Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 09. Dez. 2014 - 3 ZB 12.697

bei uns veröffentlicht am09.12.2014

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 832,- Euro festgesetzt.

Gründe

Der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils), des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten) und des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung) gestützte Antrag bleibt ohne Erfolg.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts i. S. v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht. Ernstliche Zweifel im Sinne dieser Vorschrift, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen. Dies ist vorliegend nicht der Fall.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage auf Zahlung von 832,- Euro Religionsunterrichtsvergütung zu Recht abgewiesen. Unabhängig von der Frage der Zulässigkeit der Klage, die das Verwaltungsgericht - wohl im Ergebnis zu Recht - bejaht hat, steht dem Kläger kein Anspruch auf die Auszahlung der ihm bislang vorenthaltenen Besoldungsbestandteile in Form einer Zulage für die Erteilung von zusätzlichem Religionsunterricht zu.

1.1 Gemäß Art. 44 a Pfarrergesetz (PfG) sind Pfarrerinnen und Pfarrer zur Erteilung von Religionsunterricht nach Maßgabe der Regelungen der Verordnung über die Erteilung des Religionsunterricht (RUVertV) verpflichtet. Das allgemeine Regelstundenmaß beträgt gemäß § 4 Abs. 1 RUVertV sechs Wochenstunden. Nach § 5 Abs. 2 Buchst. a RUVertV vermindert sich das Regelstundenmaß für Pfarrerinnen und Pfarrer, die das 55. Lebensjahr bis zum 1. Februar des laufenden Schuljahrs vollendet haben, um zwei Wochenstunden, nach § 5 Abs. 2 Buchst. b RUVertV für Pfarrerinnen und Pfarrer, die das 58. Lebensjahr bis zum 1. Februar des laufenden Schuljahrs vollendet haben, um vier Wochenstunden. Damit wäre es grundsätzlich beim im Mai 1948 geborenen Kläger für die Schuljahre 2004/2005 und 2005/2006 bei einem Regelstundenmaß von 4 Wochenstunden verblieben. Aufgrund seiner Tätigkeiten als Dekanatsmissionspfarrer und als Sprecher der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen in der E.-L. Kirche wurde ihm jedoch für die Schuljahre 2004/2005 und 2005/2006 eine weitere Stundenreduzierung um zwei Wochenstunden zugebilligt (s. Schreiben des Evangelisch-Lutherischen Dekanatsbezirks Sulzbach-Rosenberg vom 2. August 2011). Diese Reduzierung hatte zur Folge, dass das Pflichtstundenmaß des Klägers im fraglichen Zeitraum zwei Wochenstunden betrug, er aber weiterhin vier Wochenstunden Religionsunterricht am E.-Gymnasium in A. erteilte.

1.2. Gem. § 31 Abs. 4 Pfarrerbesoldungsgesetz (PfBesG) erhalten Empfänger von Dienstbezügen, die über ihr Regelstundenmaß hinaus Religionsunterricht erteilen und hierfür vom Schulträger keine Vergütung erhalten, eine Zulage in Höhe von monatlich 52,- Euro für jede Jahreswochenstunde, § 5 Abs. 2 Verordnung zur Durchführung des Pfarrbesoldungsgesetz (DVPfBesG). Für die im Zeitraum von April 2005 bis Juli 2006 geleisteten zwei Wochenstunden Religionsunterricht über das Regelstundenmaß hinaus standen dem Kläger somit grundsätzlich (16 x 2 x 52,- Euro) 1664,- Euro (104,- Euro pro Monat) zu.

