Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 22. Jan. 2018 - 8 ZB 17.1590

published on 22/01/2018 00:00
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 22. Jan. 2018 - 8 ZB 17.1590
ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Previous court decisions
Verwaltungsgericht Ansbach, AN 10 K 16.1361, 01/03/2017

Gericht

There are no judges assigned to this case currently.
addJudgesHint

Tenor

I. Das Verfahren wird fortgeführt.

II. Der Beschluss des Senats vom 1. August 2017 – 8 ZB 17.1015 – wird aufrechterhalten.

Gründe

I.

Die Anhörungsrüge der Klägerin hat zwar Erfolg, führt aber nicht zur Zulassung der Berufung.

1. Die Anhörungsrüge (§ 152a VwGO) ist zulässig und begründet. Zu Recht rügt die Klägerin, dass der Senat den Antrag auf Zulassung der Berufung abgelehnt hat, ohne ihr zuvor Gelegenheit zu geben, zur Frage der Unbestimmtheit ihres Antrags auf Sondernutzung vom 3. Juni 2016 Stellung zu nehmen.

Hat eine Anhörungsrüge Erfolg, ist das Beschwerdeverfahren fortzuführen (§ 152a Abs. 5 Satz 1 VwGO). Einer hierüber zu treffenden förmlichen Senatsentscheidung bedarf es nicht (OVG NW, B.v. 14.7.2017 – 13 A 1519/17.A – juris Rn. 3 m.w.N.).

2. Die gemäß § 152a Abs. 5 Satz 3 VwGO erneut zu treffende Entscheidung über den Antrag auf Zulassung der Berufung führt zur Bestätigung des Ablehnungsbeschlusses. Die im Anhörungsverfahren vorgebrachten Einwände rechtfertigen keine Berufungszulassung. Daher ist gemäß § 152a Abs. 5 Satz 4 VwGO i.V.m. § 343 ZPO auszusprechen, dass der Beschluss aufrechterhalten wird (vgl. OVG NW, B.v. 6.8.2014 – 14 B 528/14 juris; B.v. 14.7.2017 – 13 A 1519/17.A juris).

Ob es sich bei dem Schreiben der Beklagten vom 4. Juli 2016 um einen Verwaltungsakt handelt, kann weiterhin offen gelassen werden (so bereits der Beschluss vom 1. August 2017 – 8 ZB 17.1015 – Rn. 6). Die Klägerin hat jedenfalls keinen hinreichend bestimmten Antrag auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis zur Aufstellung von 40 Altkleidersammelcontainern gestellt.

2.1 Bei Beantragung einer solchen Erlaubnis bedarf es regelmäßig einer genauen Standortbeschreibung, die etwa durch eine Umschreibung oder durch Einzeichnung in eine Lageskizze erfolgen kann (BayVGH, B.v. 15.12.2017 – 8 ZB 16.2117 – juris Rn. 12; OVG NW, B.v. 27.1.2014 – 11 A 1986/13 – juris Rn. 9). Der Senat hat dazu in seinem Beschluss vom 15. Dezember 2017 (Az.: 8 ZB 16.2117 – juris Rn. 11) ausgeführt:

„Ob mit dem Antrag auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis hinreichend prüffähige Unterlagen vorgelegt worden sind, beurteilt sich am materiell-rechtlichen Maßstab des Art. 18 Abs. 1 BayStrWG. Hiernach ist maßgeblich, ob und inwieweit die Benutzung der Straße über den Gemeingebrauch (Art. 14 BayStrWG) hinaus diesen beeinträchtigen kann. Im Blickfeld steht die Straße als Verkehrsfläche, die abweichend von dieser Funktion genutzt werden soll, und die Prüfung, ob die straßenfremde Nutzung nach behördlichem Ermessen mit den Belangen des Straßen- und Wegerechts vereinbar ist (BayVGH, U.v. 20.1.2004 – 8 N 03.3211 – BayVBl 2004, 336 = juris Rn. 78). Im Kern geht es um die Frage, ob die straßenfremde Nutzung mit den Belangen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs vereinbar und insoweit gemeinverträglich ist (BayVGH, B.v. 24.11.2003 – 8 CS 03.2279 – BayVBl 2004, 533 = juris Rn. 6). Die Erlaubnisbehörde muss anhand des Antrags in die Lage versetzt werden, zu prüfen, ob und ggf. inwieweit eine abweichende Nutzung der Verkehrsfläche noch mit den Belangen des Straßenrechts vereinbar ist (BayVGH, B.v. 24.11.2003 – 8 CS 03.2279 – BayVBl 2004, 533 = juris Rn. 6).“

Daran hält der Senat fest. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass sich vielfach auch die Frage stellen kann, ob es sich bei einem Standort um einen gewidmeten Straßenbestandteil handelt, deren Beantwortung ebenfalls eine genaue Bezeichnung erforderlich macht.

