Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 24. Mai 2017 - 22 NE 17.526

bei uns veröffentlicht am24.05.2017

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I. Die Verordnung der Antragsgegnerin über das Offenhalten von Verkaufsstellen aus Anlass des Turamichele-Festes vom 30. Januar 2017 (Amtsblatt der Antragsgegnerin Nr. 5/6 vom 10.2.2017, S. 22) wird insoweit außer Vollzug gesetzt, als damit eine Sonntagsöffnung im Jahr 2017 gestattet wird.

II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Mit dem vorliegenden, am 10. März 2017 gestellten Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO beantragen die Antragsteller bei Schluss der mündlichen Verhandlung,

die Rechtsverordnung der Antragsgegnerin über das Offenhalten von Verkaufsstellen aus Anlass des Turamichele-Festes vom 30. Januar 2017, veröffentlicht im Amtsblatt der Antragsgegnerin Nr. 5/6 vom 10. Februar 2017, insoweit außer Vollzug zu setzen, als damit eine Sonntagsöffnung im Jahr 2017 gestattet wird.

§ 1 dieser auf § 14 LadSchlG gestützten Verordnung, die vom Stadtrat der Antragsgegnerin am 15. Dezember 2016 beschlossen und von ihrem Oberbürgermeister am 30. Januar 2017 (unter Berichtigung eines unterlaufenen Redaktionsversehens) ausgefertigt wurde, lautet:

„Anlässlich der jährlich wiederkehrenden Veranstaltungen zum Turamichele-Fest dürfen am Sonntag, den 01.10.2017, 30.09.2018, 29.09.2019, 27.09.2020 und 26.09.2021 Verkaufsstellen im Umfeld des ‚Turamichele-Festes‘ in der Zeit von 13.00 bis 18.00 Uhr ihre Waren zum Verkauf an anbieten.“

§ 2 dieser eine Woche nach ihrer Bekanntmachung in Kraft getretenen Verordnung legt fest, welcher Teil des Stadtgebiets der Antragsgegnerin als „Umfeld des Turamichele-Festes“ gilt.

Zur Begründung ihres Antrags machen die Antragsteller im Wesentlichen geltend, die Verordnung sei offensichtlich rechtswidrig; bereits deshalb müsse ihr Vollzug suspendiert werden. Die Gesichtspunkte, die nach Auffassung der Antragsteller die Rechtswidrigkeit der verfahrensgegenständlichen Verordnung nach sich ziehen, stimmen mit denen überein, auf die sie den am 13. März 2017 eingereichten Antrag nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO gestützt haben, u. a. diese Verordnung für unwirksam zu erklären (Verfahren 22 N 17.527). Sollte es danach überhaupt noch auf eine Folgenabwägung ankommen, überwögen ihre Belange sowie das öffentliche Interesse an der Wahrung des verfassungsrechtlich geschützten Rechtsguts der Sonn- und Feiertagsruhe die Interessen der Antragsgegnerin.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Den Antragstellern stehe kein Anordnungsgrund zur Seite, da eine vorläufige Regelung weder zur Abwendung wesentlicher Nachteile noch aus anderen Gründen nötig erscheine. Da die Außervollzugsetzung einer Norm in der Regel über den Rechtskreis der Antragsteller hinaus Wirkungen zum Vor- oder Nachteil einer großen Zahl von Personen zeitige, sei an die Prüfung der Voraussetzungen des § 47 Abs. 6 VwGO ein strenger Maßstab anzulegen. Es sei zu bestreiten, dass eine ins Gewicht fallende Zahl von Kirchgängern sowie von Mitgliedern der Antragsteller oder anderer Personen deshalb am Besuch von Gottesdiensten oder an der Teilnahme an Veranstaltungen der Antragsteller gehindert werde, weil diese Menschen wegen der am Nachmittag des 1. Oktober 2017 zugelassenen Sonntagsöffnung arbeiten müssten. Vielmehr fänden sowohl Gottesdienste als auch Kundgebungen der Antragsteller üblicherweise vormittags oder abends statt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Normenkontrollantrag der Antragsteller und das vorliegende Rechtsschutzbegehren nach § 47 Abs. 6 VwGO am 24. Mai 2017 mündlich verhandelt.

Durch am 24. Mai 2017 erlassenes Urteil hat der Verwaltungsgerichtshof u. a. die Ungültigkeit der verfahrensgegenständlichen Verordnung festgestellt, da beide Antragsteller antragsbefugt seien und die Antragsgegnerin keine rechtskonforme Prognose darüber angestellt habe, ob der Besucherstrom, der durch die am „Turamichele-Sonntag“ stattfindenden Veranstaltungen - für sich genommen - ausgelöst wird, die Zahl der Personen übersteigt, die sich allein wegen der zugelassenen Öffnung von Verkaufsstellen in das durch § 2 der verfahrensgegenständlichen Verordnung umgrenzte Gebiet begeben. Ebenfalls unterlassen habe die Antragsgegnerin eine den Vorgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung genügende Prognose darüber, ob die am „Turamichele-Sonntag“ stattfindenden Veranstaltungen eine so große Ausstrahlungswirkung entfalten, dass die werktägliche Geschäftigkeit, die mit der zugelassenen Ladenöffnung einhergeht, als bloßer Annex zu den anlassgebenden Veranstaltungen erscheint. Auch könne nicht davon gesprochen werden, die verfahrensgegenständliche Verordnung stehe trotz des Fehlens rechtskonformer Prognosen im Ergebnis mit den sich aus dem höherrangigen Recht ergebenden Anforderungen in Einklang.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Akten des vorliegenden Rechtsstreits und des Normenkontrollverfahrens 22 N 17.527 verwiesen.

II.

Der Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO ist zulässig und begründet. Die Antragsteller können verlangen, dass die verfahrensgegenständliche Verordnung, soweit sie ein Offenhalten von Verkaufsstellen am Turamichele-Sonntag des laufendes Jahres (d.h. am 1.10.2017) gestattet, außer Vollzug gesetzt wird, da dies im Sinn von § 47 Abs. 6 VwGO „aus anderen wichtigen Gründen“ dringend geboten ist.

Diese Gründe ergeben sich daraus, dass der Verwaltungsgerichtshof im Normenkontrollverfahren 22 N 17.527 die sichere Überzeugung gewonnen hat, dass die Verordnung vom 30. Januar 2017 mit höherrangigem Recht nicht in Einklang steht. Hat das Gericht die Norm, hinsichtlich derer der Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO begehrt wird, bereits in einem Hauptsacheverfahren überprüft und ist es hierbei zu dem Ergebnis gelangt, dass sie keinen Bestand haben kann, so ist auch unter Berücksichtigung des strengen Maßstabs, der bei Entscheidungen nach § 47 Abs. 6 VwGO anzuwenden ist (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 8.4.2013 - 22 NE 13.659 - BayVBl 2014, 277 Rn. 27 m.w.N.), ihre Außervollzugsetzung jedenfalls dann dringend geboten, wenn die im Hauptsacheverfahren vorgenommene gerichtliche Rechtsanwendung - wie hier - auf einer nicht zweifelhaften Tatsachengrundlage beruht und sie sich auf eine eindeutige verfassungsgerichtliche und höchstrichterliche Rechtsprechung stützen kann (vgl. zur regelmäßig gebotenen Stattgabe eines Antrags nach § 47 Abs. 6 VwGO in Fällen offensichtlicher Ungültigkeit der verfahrensgegenständlichen untergesetzlichen Norm BayVGH, B.v. 1.7.2004 - 22 NE 03.3026 - juris Rn. 3; B.v. 11.8.2009 - 7 NE 09.1378 - NVwZ 2010, 268 Rn. 17; B.v. 25.1.2010 - 22 NE 09.2019 - juris Rn. 19; B.v. 8.4.2013 - 22 NE 13.659 - BayVBl 2014, 277 Rn. 28).

Im gegebenen Fall besteht kein Anlass, von dieser Regel abzuweichen. Vielmehr liegt es auch im Interesse der Gewerbetreibenden, denen durch die verfahrensgegenständliche Verordnung ein Offenhalten von Verkaufsstellen u. a. am 1. Oktober 2017 gestattet wurde, Klarheit darüber zu erlangen, dass sie an jenem Tag von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch machen dürfen. Ohne den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung bestünde diese Klarheit nicht, da das in der Sache 22 N 17.527 erlassene Urteil mit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision angegriffen werden kann. Sollte von dieser Befugnis Gebrauch gemacht werden, würde diese Entscheidung noch während einer u. U. längeren Zeit nicht rechtskräftig. Dies wäre mit den Interessen der begünstigten Ladeninhaber, Planungssicherheit hinsichtlich eines Sonntagsverkaufs am 1. Oktober 2017 zu erlangen, nicht vereinbar. Zugleich käme es bei einem Absehen vom Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung an jenem Tag, falls das in der Sache 22 N 17.527 ergangene Urteil bis dahin nicht rechtskräftig geworden sein sollte, zu der von den Antragstellern in nachvollziehbarer Weise befürchteten Beeinträchtigung ihres Grundrechts aus Art. 9 Abs. 3 GG. Bei bereits gerichtlich - wenn auch ggf. noch nicht rechtskräftig - festgestellter Ungültigkeit einer auf § 14 LadSchlG gestützten Verordnung und fehlenden gegenläufigen Interessen der Allgemeinheit oder Dritter von höherem Gewicht brauchen sie eine solche Beeinträchtigung nicht hinzunehmen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 52 Abs. 1 i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Für einen Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO, der die Außervollzugsetzung einer auf § 14 LadSchlG gestützten Verordnung zum Gegenstand hat, erachtet der Senat grundsätzlich einen Streitwert in Höhe der Hälfte des in § 52 Abs. 2 GKG bezeichneten Betrags für angemessen. Dieser Betrag war hier zum einen deshalb zu verdoppeln, da das Verfahren von zwei zueinander nicht in Rechtsgemeinschaft stehenden Antragstellern betrieben wurde. Eine nochmalige Verdoppelung erscheint im Hinblick darauf angezeigt, dass durch die beantragte Entscheidung die Hauptsache - bezogen auf den 1. Oktober 2017 - vorweggenommen wird.

Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO kein Rechtsmittel eröffnet.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

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(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung: 1. über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlas

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(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit 1. von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 de

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(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden. (2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverstä

Gesetz über den Ladenschluß - LadSchlG | § 14 Weitere Verkaufssonntage


(1) Abweichend von der Vorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 1 dürfen Verkaufsstellen aus Anlass von Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen an jährlich höchstens vier Sonn- und Feiertagen geöffnet sein. Diese Tage werden von den Landesregierungen ode

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 24. Mai 2017 - 22 N 17.527

bei uns veröffentlicht am 24.05.2017

Tenor I. Die Verordnung der Antragsgegnerin über das Offenhalten von Verkaufsstellen aus Anlass des Europatages vom 19. Januar 2017 (Amtsblatt der Antragsgegnerin Nr. 5/6 vom 10.2.2017, S. 22) ist insoweit unwirksam, als sie sich auf
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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 21. März 2018 - 22 NE 18.204

bei uns veröffentlicht am 21.03.2018

Tenor I. Das Verfahren hinsichtlich des Antrags der Antragstellerin zu 2 wird abgetrennt und erhält das neue Aktenzeichen 22 NE 18.639. II. Die Verordnung der Antragsgegnerin über die zusätzliche Öffnung der Verkaufsstellen an So

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(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Abweichend von der Vorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 1 dürfen Verkaufsstellen aus Anlass von Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen an jährlich höchstens vier Sonn- und Feiertagen geöffnet sein. Diese Tage werden von den Landesregierungen oder den von ihnen bestimmten Stellen durch Rechtsverordnung freigegeben.

(2) Bei der Freigabe kann die Offenhaltung auf bestimmte Bezirke und Handelszweige beschränkt werden. Der Zeitraum, während dessen die Verkaufsstellen geöffnet sein dürfen, ist anzugeben. Er darf fünf zusammenhängende Stunden nicht überschreiten, muss spätestens um 18 Uhr enden und soll außerhalb der Zeit des Hauptgottesdienstes liegen.

(3) Sonn- und Feiertage im Dezember dürfen nicht freigegeben werden. In Orten, für die eine Regelung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 getroffen ist, dürfen Sonn- und Feiertage nach Absatz 1 nur freigegeben werden, soweit die Zahl dieser Tage zusammen mit den nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 freigegebenen Sonn- und Feiertagen 40 nicht übersteigt.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

Tenor

I. Die Verordnung der Antragsgegnerin über das Offenhalten von Verkaufsstellen aus Anlass des Europatages vom 19. Januar 2017 (Amtsblatt der Antragsgegnerin Nr. 5/6 vom 10.2.2017, S. 22) ist insoweit unwirksam, als sie sich auf die Jahre von 2018 bis 2021 bezieht.

