Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 08. Mai 2019 - 8 ZB 17.573

bei uns veröffentlicht am08.05.2019
vorgehend
Verwaltungsgericht Bayreuth, B 2 K 16.225, 20.01.2017

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt eine wasserrechtliche Bewilligung zum Betrieb einer Wasserkraftanlage an der S., hilfsweise die Verpflichtung zur Neubescheidung seines Antrags sowie weiter hilfsweise die Erteilung einer beschränkten Erlaubnis.

Der Kläger beantragte bei der Beklagten, einer kreisfreien Stadt, am 19. Juli 2007 unter Einreichung von Planunterlagen eine Bewilligung für den Umbau einer bestehenden Wehranlage und für die Errichtung einer Wasserkraftanlage mit Fischaufstiegshilfe an der S., einem Gewässer erster Ordnung. Mit Schreiben vom 19. November 2007 ergänzte er die Antragsunterlagen. Im Verwaltungsverfahren wurden verschiedene Stellungnahmen, unter anderem des zuständigen Wasserwirtschaftsamts sowie der Fischereifachberatung des Bezirks O. eingeholt. Zwischenzeitlich wurde ein Vorkommen des Bachneunauges im Bereich des streitgegenständlichen Vorhabens festgestellt.

Eine vom Kläger erhobene Klage auf Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung wurde durch übereinstimmende Erledigungserklärung in der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 11. Juni 2015 beendet, nachdem sich der Kläger verpflichtet hatte, bis spätestens Ende Juli 2015 aus seiner Sicht prüffähige Planunterlagen zu einer festen Stauzielerhöhung vorzulegen mit dem Ziel, eine beschränkte wasserrechtliche Erlaubnis zu erhalten (und nur hilfsweise den ursprünglichen Antrag auf Erteilung einer Bewilligung in der Fassung vom 19. November 2007 aufrecht zu erhalten) und nachdem die Beklagte zugesagt hatte, auf eigene Kosten die naturschutzfachlichen Fragen zu klären, gegebenenfalls Auflagenvorschläge zu unterbreiten und über den gestellten Antrag bis spätestens 1. März 2016 zu entscheiden. Auf das klägerische Schreiben vom 28. Juli 2015, dem ergänzende Unterlagen beigefügt worden waren, lehnte die Beklagte den Antrag auf Errichtung der Wasserkraftanlage mit Bescheid vom 23. Februar 2016 ab. Der hilfsweise aufrecht erhaltene Antrag vom 19. Juli 2007 in der Fassung vom 19. November 2007 auf Erteilung einer Bewilligung für die Maßnahme wurde ebenfalls abgelehnt. Zur Begründung wurde im Wesentlichen darauf abgestellt, dass zwingende Versagungsgründe dem Vorhaben entgegenstünden. Zudem wurde die Maßnahme unter Bezugnahme auf das Bewirtschaftungsermessen abgelehnt.

Das Verwaltungsgericht hat die daraufhin erhobene Klage auf Verpflichtung zur Erteilung einer Bewilligung der Maßnahmen gemäß Antrag vom 19. Juli 2007 in der Fassung vom 19. November 2007 sowie hilfsweise auf Neuverbescheidung dieses Antrags unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts sowie weiter hilfsweise auf Erteilung einer beschränkten Erlaubnis gemäß dem Antrag vom 28. Juli 2015 abgewiesen. Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiterhin. Er beruft sich vor allem darauf, dass keine zwingenden Versagungsgründe vorlägen.

II.

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Die vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe wurden nicht hinreichend dargelegt oder liegen nicht vor (vgl. § 124 Abs. 2, § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO).

1. Aus dem Vorbringen des Klägers ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen nur, wenn einzelne tragende Rechtssätze oder einzelne erhebliche Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts durch schlüssige Gegenargumente infrage gestellt werden (vgl. BVerfG, B.v. 9.6.2016 - 1 BvR 2453/12 - NVwZ 2016, 1243 = juris Rn. 16; B.v. 16.7.2013 - 1 BvR 3057/11 - BVerfGE 134, 106 = juris Rn. 36). Sie sind nicht erst dann gegeben, wenn bei der im Zulassungsverfahren allein möglichen summarischen Überprüfung der Erfolg des Rechtsmittels wahrscheinlicher ist als der Misserfolg (vgl. BVerfG, B.v. 16.1.2017 - 2 BvR 2615/14 - IÖD 2017, 52 = juris Rn. 19; B.v. 3.3.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77/83). Schlüssige Gegenargumente liegen vor, wenn der Antragsteller substanziiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 - NVwZ 2011, 546/548 = juris Rn. 19; BayVGH, B.v. 12.10.2017 - 14 ZB 16.280 - juris Rn. 2; B.v. 15.12.2017 - 8 ZB 16.1806 - juris Rn. 9 m.w.N.). Dabei kommt es grundsätzlich nicht auf einzelne Elemente der Urteilsbegründung an, sondern auf das Ergebnis der Entscheidung, also auf die Richtigkeit des Urteils nach dem Sachausspruch in der Urteilsformel (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 - 7 AV 4.03 - DVBl 2004, 838 = juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 19.3.2013 - 20 ZB 12.1881 - juris Rn. 2; B.v. 15.12.2017 - 8 ZB 16.1806 - juris Rn. 9).

Nach diesem Maßstab bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung. Die Einwendungen der Klägerseite greifen nicht durch. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

1.1 Soweit der Kläger mit seinem Hauptantrag die Erteilung einer Bewilligung gemäß § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 WHG für die im Einzelnen aufgeführten Gewässerbenutzungen begehrt, hat er nicht dargelegt, dass ein entsprechender Anspruch besteht. Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung auf zwei selbständig tragende Begründungen gestützt: Zum einen darauf, dass dem beantragten Vorhaben zwingende Versagungsgründe (§ 12 Abs. 1 WHG) entgegenstehen und zum anderen darauf, dass das wasserwirtschaftliche Bewirtschaftungsermessen nicht auf null reduziert ist. In derartigen Fällen der Doppelbegründung eines Urteils ist es erforderlich, dass in Bezug auf jede dieser Begründungen ein Zulassungsgrund geltend gemacht ist und vorliegt (stRspr. vgl. etwa BVerwG, B.v. 3.7.1973 - IV B 92.73 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 109; OVG NW, B.v. 19.10.2015 - 1 A 17814 - juris Rn. 8; BayVGH, B.v. 27.6.2013 - 13a ZB 13.30158 - juris Rn. 6 m.w.N.; B.v. 15.12.2017 - 8 ZB 16.1814 - juris Rn. 30). Daran fehlt es.

Der Kläger wendet sich in seinem Zulassungsantrag lediglich gegen die erstgenannte Begründung. Er greift die Ausführungen in den Entscheidungsgründen zu § 12 Abs. 1 Nr. 1 WHG in Bezug auf die Mindestwassermenge sowie auf die Feststellung an, „der Bewilligung stünden zwingende Gründe gemäß § 35 WHG entgegen“. Zudem bestreitet er in diesem Zusammenhang die Annahme, es sei zum Schutz der Habitate der Neunaugen eine permanente Überströmung des gesamten Wehres erforderlich, und macht Ausführungen zur Art und Weise der Räumung einer Sedimentbank sowie zu vermeintlichen Vorteilen seines Vorhabens. Dagegen hat der Kläger nicht dargelegt, dass er einen Anspruch auf Erteilung der Bewilligung hat, weil etwa das Bewirtschaftungsermessen auf null reduziert wäre, und dass die insofern tragenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts infrage zu stellen wären. Das Urteil geht zu Recht davon aus, dass die Erteilung einer Bewilligung für die beantragten Gewässerbenutzungen gemäß § 12 Abs. 1 WHG im Ermessen der zuständigen Behörde steht und dass nur in besonderen Fällen ein Anspruch auf Erteilung anzunehmen ist (vgl. dazu Czychowski/Reinhardt, WHG, 11. Aufl. 2014, § 12 Rn. 10, 35 ff.). Es hat mit nachvollziehbarer Begründung einen Fall verneint, in dem der Kläger als Antragsteller einen Anspruch auf Erteilung der Bewilligung hat und aus diesem Grund die Klage im Hauptantrag abgewiesen. Die im Zulassungsantrag erhobenen Einwendungen wenden sich nicht gegen diese Ausführungen.

Im Übrigen geht der Kläger selbst davon aus, dass das von ihm vorgelegte Gutachten vom April 2017 zum Ergebnis gelangt, dass die Notwendigkeit der Laichplätze für die Bachneunaugen im Bereich des streitgegenständlichen Wehres nicht infrage steht. In der Stellungnahme des Gutachters wird zudem ausdrücklich anerkannt, dass eine Überströmung zum Erhalt der Laichplätze zumindest zeitweise erforderlich ist. Dass es neben der von der Beklagten geforderten dauerhaften Wehrüberströmung auch andere Möglichkeiten geben mag, diese durch bauliche Maßnahmen (etwa von der Seite her) zu gewährleisten, spielt keine Rolle, weil der Kläger nicht dargelegt hat, dass in den von ihm vorgelegten Planunterlagen entsprechende bauliche Maßnahmen vorgesehen sind, die die - offensichtlich auch nach seiner Ansicht - zeitweilig notwendige Wasserzufuhr mit hinreichender Sicherheit gewährleisten. Darauf hat die Beklagte zutreffend hingewiesen (Gerichtsakte S. 133). Bereits aus diesem Grund sprechen erhebliche Gründe dafür, dass dem Vorhaben, so wie es der Kläger 2007 beantragt hat (der Klageantrag auf Erteilung der Bewilligung bezieht sich auf die Fassung der Antragsunterlagen vom 19.11.2007), zwingende Versagungsgründe entgegenstehen und dass in diesem Punkt keine ernstlichen Zweifel gegen die Entscheidungsgründe bestehen.

In Bezug auf eine Ermessensreduzierung auf null wurde im Übrigen auch sonst kein durchgreifender Zulassungsgrund dargelegt.

1.2 Hinsichtlich des ersten Hilfsantrags hat der Kläger ebenfalls keine Gründe aufgezeigt, aus denen sich nach den oben dargestellten Maßstäben ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ergeben könnten. Dieser war auf die Verpflichtung der Beklagten gerichtet, über den Antrag des Klägers vom 19. Juli 2007 in der Fassung vom 19. November 2007 auf Erteilung einer Bewilligung für die Maßnahme „Errichtung einer Wasserkraftanlage bei der Stauanlage im Bereich des Hallenbades in H**, S. …“ unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Das Verwaltungsgericht ist insofern zutreffend davon ausgegangen, dass die Erteilung einer Bewilligung gemäß § 12 Abs. 2 WHG im Ermessen der zuständigen Behörde lag (vgl. oben und Czychowski/Reinhardt, WHG, 11. Aufl. 2014, § 12 Rn. 10, 33, 38 ff.). Es hat nachvollziehbar ausgeführt, dass die getroffene Ermessensentscheidung der Beklagten nicht fehlerhaft war.

Der Kläger macht zwar im Zusammenhang mit der von ihm behaupteten grundsätzlichen Bedeutung Ausführungen, aus denen sich entnehmen lässt, dass die Beklagte seiner Ansicht nach die für die Wasserkraft sprechenden Belange nicht hinreichend gewürdigt habe; es fehlt aber an einer Auseinandersetzung mit den ausführlichen Urteilsgründen. Das Verwaltungsgericht hat im Einzelnen dargelegt, warum die Beklagte das Überwiegen der klägerischen Belange ermessensfehlerfrei verneint hat. Dabei hat es zunächst auf die untergeordnete Rolle von Kleinstanlagen abgestellt und ein Interesse der Allgemeinheit an der konkreten Wasserkraftanlage verneint. Hiermit setzt sich der Kläger in seinem Zulassungsantrag nicht näher auseinander. Darüber hinaus wird im Urteil ausgeführt, dass selbst dann, wenn ein öffentliches Interesse bejaht wird, keine Ermessensfehlgewichtung vorliegt, und auf die Planungen für eine naturnahe Umgestaltung des Gewässers und für eine ökologische Gewässerbewirtschaftung hingewiesen, die Ausfluss der Wasserrahmenrichtlinie sind. Aus dem Zulassungsvorbringen wird nicht ersichtlich, aus welchen rechtlichen oder tatsächlichen Umständen sich die gesicherte Möglichkeit ergeben soll, dass die erstinstanzliche Entscheidung insofern unrichtig ist. Vielmehr wird die Frage, welche Ausnahmemöglichkeiten in Bezug auf das europarechtlich determinierte Verschlechterungsverbot bestehen können (unter Verweis auf EuGH, U.v. 4.5.2016 - C-346/14 - BayVBl 2017, 49 = juris; vgl. dazu auch BayVGH, B.v. 6.9.2016 - 8 CS 15.2510 - BayVBl 2017, 52 = juris Rn. 34 ff.), mit der Ausübung des Ermessens im konkreten Einzelfall vermengt, ohne Fehler bei der Prüfung der behördlichen Ermessensausübung durch das Ausgangsgericht (vgl. § 114 Satz 1 VwGO) substanziiert darzulegen. Dies wäre jedoch erforderlich gewesen, nicht zuletzt deshalb, weil sich ungeachtet des generellen öffentlichen Interesses an der Nutzung der regenerativen Energiequelle Wasserkraft zur Stromerzeugung weder aus dem Zweck des Gesetzes für den Ausbau erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz - EEG) noch aus dessen Anwendungsbereich ein Vorrang der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien vor den Belangen des Umwelt- und Naturschutzes herleiten lässt (BayVGH, B.v. 6.9.2016 - 8 CS 15.2510 - BayVBl 2017, 52 = juris Rn. 38 ff.).

Soweit der Kläger Vorteile seiner Anlage benennt und die Möglichkeit eines Laichplatz-Managements erwähnt, zeigt er ebenfalls keine Fehler der gerichtlichen Überprüfung der Ermessensausübung auf. Er beruft sich nicht darauf, dass das Verwaltungsgericht Mängel bei der Ausübung des Ermessens durch die Behörde übersehen hätte. Zudem bleibt unklar, inwiefern die erwähnten Maßnahmen (vor allem die Rückführung eines zusätzlichen Wasserzustroms über das ausströmende Turbinenwasser zur Gewährleistung einer Überströmung der Laichplätze, vgl. oben) Gegenstand der Planung (Stand November 2007) waren. Im Übrigen ist es nicht Sache der Gerichte, eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen.

1.3 Schließlich hat der Kläger nicht dargelegt, inwiefern sich hinsichtlich der Ablehnung des weiteren Hilfsantrags ernstliche Zweifel an der Entscheidung ergeben sollen. Dieser war auf die Verpflichtung der Beklagten gerichtet, dem Kläger gemäß Antrag vom 28. Juli 2015 (auf Errichtung einer Wasserkraftanlage mit Fischaufstiegsanlage an der S. … in H**) eine beschränkte Erlaubnis zu erteilen. Insofern kann auf die oben gemachten Ausführungen verwiesen werden.

2. Ein Berufungszulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegt ebenfalls nicht vor.

Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten im Sinn dieser Bestimmung weist eine Rechtssache auf, wenn die Beantwortung der für die Entscheidung erheblichen Fragen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht voraussichtlich das durchschnittliche Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten bereitet, wenn sich diese also wegen ihrer Komplexität und abstrakten Fehleranfälligkeit aus der Mehrzahl der verwaltungsgerichtlichen Verfahren heraushebt (vgl. BayVGH, B.v. 3.11.2011 - 8 ZB 10.2931 - BayVBl 2012, 147/149 = juris Rn. 28; B.v. 10.4.2017 - 15 ZB 16.673 - juris Rn. 42 jeweils m.w.N.). Das ist hier nicht der Fall.

Die vom Kläger angesprochenen, entscheidungserheblichen Rechtsfragen lassen sich bei Heranziehung der gängigen Auslegungsmethoden sowie der obergerichtlichen und höchstrichterlichen Rechtsprechung ohne Weiteres lösen (vgl. oben 1.). Es liegen insofern auch keine besonderen tatsächlichen Schwierigkeiten vor. Die von den Beteiligten im Zulassungsverfahren diskutierten komplexen Tatsachenfragen sind dagegen nicht entscheidungserheblich (etwa in Bezug auf den Nachweis der Bachneunaugen, deren Herkunft und den Vergleich der Gewässereigenschaften in den Jahren 2010 und 2013).

Auch unter Berücksichtigung des Begründungsaufwands des erstinstanzlichen Urteils lassen sich keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache erkennen. Der Kläger übersieht insofern, dass die Entscheidung auf mehrere tragende Begründungen gestützt wurde (vgl. oben).

3. Der vom Kläger geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegt ebenfalls nicht vor bzw. ist nicht in einer Weise dargetan, die den Anforderungen des § 124 Abs. 4 Satz 4 VwGO genügt.

Einer Rechtssache kommt grundsätzliche Bedeutung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zu, wenn für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Tatsachen- oder Rechtsfrage von Bedeutung war, deren noch ausstehende höchstrichterliche oder obergerichtliche Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint (vgl. BayVGH, B.v. 5.12.2017 - 11 ZB 17.31711 - juris Rn. 2; BVerwG, B.v. 21.11.2017 - 1 B 148.17 u.a. - juris Rn. 4 zu § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Dementsprechend verlangt die Darlegung der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung, dass eine konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage formuliert und aufgezeigt wird, weshalb die Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist. Ferner muss dargelegt werden, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Frage besteht (vgl. BayVGH, B.v. 5.12.2017 - 11 ZB 17.31711 - juris Rn. 2; BVerwG, B.v. 30.9.2015 - 1 B 42.15 - juris Rn. 3). Diesen Anforderungen genügt das klägerische Vorbringen nicht.

Es fehlt bereits an der Formulierung hinreichend klarer und konkreter Fragestellungen. So bleibt schon unklar, ob auf eine Tatsachen- oder Rechtsfrage abgestellt wird, wenn von verallgemeinerungsfähigen „Rechts Tatsachenfragen“ die Rede ist, ohne weiter zu differenzieren und diese im Einzelnen zu benennen. Der als „insbesondere“ klärungsbedürftig bezeichneten Frage, „in welchem Umfang nach pflichtgemäßem Ermessen im Sinn von § 12 Abs. 2 WHG zu entscheiden ist, wenn Stellungnahmen von Fachbehörden zwar einerseits die Verweigerung der Zustimmung zur Bewilligung rechtfertigen könnten, gleichzeitig jedoch auch für die Wasserkraft sprechende öffentliche Interessen vorhanden sind, die jedoch im Rahmen der Ermessensentscheidung letztlich gänzlich missachtet“ worden seien, fehlt eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung. Abgesehen davon, dass unklar ist, was unter „Umfang“ der Entscheidung zu verstehen ist, hängt die Ausübung des Bewirtschaftungsermessens (§ 12 Abs. 2 WHG) regelmäßig von einer Vielzahl von Umständen des jeweiligen Einzelfalls (die sich etwa aus den fachlichen Stellungnahmen der Wasserwirtschaftsämter ergeben können) ab und entzieht sich daher einer generalisierenden Beantwortung. Die Frage ist insgesamt viel zu unklar formuliert. Schließlich ist das Gericht davon ausgegangen, dass vorliegend ein Interesse der Allgemeinheit an der klägerischen Anlage nicht besteht. Es fehlt daher auch an der Entscheidungserheblichkeit der Fragestellung.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 sowie § 52 Abs. 1 GKG.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

1. Der Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 20. September 2012 - 2 LA 234/11 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes. Der Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.

2. Das Land Niedersachsen hat die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers zu erstatten.

3. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 10.000 € (in Worten: zehntausend Euro) festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft ein verwaltungsgerichtliches Verfahren aus dem Bereich des Schulrechts.

2

1. a) Der Beschwerdeführer besuchte ein öffentliches technisches Fachgymnasium. Da er an einer Lese- und Rechtschreibstörung (Legasthenie) leidet, beantragte er zum Nachteilsausgleich eine Schreibzeitverlängerung für die Anfertigung von Klausuren sowie die Nichtbewertung der Rechtschreibung (sog. Notenschutz). Die Schule lehnte dies ab.

3

b) Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren verpflichtete das Oberverwaltungsgericht die Schule, dem Beschwerdeführer bis zur Entscheidung in der Hauptsache bei der Anfertigung schriftlicher Leistungsüberprüfungen außer in naturwissenschaftlich-mathematischen Fächern eine Schreibzeitverlängerung von 10 % der jeweiligen Bearbeitungszeit zu gewähren. Soweit der Eilantrag darüber hinaus auf vorläufige Gewährung eines Zeitzuschlages von 25 % und Notenschutz bezüglich der Rechtschreibleistung in allen Fächern sowie auf die ebenfalls bereits vorgerichtlich geltend gemachte Verpflichtung der Schule gerichtet war, ihn in Mathematik anwendungsbezogen auf das erste Prüfungsfach Elektronik zu unterrichten, blieb er ohne Erfolg. Eine vom Beschwerdeführer in dieser Sache erhobene Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen (1 BvR 2129/08).

4

c) In der Hauptsache fasste das Verwaltungsgericht zunächst einen Beweisbeschluss zur Frage der medizinischen Notwendigkeit eines weitergehenden Nachteilsausgleichs. Dieser wurde jedoch nicht mehr ausgeführt, nachdem der Beschwerdeführer die Allgemeine Hochschulreife erworben hatte. Der Beschwerdeführer stellte seine Klage daraufhin um. Neben Feststellungsanträgen begehrte er, seine unter anderem auf Klausurabwertungen wegen Schreibfehlern (sog. "GRZ-Abzug") beruhenden Kursnoten im Fach Deutsch in der Jahrgangsstufe 12 anzuheben.

5

Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit der Begründung ab, die in der Jahrgangsstufe 12 erteilten Einzelnoten seien bestandskräftig geworden und daher nicht mehr anfechtbar. Der Zulässigkeit der Feststellungsanträge stehe teilweise der Subsidiaritätsgrundsatz und teilweise das Fehlen eines Feststellungsinteresses entgegen.

6

d) Den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung lehnte das Oberverwaltungsgericht mit dem hier angegriffenen Beschluss ab.

7

aa) Es könne offenbleiben, ob das Verwaltungsgericht die halbjährlichen Kursabschlussnoten als eigenständig anfechtbare Regelungen habe ansehen dürfen. Die Versäumung der Widerspruchsfrist sei insoweit jedenfalls unschädlich, da die Widerspruchsbehörde eine Sachentscheidung getroffen habe. Von der Bestandskraft der Einzelnoten könne daher nicht ausgegangen werden.

8

An der Richtigkeit der Ablehnung des Verpflichtungsantrags bestünden im Ergebnis gleichwohl keine ernstlichen Zweifel, da nicht ersichtlich sei, dass die den Kursnoten zugrunde liegenden Bewertungen fehlerhaft gewesen sein könnten. Es sei in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung geklärt, dass unter einer Legasthenie leidenden Schülern zum Nachteilsausgleich nur Schreibzeitverlängerungen gewährt werden könnten oder die Nutzung technischer Hilfsmittel gestattet werden könne. Die Gewährung von Notenschutz (durch Nichtbewertung der Rechtschreibung) sei demgegenüber in der Regel nicht zulässig, da sie zu einer Benachteiligung von Schülern führen könne, denen aus sonstigen Gründen Rechtschreibfehler in größerem Umfang unterliefen. Darüber hinaus komme ein Ausgleich durch Notenschutz deswegen nicht in Betracht, weil sich die vom Beschwerdeführer beanstandeten Noten gerade auf das Fach Deutsch bezögen und in diesem unter anderem Rechtschreibung und Zeichensetzung zu den allgemein vorausgesetzten Kompetenzen gehörten. Ein Anspruch auf Notenschutz folge selbst bei einem den Behinderungsbegriff erfüllenden Ausmaß der Legasthenie auch nicht aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG, da sich hieraus ein originärer subjektiver Leistungsanspruch nicht ableiten lasse. Unmittelbar aus Art. 24 des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenrechtskonvention, BGBl 2008 II S. 1419) ergäben sich ebenfalls keine entsprechenden Rechte. Schließlich sehe die geltende Erlasslage in gewissem Umfang eine differenzierte Bewertung vor und eröffne einen pädagogischen Bewertungsspielraum, der eine einzelfallgerechte Berücksichtigung des Erscheinungsbildes der Legasthenie ermögliche. Es sei nicht ersichtlich, dass bei der Bewertung der den beanstandeten Kursnoten zugrunde liegenden Deutschklausuren hiervon in willkürlicher Weise abgewichen worden sei.

9

bb) Auch das Feststellungsinteresse habe das Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht verneint. Ein Rehabilitationsinteresse könne nicht bejaht werden, da von den Einzelnoten und der Durchschnittsnote des Abiturzeugnisses keine den Beschwerdeführer in seiner Persönlichkeit diskriminierende Wirkung ausgehe. Die Bewertung im Fach Deutsch in der Jahrgangsstufe 12 könne für sich gesehen nicht als diskriminierend angesehen werden, zumal sich die begehrte Anhebung nicht auf die Durchschnittsnote auswirken würde. Hinsichtlich anderer Einzelnoten habe der Beschwerdeführer nicht näher dargelegt, welche Punktzahl er für angemessen halte. Soweit er sein Feststellungsbegehren auf eine beabsichtigte Amtshaftungsklage stütze, habe das Verwaltungsgericht zu Recht darauf abgestellt, dass eine solche mangels Verschuldens offensichtlich aussichtslos sei.

10

2. Mit der Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 19 Abs. 4 GG, aus Art. 3 Abs. 1 und 3 GG in Verbindung mit der UN-Behindertenrechtskonvention sowie aus Art. 12 GG und führt dies näher aus. Insbesondere rügt er, das Ausgangsgericht habe zu keinem Zeitpunkt in einem ordentlichen Hauptsacheverfahren durch Beweisaufnahme geprüft, welche Maßnahmen notwendig gewesen seien, um die behinderungsbedingten Nachteile auszugleichen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei es aber uneingeschränkt gerichtlich überprüfbar, ob ein in Prüfungen gewährter Nachteilsausgleich die Störung vollständig ausgeglichen habe, was gegebenenfalls mit Hilfe von Sachverständigen zu ermitteln sei (Hinweis auf BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 21. Dezember 1992 - 1 BvR 1295/90 -, NJW 1993, S. 917 <918>). Das Oberverwaltungsgericht habe zudem verkannt, dass er durch die Anlegung desselben Leistungsbemessungsmaßstabs wie bei seinen nicht behinderten Mitschülern in einem Bereich, in dem er aufgrund seiner Funktionsstörung nicht gleichermaßen leistungsfähig sein könne, benachteiligt worden sei. Aus fachärztlicher Sicht habe er in allen Fächern zusätzlich 25 % der üblichen Bearbeitungszeit benötigt, um die gleichen Chancen bei der Bearbeitung der anstehenden Aufgaben zu haben. Ein reiner Nachteilsausgleich führe, auch wenn er den Verzicht auf die Benotung der Rechtschreibung beinhalte, keineswegs zu einer Beeinträchtigung der Chancengleichheit nichtbehinderter Mitschüler. Dadurch, dass es das Oberverwaltungsgericht versäumt habe, seine willkürliche Entscheidung aus dem Eilverfahren im Berufungszulassungsverfahren zu korrigieren, nehme es ihm die Möglichkeit der Rehabilitation und verschärfe damit die bereits erfolgte Diskriminierung. Damit werde zudem eine Amtshaftungsklage bewusst ausgeschlossen und würden legasthene Schüler in Niedersachsen im Ergebnis rechtlos gestellt.

11

3. Die Verfassungsbeschwerde ist dem Niedersächsischen Justizministerium und der Beklagten des Ausgangsverfahrens, der vormaligen Schule des Beschwerdeführers, zugestellt worden. Diese haben von einer Stellungnahme abgesehen. Die Akten des Ausgangsverfahrens lagen der Kammer vor.

II.

12

1. Die Kammer nimmt die zulässige Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG; vgl. BVerfGE 90, 22 <25>). Auch die weiteren Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG liegen vor. Das Bundesverfassungsgericht hat die hier maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden. Die Verfassungsbeschwerde ist danach offensichtlich begründet.

13

2. Die Auslegung und Anwendung der Vorschriften über die Zulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht wird der verfassungsrechtlichen Verbürgung effektiven Rechtsschutzes nicht gerecht.

14

a) Das Gebot effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistet zwar keinen Anspruch auf die Errichtung eines bestimmten Instanzenzuges (vgl. BVerfGE 104, 220 <231>; 125, 104 <136 f.>; stRspr). Hat der Gesetzgeber jedoch mehrere Instanzen geschaffen, darf der Zugang zu ihnen nicht in unzumutbarer und durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 104, 220 <232>; 125, 104 <137>; stRspr). Das Gleiche gilt, wenn das Prozessrecht - wie hier die §§ 124, 124a VwGO - den Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit gibt, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Aus diesem Grund dürfen die Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe nicht derart erschwert werden, dass sie auch von einem durchschnittlichen, nicht auf das gerade einschlägige Rechtsgebiet spezialisierten Rechtsanwalt mit zumutbarem Aufwand nicht mehr erfüllt werden können und die Möglichkeit, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten, für den Rechtsmittelführer leerläuft. Dies gilt nicht nur hinsichtlich der Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO, sondern in entsprechender Weise für die Auslegung und Anwendung der Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO selbst (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes unvereinbar ist eine Auslegung und Anwendung des § 124 Abs. 2 VwGO danach dann, wenn sie sachlich nicht zu rechtfertigen ist, sich damit als objektiv willkürlich erweist und den Zugang zur nächsten Instanz unzumutbar erschwert (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>; 134, 106 <117 f. Rn. 34>).

15

b) Das Oberverwaltungsgericht hat durch seine Handhabung des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO den Zugang zur Berufungsinstanz in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise verengt und dadurch das Gebot effektiven Rechtsschutzes verletzt.

16

aa) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sind immer schon dann begründet, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl. BVerfGE 125, 104 <140>). Dies hat der Beschwerdeführer getan. Er hat aufgezeigt, dass das Verwaltungsgericht seinen Verpflichtungsantrag rechtsfehlerhaft als unzulässig behandelt hat und die angenommene Unzulässigkeit der Feststellungsanträge betreffend den Notenschutz und den Umfang des ihm zustehenden Nachteilsausgleichs aus Subsidiaritätsgründen zumindest ernstlichen - vom Oberverwaltungsgericht selbst näher aufgezeigten - Zweifeln begegnet. Das Oberverwaltungsgericht hat mit einer verfassungsrechtlich nicht hinnehmbaren Begründung gleichwohl die Berufung nicht zugelassen.

17

bb) Es begegnet zwar keinen grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn das Berufungsgericht bei der Überprüfung des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) auf andere rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte abstellt als das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen seines Urteils und wenn es - soweit rechtliches Gehör gewährt ist - die Zulassung der Berufung deshalb ablehnt, weil sich das Urteil aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig erweist. Es widerspricht jedoch sowohl dem Sinn und Zweck des dem Berufungsverfahren vorgeschalteten Zulassungsverfahrens als auch der Systematik der in § 124 Abs. 2 VwGO geregelten Zulassungsgründe und kann den Zugang zur Berufung in sachlich nicht mehr zu rechtfertigender Weise einschränken, wenn das Berufungsgericht auf andere Gründe entscheidungstragend abstellt als das Verwaltungsgericht, die nicht ohne Weiteres auf der Hand liegen und deren Heranziehung deshalb über den mit Blick auf den eingeschränkten Zweck des Zulassungsverfahrens von ihm vernünftigerweise zu leistenden Prüfungsumfang hinausgeht (vgl. BVerfGE 134, 106 <119 f. Rn. 40>; siehe auch BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - BVerwG 7 AV 4.03 -, NVwZ-RR 2004, S. 542 <543>).

18

Dass dem Beschwerdeführer vor Erlass der angegriffenen Entscheidung im Hinblick auf die neue Begründung des Oberverwaltungsgerichts im Berufungszulassungsverfahren rechtliches Gehör gewährt worden wäre, lässt sich den beigezogenen Akten des Ausgangsverfahrens nicht entnehmen. Darüber hinaus lagen die Voraussetzungen für einen Austausch der Begründung hiernach auch nicht vor.

