichen konkreten Gefahr ebenfalls nicht. Sollte sich dieser Hinweis auf ein persönliches Bedrohungsszenario beziehen, so wäre er unbeachtlich, da gänzlich unsubstantiiert.

Soweit sich der Kläger auf die allgemeine Gefährdung durch die Taliban und die unzureichende Versorgungslage in Afghanistan bezieht, handelt es sich um allgemeine Gefahren im Sinn des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG, die auch dann nicht als Abschiebungshindernis unmittelbar nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG berücksichtigt werden können, wenn sie durch Umstände in der Person oder in den Lebensverhältnissen des Ausländers begründet oder verstärkt werden, aber nur eine typische Auswirkung der allgemeinen Gefahrenlage sind (BVerwG, U. v. 8.12.1998 - 9 C 4.98 - BVerwGE 108, 77). Dann greift grundsätzlich die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG. Eine Abschiebestoppanordnung besteht jedoch für die Personengruppe, der der Kläger angehört, nicht (mehr). Das Bayerische Staatsministerium des Innern hat durch die Verwaltungsvorschriften zum Ausländerrecht (BayVVAuslR) mit Rundschreiben vom 10. August 2012 (IA2-2081.13-15) in der Fassung vom 16. April 2013 bezüglich der Rückführungen nach Afghanistan verfügt, dass nach wie vor vorrangig zurückzuführen sind alleinstehende männliche afghanische Staatsangehörige, die volljährig sind (s. BayVVAuslR Nr. C.3.2).

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist jedoch im Einzelfall Ausländern, die zwar einer gefährdeten Gruppe im Sinn des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG angehören, für welche aber ein Abschiebestopp nach § 60a Abs. 1 AufenthG oder eine andere Regelung, die vergleichbaren Schutz gewährleistet, nicht besteht, ausnahmsweise Schutz vor der Durchführung der Abschiebung in verfassungskonformer Handhabung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zuzusprechen, wenn die Abschiebung wegen einer extremen Gefahrenlage im Zielstaat Verfassungsrecht verletzen würde. Das ist der Fall, wenn der Ausländer gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde (st. Rspr. des BVerwG; vgl. nur BVerwGE 99, 324; 102, 249; 108, 77; 114, 379; 137, 226). Diese Grundsätze über die Sperrwirkung bei allgemeinen Gefahren und die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise verfassungskonforme Anwendung in den Fällen, in denen dem Betroffenen im Abschiebezielstaat eine extrem zugespitzte Gefahr droht, sind auch für die Rechtslage nach dem Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes maßgeblich (BVerwG, B. v. 23.8.2006 - 1 B 60.06 - Buchholz 402.242 § 60 Abs. 2 ff. AufenthG Nr. 19).

Hinsichtlich der vom Kläger befürchteten allgemeinen Gefährdung durch Taliban (z. B. Sprengfallen) ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu § 60 Abs. 7 Satz 2 (a. F.) AufenthG schon nicht von einer erheblichen individuellen Gefahr auszugehen. Gemäß den Erkenntnissen des Senats lag das Risiko für Angehörige der Zivilbevölkerung, in der nach UNAMA zur Südostregion zählenden Provinz Ghazni durch (jegliche) militante Gewalt Schaden an Leib oder Leben zu erleiden, im Jahr 2012 unter 1:1.000 (weniger als 0,1%). Diese Risikohöhe ist weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entfernt (BayVGH, U. v. 15.3.2013 - 13a B 12.30294 - juris Rn. 22 f.). Gemäß dem UNAMA-Bericht vom Juli 2013 (United Nations Assistance Mission in Afghanistan, Mid-Year Report 2013, Protection of Civilians in Armed Conflict) ist derzeit in der Südostregion nicht mit einer signifikanten Verschlechterung der Gefährdungslage oder einer wesentlichen Erhöhung des Risikos, Opfer militanter Gewalt zu werden, zu rechnen. Somit ist erst recht nicht von einer extremen Gefahr im Sinn der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auszugehen.