II. Die Verordnung der Antragsgegnerin über das Offenhalten von Verkaufsstellen aus Anlass des Turamichele-Festes vom 30. Januar 2017 (Amtsblatt der Antragsgegnerin Nr. 5/6 vom 10.2.2017, S. 22) ist unwirksam.

III. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

IV. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Antragsteller vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Antragsteller erstreben die Feststellung der Unwirksamkeit der am 19. Januar 2017 erlassenen Verordnung der Antragsgegnerin über das Offenhalten von Verkaufsstellen aus Anlass des Europatages, soweit sich diese Verordnung Geltung für die Zukunft beimisst, und der vom 30. Januar 2017 stammenden Verordnung der Antragsgegnerin über das Offenhalten von Verkaufsstellen aus Anlass des Turamichele-Festes (beide bekanntgemacht im Amtsblatt der Antragsgegnerin Nr. 5/6 vom 10.2.2017, S. 22)

1. Bei der Antragstellerin zu 1) handelt es sich um eine Gewerkschaft, deren Organisationsbereich ihrer Satzung zufolge u. a. im Handel tätige Arbeitnehmer umfasst.

Der Antragsteller zu 2) - ein eingetragener Verein - bezeichnet sich in der Präambel seiner Satzung als eine selbständige Vereinigung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Aus seinem Selbstverständnis, „lebendiger Teil der Kirche zu sein und in der Arbeiterbewegung zu wurzeln“, sei er „politische Bewegung, Selbsthilfebewegung, Bildungs- und Aktionsbewegung sowie internationale Bewegung“; er sieht seine satzungsmäßige Tätigkeit als „Wesens- und Lebensäußerung der Katholischen Kirche“ an. Gemäß § 3 Nr. 1 der Satzung verfolgt er eine sozial- und berufspolitische Zielsetzung; § 3 Nr. 2 der Satzung zufolge liegt sein Zweck in der Förderung der Erziehung, der Volks- und Berufsbildung. Wegen der in der Satzung im Einzelnen hervorgehobenen Ziele und Aufgaben des Antragstellers zu 2) und der Instrumente, mit denen er diese Zwecke insbesondere zu verwirklichen sucht, wird auf § 3 Nrn. 3 und 4 der Satzung verwiesen.

2. Im Gebiet der Antragsgegnerin galten bis einschließlich des Jahres 2014 Verordnungen, die aus Anlass des Europatages sowie des Turamichele-Festes ein Offenhalten von Verkaufsstellen im gesamten Stadtgebiet (u. U. mit Ausnahme eines einzelnen Ortsteils) zuließen.

3. Am 13. November 2014 erließ die Antragsgegnerin eine neue Verordnung über das Offenhalten von Verkaufsstellen aus Anlass des Europatages (Amtsblatt der Antragsgegnerin vom 28.11.2014, S. 282), die sich Geltung nur für Sonntag, den 3. Mai 2015, beilegte. Als Umfeld des Europatages legte sie das von folgenden Straßen und Plätzen eingeschlossene Gebiet fest:

Stetten Straße, Eserwall Straße, Rote-Torwall Straße, Rembold Straße bis Provino Straße, Provino Straße bis Nagahama Allee, Nagahama Allee bis Schäfflerbach Straße, Schäfflerbach Straße bis Argon Straße, Argon Straße, Jakobertor Platz, Oblatterwall Straße, Bert-Brecht Straße bis Klaucke Straße, Klaucke Straße bis Brücken Straße, Brücken Straße, Stephingerberg, Pfärrle, Am Fischertor, Thomm Straße, Liebig Straße, Senkelbach Straße, Holzbach Straße, Rosenau Straße bis Stetten Straße.

Ebenfalls am 13. November 2014 erließ die Antragsgegnerin eine neue Verordnung über das Offenhalten von Verkaufsstellen aus Anlass des Turamichele-Festes (Amtsblatt der Antragsgegnerin vom 28.11.2014, S. 282), die nur für Sonntag, den 27. September 2015, galt und die das Umfeld des Turamichele-Festes wie folgt begrenzte:

Oberbürgermeister-Müller-Ring (zwischen Wertach und Rumpler Straße), Rumpler Straße bis Haunstetter Straße, Haunstetter Straße (zwischen Rumpler Straße und Inverness Allee), Inverness Allee (bis Friedberger Straße), Friedberger Straße bis Berliner Allee, Berliner Allee bis Hans-Böckler Straße, Stadtbach Straße bis zur Sebastian Straße, Sebastian Straße, Riedinger Straße bis Dieselbrücke, entlang der Wertach bis Oberbürgermeister-Müller-Ring.

In einer E-Mail vom 13. Februar 2015 trug der Geschäftsführer der „City Initiative Augsburg“, der eigenem Bekunden zufolge hierbei auf Bitten der ersten stellvertretenden Bürgermeisterin der Antragsgegnerin handelte, Gesichtspunkte an das Ordnungsreferat der Antragsgegnerin heran, die seines Erachtens eine Ausweitung des „Europa-Marktsonntages“ 2015 auf alle Stadtteile der Antragsgegnerin rechtfertigen würden. Dieser E-Mail zufolge sollte am 3. Mai 2015 parallel zum Europatag ein Innenstadtfest stattfinden.

In einer Ausarbeitung vom 16. Februar 2015 wies eine Juristin der Antragsgegnerin u. a. darauf hin, dass der Europatag und das Innenstadtfest als solche - auch ohne die Öffnung von Ladengeschäften - „einen enormen Besucherstrom anziehen“ müssten. Eine dahingehende „nachweisbare Prognose“ gelinge der Antragsgegnerin „vielleicht gerade noch für den Innenstadtbereich, schwerlich aber für den gesamten Außenbereich und das gesamte Stadtgebiet“. In diesem Vermerk heißt es u. a.: „Der Europamarkt ist ohne Tradition und Grenze. Von einer Art ‚Markt‘ kann hier also fast nicht die Rede sein.“

Am 26. März 2015 richtete der Handelsverband Bayern ein Schreiben an den Oberbürgermeister der Antragsgegnerin, in dem er ausführte, die grundsätzliche Einschränkung der Bereiche, innerhalb derer am Europa-Marktsonntag und am Turamichele-Marktsonntag ein Offenhalten von Verkaufsstellen zugelassen worden sei, könne „aus rechtlichen Gründen zumindest nachvollzogen werden, aus verbandspolitischen Gründen und im Interesse unserer Mitglieder jedoch nicht.“ Unabhängig hiervon sei nicht erkennbar, warum für den Europa-Marktsonntag ein kleinerer Umgriff als für den Turamichele-Marktsonntag angesetzt worden sei. Da Gewerbetreibenden „ohne tatsächliche Not eine verlässliche Umsatzerwartung in erheblicher Höhe genommen“ worden sei, werde wenigstens um eine Korrektur der nicht nachvollziehbaren unterschiedlichen Gebietsausweisung gebeten.

Am 3. April 2015 erließ der Oberbürgermeister der Antragsgegnerin daraufhin, gestützt auf Art. 37 Abs. 3 GO, eine Verordnung zur Änderung der Verordnung über das Offenhalten von Verkaufsstellen aus Anlass des Europatages vom 13. November 2014. Sie gestattete einen Verkauf von Waren innerhalb des gleichen Gebiets wie die Verordnung über das Offenhalten von Verkaufsstellen aus Anlass des Turamichele-Festes vom 13. November 2014. In einem Vermerk vom 31. März 2015 hielt der Oberbürgermeister der Antragsgegnerin u. a. fest, die Verwaltung der Antragsgegnerin habe festgestellt, dass aufgrund des umfangreichen Rahmenprogramms des Europatages am 3. Mai 2015 der bislang in der Verordnung festgesetzte Einzugsbereich zu eng gefasst worden sei; es erscheine angezeigt, diesen dem Einzugsbereich des Turamichele-Fests anzugleichen.

4. Am 11. Januar 2016 erließ die Antragsgegnerin Verordnungen, die ein Offenhalten von Verkaufsstellen am Sonntag, den 3. April 2016, anlässlich der Georgi-Dult und am Sonntag, den 25. September 2016, anlässlich des Turamichele-Festes in dem gleichen räumlichen Umfang zuließen, der sich aus den Verordnungen vom 13. November 2014 (hinsichtlich des Europatages in der Fassung der Änderungsverordnung vom 3.4.2015) ergab.

5. Am 15. Dezember 2016 beschloss der Stadtrat der Antragsgegnerin die vorliegend verfahrensgegenständlichen Verordnungen, die vom Oberbürgermeister der Antragsgegnerin (zunächst) jeweils am 19. Januar 2017 ausgefertigt wurden. § 1 der Verordnung über das Offenhalten von Verkaufsstellen aus Anlass des Europatages lautet:

„Anlässlich der jährlich wiederkehrenden Veranstaltungen zum ‚Europatag‘ dürfen am Sonntag, den 07.05.2017, 06.05.2018, 05.05.2019, 03.05.2020 und 02.05.2021 Verkaufsstellen im Umfeld des ‚Europatages‘ in der Zeit von 13.00 bis 18.00 Uhr ihre Waren zum Verkauf an jedermann anbieten.“

§ 1 der Verordnung über das Offenhalten von Verkaufsstellen aus Anlass des Turamichele-Festes bestimmt:

„Anlässlich der jährlich wiederkehrenden Veranstaltungen zum Turamichele-Fest dürfen am Sonntag, den 01.10.2017, 30.09.2018, 29.09.2019, 27.09.2020 und 26.09.2021 Verkaufsstellen im Umfeld des ‚Turamichele-Festes‘ in der Zeit von 13.00 bis 18.00 Uhr ihre Waren zum Verkauf an anbieten.“

§ 2 beider Verordnungen legte in der zunächst ausgefertigten Fassung als „Umfeld des Europatages“ das gleiche Gebiet fest, das u.a. in der Verordnung über das Offenhalten von Verkaufsstellen aus Anlass des Turamichele-Festes vom 13. November 2014 hierfür vorgesehen war.

Wegen der Erwägungen, die die Antragsgegnerin mit dem Ziel der Rechtfertigung der darin getroffenen Regelungen anstellte, wird auf die von der Verwaltung der Antragsgegnerin u. a. für die Sitzung ihres Stadtrats am 15. Dezember 2016 erstellte Beschlussvorlage verwiesen.

Die im Vorfeld der Beschlussfassung dieses Gremiums angehörte „Allianz für den freien Sonntag“, der beide Antragsteller angehören, machte geltend, den im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. November 2015 (8 CN 2.14 - BVerwGE 153, 183) enthaltenen Vorgaben werde nur eine deutlich stärker eingegrenzte Ladenöffnung gerecht. Auch die Antragstellerin zu 1) selbst widersprach der geplanten Verordnung, da sie gegen das Gesetz über den Ladenschluss verstoße. Der Antragsteller zu 2) trat den geplanten Verordnungen unter Hinweis auf die Urteile des Bundesverfassungsgerichts vom 1. Dezember 2009 (1 BvR 2857/07 u. a. - BVerfGE 125, 39) und des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. November 2015 (a.a.O.) entgegen. Das Bischöfliche Ordinariat Augsburg und das Evangelisch-Lutherische Dekanat Augsburg erhoben gegen den Entwurf der Verordnung keine Einwände. Die Industrie- und Handelskammer Schwaben merkte in ihrer Stellungnahme an, beim Europatag und beim Turamichele-Fest sei erfahrungsgemäß ein großer Besucherstrom zu erwarten.

Nach erfolgter Ausfertigung der Verordnungen wurde bemerkt, dass auch § 2 der Verordnung über das Offenhalten von Verkaufsstellen aus Anlass des Turamichele-Festes mit den Worten „Umfeld des Europatages im Sinne dieser Verordnung ist …“ begann. Diese Verordnung wurde daraufhin am 30. Januar 2017 durch den Oberbürgermeister der Antragsgegnerin erneut ausgefertigt, nachdem im Verordnungstext die vorbezeichneten Worte durch die Wendung „Umfeld des Turamichele-Festes im Sinne dieser Verordnung ist …“ ersetzt worden waren.

6. Am 13. März 2017 leiteten die Antragsteller beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof ein Verfahren nach § 47 VwGO mit dem Ziel ein, die Unwirksamkeit beider Verordnungen festzustellen.