19

(1) Hinsichtlich der auf den Notenschutz bezogenen Klageanträge ergibt sich dies schon daraus, dass das Oberverwaltungsgericht die angenommene inhaltliche Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils auf Gründe stützt, denen ihrerseits grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zukommt. Denn die Heranziehung von Erwägungen mit Grundsatzbedeutung zur Ablehnung des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel verkürzt den vom Gesetzgeber für Fragen von grundsätzlicher Bedeutung vorgesehenen Rechtsschutz im Berufungsverfahren in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise (vgl. BVerfGK 10, 208 <213 f. m.w.N.>).

20

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtsfrage immer dann, wenn es maßgebend auf eine konkrete, über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage ankommt, deren Klärung im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts geboten erscheint. Der Begriff der grundsätzlichen Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO entspricht danach weitgehend dem der grundsätzlichen Bedeutung in der revisionszulassungsrechtlichen Bestimmung des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (vgl. BVerfGK 10, 208 <214>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 10. September 2009 - 1 BvR 814/09 -, NJW 2009, S. 3642 <3643>; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 22. August 2011 - 1 BvR 1764/09 -, NVwZ-RR 2011, S. 963 <964>).

21

Nach diesen Maßstäben kam der vom Oberverwaltungsgericht verneinten Frage, ob der Beschwerdeführer im Hinblick auf seine Legasthenie so genannten Notenschutz in Form der Nichtbewertung der Rechtschreibung verlangen konnte, grundsätzliche Bedeutung zu. Denn ihre Beantwortung hat Bedeutung weit über den Einzelfall des Beschwerdeführers hinaus und betrifft den Umfang des verfassungsrechtlich sowohl unter dem Gesichtspunkt der Chancengleichheit im Prüfungsrecht (BVerfGE 52, 380 <388>) als auch des Benachteiligungsverbots gemäß Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG (BVerfGE 96, 288<301 ff.>) bestehenden Anspruchs auf behinderungsbezogenen Nachteilsausgleich (zu der namentlich aus den verfassungsrechtlichen Bezügen abgeleiteten Grundsatzbedeutung der Rechtmäßigkeit der Bemerkung der Nichtberücksichtigung von Rechtschreibleistungen im Abiturzeugnis vgl. BayVGH, Urteile vom 28. Mai 2014 - 7 B 14.22 u.a. -, juris, Rn. 27). Die umstrittene Frage des Umfangs des Nachteilsausgleichs, der an Legasthenie leidenden Schülern zusteht, war zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts noch nicht höchstrichterlich geklärt. Erst im Jahr 2015 hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass aus dem Gebot der Chancengleichheit nur Ansprüche auf Änderung der Prüfungsbedingungen (Nachteilsausgleich), nicht aber solche auf Änderung des Maßstabs der Leistungsbewertung (Notenschutz) abgeleitet werden könnten (BVerwGE 152, 330). Hiergegen sind beim Bundesverfassungsgericht mittlerweile Verfassungsbeschwerden anhängig (Az. 1 BvR 2577/15, 1 BvR 2578/15 und 1 BvR 2579/15), über die noch nicht entschieden ist.

22

Das Oberverwaltungsgericht konnte die Nichtzulassung der Berufung wegen inhaltlicher Richtigkeit daher hierauf nicht stützen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der flankierenden Erwägungen, im Fach Deutsch gehörten Rechtschreibung und Zeichensetzung gerade zu den allgemein vorausgesetzten Kompetenzen und der Schutz des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG beschränke sich auf seine Funktion als Abwehrrecht. Gleiches gilt für den Hinweis auf den nach den einschlägigen schulrechtlichen Ausführungsbestimmungen bestehenden pädagogischen Spielraum. Ob die erfolgten Abwertungen unter Berücksichtigung des Spielraums der Behinderung des Beschwerdeführers hinreichend Rechnung trugen, wäre gegebenenfalls erst in einem Berufungsverfahren zu klären gewesen.

23

(2) Auch mit Blick auf das (verneinte) Feststellungsinteresse verkürzt das Oberverwaltungsgericht die verfassungsrechtlich garantierten Zugangsmöglichkeiten zum Berufungsverfahren. Soweit es ausführt, es fehle an dem (vom Verwaltungsgericht insoweit nicht geprüften) Feststellungsinteresse, weil die Ausweisung der Deutschnoten in der Jahrgangsstufe 12 mit Blick auf deren Auswirkungen auf das Abiturergebnis keinen diskriminierenden Charakter hätten und der Beschwerdeführer hinsichtlich der anderen Einzelnoten schon nicht näher dargelegt habe, welche Punktzahl er für erforderlich halte, lagen diese Erwägungen nicht ohne Weiteres auf der Hand und überschritten den statthaften Prüfungsumfang im Berufungszulassungsverfahren. Inhaltlich liegen sie auch eher fern, weil der Beschwerdeführer dargelegt hat, dass die Feststellung, welche Noten er mit der von ihm für notwendig gehaltenen längeren Schreibzeitverlängerung in allen Fächern erreicht hätte, im Nachhinein nicht möglich ist. Gerade deswegen blieb ihm aber nur die Möglichkeit eines Feststellungsantrags, um eine in den erreichten Noten gegebenenfalls fortwirkende Benachteiligung durch einen entsprechenden Feststellungsausspruch zu beseitigen. In der fachgerichtlichen Rechtsprechung ist im Übrigen geklärt, dass sich das notwendige Feststellungsinteresse in einer solchen Situation bereits aus der Geltendmachung einer fortdauernden faktischen Grundrechtsbeeinträchtigung ergeben kann (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 27. Mai 2014 - BVerwG 1 WB 59.13 -, juris, Rn. 20; Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 113 Rn. 146 m.w.N.), die hier insbesondere im Hinblick auf Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG gerügt wird.

24

3. Auf die Beantwortung der weiteren vom Beschwerdeführer aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen kommt es nicht an, da der angegriffene Beschluss die Berufungszulassung behandelt und keine Entscheidung zur Sache enthält.

III.

25

1. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts beruht auf dem Verfassungsverstoß. Er ist daher gemäß § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben und die Sache ist an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen.

26

2. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts folgt aus § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG und den Grundsätzen für die Festsetzung des Gegenstandswerts im verfassungsgerichtlichen Verfahren (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>; BVerfGK 20, 336 <337 ff.>).

Tenor

Der Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 8. November 2011 - 13 LA 81/11 - verletzt die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes. Der Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.

Das Land Niedersachsen hat den Beschwerdeführern ihre notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.

Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 30.000 € (in Worten: dreißigtausend Euro) festgesetzt.

Gründe

1

Mit ihrer Verfassungsbeschwerde beanstanden die Beschwerdeführer insbesondere, dass das Oberverwaltungsgericht ihren Antrag auf Zulassung der Berufung gegen ein verwaltungsgerichtliches Urteil über ihre Klage gegen einen deichrechtlichen Planfeststellungsbeschluss abgelehnt hat.

A.

I.

2

1. Die Beschwerdeführer sind Eigentümer der an der Alten Aller gelegenen Flurstücke X, Y und Z, von denen eines mit einem Wohnhaus und Nebengebäuden bebaut ist.

3

2. Der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz stellte mit Beschluss vom 11. Dezember 2008 auf Antrag eines Deichverbands einen Plan für die Verbesserung der Deichsicherheit auf einem Streckenabschnitt von ungefähr 4 km fest. Der festgestellte Plan übernimmt auch einen Änderungsantrag des Deichverbands vom 7. Juli 2008. In diesem wird ausgeführt, für den Bereich der Flurstücke X, Y und Z habe der Antrag bisher die Herstellung einer neuen Hochwasserschutzmauer sowie die Anlage eines Deichverteidigungswegs zwischen der neuen Hochwassermauer und dem Wohngebäude der Beschwerdeführer auf dem Flurstück X vorgesehen. Aufgrund der doch nicht unerheblichen Vorteile eines grünen Deiches gegenüber einer Hochwasserschutzwand im Hinblick auf Sicherheit und Unterhaltungskosten habe die ursprüngliche Planung aus heutiger Sicht, nicht zuletzt auch aufgrund neuerer Vorgaben zur Finanzierung, einer neuen Bewertung bedurft. Im Ergebnis sei danach, soweit möglich, auch hier der grüne Deich zu realisieren. Der Bau des Deiches solle auf dem Flurstück Y erfolgen. Der dauerhaft in Anspruch genommene Flächenanteil dieses Flurstücks betrage 3.100 qm.

4

3. Das Verwaltungsgericht wies die Klage der Beschwerdeführer gegen den Planfeststellungsbeschluss weitgehend ab.

5

Eine Verletzung des Abwägungsgebotes könnten die Beschwerdeführer nicht mit Erfolg geltend machen. Der beklagte Landesbetrieb (im Folgenden: Beklagter) habe bei seiner Abwägungsentscheidung die Belange der Beschwerdeführer berücksichtigt. Das in ihrem Eigentum stehende Flurstück Z werde im Umfang von 830 qm für den Neubau des Deichkörpers in Anspruch genommen. Eine Flächeninanspruchnahme sei bei der Entscheidung zugunsten des grünen Deiches in diesem Umfang geboten. Eine wesentliche Beeinträchtigung ihres verbleibenden Grundbesitzes ergebe sich daraus nicht, zumal auch bei einer Erhöhung der vorhandenen Flutschutzmauer, wie dies die Beschwerdeführer wünschten, Beeinträchtigungen ihres Grundbesitzes zu erwarten wären. Die Flächeninanspruchnahme sei dann allerdings geringer. Auch die Belange des Naturschutzes würden gewahrt. Denn der vorhandene Teich, der als Biotop einzustufen sei, werde an anderer Stelle neu hergestellt. Eine erhebliche Beeinträchtigung des vorhandenen Fauna-Flora-Habitat-Gebiets (FFH-Gebiet) sei zudem durch die geplante Trassierung nicht zu erwarten. Dies wäre allenfalls bei einer Verlegung des Deiches in östlicher Richtung, also auf das Flurstück Y, der Fall. Dieses Flurstück werde aber durch die Maßnahme nicht auf Dauer beeinträchtigt, hiervon werde lediglich während der Bauzeit ein Arbeitsstreifen in Anspruch genommen.

6

4. Das Oberverwaltungsgericht lehnte den Antrag der Beschwerdeführer auf Zulassung der Berufung gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil ab.

7

Der von den Beschwerdeführern geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sei nicht hinreichend dargetan und liege zudem nicht vor. Die Beschwerdeführer hätten die Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht hinreichend in Frage gestellt, dass der Planfeststellungsbeschluss dem Abwägungsgebot entspreche.

8

Die Beschwerdeführer seien durch die Deicherneuerungsmaßnahme unmittelbar in ihrem Eigentumsrecht betroffen. Sie hätten deshalb einen Anspruch auf eine umfassende gerichtliche Abwägungskontrolle.

9

Das Abwägungsgebot habe in der Rechtsprechung zu der gerichtlichen Überprüfung von Planungsalternativen in Bezug auf abweichende Standorte beziehungsweise Trassen eine nähere Ausformung erfahren, die sich auch auf die Bestimmung einer Deichlinienführung für einen der Planfeststellung unterliegenden Deichbau übertragen ließe: Ernsthaft in Betracht kommende Alternativlösungen müssten bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials berücksichtigt werden und mit der ihnen zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Alternativen jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange eingehen. Die eigentliche planerische Auswahlentscheidung zwischen verschiedenen Alternativen unterliege nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Eine Planfeststellungsbehörde handele nicht schon dann fehlerhaft, wenn eine von ihr verworfene Trassenführung ebenfalls aus guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Trassenwahl seien erst dann überschritten, wenn sich eine andere als die gewählte Trassenführung unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere hätte aufdrängen müssen, oder wenn der Planfeststellungsbehörde infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen sei.

10

Einen derartigen Fehler hätten die Beschwerdeführer in ihrer Zulassungsbegründung nicht darzulegen vermocht.

11

So sei die dauerhafte Inanspruchnahme des im Eigentum der Beschwerdeführer stehenden Flurstücks Y durch die Erstellung eines grünen Deichs anstelle der Verstärkung und Erhöhung der alten Hochwasserschutzmauer Gegenstand der Abwägung des Planfeststellungsbeschlusses gewesen. Der Änderungsantrag des Beigeladenen vom 7. Juli 2008 weise eindeutig darauf hin, dass alle beschriebenen Maßnahmen (Errichtung eines grünen Deiches anstelle einer Hochwasserschutzmauer) auf dem Flurstück Y zu realisieren seien. Der Änderungsantrag sei ebenso wie der zugehörige Lageplan Bestandteil des Planfeststellungsbeschlusses und damit Gegenstand der Abwägung geworden. Dass dieser Belang auch tatsächlich inhaltlich abgewogen worden sei, ergebe sich aus den Ausführungen des Planfeststellungsbeschlusses. Danach seien die Eigentumsbelange der Beschwerdeführer, die aufgrund der Vorgabe, dass ein grüner Deich errichtet werden müsse, betroffen würden, in die Abwägung eingestellt worden, hätten aber hinter die Belange des Hochwasserschutzes zurücktreten müssen. Einzig denkbare Alternative zur Verwirklichung des Hochwasserschutzes im Bereich des Wohnhauses der Beschwerdeführer sei die Herstellung eines grünen Deiches auf der Trasse des jetzigen Deiches. Dies hätte aber den Abriss dieses Wohnhauses zur Folge, was ungleich schwerer wiege als die Inanspruchnahme von Weideland.

12

Allerdings sei das Verwaltungsgericht offensichtlich irrig davon ausgegangen, das Flurstück Y werde nur für die Dauer der Bauzeit im Umfang eines Arbeitsstreifens in Anspruch genommen. Dies sei jedoch für die Ergebnisrichtigkeit des angefochtenen Urteils ohne Bedeutung, da die dauerhafte teilweise Inanspruchnahme dieses Grundstücks - wie dargelegt - durch den Beklagten ordnungsgemäß in die Abwägung eingestellt worden sei, mithin kein Abwägungsfehler vorliege, der der Abweisung der Klage durch das Verwaltungsgericht entgegenstünde.

13

Zu Recht habe das Verwaltungsgericht auch die Errichtung eines grünen Deiches vor dem Wohnhaus der Beschwerdeführer anstelle der ursprünglich geplanten Verstärkung und Erhöhung der vorhandenen Hochwasserschutzmauer als abwägungsfehlerfrei angesehen. Insoweit habe es zutreffend auf die Schwachstellen im Übergangsbereich einer Hochwasserschutzmauer zu dem sich anschließenden grünen Deich hingewiesen. Zu Recht habe es dabei auch darauf abgestellt, dass eine notfallmäßige Erhöhung durch Sandsäcke bei einem grünen Deich einfacher und sicherer zu bewerkstelligen sei, als dies bei einer Hochwasserschutzmauer der Fall wäre. Dies ergebe sich schon aufgrund der breiteren zur Verfügung stehenden Grundfläche und bedürfe keiner weiteren Erläuterung.

II.

14

1. Die Beschwerdeführer wenden sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde gegen den Planfeststellungsbeschluss, das Urteil des Verwaltungsgerichts und die Nichtzulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht. Sie rügen eine Verletzung von Art. 19 Abs. 4 und Art. 14 Abs. 1 GG und machen unter anderem geltend, der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts verletze ihr Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz, weil er die Anforderungen an die Darlegung der verschiedenen Zulassungsgründe überspanne.

15

Hinsichtlich des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hätten sie aufgezeigt, dass sich eine erhebliche Tatsachenfeststellung des erstinstanzlichen Urteils schlüssig in Frage stellen lasse. Das Verwaltungsgericht gehe in seinem Urteil davon aus, dass das in ihrem Eigentum stehende Flurstück Y nicht auf Dauer, sondern lediglich für die Bauzeit in geringem Umfang beeinträchtigt werde. Mit der Feststellung dieser Tatsache gehe das Verwaltungsgericht außerdem davon aus, dass eine erhebliche Beeinträchtigung des sich dort befindenden FFH-Gebiets nicht zu erwarten sei. Sie hätten dargelegt, dass entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts 3.100 qm des Flurstücks Y dauerhaft in Anspruch genommen werden sollten. Insoweit stimmten die Feststellungen des Verwaltungsgerichts nicht mit dem angegriffenen Planfeststellungsbeschluss überein.

16

Diese Fehleinschätzung sei für das Urteil des Verwaltungsgerichts auch erheblich, denn sie betreffe die Art und Weise sowie den Umfang der Inanspruchnahme ihres Grundeigentums, darüber hinaus aber auch die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren von ihnen rügefähige Frage der Vereinbarkeit des angegriffenen Planfeststellungsbeschlusses mit (europäischem) Naturschutzrecht. Erheblich sei sie auch insofern, als das Verwaltungsgericht auf die Feststellung seine Überprüfung der dem angegriffenen Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegenden Abwägung stütze und hiernach in dem Urteil zu dem Schluss komme, die Beklagte habe ihre Belange hinreichend berücksichtigt.

17

Die Zweifel an der Richtigkeit der Feststellung des Verwaltungsgerichts habe das Oberverwaltungsgericht im Grunde zwar auch erkannt, die "irrige" Annahme des Verwaltungsgerichts zu der Inanspruchnahme des Flurstücks Y jedoch als für die Ergebnisrichtigkeit des angefochtenen Urteils unbedeutend angesehen. Die angebliche Ergebnisrichtigkeit des Urteils begründe das Oberverwaltungsgericht damit, dass die Planfeststellungsbehörde die Inanspruchnahme des Flurstücks Y ordnungsgemäß in die Abwägung eingestellt habe. Mit dieser Würdigung greife das Oberverwaltungsgericht aber dem eigentlichen Berufungsverfahren vor. Unabhängig davon seien erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts dargetan, wenn sich aus dem Vorbringen ergebe, dass das Urteil auf der fehlerhaften Annahme von in Anspruch genommenen Flächen fuße, denn es sei Aufgabe des Verwaltungsgerichts zu prüfen, ob die Belange tatsächlich ordnungsgemäß in die Abwägung eingestellt worden seien.

18

2. Die Niedersächsische Landesregierung sowie der Beklagte und der im Ausgangsverfahren beigeladene Deichverband hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Akten der Ausgangsverfahren sind beigezogen.

B.

19

Die Verfassungsbeschwerde hat hinsichtlich des Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts Erfolg.

I.

20

Soweit die Verfassungsbeschwerde sich gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts richtet, ist sie zulässig (1.) und begründet (2.). Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts verletzt die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Er ist aufzuheben und die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 95 Abs. 2 BVerfGG).

21

1. Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde steht nicht entgegen, dass die Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts keine Anhörungsrüge nach § 152a VwGO erhoben haben. Dies war weder zur Erschöpfung des Rechtswegs (a) noch wegen der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde (b) geboten.

22

a) aa) Wird mit der Verfassungsbeschwerde eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) geltend gemacht, so gehört eine Anhörungsrüge an das Fachgericht zu dem Rechtsweg, von dessen Erschöpfung die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde gemäß § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG im Regelfall abhängig ist (vgl. BVerfGE 122, 190 <198>; 126, 1 <17>). Erheben Beschwerdeführer in einem solchen Fall keine Anhörungsrüge, obwohl sie statthaft und nicht offensichtlich aussichtslos wäre, hat das zur Folge, dass die Verfassungsbeschwerde insgesamt unzulässig ist, sofern die damit gerügten Grundrechtsverletzungen denselben Streitgegenstand betreffen wie der geltend gemachte Gehörsverstoß(vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. April 2005 - 1 BvR 644/05 -, juris Rn. 10).

23

Wird die Rüge einer Gehörsverletzung hingegen weder ausdrücklich noch der Sache nach zum Gegenstand der Verfassungsbeschwerde gemacht oder wird die zunächst wirksam im Verfassungsbeschwerdeverfahren erhobene Rüge einer Gehörsverletzung wieder zurückgenommen (vgl. BVerfGE 126, 1 <17>), hängt die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde unter dem Gesichtspunkt des Gebots der Rechtswegerschöpfung nicht von der vorherigen Durchführung eines fachgerichtlichen Anhörungsrügeverfahrens ab. Wurde ein Anhörungsrügeverfahren vor dem letztinstanzlichen Fachgericht durchgeführt, mit der Verfassungsbeschwerde aber kein Gehörsverstoß gerügt - etwa weil sich die Beschwerdeführer insoweit von den Gründen des die Anhörungsrüge zurückweisenden Beschlusses haben überzeugen lassen -, zählt dieses Anhörungsrügeverfahren, wenn es nicht offensichtlich aussichtslos war, gleichwohl zum Rechtsweg und wirkt damit fristbestimmend für die Verfassungsbeschwerde.

24

bb) Die Beschwerdeführer machen mit ihrer Verfassungsbeschwerde weder ausdrücklich noch der Sache nach eine Verletzung ihres Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs geltend.

25

Die Begründung der Verfassungsbeschwerde enthält allerdings Ausführungen, die - isoliert betrachtet - als Rügen einer Gehörsverletzung gedeutet werden könnten. So beanstanden die Beschwerdeführer unter anderem, dass das Oberverwaltungsgericht auf die von ihnen gerügte Beeinträchtigung eines FFH-Gebiets gar nicht eingegangen sei und auch den Einwand unberücksichtigt gelassen habe, dass nach langem Vorlauf im Planungsverfahren unvermittelt eine Planänderung stattgefunden habe. Dieses Vorbringen kann bei sachdienlicher Auslegung nicht als Rüge einer Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG verstanden werden. Es dient im Zusammenhang der Verfassungsbeschwerde eindeutig dem Ziel zu begründen, dass das Oberverwaltungsgericht unter Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG den Berufungszulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils sowie den der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache verkannt habe. Dass die Beschwerdeführer ungeachtet dessen mit diesen Ausführungen gleichwohl der Sache nach einen Gehörsverstoß rügen wollen, kann nach dem Grundsatz wohlwollender Auslegung prozessualer Anträge im Sinne des erkennbaren Rechtsschutzanliegens auch deshalb nicht angenommen werden, weil ihrem Vorbringen ansonsten ein Verständnis unterlegt würde, das mangels Erhebung einer Anhörungsrüge zur Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde führen würde.

26

b) Die Erhebung der Anhörungsrüge nach § 152a VwGO war hier auch nicht mit Rücksicht auf den Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde geboten.

27

aa) Dieser in § 90 Abs. 2 BVerfGG zum Ausdruck kommende Grundsatz verlangt, dass Beschwerdeführer alle nach Lage der Dinge zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergreifen, um die geltend gemachte Grundrechtsverletzung schon im fachgerichtlichen Verfahren zu verhindern oder zu beseitigen (vgl. BVerfGE 107, 395 <414>; 112, 50 <60>). Das kann auch bedeuten, dass Beschwerdeführer zur Wahrung des Subsidiaritätsgebots gehalten sind, im fachgerichtlichen Verfahren eine Gehörsverletzung mit den gegebenen Rechtsbehelfen, insbesondere mit einer Anhörungsrüge, selbst dann anzugreifen, wenn sie im Rahmen der ihnen insoweit zustehenden Dispositionsfreiheit mit der Verfassungsbeschwerde zwar keinen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG rügen wollen (vgl. BVerfGE 126, 1 <17>), durch den fachgerichtlichen Rechtsbehelf aber die Möglichkeit wahren, dass bei Erfolg der Gehörsverletzungsrüge in den vor den Fachgerichten gegebenenfalls erneut durchzuführenden Verfahrensschritten auch andere Grundrechtsverletzungen, durch die sie sich beschwert fühlen, beseitigt werden (vgl. dazu BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. April 2005 - 1 BvR 644/05 -, juris Rn. 10). Denn die Dispositionsfreiheit der Beschwerdeführer enthebt sie nicht ohne Weiteres der Beachtung des Subsidiaritätsgebotes; als Voraussetzung der Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde ist dieses der Verfügungsmacht der Beschwerdeführer entzogen.

28

Die Verweisung auf die Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde steht allerdings unter dem Vorbehalt der Zumutbarkeit einer anderweitigen prozessualen Möglichkeit zur Abhilfe (stRspr, vgl. nur BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 11. Juli 2012 - 1 BvR 3142/07,1 BvR 1569/08 -, NJW 2012, S. 3081 <3082 [Tz. 45]>). Zur Vermeidung der Unzulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde, bei der sie sich nicht auf eine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG berufen, müssen Beschwerdeführer daher aus Gründen der Subsidiarität eine Anhörungsrüge oder den sonst gegen eine Gehörsverletzung gegebenen Rechtsbehelf nur dann ergreifen, wenn den Umständen nach ein Gehörsverstoß durch die Fachgerichte nahe liegt und zu erwarten wäre, dass vernünftige Verfahrensbeteiligte mit Rücksicht auf die geltend gemachte Beschwer bereits im gerichtlichen Verfahren einen entsprechenden Rechtsbehelf ergreifen würden.

29

Das Subsidiaritätsgebot greift danach in den hier in Rede stehenden Fällen insbesondere dann, wenn auf der Hand liegt, dass mit dem Beschwerdevorbringen der Sache nach ein Gehörsverstoß gerügt wird, die Beschwerdeführer aber ersichtlich mit Rücksicht darauf, dass kein Anhörungsrügeverfahren durchgeführt wurde, ausschließlich die Verletzung eines anderen Grundrechts oder grundrechtsgleichen Rechts geltend machen, das durch ein solches Vorgehen des Gerichts gleichfalls verletzt sein kann (vgl. dazu BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 14. Juli 2011 - 1 BvR 1468/11 -, juris).

30

Die Möglichkeit, über eine erfolgreiche Anhörungsrüge die Beseitigung anderweitiger Grundrechtsverletzungen zu erreichen, besteht im Übrigen von vornherein nur in dem Umfang, als diese denselben Streitgegenstand betreffen wie die geltend gemachte Gehörsverletzung (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. April 2005 - 1 BvR 644/05 -, juris Rn. 10). Nur insoweit kann aus dem Subsidiaritätsgrundsatz die Obliegenheit der Erhebung einer Anhörungsrüge auch für den Fall abgeleitet werden, dass mit der Verfassungsbeschwerde kein Gehörsverstoß gerügt wird.

31

bb) Gemessen hieran verletzt es nicht den Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde, dass die Beschwerdeführer es unterlassen haben, eine Anhörungsrüge gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts über die Ablehnung der Zulassung der Berufung zu erheben.

32

Soweit die Beschwerdeführer beanstanden, dass das Oberverwaltungsgericht auf die von ihnen gerügte Beeinträchtigung des FFH-Gebiets gar nicht eingegangen sei und auch den Einwand unberücksichtigt gelassen habe, dass nach langem Vorlauf im Planungsverfahren unvermittelt eine Planänderung stattgefunden habe, ist schon zweifelhaft, ob dieser Vortrag, selbst wenn er in der Sache zuträfe, überhaupt geeignet ist, eine Gehörsverletzung zu begründen. Wird bestimmter Vortrag in einer gerichtlichen Entscheidung nicht erwähnt, lässt dies nämlich nur unter besonderen Umständen den Rückschluss auf die Nichtberücksichtigung entscheidungserheblichen Vorbringens zu (vgl. BVerfGE 96, 205 <216 f.>). Das hier in Frage stehende, für die Geltendmachung einer Gehörsverletzung eher unspezifische Vorbringen der Beschwerdeführer ist zudem eindeutig und sinnvoll in die Rüge einer Verletzung von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG eingebunden, die sich gegen die Verneinung des Berufungszulassungsgrunds der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils sowie der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache richtet. Es gibt insbesondere keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführer damit lediglich eine Versäumung der Anhörungsrüge umgehen wollten. Sie müssen sich daher nicht entgegenhalten lassen, dass die Erhebung einer Anhörungsrüge nahe gelegen hätte und zu erwarten gewesen wäre, dass ein vernünftiger Verfahrensbeteiligter eine Anhörungsrüge erhoben hätte.

33

2. Die Verfassungsbeschwerde ist begründet. Die Auslegung und Anwendung der Vorschriften über die Zulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht wird der verfassungsrechtlichen Verbürgung effektiven Rechtsschutzes nicht gerecht.

34

a) Das Gebot effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistet keinen Anspruch auf die Errichtung eines bestimmten Instanzenzuges (vgl. BVerfGE 104, 220 <231>; 125, 104 <136>; stRspr). Hat der Gesetzgeber jedoch mehrere Instanzen geschaffen, darf der Zugang zu ihnen nicht in unzumutbarer und durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 104, 220 <232>; 125, 104 <137>; stRspr). Das Gleiche gilt, wenn das Prozessrecht - wie hier die §§ 124, 124a VwGO - den Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit gibt, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Aus diesem Grunde dürfen die Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe nicht derart erschwert werden, dass sie auch von einem durchschnittlichen, nicht auf das gerade einschlägige Rechtsgebiet spezialisierten Rechtsanwalt mit zumutbarem Aufwand nicht mehr erfüllt werden können und die Möglichkeit, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten, für den Rechtsmittelführer leerläuft. Dies gilt nicht nur hinsichtlich der Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO, sondern in entsprechender Weise für die Auslegung und Anwendung der Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO selbst (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes unvereinbar ist eine Auslegung und Anwendung des § 124 Abs. 2 VwGO danach dann, wenn sie sachlich nicht zu rechtfertigen ist, sich damit als objektiv willkürlich erweist und den Zugang zur nächsten Instanz unzumutbar erschwert (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 10. September 2009 - 1 BvR 814/09 -, NJW 2009, S. 3642).

35

b) Das Oberverwaltungsgericht hat durch seine Handhabung des Zulassungsgrundes nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO den Zugang zur Berufungsinstanz in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise verengt und dadurch das Gebot effektiven Rechtsschutzes verletzt.

36

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sind immer schon dann begründet, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl. BVerfGE 125, 104 <140>). Dies ist den Beschwerdeführern gelungen. Sie haben aufgezeigt, dass das Verwaltungsgericht in einem für ihr Grundeigentum und damit für die Entscheidung wesentlichen Punkt von falschen Annahmen über die Festsetzungen im Planfeststellungsbeschluss ausgegangen ist. Das Oberverwaltungsgericht hat mit einer verfassungsrechtlich nicht hinnehmbaren Begründung gleichwohl die Berufung nicht zugelassen.

37

Das Urteil des Verwaltungsgerichts geht von der Annahme aus, das im Eigentum der Beschwerdeführer stehende Flurstück Y werde durch die mit dem Planfeststellungsbeschluss zugelassene Maßnahme nicht auf Dauer beeinträchtigt; vielmehr werde lediglich während der Bauzeit ein Streifen dieses Flurstücks in Anspruch genommen.

38

Die Beschwerdeführer haben in der Begründung ihres Zulassungsantrags geltend gemacht, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass bereits im Änderungsantrag vom 7. Juli 2008 ausdrücklich von der Notwendigkeit der dauerhaften Inanspruchnahme von 3.100 qm des Flurstücks Y die Rede sei. Dementsprechend sei auch die Festsetzung im Planfeststellungsbeschluss erfolgt. Der Planfeststellungsbeschluss enthalte keine gerechte Abwägung ihrer Belange.

39

Das Oberverwaltungsgericht hat erkannt, dass das Verwaltungsgericht "offensichtlich irrig" von einer nur vorübergehenden Inanspruchnahme des Flurstücks Y nur für die Dauer der Bauzeit im Umfang eines Arbeitsstreifens ausgegangen ist. Dennoch hat es sich nicht dazu veranlasst gesehen, die Berufung aufgrund einer unzutreffenden Annahme der tatsächlichen Betroffenheit der Beschwerdeführer zuzulassen. Es hat vielmehr im Berufungszulassungsverfahren eine eigene Prüfung der fachplanerischen Abwägungsentscheidung vorgenommen und dabei das Urteil des Verwaltungsgerichts im Ergebnis für richtig befunden. Damit hat es in verfassungswidriger Weise Teile der dem Berufungsverfahren vorbehaltenen Sachprüfung in das Berufungszulassungsverfahren vorverlagert.

40

Zwar begegnet es keinen grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn das Berufungsgericht bei der Überprüfung des angefochtenen Urteils auf ernstliche Zweifel an seiner Richtigkeit (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) auf andere rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte abstellt als das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen seines Urteils und wenn es - soweit rechtliches Gehör gewährt ist - die Zulassung der Berufung deshalb ablehnt, weil sich das Urteil aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig erweist. Es widerspricht jedoch sowohl dem Sinn und Zweck des dem Berufungsverfahren vorgeschalteten Zulassungsverfahrens als auch der Systematik der in § 124 Abs. 2 VwGO geregelten Zulassungsgründe und kann den Zugang zur Berufung in sachlich nicht mehr zu rechtfertigender Weise einschränken, wenn das Berufungsgericht auf andere entscheidungstragende Gründe abstellt als das Verwaltungsgericht, die nicht ohne Weiteres auf der Hand liegen und deren Heranziehung deshalb über den mit Blick auf den eingeschränkten Zweck des Zulassungsverfahrens von ihm vernünftigerweise zu leistenden Prüfungsumfang hinausgeht (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - BVerwG 7 AV 4.03 -, NVwZ-RR 2004, S. 542 <543>).

