Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 18. Feb. 2019 - 4 CE 19.238

published on 18.02.2019 00:00
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 18. Feb. 2019 - 4 CE 19.238
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Verwaltungsgericht München, M 22 E 19.245, 18.01.2019

Gericht

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Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

Die gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 18. Januar 2019 gerichtete Beschwerde der Antragsgegnerin, die sich nach den Ausführungen in der Beschwerdebegründung vom 25. Januar 2019 - entgegen dem Wortlaut des dort und im weiteren Schriftsatz vom 15. Februar 2019 gestellten Antrags - nicht gegen die erstinstanzliche Entscheidung insgesamt und damit auch gegen die Verpflichtung zu einer Einzelzimmerunterbringung, sondern ausschließlich gegen die Verpflichtung zur Bereitstellung einer eigenen Nasszelle richtet, ist zulässig, aber unbegründet.

Dem Antragsteller, der sich nach dem bei den Akten befindlichen ärztlichen Abschlussbericht vom 28. Dezember 2018 einer stationären orthopädischen Weiterbehandlung bis zum 25. Dezember 2018 hinsichtlich seiner Fußverletzungen unterzogen hat, steht nach der im gerichtlichen Eilverfahren nur möglichen summarischen Prüfung ein Anspruch auf eine eigene Nasszelle im Rahmen der Obdachlosenunterbringung zu. Die aktuelle medizinische Notwendigkeit eines solchen sanitären Sonderbedarfs ergibt sich - infolge des Zeitablaufs - zwar nicht (mehr) aus dem im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten allgemeinärztlichen Attest vom 7. September 2018, in welchem im Anschluss an den damaligen Krankenhausaufenthalt auf die Gefährdung des Operationsergebnisses verwiesen wurde. Der Antragsteller hat aber im Rahmen seiner Anhörung im Beschwerdeverfahren ein aktuelles hausärztliches Attest vom 13. Februar 2019 vorgelegt, wonach er an einer sehr schweren Verbrennung II. Grades mit offener schlecht heilender Wunde leide, so dass zur Vermeidung weiterer Infektionen und einer Besserung der Wunde die Notwendigkeit einer eigenen Nasszelle besteht. Nach Aussage des Attests besteht ohne eigene Nasszelle die Gefahr, dass sich das Gesundheitsbild verschlechtert. Diese ärztliche Aussage wird untermauert durch den beigefügten Bericht einer radiologischen Praxis vom 18. Januar 2019, wonach an den betroffenen Körperpartien weiterhin chronisch entzündliche Prozesse festzustellen sind.

Die genannten ärztlichen Äußerungen reichen entgegen der Annahme der Antragsgegnerin aus, um das auf besonderen persönlichen Umständen beruhende hygienische Erfordernis einer eigenen Nasszelle in der für das Eilverfahren notwendigen Weise glaubhaft zu machen. Die in der ergänzenden Beschwerdebegründung vom 15. Februar 2019 getroffene gegenteilige Aussage, wonach eine hygienische Wundversorgung auch in einem Gemeinschaftsbad bzw. in einem mit anderen Personen geteilten Bad möglich sei, stützt sich ersichtlich nicht auf eine medizinische Untersuchung des Antragstellers und stellt daher nur ein pauschales und unsubstantiiertes Bestreiten der ihn betreffenden ärztlichen Feststellungen dar. Das Gleiche gilt für die in ihrer Allgemeinheit ersichtlich unzutreffende Behauptung, auch in einem Krankenhaus sei eine Unterbringung in einem Zimmer mit eigener Nasszelle „nicht gewährleistet“. Liegt eine ärztliche Bescheinigung vor, die dem Unterzubringenden einen krankheitsbedingten Zusatzbedarf bestätigt, so kann die Sicherheitsbehörde dies im Regelfall nur verweigern, wenn sie aufgrund besserer fachlicher Erkenntnis, z. B. unter Verweis auf eine von ihr veranlasste amtsärztliche Untersuchung, zum gegenteiligen Ergebnis gelangt ist (vgl. Ehmann, Obdachlosigkeit, 2. Aufl. 2006, S. 98). Solange dies nicht geschehen ist, muss dem Unterbringungsbegehren in der durch ein ärztliches Attest bestätigten Form jedenfalls vorläufig bis zu einer näheren Aufklärung des Sachverhalts stattgegeben werden (vgl. BVerfG, B.v. 7.4.1993 - 1 BvR 565/93 - NVwZ 1993, 1181).

In dem hier gefundenen Ergebnis liegt entgegen der Darstellung der Antragsgegnerin kein Widerspruch zu dem allgemeinen Grundsatz, dass die Obdachlosenfürsorge nur zur Verschaffung einer Unterkunft „einfacher Art“ verpflichtet (BayVGH, B.v. 3.8.2012 - 4 CE 12.1509 - juris Rn. 5). Denn ungeachtet dessen müssen die unterzubringenden Personen, wie es in der zitierten Entscheidung heißt, Einschränkungen ihrer Wohnansprüche dort nicht mehr hinnehmen, „wo die Anforderungen an eine menschenwürdige, das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit achtende Unterbringung nicht mehr eingehalten sind“ (BayVGH, a.a.O., m.w.N.). Zur körperlichen Unversehrtheit kann es in besonders gelagerten Fällen auch gehören, sich nicht durch die Benutzung sanitärer Gemeinschaftseinrichtungen der konkreten Infektionsgefahr bei einer noch nicht ausgeheilten Wunde aussetzen zu müssen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung zum Streitwert auf § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG i. V. m. Nr. 1.5 und 35.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte
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published on 28.05.2019 00:00

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Der Streitwert wird auf 2.500,- Euro festgesetzt. Gründe I. Der Antragsteller begehrt im We
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.