1.3. Mit Leistung der Beklagten an den Pfändungspfandgläubiger gemäß dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (§§ 829, 835, 832 ZPO) des Amtsgerichts A. vom 5. Januar 2006 zugunsten der Sparkasse A. ist die Beklagte jedoch von ihrer oben genannten Leistungspflicht frei geworden (§ 1282 Abs. 1 BGB). Gemäß § 850a Nr. 1 ZPO sind zwar die für die Leistung von Mehrarbeitsstunden gezahlten Teile des Arbeitseinkommens zur Hälfte unpfändbar. Zu Recht kommt das Verwaltungsgericht aber zur Auffassung, dass es sich bei der fraglichen Zulage für überobligatorischen Religionsunterricht gem. § 5 Abs. 2 DVPfBesG, § 31 Abs. 4 PfBesG nicht um eine Leistung für Mehrarbeitsstunden i. S. d. § 850a Nr. 1 ZPO handelt. Der an den Kläger im fraglichen Zeitraum auszuzahlende Betrag in Höhe von insgesamt 1664,- Euro unterlag deshalb zur Gänze der Pfändung, vom Beklagten wurde insoweit keine nicht der Pfändung gem. § 850a Nr. 1 ZPO unterliegende hälftigen Besoldungsanteile (in Höhe von 832,- Euro) an den Pfandgläubiger abgeführt.

Zu Recht verweist das Verwaltungsgericht darauf, dass es sich bei den überobligatorisch geleisteten zwei Religionsstunden nicht um Mehrarbeit im vollstreckungsrechtlichen Sinne handelt. Der Schutz des Schuldners im Sinne des § 850a Nr. 1 ZPO bezieht sich auf Mehrarbeitsstunden, die über die gewöhnliche Arbeitszeit hinausgehen, wie sie durch Tarif, Betriebs- oder Dienstordnung festgesetzt ist. In Betracht kommt insoweit Mehrarbeit im Anschluss an die übliche Tagesarbeitszeit oder in gewöhnlich freier Zeit, z. B. an Sonn- und Feiertagen oder zur Nachtzeit (vgl. Musielak, Kommentar zur ZPO, 11. Auflage, 2014, § 850a Rn. 2). Mehrarbeit in diesem Sinne ist die über die vertragliche Arbeitszeit eines Vollarbeitsverhältnisses hinaus geleistete Arbeit, insbesondere Überstunden (vgl. Thomas Putzo, Kommentar zur ZPO, 35. Auflage 2014, § 850a Rn. 2; Zöller, Kommentar zur ZPO, 30. Auflage 2014, § 850a Rn. 2), nicht aber Leistungszulagen, Akkord- oder Prämienlohn, die konstitutive Bestandteile des Lohnes selbst sind (s. Münchner Kommentar zur ZPO, 4. Auflage, Band 2, 2012, § 850a Rn. 4). Da für Pfarrer keine gewöhnliche, regelmäßige, geregelte, nach festen Wochenarbeitsstunden oder -zeiten bemessene Arbeitszeit festgelegt ist, können diese ihre Arbeitszeit im Wesentlichen frei einteilen und bestimmen. Wenn der Kläger nun zwei zusätzliche Religionsunterrichtsstunden (in der Regel wohl vormittags oder am frühen Nachmittag) in der Schule übernimmt, ist dadurch allein noch nicht ersichtlich, dass er insoweit ein „Mehr“ an Arbeit im Sinne einer über die gewöhnliche Arbeitszeit hinausgehenden Arbeit, insbesondere in Form von sogenannten Überstunden geleistet hat, da beim Kläger von einer regelmäßigen, geregelten festen Arbeitszeit gerade nicht auszugehen ist. Konkrete Angaben, inwieweit die Ableistung von zwei zusätzlichen Religionsstunden die wöchentliche Arbeitszeit des Klägers tatsächlich erhöht hat bzw. welche Aufgaben hierdurch nicht im Rahmen der üblichen Arbeitszeit wahrgenommen werden konnten, hat der Kläger nicht gemacht. Die pauschale Behauptung, dass sich seelsorgerische Aufgaben durch den zusätzlichen Religionsunterricht in die Abendstunden verlagert hätten, erweist sich im Hinblick auf die Anforderungen im Zulassungsverfahren als nicht ausreichend.