41

Das Oberverwaltungsgericht hat die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Kontrolle der fachplanerischen Abwägungsentscheidung in einem für die Beschwerdeführer entscheidenden Punkt durch eine eigene Kontrolle ersetzt. Ob das Deichbauvorhaben die Eigentumsrechte der Beschwerdeführer gemessen an den damit verfolgten Zielen und den in Frage kommenden Vorhabenalternativen - hier insbesondere der von den Beschwerdeführern statt des Deichneubaus verlangten Ertüchtigung der Hochwasserschutzwand - unverhältnismäßig beeinträchtigt, hängt unter anderem maßgeblich von der mit den festgestellten Maßnahmen einhergehenden Eigentumsbelastung für die Beschwerdeführer ab. Dass es insofern für die Abwägungsentscheidung von erheblichem Gewicht ist, ob das Flurstück Y nur vorübergehend während der Bauzeit als Arbeitsstreifen oder dauerhaft in dem doch beträchtlichen Umfang von 3.100 qm in Anspruch genommen wird, liegt auf der Hand. Es war dem Oberverwaltungsgericht bei Beachtung des Gebots effektiven Rechtsschutzes verwehrt, im Berufungszulassungsverfahren, das insbesondere mangels eines förmlichen Beweisaufnahmeverfahrens den Beteiligten von vornherein weniger Einwirkungsmöglichkeiten auf die Tatsachenfeststellung einräumt als das Hauptsacheverfahren, diese Frage der Abgewogenheit des Planfeststellungsbeschlusses abweichend vom Verwaltungsgericht in der Sache zu entscheiden.

42

Da das Oberverwaltungsgericht die Zulassung der Berufung nicht ohne Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG ablehnen konnte, beruht die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts auf diesem Verfassungsverstoß. Ob die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts darüber hinaus auch Art. 14 Abs. 1 GG verletzt, kann dahinstehen.

II.

43

Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts und den Planfeststellungsbeschluss des beklagten Landesbetriebs wendet, bedarf es keiner Entscheidung. Durch die Aufhebung der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts ist der Rechtsweg vor den Fachgerichten wieder eröffnet und dadurch eine erneute fachgerichtliche Aufarbeitung des Ausgangsfalls möglich (vgl. BVerfGE 129, 1 <37>).

C.

44

Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

45

Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).

Tenor

Der Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 26. September 2014 - 5 LA 92/14 - verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes.

Der Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.

Das Land Niedersachsen hat der Beschwerdeführerin ihre notwendigen Auslagen zu erstatten.

Gründe

I.

1

Gegenstand der Verfassungsbeschwerde ist die Ablehnung der Zulassung der Berufung in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren. In der Sache geht es um die Versetzung der Beschwerdeführerin, einer Professorin (Besoldungsgruppe C 4), in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit.

2

1. a) Mit Bescheid der Universität von Oktober 2011 wurde die Beschwerdeführerin wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt (§ 26 Abs. 1 BeamtStG). Nach einem amtsärztlichen Gutachten von September 2011 leide die Beschwerdeführerin an einer "depressiven Erkrankung mit somatoformen Beschwerden". Sie sei auf absehbare Zeit (länger als sechs Monate) nicht in der Lage, ihren dienstlichen Aufgaben nachzukommen.

3

Zudem beantragte die Universität mit Disziplinarklage von Dezember 2011, die Beschwerdeführerin wegen schwerer Dienstpflichtverletzungen aus dem Dienst zu entfernen, insbesondere weil sie über einen längeren Zeitraum keine Lehre erbracht habe. Nach erfolglosem Beschreiten des Rechtswegs hat die Beschwerdeführerin gegen das rechtskräftige Urteil des Oberverwaltungsgerichts vom 19. Mai 2016 eine weitere Verfassungsbeschwerde erhoben.

4

b) Das Verwaltungsgericht wies die gegen die Versetzung der Beschwerdeführerin in den Ruhestand gerichtete Klage ab. Zur Begründung stützte es sich tragend auf ein fachpsychiatrisches Gutachten eines gerichtlichen Sachverständigen von Januar 2014. Dieser beantwortete - gestützt auf diverse vorhandene Gutachten sowie eine persönliche Befragung der Beschwerdeführerin - die Beweisfrage nach den gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Beschwerdeführerin zum relevanten Zeitpunkt (Oktober 2011) abschließend mit der Diagnose "mittelgradige Depression mit Somatisierungsstörung". Im Verlauf des Gutachtens verwendete der Sachverständige allerdings die Begriffe "Somatisierungsstörung" und "somatoforme Störung/Beschwerden" in Bezug auf die Beschwerdeführerin wechselnd, obwohl er an einer Stelle ausführt, beide Begriffe alternativ zu verstehen.

5

Die Beschwerdeführerin hatte bereits vor dem Verwaltungsgericht den gutachterlichen Feststellungen widersprochen. Die vom Sachverständigen verwendeten Begrifflichkeiten bezeichneten völlig unterschiedliche Krankheitsbilder; das Gutachten sei daher nicht nachzuvollziehen und widersprüchlich. Einen auf die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens gerichteten Beweisantrag der Beschwerdeführerin lehnte das Verwaltungsgericht ab. Hierzu führte es aus, das Gutachten weise "keine erkennbaren Mängel (mehr) auf" und gehe von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus. Es enthalte "ebenso keine unlösbaren inhaltlichen Widersprüche (mehr)" und gebe "keinen Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Gutachters". Zwar sei der Beschwerdeführerin darin Recht zu geben, dass das Gutachten die Begriffe "somatoforme Beschwerden" und "Somatisierungsstörung" wechselnd verwende und diese verschiedene Erkrankungen beschrieben. Weiter führte das Verwaltungsgericht aus: "Aber [der Sachverständige] hat in der mündlichen Verhandlung […] eingeräumt, dass er jedes Mal, wenn er den Begriff 'Somatisierungsstörung' im Gutachten verwendet hat, eigentlich 'somatoforme Beschwerden' gemeint hat. Es läge lediglich eine Falschbezeichnung vor. Damit ist der inhaltliche Widerspruch aufgelöst".

6

c) Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Zulassung der Berufung wurde durch den angegriffenen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts abgelehnt.

7

Die Beschwerdeführerin hatte sich in ihrer Antragsbegründung ausführlich insbesondere damit auseinandergesetzt, dass das dem verwaltungsgerichtlichen Urteil zugrunde liegende Sachverständigengutachten die Entscheidung nicht tragen könne. Es entspreche insbesondere nicht dem wissenschaftlichen Standard, beruhe auf unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen und auf erkennbar fehlender Sachkunde des Gutachters. Namentlich hatte die Beschwerdeführerin zur fehlenden Sachkunde des Sachverständigen ausgeführt, der wechselnde Gebrauch der Fachtermini "Somatisierungsstörung" und "somatoforme Störung" könne - anders als das Verwaltungsgericht annehme - nicht mit einer bloßen Falschbezeichnung gerechtfertigt werden, da die Begriffe eine völlig unterschiedliche Symptomatik beschrieben. Die Beschwerdeführerin hatte unter Verweis auf Fachliteratur ausgeführt, dass mit "somatoformen Beschwerden" körperliche Beschwerden bezeichnet würden, welche nicht direkt durch eine organische Grunderkrankung begründet seien und unter denen - je nach Beurteilungskriterien - zwischen 30 % und 80 % der erwachsenen Bundesbevölkerung gelegentlich litten (Befindlichkeitsstörungen wie Rückenschmerzen oder Kopfschmerzen). Demgegenüber handele es sich bei einer "Somatisierungsstörung" um ein sehr präzise formuliertes Krankheitsbild, dessen Häufigkeit unter 0,1 % der Bevölkerung liege und mit einer Vielzahl von Körperbeschwerden unterschiedlicher Körperregionen einhergehe. Solche Merkmale seien aber bei der Beschwerdeführerin gerade nicht festgestellt worden. Hinzu komme, dass der Sachverständige in seiner mündlichen Anhörung ausweislich des Terminprotokolls erklärt habe, bei der Beschwerdeführerin auch keine depressiven Symptome feststellen zu können, also einen nicht unerheblichen Teil seines Gutachtens widerrufe. Dies sei mit einer Verwechslung von Fachbegriffen nicht mehr zu erklären. Die Ablehnung des von der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrags auf Einholung eines neuen Sachverständigengutachtens begründe daher sowohl ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) als auch einen Verfahrensmangel in Form der Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).

8

Das Oberverwaltungsgericht hat zur Begründung seines Beschlusses insbesondere ausgeführt, die Berufung sei nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin sei eine fehlende Sachkunde des gerichtlichen Sachverständigen nicht zu erkennen.

9

2. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine in der Überspannung der Anforderungen an die Berufungszulassungsgründe liegende Verletzung in ihren Grundrechten aus Art. 19 Abs. 4 GG sowie Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Willkürverbot.

10

Das Recht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG sei verletzt, da das Oberverwaltungsgericht, statt über die Berufungszulassung zu entscheiden, die Entscheidung über die Berufung selbst vorweggenommen habe. Damit werde der Beschwerdeführerin nicht nur die Möglichkeit genommen, ihren Rechtsstandpunkt unter Darlegung ihrer Rechtsauffassung und gegebenenfalls weiterer Beweisanträge in einem Berufungsverfahren zur Geltung zu bringen, sondern darüber hinaus auch die Möglichkeit eines Revisionsverfahrens genommen.

11

Im Hinblick auf den Berufungszulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der gerichtlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) habe sie in der Begründung ihres Antrags auf Zulassung der Berufung geltend gemacht, dass das Sachverständigengutachten nicht dem wissenschaftlichen Stand entspreche, auf unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen sowie auf erkennbar fehlender Sachkunde des Sachverständigen beruhe. Diese Argumentation habe das Oberverwaltungsgericht nicht - wie es der bundesverfassungsgerichtliche Maßstab gebiete - auf ihre Schlüssigkeit hin überprüft. Vielmehr habe es in zahlreichen Punkten apodiktisch "durchentschieden". Ein näheres Eingehen auf die Argumentation der Beschwerdeführerin in der Begründung ihres Zulassungsantrags zum unterschiedlichen Schweregrad der Krankheiten und ihren unterschiedlichen Symptomen und Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit beziehungsweise Dienstfähigkeit der erkrankten Person finde nicht statt, ebenso wenig wie auf das Argument, dass das Gutachten bei konsequenter Ersetzung von "Somatisierungsstörung" durch "somatoforme Beschwerden" partiell jedes Sinnes entbehrte, namentlich in der Passage auf Seite 14 des Gutachtens, in dem die Abgrenzung der beiden Krankheiten vorgenommen werde. Auch ohne eigene Sachkunde hätte dem Oberverwaltungsgericht auffallen müssen, dass mit einer Diagnose "somatoformer Störungen" - der viel leichteren Erkrankung - die Dienstunfähigkeit einer Beamtin nur schwer begründbar sei. Dies näher aufzuklären, sei jedoch einem Berufungsverfahren, nicht aber dem Berufungszulassungsverfahren vorbehalten. Nur in einem Berufungsverfahren hätte die Möglichkeit bestanden, gegebenenfalls mithilfe weiterer Sachverständiger aufzuklären, ob die Argumentation der Beschwerdeführerin durchgreife, dass es einer bei ihr festgestellten somatoformen Störung an der notwendigen Nachhaltigkeit mangele, um zu einer - dauerhaften - Dienstunfähigkeit zu kommen.

12

3. Die Akten des Ausgangsverfahrens haben dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen. Das Land Niedersachsen hatte Gelegenheit zur Äußerung.

II.

13

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde gemäß § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts der Beschwerdeführerin auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG angezeigt ist. Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor (§ 93c BVerfGG). Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen Fragen hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden.

14

1. Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig. Insbesondere besteht das Rechtsschutzbedürfnis der Beschwerdeführerin unabhängig vom Ausgang des Verfassungsbeschwerdeverfahrens betreffend die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Dienst beziehungsweise der Aberkennung des Ruhegehalts fort. Durch den möglichen Erfolg hinsichtlich der Zurruhesetzung wegen Dienstunfähigkeit kommt die Beschwerdeführerin ihrem Rechtsschutzziel in jedem Fall näher.

15

Nach § 14 Abs. 2 Satz 2 des Niedersächsischen Disziplinargesetzes vom 13. Oktober 2005 (NDiszG) wird der Ruhestandsbeamtin oder dem Ruhestandsbeamten das Ruhegehalt aberkannt, wenn sie oder er als aktive Beamtin oder aktiver Beamter aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen. Nach § 11 Abs. 2 Satz 2 NDiszG gilt die Entscheidung (über die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis) als Aberkennung des Ruhegehalts, sofern die Beamtin oder der Beamte in den Ruhestand tritt, bevor die Entscheidung über die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis unanfechtbar wird. Diese Regelungen machen deutlich, dass die Aberkennung des Ruhegehalts das Äquivalent für die disziplinarische Höchstmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis in den Fällen darstellt, in denen sich die Beamtin oder der Beamte bereits im Ruhestand befindet. Ein bereits im Ruhestand befindlicher Beamter wird mithin disziplinarisch nicht verschont; vielmehr droht ihm in diesem Stadium die pekuniäre Disziplinarsanktion der Aberkennung des Ruhegehalts.

16

Würde vorliegend die Zurruhesetzung wegen Dienstunfähigkeit nach Zulassung und Durchführung der Berufung aufgehoben werden, wäre die Höchstmaßnahme im Disziplinarverfahren die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis und nicht die - auf eine vormalige Zurruhesetzung aufsetzende - Aberkennung des Ruhegehalts; dies ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung des § 11 Abs. 2 Satz 2 NDiszG. Damit wäre die Beschwerdeführerin ihrem Rechtsschutzziel auf Erhaltung ihrer vormaligen rechtlichen Situation näher als ohne verfassungsgerichtliche Aufhebung der Zurruhesetzung wegen Dienstunfähigkeit, und zwar selbst dann, wenn die gegen die disziplinarische Höchstmaßnahme gerichtete Verfassungsbeschwerde ohne Erfolg bleibt. Zwar müsste die Beschwerdeführerin in beiden Verfahren Erfolg haben, um ihren aktiven Status wiederzuerlangen. Aber selbst wenn die Verfassungsbeschwerde gegen die Disziplinarentscheidung ohne Erfolg bliebe, könnte sie finanzielle Vorteile möglicherweise daraus ziehen, dass sie erst mit dem Disziplinarberufungsurteil von Mai 2016 und nicht bereits durch die im Oktober 2011 für sofort vollziehbar erklärte Versetzung in den Ruhestand ihren Anspruch auf die Besoldung für aktive Beamte verlöre.

17

2. Die Verfassungsbeschwerde ist begründet. Der angegriffene Beschluss des Oberverwaltungsgerichts verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Ob darüber hinaus weitere Verletzungen von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten der Beschwerdeführerin vorliegen, bedarf keiner Entscheidung.

18

a) Art. 19 Abs. 4 GG enthält ein Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfGE 8, 274 <326>; 67, 43 <58>; 96, 27 <39>; stRspr). Die Vorschrift erfordert zwar keinen Instanzenzug (vgl. BVerfGE 49, 329 <343>; 83, 24 <31>; 87, 48 <61>; 92, 365 <410>; 96, 27 <39>; stRspr); eröffnet das Prozessrecht aber eine weitere Instanz, so gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG in diesem Rahmen die Effektivität des Rechtsschutzes im Sinne eines Anspruchs auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 40, 272 <274 f.>; 54, 94 <96 f.>; 65, 76 <90>; 96, 27 <39>; stRspr). Das Rechtsmittelgericht darf ein von der jeweiligen Prozessordnung eröffnetes Rechtsmittel daher nicht ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer "leerlaufen" lassen (vgl. BVerfGE 78, 88 <98 f.>; 96, 27 <39>; 104, 220 <231 f.>; 125, 104 <137>; 134, 106 <117 f.>). Sehen die prozessrechtlichen Vorschriften - wie §§ 124, 124a VwGO - die Möglichkeit vor, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten, so verbietet Art. 19 Abs. 4 GG eine Auslegung und Anwendung dieser Rechtsnormen, die die Beschreitung des eröffneten Rechtswegs in einer unzumutbaren, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert (vgl. BVerfGE 78, 88 <98 f.>; 96, 27 <39>; 104, 220 <231 f.>; 125, 104 <137>; 134, 106 <118>; BVerfGK 15, 37 <46 f.>). Vor diesem Hintergrund dürfen an die Darlegung eines Zulassungsgrundes keine überspannten Anforderungen gestellt werden.

19

Der in § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO enthaltene Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils ist daher immer schon dann erfüllt, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hat (vgl. BVerfGE 110, 77 <83>; 125, 104 <140>; 134, 106 <118>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, juris, Rn. 15; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 20. Dezember 2010 - 1 BvR 2011/10 -, juris, Rn. 17). Sie sind nicht erst gegeben, wenn bei der im Zulassungsverfahren allein möglichen summarischen Überprüfung der Erfolg des Rechtsmittels wahrscheinlicher ist als der Misserfolg (vgl. BVerfGE 110, 77 <83>; 125, 104 <139 f.>). Das Zulassungsverfahren hat nicht die Aufgabe, das Berufungsverfahren vorwegzunehmen (vgl. BVerfGE 125, 104 <139>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, juris, Rn. 15; BVerfGK 15, 37 <46 f.>; vgl. auch Gaier, NVwZ 2011, S. 385 <388 f.>; kritisch zum "Schlüssigkeitsparadigma" Rudisile, NVwZ 2012, S. 1425 <1426 f.>).

20

b) Diesem Maßstab wird die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts nicht gerecht und verkürzt damit den Zugang der Beschwerdeführerin zur Berufungsinstanz in unzumutbarer Weise.

21

Die Beschwerdeführerin hatte in ihrer Begründung des Berufungszulassungsantrags zur fehlenden Sachkunde des Gutachters unter Verweis auf Fachliteratur nachvollziehbar dargelegt, dass der wechselnde Gebrauch der Fachtermini "Somatisierungsstörung" und "somatoforme Beschwerden" im Sachverständigengutachten - anders als das Verwaltungsgericht annehme - nicht mit einer bloßen Falschbezeichnung gerechtfertigt werden könne, da die Begriffe eine völlig unterschiedliche Symptomatik beschrieben. Sie hatte schlüssig argumentiert, dass es sich bei der Diagnose "somatoforme Beschwerden" um eine deutlich leichtere Erkrankung handele und dass mit dieser die dauernde Dienstunfähigkeit einer Beamtin nur schwer begründbar sei. Damit hatte sie konkrete Anhaltspunkte gegen die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung dargetan.

22

Unabhängig von der Frage, ob der Sachverständige angesichts des mäandernden Gebrauchs unterschiedlicher Fachtermini für ein und denselben medizinischen Sachverhalt noch als hinreichend sachkundig einzuschätzen war, hätte sich dem Oberverwaltungsgericht die Notwendigkeit der Überprüfung aufdrängen müssen, ob die der Beschwerdeführerin nach mündlicher Korrektur des Gutachtens attestierten "somatoformen Beschwerden" die Annahme einer Dienstunfähigkeit noch zu rechtfertigen vermögen. Anstatt sich mit den von der Beschwerdeführerin diesbezüglich dargelegten Zweifeln an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung auseinanderzusetzen, vollzieht das Oberverwaltungsgericht aber lediglich die Begründung des Verwaltungsgerichts nach. Das Verwaltungsgericht war indes selbst von anfänglichen erkennbaren Mängeln und inhaltlichen Widersprüchen des Sachverständigengutachtens ausgegangen. Das Oberverwaltungsgericht geht mit keinem Wort auf die von der Beschwerdeführerin aufgeworfenen Zweifel ein, ob auch die - nach Korrektur des schriftlichen Sachverständigengutachtens in der mündlichen Verhandlung durch die erläuternden Äußerungen des Sachverständigen - festgestellte geringere gesundheitliche Beeinträchtigung noch die Annahme der Dienstunfähigkeit rechtfertigen könne. Indem es stattdessen die mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellte erhebliche Tatsachenfeststellung der vermeintlich eine Dienstunfähigkeit begründenden Diagnose der Beschwerdeführerin aufrechterhält, nimmt es das Ergebnis eines Berufungsverfahrens, in dem zu klären wäre, welche der beiden Diagnosen zutrifft und zugleich die Annahme der Dienstunfähigkeit zu tragen vermag, in verfassungswidriger Weise vorweg.

23

Die angegriffene Entscheidung beruht auf der Verletzung der Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, da sich das Gericht tragend auf das gerichtliche Sachverständigengutachten gestützt hat.

III.

24

Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Zurückverweisung der Sache ins Stadium des Zulassungsverfahrens beruht auf § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG. Ein ausnahmsweise in Betracht kommendes Durchentscheiden des Bundesverfassungsgerichts (vgl. hinsichtlich einstweiliger Anordnungen BVerfGE 35, 202 <244>; 79, 69 <79>; hinsichtlich der Revisionszulassung BVerfGE 99, 216 <245>) ist im vorliegenden Fall nicht bereits deshalb angezeigt, weil das Oberverwaltungsgericht auf der Grundlage des dargelegten Entscheidungsmaßstabes keine andere Möglichkeit als die Zulassung der Berufung hat und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts insofern nur wiederholen kann. Vielmehr entspricht ein Zurückverweisen in das Stadium des Berufungszulassungsverfahrens nicht nur der grundsätzlichen Funktionsteilung zwischen Fach- und Verfassungsgerichtsbarkeit. Zudem kann die Beschwerdeführerin im Berufungszulassungsbeschluss des Oberverwaltungsgerichts über die Notwendigkeit der Berufungsbegründung nach § 124a Abs. 6 und Abs. 3 Satz 3 bis 5 VwGO ordnungsgemäß belehrt werden.

25

Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für die Verlegung (und den Verbleib) eines „Stolpersteins“ des Künstlers G. D., den er in den Gehweg der als Orts Straße gewidmeten und im Eigentum der Beklagten stehenden H Straße einbauen will.

Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 30. Juli 2015 durch seinen Prozessbevollmächtigten bei der Beklagten die „Erlaubnis zur Verlegung von Stolpersteinen als erlaubte Sondernutzung“. Dabei wies er darauf hin, dass die Steine niveaugleich in das Pflaster bzw. in den Belag des jeweiligen Gehwegs eingelassen würden und dass die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs in keiner Weise beeinträchtigt werde. Zudem erklärte er die Bereitschaft, sämtliche Modalitäten der Verlegung im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Vertrags zu regeln. Mit Bescheid vom 3. November 2015 lehnte die Beklagte den Antrag ab.

Gegen diesen Bescheid hat der Kläger Verpflichtungsklage mit den Anträgen erhoben, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 3. November 2015 zu verpflichten, die Erlaubnis zur Verlegung eines Stolpersteins an der H straße ... zu erteilen, hilfsweise die Beklagte unter Aufhebung dieses Bescheids zu verpflichten, den Antrag vom 30. Juli 2015 unter Berücksichtigung der Auffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Die Verlegung von Stolpersteinen sei dem kommunikativen Gemeingebrauch zuzurechnen. Insoweit sei es auch möglich, einen Antrag auf Feststellung einzureichen. Das Gericht werde um richterlichen Hinweis gebeten, wenn es sich dieser Ansicht anschließe. Jedenfalls stelle die Verlegung eine gemeinverträgliche Sondernutzung dar. Der Gemeingebrauch werde nicht beeinträchtigt. Weiterhin hat der Kläger ein Rechtsgutachten vorgelegt, das er zu seinem Vortrag gemacht hat. Darin ist unter anderem ausgeführt, dass durch die Verlegung von Stolpersteinen ein Substanzeingriff in den Straßenkörper stattfinde, der die Grenzen der Widmung überschreite. Die Veränderung des Straßenkörpers durch Stolpersteine sei daher nicht als Gemeingebrauch anzusehen. Darüber hinaus wird ausgeführt, dass sich Stolpersteine nicht „über der Straßenoberfläche“ im Sinn des § 1 Abs. 3 der Sondernutzungsgebührensatzung der Beklagten befänden.

In der mündlichen Verhandlung am 31. Mai 2016 hat das Verwaltungsgericht die Frage erörtert, ob eine öffentlich-rechtliche Sondernutzungserlaubnis oder eine privatrechtliche Vereinbarung erforderlich ist. Dabei hat es den Kläger darauf hingewiesen, dass nach Einschätzung des Gerichts für Stolpersteine in öffentliche Verkehrsflächen der Beklagten bürgerlich-rechtliche Vereinbarungen erforderlich sein dürften. Der Klägerbevollmächtigte hat daraufhin erklärt, dass die Beklagte entsprechende Vertragsangebote des Klägers stets abgelehnt habe. Nach einem weiteren gerichtlichen Hinweis, dass für Klagen auf Abschluss von Gestattungsverträgen der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben sei, hat der Kläger davon abgesehen, die Klage um einen weiteren Hilfsantrag zu erweitern.

Mit Urteil vom 31. Mai 2016 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf Erteilung der Sondernutzungserlaubnis, weil keine öffentlich-rechtliche Sondernutzungserlaubnis, sondern eine bürgerlich-rechtliche Vereinbarung erforderlich sei. Der Einbau eines Stolpersteins in den als öffentliche Verkehrsfläche gewidmeten Gehweg stelle zwar eine Sondernutzung dar, er beeinträchtige aber nicht den Gemeingebrauch. Als gemeingebrauchsverträgliche Sondernutzung werde der Einbau auch nicht durch Satzung der Beklagten dem öffentlichen Recht unterstellt. Weil der beantragte Erlass der Sondernutzungserlaubnis für das beabsichtigte Vorhaben daher nicht notwendig sei, fehle dem Kläger das Sachbescheidungsinteresse. Eine Verweisung des Rechtsstreits an ein für bürgerlich-rechtliche Streitigkeiten zuständiges Gericht sei nicht veranlasst, weil der Kläger keinen Klageantrag auf Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer privatrechtlichen Gestattung gestellt habe. Selbst wenn die Verlegung eines Stolpersteins im öffentlichen Straßengrund aber eine nach öffentlichem Recht zu beurteilende Sondernutzung darstelle, bleibe die Klage erfolglos, weil die Beklagte bei Erlass der ablehnenden Entscheidung ihr Ermessen fehlerfrei ausgeübt habe und sich auch aus den vom Kläger geltend gemachten Grundrechten kein Anspruch auf Erteilung der Sondernutzungserlaubnis ergebe.

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung wendet sich der Kläger gegen das Urteil. Er macht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung, besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten sowie eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend. Zudem rügt er in der Sache auch die Verletzung von Verfahrensrecht.

II.

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Die vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe wurden nicht hinreichend dargelegt oder liegen nicht vor (vgl. § 124 Abs. 2, § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO).

1. Aus dem Vorbringen des Klägers ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen nur, wenn einzelne tragende Rechtssätze oder einzelne erhebliche Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts durch schlüssige Gegenargumente infrage gestellt werden (vgl. BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243 = juris Rn. 16; B.v. 16.7.2013 – 1 BvR 3057/11 – BVerfGE 134, 106 = juris Rn. 36). Sie sind nicht erst dann gegeben, wenn bei der im Zulassungsverfahren allein möglichen summarischen Überprüfung der Erfolg des Rechtsmittels wahrscheinlicher ist als der Misserfolg (vgl. BVerfG, B.v. 16.1.2017 – 2 BvR 2615/14 – IÖD 2017, 52 = juris Rn. 19; B.v. 3.3.2004 – 1 BvR 461/03 – BVerfGE 110, 77/83). Schlüssige Gegenargumente liegen vor, wenn der Antragsteller substanziiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546/548 = juris Rn. 19; BayVGH, B.v. 12.10.2017 – 14 ZB 16.280 – juris Rn. 2 m.w.N.). Dabei kommt es grundsätzlich nicht auf einzelne Elemente der Urteilsbegründung an, sondern auf das Ergebnis der Entscheidung, also auf die Richtigkeit des Urteils nach dem Sachausspruch in der Urteilsformel (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838 = juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 19.3.2013 – 20 ZB 12.1881 – juris Rn. 2).

Nach diesem Maßstab bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht mit der Begründung abgewiesen, dass dem Kläger kein Anspruch auf Erteilung der beantragten Sondernutzungserlaubnis zusteht, weil es für den beantragten Stolperstein im Gehweg der dem öffentlichen Verkehr gewidmeten H straße (Art. 1 Satz 1 BayStrWG) keiner Sondernutzungserlaubnis bedarf und der Kläger daher kein Sachbescheidungsinteresse an der Erteilung dieser Erlaubnis hat.

Nach Art. 18 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG bedarf die Benutzung der Straßen über den Gemeingebrauch hinaus (Sondernutzung) der Erlaubnis der Straßenbaubehörde, wenn durch die Benutzung der Gemeingebrauch beeinträchtigt werden kann. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die Verlegung und der dauerhafte Verbleib eines Stolpersteins im öffentlichen Straßengrund stellen zwar eine straßenrechtliche Sondernutzung dar (vgl. dazu unten Nr. 1.1). Diese ist aber nicht erlaubnispflichtig, weil nicht erkennbar ist, dass durch einen einzelnen Stolperstein der Gemeingebrauch beeinträchtigt werden kann (vgl. dazu unten Nr. 1.2). Aus der auf der Grundlage von Art. 22a Satz 1 BayStrWG erlassenen Regelung des § 1 Abs. 3 Satz 1 der Satzung über die Gebühren für Sondernutzungen auf öffentlichen Straßen in der … der Beklagten vom 25. Juni 2014 (ABl. S. 614), zuletzt geändert am 13. Juli 2015 (ABl. S. 247) – SoNuGebS – folgt nichts Anderes (vgl. dazu unten Nr. 1.3). Auf die Frage, ob die Klage auch dann keinen Erfolg hätte, wenn die Verlegung des Stolpersteins eine erlaubnispflichtige Sondernutzung wäre, wovon das Verwaltungsgericht in seiner weiteren Begründung ausgegangen ist, kommt es nicht mehr an (vgl. dazu unten Nr. 1.4).

1.1 Zutreffend hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass die Verlegung eines Stolpersteins in den Gehweg der H straße und der dauerhafte Verbleib darin eine Sondernutzung darstellen und nicht vom Gemeingebrauch erfasst sind.

Der Begriff der Sondernutzung ist in Art. 18 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG gesetzlich definiert als Benutzung der Straße über den Gemeingebrauch hinaus. Gemeingebrauch ist nach der Legaldefinition des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG die Benutzung der Straße im Rahmen ihrer Widmung für den Verkehr. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayStrWG stellt klar, dass kein Gemeingebrauch vorliegt, wenn jemand die Straße nicht vorwiegend zum Verkehr, sondern zu anderen Zwecken benutzt. Danach stellen die Verlegung und der Verbleib eines Stolpersteins im Gehweg einer öffentlichen Straße eine Sondernutzung dar, weil die Benutzung der Straße (vgl. unten Nr. 1.1.1) hierdurch nicht zum Verkehr, sondern zu anderen Zwecken (vgl. unten Nr. 1.1.2) erfolgt.

1.1.1 Die Verlegung und der dauerhafte Verbleib eines Stolpersteins im öffentlichen Straßengrund sind als „Benutzung“ der Straße im Sinn der Art. 14 Abs. 1 Satz 1 und Art. 18 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG einzustufen. Dies gilt insbesondere auch für den Verlegungsvorgang selbst, also die Einbringung eines Stolpersteins in die öffentliche Straße. Mit der Einbringung wird in die Substanz des Straßenkörpers eingegriffen, zu dem auch ein unselbständiger Gehweg mit Gehwegdecke, Unterbau und Grund gehören (Art. 2 Nr. 1 Buchst. a und b BayStrWG; vgl. auch Häußler in Zeitler, Bayerisches Straßen- und Wegegesetz, Stand Mai 2017, Art. 2 Rn. 15, 41). Dieser Eingriff stellt eine Straßenbenutzung dar. Dies folgt bereits aus dem allgemeinen Sprachgebrauch des Wortes „Benutzung“, das so viel wie „Verwenden“ oder „Gebrauchmachen“ von einer Sache bedeutet (vgl. BayVGH, B.v. 25.7.2000 – 8 B 99.3497 – VGH n.F. 54, 37/39 f. = juris Rn. 21 zu § 50 Abs. 1 TKG a.F.), und wird durch die Gesetzesmaterialien zum Bayerischen Straßen- und Wegegesetzes bestätigt, in denen das „Aufgraben“ einer Straße ausdrücklich als Beispiel für die „Benützung der Straße“ angeführt wird (vgl. LT-Beil. 3/2832, S. 30).