Bei Anträgen nach Art. 18 BayStrWG obliegt es in erster Linie einer Antragstellerin, mögliche Standorte hinreichend konkret aufzuzeigen (vgl. BayVGH, B.v. 1.8.2003 – 8 CE 03.1972 – juris Rn. 7; B.v. 15.12.2017 – 8 ZB 16.2117 – juris Rn. 12). Es ist dagegen nicht Aufgabe einer Behörde, in Genehmigungsverfahren selbst zulässige Standortvarianten auszusuchen und – gegebenenfalls unter Aufnahme von Nebenbestimmungen – zu bescheiden (vgl. dazu OVG NW, B.v. 27.1.2014 – 11 A 1986/13 – juris Rn. 9 und VGH BW, B.v. 20.01.2011 – 8 S 2567/10 –VBlBW 2011, 279 = juris Rn. 26). Die Klägerin beruft sich insofern zu Unrecht auf den Beschluss des Senats vom 22. Mai 1998 (Az.: 8 ZE 98.1448). Die Bestimmtheitsanforderungen bei einer dauerhaften Aufstellung von Sammelcontainern über mehrere Jahre können – entgegen der klägerischen Einwände – nicht mit denen bei der Beantragung einer Sondernutzung für einen einzelnen Informationsstand für wenige Stunden gleichgesetzt werden. Vor allem waren im damals zu entscheidenden Verfahren im Bereich der in Betracht kommenden Gehwegflächen geeignete und aufgrund der früheren Zulassungspraxis eindeutig bestimmbare Standorte vorhanden, auf die der Antrag konkret abzielte (vgl. BayVGH, B.v. 22.5.1998 – 8 ZE 98.1448 – juris Rn. 12 sowie andererseits BayVGH, B.v. 1.8.2003 – 8 CE 03.1972 – juris Rn. 7). Der Klägerin geht es jedoch nicht um die Erlaubnis für nicht mehr genutzte Standorte, sondern um eine Erweiterung bestehender Sammelstellen.

2.2 Der Vortrag der Klägerseite im vorliegenden Verfahren gibt keinen Anlass, von der tragenden Begründung im Beschluss des Senats vom 1. August 2017 – 8 ZB 17.1015 – abzuweichen. Dass es an einer hinreichend konkreten Standortbezeichnung fehlt, wird nicht durch den Hinweis in Frage gestellt, dass im Antrag der Klägerin vom 3. Juni 2016 die Rede davon ist, dass die Sammelcontainer „direkt an den dortigen Altglascontainern“ aufgestellt werden sollen (S. 1 der Behördenakte). Die von der Beklagten gefertigten 40 Lichtbilder (S. 8 ff. der Behördenakte) zeigen, dass es an allen benannten Standorten mehrere denkbare Aufstellungsmöglichkeiten in direkter, unmittelbarer Nähe zu den vorhandenen Containern gibt. Deshalb wäre eine Beschreibung des gewünschten Standorts erforderlich gewesen, um die Anträge anhand der oben dargelegten Kriterien prüfen zu können. Eine solche hätte etwa verbal erfolgen können, indem ausgeführt wird, wo genau die Aufstellung im Verhältnis zu den vorhandenen Altglascontainern erfolgen soll, oder auch durch Kenntlichmachung auf Lichtbildern (vgl. OVG NW, B.v. 27.1.2014 – 11 A 1986/13 – juris Rn. 9). Dass dies mittels einer Lageskizze oder eines Plans im Sinn von § 6 Abs. 1 Satz 4 der Sondernutzungssatzung der Beklagten hätte erfolgen müssen, was eine Darstellung möglicherweise erleichtert hätte, ist auch nach dem Beschluss des Senats vom 1. August 2017 nicht erforderlich.

Eine Auslegung des Antrags nach den für die Auslegung von empfangsbedürftigen Willenserklärungen des bürgerlichen Rechts geltenden Rechtsgrundsätzen (vgl. dazu OVG MV, U.v. 17.1.2007 – 3 L 231/99 – juris Rn. 24 m.w.N.) ist nicht geeignet, die Unbestimmtheit zu beseitigen. Es fehlt an hinreichenden Anhaltspunkten für eine weitere Präzisierung.

Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Beklagte die konkreten Standorte geprüft und für bestimmt genug gehalten hätte. Hierfür finden sich in den Akten, die lediglich Lichtbilder der Standorte und keine Prüfvermerke enthalten, keine Anhaltspunkte. Vielmehr ist im Schreiben vom 4. Juli 2016 allein davon die Rede, dass die Beklagte ein eigenes Altkleidersammelsystem besitze und dass der Zweck durch Inanspruchnahme privater Grundstücke erreicht werden könne. Auf konkrete Aufstellungsorte ist die Beklagte nicht eingegangen und hat auch in ihrem Schriftsatz vom 21. September 2016 (S. 28 der Gerichtsakte) lediglich allgemein im Hinblick auf einzelne, auf Parkplätzen befindliche Standorte auf den potentiellen Wegfall von Parkmöglichkeiten verwiesen, ohne dies jedoch näher zu konkretisieren, was angesichts der Unbestimmtheit kaum möglich gewesen wäre. Die Feststellung, dass die Aufstellungsorte neben vorhandenen Containern liegen sollen (vgl. den Vermerk vom 20.6.2016, S. 6 der Behördenakte), genügt angesichts der verschiedenen Aufstellungsmöglichkeiten ebenfalls nicht für eine Konkretisierung des Antrags, wie bereits oben dargelegt wurde. Schließlich hat der Beklagtenvertreter – ausweislich der Niederschrift – in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Standorte nur sehr pauschal benannt worden sind (S. 64 der Akte des Verwaltungsgerichts).

Gründe dafür, dass der Klägerin eine Konkretisierung nicht zumutbar gewesen sei, wurden nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich. Ob es möglich gewesen wäre, Beeinträchtigungen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs im Verwaltungsverfahren (etwa durch Ortsbegehung) auszuräumen, ist unerheblich, weil sich die Klägerin entschieden hat, umgehend Klage zu erheben. Sie hat auch im gerichtlichen Verfahren – einschließlich des Anhörungsrügeverfahrens – keine Konkretisierung vorgenommen.

Auf eine nähere Beschreibung der Container kommt es daneben nicht an. Ebenso wenig auf Unklarheiten im Antrag hinsichtlich der Grundfläche (nach Länge und Breite [1,15 m x 1,15 m] ergibt sich eine Grundfläche von 1,3225 qm und nicht von 1,15 qm, wie im Antrag vom 3.6.2016 angegeben). Maßgeblich ist aus straßenrechtlicher Sicht in erster Linie die Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs, die mangels genauer Standortbezeichnung nicht hinreichend beurteilt werden kann.

3. Die Klägerin hat sich schließlich – abgesehen von der Geltendmachung eines Gehörsverstoßes – nicht gegen die Heranziehung einer für die Vorinstanz nicht entscheidungserheblich Begründung gewendet. Die Frage der Bestimmtheit der Antragstellung wurde im erstinstanzlichen Verfahren aber aufgeworfen und es ist auch offensichtlich, dass ein unbestimmter Antrag nicht prüffähig ist, wenn die konkreten Standorte im jeweiligen Einzelfall zu pauschal und nicht hinreichend genau bezeichnet werden. Dies ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung anerkannt (vgl. oben).

4. Hinsichtlich der im Beschluss vom 1. August 2017 getroffenen Kostenentscheidung ergibt sich keine Änderung.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

3 Referenzen - Gesetze

{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten ist das Verfahren fortzuführen, wenn1.ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und2.das Gericht den Anspruch dieses Bet

Insoweit die Entscheidung, die auf Grund der neuen Verhandlung zu erlassen ist, mit der in dem Versäumnisurteil enthaltenen Entscheidung übereinstimmt, ist auszusprechen, dass diese Entscheidung aufrechtzuerhalten sei. Insoweit diese Voraussetzung ni
2 Referenzen - Urteile
{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 15/12/2017 00:00

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Klägerin hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen. III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt. Gründe
published on 27/01/2014 00:00

Tenor Der Antrag wird abgelehnt.Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.Der Streitwert wird unter Abänderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung für beide Instanzen auf 507.500 Euro festgesetzt. 1 G r ü n d e :2Der Antrag hat
{{Doctitle}} zitiert {{count_recursive}} Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Annotations

(1) Auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten ist das Verfahren fortzuführen, wenn

1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und
2.
das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung findet die Rüge nicht statt.

(2) Die Rüge ist innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. § 67 Abs. 4 bleibt unberührt. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.

(3) Den übrigen Beteiligten ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(4) Ist die Rüge nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Form oder Frist erhoben, so ist sie als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.

(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies aufgrund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können. Für den Ausspruch des Gerichts ist § 343 der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden.

(6) § 149 Abs. 1 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden.

Insoweit die Entscheidung, die auf Grund der neuen Verhandlung zu erlassen ist, mit der in dem Versäumnisurteil enthaltenen Entscheidung übereinstimmt, ist auszusprechen, dass diese Entscheidung aufrechtzuerhalten sei. Insoweit diese Voraussetzung nicht zutrifft, wird das Versäumnisurteil in dem neuen Urteil aufgehoben.