Unabhängig hiervon hat das Verwaltungsgericht auch zu Recht darauf hingewiesen, dass nach § 31 Abs. 4 PfBesG dem Kläger - auch im wörtlichen Sinne - keine Mehrarbeitsvergütung, sondern eine Zulage für Aufgaben gewährt wird, die innerhalb seiner dienstlichen Verpflichtung (Erteilung von Religionsunterricht im Rahmen des kirchlichen Bildungs- und Verkündungsauftrags gemäß Art. 1 der Kirchenverfassung - § 1 Satz 1 RUVertV) liegt. Auch § 6 Abs. 1 Satz 1 RUVertV, der die Vergütung von zusätzlich erteilten Religionsunterricht regelt, spricht von „zusätzlicher Honorierung“ nach Maßgabe des § 31 Abs. 2 und 4 PfBesG. Soweit das Verwaltungsgericht in der Zulage gem. § 31 Abs. 4 PfBesG eine Anerkennung für besonderen Einsatz ähnlich einer Art Lehrvergütung („Honorar“) oder einer Art Leistungszulage für die freiwillige Übernahme von Aufgaben (Art. 44a PfG, § 5 RUVertV) sieht, und keine Mehrarbeitsvergütung im Sinne von § 850 a Nr. 1 ZPO, ist deshalb nichts zu erinnern. Gerade die Ausgestaltung als Zulage, die zwar an der Erteilung der Unterrichtsstunde an sich festgemacht wird, jedoch nicht jede einzelne Arbeitsstunde erfasst und individuell entlohnt, spricht gegen eine Mehrarbeitsvergütung im Sinne von § 850 a Nr. 1 ZPO, die in der Regel pro Überstunde und nicht - wie in § 5 Abs. 2 DVPfBesG vorgesehen - für die Zahl der „Jahreswochenstunden“ pauschal gewährt wird. Zu Recht sah das Verwaltungsgericht in dem Umstand, dass für die überobligatorische Erteilung von Religionsunterricht gemäß § 31 Abs. 4 PfBesG, § 5 DVPfBesG kein Zeitausgleich vorgesehen ist, wie sonst bei Mehrarbeit in Form von Überstunden üblich, seine Rechtsauffassung gestützt. Diese Auslegung folgt auch der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach sich Mehrarbeit auf Ausnahmefälle zu beschränken hat und bei erheblicher zusätzlicher Belastung grundsätzlich durch Freizeit auszugleichen ist (s. BVerwG, U. v. 28.5.2003 - 2 C 35/02 - juris zum Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung).

Nachdem kein Auszahlungsanspruch des Klägers mehr besteht, kam es auf die Frage der Verjährung nicht an.

2. Aus den unter 1. dargestellten Gründen ergibt sich zugleich, dass die Rechtssache auch nicht die geltend gemachten tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO aufweist. Auf die Ausführungen unter Ziffer 1 wird insoweit Bezug genommen.

Tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten wären nur zu bejahen, wenn das Verfahren überdurchschnittlich schwierige Tatsachen- bzw. Rechtsfragen aufwirft, die sich nicht in einem Zulassungsverfahren beantworten lassen, und der Ausgang des Rechtsstreits deshalb als offen anzusehen ist. Dies ist nach den Ausführungen unter Ziff. 1 gerade nicht der Fall.

3. Die Rechtssache weist auch keine grundsätzliche Bedeutung i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO auf.

Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine im Berufungsverfahren klärungsbedürftige und für die Entscheidung dieses Verfahrens erhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat. Dabei ist zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes die Frage auszuformulieren und substantiiert auszuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird. Diesen Anforderungen genügt das Zulassungsvorbringen nicht. Eine Bedeutung über den konkreten Einzelfall hinaus konnte nicht dargelegt werden und ist auch nicht ersichtlich.

Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 GKG.

Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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Referenzen - Gesetze

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Zivilprozessordnung - ZPO | § 829 Pfändung einer Geldforderung


(1) Soll eine Geldforderung gepfändet werden, so hat das Gericht dem Drittschuldner zu verbieten, an den Schuldner zu zahlen. Zugleich hat das Gericht an den Schuldner das Gebot zu erlassen, sich jeder Verfügung über die Forderung, insbesondere ihrer

Zivilprozessordnung - ZPO | § 835 Überweisung einer Geldforderung


(1) Die gepfändete Geldforderung ist dem Gläubiger nach seiner Wahl zur Einziehung oder an Zahlungs statt zum Nennwert zu überweisen. (2) Im letzteren Fall geht die Forderung auf den Gläubiger mit der Wirkung über, dass er, soweit die Forderung b

Zivilprozessordnung - ZPO | § 850a Unpfändbare Bezüge


Unpfändbar sind1.zur Hälfte die für die Leistung von Mehrarbeitsstunden gezahlten Teile des Arbeitseinkommens;2.die für die Dauer eines Urlaubs über das Arbeitseinkommen hinaus gewährten Bezüge, Zuwendungen aus Anlass eines besonderen Betriebsereigni

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1282 Leistung nach Fälligkeit


(1) Sind die Voraussetzungen des § 1228 Abs. 2 eingetreten, so ist der Pfandgläubiger zur Einziehung der Forderung berechtigt und kann der Schuldner nur an ihn leisten. Die Einziehung einer Geldforderung steht dem Pfandgläubiger nur insoweit zu, als

Zivilprozessordnung - ZPO | § 832 Pfändungsumfang bei fortlaufenden Bezügen


Das Pfandrecht, das durch die Pfändung einer Gehaltsforderung oder einer ähnlichen in fortlaufenden Bezügen bestehenden Forderung erworben wird, erstreckt sich auch auf die nach der Pfändung fällig werdenden Beträge.

Referenzen

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Soll eine Geldforderung gepfändet werden, so hat das Gericht dem Drittschuldner zu verbieten, an den Schuldner zu zahlen. Zugleich hat das Gericht an den Schuldner das Gebot zu erlassen, sich jeder Verfügung über die Forderung, insbesondere ihrer Einziehung, zu enthalten. Die Pfändung mehrerer Geldforderungen gegen verschiedene Drittschuldner soll auf Antrag des Gläubigers durch einheitlichen Beschluss ausgesprochen werden, soweit dies für Zwecke der Vollstreckung geboten erscheint und kein Grund zu der Annahme besteht, dass schutzwürdige Interessen der Drittschuldner entgegenstehen.

(2) Der Gläubiger hat den Beschluss dem Drittschuldner zustellen zu lassen. Der Gerichtsvollzieher hat dem Schuldner den Beschluss mit dem Zustellungsnachweis sofort zuzustellen, sofern nicht eine öffentliche Zustellung erforderlich ist. An Stelle einer an den Schuldner im Ausland zu bewirkenden Zustellung erfolgt die Zustellung durch Aufgabe zur Post, sofern die Zustellung nicht nach unmittelbar anwendbaren Regelungen der Europäischen Union zu bewirken ist.

(3) Mit der Zustellung des Beschlusses an den Drittschuldner ist die Pfändung als bewirkt anzusehen.

(4) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Formulare für den Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses einzuführen. Soweit nach Satz 1 Formulare eingeführt sind, muss sich der Antragsteller ihrer bedienen. Für Verfahren bei Gerichten, die die Verfahren elektronisch bearbeiten, und für Verfahren bei Gerichten, die die Verfahren nicht elektronisch bearbeiten, können unterschiedliche Formulare eingeführt werden.

(1) Die gepfändete Geldforderung ist dem Gläubiger nach seiner Wahl zur Einziehung oder an Zahlungs statt zum Nennwert zu überweisen.