Im Hinblick auf die unzureichende Versorgungslage hat sich die allgemeine Gefahr in Afghanistan für den Kläger ebenfalls nicht derart zu einer extremen Gefahr verdichtet, dass eine entsprechende Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG geboten ist (vgl. ständige Rspr. des Senats, z. B. U. v. 8.12.2011 - 13a B 11.30276 - EzAR-NF 69 Nr. 11 = AuAS 2012, 35 -LS-; U. v. 20.1.2012 - 13a B 11.30425 - juris; U. v. 22.3.2013 - 13a B 12.30044 - juris; U. v. 4.6.2013 - 13a B 12.30063 - juris; U. v. 24.10.2013 - 13a B 13.30031 - juris; so auch VGH BW, U. v. 6.3.2012 - A 11 S 3177/11 - EzAR-NF 69 Nr. 13 - juris; VGH BW, U. v. 27.4.2012 - A 11 S 3079/11 - juris = DÖV 2012, 651 -LS-; OVG RhPf, U. v. 21.3.2012 - 8 A 11050/10.OVG - juris; SächsOVG, U. v. 10.10.2013 - A 1 A 474/09 - juris; HessVGH, U. v. 30.1.2014 - 8 A 119/12.A - juris). Die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung hierfür aufgestellten Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Wann allgemeine Gefahren von Verfassungs wegen zu einem Abschiebungsverbot führen, hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalls ab und entzieht sich einer rein quantitativen oder statistischen Betrachtung. Die drohenden Gefahren müssen jedoch nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Bezüglich der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der drohenden Gefahren ist von einem im Vergleich zum Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit erhöhten Maßstab auszugehen. Die Gefahren müssen dem Ausländer daher mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen. Dieser Wahrscheinlichkeitsgrad markiert die Grenze, ab der seine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich unzumutbar erscheint. Das Erfordernis des unmittelbaren - zeitlichen - Zusammenhangs zwischen Abschiebung und drohender Rechtsgutverletzung setzt zudem für die Annahme einer extremen Gefahrensituation wegen der allgemeinen Versorgungslage voraus, dass der Ausländer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach seiner Rückkehr in sein Heimatland in eine lebensgefährliche Situation gerät, aus der er sich weder allein noch mit erreichbarer Hilfe anderer befreien kann (Bergmann in Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl. 2013, § 60 AufenthG Rn. 54). Das bedeutet nicht, dass im Falle der Abschiebung der Tod oder schwerste Verletzungen sofort, gewissermaßen noch am Tag der Abschiebung, eintreten müssen. Vielmehr besteht eine extreme Gefahrenlage auch dann, wenn der Ausländer mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungertod ausgeliefert werden würde (vgl. BVerwG, U. v. 29.6.2010 - 10 C 10.09 - BVerwGE 137, 226).

Nach der Rechtsprechung des Senats ergibt sich aus den Erkenntnismitteln nicht, dass ein alleinstehender arbeitsfähiger männlicher afghanischer Rückkehrer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach einer Rückkehr in eine derartige extreme Gefahrenlage geraten würde, die eine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich als unzumutbar erscheinen ließe. Zwar ist die Versorgungslage in Afghanistan schlecht, jedoch ist im Wege einer Gesamtgefahrenschau nicht anzunehmen, dass bei einer Rückführung nach Afghanistan alsbald der sichere Tod drohen würde oder alsbald schwere Gesundheitsbeeinträchtigungen zu erwarten wären. Der Senat hat sich dabei zunächst u. a. auf den Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom Januar 2012 (S. 26 ff.) gestützt, wonach sich nahezu alle volkswirtschaftlichen Indikatoren Afghanistans positiv entwickelt hätten. Von den verbesserten Rahmenbedingungen profitierten dem Lagebericht zufolge grundsätzlich auch Rückkehrer. Die Versorgung mit Wohnraum zu angemessenen Preisen in den Städten sei allerdings nach wie vor schwierig. Das Ministerium für Flüchtlinge und Rückkehrer bemühe sich um eine Ansiedlung der Flüchtlinge in Neubausiedlungen für Rückkehrer. Dort erfolge die Ansiedlung unter schwierigen Rahmenbedingungen; für eine permanente Ansiedlung seien die vorgesehenen „Townships“ kaum geeignet. Auch sei der Zugang für Rückkehrer zu Arbeit, Wasser und Gesundheitsversorgung häufig nur sehr eingeschränkt möglich.