Hinsichtlich der Antragsbefugnis verweist der Antragsteller zu 2) darauf, dass auch er Träger des Grundrechts aus Art. 9 Abs. 1 GG und zusätzlich wohl des Grundrechts aus Art. 9 Abs. 3 GG sei. Unter dem letztgenannten Blickwinkel sei es nicht erforderlich, dass eine Vereinigung als Gewerkschaft Tarifvereinbarungen abschließe. Der Antragsteller zu 2) habe fortlaufend zu Themen des Arbeitslebens Stellung bezogen und im Interesse der Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen seiner Mitglieder immer wieder auf politische und gesellschaftliche Akteure eingewirkt. Hinzu trete seine „verkündende“ Tätigkeit, die ihren Ausdruck u. a. in der Veranstaltung von Gottesdiensten und Wallfahrten finde. Da seine Zweckbestimmung darin bestehe, religiöses Leben und religiöse Grundsätze im Arbeitsleben zu etablieren sowie den katholischen Glauben zu verbreiten und ihn im Alltag zu verankern, sei er darüber hinaus Träger der Religionsausübungsfreiheit nach Art. 4 GG.

In der Sache bringen die Antragsteller vor, in der Innenstadt der Antragsgegnerin befänden sich bedeutende Einkaufsstraßen wie z.B. die Maximilian-, die Anna-, die Bürgermeister-Fischer- und die Bahnhof Straße. Sie beziehen sich in diesem Zusammenhang auf eine von ihnen auszugsweise vorgelegte Ausarbeitung der Fa. E..., in der die Ergebnisse von am Dienstag, den 14. April 2015, und am Samstag, den 18. April 2015, in den vier vorgenannten Straßen sowie in der Philippine-Welser Straße durchgeführten Passantenzählungen referiert werden. Hierbei hätten sich folgende Frequentierungen pro Stunde ergeben:

Maximilian Straße

Anna Straße

Bürgermeister- Fischer Straße

Bahnhof Straße

Philippine-Welser Straße

Dienstag, 14.4.2015

2.056

1.225

1.355

2.012

1.250

Samstag,

18.4.2015

2.768

2.189

2.139

2.078

2.135

Der vorgenannten Ausarbeitung der Fa. E... zufolge stellt die Augsburger Bahnhof Straße eine „1a-Einzelhandelslage“ dar. Die angrenzenden 1a-Lagen verbänden den Königs Platz mit den auch touristisch stark frequentierten Plätzen Moritz Platz und Rathaus Platz. Der Ausbau der Fußgängerzone habe die Attraktivität der 1a-Lagen erneut steigern können. Der Einzugsbereich des Augsburger Einzelhandelsmarktes umfasse ca. 600.000 Einwohner mit durchschnittlicher Kaufkraft. In der Innenstadt befänden sich rund 40% der im Gebiet der Antragsgegnerin vorhandenen Retail-Flächen; der Umsatz dort betrage etwa das Doppelte im Vergleich zu Städten vergleichbarer Größe. Die Antragsgegnerin gehöre zur florierenden Metropolregion München; bemerkenswert hoch sei die „Modezentralität“.

Die Antragsteller verweisen ferner auf einen von ihnen vorgelegten Presseartikel, in dem die Ergebnisse einer Passantenzählung dargestellt werden, die die Universität Augsburg zwischen dem 2. und dem 4. Juni 2016 an zwölf Standorten in der Innenstadt der Antragsgegnerin jeweils von 10.00 Uhr bis 20.00 Uhr durchgeführt habe. An den Zähltagen seien danach mehr als 371.000 Personen „in die Stadt“ gekommen. Das stärkste Menschenaufkommen sei am Samstag, den 4. Juni 2016, „in der Mittagsstunde bis 13.00 Uhr“ in der Anna Straße mit mehr als 3.600 Passanten festzustellen gewesen; zwischen 14.00 Uhr und 17.00 Uhr seien über 3.200 Personen pro Stunde gezählt worden.

Was den Europatag am 7. Mai 2017 anbetreffe, so habe die Antragsgegnerin noch im März 2017 auf ihrer Website unter der Überschrift „Teilnehmer gesucht“ dazu aufgerufen, sich hieran zu beteiligen; der im Jahr 2016 an einem Samstag abgehaltene Europatag habe sowohl nach der Darstellung in der Beschlussvorlage für die Stadtratssitzung am 15. Dezember 2016 als auch ausweislich von Lichtbildern, die sich dem Internet entnehmen ließen, nur eine „eher überschaubare“ Resonanz ausgelöst. Die als „Europafest“ bezeichnete Veranstaltung präge die von ihr erfassten Sonntage nicht in allen Bereichen, die von der sich hierauf beziehenden Verordnung erfasst würden; insbesondere hinsichtlich der wichtigen Einkaufsstraßen und der City-Galerie erscheine dies ausgeschlossen. Es sei nicht erkennbar, wie sich die ausschließlich auf dem Rathaus Platz stattfindenden Veranstaltungen auf die weiter entfernt liegenden, von den verfahrensgegenständlichen Verordnungen erfassten Teile des Stadtgebiets auswirken könnten. Gegen eine prägende Wirkung spreche ferner ganz offensichtlich das Ungleichgewicht zwischen der Fläche des Rathausplatzes von ca. 3.600 m² und den begünstigten, etwa 158.000 m² umfassenden Verkaufsflächen. Hinzu komme, dass kein thematischer Bezug zwischen den anlassgebenden Veranstaltungen und den Waren bestehe, die während der Sonntagsöffnungen verkauft werden dürften; die Antragsgegnerin habe das zulässige Sortiment in keiner Weise eingeschränkt.

Die Antragsteller beantragen bei Schluss der mündlichen Verhandlung

1. festzustellen, dass die Rechtsverordnung der Antragsgegnerin über das Offenhalten von Verkaufsstellen aus Anlass des Europatages vom 19. Januar 2017, veröffentlicht im Amtsblatt der Antragsgegnerin Nr. 5/6 vom 10. Februar 2017, insoweit unwirksam ist, als sie sich auf die in der Zukunft liegenden verkaufsoffenen Sonntage bezieht;

2. festzustellen, dass die Rechtsverordnung der Antragsgegnerin über das Offenhalten von Verkaufsstellen aus Anlass des Turamichele-Festes vom 30. Januar 2017, veröffentlicht im Amtsblatt der Antragsgegnerin Nr. 5/6 vom 10. Februar 2017, unwirksam ist.

Soweit ihr Antrag ursprünglich darauf abzielte, die Unwirksamkeit der erstgenannten Verordnung auch insoweit festzustellen, als diese Norm den im Mai 2017 abgehaltenen Europa-Marktsonntag zum Gegenstand hatte, erklärten die Antragsteller ihn in der mündlichen Verhandlung mit Zustimmung der Antragsgegnerin für erledigt.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Die Antragsgegnerin könne „prognostisch Gewissheit darüber verschaffen“, dass das durch die verfahrensgegenständlichen Verordnungen zugelassene Offenhalten von Verkaufsstellen die betroffenen Sonntage nicht maßgeblich prägen werde; eine solche Prognose dürfe auch während des Gerichtsverfahrens nachgereicht werden. Es sei der Antragsgegnerin freigestellt, worauf sie ihre Prognose gründe. Sie habe sich insoweit auf die Erfahrungswerte der letzten Jahre, nicht aber auf Zahlen mit wenig Aussagekraft gestützt. Denn niemand könne exakte Daten darüber zur Verfügung stellen, wie viele Menschen an den betroffenen Sonntagen „die Stadt“ in der ausschließlichen Absicht aufsuchen würden, dort Einkäufe zu tätigen, da die Motivation, warum jemand eine Veranstaltung aufsuche, „nicht erklärbar“ sei. Nach der Einschätzung der Antragsgegnerin würden sich ihre Einwohner und die Besucher deswegen „in die Stadt“ begeben, weil dort anlässlich des Europatages und des Turamichele-Festes viele unterhaltsame Attraktionen geboten würden und man Menschen treffe. Es könne mit Sicherheit verneint werden, dass irgendjemand an Marktsonntagen „die Stadt“ aufsuche, weil er z.B. Kleider für die Kinder oder einen Kochtopf benötige. Dafür seien „die Stadt und die Geschäfte … auch viel zu voll“; es wäre sehr unpraktisch und ungemütlich, an einem solchen Tag den werktäglichen Einkauf zu erledigen. Markttage seien im Gebiet der Antragsgegnerin ein „Riesenfest“; die Markt- und Themenstände des Europatages und der Turamichele-Festes würden mit der Stadt, die mit „Luftballons und Girlanden geschmückt“ sei, „verschmelzen“. Seit dem Jahr 2017 sei die Antragsgegnerin Partnerin der Bürgerbewegung „Pulse of Europe“; die Begeisterung für diese Bewegung sei im Gebiet der Antragsgegnerin zunehmend spürbar. Das Turamichele-Fest bilde seit jeher ein „Muss“ für die Bürger der Antragsgegnerin, aber auch für die Bewohner von Nachbargemeinden; Schulkinder und andere Kindergruppen würden mit Omnibussen anreisen, um dieser traditionellen Veranstaltung beizuwohnen.

Der im Verlauf der zurückliegenden Jahre ergangenen Rechtsprechung habe die Antragsgegnerin durch die „extreme“ Verkleinerung des Bereichs, in dem ein Offenhalten von Verkaufsstellen zugelassen worden sei, Rechnung getragen. Einer noch kleineren Bemessung des begünstigten Gebiets stünden u. a. sicherheitsrechtliche Überlegungen entgegen. Aufgrund der Vielzahl an zu erwartenden Besuchern könne dem Andrang nur begegnet werden, wenn man die Öffnung von Verkaufsstellen „in vernünftigem Umfang“ über den Kern der Innenstadt hinaus zulasse. Zum Wohle der streitgegenständlichen Veranstaltungen, aber auch des innerstädtischen Einzelhandels sei es geboten, „den weiteren fußläufig erreichbaren Handel“ mit einzubeziehen.

Im Übrigen habe die Rechtsprechung während der zurückliegenden Jahre außer Acht gelassen, dass § 14 LadSchlG dem grundsätzlichen Gebot, Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen geschlossen zu halten, bereits durch die Zulassung nur einer begrenzten Zahl von Marktsonntagen unter Ausklammerung des Monats Dezember Rechnung trage. Das hohe Gut der Sonntagsruhe berücksichtige das Gesetz ferner durch die Beschränkung der Öffnungszeit auf fünf Stunden während des Sonntagnachmittags. Das Ladenschlussgesetz stelle einen Kompromiss zwischen den Interessen des Einzelhandels, der dort Beschäftigten und der Verbraucher dar. Der Kompromissgedanke sei mittlerweile derart in den Hintergrund gerückt, dass Marktsonntage allgemein gefährdet seien. Der Gesetzgeber habe sie jedoch in begrenzter Zahl und in begrenztem Umfang ermöglichen wollen. Seit dem Inkrafttreten des Ladenschlussgesetzes im Jahr 1956 hätten sich die wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen in Deutschland sowie die Konsum- und Einkaufsgewohnheiten der Bevölkerung erheblich verändert. Die Dynamik bei der Entwicklung von Vertriebsformen unter Nutzung namentlich der neuen Medien, die verstärkte „Neigung zu individuellem Einkauf“ und die Notwendigkeit, die unternehmerischen Spielräume bei einem zunehmenden internationalen Standortwettbewerb zu erweitern, gäben Anlass, die Ladenöffnungszeiten diesen Veränderungen anzupassen. Marktsonntage entfalteten Auswirkungen nicht nur auf die innerstädtische Gastronomie, das kulturelle Leben und den Tourismus, sondern zeitigten günstige Wirkungen auch für den innerstädtischen Einzelhandel, der in einem Aufholwettbewerb zum Internethandel stehe. Durch Marktsonntage würden schließlich die langsam ausblutenden Innenstädte wieder in das Bewusstsein der Menschen gerückt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat eine amtliche Auskunft der Polizeiinspektion Augsburg Mitte darüber eingeholt, ob dieser Dienststelle Angaben darüber möglich sind, wie viele Personen in der Vergangenheit an den auf dem Rathaus Platz stattfindenden Veranstaltungen während der „Europasonntage“ (so bezeichnet der Verwaltungsgerichtshof nachfolgend die Sonntage im Mai, an denen die Antragsgegnerin Ladenöffnungen zugelassen hat) und am Sonntag des Turamichele-Fests zwischen ca. 13.00 Uhr und ca. 18.00 Uhr im Durchschnitt ungefähr teilgenommen haben, wie (und ggf. in welcher Weise) sich diese Veranstaltungen auf andere Straßen und Plätze im Gebiet der Antragsgegnerin auswirken würden, ob es Straßenzüge gebe, die von den Teilnehmern (einer) dieser Veranstaltungen schwerpunktmäßig als Zu- oder Abgangswege genutzt werden, und wie groß im Durchschnitt ungefähr das Aufkommen an Personen ist, die sich am Nachmittag der beiden verkaufsoffenen Sonntage innerhalb des in § 2 der verfahrensgegenständlichen Verordnungen umschriebenen Gebiets aufhalten. Wegen der hierzu abgegebenen Erklärungen der Polizeiinspektion Augsburg Mitte wird auf deren Schreiben vom 9. Mai 2017 und die Ausführungen eines Vertreters dieser Behörde in der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Hinsichtlich des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Akten des vorliegenden Rechtsstreits sowie die von der Antragsgegnerin übersandten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Gründe

1. Die Anträge nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO sind zulässig; insbesondere sind die Antragsteller im Sinn von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt.