Auf die Eigentumsverhältnisse an der H straße und auf die mit der Verlegung verbundenen Eigentumseingriffe kommt es insoweit nicht an. Aufgrund der Widmung steht gemäß Art. 13 Abs. 1 BayStrWG dem Straßenbaulastträger und damit der Beklagten (Art. 47 Abs. 1 BayStrWG) in jedem Fall die Ausübung der Rechte und Pflichten des Eigentümers in dem Umfang zu, wie es die Aufrechterhaltung des Gemeingebrauchs erfordert, einschließlich der Befugnisse aus Art. 22 BayStrWG. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt (BayVGH, B.v. 19.2.1997 – 8 CE 96.3960 – BayVBl 1998, 469 = juris Rn. 8 f.; B.v. 5.11.2012 – 8 CS 12.802 – juris Rn. 10), dass sich die Widmung mit ihren Rechtswirkungen in einer solchen Tiefe in das Straßengrundstück erstreckt, wie der Straßenbaulastträger ein Interesse an der Sicherstellung der öffentlichen Zweckbestimmung des Straßengrundstücks haben kann. In diesem Umfang übt er zur Aufrechterhaltung des Gemeingebrauchs die Rechte und Pflichten aus, die sonst dem Eigentümer zustehen. Die Frage, ob, in welcher Form und in welchem Umfang an dem Straßenkörper Veränderungen zugelassen werden, berührt die Aufrechterhaltung des Gemeingebrauchs, auf die es gemäß Art. 13 Abs. 1 BayStrWG ankommt (vgl. zum Ganzen BayVGH, B.v. 19.2.1997 – 8 CE 96.3960 – BayVBl 1998, 469 = juris Rn. 9 f.; bestätigt durch B.v. 5.11.2012 – 8 CS 12.802 – juris Rn. 11 f.; Wiesinger/Markuske, Straßenrecht, 2003, S. 254).

1.1.2 Die Verlegung und der Verbleib eines Stolpersteins in öffentlichen Straßen gehen über den Gemeingebrauch hinaus, weil sie nicht für Zwecke des Verkehrs erfolgen, und zwar weder im engeren Sinn eines auf Ortsveränderung gerichteten Fortbewegungsverkehrs noch im weiteren Sinn eines auf Begegnung und Kommunikation mit anderen Verkehrsteilnehmern gerichteten sog. kommunikativen Verkehrs (vgl. zum Verkehrsbegriff Wiget in Zeitler, Bayerisches Straßen- und Wegegesetz, Art. 14 Rn. 19 ff. und 38 ff.; BVerwG, U.v. 9.11.1989 – 7 C 81.88 – BVerwGE 84, 71/73 = juris Rn. 7; BayVGH, U.v. 22.6.2010 – 8 BV 10.182 – BayVBl 2011, 176 = juris Rn. 16). Vielmehr handelt es sich dabei um ein in den öffentlichen Straßenkörper verlegtes Kunstprojekt des Künstlers G. D., mit dem im Sinn eines „gedanklichen Stolperns“ die Erinnerung an die Vertreibung und Vernichtung der Opfer des Nationalsozialismus lebendig erhalten werden soll (vgl. http://www...eu/...pdf; vgl. auch UA S. 18). Das Vorbringen im Zulassungsantrag gibt keinen Anlass für eine abweichende Beurteilung.

Soweit der Klägerbevollmächtigte erstmals im Zulassungsverfahren mit Schriftsatz vom 10. April 2017 (S. 141 der Gerichtsakte) geltend macht, Stolpersteine seien Teil des „kommunikativen Gemeingebrauchs“ (und damit keine Sondernutzung), ist dieses Vorbringen nicht nur verspätet (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO), sondern auch widersprüchlich im Hinblick auf seinen Vortrag im Schriftsatz vom 10. Oktober 2016, bei dem Einbau eines Stolpersteins handle es sich um eine Sondernutzung (S. 52, 57 der Gerichtsakte). Auch das vom Kläger in erster Instanz vorgelegte Rechtsgutachten kommt zum Ergebnis, dass eine Sondernutzung im Sinn des Straßenrechts gegeben sei (S. 128 f. der Akte des Verwaltungsgerichts). Im Übrigen setzt ein kommunikativer Verkehr grundsätzlich ein objektiv-verkehrsmäßiges Verhalten voraus (Papier in Ehlers/Fehling/Pünder, Besonderes Verwaltungsrecht, 3. Aufl. 2013, Band 2, § 43 Rn. 64). Zum kommunikativen Verkehr zwischen Verkehrsteilnehmern gehört die Inanspruchnahme der Straße durch Personen zum Aufenthalt – gleichgültig aus welchem Grund – oder zur Fortbewegung, nicht jedoch das Einbringen von Gegenständen in den Straßenkörper (vgl. BVerwG, U.v. 7.6.1978 – 7 C 6.78 – BVerwGE 56, 63/65 f. = juris Rn. 12; Papier in Ehlers/Fehling/Pünder, a.a.O., § 43 Rn. 60; Stahlhut in Kodal/Krämer, Straßenrecht, Handbuch, 7. Aufl. 2010, Kap. 27 Rn. 4.1).

1.2 Die Sondernutzung unterliegt jedoch keiner Erlaubnispflicht nach Art. 18 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG. Es fehlt, wie das Verwaltungsgericht ebenfalls zutreffend ausgeführt hat, daran, dass durch den Stolperstein in der H straße der Gemeingebrauch beeinträchtigt werden kann.

Der Gemeingebrauch wird beeinträchtigt, wenn die tatsächliche Benutzung des öffentlichen Verkehrsraums durch andere Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen oder nicht unerheblich erschwert wird, mithin die Straße den gewöhnlichen Bedürfnissen des Verkehrs (im Sinn des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG, also einschließlich des kommunikativen Verkehrs) sowie den Anforderungen der Sicherheit und Leichtigkeit nicht so genügen kann, wie dies ohne das störende Ereignis der Fall wäre (vgl. BayVGH, B.v. 27.9.2010 – 8 CS 10.1720 – BayVBl 2011, 729 = juris Rn. 14 m.w.N.; vgl. auch BVerwG, U.v. 14.3.1957 – I C 16.55 – BVerwGE 4, 342/344 f. = juris Rn. 17; Wiget in Zeitler, Bayerisches Straßen- und Wegegesetz, Art. 18 Rn. 15). Wie sich aus dem Wort „kann“ ergibt, ist es im Rahmen des Art. 18 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG nicht erforderlich, dass nach der anzustellenden Prognose eine Beeinträchtigung des Gemeingebrauchs tatsächlich unvermeidbar eintritt. Vielmehr reicht es aus, dass eine derartige Störung abstrakt zu erwarten ist. Ganz entfernte und aller Voraussicht nach unwahrscheinliche Möglichkeiten, aber auch nach den Erwartungen der Verkehrsteilnehmer unbedeutende Wirkungen bleiben außer Betracht (Wiget a.a.O., Art. 18 Rn. 15; Art. 22 Rn. 29 m.w.N.). Liegt keine abstrakte Gefährdung vor und wird daher das öffentliche Interesse aus straßenrechtlicher Sicht nicht berührt (vgl. BGH, U.v. 28.9.1982 – KZR 17/81 – NVwZ 1983, 499 f. = juris Rn. 12), richtet sich die Sondernutzung nach Art. 22 BayStrWG mit der Folge, dass für die Einräumung von Sonderrechten zur Benutzung der Straße keine öffentliche Sondernutzungserlaubnis erforderlich ist, sondern eine privatrechtliche Gestattung der Straßenbaubehörde (Art. 58 Abs. 2 BayStrWG), die nach bürgerlichem Recht eingeholt werden muss (zu Ausnahmeregelungen aufgrund einer Satzung gemäß Art. 22a BayStrWG vgl. unten Nr. 1.3).

Nach diesen Maßstäben scheidet die Möglichkeit einer Gemeingebrauchsbeeinträchtigung durch einen in der Gehwegdecke der H straße verlegten Stolperstein hier aus. Das Verwaltungsgericht geht zutreffend davon aus, dass ein bündig im Gehweg befindlicher Stolperstein die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs nicht beeinträchtigen kann. Auch das kurzzeitige Stehenbleiben von Passanten zum Lesen der Inschrift auf der rund 100 cm² großen Messingplatte oder das Vorbeilenken der Schritte aus Respekt vor den Opfern des Holocaust kann zu keiner solchen Beeinträchtigung führen. Dies und die Feststellung, dass insoweit eine gemeingebrauchsverträgliche Sondernutzung vorliege, stellt auch der Kläger nicht ernstlich infrage (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Bereits im Antrag auf Erteilung der Sondernutzungserlaubnis vom 30. Juli 2015 ist ausgeführt, dass Stolpersteine „niveaugleich in das Pflaster bzw. in den Belag des jeweiligen Gehwegs eingelassen“ werden (S. 2 der Behördenakte). Auch in seiner Stellungnahme vom 10. April 2017 bestätigt der Klägerbevollmächtigte, dass Stolpersteine die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs nicht beeinträchtigten, weil sie „fast niveaugleich mit der Straßendecke“ verlegt würden (S. 140 der Gerichtsakte). Soweit er geltend macht, dass jede Verlegungssituation einzigartig sei und sich Stolpersteine zwischen 1 mm und 10 mm über der Straßenoberfläche befinden könnten (S. 140 f. der Gerichtsakte), folgt daraus nichts Anderes. Denn Unebenheiten in der Straßenoberfläche im Bereich von bis zu 10 mm können die Sicherheit und Leichtigkeit des Fußgängerverkehrs und damit den Gemeingebrauch des Gehwegs nicht beeinträchtigen, wie sich etwa ohne Weiteres am Beispiel eines Kopfsteinpflasters nachvollziehen lässt. Insoweit kann auf die Rechtsprechung zu Verkehrssicherungspflichten für Gehwege und Fußgängerbereiche verwiesen werden, wonach in der Regel geringfügige Unebenheiten bis zu einer Grenze sogar von 2,0 cm bis 2,5 cm als unwesentlich anzusehen sind (vgl. OLG Hamm, U.v. 13.9.2016 – 9 U 158/15 u.a. – RuS 2017, 271 = juris Rn. 15; SaarlOLG, U.v. 16.10.2014 – 4 U 168/13 – juris Rn. 51; ThürOLG, B.v. 20.3.2012 – 4 W 134/12 – MDR 2012, 645 = juris Rn. 12; OLG München, B.v. 21.6.2010 – 1 U 2653/10 – juris Rn. 9 jeweils m.w.N.; vgl. auch OLG München, B.v. 4.5.2012 – 1 U 992/12 – juris Rn. 6 f.).

Die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass auch der eigentliche Verlegungsvorgang (Öffnung des Gehwegbelags auf wenigen Quadratdezimetern ohne Einsatz von Baumaschinen, Setzen des Stolpersteins und anschließende Verfüllung der Fugen) die Gemeingebrauchsverträglichkeit der Sondernutzung nicht infrage stellt, hat der Kläger nicht angegriffen (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Er geht selbst von einer „gemeinverträglichen“ bzw. einer nicht gemeingebrauchsbeeinträchtigenden Sondernutzung aus (S. 52, 66, 140 der Gerichtsakte). Soweit er kritisiert, das Verwaltungsgericht habe jede Verlegung von Stolpersteinen zu Unrecht generell den bürgerlich-rechtlichen Sondernutzungen zugeordnet, kann daraus nicht abgeleitet werden, dass der hier streitgegenständliche Verlegevorgang eines einzelnen Stolpersteins im Gehwegbereich der H straße den Gemeingebrauch beeinträchtigen könnte. Insoweit wären substanziierte Darlegungen erforderlich gewesen. Allein mit einem pauschalen Verweis auf die Besonderheiten jedes Einzelfalls kann nicht begründet werden, dass insoweit die Voraussetzungen des Art. 18 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG hier gegeben sind. Abgesehen davon legt auch die im Internet veröffentlichte allgemeine Beschreibung des Verlegevorgangs von Stolpersteinen mit einer Dauer von in der Regel maximal 20 Minuten dies nicht nahe (vgl. http:// www...eu/...pdf).

1.3 Eine Erlaubnispflicht nach öffentlichem Recht lässt sich entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht aus § 1 Abs. 3 Satz 1 SoNuGebS entnehmen.

Nach dieser Bestimmung unterliegen ausnahmsweise auch Sondernutzungen an öffentlichen Straßen der Beklagten, die den Gemeingebrauch nicht beeinträchtigen können, dem öffentlichen Recht (Art. 18 BayStrWG), sofern die Sondernutzung eine Benutzung des Straßenraums über der Straßenoberfläche darstellt. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt. Das Verwaltungsgericht hat das Vorliegen einer Benutzung des Straßenraums über der Straßenoberfläche durch einen Stolperstein im Gehweg der H straße zu Recht verneint. Die Straße wird insoweit nicht über, sondern an und unterhalb der Oberfläche benutzt. Ein Stolperstein ist ein würfelförmiger Betonstein mit einer Kantenlänge von 96 x 96 x 100 mm, auf dessen Oberseite sich eine individuell beschriftete Messingplatte befindet (vgl. die Nachweise im Ausgangsbescheid S. 2). Der Stein wird, wie oben ausgeführt, bündig in das Pflaster bzw. in den Belag der jeweiligen Straße eingelassen. Nach dem Wortlaut des § 1 Abs. 3 Satz 1 SoNuGebS, der als Ausnahmevorschrift bereits aus allgemeinen systematischen Erwägungen heraus grundsätzlich eng auszulegen ist, ist zu differenzieren, wo die Benutzung stattfindet. Nur Nutzungen über der Straßenoberfläche unterliegen der Erlaubnispflicht nach öffentlichem Recht. Gegenstände unterhalb der Straßendecke oder bündig in die Fahrbahn- oder Gehwegdecke eingelassene Gegenstände sind hiervon nicht erfasst. Diese Alternative wird aber durch die Verlegung eines Stolpersteins verwirklicht, wenn der Gehwegbelag geöffnet und der Stein beispielsweise durch Einbetonieren fest im Gehweg verankert wird. Nichts Anderes gilt für den dauerhaften Verbleib eines Stolpersteins im Straßenkörper. Auch in dem vom Kläger vorgelegten Rechtsgutachten wird im Übrigen ausgeführt, dass sich Stolpersteine nicht über der Straßenoberfläche im Sinn des § 1 Abs. 3 Satz 1 SoNuGebS befänden (S. 130 der Akte des Verwaltungsgerichts).

Soweit der Kläger nunmehr einwendet, Stolpersteine würden bis zu 10 mm über die Straßenoberfläche hinausragen und befänden sich daher über ihr, verkennt er, dass die Straßenoberfläche gerade im Bereich von Gehwegen keine absolut ebene, niveaugleiche Fläche darstellt, sondern von Natur aus gewisse Unebenheiten aufweist. Auch insoweit kann auf die oben angeführte Rechtsprechung zu Verkehrssicherungspflichten verwiesen werden, wonach geringfügige Unebenheiten als unwesentlich anzusehen sind (vgl. oben Nr. 1.2). Selbst wenn dem nicht gefolgt wird, liegt aber jedenfalls der Nutzungsschwerpunkt – nach der hier maßgeblichen straßenrechtlichen Sichtweise – im Straßenbelag bzw. im Straßenunterbau und nicht über der Straßenoberfläche. Hierauf kommt es entscheidend an. Die wesentliche Benutzung durch einen Stolperstein findet an und unterhalb, nicht über der Straßendecke statt. In § 1 Abs. 3 Satz 1 SoNuGebS finden sich keine Anhaltspunkte dafür, einen einheitlichen Benutzungsvorgang rechtlich aufzuspalten oder eine öffentlich-rechtliche Erlaubnispflicht bereits dann anzunehmen, wenn die Benutzung im Wesentlichen unterhalb der Straßenoberfläche und nur zu einem äußerst geringfügigen Teil darüber stattfindet.

Etwas Anderes ergibt sich entgegen der Annahme des Klägers nicht daraus, dass ein Stolperstein von der Straßenoberfläche aus sichtbar in den Bereich über der Straßenoberfläche hineinwirkt. Die immaterielle Ausstrahlungswirkung von Stolpersteinen ist für die öffentlich-rechtliche Erlaubnispflicht nach § 1 Abs. 3 Satz 1 SoNuGebS ohne Belang. Aus der maßgeblichen straßenrechtlichen Sicht ist allein der Eingriff in den Straßenkörper bzw. in die Substanz der Straße und nicht die Ausstrahlungswirkung entscheidend, die hier den Gemeingebrauch ohnehin nicht beeinträchtigen kann (vgl. oben Nr. 1.2). Dass ein derartiger Substanzeingriff dem zivilrechtlichen Regelungsregime unterfallen soll, orientiert sich am gesetzlichen Leitbild der Art. 18 ff. BayStrWG (vgl. dazu BayVGH, U.v. 20.1.2004 – 8 N 02.3211 – NVwZ-RR 2004, 879 = juris Rn. 75). Der Gesetzgeber hat die Benutzung für Zwecke der öffentlichen Versorgung, die in der Regel Eingriffe in den Straßenkörper bzw. in die Substanz der Straße zum Gegenstand haben, im Grundsatz dem bürgerlichen Recht zugewiesen (Art. 22 Abs. 2 BayStrWG), was gemäß Art. 22a Satz 3 BayStrWG nicht durch Satzung geändert werden kann. Dem entsprechend kann davon ausgegangen werden, dass auch das Tatbestandsmerkmal „über der Straßenoberfläche“ in § 1 Abs. 3 Satz 1 SoNuGebS dazu dient, Eingriffe in die Substanz der Straße bzw. in den Bereich des Straßengrundes (soweit diese den Gemeingebrauch nicht beeinträchtigen können) dem bürgerlichen Recht zu unterstellen. Das Zivilrecht erscheint auch besser geeignet, sich typischerweise stellende Probleme wie etwa Haftungsfragen bei einer Beschädigung der Straßendecke oder des Straßenunterbaus zu lösen. Zudem dürften Sondernutzungen an und unter der Straßenoberfläche in der Regel auf eine längere Dauer angelegt sein, sodass die Bestimmung des Art. 18 Abs. 2 Satz 1 BayStrWG, wonach eine Erlaubnis nur auf Zeit oder auf Widerruf erteilt werden darf, weniger interessengerecht erscheint als eine bürgerlich-rechtliche Einräumung von Nutzungsrechten, die die Erteilung einer dauerhaften Gestattung ermöglicht, etwa in Form einer Dienstbarkeit.

Entgegen der Auffassung des Klägers spricht für diese Auslegung auch das Gebührenverzeichnis in Anlage I der Sondernutzungsgebührensatzung. Dieses ist sowohl auf erlaubte als auch auf unerlaubte Sondernutzungen nach Art. 18 und 18a BayStrWG (ggf. auch i.V.m. § 1 Abs. 3 Satz 1 SoNuGebS) anzuwenden (vgl. dazu auch BayVGH, U.v. 22.11.2006 – 8 BV 05.1918 – VGH n.F. 59, 222/224 f.), nicht jedoch auf Sondernutzungen, die sich nach bürgerlichem Recht richten und auch nicht durch Satzung dem öffentlich-rechtlichen Rechtsregime unterworfen wurden (§ 1 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 SoNuGebS). Daher können die einzelnen Gebührentatbestände Anhaltspunkte für die Abgrenzung der Benutzungen bieten, die nach dem Willen des Satzungsgebers dem öffentlichen Regelungsregime unterliegen sollen. Dem Verwaltungsgericht ist darin zuzustimmen, dass dort keine Gebührentatbestände aufgeführt werden, in denen die Sondernutzung den Gemeingebrauch nicht beeinträchtigen kann und in denen zugleich die wesentliche Benutzung an und unter der Straßendecke stattfindet. Soweit der Kläger auf Nr. 3 der Anlage I (Werbeanlagen) verweist, ist ihm entgegenzuhalten, dass hiervon lediglich Nutzungen „auf und über dem Straßengrund“ erfasst werden, nicht dagegen solche in der Fahrbahn- oder Gehwegdecke. Entsprechendes gilt für Nr. 5 (Warenauslagen). Eine Vergleichbarkeit mit Zufahrtserlaubnissen für Fußgängerbereiche (Nr. 27) besteht ebenfalls nicht, weil diese keine Eingriffe in die Straßensubstanz mit sich bringen.

Ob der Vorgang der Verlegung eines Stolpersteins, der den Gemeingebrauch hier nicht beeinträchtigen kann (vgl. oben Nr. 1.2), eine eigenständige Benutzung über der Straßenoberfläche im Sinn des § 1 Abs. 3 Satz 1 SoNuGebS darstellt, kann dahinstehen. Insofern fehlt es schon an einem substanziierten klägerischen Vortrag im Zulassungsverfahren (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).

Soweit der Kläger aus der Bestimmung des Art. 22 Abs. 2 BayStrWG, wonach sich die Benutzung von Straßen für Zwecke der öffentlichen Versorgung stets nach bürgerlichem Recht richtet, es sei denn, dass der Gemeingebrauch nicht nur für kurze Dauer beeinträchtigt wird, ableiten will, dass die Verlegung von Stolpersteinen nach öffentlichem Recht zu beurteilen ist, weil dauerhafte Kunstwerke fest installiert werden, geht das schon deswegen fehl, weil die Verlegung des Stolpersteins hier den Gemeingebrauch gerade nicht beeinträchtigen kann, sondern gemeingebrauchsverträglich ist (vgl. oben Nr. 1.2).

Entgegen der Auffassung des Klägers hat die Beklagte bei der Beurteilung, ob Sondernutzungen sich nach bürgerlichem Recht richten oder dem öffentlich-rechtlichen Rechtsregime unterworfen sind, keinen Ermessensspielraum. Daher kommt es – entgegen des klägerischen Einwands – nicht auf mögliche Bezugsfälle an. Die Beklagte kann die normative Bindung durch das Straßen- und Wegegesetz sowie ihre Sondernutzungssatzung nicht im Wege einer Einzelentscheidung aufheben.

1.4 Soweit sich der Kläger gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts wendet, dass die Klage auch dann keinen Erfolg haben würde, wenn die Verlegung eines Stolpersteins nicht nach bürgerlichem, sondern nach öffentlichem Recht zu beurteilen wäre, da die von der Beklagten vorsorglich ausgeübten Ermessenserwägungen nicht zu beanstanden seien und auch aus den vom Kläger geltend gemachten Grundrechten kein Anspruch auf Erteilung der beantragen Sondernutzungserlaubnis folge, kann er damit schon deswegen nicht durchdringen, weil es für das Verwaltungsgericht auf diese (Hilfs-)Begründung nicht entscheidungserheblich ankam. Vielmehr hat es einen Anspruch des Klägers auf Erteilung der beantragten öffentlich-rechtlichen Sondernutzungserlaubnis unabhängig hiervon („Selbst wenn….“) in erster Linie deswegen verneint, weil eine öffentlich-rechtliche Erlaubnis nicht erforderlich ist. Ist aber das angefochtene Urteil auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt (sog. kumulative Mehrfachbegründung), kann die Berufung nur dann zugelassen werden, wenn im Hinblick auf jede dieser Urteilsbegründungen ein Zulassungsgrund geltend gemacht ist und vorliegt (vgl. BVerwG, B.v. 1.8.2011 – 7 BN 2.11 – KommJur 2011, 436 = juris Rn. 4; B.v. 31.5.2017 – 5 PB 12.16 – juris Rn. 2; BayVGH, B.v. 21.1.2013 – 8 ZB 11.2030 – ZfW 2013, 176 = juris Rn. 15; B.v. 8.6.2017 – 15 ZB 16.2504 – juris Rn. 21). Das ist hier nicht der Fall, weil die geltend gemachten ernstlichen Zweifel hinsichtlich der (Haupt-)Begründung des Verwaltungsgerichts aus den oben genannten Gründen nicht bestehen.

2. Ein Berufungszulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegt ebenfalls nicht vor.

Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten im Sinn dieser Bestimmung weist eine Rechtssache auf, wenn die Beantwortung der für die Entscheidung erheblichen Fragen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht voraussichtlich das durchschnittliche Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten bereitet, wenn sich diese also wegen ihrer Komplexität und abstrakten Fehleranfälligkeit aus der Mehrzahl der verwaltungsgerichtlichen Verfahren heraushebt (vgl. BayVGH, B.v. 3.11.2011 – 8 ZB 10.2931 – BayVBl 2012, 147/149 = juris Rn. 28; B.v. 10.4.2017 – 15 ZB 16.673 – juris Rn. 42 jeweils m.w.N.). Das ist hier nicht der Fall. Die auftretenden Rechtsfragen (vgl. oben Nr. 1.) lassen sich bei Heranziehung der gängigen Auslegungsmethoden ohne Weiteres aus dem Gesetz sowie aus der Sondernutzungsgebührensatzung der Beklagten lösen. Dies gilt vor allem auch für die Einordnung der hier streitgegenständlichen Eingriffe in den Straßenbelag als Benutzung der Straße an und unter der Straßenoberfläche (vgl. oben Nr. 1.3). Ob sich aus den Ausführungen des Verwaltungsgerichts für den Fall, dass die Verlegung eine nach öffentlichem Recht zu beurteilende Sondernutzung darstellt, derartige Schwierigkeiten ergeben würden, kann wiederum dahingestellt bleiben, weil der Zulassungsgrund der tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten hinsichtlich der Hauptbegründung nicht gegeben ist (vgl. oben Nr. 1.4).

Auch unter Berücksichtigung des Begründungsaufwands des erstinstanzlichen Urteils lassen sich keine tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache erkennen. Aus dem klägerischen Vortrag wird nicht ersichtlich, dass das Verwaltungsgericht auf bestimmte tatsächliche Aspekte nicht eingegangen wäre oder notwendige Rechtsfragen nicht oder unzutreffend beantwortet hätte. Hierfür wäre Voraussetzung, dass ein Rechtsmittelführer diese Gesichtspunkte in nachvollziehbarer Weise darstellt und ihren Schwierigkeitsgrad plausibel macht (vgl. dazu BVerfG, B.v. 23.6.2000 – 1 BvR 830/00 – NVwZ 2000, 1163 = juris Rn. 17). Daran fehlt es. Aus der bloßen Beteiligung der Landesanwaltschaft Bayern als Vertreter des öffentlichen Interesses und aus dem Umfang eines Erwiderungsschriftsatzes der Beklagten lassen sich dagegen keine Rückschlüsse auf besondere rechtliche und tatsächliche Schwierigkeiten ziehen.

3. Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.

Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich, bislang höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht geklärt und über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam ist; die Frage muss ferner im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts einer berufungsgerichtlichen Klärung zugänglich sein und dieser Klärung auch bedürfen (vgl. BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243 = juris Rn. 20; BVerwG, B.v. 4.8.2017 – 6 B 34.17 – juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 10.4.2017 – 15 ZB 16.673 – juris Rn. 33 jeweils m.w.N.). Die grundsätzliche Bedeutung ist zu verneinen, wenn eine Rechtsfrage sich ohne Weiteres aus der Anwendung anerkannter Auslegungsmethoden beantworten lässt (vgl. BVerfG, B.v. 29.7.2010 – 1 BvR 1634/04 – NVwZ 2010, 1482 = juris Rn. 62). Auf Gesichtspunkte des öffentlichen Interesses oder des Medieninteresses am Ausgang eines Verwaltungsstreitverfahrens ist dagegen nicht abzustellen.

Nach diesen Maßstäben ergibt sich aus den vom Kläger bezeichneten Rechtsfragen keine grundsätzliche Bedeutung. Sie bedürfen entweder keiner Klärung oder betreffen nicht die die Entscheidung tragende Begründung (vgl. oben Nr. 1.4).

Soweit der Kläger die Frage aufwirft, „ob ein Kunstwerk, das immateriell in den Raum über der Straßenoberfläche ausstrahlt, § 1 Abs. 3 SoNuGebS unterfällt“, kann diese Frage ohne Weiteres unter Anwendung anerkannter Auslegungsmethoden beantwortet werden (vgl. oben Nr. 1.3). Dabei kommt es auf grundrechtliche Bezüge nicht an, weil die Beklagte auch bei Einräumung von Rechten gemäß Art. 22 Abs. 1 BayStrWG gleichermaßen die Grundrechte zu beachten hat (vgl. Wiget in Zeitler, Bayerisches Straßen- und Wegegesetz, Art. 22 Rn. 5 m.w.N.). Die Fragestellung, „ob ein Freiheits- oder Abwehrrecht wie Art. 5 GG im Rahmen eines präventiven Verbots mit Erlaubnistatbestand einen Leistungsanspruch begründen kann“, ist nicht entscheidungserheblich, weil diese lediglich die Hilfsbegründung des erstinstanzlichen Urteils betrifft. Es kann daher dahinstehen, ob es sich insoweit um eine hinreichend konkret formulierte, den Darlegungsanforderungen genügende Frage (vgl. BVerwG, B.v. 16.11.2010 – 6 B 58.10 – juris Rn. 3; B.v. 31.5.2016 – 8 B 13.16 – juris Rn. 4 und 8) handelt. Entsprechendes gilt, soweit der Kläger einen Klärungsbedarf in Bezug auf den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) sieht. Nach der tragenden Begründung des erstinstanzlichen Urteils spielt es keine Rolle, ob er sich überhaupt auf eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung aufgrund der Zulassung von Stelen berufen kann und wenn ja, ab wann, d.h. erst nach Genehmigung der ersten Stele oder bereits zu einem früheren Zeitpunkt. Schließlich stellen sich nach der tragenden Begründung auch keine Fragen nach dem persönlichen Schutzbereich von Art. 5 Abs. 3 GG sowie nach dem kommunalen Selbstverwaltungsrecht im Zusammenhang mit der Zulassung bestimmter Gedenkformen.

4. Der Kläger hat schließlich keinen Verfahrensfehler in einer dem § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise geltend gemacht, auf dem das Urteil beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Ein solcher muss nach höchstrichtlicher Rechtsprechung sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substanziiert dargetan werden (vgl. BVerwG, B.v. 19.8.1997 – 7 B 261.97 – NJW 1997, 3328 = juris Rn. 4 m.w.N.). Das ist nicht geschehen.

Zwar ist unschädlich, dass der Kläger Verfahrensfehler nicht ausdrücklich als solche gerügt und sich auch nicht ausdrücklich auf den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO berufen hat. Nach der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung darf der Zugang zu einem Rechtsmittel nicht durch Auslegung und Anwendung der einschlägigen Verfahrensvorschriften in einer sachlich nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert werden. Dies gilt sowohl hinsichtlich der Anforderungen an die Darlegung im Zulassungsverfahren als auch für die Auslegung und Anwendung der Zulassungsgründe (BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243 = juris Rn. 14 m.w.N.). Daher ist es grundsätzlich unschädlich, wenn ein Antragsteller sein Vorbringen dem falschen Berufungszulassungsgrund zuordnet oder verschiedene Gesichtspunkte, die bei unterschiedlichen Zulassungsgründen im Sinn von § 124 Abs. 2 VwGO relevant sein können, miteinander vermengt (BVerfG, B.v. 24.8.2010 – 1 BvR 2309/09 – BVerfGK 17, 508 = juris Rn. 13). Das den Zulassungsantrag prüfende Gericht ist gemäß Art. 19 Abs. 4 GG verpflichtet, den Vortrag des jeweiligen Antragstellers angemessen zu würdigen und durch sachgerechte Auslegung selbstständig zu ermitteln, welche Zulassungsgründe der Sache nach geltend gemacht werden und welche Einwände welchen Zulassungsgründen zuzuordnen sind (BVerfG, B.v. 24.8.2010 – 1 BvR 2309/09 – BVerfGK 17, 508 = juris Rn. 13). Auch dürfen die Darlegungsanforderungen nicht derart erschwert werden, dass sie von einem durchschnittlichen, nicht auf das gerade einschlägige Rechtsgebiet spezialisierten Rechtsanwalt mit zumutbarem Aufwand nicht mehr erfüllt werden können (vgl. BVerfG, B.v. 16.7.2013 – 1 BvR 3057/11 – BVerfGE 134, 106 = juris Rn. 34). Es bleibt aber dabei, dass das Zulassungsverfahren auf der Obliegenheit der antragstellenden Person basiert, die Zulassungsgründe im Einzelnen darzulegen (vgl. BVerfG, B.v. 19.4.2017 – 1 BvR 1994/13 – juris Rn. 16). Daran fehlt es hier.