Ähnliche Erkenntnisse haben sich für den Senat aus den weiter zugrunde gelegten Berichten ergeben. So geht der Sachverständige Dr. Danesch in seinem Gutachten vom 7. Oktober 2010 an den Hessischen Verwaltungsgerichtshof hinsichtlich der Arbeitsmöglichkeiten davon aus, dass am ehesten noch junge kräftige Männer, häufig als Tagelöhner, einfache Jobs, bei denen harte körperliche Arbeit gefragt sei, fänden. In diesen Sektor, meist im Baugewerbe, ströme massiv die große Zahl junger Analphabeten. Ein älterer Mann, der vorher schon lange im Westen gelebt habe, hätte keine Chance auf einen solchen Arbeitsplatz. Hieraus konnte der Senat im Umkehrschluss die Folgerung ziehen, dass bei anderen Voraussetzungen eine Beschäftigung möglich ist. Nach der Stellungnahme vom 8. Juni 2011 an das OVG Rheinland-Pfalz (zum dortigen Verfahren 6 A 11048/10.OVG) von Dr. Karin Lutze (stellvertretende Geschäftsführerin der AGEF - Arbeitsgruppe Entwicklung und Fachkräfte im Bereich der Migration und der Entwicklungszusammenarbeit i. L.) gebe es für qualifiziertes Personal ein umfangreiches Angebot an offenen Stellen. Für einen nicht oder gering qualifizierten Rückkehrer bestünden nur geringe Chancen für eine dauerhafte Beschäftigung mit geregeltem Einkommen. Das Existenzminimum für eine Person könne durch Aushilfsjobs ermöglicht werden (S. 9). Fälle, in denen Rückkehrer aufgrund von Hunger oder Unterernährung verstorben seien, seien nicht bekannt. Schließlich hat der Senat auch die Auskunft von ACCORD (Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation) vom 1. Juni 2012 herangezogen, in der ebenfalls auf die schwierige Arbeitssuche hingewiesen wird. Die meisten Männer und Jugendlichen würden versuchen, auf nahe gelegenen Märkten als Träger zu arbeiten. Aufgrund dieser Auskünfte sah der Senat deshalb die Annahme als gerechtfertigt an, dass grundsätzlich Arbeitsmöglichkeiten bestehen.

Der aktuelle Lagebericht vom 4. Juni 2013 (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl-und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, Stand: März 2013) formuliert die maßgeblichen Passagen zwar anders (S. 17 ff: „IV. Rückkehrerfragen“). Danach ist der Entwicklungsbedarf in Afghanistan weiterhin beträchtlich. Die Möglichkeiten des afghanischen Staats, die Grundbedürfnisse der eigenen Bevölkerung zu befriedigen und ein Mindestmaß an sozialen Dienstleistungen, etwa im Bildungsbereich, zur Verfügung zu stellen, würden aufgrund des rapiden Bevölkerungswachstums zusätzlich unter Druck geraten. Die Situation am Arbeitsmarkt stelle das Land vor besondere wirtschaftliche und soziale Herausforderungen. Die Grundversorgung sei für große Teile der Bevölkerung eine tägliche Herausforderung. Andererseits wird im Lagebericht dargestellt, dass zunehmend Arbeiter aus Bangladesch, Iran und Pakistan nach Afghanistan kommen, da hier höhere Gehälter bezahlt würden, wenngleich es an einer politischen Strategie zur Schaffung von Arbeitsplätzen fehle (S. 17). Auch sei die afghanische Wirtschaft in den vergangenen Jahren aufgrund der internationalen Präsenz ständig gewachsen, unterliege allerdings derzeit besonderen Herausforderungen. Die medizinische Versorgung sei zwar immer noch unzureichend, Verbesserungen seien aber erkennbar (S. 18). Zusammenfassend lassen sich dem Lagebericht vom 4. Juni 2013 damit keine für die Beurteilung der Gefahrenlage relevanten Änderungen entnehmen (BayVGH, U. v. 24.10.2013 a. a. O.).

Aufgrund der in den Auskünften geschilderten Rahmenbedingungen geht der Senat weiterhin davon aus, dass trotz großer Schwierigkeiten grundsätzlich auch für Rückkehrer durchaus Perspektiven im Hinblick auf die Sicherung des Lebensunterhalts bestehen und jedenfalls der Tod oder schwerste Gesundheitsgefährdungen alsbald nach der Rückkehr nicht zu befürchten sind. Insbesondere Rückkehrer aus dem Westen sind in einer vergleichsweise guten Position. Allein schon durch Sprachkenntnisse sind ihre Chancen, einen Arbeitsplatz zu erhalten, gegenüber den Flüchtlingen, die in die Nachbarländer geflüchtet sind, wesentlich höher (Lagebericht 2012, S. 27). Hinzu kommt, dass eine extreme Gefahrenlage zwar auch dann besteht, wenn der Ausländer mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungertod ausgeliefert werden würde (vgl. BVerwG, U. v. 29.6.2010 - 10 C 10.09 - BVerwGE 137, 226), jedoch Mangelernährung, unzureichende Wohnverhältnisse und eine schwierige Arbeitssuche nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit „alsbald“ zu einer extremen Gefahr führen. Diese muss zwar nicht sofort, also noch am Tag der Ankunft eintreten. Erforderlich ist allerdings eine hinreichende zeitliche Nähe zwischen Rückkehr und unausweichlichem lebensbedrohenden Zustand. Die Gefahr muss sich alsbald nach der Rückkehr realisieren. Dies ist aus den genannten Erkenntnismitteln nicht ersichtlich. Nach Einschätzung des Auswärtigen Amts (Auskunft vom 2.7.2013 an den Hessischen Verwaltungsgerichtshof zum Verfahren 8 A 2344/11.A) dürfte es unwahrscheinlich sein, dass besonders in der Hauptstadt Kabul Personen verhungern oder verdursten.