Für die Antragstellerin zu 1) als Gewerkschaft steht dies aufgrund des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. November 2015 (8 CN 2.14 - BVerwGE 153, 183 Rn. 15 - 18) fest. Nichts anderes gilt aber auch für den Antragsteller zu 2), bei dem es sich deshalb nicht um eine Gewerkschaft (z.B. im Sinn von § 2 Abs. 1 TVG) handelt, weil sein Zweck ausweislich seiner Satzung nicht auf den Abschluss von Tarifverträgen gerichtet ist (vgl. zur Tarifwilligkeit als maßgebliches Kriterium für die z.B. auch in § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 und 4 ArbGG vorgenommene Unterscheidung zwischen Gewerkschaften und sonstigen „Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zielsetzung“ BVerfG, U.v. 6.5.1964 - 1 BvR 79/62 - BVerfGE 18, 18/33 f.).

§ 14 LadSchlG als die gesetzliche Bestimmung, aus der sich die Ermächtigung der Antragsgegnerin zum Erlass der verfahrensgegenständlichen Verordnungen ergibt, konkretisiert den verfassungsrechtlichen Schutzauftrag, der für den Gesetzgeber aus Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 der Verfassung des Deutschen Reichs vom 11. August 1919 (WRV) folgt. Nach Art. 139 WRV bleiben der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung geschützt. Dieser objektivrechtliche Schutzauftrag ist auf die Stärkung des Schutzes derjenigen Grundrechte angelegt, die in besonderem Maß auf Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung angewiesen sind (BVerfG, U.v. 1.12.2009 - 1 BvR 2857/07 u. a. - BVerfGE 125, 39/84). Dazu zählen auch die Vereinigungs- und die Koalitionsfreiheit nach Art. 9 GG. Rhythmisch wiederkehrende Tage kollektiver Arbeitsruhe und die damit verbundene synchrone Taktung des sozialen Lebens erleichtern das gemeinschaftliche Tun im Rahmen von Vereinigungen und Gewerkschaften. Die Arbeitsruhe an Sonn- und Feiertagen ist deshalb auch für die Rahmenbedingungen des Wirkens von Gewerkschaften und sonstigen Vereinigungen bedeutsam (BVerwG, U.v. 11.11.2015 - 8 CN 2.14 - BVerwGE 153, 183 Rn. 16 unter Bezugnahme auf BVerfG, U.v. 1.12.2009 - 1 BvR 2857/07 u. a. - BVerfGE 125, 39/83 und BVerwG, U.v. 26.11.2014 - 6 CN 1.13 - BVerwGE 150, 327 Rn. 15 f.).

Obgleich der Antragsteller zu 2) nicht unmittelbar Adressat der verfahrensgegenständlichen Verordnungen ist, wird er durch sie nicht grundsätzlich anders als die Antragstellerin zu 1) in seinem Tätigkeitsbereich betroffen. Dass auch dem Antragsteller zu 2) Personen angehören, die im Gebiet der Antragsgegnerin leben oder arbeiten, folgt daraus, dass in Augsburg sowohl ein Kreisals auch ein Ortsverband als Untergliederungen des Antragstellers zu 2) bestehen. Es lässt sich deshalb nicht ausschließen, dass diese Personen als Folge der verfahrensgegenständlichen Verordnungen an Sonntagen ihrer Erwerbstätigkeit nachgehen müssen und sie deshalb nicht an Veranstaltungen des Antragstellers zu 2) teilnehmen können (vgl. zur Bedeutung dieses Gesichtspunkts BVerwG, U.v. 11.11.2015 - 8 CN 2.14 - BVerwGE 153, 183 Rn. 17). Die in der Beschlussvorlage für die Sitzung des Stadtrats der Antragsgegnerin am 15. Dezember 2016 enthaltene Angabe, der Einsatz von Personal an diesen Tagen solle „möglichst freiwillig“ erfolgen, lässt diese Besorgnis schon deshalb nicht gegenstandslos werden, weil Arbeitgeber hierdurch nicht gehindert werden, von Beschäftigten auch gegen deren Willen eine Arbeitsleistung an den von den verfahrensgegenständlichen Verordnungen erfassten Sonntagen zu verlangen, soweit das nach den Regeln des kollektiven und des Individualarbeitsrechts zulässig ist. Unabhängig hiervon kann die Weigerung eines Arbeitnehmers, sich an verkaufsoffenen Sonntagen „freiwillig“ zur Arbeitsleistung bereitzufinden, die Wertschätzung seiner Person durch den Arbeitgeber - mit u. U. gravierenden Folgen für die berufliche Existenz bzw. das berufliche Vorwärtskommen dieses Beschäftigten - ungünstig beeinflussen.

Das vorliegende Verfahren erfordert keine Entscheidung der Frage, ob aus der vorerwähnten Rechtsprechung herzuleiten ist, dass alle Vereinigungen, auf deren Betätigungsmöglichkeiten sich die Gestattung eines Offenhaltens von Verkaufsstellen an Sonntagen nachteilig auswirken kann, im Sinn von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO befugt sind, auf § 14 LadSchlG gestützte Verordnungen mit Normenkontrollanträgen anzugreifen. Denn jedenfalls Vereinigungen, die - wie der Antragsteller zu 2) - nicht nur Träger des Grundrechts aus Art. 9 Abs. 1 GG, sondern auch des in Art. 9 Abs. 3 GG verbürgten Grundrechts sind, muss diese Befugnis in gleicher Weise wie Gewerkschaften zugestanden werden.

Dass der Antragsteller zu 2) sich auf das in Art. 9 Abs. 3 GG verbürgte Grundrecht berufen kann, folgt daraus, dass er ausweislich seiner Satzung der Sache nach u. a. den Zweck verfolgt, die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Arbeitnehmern zu fördern (vgl. zu dieser Zielsetzung namentlich § 3 Nr. 3.7, aber auch § 3 Nr. 3.5 sowie § 3 Nrn. 4.4 und 4.7 seiner Satzung). Zu dem durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Bereich gehören auch Betätigungen, die diesem Zweck auf andere Weise als durch den Abschluss von Tarifverträgen dienen sollen (BVerfG, B.v. 26.1.1995 - 1 BvR 2071/94 - NJW 1995, 3377). Insbesondere sind die außergerichtliche Beratung von Mitgliedern und ihre Vertretung in gerichtlichen Verfahren, die sich der Antragsteller zu 2) gemäß § 3 Nr. 3.7 seiner Satzung zum Ziel gesetzt hat, als koalitionsmäßige Betätigungen durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützt (BVerfG, B.v. 2.12.1992 - 1 BvR 296/88 - BVerfGE 88, 5/15 sowie - speziell mit Blickrichtung auf einen Zusammenschluss von Arbeitnehmern nichtgewerkschaftlicher Art - BVerfG, B.v. 26.1.1995 a.a.O. S. 3377).

Der Antragsteller zu 2) erfüllt darüber hinaus auch alle sonstigen Anforderungen, die an eine von Art. 9 Abs. 3 GG erfasste Vereinigung zu stellen sind. Er ist insbesondere frei gebildet, gegnerfrei, auf überbetrieblicher Grundlage organisiert und seiner Struktur nach unabhängig genug, um die Interessen seiner Mitglieder auf arbeits- und sozialrechtlichem Gebiet nachhaltig vertreten zu können (vgl. zu diesen Erfordernissen z.B. BVerfG, B.v. 20.10.1981 - 1 BvR 404/78 - BVerfGE 58, 233/247; B.v. 26.1.1995 a.a.O. S. 3377).

Die enge Verbindung des Antragstellers zu 2) mit der Römisch-Katholischen Kirche steht der Bejahung seiner in vorbezeichnetem Sinn zu verstehenden Unabhängigkeit nicht entgegen. Da er nicht die Rechtsstellung eines „privaten kirchlichen Vereins“ im Sinn von can. 321 bis can. 326 des Codex Iuris Canonici (CIC) erworben hat (vgl. die diesbezügliche, glaubhafte Angabe in dem hier am 22.5.2017 eingegangenen, mit dem Datum „10.3.2017“ versehenen Schreiben seines Bevollmächtigten), bedarf weder seine Satzung der Billigung durch den Diözesanbischof (vgl. can. 322 § 2 i.V.m. can. 312 § 1 Nr. 3 CIC), noch sind auf ihn die Vorschriften des can. 323 und des can. 325 CIC anwendbar, denen zufolge private Vereine von Gläubigen der Aufsicht (nach can. 323 § 1 CIC sogar der Leitung) des Ortsordinarius unterliegen. Die Frage, ob diese Aufsichts- und Leitungsbefugnisse, würden sie eingreifen, der Bejahung der Eigenschaft eines der Römisch-Katholischen Kirche nahestehenden Vereins entgegenstünden, Träger des Grundrechts nach Art. 9 Abs. 3 GG zu sein, bedarf vorliegend deshalb keiner Erörterung.

Amtsträger der Römisch-Katholischen Kirche besitzen zwar u. a. deshalb die Möglichkeit, auf die Willensbildung und die Betätigung des Antragstellers zu 2) Einfluss zu nehmen, weil der geschäftsführenden Diözesanverbandsleitung - bei ihr handelt es sich nach § 25 Nr. 1 Satz 2 der Satzung des Antragstellers zu 2) um dessen Vorstand im Sinn von § 26 BGB - gemäß § 25 Nr. 1 Satz 1 der Satzung obligatorisch der Diözesanpräses angehört, bei dem es sich nach § 13 Nr. 2 Satz 4 der Satzung entweder um einen Priester oder einen Diakon handelt. Ebenfalls zwingend vorgesehen ist die Mitgliedschaft von Inhabern eines geistlichen Amtes in Organen des Antragstellers zu 2) hinsichtlich der Orts- und Kreisverbandsleitungen sowie der Diözesanverbandsleitung (siehe § 14 Satz 1, § 20 Nr. 1 und § 24 Nr. 1 der Satzung). Dies steht der Bejahung der Unabhängigkeit des Antragstellers zu 2) in dem vom Bundesverfassungsgericht geforderten Sinn (vgl. BVerfG, B.v. 20.10.1981 - 1 BvR 404/78 - BVerfGE 58, 233/247; B.v. 26.1.1995 - 1 BvR 2071/94 - NJW 1995, 3377) jedoch deshalb nicht entgegen, weil die vorgenannten Gremien nach der Satzung so zusammengesetzt sind, dass den Inhabern geistlicher Ämter kein Übergewicht bei der Willensbildung zukommt; es ist ausgeschlossen, dass die diesen Organen des Antragstellers zu 2) angehörenden Laien durch Kleriker majorisiert werden (vgl. zur Bedeutung dieses Gesichtspunkts - bezogen auf die gleichgelagerten Gegebenheiten bei einem benachbarten Diözesanverband der Katholischen Arbeitnehmerbewegung - LAG BW, B.v. 25.11.1977 - 6 Ta 13/77 - AR-Blattei Arbeitsgerichtsbarkeit VI C Nr. 29). Dass kirchlichen Organen keinerlei Einflussmöglichkeit auf die Willensbildung eingeräumt wird, ist jedenfalls bei einem Verband, der - wie dies beim Antragsteller zu 2) der Fall ist - außer der Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Arbeitnehmern auch eine originär religiöse Zielsetzung verfolgt (vgl. dazu vor allem § 3 Nrn. 3.1 und 4.1 seiner Satzung), für die Bejahung der Unabhängigkeit einer solchen Vereinigung bei der Wahrnehmung seiner sozialpolitischen Zielsetzung nicht erforderlich (vgl. auch hierzu LAG BW, B.v. 25.11.1977 a.a.O.).

Dahinstehen kann vor diesem Hintergrund, ob sich die Antragsbefugnis des Antragstellers zu 2) zusätzlich daraus ergibt, dass Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV der Konkretisierung auch des Grundrechts aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG dient (BVerfG, U.v. 1.12.2009 - 1 BvR 2857/07 u. a. - BVerfGE 125, 39/79 ff.), und der Antragsteller zu 2) nach den im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 16. Oktober 1968 (1 BvR 241/66 - BVerfGE 24, 236) entwickelten Grundsätzen Träger dieses Grundrechts ist, da es sich bei ihm um einen Verein handelt, der sich - wie vor allem § 3 Nrn. 3.1 und 4.1 der Satzung der Antragstellers zu 2) verdeutlicht - auch die Pflege des religiösen Lebens seiner Mitglieder zum Ziel gesetzt hat, ferner seine institutionelle Verbindung mit der Römisch-Katholischen Kirche durch die Mitwirkung von Inhabern geistlicher Ämter dieser Kirche in Führungsgremien des Antragstellers zu 2) und seiner Untergliederungen gewährleistet ist (vgl. § 14 Satz 1, § 20 Nr. 1, § 24 Nr. 1 und § 25 Nr. 1 Satz 1 seiner Satzung).