4.1 Soweit der Kläger rügt, das Verwaltungsgericht habe fehlerhaft entschieden, weil es aufgrund seiner Annahme, dass für die begehrte Sondernutzung keine öffentlich-rechtliche Sondernutzungserlaubnis, sondern eine bürgerlich-rechtliche Vereinbarung erforderlich sei, den Rechtsstreit an die Zivilgerichtsbarkeit hätte verweisen müssen, liegt darin der Sache nach eine auf einen Verstoß gegen § 17a Abs. 2 GVG zielende Einwendung. Er beruft sich auch auf diese Norm. Damit wird jedoch kein vom Senat zu prüfender Verfahrensmangel geltend gemacht (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO).

Nach § 17a Abs. 5 GVG prüft das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, grundsätzlich nicht mehr, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist. Zwar gilt dies ausnahmsweise dann nicht, wenn ein Gericht die Verfahrensgrundsätze des § 17a Abs. 2 oder Abs. 3 GVG verletzt hat (vgl. BVerwG, B.v. 22.11.1997 – 2 B 104.97 – BayVBl 1998, 603 = juris Rn. 7 m.w.N.; BayVGH, B.v. 11.10.2011 – 22 ZB 10.1259 – juris Rn. 5; B.v. 1.2.2013 – 3 B 12.1754 – juris Rn. 15; Kissel/Mayer, GVG, 8. Aufl. 2015, § 17 Rn. 53). Ein solcher Verfahrensfehler ist dem Verwaltungsgericht aber nicht unterlaufen.

Eine Verpflichtung zu einer Entscheidung über den Rechtsweg bestand weder wegen der Unzulässigkeit des Rechtswegs nach § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG noch aufgrund einer Zulässigkeitsrüge durch einen Beteiligten nach § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG. Das Verwaltungsgericht ist – entgegen der klägerischen Einwendung – keineswegs von einer zivilrechtlichen Streitigkeit ausgegangen, sondern ausschließlich von einer öffentlich-rechtlichen Streitigkeit auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis (UA S. 20). Es hat daher zutreffend den Verwaltungsrechtsweg gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO als gegeben angesehen. Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung (vgl. S. 183 ff. der Gerichtsakte des Verwaltungsgerichts) wurde der Klägerbevollmächtigte vor seiner Antragstellung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine bürgerlich-rechtliche Vereinbarung erforderlich sein dürfte und dass für Klagen auf Abschluss eines solchen Gestattungsvertrags der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben sei. Dennoch hat er davon abgesehen, einen entsprechenden Hilfsantrag zu stellen. Dem entsprechend hat das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung ausschließlich den geltenden gemachten Anspruch auf Erteilung einer öffentlich-rechtlichen Sondernutzungserlaubnis nach Art. 18 Abs. 1 BayStrWG zugrunde gelegt.

Dass ein Beteiligter eine Rüge in Bezug auf die Zulässigkeit des Rechtswegs gemäß § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG erhoben habe, hat der Kläger weder dargelegt noch ist dies sonst ersichtlich. Soweit im Urteil davon die Rede ist, dass eine Verweisung angeregt worden sei (UA S. 20), betrifft das den nicht gestellten (Hilfs-)Antrag auf Erteilung einer privatrechtlichen Gestattung und nicht das vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegte Rechtsschutzbegehren.

Zu einer Vorabentscheidung nach § 17a Abs. 3 Satz 1 GVG war das Verwaltungsgericht nicht verpflichtet. Die Entscheidung darüber, ob ein Beschluss über die Rechtswegzuständigkeit gefasst wird, wenn das Gericht den beschrittenen Rechtsweg für gegeben hält und dessen Zulässigkeit von keiner Partei gerügt worden ist, erfolgt nach pflichtgemäßem richterlichem Ermessen. Sie unterliegt keiner Rechtskontrolle durch die übergeordnete Instanz (vgl. BVerwG, B.v. 22.11.1997 – 2 B 104.97 – BayVBl 1998, 603 = juris Rn. 8; Kissel/Mayer, GVG, § 17 Rn. 38 m.w.N.).

4.2 Eine den Darlegungserfordernissen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügende Rüge der Verletzung des § 88 VwGO kann dem Vorbringen des Klägers im Zulassungsantrag nicht entnommen werden.

Nach § 88 VwGO darf das Gericht über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden (vgl. zum Ganzen BVerwG, B.v. 18.7.2014 – 3 B 74.13 – juris Rn. 6 m.w.N.). Vielmehr hat es das tatsächliche Rechtsschutzbegehren zu ermitteln. Maßgebend für dessen Umfang ist das aus dem gesamten Parteivorbringen, vor allem der Klagebegründung, zu entnehmende wirkliche Rechtsschutzziel. Der Antragsformulierung kommt eine gesteigerte Bedeutung für die Ermittlung des tatsächlich Gewollten zu, wenn der Kläger bei der Fassung des Klageantrages anwaltlich vertreten wird (BVerwG, B.v. 12.3.2012 – 9 B 7.12 – juris Rn. 6; B.v. 18.7.2014 – 3 B 74.13 – juris Rn. 6). Auch wenn ein derartiger Verfahrensfehler in einem Berufungs- oder Revisionsverfahren von Amts wegen zu berücksichtigen wäre, muss er in einem Berufungszulassungsverfahren vom Rechtsmittelführer geltend gemacht werden (BVerwG, B.v. 30.1.1985 – 9 B 10679.83 – juris Rn. 12; Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 124 Rn. 217 m.w.N.; vgl. auch BVerwG, B.v. 22.11.1997 – 2 B 104.97 – BayVBl 1998, 603 = juris Rn. 2; Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl. 2010, Rn. 490). Will sich ein Rechtsmittelführer auf einen solchen Mangel berufen, hat er substanziiert darzulegen, welche seiner Äußerungen vom Erstgericht unbeachtet geblieben oder missverstanden worden ist, so dass der verfahrensrechtliche Anspruch auf umfassende Entscheidung über das Sachbegehren verletzt wurde (BVerwG, B.v. 22.11.1997 – 2 B 104.97 – BayVBl 1998, 603 = juris Rn. 2; vgl. auch Rudisile in Schoch/Schmidt-Aßmann, VwGO, Stand Oktober 2015, § 124a Rn. 110). Für die Darlegung der rechtlichen Wirkung ist zumindest die Schilderung der verfahrensrechtlichen Verhaltensnorm, auf die die Rüge gestützt werden soll, erforderlich (vgl. Rudisile a.a.O.).

Diesen Darlegungserfordernissen genügt der Zulassungsvortrag nicht. Die knappe Argumentation bezieht sich lediglich auf eine Verletzung von § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG. Auf die Frage, ob das Verwaltungsgericht über das Klagebegehren erschöpfend entschieden hat oder ob es das Begehren unter Verstoß gegen § 88 VwGO zu eng gefasst hat, geht die Zulassungsbegründung nicht ein. Insbesondere wird auch nicht zwischen dem zugrunde gelegten Klagebegehren (Verpflichtungsklage auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis) und einer möglicherweise darüber hinausgehenden Zielsetzung (Erteilung einer zivilrechtlichen Gestattung) differenziert. Dem Vortrag im Zulassungsverfahren kann ein derartiges, weitergehendes Rechtsschutzbegehren mit der notwendigen Deutlichkeit nicht entnommen werden, trotz der richterlichen Hinweise und der eindeutigen Ausführungen im angefochtenen Urteil. Der Klägerbevollmächtigte hat ausdrücklich davon abgesehen, einen Hilfsantrag zu stellen, etwa auf Verpflichtung zum Abschluss eines bürgerlich-rechtlichen Gestattungsvertrags oder zu einer zivilrechtlichen Zustimmung zur Gestattung der Sondernutzung. Bereits dies spricht gegen eine erweiternde Auslegung oder eine Umdeutung seiner Anträge. Zudem hat der Klägerbevollmächtigte selbst – in Kenntnis der erstinstanzlichen Entscheidung – im Zulassungsverfahren ausgeführt, dass der Kläger „keinen privaten Gestattungsvertrag, sondern eine öffentlich-rechtliche Erlaubnis“ wolle (Schriftsatz vom 28. September 2017, S. 197 der Gerichtsakte). Spätestens durch die Darlegung dieses klägerischen „Wollens“ bringt er klar zum Ausdruck, dass es nicht um eine abweichende Rechtsansicht geht, über die letztlich ein Gericht entscheiden kann, sondern um ein voluntatives Element, die Intention des Klägers, über die nur die Klägerpartei selbst bestimmt. Die Wesensgrenze der Auslegung wäre aber überschritten, wenn an die Stelle dessen, was eine Partei will, das gesetzt wird, was diese nach Ansicht des Gerichts wollen sollte (BVerwG, B.v. 29.8.1989 – 8 B 9.89 – juris Rn. 2; OVG LSA, B.v. 19.8.2009 – 3 L 41/08 – juris Rn. 12; Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 88 Rn. 3 m.w.N.). Der Kläger muss sich insofern an seinem Vortrag festhalten lassen, dessen Wortlaut einer erweiternden Auslegung oder Umdeutung seiner Anträge entgegensteht.

Dies begegnet auch vor dem Hintergrund des Art. 19 Abs. 4 GG keinen Bedenken. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dient die Darlegungspflicht des § 124a VwGO dazu, dem Verwaltungsgerichtshof ohne weitere Ermittlungen die Feststellung zu ermöglichen, ob der geltend gemachte Zulassungsgrund vorliegt oder nicht (BVerfG, B.v. 30.6.2005 – 1 BvR 2615/04 – NVwZ 2005, 1176 = juris Rn. 20). Angesichts des defizitären Vorbringens zu einem möglicherweise weitergehenden Klageziel im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht und der Ausführungen im Zulassungsverfahren kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger eine Verletzung seines verfahrensrechtlichen Anspruchs auf eine umfassende Entscheidung über das Sachbegehren hinreichend substanziiert hat. Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass er anwaltlich vertreten ist, selbst wenn dies nicht zu einem Ausschluss einer wohlwollenden Auslegung führt (vgl. BVerfG, B.v. 23.10.2007 – 2 BvR 542/07 – NVwZ 2008, 417 = juris Rn. 17). Die geforderte Darlegung wäre einem durchschnittlichen, auf das gerade einschlägige Rechtsgebiet nicht spezialisierten Rechtsanwalt aber mit zumutbarem Aufwand möglich gewesen (vgl. zu diesem Maßstab BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243 – juris Rn. 14).

4.3 Soweit der Kläger ausführt, das Verwaltungsgericht habe einen rechtlichen Hinweis dahingehend erteilen müssen (§ 86 Abs. 3 VwGO), dass nicht eine Versagungsgegenklage vorrangig sei, sondern nach vorläufiger Einschätzung eine Verpflichtung zum Abschluss eines Vertrags (S. 144 f. der Gerichtsakte), erfolgt diese Rüge erstmals mit Schriftsatz vom 10. April 2017 und damit verspätet (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Im Übrigen verkennt der Kläger, dass das Verwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung nach Erörterung der Problematik der Sondernutzungserlaubnis darauf hingewiesen hat, dass für Stolpersteine in öffentlichen Verkehrsflächen der Beklagten bürgerlich-rechtliche Vereinbarungen erforderlich sein dürften (S. 184 der Gerichtsakte des Verwaltungsgerichts). Zur weiteren Verdeutlichung hat das Gericht dargelegt, dass für Klagen auf Abschluss von Gestattungsverträgen der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben wäre. Damit hat es gerade den vom Kläger vermissten Hinweis in der mündlichen Verhandlung gegeben. Dass eine Versagungsgegenklage nicht auf eine Verpflichtung zum Abschluss eines bürgerlich-rechtlichen Vertrages gerichtet sein kann, bedarf keiner näheren Erörterung.

Das klägerische Vorbringen kann auch nicht dahingehend ausgelegt werden, dass gerügt wird, das Gericht habe es unterlassen, auf eine Erweiterung des Klageantrags hinzuwirken. Hierfür finden sich keine Anhaltspunkte. Zudem wäre die Unterlassung nur dann verfahrensfehlerhaft, wenn sich dem Vorsitzenden nach der Sach- und Rechtslage ein solcher Hinweis hätte aufdrängen müssen (vgl. BVerfG, B.v. 8.5.1991 – 2 BvR 170/85 – NVwZ 1992, 259 = juris Rn. 12). Das ist angesichts der erfolgten Hinweise sowie der protokollierten Erklärung, der Klägerbevollmächtigte sehe davon ab, die Klage um einen weiteren Hilfsantrag zu erweitern, nicht der Fall. Von einem durchschnittlichen, auch auf das einschlägige Rechtsgebiet nicht spezialisierten Rechtsanwalt konnte in dieser Situation ohne Weiteres eine interessengerechte Antragstellung erwartet werden.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 sowie § 52 Abs. 1 GKG.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Die Benutzung eines Gewässers bedarf der Erlaubnis oder der Bewilligung, soweit nicht durch dieses Gesetz oder auf Grund dieses Gesetzes erlassener Vorschriften etwas anderes bestimmt ist.

(2) Keiner Erlaubnis oder Bewilligung bedürfen Gewässerbenutzungen, die der Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für die öffentliche Sicherheit dienen, sofern der drohende Schaden schwerer wiegt als die mit der Benutzung verbundenen nachteiligen Veränderungen von Gewässereigenschaften. Die zuständige Behörde ist unverzüglich über die Benutzung zu unterrichten.

(3) Keiner Erlaubnis oder Bewilligung bedürfen ferner bei Übungen und Erprobungen für Zwecke der Verteidigung oder der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit

1.
das vorübergehende Entnehmen von Wasser aus einem Gewässer,
2.
das Wiedereinleiten des Wassers in ein Gewässer mittels beweglicher Anlagen und
3.
das vorübergehende Einbringen von Stoffen in ein Gewässer,
wenn durch diese Benutzungen andere nicht oder nur geringfügig beeinträchtigt werden und keine nachteilige Veränderung der Gewässereigenschaften zu erwarten ist. Die Gewässerbenutzung ist der zuständigen Behörde rechtzeitig vor Beginn der Übung oder der Erprobung anzuzeigen.

(4) Ist bei der Erteilung der Erlaubnis oder der Bewilligung nichts anderes bestimmt worden, geht die Erlaubnis oder die Bewilligung mit der Wasserbenutzungsanlage oder, wenn sie für ein Grundstück erteilt worden ist, mit diesem auf den Rechtsnachfolger über.

(1) Die Erlaubnis gewährt die Befugnis, die Bewilligung das Recht, ein Gewässer zu einem bestimmten Zweck in einer nach Art und Maß bestimmten Weise zu benutzen.

(2) Erlaubnis und Bewilligung geben keinen Anspruch auf Zufluss von Wasser in einer bestimmten Menge und Beschaffenheit.

(1) Die Erlaubnis und die Bewilligung sind zu versagen, wenn

1.
schädliche, auch durch Nebenbestimmungen nicht vermeidbare oder nicht ausgleichbare Gewässerveränderungen zu erwarten sind oder
2.
andere Anforderungen nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht erfüllt werden.

(2) Im Übrigen steht die Erteilung der Erlaubnis und der Bewilligung im pflichtgemäßen Ermessen (Bewirtschaftungsermessen) der zuständigen Behörde.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt – ausweislich seines Vorbringens in der Zulassungsbegründung – die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für die Verlegung (und den Verbleib) eines „Stolpersteins“ des Künstlers Gunter Demnig, den er in den Gehweg der als Orts Straße gewidmeten und im Eigentum der Beklagten stehenden M...straße einbauen will.

Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 30. Juli 2015 durch seinen Prozessbevollmächtigten bei der Beklagten die „Erlaubnis zur Verlegung von Stolpersteinen als erlaubte Sondernutzung“. Dabei wies er darauf hin, dass die Steine niveaugleich in das Pflaster bzw. in den Belag des jeweiligen Gehwegs eingelassen würden und dass die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs in keiner Weise beeinträchtigt werde. Zudem erklärte er die Bereitschaft, sämtliche Modalitäten der Verlegung im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Vertrags zu regeln. Mit Bescheid vom 3. November 2015 lehnte die Beklagte den Antrag ab.

Gegen diesen Bescheid hat der Kläger Verpflichtungsklage mit den Anträgen erhoben, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 3. November 2015 zu verpflichten, die Erlaubnis zur Verlegung von zwei Stolpersteinen an der M...straße … zu erteilen, hilfsweise die Beklagte unter Aufhebung dieses Bescheids zu verpflichten, den Antrag vom 30. Juli 2015 unter Berücksichtigung der Auffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Die Verlegung von Stolpersteinen sei dem kommunikativen Gemeingebrauch zuzurechnen. Insoweit sei es auch möglich, einen Antrag auf Feststellung einzureichen. Das Gericht werde um richterlichen Hinweis gebeten, wenn es sich dieser Ansicht anschließe. Jedenfalls stelle die Verlegung eine gemeinverträgliche Sondernutzung dar. Der Gemeingebrauch werde nicht beeinträchtigt. Weiterhin hat der Kläger ein Rechtsgutachten vorgelegt, das er zu seinem Vortrag gemacht hat. Darin ist unter anderem ausgeführt, dass durch die Verlegung von Stolpersteinen ein Substanzeingriff in den Straßenkörper stattfinde, der die Grenzen der Widmung überschreite. Die Veränderung des Straßenkörpers durch Stolpersteine sei daher nicht als Gemeingebrauch anzusehen. Darüber hinaus wird ausgeführt, dass sich Stolpersteine nicht „über der Straßenoberfläche“ im Sinn des § 1 Abs. 3 der Sondernutzungsgebührensatzung der Beklagten befänden.

In der mündlichen Verhandlung am 31. Mai 2016 hat das Verwaltungsgericht die Frage erörtert, ob eine öffentlich-rechtliche Sondernutzungserlaubnis oder eine privatrechtliche Vereinbarung erforderlich ist. Dabei hat es den Kläger darauf hingewiesen, dass nach Einschätzung des Gerichts für Stolpersteine in öffentliche Verkehrsflächen der Beklagten bürgerlich-rechtliche Vereinbarungen erforderlich sein dürften. Der Klägerbevollmächtigte hat daraufhin erklärt, dass die Beklagte entsprechende Vertragsangebote des Klägers stets abgelehnt habe. Nach einem weiteren gerichtlichen Hinweis, dass für Klagen auf Abschluss von Gestattungsverträgen der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben sei, hat der Kläger davon abgesehen, die Klage um einen weiteren Hilfsantrag zu erweitern.

Mit Urteil vom 31. Mai 2016 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf Erteilung der Sondernutzungserlaubnis, weil keine öffentlich-rechtliche Sondernutzungserlaubnis, sondern eine bürgerlich-rechtliche Vereinbarung erforderlich sei. Der Einbau eines Stolpersteins in den als öffentliche Verkehrsfläche gewidmeten Gehweg stelle zwar eine Sondernutzung dar, er beeinträchtige aber nicht den Gemeingebrauch. Als gemeingebrauchsverträgliche Sondernutzung werde der Einbau auch nicht durch Satzung der Beklagten dem öffentlichen Recht unterstellt. Weil der beantragte Erlass der Sondernutzungserlaubnis für das beabsichtigte Vorhaben daher nicht notwendig sei, fehle dem Kläger das Sachbescheidungsinteresse. Eine Verweisung des Rechtsstreits an ein für bürgerlich-rechtliche Streitigkeiten zuständiges Gericht sei nicht veranlasst, weil der Kläger keinen Klageantrag auf Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer privatrechtlichen Gestattung gestellt habe. Selbst wenn die Verlegung eines Stolpersteins im öffentlichen Straßengrund aber eine nach öffentlichem Recht zu beurteilende Sondernutzung darstelle, bleibe die Klage erfolglos, weil die Beklagte bei Erlass der ablehnenden Entscheidung ihr Ermessen fehlerfrei ausgeübt habe und sich auch aus den vom Kläger geltend gemachten Grundrechten kein Anspruch auf Erteilung der Sondernutzungserlaubnis ergebe.

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung wendet sich der Kläger gegen das Urteil. Er macht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung, besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten sowie eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend. Zudem rügt er in der Sache auch die Verletzung von Verfahrensrecht.

II.

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Die vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe wurden nicht hinreichend dargelegt oder liegen nicht vor (vgl. § 124 Abs. 2, § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO).

1. Aus dem Vorbringen des Klägers ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen nur, wenn einzelne tragende Rechtssätze oder einzelne erhebliche Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts durch schlüssige Gegenargumente infrage gestellt werden (vgl. BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243 = juris Rn. 16; B.v. 16.7.2013 – 1 BvR 3057/11 – BVerfGE 134, 106 = juris Rn. 36). Sie sind nicht erst dann gegeben, wenn bei der im Zulassungsverfahren allein möglichen summarischen Überprüfung der Erfolg des Rechtsmittels wahrscheinlicher ist als der Misserfolg (vgl. BVerfG, B.v. 16.1.2017 – 2 BvR 2615/14 – IÖD 2017, 52 = juris Rn. 19; B.v. 3.3.2004 – 1 BvR 461/03 – BVerfGE 110, 77/83). Schlüssige Gegenargumente liegen vor, wenn der Antragsteller substanziiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546/548 = juris Rn. 19; BayVGH, B.v. 12.10.2017 – 14 ZB 16.280 – juris Rn. 2 m.w.N.). Dabei kommt es grundsätzlich nicht auf einzelne Elemente der Urteilsbegründung an, sondern auf das Ergebnis der Entscheidung, also auf die Richtigkeit des Urteils nach dem Sachausspruch in der Urteilsformel (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838 = juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 19.3.2013 – 20 ZB 12.1881 – juris Rn. 2).

Nach diesem Maßstab bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht mit der Begründung abgewiesen, dass dem Kläger kein Anspruch auf Erteilung der beantragten Sondernutzungserlaubnis zusteht, weil es für den bzw. die beiden beantragten Stolpersteine im Gehweg der dem öffentlichen Verkehr gewidmeten M...straße (Art. 1 Satz 1 BayStrWG) keiner Sondernutzungserlaubnis bedarf und der Kläger daher kein Sachbescheidungsinteresse an der Erteilung dieser Erlaubnis hat.

Nach Art. 18 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG bedarf die Benutzung der Straßen über den Gemeingebrauch hinaus (Sondernutzung) der Erlaubnis der Straßenbaubehörde, wenn durch die Benutzung der Gemeingebrauch beeinträchtigt werden kann. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die Verlegung und der dauerhafte Verbleib eines Stolpersteins im öffentlichen Straßengrund stellen zwar eine straßenrechtliche Sondernutzung dar (vgl. dazu unten Nr. 1.1). Diese ist aber nicht erlaubnispflichtig, weil nicht erkennbar ist, dass durch einen einzelnen oder durch zwei Stolpersteine der Gemeingebrauch beeinträchtigt werden kann (vgl. dazu unten Nr. 1.2). Aus der auf der Grundlage von Art. 22a Satz 1 BayStrWG erlassenen Regelung des § 1 Abs. 3 Satz 1 der Satzung über die Gebühren für Sondernutzungen auf öffentlichen Straßen in der … … der Beklagten vom 25. Juni 2014 (... ABl. S. 614), zuletzt geändert am 13. Juli 2015 (... ABl. S. 247) – SoNuGebS – folgt nichts Anderes (vgl. dazu unten Nr. 1.3). Auf die Frage, ob die Klage auch dann keinen Erfolg hätte, wenn die Verlegung eines oder zweier Stolpersteine eine erlaubnispflichtige Sondernutzung wäre, wovon das Verwaltungsgericht in seiner weiteren Begründung ausgegangen ist, kommt es nicht mehr an (vgl. dazu unten Nr. 1.4).

1.1 Zutreffend hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass die Verlegung eines Stolpersteins in den Gehweg der M...straße und der dauerhafte Verbleib darin eine Sondernutzung darstellen und nicht vom Gemeingebrauch erfasst sind.

Der Begriff der Sondernutzung ist in Art. 18 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG gesetzlich definiert als Benutzung der Straße über den Gemeingebrauch hinaus. Gemeingebrauch ist nach der Legaldefinition des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG die Benutzung der Straße im Rahmen ihrer Widmung für den Verkehr. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayStrWG stellt klar, dass kein Gemeingebrauch vorliegt, wenn jemand die Straße nicht vorwiegend zum Verkehr, sondern zu anderen Zwecken benutzt. Danach stellen die Verlegung und der Verbleib eines Stolpersteins im Gehweg einer öffentlichen Straße eine Sondernutzung dar, weil die Benutzung der Straße (vgl. unten Nr. 1.1.1) hierdurch nicht zum Verkehr, sondern zu anderen Zwecken (vgl. unten Nr. 1.1.2) erfolgt.

1.1.1 Die Verlegung und der dauerhafte Verbleib eines Stolpersteins im öffentlichen Straßengrund sind als „Benutzung“ der Straße im Sinn der Art. 14 Abs. 1 Satz 1 und Art. 18 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG einzustufen. Dies gilt insbesondere auch für den Verlegungsvorgang selbst, also die Einbringung eines Stolpersteins in die öffentliche Straße. Mit der Einbringung wird in die Substanz des Straßenkörpers eingegriffen, zu dem auch ein unselbständiger Gehweg mit Gehwegdecke, Unterbau und Grund gehören (Art. 2 Nr. 1 Buchst. a und b BayStrWG; vgl. auch Häußler in Zeitler, Bayerisches Straßen- und Wegegesetz, Stand Mai 2017, Art. 2 Rn. 15, 41). Dieser Eingriff stellt eine Straßenbenutzung dar. Dies folgt bereits aus dem allgemeinen Sprachgebrauch des Wortes „Benutzung“, das so viel wie „Verwenden“ oder „Gebrauchmachen“ von einer Sache bedeutet (vgl. BayVGH, B.v. 25.7.2000 – 8 B 99.3497 – VGH n.F. 54, 37/39 f. = juris Rn. 21 zu § 50 Abs. 1 TKG a.F.), und wird durch die Gesetzesmaterialien zum Bayerischen Straßen- und Wegegesetzes bestätigt, in denen das „Aufgraben“ einer Straße ausdrücklich als Beispiel für die „Benützung der Straße“ angeführt wird (vgl. LT-Beil. 3/2832, S. 30).

Auf die Eigentumsverhältnisse an der M...straße und auf die mit der Verlegung verbundenen Eigentumseingriffe kommt es insoweit nicht an. Aufgrund der Widmung steht gemäß Art. 13 Abs. 1 BayStrWG dem Straßenbaulastträger und damit der Beklagten (Art. 47 Abs. 1 BayStrWG) in jedem Fall die Ausübung der Rechte und Pflichten des Eigentümers in dem Umfang zu, wie es die Aufrechterhaltung des Gemeingebrauchs erfordert, einschließlich der Befugnisse aus Art. 22 BayStrWG. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt (BayVGH, B.v. 19.2.1997 – 8 CE 96.3960 – BayVBl 1998, 469 = juris Rn. 8 f.; B.v. 5.11.2012 – 8 CS 12.802 – juris Rn. 10), dass sich die Widmung mit ihren Rechtswirkungen in einer solchen Tiefe in das Straßengrundstück erstreckt, wie der Straßenbaulastträger ein Interesse an der Sicherstellung der öffentlichen Zweckbestimmung des Straßengrundstücks haben kann. In diesem Umfang übt er zur Aufrechterhaltung des Gemeingebrauchs die Rechte und Pflichten aus, die sonst dem Eigentümer zustehen. Die Frage, ob, in welcher Form und in welchem Umfang an dem Straßenkörper Veränderungen zugelassen werden, berührt die Aufrechterhaltung des Gemeingebrauchs, auf die es gemäß Art. 13 Abs. 1 BayStrWG ankommt (vgl. zum Ganzen BayVGH, B.v. 19.2.1997 – 8 CE 96.3960 – BayVBl 1998, 469 = juris Rn. 9 f.; bestätigt durch B.v. 5.11.2012 – 8 CS 12.802 – juris Rn. 11 f.; Wiesinger/Markuske, Straßenrecht, 2003, S. 254).

1.1.2 Die Verlegung und der Verbleib eines Stolpersteins in öffentlichen Straßen gehen über den Gemeingebrauch hinaus, weil sie nicht für Zwecke des Verkehrs erfolgen, und zwar weder im engeren Sinn eines auf Ortsveränderung gerichteten Fortbewegungsverkehrs noch im weiteren Sinn eines auf Begegnung und Kommunikation mit anderen Verkehrsteilnehmern gerichteten sog. kommunikativen Verkehrs (vgl. zum Verkehrsbegriff Wiget in Zeitler, Bayerisches Straßen- und Wegegesetz, Art. 14 Rn. 19 ff. und 38 ff.; BVerwG, U.v. 9.11.1989 – 7 C 81.88 – BVerwGE 84, 71/73 = juris Rn. 7; BayVGH, U.v. 22.6.2010 – 8 BV 10.182 – BayVBl 2011, 176 = juris Rn. 16). Vielmehr handelt es sich dabei um ein in den öffentlichen Straßenkörper verlegtes Kunstprojekt des Künstlers Gunter Demnig, mit dem im Sinn eines „gedanklichen Stolperns“ die Erinnerung an die Vertreibung und Vernichtung der Opfer des Nationalsozialismus lebendig erhalten werden soll (vgl. http://www.stolpersteine.eu/fileadmin/pdfs/Statement_Inschriften_2017.pdf; vgl. auch UA S. 18). Das Vorbringen im Zulassungsantrag gibt keinen Anlass für eine abweichende Beurteilung.

Soweit der Klägerbevollmächtigte erstmals im Zulassungsverfahren mit Schriftsatz vom 10. April 2017 (S. 112 der Gerichtsakte) geltend macht, Stolpersteine seien Teil des „kommunikativen Gemeingebrauchs“ (und damit keine Sondernutzung), ist dieses Vorbringen nicht nur verspätet (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO), sondern auch widersprüchlich im Hinblick auf seinen Vortrag im Schriftsatz vom 10. Oktober 2016, bei dem Einbau eines Stolpersteins handle es sich um eine Sondernutzung (S. 57, 62 der Gerichtsakte). Auch das vom Kläger in erster Instanz vorgelegte Rechtsgutachten kommt zum Ergebnis, dass eine Sondernutzung im Sinn des Straßenrechts gegeben sei (S. 131 f. der Akte des Verwaltungsgerichts). Im Übrigen setzt ein kommunikativer Verkehr grundsätzlich ein objektiv-verkehrsmäßiges Verhalten voraus (Papier in Ehlers/Fehling/Pünder, Besonderes Verwaltungsrecht, 3. Aufl. 2013, Band 2, § 43 Rn. 64). Zum kommunikativen Verkehr zwischen Verkehrsteilnehmern gehört die Inanspruchnahme der Straße durch Personen zum Aufenthalt – gleichgültig aus welchem Grund – oder zur Fortbewegung, nicht jedoch das Einbringen von Gegenständen in den Straßenkörper (vgl. BVerwG, U.v. 7.6.1978 – 7 C 6.78 – BVerwGE 56, 63/65 f. = juris Rn. 12; Papier in Ehlers/Fehling/Pünder, a.a.O., § 43 Rn. 60; Stahlhut in Kodal/Krämer, Straßenrecht, Handbuch, 7. Aufl. 2010, Kap. 27 Rn. 4.1).

1.2 Die Sondernutzung unterliegt jedoch keiner Erlaubnispflicht nach Art. 18 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG. Es fehlt, wie das Verwaltungsgericht ebenfalls zutreffend ausgeführt hat, daran, dass durch den bzw. die beiden Stolpersteine in der M …straße der Gemeingebrauch beeinträchtigt werden kann.