Das vom Kläger unter Hinweis auf aktuelle Erkenntnisse von amnesty international geltend gemachte Risiko des Erfrierens begründet die Annahme einer extremen Gefahr ebenfalls nicht. Wie aus dem vom Kläger zitierten offenen Brief von amnesty international vom 19. Oktober 2012 (www.amnesty.org/en/news/afghanistan-urgent-assistance-needed-avoid-deaths) hervorgeht, gab es in den Flüchtlingslagern Afghanistans infolge des außerordentlich strengen Winters 2011/2012 über 100 Menschen, meistens Kinder, die an Kälte oder Krankheiten starben. Gemäß den UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 6. August 2013 - HCR/EG/AFG/13/01 - besteht hinsichtlich der provisorischen und notdürftigen Unterkünfte für Binnenvertriebene sowie zurückkehrende Flüchtlinge folgende Situation: Die Betroffenen - in Kabul ca. 35.000 Personen -, die angesichts begrenzter Unterkunftsmöglichkeiten in informellen Siedlungen (Slums) leben müssten, seien dem strengen Winter schutzlos ausgeliefert. Infolge dessen seien in Kabul Anfang 2012 zehn Personen und Anfang 2013 17 Personen an der Kälte gestorben. Die meisten von ihnen seien Kinder (UNHCR a. a. O. Fn. 154, 157, 162). Nach der Auskunft des Auswärtigen Amts vom 2. Juli 2013 (a. a. O.) kommt es in Kabul im Winter gelegentlich vor, dass Personen, die keine winterfeste Bleibe haben, erfrieren. Hierbei handle es sich zumeist um Säuglinge. Das für die Kinder als besonders gefährdete Gruppe bestehende Risiko lässt sich jedoch nicht auf den Kläger als erwachsenen Mann übertragen.

Es ist auch nicht anzunehmen, dass der Kläger als Angehöriger der Minderheit der Hazara keine Chance hätte, sich als Tagelöhner oder Gelegenheitsarbeiter zu verdingen. Die vorliegenden Gutachten und Berichte enthalten keine entsprechenden Hinweise. Der Umstand, dass der Kläger noch nicht in Kabul gelebt und sich seit 2008 im Ausland aufgehalten hat, steht der Annahme, er könne sich in Kabul auf sich allein gestellt notfalls „durchschlagen“, ebenfalls nicht entgegen (BayVGH, U. v. 24.10.2013 a. a. O.).

Bei dieser Ausgangslage ist davon auszugehen, dass der Kläger selbst ohne nennenswertes Vermögen und ohne familiären Rückhalt im Falle einer zwangsweisen Rückkehr in sein Heimatland in der Lage wäre, durch Gelegenheitsarbeiten, etwa in Kabul, wenigstens ein kleines Einkommen zu erzielen und sich damit zumindest ein Leben am Rand des Existenzminimums zu finanzieren. UNHCR ist ebenfalls der Auffassung, dass bei alleinstehenden leistungsfähigen Männern eine Ausnahme vom Erfordernis der externen Unterstützung in Betracht komme (Richtlinien vom 6.8.2013 a. a. O. S. 9).

Der Hinweis auf den Beschluss der IMK zu TOP 39 (Rückführung nach Afghanistan) aus der Sitzung vom 4. bis 6. September 2013, demgemäß die abschiebungsrelevante Situation in Afghanistan der Überprüfung und Neubewertung bedürfe, vermag die Einschätzung des Senats nicht in Frage zu stellen. Die von der IMK zu klärende Frage, ob die Abschiebung afghanischer Staatsangehöriger ausgesetzt werden soll, richtet sich nach § 60a Abs. 1 AufenthG. Danach kann die Anordnung eines sog. Abschiebestopps aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland ergehen. Für die IMK besteht somit ein weites Entscheidungsspektrum (Bauer in Renner/Bergmann/Dienelt a. a. O., § 60a AufenthG Rn. 6). Die Frage hingegen, ob eine Extremgefahr für einen bestimmten Ausländer gegeben wäre, betrifft nur einen kleinen Ausschnitt dieses Spektrums und hängt somit nicht von der humanitären Bewertung der Sicherheits- und Gefährdungslage im Ganzen ab.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gemäß § 83b AsylVfG gerichtskostenfrei. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.