Die Interessen beider Antragsteller werden durch die verfahrensgegenständlichen Verordnungen mehr als nur geringfügig beeinträchtigt (vgl. zu diesem Erfordernis für die Zulässigkeit eines Antrags nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO BVerwG, U.v. 11.11.2015 - 8 CN 2.14 - BVerwGE 153, 183 Rn. 18). Das folgt nicht nur daraus, dass durch diese Normen ein Offenhalten von Verkaufsstellen an einer nicht ganz unbedeutenden Zahl von Sonntagen gestattet wird. Im Hinblick auf das Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) ist darüber hinaus auf die Gesamtbelastung abzustellen, die sich für die Betätigung der Antragsteller durch den Erlass einzelner gemeindlicher Verordnungen auf der Grundlage des § 14 LadSchlG ergeben kann. Würde man den Antragstellern die Möglichkeit, die Ungültigkeit derartiger Verordnungen gerichtlich geltend zu machen, mit der Begründung vorenthalten, aus der jeweils angegriffenen Norm könne sich bei einer hierauf beschränkten Betrachtung kein ins Gewicht fallender Nachteil für die praktische Wahrnehmbarkeit ihres Grundrechts aus Art. 9 Abs. 3 GG ergeben, so könnte - über das Jahr gesehen - ein „Flickenteppich“ sonntäglicher Ladenöffnungen entstehen, der die Organisation verbandsbezogener Tätigkeiten der Antragsteller an Sonntagen spürbar erschweren könnte (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BVerwG, U.v. 11.11.2015 - 8 CN 2.14 - BVerwGE 153, 183 Rn. 18). Dies gilt auch für den Antragsteller zu 2), der zwar - anders als die Antragstellerin zu 1) - nicht landesweit tätig ist, dessen Gebiet jedoch die gesamte Diözese Augsburg und damit außer dem Regierungsbezirk Schwaben wesentliche Teile Oberbayerns umfasst und sich bis nach Mittelfranken hinein erstreckt.

2. Die Anträge sind auch begründet, da die beiden verfahrensgegenständlichen Verordnungen mit Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV sowie mit § 14 LadSchlG in der verfassungskonformen Auslegung, derer die letztgenannte Bestimmung bedarf (dazu nachfolgend 2.1), unvereinbar sind. Denn die Antragsgegnerin hat keine rechtskonforme Prognose darüber angestellt, ob die am Europasonntag und am Sonntag des Turamichele-Fests stattfindenden Veranstaltungen eine derart prägende Wirkung für den öffentlichen Charakter der betroffenen Sonntage entfalten, dass die mit der Ladenöffnung einhergehende werktägliche Geschäftigkeit demgegenüber - und zwar innerhalb des gesamten Gebiets, für das die Antragsgegnerin ein Offenhalten von Verkaufsstellen zugelassen hat - als bloßer Annex zu diesen Veranstaltungen erscheint (dazu unter 2.2). Auf das Fehlen einer derartigen Prognose kann im vorliegenden Fall nicht mit dem Argument verzichtet werden, die Einhaltung der vorbezeichneten Erfordernisse sei offensichtlich (2.3).

2.1 Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 LadSchlG dürfen Verkaufsstellen aus Anlass von Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen an jährlich höchstens vier Sonn- und Feiertagen geöffnet sein. Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Vorschrift bereits im Beschluss vom 18. Dezember 1989 (1 B 153.89 - NVwZ 1990, 761/762) einschränkend dahingehend ausgelegt, dass nur Veranstaltungen, die selbst einen beträchtlichen Besucherstrom anziehen, Anlass für eine Ladenöffnung geben können; der Besucherstrom darf nicht erst durch das Offenhalten von Verkaufsstellen ausgelöst werden.

Im Urteil vom 11. November 2015 (8 CN 2.14 - BVerwGE 153, 183 Rn. 23) hat das Bundesverwaltungsgericht sodann ausgeführt, dass dieser Ansatz dem sich aus Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV ergebenden Regel-Ausnahme-Verhältnis, wonach die typisch werktägliche Geschäftigkeit an Sonn- und Feiertagen grundsätzlich zu ruhen hat (BVerfG, U.v. 9.6.2004 - 1 BvR 636/02 - BVerfGE 111, 10/51; U.v. 1.12.2009 - 1 BvR 2857/07 u. a. - BVerfGE 125, 39/85 f.), noch nicht genügt, da er nicht ausschließt, dass es die Ladenöffnung ist, die - neben der anlassgebenden Veranstaltung - den öffentlichen Charakter des betroffenen Sonn- oder Feiertages maßgeblich prägt. Geboten ist deshalb eine weitergehende verfassungskonforme Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 14 LadSchlG dahingehend, dass die öffentliche Wirkung eines an einem solchen Tag stattfindenden Marktes, einer Messe oder einer „ähnlichen Veranstaltung“ im Sinn von § 14 Abs. 1 Satz 1 LadSchlG gegenüber der typisch werktäglichen Geschäftigkeit der Ladenöffnung im Vordergrund stehen muss; letztere darf den gesamten Umständen nach nur „als bloßer Annex zur anlassgebenden Veranstaltung“ erscheinen (BVerwG, U.v. 11.11.2015 a.a.O. Rn. 24).

Dieser Annexcharakter lässt sich in der Regel nur bejahen, wenn die Ladenöffnung auf das Umfeld des Marktes begrenzt wird, da nur insoweit ihr Bezug zum Marktgeschehen erkennbar bleibt: Je größer die Ausstrahlungswirkung des Marktes wegen seines Umfangs oder seiner besonderen Attraktivität ist, desto weiter reicht der räumliche Bereich, in dem die Verkaufsstellenöffnung noch in Verbindung zum Marktgeschehen gebracht wird (BVerwG, U.v. 11.11.2015 a.a.O. Rn. 25). Darüber hinaus bleibt die durch die Ladenöffnung bewirkte werktägliche Prägung nur dann im Hintergrund, wenn nach der anzustellenden Prognose der Besucherstrom, den der Markt (bzw. die „ähnliche Veranstaltung“ im Sinn von § 14 Abs. 1 Satz 1 LadSchlG) auslöst, die Zahl der Besucher übersteigt, die allein wegen einer Öffnung der Verkaufsstellen kämen (BVerwG, U.v. 11.11.2015 a.a.O. Rn. 25).

Entgegen den in den Beschlüssen des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 26. Oktober 2016 (6 S 2041/16 - NVwZ-RR 2017, 289 Rn. 9) und vom 13. März 2017 (6 S 309/17 - juris Rn. 10 f.) an dieser Rechtsauffassung angemeldeten, von der Antragsgegnerin geteilten Zweifeln besteht keine Veranlassung, der dargestellten Auslegung des § 14 LadSchlG, die der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bereits seinemUrteil vom 18. Mai 2016 (22 N 15.1526 - GewArch 2016, 324 Rn. 33 f.) zugrunde gelegt hat, nicht zu folgen. Mit der von ihm vorgenommenen verfassungskonformen Auslegung dieser Bestimmung zieht das Bundesverwaltungsgericht vielmehr die notwendige Konsequenz aus der alle Gerichte und Behörden bindenden (vgl. § 31 Abs. 1 BVerfGG) Forderung des Bundesverfassungsgerichts, dass Ausnahmen von dem in Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV verankerten Grundsatz der Arbeitsruhe an Sonn- und Feiertagen eines dem Sonntagsschutz gerecht werdenden Sachgrundes bedürfen (BVerfG, U.v. 1.12.2009 - 1 BvR 2857/07 u. a. - BVerfGE 125, 39/87). Ein bloß wirtschaftliches Umsatzinteresse der Verkaufsstelleninhaber und ein alltägliches Erwerbsinteresse potenzieller Käufer genügen hierfür grundsätzlich nicht (BVerfG, U.v. 1.12.2009 a.a.O. S. 87). Diesem Regel-Ausnahme-Gebot kommt generell umso mehr Bedeutung zu, je geringer das Gewicht der Gründe ist, zu denen der Sonn- und Feiertagsschutz ins Verhältnis gesetzt wird, und je weitergehend die Freigabe der Verkaufsstellenöffnung in Bezug auf das betroffene Gebiet sowie die einbezogenen Handelssparten und Warengruppen ausgestaltet ist (BVerfG, U.v. 1.12.2009 a.a.O. S. 88). Auch darf die Zubilligung einer Ausnahme vom Grundsatz der Arbeitsruhe an Sonn- und Feiertagen nicht auf eine weitgehende Gleichstellung der sonn- und feiertäglichen Verhältnisse mit den Werktagen und ihrer Betriebsamkeit hinauslaufen (BVerfG, U.v. 1.12.2009 a.a.O. S. 87).

Aus diesen verfassungsrechtlichen Vorgaben folgt zunächst, dass auf das Erfordernis einer anlassgebenden Veranstaltung, die selbst einen beträchtlichen Besucherstrom anzieht, als Voraussetzung für die Zulassung eines sonntäglichen Offenhaltens von Verkaufsstellen nicht verzichtet werden kann. Denn andernfalls fehlt es von vornherein an dem von Verfassungs wegen notwendigen sachlichen Grund, der ggf. eine Durchbrechung des Grundsatzes der sonntäglichen Arbeitsruhe zu rechtfertigen vermag. Aus den vorstehend wiedergegebenen Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts geht darüber hinaus hervor, dass dieser Sachgrund, sofern er vorliegt, in Relation zu den Auswirkungen gesetzt werden muss, die die Gestattung einer sonntäglichen Ladenöffnung für die durch Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV geschützten Rechtsgüter nach sich zieht: Je intensiver hierdurch der Grundsatz der Arbeitsruhe an Sonn- und Feiertagen sowie allgemein die Eignung dieser Tage, der persönlichen Ruhe, Besinnung, Erholung und Zerstreuung zu dienen (BVerfG, U.v. 9.6.2004 - 1 BvR 636/02 - BVerfGE 111, 10/51) sowie gemeinsames soziales Handeln zu ermöglichen (vgl. BVerfG, U.v. 1.12.2009 - 1 BvR 2857/07 u. a. - BVerfGE 125, 39/82 f.), beeinträchtigt werden, desto größer muss das Gewicht der Gründe sein, die für die Zulassung eines Sonntagsverkauf streiten. Sie können eine punktuelle Hintanstellung des sich aus Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV ergebenden Schutzauftrags zum einen ggf. dann rechtfertigen, wenn ein Verkauf nur solcher Waren gestattet wird, an deren Erwerb bei den Besuchern der anlassgebenden Veranstaltung gerade während und wegen ihres Aufenthalts in der jeweiligen Gemeinde an einem Sonn- oder Feiertag ein Bedürfnis auftritt. Beschreitet die Stelle, die eine auf § 14 LadSchlG gestützte Verordnung erlassen hat, die durch Absatz 2 Satz 1 dieser Vorschrift eröffnete Möglichkeit nicht, den sonntäglichen Verkauf auf derartige Wirtschaftsgüter zu beschränken, so lässt sich der erforderliche Sachgrund für eine ausnahmsweise Durchbrechung des in Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV verankerten Grundsatzes allenfalls dann bejahen, wenn die Verhältnisse vor Ort bereits durch die anlassgebende Veranstaltung in einer Weise bestimmt werden, angesichts derer die Zulassung eines Sonntagsverkaufs daneben nur noch „eine geringe prägende Wirkung“ (BVerwG, U.v. 11.11.2015 - 8 CN 2.14 - BVerwGE 153, 183 Rn. 24) entfaltet.