Der Gemeingebrauch wird beeinträchtigt, wenn die tatsächliche Benutzung des öffentlichen Verkehrsraums durch andere Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen oder nicht unerheblich erschwert wird, mithin die Straße den gewöhnlichen Bedürfnissen des Verkehrs (im Sinn des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG, also einschließlich des kommunikativen Verkehrs) sowie den Anforderungen der Sicherheit und Leichtigkeit nicht so genügen kann, wie dies ohne das störende Ereignis der Fall wäre (vgl. BayVGH, B.v. 27.9.2010 – 8 CS 10.1720 – BayVBl 2011, 729 = juris Rn. 14 m.w.N.; vgl. auch BVerwG, U.v. 14.3.1957 – I C 16.55 – BVerwGE 4, 342/344 f. = juris Rn. 17; Wiget in Zeitler, Bayerisches Straßen- und Wegegesetz, Art. 18 Rn. 15). Wie sich aus dem Wort „kann“ ergibt, ist es im Rahmen des Art. 18 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG nicht erforderlich, dass nach der anzustellenden Prognose eine Beeinträchtigung des Gemeingebrauchs tatsächlich unvermeidbar eintritt. Vielmehr reicht es aus, dass eine derartige Störung abstrakt zu erwarten ist. Ganz entfernte und aller Voraussicht nach unwahrscheinliche Möglichkeiten, aber auch nach den Erwartungen der Verkehrsteilnehmer unbedeutende Wirkungen bleiben außer Betracht (Wiget, a.a.O., Art. 18 Rn. 15; Art. 22 Rn. 29 m.w.N.). Liegt keine abstrakte Gefährdung vor und wird daher das öffentliche Interesse aus straßenrechtlicher Sicht nicht berührt (vgl. BGH, U.v. 28.9.1982 – KZR 17/81 – NVwZ 1983, 499 f. = juris Rn. 12), richtet sich die Sondernutzung nach Art. 22 BayStrWG mit der Folge, dass für die Einräumung von Sonderrechten zur Benutzung der Straße keine öffentliche Sondernutzungserlaubnis erforderlich ist, sondern eine privatrechtliche Gestattung der Straßenbaubehörde (Art. 58 Abs. 2 BayStrWG), die nach bürgerlichem Recht eingeholt werden muss (zu Ausnahmeregelungen aufgrund einer Satzung gemäß Art. 22a BayStrWG vgl. unten Nr. 1.3).

Nach diesen Maßstäben scheidet die Möglichkeit einer Gemeingebrauchsbeeinträchtigung durch einen oder zwei in der Gehwegdecke der M...straße verlegte Stolpersteine hier aus. Das Verwaltungsgericht geht zutreffend davon aus, dass ein bündig im Gehweg befindlicher Stolperstein die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs nicht beeinträchtigen kann. Auch das kurzzeitige Stehenbleiben von Passanten zum Lesen der Inschrift auf der jeweils rund 100 cm² großen Messingplatte oder das Vorbeilenken der Schritte aus Respekt vor den Opfern des Holocaust kann zu keiner solchen Beeinträchtigung führen. Dies und die Feststellung, dass insoweit eine gemeingebrauchsverträgliche Sondernutzung vorliege, stellt auch der Kläger nicht ernstlich infrage (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Bereits im Antrag auf Erteilung der Sondernutzungserlaubnis vom 30. Juli 2015 ist ausgeführt, dass Stolpersteine „niveaugleich in das Pflaster bzw. in den Belag des jeweiligen Gehwegs eingelassen“ werden (S. 2 der Behördenakte). Auch in seiner Stellungnahme vom 10. April 2017 bestätigt der Klägerbevollmächtigte, dass Stolpersteine die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs nicht beeinträchtigten, weil sie „fast niveaugleich mit der Straßendecke“ verlegt würden (S. 111 der Gerichtsakte). Soweit er geltend macht, dass jede Verlegungssituation einzigartig sei und sich Stolpersteine zwischen 1 mm und 10 mm über der Straßenoberfläche befinden könnten (S. 111 f. der Gerichtsakte), folgt daraus nichts Anderes. Denn Unebenheiten in der Straßenoberfläche im Bereich von bis zu 10 mm können die Sicherheit und Leichtigkeit des Fußgängerverkehrs und damit den Gemeingebrauch des Gehwegs nicht beeinträchtigen, wie sich etwa ohne Weiteres am Beispiel eines Kopfsteinpflasters nachvollziehen lässt. Insoweit kann auf die Rechtsprechung zu Verkehrssicherungspflichten für Gehwege und Fußgängerbereiche verwiesen werden, wonach in der Regel geringfügige Unebenheiten bis zu einer Grenze sogar von 2,0 cm bis 2,5 cm als unwesentlich anzusehen sind (vgl. OLG Hamm, U.v. 13.9.2016 – 9 U 158/15 u.a. – RuS 2017, 271 = juris Rn. 15; SaarlOLG, U.v. 16.10.2014 – 4 U 168/13 – juris Rn. 51; ThürOLG, B.v. 20.3.2012 – 4 W 134/12 – MDR 2012, 645 = juris Rn. 12; OLG München, B.v. 21.6.2010 – 1 U 2653/10 – juris Rn. 9 jeweils m.w.N.; vgl. auch OLG München, B.v. 4.5.2012 – 1 U 992/12 – juris Rn. 6 f.).

Die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass auch der eigentliche Verlegungsvorgang (Öffnung des Gehwegbelags auf wenigen Quadratdezimetern ohne Einsatz von Baumaschinen, Setzen des Stolpersteins und anschließende Verfüllung der Fugen) die Gemeingebrauchsverträglichkeit der Sondernutzung nicht infrage stellt, hat der Kläger nicht angegriffen (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Er geht selbst von einer „gemeinverträglichen“ bzw. einer nicht gemeingebrauchsbeeinträchtigenden Sondernutzung aus (S. 57, 71, 111 der Gerichtsakte). Soweit er kritisiert, das Verwaltungsgericht habe jede Verlegung von Stolpersteinen zu Unrecht generell den bürgerlich-rechtlichen Sondernutzungen zugeordnet, kann daraus nicht abgeleitet werden, dass der hier streitgegenständliche Verlegevorgang eines einzelnen oder zweier Stolpersteine im Gehwegbereich der M...straße den Gemeingebrauch beeinträchtigen könnte. Insoweit wären substanziierte Darlegungen erforderlich gewesen. Allein mit einem pauschalen Verweis auf die Besonderheiten jedes Einzelfalls kann nicht begründet werden, dass insoweit die Voraussetzungen des Art. 18 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG hier gegeben sind. Abgesehen davon legt auch die im Internet veröffentlichte allgemeine Beschreibung des Verlegevorgangs von Stolpersteinen mit einer Dauer von in der Regel maximal 20 Minuten dies nicht nahe (vgl. http://www.stolpersteine.eu/fileadmin/pdfs/Erste Schritte_STOLPERSTEINE_2017.pdf).

1.3 Eine Erlaubnispflicht nach öffentlichem Recht lässt sich entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht aus § 1 Abs. 3 Satz 1 SoNuGebS entnehmen.

Nach dieser Bestimmung unterliegen ausnahmsweise auch Sondernutzungen an öffentlichen Straßen der Beklagten, die den Gemeingebrauch nicht beeinträchtigen können, dem öffentlichen Recht (Art. 18 BayStrWG), sofern die Sondernutzung eine Benutzung des Straßenraums über der Straßenoberfläche darstellt. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt. Das Verwaltungsgericht hat das Vorliegen einer Benutzung des Straßenraums über der Straßenoberfläche durch einen Stolperstein im Gehweg der M...straße zu Recht verneint. Die Straße wird insoweit nicht über, sondern an und unterhalb der Oberfläche benutzt. Ein Stolperstein ist ein würfelförmiger Betonstein mit einer Kantenlänge von 96 x 96 x 100 mm, auf dessen Oberseite sich eine individuell beschriftete Messingplatte befindet (vgl. die Nachweise im Ausgangsbescheid S. 2). Der Stein wird, wie oben ausgeführt, bündig in das Pflaster bzw. in den Belag der jeweiligen Straße eingelassen. Nach dem Wortlaut des § 1 Abs. 3 Satz 1 SoNuGebS, der als Ausnahmevorschrift bereits aus allgemeinen systematischen Erwägungen heraus grundsätzlich eng auszulegen ist, ist zu differenzieren, wo die Benutzung stattfindet. Nur Nutzungen über der Straßenoberfläche unterliegen der Erlaubnispflicht nach öffentlichem Recht. Gegenstände unterhalb der Straßendecke oder bündig in die Fahrbahn- oder Gehwegdecke eingelassene Gegenstände sind hiervon nicht erfasst. Diese Alternative wird aber durch die Verlegung eines Stolpersteins verwirklicht, wenn der Gehwegbelag geöffnet und der Stein beispielsweise durch Einbetonieren fest im Gehweg verankert wird. Nichts Anderes gilt für den dauerhaften Verbleib eines Stolpersteins im Straßenkörper. Auch in dem vom Kläger vorgelegten Rechtsgutachten wird im Übrigen ausgeführt, dass sich Stolpersteine nicht über der Straßenoberfläche im Sinn des § 1 Abs. 3 Satz 1 SoNuGebS befänden (S. 133 der Akte des Verwaltungsgerichts).

Soweit der Kläger nunmehr einwendet, Stolpersteine würden bis zu 10 mm über die Straßenoberfläche hinausragen und befänden sich daher über ihr, verkennt er, dass die Straßenoberfläche gerade im Bereich von Gehwegen keine absolut ebene, niveaugleiche Fläche darstellt, sondern von Natur aus gewisse Unebenheiten aufweist. Auch insoweit kann auf die oben angeführte Rechtsprechung zu Verkehrssicherungspflichten verwiesen werden, wonach geringfügige Unebenheiten als unwesentlich anzusehen sind (vgl. oben Nr. 1.2). Selbst wenn dem nicht gefolgt wird, liegt aber jedenfalls der Nutzungsschwerpunkt – nach der hier maßgeblichen straßenrechtlichen Sichtweise – im Straßenbelag bzw. im Straßenunterbau und nicht über der Straßenoberfläche. Hierauf kommt es entscheidend an. Die wesentliche Benutzung durch einen Stolperstein findet an und unterhalb, nicht über der Straßendecke statt. In § 1 Abs. 3 Satz 1 SoNuGebS finden sich keine Anhaltspunkte dafür, einen einheitlichen Benutzungsvorgang rechtlich aufzuspalten oder eine öffentlich-rechtliche Erlaubnispflicht bereits dann anzunehmen, wenn die Benutzung im Wesentlichen unterhalb der Straßenoberfläche und nur zu einem äußerst geringfügigen Teil darüber stattfindet.

Etwas Anderes ergibt sich entgegen der Annahme des Klägers nicht daraus, dass ein Stolperstein von der Straßenoberfläche aus sichtbar in den Bereich über der Straßenoberfläche hineinwirkt. Die immaterielle Ausstrahlungswirkung von Stolpersteinen ist für die öffentlich-rechtliche Erlaubnispflicht nach § 1 Abs. 3 Satz 1 SoNuGebS ohne Belang. Aus der maßgeblichen straßenrechtlichen Sicht ist allein der Eingriff in den Straßenkörper bzw. in die Substanz der Straße und nicht die Ausstrahlungswirkung entscheidend, die hier den Gemeingebrauch ohnehin nicht beeinträchtigen kann (vgl. oben Nr. 1.2). Dass ein derartiger Substanzeingriff dem zivilrechtlichen Regelungsregime unterfallen soll, orientiert sich am gesetzlichen Leitbild der Art. 18 ff. BayStrWG (vgl. dazu BayVGH, U.v. 20.1.2004 – 8 N 02.3211 – NVwZ-RR 2004, 879 = juris Rn. 75). Der Gesetzgeber hat die Benutzung für Zwecke der öffentlichen Versorgung, die in der Regel Eingriffe in den Straßenkörper bzw. in die Substanz der Straße zum Gegenstand haben, im Grundsatz dem bürgerlichen Recht zugewiesen (Art. 22 Abs. 2 BayStrWG), was gemäß Art. 22a Satz 3 BayStrWG nicht durch Satzung geändert werden kann. Dem entsprechend kann davon ausgegangen werden, dass auch das Tatbestandsmerkmal „über der Straßenoberfläche“ in § 1 Abs. 3 Satz 1 SoNuGebS dazu dient, Eingriffe in die Substanz der Straße bzw. in den Bereich des Straßengrundes (soweit diese den Gemeingebrauch nicht beeinträchtigen können) dem bürgerlichen Recht zu unterstellen. Das Zivilrecht erscheint auch besser geeignet, sich typischerweise stellende Probleme wie etwa Haftungsfragen bei einer Beschädigung der Straßendecke oder des Straßenunterbaus zu lösen. Zudem dürften Sondernutzungen an und unter der Straßenoberfläche in der Regel auf eine längere Dauer angelegt sein, sodass die Bestimmung des Art. 18 Abs. 2 Satz 1 BayStrWG, wonach eine Erlaubnis nur auf Zeit oder auf Widerruf erteilt werden darf, weniger interessengerecht erscheint als eine bürgerlich-rechtliche Einräumung von Nutzungsrechten, die die Erteilung einer dauerhaften Gestattung ermöglicht, etwa in Form einer Dienstbarkeit.

Entgegen der Auffassung des Klägers spricht für diese Auslegung auch das Gebührenverzeichnis in Anlage I der Sondernutzungsgebührensatzung. Dieses ist sowohl auf erlaubte als auch auf unerlaubte Sondernutzungen nach Art. 18 und 18a BayStrWG (ggf. auch i.V.m. § 1 Abs. 3 Satz 1 SoNuGebS) anzuwenden (vgl. dazu auch BayVGH, U.v. 22.11.2006 – 8 BV 05.1918 – VGH n.F. 59, 222/224 f.), nicht jedoch auf Sondernutzungen, die sich nach bürgerlichem Recht richten und auch nicht durch Satzung dem öffentlich-rechtlichen Rechtsregime unterworfen wurden (§ 1 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 SoNuGebS). Daher können die einzelnen Gebührentatbestände Anhaltspunkte für die Abgrenzung der Benutzungen bieten, die nach dem Willen des Satzungsgebers dem öffentlichen Regelungsregime unterliegen sollen. Dem Verwaltungsgericht ist darin zuzustimmen, dass dort keine Gebührentatbestände aufgeführt werden, in denen die Sondernutzung den Gemeingebrauch nicht beeinträchtigen kann und in denen zugleich die wesentliche Benutzung an und unter der Straßendecke stattfindet. Soweit der Kläger auf Nr. 3 der Anlage I (Werbeanlagen) verweist, ist ihm entgegenzuhalten, dass hiervon lediglich Nutzungen „auf und über dem Straßengrund“ erfasst werden, nicht dagegen solche in der Fahrbahn- oder Gehwegdecke. Entsprechendes gilt für Nr. 5 (Warenauslagen). Eine Vergleichbarkeit mit Zufahrtserlaubnissen für Fußgängerbereiche (Nr. 27) besteht ebenfalls nicht, weil diese keine Eingriffe in die Straßensubstanz mit sich bringen.

Ob der Vorgang der Verlegung eines oder zweier Stolpersteine, der den Gemeingebrauch hier nicht beeinträchtigen kann (vgl. oben Nr. 1.2), eine eigenständige Benutzung über der Straßenoberfläche im Sinn des § 1 Abs. 3 Satz 1 SoNuGebS darstellt, kann dahinstehen. Insofern fehlt es schon an einem substanziierten klägerischen Vortrag im Zulassungsverfahren (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).

Soweit der Kläger aus der Bestimmung des Art. 22 Abs. 2 BayStrWG, wonach sich die Benutzung von Straßen für Zwecke der öffentlichen Versorgung stets nach bürgerlichem Recht richtet, es sei denn, dass der Gemeingebrauch nicht nur für kurze Dauer beeinträchtigt wird, ableiten will, dass die Verlegung von Stolpersteinen nach öffentlichem Recht zu beurteilen ist, weil dauerhafte Kunstwerke fest installiert werden, geht das schon deswegen fehl, weil die Verlegung hier den Gemeingebrauch gerade nicht beeinträchtigen kann, sondern gemeingebrauchsverträglich ist (vgl. oben Nr. 1.2).

Entgegen der Auffassung des Klägers hat die Beklagte bei der Beurteilung, ob Sondernutzungen sich nach bürgerlichem Recht richten oder dem öffentlich-rechtlichen Rechtsregime unterworfen sind, keinen Ermessensspielraum. Daher kommt es – entgegen des klägerischen Einwands – nicht auf mögliche Bezugsfälle an. Die Beklagte kann die normative Bindung durch das Straßen- und Wegegesetz sowie ihre Sondernutzungssatzung nicht im Wege einer Einzelentscheidung aufheben.

1.4 Soweit sich der Kläger gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts wendet, dass die Klage auch dann keinen Erfolg haben würde, wenn die Verlegung eines Stolpersteins nicht nach bürgerlichem, sondern nach öffentlichem Recht zu beurteilen wäre, da die von der Beklagten vorsorglich ausgeübten Ermessenserwägungen nicht zu beanstanden seien und auch aus den vom Kläger geltend gemachten Grundrechten kein Anspruch auf Erteilung der beantragen Sondernutzungserlaubnis folge, kann er damit schon deswegen nicht durchdringen, weil es für das Verwaltungsgericht auf diese (Hilfs-)Begründung nicht entscheidungserheblich ankam. Vielmehr hat es einen Anspruch des Klägers auf Erteilung der beantragten öffentlich-rechtlichen Sondernutzungserlaubnis unabhängig hiervon („Selbst wenn….“) in erster Linie deswegen verneint, weil eine öffentlich-rechtliche Erlaubnis nicht erforderlich ist. Ist aber das angefochtene Urteil auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt (sog. kumulative Mehrfachbegründung), kann die Berufung nur dann zugelassen werden, wenn im Hinblick auf jede dieser Urteilsbegründungen ein Zulassungsgrund geltend gemacht ist und vorliegt (vgl. BVerwG, B.v. 1.8.2011 – 7 BN 2.11 – KommJur 2011, 436 = juris Rn. 4; B.v. 31.5.2017 – 5 PB 12.16 – juris Rn. 2; BayVGH, B.v. 21.1.2013 – 8 ZB 11.2030 – ZfW 2013, 176 = juris Rn. 15; B.v. 8.6.2017 – 15 ZB 16.2504 – juris Rn. 21). Das ist hier nicht der Fall, weil die geltend gemachten ernstlichen Zweifel hinsichtlich der (Haupt-)Begründung des Verwaltungsgerichts aus den oben genannten Gründen nicht bestehen.

2. Ein Berufungszulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegt ebenfalls nicht vor.

Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten im Sinn dieser Bestimmung weist eine Rechtssache auf, wenn die Beantwortung der für die Entscheidung erheblichen Fragen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht voraussichtlich das durchschnittliche Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten bereitet, wenn sich diese also wegen ihrer Komplexität und abstrakten Fehleranfälligkeit aus der Mehrzahl der verwaltungsgerichtlichen Verfahren heraushebt (vgl. BayVGH, B.v. 3.11.2011 – 8 ZB 10.2931 – BayVBl 2012, 147/149 = juris Rn. 28; B.v. 10.4.2017 – 15 ZB 16.673 – juris Rn. 42 jeweils m.w.N.). Das ist hier nicht der Fall. Die auftretenden Rechtsfragen (vgl. oben Nr. 1.) lassen sich bei Heranziehung der gängigen Auslegungsmethoden ohne Weiteres aus dem Gesetz sowie aus der Sondernutzungsgebührensatzung der Beklagten lösen. Dies gilt vor allem auch für die Einordnung der hier streitgegenständlichen Eingriffe in den Straßenbelag als Benutzung der Straße an und unter der Straßenoberfläche (vgl. oben Nr. 1.3). Ob sich aus den Ausführungen des Verwaltungsgerichts für den Fall, dass die Verlegung eine nach öffentlichem Recht zu beurteilende Sondernutzung darstellt, derartige Schwierigkeiten ergeben würden, kann wiederum dahingestellt bleiben, weil der Zulassungsgrund der tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten hinsichtlich der Hauptbegründung nicht gegeben ist (vgl. oben Nr. 1.4).

Auch unter Berücksichtigung des Begründungsaufwands des erstinstanzlichen Urteils lassen sich keine tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache erkennen. Aus dem klägerischen Vortrag wird nicht ersichtlich, dass das Verwaltungsgericht auf bestimmte tatsächliche Aspekte nicht eingegangen wäre oder notwendige Rechtsfragen nicht oder unzutreffend beantwortet hätte. Hierfür wäre Voraussetzung, dass ein Rechtsmittelführer diese Gesichtspunkte in nachvollziehbarer Weise darstellt und ihren Schwierigkeitsgrad plausibel macht (vgl. dazu BVerfG, B.v. 23.6.2000 – 1 BvR 830/00 – NVwZ 2000, 1163 = juris Rn. 17). Daran fehlt es. Aus der bloßen Beteiligung der Landesanwaltschaft Bayern als Vertreter des öffentlichen Interesses und aus dem Umfang eines Erwiderungsschriftsatzes der Beklagten lassen sich dagegen keine Rückschlüsse auf besondere rechtliche und tatsächliche Schwierigkeiten ziehen.

3. Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.

Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich, bislang höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht geklärt und über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam ist; die Frage muss ferner im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts einer berufungsgerichtlichen Klärung zugänglich sein und dieser Klärung auch bedürfen (vgl. BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243 = juris Rn. 20; BVerwG, B.v. 4.8.2017 – 6 B 34.17 – juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 10.4.2017 – 15 ZB 16.673 – juris Rn. 33 jeweils m.w.N.). Die grundsätzliche Bedeutung ist zu verneinen, wenn eine Rechtsfrage sich ohne Weiteres aus der Anwendung anerkannter Auslegungsmethoden beantworten lässt (vgl. BVerfG, B.v. 29.7.2010 – 1 BvR 1634/04 – NVwZ 2010, 1482 = juris Rn. 62). Auf Gesichtspunkte des öffentlichen Interesses oder des Medieninteresses am Ausgang eines Verwaltungsstreitverfahrens ist dagegen nicht abzustellen.

Nach diesen Maßstäben ergibt sich aus den vom Kläger bezeichneten Rechtsfragen keine grundsätzliche Bedeutung. Sie bedürfen entweder keiner Klärung oder betreffen nicht die die Entscheidung tragende Begründung (vgl. oben Nr. 1.4).

Soweit der Kläger die Frage aufwirft, „ob ein Kunstwerk, das immateriell in den Raum über der Straßenoberfläche ausstrahlt, § 1 Abs. 3 SoNuGebS unterfällt“, kann diese Frage ohne Weiteres unter Anwendung anerkannter Auslegungsmethoden beantwortet werden (vgl. oben Nr. 1.3). Dabei kommt es auf grundrechtliche Bezüge nicht an, weil die Beklagte auch bei Einräumung von Rechten gemäß Art. 22 Abs. 1 BayStrWG gleichermaßen die Grundrechte zu beachten hat (vgl. Wiget in Zeitler, Bayerisches Straßen- und Wegegesetz, Art. 22 Rn. 5 m.w.N.). Die Fragestellung, „ob ein Freiheits- oder Abwehrrecht wie Art. 5 GG im Rahmen eines präventiven Verbots mit Erlaubnistatbestand einen Leistungsanspruch begründen kann“, ist nicht entscheidungserheblich, weil diese lediglich die Hilfsbegründung des erstinstanzlichen Urteils betrifft. Es kann daher dahinstehen, ob es sich insoweit um eine hinreichend konkret formulierte, den Darlegungsanforderungen genügende Frage (vgl. BVerwG, B.v. 16.11.2010 – 6 B 58.10 – juris Rn. 3; B.v. 31.5.2016 – 8 B 13.16 – juris Rn. 4 und 8) handelt. Entsprechendes gilt, soweit der Kläger einen Klärungsbedarf in Bezug auf den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) sieht. Nach der tragenden Begründung des erstinstanzlichen Urteils spielt es keine Rolle, ob er sich überhaupt auf eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung aufgrund der Zulassung von Stelen berufen kann und wenn ja, ab wann, d.h. erst nach Genehmigung der ersten Stele oder bereits zu einem früheren Zeitpunkt. Schließlich stellen sich nach der tragenden Begründung auch keine Fragen nach dem persönlichen Schutzbereich von Art. 5 Abs. 3 GG sowie nach dem kommunalen Selbstverwaltungsrecht im Zusammenhang mit der Zulassung bestimmter Gedenkformen.

4. Der Kläger hat schließlich keinen Verfahrensfehler in einer dem § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise geltend gemacht, auf dem das Urteil beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Ein solcher muss nach höchstrichtlicher Rechtsprechung sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substanziiert dargetan werden (vgl. BVerwG, B.v. 19.8.1997 – 7 B 261.97 – NJW 1997, 3328 = juris Rn. 4 m.w.N.). Das ist nicht geschehen.

Zwar ist unschädlich, dass der Kläger Verfahrensfehler nicht ausdrücklich als solche gerügt und sich auch nicht ausdrücklich auf den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO berufen hat. Nach der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung darf der Zugang zu einem Rechtsmittel nicht durch Auslegung und Anwendung der einschlägigen Verfahrensvorschriften in einer sachlich nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert werden. Dies gilt sowohl hinsichtlich der Anforderungen an die Darlegung im Zulassungsverfahren als auch für die Auslegung und Anwendung der Zulassungsgründe (BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243 = juris Rn. 14 m.w.N.). Daher ist es grundsätzlich unschädlich, wenn ein Antragsteller sein Vorbringen dem falschen Berufungszulassungsgrund zuordnet oder verschiedene Gesichtspunkte, die bei unterschiedlichen Zulassungsgründen im Sinn von § 124 Abs. 2 VwGO relevant sein können, miteinander vermengt (BVerfG, B.v. 24.8.2010 – 1 BvR 2309/09 – BVerfGK 17, 508 = juris Rn. 13). Das den Zulassungsantrag prüfende Gericht ist gemäß Art. 19 Abs. 4 GG verpflichtet, den Vortrag des jeweiligen Antragstellers angemessen zu würdigen und durch sachgerechte Auslegung selbstständig zu ermitteln, welche Zulassungsgründe der Sache nach geltend gemacht werden und welche Einwände welchen Zulassungsgründen zuzuordnen sind (BVerfG, B.v. 24.8.2010 – 1 BvR 2309/09 – BVerfGK 17, 508 = juris Rn. 13). Auch dürfen die Darlegungsanforderungen nicht derart erschwert werden, dass sie von einem durchschnittlichen, nicht auf das gerade einschlägige Rechtsgebiet spezialisierten Rechtsanwalt mit zumutbarem Aufwand nicht mehr erfüllt werden können (vgl. BVerfG, B.v. 16.7.2013 – 1 BvR 3057/11 – BVerfGE 134, 106 = juris Rn. 34). Es bleibt aber dabei, dass das Zulassungsverfahren auf der Obliegenheit der antragstellenden Person basiert, die Zulassungsgründe im Einzelnen darzulegen (vgl. BVerfG, B.v. 19.4.2017 – 1 BvR 1994/13 – juris Rn. 16). Daran fehlt es hier.

4.1 Soweit der Kläger rügt, das Verwaltungsgericht habe fehlerhaft entschieden, weil es aufgrund seiner Annahme, dass für die begehrte Sondernutzung keine öffentlich-rechtliche Sondernutzungserlaubnis, sondern eine bürgerlich-rechtliche Vereinbarung erforderlich sei, den Rechtsstreit an die Zivilgerichtsbarkeit hätte verweisen müssen, liegt darin der Sache nach eine auf einen Verstoß gegen § 17a Abs. 2 GVG zielende Einwendung. Er beruft sich auch auf diese Norm. Damit wird jedoch kein vom Senat zu prüfender Verfahrensmangel geltend gemacht (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO).

Nach § 17a Abs. 5 GVG prüft das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, grundsätzlich nicht mehr, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist. Zwar gilt dies ausnahmsweise dann nicht, wenn ein Gericht die Verfahrensgrundsätze des § 17a Abs. 2 oder Abs. 3 GVG verletzt hat (vgl. BVerwG, B.v. 22.11.1997 – 2 B 104.97 – BayVBl 1998, 603 = juris Rn. 7 m.w.N.; BayVGH, B.v. 11.10.2011 – 22 ZB 10.1259 – juris Rn. 5; B.v. 1.2.2013 – 3 B 12.1754 – juris Rn. 15; Kissel/Mayer, GVG, 8. Aufl. 2015, § 17 Rn. 53). Ein solcher Verfahrensfehler ist dem Verwaltungsgericht aber nicht unterlaufen.

Eine Verpflichtung zu einer Entscheidung über den Rechtsweg bestand weder wegen der Unzulässigkeit des Rechtswegs nach § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG noch aufgrund einer Zulässigkeitsrüge durch einen Beteiligten nach § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG. Das Verwaltungsgericht ist – entgegen der klägerischen Einwendung – keineswegs von einer zivilrechtlichen Streitigkeit ausgegangen, sondern ausschließlich von einer öffentlich-rechtlichen Streitigkeit auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis (UA S. 20). Es hat daher zutreffend den Verwaltungsrechtsweg gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO als gegeben angesehen. Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung (vgl. S. 180 ff. der Gerichtsakte des Verwaltungsgerichts) wurde der Klägerbevollmächtigte vor seiner Antragstellung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine bürgerlich-rechtliche Vereinbarung erforderlich sein dürfte und dass für Klagen auf Abschluss eines solchen Gestattungsvertrags der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben sei. Dennoch hat er davon abgesehen, einen entsprechenden Hilfsantrag zu stellen. Dem entsprechend hat das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung ausschließlich den geltenden gemachten Anspruch auf Erteilung einer öffentlich-rechtlichen Sondernutzungserlaubnis nach Art. 18 Abs. 1 BayStrWG zugrunde gelegt.

Dass ein Beteiligter eine Rüge in Bezug auf die Zulässigkeit des Rechtswegs gemäß § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG erhoben habe, hat der Kläger weder dargelegt noch ist dies sonst ersichtlich. Soweit im Urteil davon die Rede ist, dass eine Verweisung angeregt worden sei (UA S. 20), betrifft das den nicht gestellten (Hilfs-)Antrag auf Erteilung einer privatrechtlichen Gestattung und nicht das vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegte Rechtsschutzbegehren.

Zu einer Vorabentscheidung nach § 17a Abs. 3 Satz 1 GVG war das Verwaltungsgericht nicht verpflichtet. Die Entscheidung darüber, ob ein Beschluss über die Rechtswegzuständigkeit gefasst wird, wenn das Gericht den beschrittenen Rechtsweg für gegeben hält und dessen Zulässigkeit von keiner Partei gerügt worden ist, erfolgt nach pflichtgemäßem richterlichem Ermessen. Sie unterliegt keiner Rechtskontrolle durch die übergeordnete Instanz (vgl. BVerwG, B.v. 22.11.1997 – 2 B 104.97 – BayVBl 1998, 603 = juris Rn. 8; Kissel/Mayer, GVG, § 17 Rn. 38 m.w.N.).

4.2 Eine den Darlegungserfordernissen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügende Rüge der Verletzung des § 88 VwGO kann dem Vorbringen des Klägers im Zulassungsantrag nicht entnommen werden.