(2) Im letzteren Fall geht die Forderung auf den Gläubiger mit der Wirkung über, dass er, soweit die Forderung besteht, wegen seiner Forderung an den Schuldner als befriedigt anzusehen ist.

(3) Die Vorschriften des § 829 Abs. 2, 3 sind auf die Überweisung entsprechend anzuwenden. Wird ein bei einem Kreditinstitut gepfändetes Guthaben eines Schuldners, der eine natürliche Person ist, dem Gläubiger überwiesen, so darf erst einen Monat nach der Zustellung des Überweisungsbeschlusses an den Drittschuldner aus dem Guthaben an den Gläubiger geleistet oder der Betrag hinterlegt werden; ist künftiges Guthaben gepfändet worden, ordnet das Vollstreckungsgericht auf Antrag zusätzlich an, dass erst einen Monat nach der Gutschrift von eingehenden Zahlungen an den Gläubiger geleistet oder der Betrag hinterlegt werden darf.

(4) Wenn nicht wiederkehrend zahlbare Vergütungen eines Schuldners, der eine natürliche Person ist, für persönlich geleistete Arbeiten oder Dienste oder sonstige Einkünfte, die kein Arbeitseinkommen sind, dem Gläubiger überwiesen werden, so darf der Drittschuldner erst einen Monat nach der Zustellung des Überweisungsbeschlusses an den Gläubiger leisten oder den Betrag hinterlegen.

Das Pfandrecht, das durch die Pfändung einer Gehaltsforderung oder einer ähnlichen in fortlaufenden Bezügen bestehenden Forderung erworben wird, erstreckt sich auch auf die nach der Pfändung fällig werdenden Beträge.

(1) Sind die Voraussetzungen des § 1228 Abs. 2 eingetreten, so ist der Pfandgläubiger zur Einziehung der Forderung berechtigt und kann der Schuldner nur an ihn leisten. Die Einziehung einer Geldforderung steht dem Pfandgläubiger nur insoweit zu, als sie zu seiner Befriedigung erforderlich ist. Soweit er zur Einziehung berechtigt ist, kann er auch verlangen, dass ihm die Geldforderung an Zahlungs statt abgetreten wird.

(2) Zu anderen Verfügungen über die Forderung ist der Pfandgläubiger nicht berechtigt; das Recht, die Befriedigung aus der Forderung nach § 1277 zu suchen, bleibt unberührt.

Unpfändbar sind

1.
zur Hälfte die für die Leistung von Mehrarbeitsstunden gezahlten Teile des Arbeitseinkommens;
2.
die für die Dauer eines Urlaubs über das Arbeitseinkommen hinaus gewährten Bezüge, Zuwendungen aus Anlass eines besonderen Betriebsereignisses und Treugelder, soweit sie den Rahmen des Üblichen nicht übersteigen;
3.
Aufwandsentschädigungen, Auslösungsgelder und sonstige soziale Zulagen für auswärtige Beschäftigungen, das Entgelt für selbstgestelltes Arbeitsmaterial, Gefahrenzulagen sowie Schmutz- und Erschwerniszulagen, soweit diese Bezüge den Rahmen des Üblichen nicht übersteigen;
4.
Weihnachtsvergütungen bis zu der Hälfte des Betrages, dessen Höhe sich nach Aufrundung des monatlichen Freibetrages nach § 850c Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 4 auf den nächsten vollen 10-Euro-Betrag ergibt;
5.
Geburtsbeihilfen sowie Beihilfen aus Anlass der Eingehung einer Ehe oder Begründung einer Lebenspartnerschaft, sofern die Vollstreckung wegen anderer als der aus Anlass der Geburt, der Eingehung einer Ehe oder der Begründung einer Lebenspartnerschaft entstandenen Ansprüche betrieben wird;
6.
Erziehungsgelder, Studienbeihilfen und ähnliche Bezüge;
7.
Sterbe- und Gnadenbezüge aus Arbeits- oder Dienstverhältnissen;
8.
Blindenzulagen.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.