Ob dem Erfordernis des bloßen Annexcharakters der sonntäglichen Ladenöffnung Genüge getan ist, lässt sich - bezogen auf die Gesamtheit des Gebiets, innerhalb dessen ein Sonntagsverkauf zugelassen wird - kaum anders als danach beurteilen, ob der Besucherstrom, den die anlassgebende Veranstaltung für sich genommen auslöst, die Zahl der Besucher übersteigt, die allein wegen der Öffnung der Verkaufsstellen kommen; dem vom Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 11.11.2015 a.a.O. Rn. 25) diesbezüglich aufgestellten Postulat ist deshalb beizutreten. Was die zulässige Größe dieses Gebiets anbetrifft, so können die Auswirkungen der anlassgebenden Veranstaltung die mit einer sonntäglichen Ladenöffnung einhergehende werktägliche Geschäftigkeit nur insoweit dominierend „überlagern“, als die Ausstrahlungswirkung dieser Veranstaltung wegen ihres Umfangs oder ihrer besonderen Attraktivität in räumlicher Hinsicht reicht (vgl. BVerwG, U.v. 11.11.2015 a.a.O. Rn. 25): Nur innerhalb des Umgriffs der anlassgebenden Veranstaltung, in der sie das Geschehen im öffentlichen Raum in einer Weise dominiert, dass die mit der Öffnung von Verkaufsstellen einhergehenden Aktivitäten demgegenüber als bloßer Annex hierzu erscheinen (BVerwG, U.v. 11.11.2015 a.a.O. Rn. 24), liegt ein Sachgrund vor, der ggf. eine Durchbrechung des von Verfassungs wegen gebotenen Sonn- und Feiertagsschutzes als hinnehmbar erscheinen lässt. Dieses vom Bundesverwaltungsgericht entwickelte Kriterium ist umso mehr als notwendige Konsequenz der gebotenen verfassungskonformen Auslegung des § 14 LadSchlG anzusehen, als erst auf diese Weise dem vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Gebot Rechnung getragen wird, dass die für eine sonntägliche Ladenöffnung ins Feld geführten Gesichtspunkte desto größeres Gewicht besitzen müssen, „je weitergreifend die Freigabe der Verkaufsstellenöffnung in Bezug auf das betroffene Gebiet sowie die einbezogenen Handelssparten und Warengruppen ausgestaltet ist“ (BVerfG, U.v. 1.12.2009 - 1 BvR 2857/07 u. a. - BVerfGE 125, 39/88). Zum anderen ergibt sich aus dem Erfordernis der Prädominanz der anlassgebenden Veranstaltung gegenüber den Auswirkungen des sonntäglichen Offenhaltens von Verkaufsstellen für die vollziehende Gewalt ein klares Abgrenzungskriterium dafür, wie weit das „Umfeld des Marktes“ (bzw. der Messe oder ähnlichen Veranstaltung) reicht, für den sich eine auf § 14 LadSchlG gestützte Verordnung in örtlicher Hinsicht Geltung beimessen darf.

Der vorliegende Fall erfordert keine Entscheidung der Frage, ob auch die Auswirkungen, die sich aus dem Verhalten der Besucher ergeben, die sich auf dem Weg zu oder von der anlassgebenden Veranstaltung im öffentlichen Raum aufhalten, als Teil einer von dieser Veranstaltung ggf. ausgehenden prägenden Wirkung für die öffentlich wahrnehmbare „Aura“ des betroffenen Sonntags berücksichtigt werden dürfen. Sollte das dem Grunde nach zu bejahen sein, wäre hierfür zum einen erforderlich, dass diese Besucher für einen neutralen Beobachter als Teilnehmer der Anlassveranstaltung deutlich erkennbar (sie insbesondere von den Kaufinteressenten zweifelsfrei abgrenzbar) sind. Zum anderen müsste von ihnen (ggf. zusammen mit der Veranstaltung selbst) eine derart stark prägende Wirkung ausgehen, dass die Folgen einer sonntäglichen Ladenöffnung für das Geschehen im öffentlichen Raum demgegenüber zweifelsfrei in den Hintergrund treten. Diese Voraussetzungen lassen sich im gegebenen Fall nicht bejahen.

Da die vorbezeichneten Erfordernisse Umstände betreffen, die beim Erlass einer auf § 14 LadSchlG gestützten Verordnung in der Zukunft liegen, haben sie Gegenstand einer von der normsetzenden Stelle anzustellenden Prognose zu sein. Diese Prognose unterliegt nur eingeschränkter verwaltungsgerichtlicher Kontrolle; insbesondere dürfen die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit keine eigene Prognose vornehmen. Sie haben jedoch zu prüfen, ob die bei Erlass der Rechtsverordnung vorgenommene Prognose schlüssig und vertretbar ist (vgl. zu alledem BVerwG, U.v. 11.11.2015 - 8 CN 2.14 - BVerwGE 153, 183 Rn. 36). Letzteres ist nur der Fall, wenn die Prognose fundiert vorgenommen wurde und die ihr zugrunde liegenden Erwartungen über die künftige Entwicklung realistisch sind (BayVGH, U.v. 31.3.2011 - 22 BV 10.2367 - BayVBl 2012, 276 Rn. 15). Um diesen Erfordernissen zu genügen, muss die Prognose auf das äußere Erscheinungsbild und das objektive Gewicht der betreffenden Veranstaltung gestützt werden (BayVGH, U.v. 31.3.2011 a.a.O. Rn. 19; U.v. 6.12.2013 - 22 N 13.788 - BayVBl 2014, 364 Rn. 71); nicht anders als bei sonstigen verwaltungsgerichtlich nicht uneingeschränkt überprüfbaren Behördenentscheidungen müssen die ihr zugrunde gelegten Tatsachen zutreffend und vollständig ermittelt worden sein (BayVGH, U.v. 6.12.2013 a.a.O. Rn. 72).

2.2 Es kann dahinstehen, ob die am Europasonntag und Sonntag des Turamichele-Festes stattfindenden Veranstaltungen geeignet sind, selbst - d.h. ohne gleichzeitige Zulassung des Offenhaltens von Verkaufsstellen - einen hinreichend großen Besucherstrom auszulösen. Der Gültigkeit der verfahrensgegenständlichen Verordnungen steht jedenfalls das Fehlen belastbarer Feststellungen darüber entgegen, dass diese beiden Veranstaltungen das gesamte Gebiet, für das ein Sonntagsverkauf zugelassen wurde, derart deutlich prägen, dass die von ihnen ausgehende öffentliche Wirkung gegenüber der typisch werktäglichen Geschäftigkeit, die mit einer Ladenöffnung einhergeht, im Vordergrund steht.

Abzustellen ist hierbei ausschlaggebend auf die Angaben in der Beschlussvorlage für die Stadtratssitzung am 15. Dezember 2016, da es von Rechts wegen auf die Vorstellungen und Erwägungen dieses Gremiums ankommt. Dass für die Willensbildung der Stadtratsmitglieder rechtlich berücksichtigungsfähige Umstände maßgeblich waren, die in diese Unterlage keinen Eingang gefunden haben, vermochte die Antragsgegnerin nicht aufzuzeigen.

In der Beschlussvorlage werden zwar die Vorgaben der Rechtsordnung, von denen sich eine Gemeinde beim Erlass von auf § 14 LadSchlG gestützten Verordnungen leiten lassen muss, zutreffend referiert. An keiner Stelle dieser Unterlage werden jedoch die Tatsachen konkret und nachvollziehbar dargestellt, die eine Bejahung dieser rechtlichen Erfordernisse erlauben würden. Insbesondere unternimmt die Beschlussvorlage nicht einmal ansatzweise den Versuch, durch die Schilderung substantiiert dargestellter Tatsachen aufzuzeigen, dass die Veranstaltungen des Europa- und des Turamichele-Sonntags und - soweit dieser Umstand rechtlich berücksichtigungsfähig sein sollte - die Personen, die sich aus diesen Anlässen auf dem Weg zum und vom Rathaus Platz befinden, innerhalb des gesamten in § 2 der verfahrensgegenständlichen Verordnungen umschriebenen Gebiets überhaupt als solche wahrgenommen werden. Erst recht fehlen belastbare, einem Nachvollzug zugängliche Angaben jedweder Art dazu, dass diesen Veranstaltungen - auch dies wiederum bezogen auf das gesamte vorbezeichnete Gebiet - eine derart starke Prägekraft für das Geschehen im öffentlichen Raum an den betroffenen Sonntagen zukommt, dass die Auswirkungen der gleichzeitigen Ladenöffnung demgegenüber als bloßer Annex erscheinen. Auf eine zu diesem Zweck vorzunehmende Gegenüberstellung der jeweiligen Besucherströme kann nicht einmal dann verzichtet werden, wenn der anlassgebende „Event“ zum ersten Mal stattfindet; sie darf in einem solchen Fall lediglich pauschaler ausfallen (BVerwG, U.v. 11.11.2015 - 8 CN 2.14 - BVerwGE 153, 183 Rn. 25) als das dann zulässig ist, wenn - wie hier - sowohl die Veranstaltungen, die zum Anknüpfungspunkt für die Gestattung eines Offenhaltens von Verkaufsstellen an Sonntagen genommen werden, bereits wiederholt stattgefunden haben, als auch hinsichtlich der Auswirkungen von Ladenöffnungen an diesen Tagen auf Erfahrungswerte zurückgegriffen werden kann.

Angaben darüber, wie viele Besucher voraussichtlich zu den anlassgebenden Veranstaltungen kommen werden, enthält die Beschlussvorlage für die Stadtratssitzung am 15. Dezember 2016 nur hinsichtlich des Turamichele-Festes. Die dort genannte Zahl von 100.000 Personen ist allerdings - wie die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat - so zu verstehen, dass sie sich auf die Gesamtheit der Menschen bezieht, die sich während des mehrere Tage dauernden Fests in ihrem Gebiet aufhalten würden. In diese Zahl sind damit zum einen auch Personen eingegangen, die sich nicht am „Turamichele-Sonntag“, sondern während anderer Tage, an denen dieses Fest stattfindet, in Augsburg aufhalten. Sie müssen in vorliegendem Zusammenhang unberücksichtigt bleiben, da von ihnen keine prägende Wirkung auf das Geschehen im öffentlichen Raum am Turamichele-Sonntag ausgehen kann. Die auf diesen Sonntag entfallende Teilmenge der behaupteten 100.000 Besucher ist ferner um jene Personengruppe zu reduzieren, die sich ausschließlich in das vorbezeichnete Gebiet begibt, um dort einzukaufen. Die Notwendigkeit einer weiteren Verringerung ergibt sich daraus, dass allenfalls von den Personen, die das eigentliche Turamichele-Schauspiel und/oder die gleichzeitig auf dem Rathaus Platz stattfindende jahrmarktähnliche Veranstaltung zwischen ca. 13.00 Uhr und etwa 18.00 Uhr besuchen (ggf. einschließlich der sich während dieser Zeitspanne zum Rathaus Platz begebenden oder von dort abströmenden Menschen), eine berücksichtigungsfähige prägende Wirkung für das Geschehen im öffentlichen Raum ausgehen könnte; denn nur hinsichtlich der Stunden, während derer ein Offenhalten von Verkaufsstellen gestattet wurde, stellt sich überhaupt die Frage, ob die hiervon ausgehende werktägliche Geschäftigkeit durch die Auswirkungen der anlassgebenden Veranstaltung in der erforderlichen eindeutigen Weise überlagert wird (vgl. zur Unzulässigkeit der Berücksichtigung solcher Besucher im Rahmen der anzustellenden „Prädominanzprognose“, die die anlassgebende Veranstaltung zu Zeiten aufsuchen, an denen kein Sonntagsverkauf zugelassen wurde, BayVGH, U.v. 18.5.2016 - 22 N 15.1526 - GewArch 2016, 342 Rn. 49). Nimmt man hinzu, dass sowohl das eigentliche Turamichele-Schauspiel als auch der parallel dazu auf dem Rathaus Platz stattfindende jahrmarktähnliche Event jedenfalls in erster Linie Kinder als Zielgruppe ansprechen (so dass nur sie und ihre erwachsenen Begleitpersonen als Besucher beider Veranstaltungen in Betracht kommen), und dass das Turamichele-Schauspiel in den ersten Nachmittagsstunden von den Kindern als minder attraktiv eingestuft wird (vgl. dazu die glaubhaften Ausführungen zur Frage 1.b des Verwaltungsgerichtshofs im Schreiben der Polizeiinspektion Augsburg Mitte vom 9.5.2017), so kann kein Zweifel daran bestehen, dass sich die Antragsgegnerin hinsichtlich der Zahl der Personen, die von Rechts wegen als Besucher der beiden anlassgebenden Veranstaltungen für die am Turamichele-Sonntag zugelassene Ladenöffnung prognostisch angesetzt werden durften, geirrt hat.

Ging der Stadtrat der Antragsgegnerin insoweit aber von einer evident unzutreffenden Tatsachengrundlage aus, so war dieses Gremium auch nicht in der Lage, eine zutreffende Prognose darüber anzustellen, ob von den Personen, die am Turamichele-Sonntag ausschließlich das auf dem Perlachturm dargebotene Schauspiel betrachten und/oder die gleichzeitig auf dem Rathaus Platz stattfindende jahrmarktähnliche Veranstaltung besuchen, überhaupt eine prägende Wirkung für den öffentlichen Raum an den Nachmittagen dieser Sonntage ausgeht, ob eine solche Wirkung bejahendenfalls das gesamte in § 2 der einschlägigen Verordnung umschriebene Gebiet erfasst, und ob diese Wirkung - sollte sie bestehen - die mit der Öffnung von Verkaufsstellen einhergehende werktägliche Geschäftigkeit so sehr überlagert, dass die sonntägliche Ladenöffnung nur als Annex der vorgenannten Veranstaltungen erscheint.