Nach § 88 VwGO darf das Gericht über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden (vgl. zum Ganzen BVerwG, B.v. 18.7.2014 – 3 B 74.13 – juris Rn. 6 m.w.N.). Vielmehr hat es das tatsächliche Rechtsschutzbegehren zu ermitteln. Maßgebend für dessen Umfang ist das aus dem gesamten Parteivorbringen, vor allem der Klagebegründung, zu entnehmende wirkliche Rechtsschutzziel. Der Antragsformulierung kommt eine gesteigerte Bedeutung für die Ermittlung des tatsächlich Gewollten zu, wenn der Kläger bei der Fassung des Klageantrages anwaltlich vertreten wird (BVerwG, B.v. 12.3.2012 – 9 B 7.12 – juris Rn. 6; B.v. 18.7.2014 – 3 B 74.13 – juris Rn. 6). Auch wenn ein derartiger Verfahrensfehler in einem Berufungs- oder Revisionsverfahren von Amts wegen zu berücksichtigen wäre, muss er in einem Berufungszulassungsverfahren vom Rechtsmittelführer geltend gemacht werden (BVerwG, B.v. 30.1.1985 – 9 B 10679.83 – juris Rn. 12; Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 124 Rn. 217 m.w.N.; vgl. auch BVerwG, B.v. 22.11.1997 – 2 B 104.97 – BayVBl 1998, 603 = juris Rn. 2; Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl. 2010, Rn. 490). Will sich ein Rechtsmittelführer auf einen solchen Mangel berufen, hat er substanziiert darzulegen, welche seiner Äußerungen vom Erstgericht unbeachtet geblieben oder missverstanden worden ist, so dass der verfahrensrechtliche Anspruch auf umfassende Entscheidung über das Sachbegehren verletzt wurde (BVerwG, B.v. 22.11.1997 – 2 B 104.97 – BayVBl 1998, 603 = juris Rn. 2; vgl. auch Rudisile in Schoch/Schmidt-Aßmann, VwGO, Stand Oktober 2015, § 124a Rn. 110). Für die Darlegung der rechtlichen Wirkung ist zumindest die Schilderung der verfahrensrechtlichen Verhaltensnorm, auf die die Rüge gestützt werden soll, erforderlich (vgl. Rudisile a.a.O.).

Diesen Darlegungserfordernissen genügt der Zulassungsvortrag nicht. Die knappe Argumentation bezieht sich lediglich auf eine Verletzung von § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG. Auf die Frage, ob das Verwaltungsgericht über das Klagebegehren erschöpfend entschieden hat oder ob es das Begehren unter Verstoß gegen § 88 VwGO zu eng gefasst hat, geht die Zulassungsbegründung nicht ein. Insbesondere wird auch nicht zwischen dem zugrunde gelegten Klagebegehren (Verpflichtungsklage auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis) und einer möglicherweise darüber hinausgehenden Zielsetzung (Erteilung einer zivilrechtlichen Gestattung) differenziert. Dem Vortrag im Zulassungsverfahren kann ein derartiges, weitergehendes Rechtsschutzbegehren mit der notwendigen Deutlichkeit nicht entnommen werden, trotz der richterlichen Hinweise und der eindeutigen Ausführungen im angefochtenen Urteil. Der Klägerbevollmächtigte hat ausdrücklich davon abgesehen, einen Hilfsantrag zu stellen, etwa auf Verpflichtung zum Abschluss eines bürgerlich-rechtlichen Gestattungsvertrags oder zu einer zivilrechtlichen Zustimmung zur Gestattung der Sondernutzung. Bereits dies spricht gegen eine erweiternde Auslegung oder eine Umdeutung seiner Anträge. Zudem hat der Klägerbevollmächtigte selbst – in Kenntnis der erstinstanzlichen Entscheidung – im Zulassungsverfahren ausgeführt, dass der Kläger „keinen privaten Gestattungsvertrag, sondern eine öffentlich-rechtliche Erlaubnis“ wolle (Schriftsatz vom 28. September 2017, S. 149 der Gerichtsakte). Spätestens durch die Darlegung dieses klägerischen „Wollens“ bringt er klar zum Ausdruck, dass es nicht um eine abweichende Rechtsansicht geht, über die letztlich ein Gericht entscheiden kann, sondern um ein voluntatives Element, die Intention des Klägers, über die nur die Klägerpartei selbst bestimmt. Die Wesensgrenze der Auslegung wäre aber überschritten, wenn an die Stelle dessen, was eine Partei will, das gesetzt wird, was diese nach Ansicht des Gerichts wollen sollte (BVerwG, B.v. 29.8.1989 – 8 B 9.89 – juris Rn. 2; OVG LSA, B.v. 19.8.2009 – 3 L 41/08 – juris Rn. 12; Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 88 Rn. 3 m.w.N.). Der Kläger muss sich insofern an seinem Vortrag festhalten lassen, dessen Wortlaut einer erweiternden Auslegung oder Umdeutung seiner Anträge entgegensteht.

Dies begegnet auch vor dem Hintergrund des Art. 19 Abs. 4 GG keinen Bedenken. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dient die Darlegungspflicht des § 124a VwGO dazu, dem Verwaltungsgerichtshof ohne weitere Ermittlungen die Feststellung zu ermöglichen, ob der geltend gemachte Zulassungsgrund vorliegt oder nicht (BVerfG, B.v. 30.6.2005 – 1 BvR 2615/04 – NVwZ 2005, 1176 = juris Rn. 20). Angesichts des defizitären Vorbringens zu einem möglicherweise weitergehenden Klageziel im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht und der Ausführungen im Zulassungsverfahren kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger eine Verletzung seines verfahrensrechtlichen Anspruchs auf eine umfassende Entscheidung über das Sachbegehren hinreichend substanziiert hat. Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass er anwaltlich vertreten ist, selbst wenn dies nicht zu einem Ausschluss einer wohlwollenden Auslegung führt (vgl. BVerfG, B.v. 23.10.2007 – 2 BvR 542/07 – NVwZ 2008, 417 = juris Rn. 17). Die geforderte Darlegung wäre einem durchschnittlichen, auf das gerade einschlägige Rechtsgebiet nicht spezialisierten Rechtsanwalt aber mit zumutbarem Aufwand möglich gewesen (vgl. zu diesem Maßstab BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243 – juris Rn. 14).

4.3 Soweit der Kläger ausführt, das Verwaltungsgericht habe einen rechtlichen Hinweis dahingehend erteilen müssen (§ 86 Abs. 3 VwGO), dass nicht eine Versagungsgegenklage vorrangig sei, sondern nach vorläufiger Einschätzung eine Verpflichtung zum Abschluss eines Vertrags (S. 115 f. der Gerichtsakte), erfolgt diese Rüge erstmals mit Schriftsatz vom 10. April 2017 und damit verspätet (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Im Übrigen verkennt der Kläger, dass das Verwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung nach Erörterung der Problematik der Sondernutzungserlaubnis darauf hingewiesen hat, dass für Stolpersteine in öffentlichen Verkehrsflächen der Beklagten bürgerlich-rechtliche Vereinbarungen erforderlich sein dürften (S. 182 der Gerichtsakte des Verwaltungsgerichts). Zur weiteren Verdeutlichung hat das Gericht dargelegt, dass für Klagen auf Abschluss von Gestattungsverträgen der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben wäre. Damit hat es gerade den vom Kläger vermissten Hinweis in der mündlichen Verhandlung gegeben. Dass eine Versagungsgegenklage nicht auf eine Verpflichtung zum Abschluss eines bürgerlich-rechtlichen Vertrages gerichtet sein kann, bedarf keiner näheren Erörterung.

Das klägerische Vorbringen kann auch nicht dahingehend ausgelegt werden, dass gerügt wird, das Gericht habe es unterlassen, auf eine Erweiterung des Klageantrags hinzuwirken. Hierfür finden sich keine Anhaltspunkte. Zudem wäre die Unterlassung nur dann verfahrensfehlerhaft, wenn sich dem Vorsitzenden nach der Sach- und Rechtslage ein solcher Hinweis hätte aufdrängen müssen (vgl. BVerfG, B.v. 8.5.1991 – 2 BvR 170/85 – NVwZ 1992, 259 = juris Rn. 12). Das ist angesichts der erfolgten Hinweise sowie der protokollierten Erklärung, der Klägerbevollmächtigte sehe davon ab, die Klage um einen weiteren Hilfsantrag zu erweitern, nicht der Fall. Von einem durchschnittlichen, auch auf das einschlägige Rechtsgebiet nicht spezialisierten Rechtsanwalt konnte in dieser Situation ohne Weiteres eine interessengerechte Antragstellung erwartet werden.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 sowie § 52 Abs. 1 GKG.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Die Erlaubnis und die Bewilligung sind zu versagen, wenn

1.
schädliche, auch durch Nebenbestimmungen nicht vermeidbare oder nicht ausgleichbare Gewässerveränderungen zu erwarten sind oder
2.
andere Anforderungen nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht erfüllt werden.

(2) Im Übrigen steht die Erteilung der Erlaubnis und der Bewilligung im pflichtgemäßen Ermessen (Bewirtschaftungsermessen) der zuständigen Behörde.

(1) Die Nutzung von Wasserkraft darf nur zugelassen werden, wenn auch geeignete Maßnahmen zum Schutz der Fischpopulation ergriffen werden.

(2) Entsprechen vorhandene Wasserkraftnutzungen nicht den Anforderungen nach Absatz 1, so sind die erforderlichen Maßnahmen innerhalb angemessener Fristen durchzuführen.

(3) Die zuständige Behörde prüft, ob an Staustufen und sonstigen Querverbauungen, die am 1. März 2010 bestehen und deren Rückbau zur Erreichung der Bewirtschaftungsziele nach Maßgabe der §§ 27 bis 31 auch langfristig nicht vorgesehen ist, eine Wasserkraftnutzung nach den Standortgegebenheiten möglich ist. Das Ergebnis der Prüfung wird der Öffentlichkeit in geeigneter Weise zugänglich gemacht.

(1) Die Erlaubnis und die Bewilligung sind zu versagen, wenn

1.
schädliche, auch durch Nebenbestimmungen nicht vermeidbare oder nicht ausgleichbare Gewässerveränderungen zu erwarten sind oder
2.
andere Anforderungen nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht erfüllt werden.

(2) Im Übrigen steht die Erteilung der Erlaubnis und der Bewilligung im pflichtgemäßen Ermessen (Bewirtschaftungsermessen) der zuständigen Behörde.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I. Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der sofortigen Vollziehung der ihr erteilten wasserrechtlichen Bewilligung und Plangenehmigung für den Neubau und Betrieb einer Wasserkraftanlage, gegen die die Beigeladenen Klagen erhoben haben. Diese sind derzeit beim Verwaltungsgericht München anhängig.

Die Antragstellerin betreibt seit August 2009 ein behördliches Gestattungsverfahren für den Neubau eines Kleinwasserkraftwerks mit 766 kW Ausbauleistung an der Ramsauer Ache in der Nähe des Felsentunnels (sog. Felsentor) im Landkreis B. Die wiederholt geänderten Planunterlagen sehen den Neubau einer Wehranlage mit Einlaufbauwerk vor. Über eine unterirdische Druckleitung soll ein Teil des Wassers der Ramsauer Ache zum Turbinen- bzw. Krafthaus geführt und unterhalb der bestehenden Wehranlage wieder in die Ramsauer Ache eingeleitet werden. Durch den Einbau von Fischauf- und -abstiegsanlagen soll die derzeit nicht bestehende biologische Durchgängigkeit der Ramsauer Ache wiederhergestellt werden.

Mit Bescheid vom 24. Juni 2014 erteilte das Landratsamt B. der Antragstellerin die wasserrechtliche Bewilligung zum Aufstau der Ramsauer Ache sowie zum Ableiten und Wiedereinleiten des in der Triebwerksanlage genutzten Wassers. Mit gleichem Bescheid wurden für die wegen der geplanten Wasserkraftnutzung erforderlichen Umgestaltungen an der Ramsauer Ache eine wasserrechtliche Plangenehmigung nach § 68 Abs. 2 WHG 2010 ausgesprochen und eine Baugenehmigung für die Errichtung eines Turbinenhauses erteilt. Im Rahmen der wasserrechtlichen Bewilligung erteilte das Landratsamt eine naturschutzrechtliche Ausnahme gemäß Art. 23 Abs. 3 Satz 1 BayNatSchG.

Gegen diesen Bescheid haben die Beigeladenen zu 1 und 2 Klagen zum Verwaltungsgericht München erhoben, die dort derzeit noch anhängig sind. Mit Bescheid vom 3. September 2014 ordnete das Landratsamt auf Antrag der Antragstellerin hin die sofortige Vollziehung des Bescheids vom 24. Juni 2014 mit der Einschränkung an, dass sich der Sofortvollzug nicht auf Maßnahmen im Gewässerbett erstreckt. Das vom Beigeladenen zu 1 eingeleitete Verfahren auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung (Az. M 2 SN 14.4461) hat das Verwaltungsgericht München wegen übereinstimmender Erledigungserklärungen eingestellt.

Aufgrund einer von der Antragstellerin nochmals überarbeiteten Ausführungsplanung erließ das Landratsamt am 7. August 2015 einen Änderungsbescheid, mit dem der Bescheid vom 24. Juni 2014 abgeändert wurde und den die Beigeladenen in die anhängigen Klageverfahren einbezogen haben.

Mit Beschluss vom 30. Oktober 2015 (M 2 SN 15.4544) hat das Verwaltungsgericht München den Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der sofortigen Vollziehung des Bescheids vom 24. Juni 2014 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 7. August 2015 abgelehnt. Jedenfalls die Klage des Beigeladenen zu 1 werde voraussichtlich erfolgreich sein, weil bei summarischer Prüfung viel dafür spreche, dass für das Vorhaben der Antragstellerin entgegen der Feststellung des Antragsgegners die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehe. In das Genehmigungsverfahren seien wesentliche, zur Verwirklichung des Vorhabens unerlässliche Maßnahmen, nämlich die Errichtung zweier temporärer Baustraßen, nicht in das Genehmigungsverfahren einbezogen worden. Zudem dürften die Voraussetzungen für die Zulassung einer Ausnahme vom gesetzlichen Biotopschutz nach Art. 23 Abs. 3 BayNatSchG aller Voraussicht nach nicht vorliegen. Im Übrigen bedürfe es wegen zusätzlicher Aspekte noch der weiteren Aufklärung in einem Hauptsacheverfahren.

Die Antragstellerin verfolgt mit ihrer Beschwerde das Ziel der Anordnung der sofortigen Vollziehung weiter. Sie beantragt,

unter Aufhebung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 30. Oktober 2015 die sofortige Vollziehung des Bescheids vom 24. Juni 2014 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 7. August 2015 anzuordnen,

hilfsweise unter teilweiser Aufhebung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München die sofortige Vollziehung der im wasserrechtlichen Bescheid vom 24. Juni 2014 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 7. August 2015 erteilten Plangenehmigung anzuordnen.

Die Landesanwaltschaft Bayern beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Beigeladenen treten der Beschwerde entgegen und beantragen

die Zurückweisung der Beschwerde.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II. Die Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet.

1. Die Beschwerde ist zulässig. Insbesondere ist auch die Beschwerdebegründungsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO eingehalten. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 30. Oktober 2015 ist zwar ausweislich der Kopfzeile des zurückgesandten Empfangsbekenntnisses bereits am 2. November 2015 in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten zu 1 eingegangen; er wurde von diesem aber, wie das Datum auf dem unterzeichneten Empfangsbekenntnis dokumentiert, erst am 3. November 2015 entgegengenommen (BVerwG, B. v. 5.9.2013 - 5 B 63.13 - juris Rn. 5; B. v. 27.7.2015 - 9 B 33.15 - DVBl 2015, 1381).

2. Die Beschwerde ist aber unbegründet. Die von der Antragstellerin dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, führen zu keiner Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens überwiegt das Interesse der Antragstellerin an der sofortigen Vollziehung des Bescheids vom 24. Juni 2014 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 7. August 2015 oder auch nur an der mit diesem Bescheid erteilten Plangenehmigung das Interesse der Beigeladenen an der aufschiebenden Wirkung ihrer hiergegen eingelegten Rechtsbehelfe nicht. Vielmehr spricht viel dafür, dass die Auffassung des Verwaltungsgerichts zutrifft, dass der Genehmigungsbescheid vom 24. Juni 2014 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 7. August 2015 an einem (absoluten) Verfahrensfehler leiden dürfte, der im Hauptsacheverfahren voraussichtlich zu einem Klageerfolg der Beigeladenen führen könnte. Ferner bestehen Bedenken, ob das im Streit stehende Vorhaben mit den Vorgaben der Richtlinie 2000/60/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 23.10.2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (Wasserrahmenrichtlinie - WRRL - ABl EG Nr. L 327 S. 1) vereinbar ist. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die im Eilverfahren gebotene summarische Prüfung der Hauptsache kein hinreichend eindeutiges Ergebnis ergibt, ist im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung ein überwiegendes Vollzugsinteresse der Antragstellerin jedenfalls nicht feststellbar.

a) Die vom Landratsamt getroffene Feststellung, für das Vorhaben der Antragstellerin sei keine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) erforderlich, dürfte einer gerichtlichen Überprüfung im Hauptsacheverfahren nicht standhalten.

Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1b des Umweltrechtsbehelfsgesetzes (UmwRG - in der durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des Umweltrechtsbehelfsgesetzes zur Umsetzung des Urteils des EuGH vom 7.11.2013 in der Rechtssache C-72/12 vom 20.11.2015 - BGBl I S. 2069 - seit dem 26.11.2015 geltenden Fassung; vgl. insoweit BVerwG, U. v. 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353 Rn. 34 m. w. N.) kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG unter anderem dann verlangt werden, wenn eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung - UVPG - erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Festsetzung der UVP-Pflichtigkeit weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist. Gleiches gilt nach § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG, wenn eine solche Vorprüfung des Einzelfalls zwar durchgeführt wurde, diese jedoch nach dem Maßstab des § 3a Satz 4 UVPG gewichtige Mängel aufweist. Insofern dürfte es sich um ein absolutes Verfahrensrecht handeln.

Danach spricht einiges dafür, dass der im Streit stehende Bescheid keinen Bestand haben wird. Die Anwendbarkeit des Umweltrechtsbehelfsgesetzes ergibt sich aus § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG, wonach das Gesetz für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 2 Abs. 3 UVPG über die Zulässigkeit von Vorhaben anzuwenden ist, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen kann. Die der Antragstellerin erteilte wasserrechtliche Genehmigung und Planfeststellung zur Errichtung und Nutzung der geplanten Wasserkraftanlage ist eine Entscheidung im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVPG, für die § 3a, § 3c Satz 1 UVPG in Verbindung mit Nr. 13.14 der Anlage 1 zum UVPG die Vorprüfung des Einzelfalls anordnen.

Gemäß § 3c Satz 1 UVPG ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn das Vorhaben nach überschlägiger Prüfung der Genehmigungsbehörde unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 zum UVPG aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 UVPG zu berücksichtigen wären. Zu berücksichtigen sind diese nicht erst dann, wenn sie nach Einschätzung der Behörde zu einer Versagung der Zulassung führen können, sondern wenn sie bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge nach § 12 UVPG zu berücksichtigen sind (BVerwG, U. v. 13.12.2007 - 4 C 9.06 - BVerwGE 130, 83 Rn. 34; U. v. 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353 Rn. 37 m. w. N.; U. v. 25.6.2014 - 9 A 1.13 - BVerwGE 150, 92 Rn. 21 m. w. N.). Die behördliche Feststellung, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleiben soll, unterliegt allerdings eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Gemäß § 3a Satz 4 UVPG ist die behördliche Beurteilung der UVP-Pflichtigkeit im gerichtlichen Verfahren nur darauf zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 3c UVPG durchgeführt wurde und im Ergebnis nachvollziehbar ist (BVerwG, U. v. 25.6.2014 a. a. O. Rn. 16 m. w. N.). Anknüpfend an die in § 3a Satz 4 UVPG eingeräumte Beurteilungsermächtigung stellt § 4a Abs. 2 UmwRG klar, dass die behördliche Entscheidung darauf zu prüfen ist, ob der Sachverhalt vollständig und zutreffend erfasst wurde, die Verfahrensregeln und die rechtlichen Bewertungsgrundsätze eingehalten wurden, das anzuwendende Recht verkannt wurde oder sachfremde Erwägungen vorliegen.

Nach diesem Maßstab ist die Beurteilung des Landratsamts, das Vorhaben der Antragstellerin sei nicht UVP-pflichtig, weil keine erheblichen Umweltauswirkungen zu erwarten seien, rechtlich zweifelhaft, weil die von der Genehmigungsbehörde vorgenommene allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls nicht nachvollziehbar ist und auch kaum den Anforderungen des § 3c UVPG entspricht.

aa) Das Verwaltungsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung zu Recht darauf hingewiesen, dass die untere Naturschutzbehörde des Landratsamts in dem mehrjährigen Genehmigungsverfahren wiederholt Bedenken im Hinblick auf die Umweltverträglichkeit des Vorhabens angemeldet hat. Nach der Stellungnahme vom 16. Dezember 2009 wird der betroffene Abschnitt des naturnahen Wildflusses („Preißenklamm“) mit seiner bachbegleitenden und zum Teil schluchtwaldartigen Vegetation im Arten- und Biotopschutzprogramm als schutzwürdiger Lebensraum von regionaler Bedeutung bewertet, der auch in der alten Biotopkartierung erfasst sei und eines der naturnähesten Aue- und Nasswaldbiotope des Talraums darstelle. Dem verbauten Nordufer entlang sei größtenteils ein angelandeter Uferstreifen vorgelagert, so dass auch dort naturbetonte Strukturen vorhanden seien und die Beeinträchtigung des Wildbachcharakters bis auf die Stützwehre gering sei; das Südufer sei bis auf einen Abschnitt beim Felsentor völlig natürlich. Durch das Vorhaben würde sich das Strömungsbild oberhalb des neuen Wehres von einem schnellfließenden Gebirgsfluss zu einem Stillgewässer verändern, unterhalb entstehe auf einer Länge von über 300 m ein Trockenbach. Die jetzt vorhandene sehr große Strömungsvielfalt werde stark zurückgehen. Lebensstätten und Laichplätze der Fischfauna würden verloren gehen und die Sohlstruktur verarmen. Das Gewässerbegleitgehölz werde ersatzlos beseitigt und durch ein künstliches Bauwerk ersetzt. Neben dem Verlust ökologischer Funktionen komme es auch zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Landschaftsbilds. Die Durchführung des Vorhabens führe zu einem Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot der EU-Wasserrechtsrahmenrichtlinie.

Diese Bewertung wurde in der Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde vom 31. Mai 2010 aufrechterhalten. Dementsprechend wies die Genehmigungsbehörde die Antragstellerin mit Schreiben vom 7. November 2012 darauf hin, dass eine Genehmigung des Vorhabens unter Berücksichtigung der Wertigkeit des betroffenen Biotops nach überschlägiger Prüfung nicht in Betracht komme. Das Bayerische Landesamt für Umwelt (LfU) bestätigte die Einschätzung der unteren Naturschutzbehörde nach der Ortsbesichtigung im Sommer 2013 in weiten Teilen und führte in der Stellungnahme vom 5. September 2013 aus, dass sich die Ramsauer Ache im Bereich der geplanten Ausleitungsstrecke auf einer Länge von über 300 m als naturnaher Bereich eines Fließgewässers im Sinne von § 30 Abs. 2 Nr. 1 BNatSchG darstelle, der dem gesetzlichen Biotopschutz unterfalle.

Die Genehmigungsbehörde hat im Genehmigungsverfahren insgesamt zwei Vorprüfungen zur UVP-Pflicht des Vorhabens der Antragstellerin durchgeführt, welche in zwei Feststellungsvermerken, nämlich vom „29.9.2009/27.5.2014“ (Bl. 422 ff. der Behördenakte) und vom „24.2.2015“ (Bl. 1014 ff. der Behördenakte) dokumentiert sind. In beiden Fällen kommt das Landratsamt trotz der vorgenannten fachbehördlichen Stellungnahmen entgegen seiner früheren Einschätzung zu dem Ergebnis, dass die geplante Errichtung und der Betrieb der Wasserkraftanlage durch die Antragstellerin keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen haben könnten. Die Einschätzung aufgrund der ersten Vorprüfung des Einzelfalls bezeichnet das Landratsamt allerdings in seinem Schreiben an das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz vom 22. Dezember 2014 selbst als „fragwürdig“ (Bl. 701 ff. der Behördenakte). Dennoch gelangt die Genehmigungsbehörde in der durch die Änderungsplanung der Antragstellerin veranlassten zweiten Vorprüfung vom 24. Februar 2015 zum gleichen Ergebnis, ohne dass dem Feststellungsvermerk eine Auseinandersetzung mit diesen unterschiedlichen Bewertungen entnommen werden kann. Dementsprechend wird diese Beurteilung von der unteren Naturschutzbehörde in einem Schreiben vom 24. Juli 2015 als „sehr kritisch zu sehen“ bewertet, weil bau- und betriebsbedingte erhebliche Umweltauswirkungen auf das Fließgewässer nicht von vornherein ausgeschlossen werden könnten.

Die entgegenstehende Beurteilung der Genehmigungsbehörde ist auch nicht aufgrund der von der Antragstellerin im behördlichen Verfahren eingereichten fachlichen Stellungnahmen plausibel. Zwar ist es nicht von vornherein rechtlich fehlerhaft, wenn die Genehmigungsbehörde die vom Vorhabenträger eingereichten Unterlagen zur Grundlage der von ihr vorzunehmenden allgemeinen Vorprüfung macht (BVerwG, U. v. 25.6.2014 - 9 A 1.13 - BVerwGE 150, 92 Rn. 18). Im Hinblick auf die bereits vorliegenden widersprechenden fachbehördlichen Bewertungen und der früher geäußerten eigenen Beurteilung ist es aber nicht nachvollziehbar, dass sich die Genehmigungsbehörde (Landratsamt als Wasserrechtsbehörde) bei beiden Vorprüfungen die Einschätzung der vom Vorhabenträger beauftragten Gutachter zu eigen macht und eine Umweltverträglichkeitsprüfung als entbehrlich erachtet, ohne sich mit den gegensätzlichen Bewertungen auseinanderzusetzen. Aufgrund der vorliegenden Informationen lag es vielmehr auf der Hand, dass eine abschließende Beurteilung des Besorgnispotenzials der vom Vorhaben ausgehenden Umweltauswirkungen im Rahmen der Vorprüfung nicht erfolgen konnte, weil eine derartige Untersuchung eine Prüftiefe erfordert hätte, die die eigentliche Umweltverträglichkeitsprüfung vorwegnimmt (BVerwG, U. v. 25.6.2014 a. a. O.).

bb) Auch unter Berücksichtigung der nach § 3a Satz 4 UVPG beschränkten gerichtlichen Überprüfbarkeit spricht daher viel dafür, dass die behördliche Einschätzung der UVP-Pflicht hier den gesetzlichen Vorgaben nicht entspricht.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts soll eine Umweltverträglichkeitsprüfung die Umweltbelange so herausarbeiten, dass sie in gebündelter Form in die Abwägung eingehen. Wie oben ausgeführt, liegen erhebliche nachteilige Auswirkungen, die die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich machen, daher bereits dann vor, wenn sie bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge nach § 12 UVPG zu berücksichtigen sind (BVerwG, U. v. 13.12.2007 - 4 C 9.06 - BVerwGE 130, 83 Rn. 34; U. v.17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353 Rn. 37 m. w. N.; U. v. 25.6.2014 - 9 A 1.13 - BVerwGE 150, 92 Rn. 21 m. w. N.). Nur wenn bei der vorzunehmenden Gewichtung der abwägungserheblichen Umweltbelange unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 zum UVPG aufgeführten vorhaben- und standortbezogenen Kriterien bereits zum Zeitpunkt der Vorprüfung feststeht, dass ein abwägungserheblicher Umweltbelang keinen Einfluss auf das Ergebnis der behördlichen Entscheidung haben kann, bedarf es keiner Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (BVerwG, U. v. 25.6.2014 a. a. O. Rn. 22 f. m. w. N.; vgl. auch OVG NW, U. v. 19.11.2015 - 2 D 57/14.NE - juris Rn. 71 m. w. N.).

Gemessen daran ist es zweifelhaft, ob die vom Landratsamt durchgeführte allgemeine Vorprüfung mit dem Ergebnis, es bedürfe keiner Umweltverträglichkeitsprüfung, rechtlich fehlerfrei ist. Denn nach den Feststellungen der unteren Naturschutzbehörde und des LfU wird durch das Vorhaben in ein nach § 30 Abs. 2 Nr. 1 BNatSchG gesetzlich geschütztes Biotop eingegriffen. Hiervon ist die Genehmigungsbehörde auch selbst im Rahmen der vorgenommenen Vorprüfungen ausgegangen. Ein derartiger Standort ist aber nach Nr. 2.3.7 der Anlage 2 zum UVPG ein maßgebliches Kriterium für die allgemeine Vorprüfung der UVP-Pflichtigkeit eines Vorhabens. Wie im streitgegenständlichen Bescheid vom 7. August 2015 ausgeführt wird, bringt der geplante Bau und Betrieb der von der Antragstellerin geplanten Wasserkraftanlage nachteilige Umwelteinwirkungen durch die Veränderung der Fließgeschwindigkeit in der Ausleitungsstrecke, reduzierten Geschiebetransport, Veränderung der vorhandenen Strukturvielfalt im Gewässer und in der Ufervegetation mit sich. Diese Auswirkungen sind zwar nach Auffassung des Antragsgegners minimierbar bzw. kompensierbar. Soweit das Landratsamt in diesem Zusammenhang auf die im landschaftspflegerischen Begleitplan (LBP Teil 04) beschriebenen Maßnahmen verweist, ist jedoch zu berücksichtigen, dass nach § 3c Satz 3 UVPG die vom Träger vorgesehenen Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen nur dann im Rahmen der Vorprüfung berücksichtigt werden dürfen, wenn die Beeinträchtigungen hierdurch offensichtlich ausgeschlossen werden. Im Hinblick auf die vorgenannten Stellungnahmen der unteren Naturschutzbehörde ist die Annahme eines offensichtlichen Ausschlusses der Beeinträchtigungen des gesetzlich geschützten Biotops durch die in den Antragsunterlagen vorgesehenen Vermeidungs- und Verhinderungsmaßnahmen hier jedenfalls fragwürdig.

Im Übrigen belegt bereits der Umstand, dass das Landratsamt von der Notwendigkeit der Erteilung einer naturschutzrechtlichen Ausnahme gemäß Art. 23 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 BayNatSchG ausgegangen ist, dass der durch § 30 BNatSchG grundsätzlich eingeräumte Vorrang der Belange des Naturschutzes und die vom Vorhaben zu erwartenden Umweltauswirkungen unabhängig von der Frage, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Ausnahme hier zu Recht bejaht wurden oder nicht, jedenfalls für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens abwägungsrelevant und im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge nach § 12 UVPG zu berücksichtigen sind. Dem kann die Antragstellerin auch nicht entgegensetzen, dass das hier vorliegende Biotop eine lediglich geringe Wertigkeit aufweise. Diese Bewertung des Biotops, die auf den von der Antragstellerin vorgelegten fachlichen Stellungnahmen beruht (Stellungnahme Dipl.-Ing. L... vom 23.11.2015; vgl. auch Stellungnahme Dr. H... vom 20.2.2015 sowie Stellungnahme des Vereins zur Förderung regenerativer Energien R... vom 28.11.2013), findet in den im Genehmigungsverfahren eingeholten fachbehördlichen Gutachten und Stellungnahmen keine Bestätigung. Dessen ungeachtet gilt der gesetzliche Biotopschutz uneingeschränkt und unterscheidet nicht zwischen der Schutzwürdigkeit der unter Schutz gestellten Flächen.

Weiterhin greift der Einwand der Antragstellerin nicht durch, durch die geplanten Ausbauarbeiten werde nach der letztmaligen Planänderung nicht in das Gewässerbett bzw. in den naturnahen Uferbereich eingegriffen (vgl. Stellungnahme Dipl.-Ing. L... vom 23.11.2015). Maßgeblich für die Beurteilung der Auswirkungen des Vorhabens sind nicht nur die von der Antragstellerin zunächst ins Auge gefassten vorbereitenden Arbeiten, sondern die des gesamten zu realisierenden Projekts (EuGH, U. v. 25.7.2008 - Ringstraße von Madrid, C-142/07 - Slg. 2008, I-6097 Rn. 42). Außerdem sind nach den fachbehördlichen Beurteilungen beim Betrieb der Wasserkraftanlage nicht nur Veränderungen der Fließgeschwindigkeit in der Ausleitungsstrecke und in der Strukturvielfalt im Gewässer, sondern auch in der Ufervegetation zu erwarten. Daher kann die Antragstellerin auch nicht erfolgreich rügen, das Verwaltungsgericht hätte zwischen der wasserrechtlichen Bewilligung und der Plangenehmigung unterscheiden und jedenfalls im Hinblick auf die mit der Plangenehmigung verbundenen Eingriffe zumindest deren Sofortvollzug anordnen müssen. Zudem wird die Plangenehmigung im Falle der UVP-Pflichtigkeit des Vorhabens wohl schon deshalb keinen Bestand haben können, weil dieses Genehmigungsverfahren gemäß § 68 Abs. 2 Satz 1 WHG 2010 nur bei den Vorhaben zulässig ist, für die keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden muss.

Die vom Landratsamt vorgenommene Einzelfallprüfung begegnet außerdem auch insofern rechtlichen Bedenken, als die Genehmigungsbehörde ausweislich des Feststellungsvermerks vom 24. Februar 2015 die fehlende UVP-Pflicht nicht nur mit der Minimierbarkeit und Kompensierbarkeit der von der geplanten Wasserkraftanlage ausgehenden Beeinträchtigungen begründet, sondern im Hinblick auf die veränderte Fließgeschwindigkeit in der Ausleitungsstrecke, die Verringerung der vorhandenen Strukturvielfalt und die Auswirkungen auf die Gewässerfauna maßgeblich auf die im Vorhaben geplante Verbesserung der Gewässerdurchgängigkeit abgestellt hat. Es spricht jedenfalls einiges dafür, dass das Landratsamt damit das anzuwendende Recht im Sinne von § 4a Abs. 2 Nr. 3 UmwRG verkannt hat. Denn nach der Rechtsprechung des EuGH ist es für die Frage, ob ein Projekt einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen werden muss, ohne Bedeutung, ob sich dieses positiv auf die Umwelt auswirken wird (EuGH, U. v. 25.7.2008 - Ringstraße von Madrid, C-142/07 - Slg. 2008, I-6097 Rn. 42).

b) Darüber hinaus ist es zweifelhaft, ob die Plangenehmigung und wasserrechtliche Bewilligung vom 24. Juni 2014 in der Gestalt des Änderungsbescheids vom 7. August 2015 mit dem Verschlechterungsverbot des § 27 Abs. 1 WHG 2010 und den Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie vereinbar sind.

§ 27 Abs. 1 WHG 2010 sieht (in Ergänzung zu den allgemeinen Bewirtschaftungsgrundsätzen des § 6 WHG 2010) als Bewirtschaftungsziele für oberirdische Gewässer vor, dass eine Verschlechterung ihres ökologischen und chemischen Zustands vermieden (Nr. 1) und ein guter ökologischer und chemischer Zustand erhalten oder erreicht wird (Nr. 2). Die Bestimmung setzt die Vorgaben des Art. 4 Abs. 1 Buchst. a WRRL in nationales Recht um, wonach die oberirdischen Gewässer so zu bewirtschaften sind, dass eine Verschlechterung ihres Zustands verhindert und ein guter Zustand der Gewässer erreicht wird. Durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (U. v. 1.7.2015 - C-461/13 - DVBl 2015, 1044) ist geklärt, dass die Mitgliedstaaten deshalb verpflichtet sind, die Genehmigung für ein konkretes Vorhaben - vorbehaltlich der Gewährung einer Ausnahme nach Art. 4 Abs. 7 WRRL - zu versagen, wenn es den Zustand eines Wasserkörpers verschlechtern oder die Erreichung eines guten Zustands eines Oberflächengewässers gefährden kann (EuGH, U. v. 1.7.2015 a. a. O. Rn. 50). Dabei ist von einer Verschlechterung des Zustands des Wasserkörpers nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs bereits dann auszugehen, wenn sich der Zustand mindestens einer Qualitätskomponente im Sinne des Anhangs V der Wasserrahmenrichtlinie um eine Klasse verschlechtert, auch wenn dies nicht zu einer Verschlechterung der Einstufung des Oberflächenwasserkörpers insgesamt führt (EuGH, U. v. 1.7.2015 a. a. O. Rn. 69).

Ob das von der Antragstellerin geplante Vorhaben nach diesen Vorgaben genehmigungsfähig ist, wurde nach den vorliegenden Unterlagen vom Landratsamt nur unzureichend geprüft. Im Bescheid vom 24. Juni 2014 (vgl. S. 18 unter 4.4) wird zwar pauschal festgestellt, durch die festgelegten Auflagen bleibe der gute ökologische und damit chemische Zustand des Gewässers erhalten und durch die Festsetzung der Restwassermenge sei keine Verschlechterung zu erwarten, so dass die Bewirtschaftungsziele der Wasserrahmenrichtlinie nicht gefährdet würden. Die untere Naturschutzbehörde hat jedoch in der Stellungnahme vom 16.12.2009 (vgl. Bl. 95 ff. der Behördenakten) darauf hingewiesen, dass sich durch die geplante Wasserkraftanlage die Hydromorphologie der Ramsauer Ache im betroffenen Bereich durch den starken Rückgang der bislang bestehenden großen Strömungsvielfalt sowie der Mannigfaltigkeit der Sohlstruktur verschlechtern würde. Weder aus dem streitgegenständlichen Bescheid noch aus dem sonstigen Akteninhalt wird ersichtlich, dass sich die Genehmigungsbehörde hiermit entscheidungserheblich auseinandergesetzt hat, obwohl zu den hydromorphologischen Qualitätskomponenten nach Anhang V Ziffer 1.2.1 der Wasserrahmenrichtlinie nicht nur die Durchgängigkeit des Gewässers, sondern auch dessen Morphologie gehört, die unter anderem durch die Laufentwicklung und Strömungsgeschwindigkeit bestimmt wird.

Im Hauptsacheverfahren wird daher auch vertieft zu prüfen sein, ob das Vorhaben mit dem nach den Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie auszulegenden allgemeinen Verschlechterungsverbot vereinbar ist. Soweit eine Verschlechterung im Sinne der oben dargestellten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu bejahen ist, besteht zwar grundsätzlich die Möglichkeit der Erteilung einer Ausnahme nach Art. 4 Abs. 7 WRRL (vgl. § 31 Abs. 2 WHG 2010). Deren Voraussetzungen (vgl. im einzelnen EuGH, U. v. 4.5.2016 - Wasserkraftwerk Schwarze Sulm, C-346/14 - DVBl 2016, 909 = NVwZ 2016, 1161) dürften im vorliegenden Fall aber wohl kaum einschlägig sein. Denn ungeachtet der Frage, ob die weiteren in Art. 4 Abs. 7 WRRL genannten Bedingungen erfüllt wären, erscheint es als eher fernliegend, dass hier ein übergeordnetes öffentliches Interesse an dem Vorhaben bejaht oder angenommen werden könnte. Der Nutzen, den die Verwirklichung der in Art. 4 Abs. 1 WRRL genannten Ziele für die Umwelt und die Gesellschaft hat, dürfte nämlich durch den Nutzen der Umsetzung dieses Vorhabens für die menschliche Gesundheit, die Erhaltung der Sicherheit der Menschen oder die nachhaltige Entwicklung nicht übertroffen werden (vgl. Art. 4 Abs. 7 Buchst. c WRRL).

Zwar besteht nach der Rechtsprechung des Senats ein hohes öffentliches Interesse an der Nutzung der regenerativen Energiequelle Wasserkraft zur Stromerzeugung (vgl. BayVGH, B. v. 23.2.2016 - 8 CS 15.1096 - juris Rn. 17 ff.). Ein Vorhaben, das auf die Förderung erneuerbarer Energien durch Wasserkraft abzielt, kann zum Umweltschutz und zur nachhaltigen Entwicklung sowie zur Sicherheit und Diversifizierung der Energieversorgung beitragen und damit die Erreichung der Zielvorgaben des Kyoto-Protokolls zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaveränderungen beschleunigen (EuGH, U. v. 4.5.2016 - Wasserkraftwerk Schwarze Sulm, C-346/14 - DVBl 2016, 909 Rn. 71 ff.). Hieraus lässt sich jedoch nicht generell ableiten, dass demgegenüber alle anderen betroffenen Belange nachrangig sind. Das gilt gerade dann, wenn das Vorhaben, wie im vorliegenden Fall, in Schutztatbestände der Gewässerökologie und des Naturschutzrechts eingreift.

Der Senat hat bereits im Beschluss vom 26. Februar 2007 (8 ZB 06.879 - NVwZ 2007, 1101) darauf hingewiesen, dass sich weder aus dem Zweck des Gesetzes für den Ausbau erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz - EEG) i. d. F. des Gesetzes vom 21.7.2004 (BGBl I S. 1918), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21.07.2014 (BGBl I S. 1066), noch aus dessen Anwendungsbereich ein Vorrang der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien vor den Belangen des Umwelt- und Naturschutzes herleiten lässt. An dieser Bewertung hat sich durch die Neufassung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes nichts geändert; vielmehr belegen die Beschränkungen des § 40 Abs. 4 EEG 2014 sowie die Bestimmungen des § 67 Abs. 1 und § 35 WHG 2010 die Zurückhaltung des Gesetzgebers gegenüber Eingriffen in natürliche oder naturnahe Gewässer durch neue Wasserkraftanlagen.

Eine andere Bewertung ergibt sich auch nicht im Hinblick auf das Vorbringen der Antragstellerin in der Beschwerdebegründung zur übergeordneten Bedeutung der regenerativen Stromerzeugung durch erneuerbare Energie für das gesetzlich verankerte Ziel des Klimaschutzes. Zwar weist die Antragstellerin zu Recht darauf hin, dass ein gesamtgesellschaftliches Interesse an der Erhöhung des Anteils aus erneuerbaren Energien erzeugten Stroms besteht, das auch in den von ihr aufgeführten Abkommen und Regelungen auf europäischer, Bundes- und Landesebene zum Ausdruck kommt. Daraus lässt sich jedoch kein übergeordnetes öffentliches Interesse am konkreten Vorhaben der Antragstellerin ableiten. Denn dem von der Staatszielbestimmung der Art. 20a GG, Art. 141 Abs. 1 BV ebenfalls umfassten gesetzlichen Biotopschutz kommt eine gleichermaßen hohe Bedeutung zu.

Auch die auf Landesebene bestehenden Programme und Konzepte, die die Steigerung erneuerbarer Energiequellen und Förderung der Wasserkraft vorsehen, sowie die entsprechenden Planungen des Landkreises und das Klimaschutzkonzept der Gemeinde R... können ein übergeordnetes öffentliches Interesse an der von der Antragstellerin geplanten Wasserkraftanlage nicht begründen; denn sie stehen unter dem Vorbehalt der Genehmigungsfähigkeit des konkreten Vorhabens, die entsprechend obigen Ausführungen abschließend erst im Hauptsacheverfahren beurteilt werden kann.

c) Angesichts dessen besteht eine nicht unerhebliche Wahrscheinlichkeit, dass die Klagen der Beigeladenen schon im Hinblick auf die unterbliebene Umweltverträglichkeitsprüfung und möglicherweise auch wegen der Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie Erfolg haben werden. Aus den dargelegten Gründen bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen wasserrechtlichen Bewilligung und Plangenehmigung, so dass dahinstehen kann, inwiefern der Prüfungsmaßstab des § 4a Abs. 3 UmwRG (vgl. hierzu BVerwG, B. v. 16.9.2014 - 7 VR 1/14 - NVwZ 2015, 82 Rn. 10 f. m. w. N.) in der hier vorliegenden Ausgangssituation zu berücksichtigen ist. Dabei kommt es auch nicht entscheidend darauf an, ob das Verwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen ist, dass der Bescheid vom 24. Juni 2014 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 7. August 2015 voraussichtlich auch wegen der unterbliebenen Einbeziehung der Baustraßen in das Genehmigungsverfahren nach §§ 67 ff. WHG 2010 und wegen der fehlenden Voraussetzungen für die Zulassung einer Ausnahme vom gesetzlichen Biotopschutz gemäß Art. 23 Abs. 3 BayNatSchG mit den gesetzlichen Vorgaben nicht vereinbar sein dürfte. Gleichermaßen kann der in der Beschwerdebegründung erhobene Einwand, dass der Nutzen der von der Antragstellerin geplanten Wasserkraftanlage vom Verwaltungsgericht unterschätzt worden sei und keine anderen Ausführungsalternativen bestünden, dahinstehen. Schon im Hinblick auf die Komplexität dieser Fragen muss deren Klärung dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Gleiches gilt ferner für die von den Parteien unterschiedlich bewertete Wirtschaftlichkeit der geplanten Anlage.

d) Geht man trotz der dargelegten Rechtmäßigkeitszweifel von offenen Erfolgsaussichten der Hauptsacheverfahren aus, sind im Rahmen der Entscheidung nach § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO allein die einander gegenüberstehenden Vollzugs- und Aufschubinteressen der Beteiligten zu gewichten (BVerwG, B. v. 16.9.2014 - 7 VR 1/14 - NVwZ 2015, 82 Rn. 10 m. w. N.). In der Regel sind im Rahmen mehrpoliger Verwaltungsrechtsverhältnisse insoweit nur die widerstreitenden privaten Beteiligteninteressen abzuwägen, ohne dass es auf die objektive Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung oder auf ein öffentliches Interesse am Sofortvollzug ankommt (BVerfG, B. v. 1.10.2008 - 1 BvR 2466/08 - NVwZ 2009, 240/242 m. w. N.). Im vorliegenden Fall besteht jedoch die Besonderheit, dass die Kläger des Hauptsacheverfahrens keine privaten Rechtspositionen, sondern aufgrund gesetzlicher Regelung (vgl. § 42 Abs. 2 Halbs. 1 VwGO i. V. m. § 2 UmwRG, § 64 BNatSchG) die Wahrung der öffentlichen Belange des Natur- und Umweltschutzes geltend machen können, die demzufolge auch in die hier vorzunehmende Interessenabwägung einzustellen sind. Danach hat das Verwaltungsgericht die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit des streitgegenständlichen Bescheids zu Recht abgelehnt, weil kein diese Belange überwiegendes Interesse der Antragstellerin an der sofortigen Vollziehbarkeit der erteilten Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb der Wasserkraftanlage besteht.

Die Antragstellerin begründet ihr Vollzugsinteresse damit, bereits in der Planungs- und Genehmigungsphase erhebliche Investitionen getätigt zu haben, so dass bei einer weiteren Verzögerung der Umsetzung des Vorhabens die Wirtschaftlichkeit des Projekts erheblich beeinträchtigt würde. Diesem wirtschaftlichen Interesse der Antragstellerin steht das Suspensivinteresse der Beigeladenen gegenüber, deren Rechtsmittel in der Hauptsache entsprechend obigen Ausführungen wohl schon im Hinblick auf die unterbliebene Umweltverträglichkeitsprüfung und die Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie erfolgreich sein wird. Bei Abwägung dieser widerstreitenden Interessen erscheint es auch angesichts der von der Antragstellerin behaupteten - wenn auch nicht näher konkretisierten - wirtschaftlichen Nachteile bei Verzögerung der Verwirklichung des Projekts nicht unbillig, dass diese, wie es das Gesetz in § 80 Abs. 1 Satz 1 und 2 VwGO als Regelfall vorsieht, von der streitbefangenen Genehmigung bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren noch keinen Gebrauch machen kann.

Denn § 4 Abs. 1 Satz 1 und 2 UmwRG räumt der betroffenen Öffentlichkeit und damit auch den Beigeladenen ein selbstständig durchsetzbares, also absolutes Verfahrensrecht ein, das den betroffenen Einzelnen ein eigenständiges Recht auf Bewertung der Umweltauswirkungen des fraglichen Projekts durch die zuständigen Stellen und auf Anhörung dazu gewährleistet. Im Lichte der durch die UVP-Richtlinie 2011/92/EU festgelegten Verfahrensgarantien, die eine bessere Information und Beteiligung der Öffentlichkeit im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung für Projekte mit möglicherweise erheblichen Umweltauswirkungen beinhalten, kommt der Überprüfung der Einhaltung der Verfahrensregeln in diesem Bereich besondere Bedeutung zu (vgl. EuGH, U. v. 7.11.2013 - Gemeinde Altrip u. a., C-72/12 - NVwZ 2014, 49 Rn. 36 ff.; U. v. 15.10.2015 - Kommission/Deutschland, C-137/14 - NVwZ 2015, 1665; vgl. auch BVerwG, U. v. 22.10.2015 - 7 C 15.13 - NVwZ 2016, 308 m. w. N.). Schon angesichts dessen ist ein überwiegendes privates Interesse der Antragstellerin an einem vorzeitigen Baubeginn nicht erkennbar.

Der Umstand, dass das im Streit stehende Vorhaben der regenerativen Stromerzeugung dient, führt zu keinem anderen Ergebnis. Entsprechend obigen Ausführungen (vgl. unter II 2 b) kann aus dem öffentlichen Interesse an der Nutzung erneuerbarer Energiequellen voraussichtlich kein gegenüber den Belangen der Gewässerökologie und des Naturschutzes übergeordnetes öffentliches Interesse an der Verwirklichung des Vorhabens der Antragstellerin abgeleitet werden. Ein überwiegendes Interesse der Antragstellerin an der sofortigen Vollziehbarkeit des Bescheids vom 24. Juni 2014 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 7. August 2015 oder auch nur der darin enthaltenen Plangenehmigung ist daher im Hinblick auf das überaus große Gewicht der Belange der Gewässerökologie und des Naturschutzes nicht feststellbar.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen der Antragstellerin aufzuerlegen, nachdem die Beigeladenen einen Antrag gestellt und damit ein Kostenrisiko auf sich genommen haben.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, da keiner der geltend gemachten Zulassungsgründe (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 bis 3 AsylG) hinreichend dargelegt ist.

1. Einer Rechtssache kommt grundsätzliche Bedeutung gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zu, wenn für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Tatsachen- oder Rechtsfrage von Bedeutung war, deren noch ausstehende obergerichtliche Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36). Dementsprechend verlangt die Darlegung der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung nach § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG, dass eine konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage formuliert und aufgezeigt wird, weshalb die Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist. Ferner muss dargelegt werden, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Frage besteht (vgl. Happ in Eyermann, a.a.O. § 124a Rn. 72). Ist die angegriffene Entscheidung auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, setzt die Zulassung der Berufung voraus, dass für jeden dieser Gründe die Zulassungsvoraussetzungen erfüllt sind (Kopp/ Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 124a Rn. 7).

Diese Voraussetzungen erfüllt der Zulassungsantrag nicht. Die Klägerin hält für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob auf eine inländische Fluchtalternative verwiesen werden kann, wenn die Verfolgung von staatlichen Strafverfolgungsbehörden ausgeht. Das Verwaltungsgericht hat die Entscheidung jedoch auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt und ist unter Bezugnahme auf den streitgegenständlichen Bescheid gemäß § 77 Abs. 2 AsylG zum einen davon ausgegangen, dass der Vortrag der Klägerin nicht glaubhaft sei und ihr keine Verfolgung in ihrem Heimatland drohe. Zum anderen hat es angenommen, dass selbst wenn die geschilderten Vorkommnisse tatsächlich passiert wären, es sich dabei nicht um eine Verfolgung aufgrund eines in § 3 Abs. 1 AsylG genannten Anknüpfungsmerkmal handeln würde. Darüber hinaus ist das Verwaltungsgericht auch noch davon ausgegangen, dass die Klägerin jedenfalls eine innerstaatliche Fluchtalternative i.S.d. § 3e AsylG innerhalb der Russischen Föderation habe. Hinsichtlich der beiden ersten Begründungen greift kein Berufungszulassungsgrund durch. Auf die Frage der inländischen Fluchtalternative kommt es daher nicht entscheidungserheblich an.

Auch die von der Klägerin als grundsätzlich angesehene Frage, ob die von der Organisation „ROO“ und vom „Kulturverein für Tschetschenen und Inguschen in Österreich“ ausgestellten Urkunden als Beweis und als Ersatz für eine Selbstauskunft des Betroffenen bzw. eines Bevollmächtigten bei der Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation verwendet werden können, kann nicht zur Zulassung der Berufung führen. Die Klägerin hat schon nicht dargelegt, dass es sich dabei um eine Frage handelt, die im Interesse der Einheitlichkeit und Fortentwicklung des Rechts einer Klärung bedarf. Es handelt sich in Wahrheit um eine Frage der Tatsachenfeststellung und Beweiswürdigung im Einzelfall, die einer grundsätzlichen Klärung nicht zugänglich ist.

2. Das erstinstanzliche Urteil weicht auch nicht von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder Bundesverwaltungsgerichts ab.

Eine Divergenz im Sinne von § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG liegt vor, wenn das Verwaltungsgericht in Anwendung derselben Vorschrift (vgl. BVerwG, B.v. 28.1.2004 – 6 PB 15.03 – NVwZ 2004, 889/890) mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz oder einem verallgemeinerungsfähigen Tatsachensatz von einem in der Rechtsprechung der genannten übergeordneten Gerichte aufgestellten Rechts- oder Tatsachensatz oder einer inhaltsgleichen Rechtsvorschrift ausdrücklich oder konkludent abweicht und die Entscheidung darauf beruht (vgl. Rudisile in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Oktober 2016, § 124 Rn. 42; Happ in Eyermann, VwGO, § 124a Rn. 73 m.w.N.). Zwischen den Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines Rechtsgrundsatzes bestehen (vgl. BVerwG, B.v. 27.10.2014 – 2 B 52.14 – juris Rn. 5). Es genügt nicht, wenn in der angegriffenen Entscheidung ein in der Rechtsprechung der übergeordneten Gerichte aufgestellter Grundsatz lediglich übersehen, übergangen oder in sonstiger Weise nicht richtig angewandt worden ist (BVerwG, B.v. 20.7.2016 – 6 B 35.16 – juris Rn. 12 m.w.N.; Happ a.a.O.; Rudisile a.a.O.).

Soweit die Klägerin vorträgt, das erstinstanzliche Urteil weiche vom Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Mai 1996 mit dem Aktenzeichen 2 BvR 1616.93 ab, meint sie wohl das Urteil mit dem Aktenzeichen 2 BvR 1516.93. Welchen Rechtssatz das Verwaltungsgericht aufgestellt haben soll, der von einem Rechtssatz des Bundesverfassungsgerichts abweicht, bezeichnet die Klägerin aber nicht, sondern führt nur aus, die Beweiswürdigung genüge nicht den vom Bundesverfassungsgericht in diesem Urteil entwickelten Grundsätzen. Damit ist eine Divergenzrüge nicht hinreichend dargelegt.

In Bezug auf den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Juli 1989 (9 B 239.89 – InfAuslR 1989, 349) ist eine Abweichung ebenfalls nicht dargelegt, denn auch insoweit führt die Klägerin nur aus, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts weiche von den vom Bundesverwaltungsgericht erarbeiteten Grundsätzen der Beweiswürdigung ab. Dies reicht für eine Divergenzrüge nicht aus.

3. Auch ein Verfahrensfehler nach § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO in Form der Verletzung des rechtlichen Gehörs ist nicht hinreichend dargelegt. Die Klägerin macht geltend, das Verwaltungsgericht habe gegen den Amtsermittlungsgrundsatz verstoßen, da es nicht weiter bei ihr nachgefragt und ihren Ehemann nicht als Zeugen vernommen habe. Bei einem (hier nicht ersichtlichen) Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO handelt es sich schon nicht um einen absoluten Revisionsgrund nach § 138 VwGO, der von § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG erfasst wäre (vgl. BayVGH, B.v. 18.5.2015 – 11 ZB 15.30091 – juris Rn. 2; B.v. 13.4.2015 – 13a ZB 14.30047 – juris Rn. 4; OVG NRW, B.v. 25.3.2015 – 13 A 493/15.A – juris).

Die Würdigung von der Klägerin vorgelegten Unterlagen durch das Verwaltungsgericht verstößt auch nicht gegen das Willkürverbot aus Art. 3 Abs. 1 GG. Ein Verstoß gegen das Willkürverbot liegt bei gerichtlichen Entscheidungen nur dann vor, wenn die Entscheidung bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht (vgl. BVerfG, B.v. 23.1.2017 – 2 BvR 2584/12 – NJW 2017, 1731 = juris Rn. 27 m.w.N.). Dieser Maßstab gilt auch für die verfassungsrechtliche Überprüfung der von den Fachgerichten vorgenommenen Beweiswürdigung und den von ihnen getroffenen tatsächlichen Feststellungen (vgl. BVerfG a.a.O.). Danach sind die Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht zu beanstanden. Es hat sich mit der vorgelegten Bescheinigung der Organisation „ROO“ und dem Schreiben des Kulturvereins befasst und ist unter Würdigung einer Auskunft des Auswärtigen Amts zu dem Ergebnis gekommen, dass sich daraus keine politische Verfolgung der Klägerin in ihrem Heimatland ableiten lässt. Dem setzt die Klägerin nichts entgegen, sondern behauptet nur, die Rechtsanwendung sei willkürlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

Dieser Beschluss, mit dem das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG), ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, da keiner der geltend gemachten Zulassungsgründe (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 bis 3 AsylG) hinreichend dargelegt ist.

1. Einer Rechtssache kommt grundsätzliche Bedeutung gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zu, wenn für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Tatsachen- oder Rechtsfrage von Bedeutung war, deren noch ausstehende obergerichtliche Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36). Dementsprechend verlangt die Darlegung der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung nach § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG, dass eine konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage formuliert und aufgezeigt wird, weshalb die Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist. Ferner muss dargelegt werden, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Frage besteht (vgl. Happ in Eyermann, a.a.O. § 124a Rn. 72). Ist die angegriffene Entscheidung auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, setzt die Zulassung der Berufung voraus, dass für jeden dieser Gründe die Zulassungsvoraussetzungen erfüllt sind (Kopp/ Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 124a Rn. 7).

Diese Voraussetzungen erfüllt der Zulassungsantrag nicht. Die Klägerin hält für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob auf eine inländische Fluchtalternative verwiesen werden kann, wenn die Verfolgung von staatlichen Strafverfolgungsbehörden ausgeht. Das Verwaltungsgericht hat die Entscheidung jedoch auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt und ist unter Bezugnahme auf den streitgegenständlichen Bescheid gemäß § 77 Abs. 2 AsylG zum einen davon ausgegangen, dass der Vortrag der Klägerin nicht glaubhaft sei und ihr keine Verfolgung in ihrem Heimatland drohe. Zum anderen hat es angenommen, dass selbst wenn die geschilderten Vorkommnisse tatsächlich passiert wären, es sich dabei nicht um eine Verfolgung aufgrund eines in § 3 Abs. 1 AsylG genannten Anknüpfungsmerkmal handeln würde. Darüber hinaus ist das Verwaltungsgericht auch noch davon ausgegangen, dass die Klägerin jedenfalls eine innerstaatliche Fluchtalternative i.S.d. § 3e AsylG innerhalb der Russischen Föderation habe. Hinsichtlich der beiden ersten Begründungen greift kein Berufungszulassungsgrund durch. Auf die Frage der inländischen Fluchtalternative kommt es daher nicht entscheidungserheblich an.

Auch die von der Klägerin als grundsätzlich angesehene Frage, ob die von der Organisation „ROO“ und vom „Kulturverein für Tschetschenen und Inguschen in Österreich“ ausgestellten Urkunden als Beweis und als Ersatz für eine Selbstauskunft des Betroffenen bzw. eines Bevollmächtigten bei der Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation verwendet werden können, kann nicht zur Zulassung der Berufung führen. Die Klägerin hat schon nicht dargelegt, dass es sich dabei um eine Frage handelt, die im Interesse der Einheitlichkeit und Fortentwicklung des Rechts einer Klärung bedarf. Es handelt sich in Wahrheit um eine Frage der Tatsachenfeststellung und Beweiswürdigung im Einzelfall, die einer grundsätzlichen Klärung nicht zugänglich ist.

2. Das erstinstanzliche Urteil weicht auch nicht von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder Bundesverwaltungsgerichts ab.

Eine Divergenz im Sinne von § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG liegt vor, wenn das Verwaltungsgericht in Anwendung derselben Vorschrift (vgl. BVerwG, B.v. 28.1.2004 – 6 PB 15.03 – NVwZ 2004, 889/890) mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz oder einem verallgemeinerungsfähigen Tatsachensatz von einem in der Rechtsprechung der genannten übergeordneten Gerichte aufgestellten Rechts- oder Tatsachensatz oder einer inhaltsgleichen Rechtsvorschrift ausdrücklich oder konkludent abweicht und die Entscheidung darauf beruht (vgl. Rudisile in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Oktober 2016, § 124 Rn. 42; Happ in Eyermann, VwGO, § 124a Rn. 73 m.w.N.). Zwischen den Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines Rechtsgrundsatzes bestehen (vgl. BVerwG, B.v. 27.10.2014 – 2 B 52.14 – juris Rn. 5). Es genügt nicht, wenn in der angegriffenen Entscheidung ein in der Rechtsprechung der übergeordneten Gerichte aufgestellter Grundsatz lediglich übersehen, übergangen oder in sonstiger Weise nicht richtig angewandt worden ist (BVerwG, B.v. 20.7.2016 – 6 B 35.16 – juris Rn. 12 m.w.N.; Happ a.a.O.; Rudisile a.a.O.).

Soweit die Klägerin vorträgt, das erstinstanzliche Urteil weiche vom Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Mai 1996 mit dem Aktenzeichen 2 BvR 1616.93 ab, meint sie wohl das Urteil mit dem Aktenzeichen 2 BvR 1516.93. Welchen Rechtssatz das Verwaltungsgericht aufgestellt haben soll, der von einem Rechtssatz des Bundesverfassungsgerichts abweicht, bezeichnet die Klägerin aber nicht, sondern führt nur aus, die Beweiswürdigung genüge nicht den vom Bundesverfassungsgericht in diesem Urteil entwickelten Grundsätzen. Damit ist eine Divergenzrüge nicht hinreichend dargelegt.

In Bezug auf den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Juli 1989 (9 B 239.89 – InfAuslR 1989, 349) ist eine Abweichung ebenfalls nicht dargelegt, denn auch insoweit führt die Klägerin nur aus, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts weiche von den vom Bundesverwaltungsgericht erarbeiteten Grundsätzen der Beweiswürdigung ab. Dies reicht für eine Divergenzrüge nicht aus.

3. Auch ein Verfahrensfehler nach § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO in Form der Verletzung des rechtlichen Gehörs ist nicht hinreichend dargelegt. Die Klägerin macht geltend, das Verwaltungsgericht habe gegen den Amtsermittlungsgrundsatz verstoßen, da es nicht weiter bei ihr nachgefragt und ihren Ehemann nicht als Zeugen vernommen habe. Bei einem (hier nicht ersichtlichen) Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO handelt es sich schon nicht um einen absoluten Revisionsgrund nach § 138 VwGO, der von § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG erfasst wäre (vgl. BayVGH, B.v. 18.5.2015 – 11 ZB 15.30091 – juris Rn. 2; B.v. 13.4.2015 – 13a ZB 14.30047 – juris Rn. 4; OVG NRW, B.v. 25.3.2015 – 13 A 493/15.A – juris).

Die Würdigung von der Klägerin vorgelegten Unterlagen durch das Verwaltungsgericht verstößt auch nicht gegen das Willkürverbot aus Art. 3 Abs. 1 GG. Ein Verstoß gegen das Willkürverbot liegt bei gerichtlichen Entscheidungen nur dann vor, wenn die Entscheidung bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht (vgl. BVerfG, B.v. 23.1.2017 – 2 BvR 2584/12 – NJW 2017, 1731 = juris Rn. 27 m.w.N.). Dieser Maßstab gilt auch für die verfassungsrechtliche Überprüfung der von den Fachgerichten vorgenommenen Beweiswürdigung und den von ihnen getroffenen tatsächlichen Feststellungen (vgl. BVerfG a.a.O.). Danach sind die Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht zu beanstanden. Es hat sich mit der vorgelegten Bescheinigung der Organisation „ROO“ und dem Schreiben des Kulturvereins befasst und ist unter Würdigung einer Auskunft des Auswärtigen Amts zu dem Ergebnis gekommen, dass sich daraus keine politische Verfolgung der Klägerin in ihrem Heimatland ableiten lässt. Dem setzt die Klägerin nichts entgegen, sondern behauptet nur, die Rechtsanwendung sei willkürlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

Dieser Beschluss, mit dem das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG), ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

(1) Die Erlaubnis und die Bewilligung sind zu versagen, wenn

1.
schädliche, auch durch Nebenbestimmungen nicht vermeidbare oder nicht ausgleichbare Gewässerveränderungen zu erwarten sind oder
2.
andere Anforderungen nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht erfüllt werden.

(2) Im Übrigen steht die Erteilung der Erlaubnis und der Bewilligung im pflichtgemäßen Ermessen (Bewirtschaftungsermessen) der zuständigen Behörde.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.