Hinsichtlich des Europasonntags bestehen Mängel sowohl hinsichtlich der Ermittlung und Feststellung der tatsächlichen Verhältnisse als auch hinsichtlich der vorzunehmenden Prognose umso mehr, als sich die Antragsgegnerin insoweit jedweder Angaben über das zu erwartende voraussichtliche Besucheraufkommen enthalten hat und die an diesen Sonntagen geplanten Veranstaltungen auch nach eigener Einschätzung der Antragsgegnerin einen deutlich geringeren Zuspruch finden als das hinsichtlich des Turamichele-Fests (einschließlich des zugehörigen jahrmarktähnlichen Treibens) der Fall ist (vgl. den im Tatbestand dieses Urteils erwähnten Aktenvermerk vom 16.2.2015 sowie die im Jahr 2014 zunächst beschlossene Freigabe eines deutlich kleineren Gebiets für eine sonntägliche Ladenöffnung als beim Turamichele-Fest, wobei die spätere Angleichung beider Areale nicht auf einem aktenmäßig verifizierbaren Zuwachs an tatsächlichen Erkenntnissen beruht, sondern ausschließlich Ausdruck eines durch die Rechtsordnung nicht gedeckten Entgegenkommens gegenüber den Forderungen des örtlichen Einzelhandels ist).

Zur Gänze verzichtet hat die Antragsgegnerin ferner - und zwar hinsichtlich beider Veranstaltungen - darauf, in die Beschlussvorlage für den Stadtrat Aussagen dazu aufzunehmen, wie viele Personen das für eine sonntägliche Öffnung von Verkaufsstellen freizugebende Gebiet voraussichtlich in der Absicht aufsuchen werden, dort Einkäufe zu tätigen.

Die Behauptung, es sei aus praktischen Gründen unmöglich, die erforderliche Prognose auf eine hinreichend verifizierte und gerichtlich nachprüfbare Tatsachenbasis zu stützen, trifft weder hinsichtlich des Besucheraufkommens der anlassgebenden Veranstaltungen noch hinsichtlich der Menge der Personen zu, die das für eine sonntägliche Ladenöffnung freigegebene Gebiet zu Einkaufszwecken aufsuchen wollen. Finden - wie hier - sowohl die anlassgebenden Veranstaltungen als auch die Sonntagsöffnungen nicht erstmals statt, kann hinsichtlich beider Größen vielmehr auf in der Vergangenheit gewonnene Erkenntnisse zurückgegriffen werden.

Informationen über das an einem verkaufsoffenen Sonntag voraussichtlich zu erwartende Aufkommen an Käufern und Kaufinteressenten lassen sich durch Rückfragen beim Einzelhandel bzw. bei Einzelhandelsverbänden gewinnen. Auf die Möglichkeit, dergestalt Angaben über das voraussichtlich zu erwartende Besucheraufkommen zu erlangen, hat das Bundesverwaltungsgericht (U.v. 11.11.2015 - 8 CN 2.14 - BVerwGE 153, 183 Rn. 25) für den Fall ausdrücklich hingewiesen, dass eine Veranstaltung erstmals stattfindet; liegen - wie hier - bereits Kenntnisse aufgrund früherer, aus gleichem Anlass zugelassener Sonntagsöffnungen vor, drängt sich eine solche Vorgehensweise ungeachtet des Umstands umso mehr auf, als seitens des Einzelhandels erlangte Auskünfte angesichts der Interessenlage dieser Gewerbetreibenden und ihrer Verbände kritischer Würdigung bedürfen.

2.3 Ebenso wie im Urteil vom 18. Mai 2016 (22 N 15.1526 - GewArch 2016, 324 Rn. 37 ff.) lässt es der Verwaltungsgerichtshof auch vorliegend dahinstehen, ob ein Antrag nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO, dem eine auf § 14 LadSchlG gestützte Verordnung zugrunde liegt, dann erfolglos bleiben muss, wenn der zuständige Träger öffentlicher Gewalt zwar die Prognosen, die im Vorfeld des Erlasses einer solchen Norm angestellt werden müssen, nicht oder nicht rechtskonform vorgenommen hat, sie jedoch im Ergebnis mit höherrangigem Recht in Einklang steht. Denn die verfahrensgegenständlichen Verordnungen könnten auch dann keinen Bestand haben, wenn die Gerichte eine solche Prüfung durchzuführen hätten.

Durch die Ausarbeitung der Fa. E... und die Ergebnisse der von der Universität Augsburg durchgeführten Erhebung wird erwiesen, dass es sich bei mehreren der Straßen, die im Westen und Süden des Rathausplatzes - teils in unmittelbarer Nähe dazu - verlaufen, um außerordentlich attraktive „Einkaufsmeilen“ handelt. Es spricht deshalb alles dafür, dass sie auch an verkaufsoffenen Sonntagen in großem Umfang von Personen aufgesucht werden, die dort Einkäufe tätigen wollen. Zwar betreffen die von der Fa. E... und die von der Universität Augsburg mitgeteilten Zahlen nur die Frequentierung dieser Straßen durch Fußgänger an Werktagen. Das Bundesverwaltungsgericht hat es jedoch ausdrücklich zugelassen, bei einer erstmals stattfindenden Anlassveranstaltung die Zahl der werktäglichen Ladenbesucher als Anhaltspunkt für den an verkaufsoffenen Sonntagen zu erwartenden Zustrom an Kaufinteressenten heranzuziehen (BVerwG, U.v. 11.11.2015 - 8 CN 2.14 - BVerwGE 153, 183 Rn. 25). Nichts anderes aber kann dann gelten, falls vorsorglich zu prüfen sein sollte, ob sich eine auf § 14 LadSchlG gestützte Verordnung, in deren Vorfeld die erforderlichen Prognosen (einschließlich der Ermittlung und Offenlegung belastbaren Zahlenmaterials) unterblieben sind oder nicht in rechtskonformer Weise durchgeführt wurden, im Ergebnis als verfassungs- und gesetzeskonform erweist.

Bei einem Rückgriff auf die von der Fa. E... und von der Universität Augsburg erhobenen Passantenzahlen muss allerdings berücksichtigt werden, dass ein gewisser Teil der erfassten Personen mehrfach gezählt worden sein könnte, weil diese Menschen die jeweilige Straße innerhalb der betrachteten Zeitintervalls nicht nur einmal benutzt haben. Bedacht werden muss ferner, dass es sich nicht bei allen gezählten Passanten um Käufer oder Kaufinteressenten gehandelt haben kann. Andererseits ist kein Grund dafür erkennbar, dass insbesondere an den Samstagen, an denen die vorerwähnten Erhebungen u. a. stattfanden, auf den in die Zählungen einbezogenen Straßen besonders viele Menschen unterwegs waren, die sich dort aus anderen Gründen als zu Einkaufszwecken aufgehalten haben. Da an diesen Tagen Schulen und Behörden in aller Regel geschlossen sind und auch in der Mehrzahl derjenigen Gewerbebetriebe nicht gearbeitet zu werden pflegt, die anderen Branchen als dem Handel angehören, spricht insbesondere keine gesteigerte Wahrscheinlichkeit dafür, in die im Tatbestand dieses Urteils wiedergegebenen Zahlen seien in größerem Umfang z.B. Personen eingegangen, die sich auf dem Weg von oder zu ihrem Arbeitsplatz oder ihrer Ausbildungsstätte befunden haben. Desgleichen hat weder die Antragsgegnerin geltend gemacht noch ist unabhängig hiervon ersichtlich, dass sich während der Tage, an denen die vorerwähnten Erhebungen durchgeführt wurden, eine größere Zahl von Menschen aus nichtkommerziellen Gründen (z.B. als Touristen oder zwecks Teilnahme an einem bedeutenden kulturellen Ereignis) auf den in die Untersuchungen einbezogenen Straßen aufgehalten hat. Dies kann umso weniger angenommen werden, als beide Zählungen mit dem Ziel durchgeführt wurden, die Attraktivität der Innenstadt der Antragsgegnerin als Einzelhandelsstandort zu eruieren.

Vor diesem Hintergrund darf deshalb davon ausgegangen werden, dass die im Tatbestand dieses Urteils genannten Straßen auch an verkaufsoffenen Sonntagen stündlich von einer vierstelligen Zahl von Käufern oder Kaufinteressenten frequentiert werden.

Sichere Angaben darüber, wie viele Personen die auf dem Rathaus Platz am Europasonntag stattfindenden Veranstaltungen „um ihrer selbst willen“ aufsuchen (d.h. sich dort nicht nur auf dem Weg von und zu geöffneten Ladengeschäften aufhalten), waren der vom Verwaltungsgerichtshof hierzu befragten Polizeiinspektion Augsburg Mitte nicht möglich. Aufschlussreich ist jedoch, dass nach Darstellung im Schreiben dieser Dienststelle vom 9. Mai 2017 sich selbst am 7. Mai 2017 (d.h. an einem Tag, an dem die Veranstaltungen des Europasonntags durch eine Kundgebung der „Pulse-of-Europe-Bewegung“ begleitet wurden) dort zeitweise nur mehrere Hundert Personen aufgehalten haben, deren Zahl sich mit einsetzendem Regen auf einige wenige Menschen verringert habe. Ebenfalls aufschlussreich ist die Mitteilung der Polizeiinspektion, dass die Besucher der auf dem Rathaus Platz stattfindenden Veranstaltungen des Europasonntags dort nur temporär zu verweilen pflegen, um einer Darbietung beizuwohnen oder sich kurz an einem Informationsstand umzusehen. Für das Turamichele-Fest ist der gleichen Auskunft zufolge - dies allerdings lediglich während der jeweils vollen Stunden und auch das nur bei günstigem Wetter - mit der gleichzeitigen Anwesenheit von 800 bis 1000 Personen auf dem überschaubaren Rathaus Platz zu rechnen.

Vor diesem Hintergrund kann ersichtlich keine Rede davon sein, diese Veranstaltungen würden eine derart prägende Wirkung entfalten, dass die werktägliche Geschäftigkeit, die mit Ladenöffnungen in den im Tatbestand dieses Urteils aufgeführten, hoch attraktiven Einkaufsstraßen im Westen und Süden des Rathausplatzes einhergeht, hierdurch in den Hintergrund gedrängt wird. Zwar benutzen nach der Darstellung im Schreiben der Polizeiinspektion Augsburg Mitte vom 9. Mai 2017 die Besucher der vorerwähnten Veranstaltungen u. a. diese Straßen auf dem Weg zum und vom Rathaus Platz. Sollte es rechtlich zulässig sein, hinsichtlich eines Bereichs, in dem die anlassgebende Veranstaltung als solche keine Auswirkungen mehr zeitigt, auf die durch sie ausgelösten Besucherströme zurückzugreifen, um auf diese Weise die erforderliche Ausstrahlung der anlassgebenden Veranstaltung bejahen zu können und dieses Areal so ihrem „Umfeld“ zuzuordnen (vgl. BVerwG, U.v. 11.11.2015 - 8 CN 2.14 - BVerwGE 153, 183 Rn. 25), so ergäbe sich auch hieraus nicht die Ergebnisrichtigkeit der verfahrensgegenständlichen Verordnungen. Denn das Geschehen auf diesen „Einkaufsmeilen“ wird durch den Zu- und Abstrom von Besuchern der anlassgebenden Veranstaltungen nicht in derart großem Umfang geprägt, dass die Auswirkungen der sonntäglichen Ladenöffnung demgegenüber als ein bloßer Annex hierzu erscheinen. Abgesehen von dem nach dem Vorgesagten selbst am Turamichele-Sonntag zu erwartenden zahlenmäßigen Übergewicht des in diesen Straßen zu erwartenden „Shopping-Publikums“ steht einer solchen Annahme zunächst entgegen, dass Besucher der Veranstaltungen des Europa- und des Turamichele-Sonntags auch andere Möglichkeiten besitzen, um den Rathaus Platz zu erreichen und ihn wieder zu verlassen. Denn nach der schriftlichen Auskunft der Polizeiinspektion und den in der mündlichen Verhandlung ergänzend hierzu gemachten Angaben des Vertreters dieser Dienststelle befindet sich auf ihm eine Straßenbahnhaltestelle; zudem stünden in der Nähe ca. 2.500 Stellplätze in Parkhäusern sowie auch unabhängig hiervon (an Sonn- und Feiertagen) Parkmöglichkeiten in der Innenstadt der Antragsgegnerin zur Verfügung. Vor allem aber ist es nach glaubhafter Darstellung der Polizeiinspektion nicht möglich, Besucher der anlassgebenden Veranstaltungen auf dem Weg zum Rathaus Platz im Straßenbild als solche zu identifizieren; auch auf dem Rückweg sei das nur sehr eingeschränkt möglich, da lediglich vereinzelte Besucher des Europasonntags eine Europafahne mit sich führen würden. Zu Recht hat die Polizeiinspektion eine dahingehende Möglichkeit auch hinsichtlich des Turamichele-Sonntags verneint. Aus diesem Anlass werden zwar auf dem Rathaus Platz Luftballone an die Kinder verteilt; es stellt jedoch einen Bestandteil der Veranstaltung dar, diese nach dem Ende des Figurenspiels gemeinsam aufsteigen zu lassen (vgl. den als Anlage zum Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 11.5.2017 vorgelegten, als Blatt 152 in der Gerichtsakte befindlichen Ausdruck sowie dort als Blatt 153 sowie Blatt 156 bis 158 eingehefteten Lichtbilder). Die meisten Besucher dieses Fests treten deshalb auch nach dem Verlassen des Rathausplatzes nicht in besonderer Weise in Erscheinung.

Die Ergebnisrichtigkeit der verfahrensgegenständlichen Verordnungen steht darüber hinaus auch nicht hinsichtlich derjenigen Teile ihres örtlichen Geltungsbereichs fest, die nicht zu den vorgenannten, besonders attraktiven Einkaufsstraßen gehören. Angesichts des nur begrenzten Besucheraufkommens der beiden anlassgebenden Veranstaltungen, vor allem aber angesichts der Tatsache, dass die Teilnehmer hieran auf dem Hin- und Rückweg nicht in auffallender Weise in Erscheinung treten, entfalten weder der Europanoch der Turamichele-Sonntag jenseits des Rathausplatzes die erforderliche prägende Wirkung für das Geschehen im öffentlichen Raum. Erst recht nicht erfüllt ist das Kriterium, dass eine solche Wirkung gegenüber der mit einer Ladenöffnung einhergehenden werktäglichen Geschäftigkeit im Vordergrund stehen muss.

Dies gilt auch für die Umgebung der City-Galerie. Zwar befindet sich nach den Ausführungen, die der Vertreter der Polizeiinspektion Augsburg Mitte diesbezüglich in der mündlichen Verhandlung getätigt hat, in der Nähe dieses Einkaufszentrums ein Parkhaus, das von Personen genutzt werde, die auf dem Rathaus Platz stattfindende Veranstaltungen aufsuchen wollten. In unmittelbarem Zusammenhang damit hat dieser Beamte jedoch - wie bereits zuvor in der von ihm unterzeichneten schriftlichen Auskunft vom 9. Mai 2017 - erneut bekundet, dass Passanten nicht klar dem jeweiligen Fest zuzuordnen seien (vgl. Seite 4 Mitte der Niederschrift über die mündliche Verhandlung). Allein schon aus diesem Grund scheiden auch die Benutzer der Tiefgarage bei der City-Galerie als Anknüpfungspunkt für die Bejahung einer prägenden Ausstrahlung der am Europa- und am Turamichele-Sonntag stattfindenden Veranstaltungen aus. Nur hilfsweise ist deshalb festzuhalten, dass eine ggf. gleichwohl zu bejahende Möglichkeit, diesen Bereich frequentierende Personen in der öffentlichen Wahrnehmung als Besucher dieser Feste zu identifizieren, nicht geeignet wäre, eine prägende Wirkung für das Geschehen im Umgriff der City-Galerie zu bejahen, die die Auswirkungen einer sonntäglichen Öffnung dieses Einkaufszentrums eindeutig zu dominieren vermöchte. Denn die City-Galerie wird ausweislich des von den Antragstellern vorgelegten Internetausdrucks pro Werktag von (durchschnittlich) 25.141 Personen aufgesucht; bei einer anzunehmenden Öffnung zwischen 9.00 Uhr und 20.00 Uhr entspricht dies einem mittleren stündlichen Besucheraufkommen von mehr als 2.200 Personen. Auch insoweit darf mangels gegenläufiger Anhaltspunkte davon ausgegangen werden, dass der stündliche Publikumszuspruch bei Gestattung einer sonntäglichen Öffnung dieses Einkaufszentrums voraussichtlich jedenfalls nicht wesentlich niedriger liegen wird.

Die straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnisse, die die Antragsgegnerin anlässlich des Europa- und des Turamichele-Sonntags zu erteilen pflegt und von denen sie Beispiele als Anlagen zu einem ihrer Schreiben vom 22. Mai 2017 in das Verfahren eingeführt hat, rechtfertigen entgegen ihrem Vorbringen nicht den Schluss, beide Veranstaltungen würden sich nicht nur am Rathaus Platz abspielen. Dies folgt u. a. daraus, dass diese Verwaltungsakte die Gestattung gewerblicher oder sonstiger Betätigungen zum Gegenstand haben, die an die sonntägliche Ladenöffnung anknüpfen und darauf abzielen, das hierdurch ausgelöste Besucheraufkommen zum Vorteil der jeweils zugelassenen Betätigung zu nutzen. Das von Rechts wegen vorgegebene Verhältnis, wonach eine außerhalb des Marktes, der Messe oder der ähnlichen Veranstaltung stattfindende Verkaufstätigkeit Annex zur „Primärveranstaltung“ zu sein hat und ein „Bezug zum Marktgeschehen“ erkennbar sein muss, ist insoweit deshalb ersichtlich nicht gewahrt. Dass die von den Sondernutzungserlaubnissen erfassten Aktivitäten nicht an die Veranstaltungen des Europa- oder des Turamichele-Sonntags, sondern an die gleichzeitigen Ladenöffnungen anknüpfen, folgt deutlich bereits aus den Angaben im Betreff der beispielhaft vorgelegten Bescheide („Saftstand im Rahmen des verkaufsoffenen Sonntags“ vor einer Gaststätte; „Werbeaktion für das Kurhaustheater im Rahmen des Marktsonntags“ vor einem Bekleidungsgeschäft; „Info- und Verteilerstand für die A... anlässlich des verkaufsoffenen Sonntages am 25.09.16“; „Werbeaktion für den FC Augsburg im Rahmen des Marktsonntages“ vor einem Anwesen in der Bahnhof Straße; Aufstellen einer Hüpfburg als Bestandteil der Veranstaltung „Family Day im Rahmen des verkaufsoffenen Sonntages“ vor einem Schnellimbissrestaurant). Aber auch soweit aus dem Sondernutzungsbescheid ein unmittelbarer Bezug der gestatteten Betätigung zur sonntäglichen Verkaufstätigkeit eines anderen Gewerbetreibenden nicht erkennbar ist, fehlt es sowohl an einem sachlichen als auch einem örtlichen Zusammenhang mit der jeweiligen Veranstaltung, die die Antragsgegnerin zum Anlass für die Zulassung eines sonntäglichen Offenhaltens von Verkaufsstellen genommen hat. So verhält es sich bei der einem örtlichen Eislaufverein erteilen Erlaubnis, am 7. Mai 2017 auf dem Willy-Brandt Platz ein „Hockeyspiel mit Inlinern“ aufzustellen.

Entfalten die beiden anlassgebenden Veranstaltungen aber keine Ausstrahlungswirkung dergestalt, dass das Gebiet, für das die Antragsgegnerin ein sonntägliches Offenhalten von Verkaufsstellen gestattet hat, als „Umfeld“ des Europa- bzw. des Turamichele-Sonntags im Sinn des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. November 2015 (8 CN 2.14 - BVerwGE 153, 183 Rn. 25) angesehen werden kann, so kommt es auf das Vorbringen der Antragsgegnerin, das in § 2 der verfahrensgegenständlichen Verordnungen umschriebene Gebiet stelle nur einen vergleichsweise begrenzten Teil ihres gesamten Stadtgebiets dar, da hiervon nur einer ihrer 17 Stadtteile („Planungsräume“) zur Gänze und vier weitere teilweise erfasst würden, von Rechts wegen nicht an.

3. Die Kostenentscheidung beruht, soweit über die Anträge sachlich zu befinden war, auf § 154 Abs. 1 VwGO, soweit das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt wurde, auf § 161 Abs. 2 VwGO. Billigem Ermessen im Sinn der letztgenannten Vorschrift entspricht es, die auf den erledigten Teil des Verfahrens entfallenden Kosten ebenfalls der Antragsgegnerin aufzuerlegen, da die Verordnung über das Offenhalten von Verkaufsstellen aus Anlass des Europatages aus den vorstehend aufgezeigten Gründen auch hinsichtlich des 7. Mai 2017 für unwirksam hätte erklärt werden müssen, hätte sich das Verfahren insoweit nicht wegen Zeitablaufs erledigt.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit einer entsprechenden Anwendung von § 708 Nr. 10 und § 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht erfüllt sind.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

Tenor

I. Die Verordnung der Antragsgegnerin über das Offenhalten von Verkaufsstellen aus Anlass des Europatages vom 19. Januar 2017 (Amtsblatt der Antragsgegnerin Nr. 5/6 vom 10.2.2017, S. 22) ist insoweit unwirksam, als sie sich auf die Jahre von 2018 bis 2021 bezieht.

II. Die Verordnung der Antragsgegnerin über das Offenhalten von Verkaufsstellen aus Anlass des Turamichele-Festes vom 30. Januar 2017 (Amtsblatt der Antragsgegnerin Nr. 5/6 vom 10.2.2017, S. 22) ist unwirksam.

III. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

IV. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Antragsteller vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Antragsteller erstreben die Feststellung der Unwirksamkeit der am 19. Januar 2017 erlassenen Verordnung der Antragsgegnerin über das Offenhalten von Verkaufsstellen aus Anlass des Europatages, soweit sich diese Verordnung Geltung für die Zukunft beimisst, und der vom 30. Januar 2017 stammenden Verordnung der Antragsgegnerin über das Offenhalten von Verkaufsstellen aus Anlass des Turamichele-Festes (beide bekanntgemacht im Amtsblatt der Antragsgegnerin Nr. 5/6 vom 10.2.2017, S. 22)

1. Bei der Antragstellerin zu 1) handelt es sich um eine Gewerkschaft, deren Organisationsbereich ihrer Satzung zufolge u. a. im Handel tätige Arbeitnehmer umfasst.

Der Antragsteller zu 2) - ein eingetragener Verein - bezeichnet sich in der Präambel seiner Satzung als eine selbständige Vereinigung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Aus seinem Selbstverständnis, „lebendiger Teil der Kirche zu sein und in der Arbeiterbewegung zu wurzeln“, sei er „politische Bewegung, Selbsthilfebewegung, Bildungs- und Aktionsbewegung sowie internationale Bewegung“; er sieht seine satzungsmäßige Tätigkeit als „Wesens- und Lebensäußerung der Katholischen Kirche“ an. Gemäß § 3 Nr. 1 der Satzung verfolgt er eine sozial- und berufspolitische Zielsetzung; § 3 Nr. 2 der Satzung zufolge liegt sein Zweck in der Förderung der Erziehung, der Volks- und Berufsbildung. Wegen der in der Satzung im Einzelnen hervorgehobenen Ziele und Aufgaben des Antragstellers zu 2) und der Instrumente, mit denen er diese Zwecke insbesondere zu verwirklichen sucht, wird auf § 3 Nrn. 3 und 4 der Satzung verwiesen.

2. Im Gebiet der Antragsgegnerin galten bis einschließlich des Jahres 2014 Verordnungen, die aus Anlass des Europatages sowie des Turamichele-Festes ein Offenhalten von Verkaufsstellen im gesamten Stadtgebiet (u. U. mit Ausnahme eines einzelnen Ortsteils) zuließen.

3. Am 13. November 2014 erließ die Antragsgegnerin eine neue Verordnung über das Offenhalten von Verkaufsstellen aus Anlass des Europatages (Amtsblatt der Antragsgegnerin vom 28.11.2014, S. 282), die sich Geltung nur für Sonntag, den 3. Mai 2015, beilegte. Als Umfeld des Europatages legte sie das von folgenden Straßen und Plätzen eingeschlossene Gebiet fest:

Stetten Straße, Eserwall Straße, Rote-Torwall Straße, Rembold Straße bis Provino Straße, Provino Straße bis Nagahama Allee, Nagahama Allee bis Schäfflerbach Straße, Schäfflerbach Straße bis Argon Straße, Argon Straße, Jakobertor Platz, Oblatterwall Straße, Bert-Brecht Straße bis Klaucke Straße, Klaucke Straße bis Brücken Straße, Brücken Straße, Stephingerberg, Pfärrle, Am Fischertor, Thomm Straße, Liebig Straße, Senkelbach Straße, Holzbach Straße, Rosenau Straße bis Stetten Straße.

Ebenfalls am 13. November 2014 erließ die Antragsgegnerin eine neue Verordnung über das Offenhalten von Verkaufsstellen aus Anlass des Turamichele-Festes (Amtsblatt der Antragsgegnerin vom 28.11.2014, S. 282), die nur für Sonntag, den 27. September 2015, galt und die das Umfeld des Turamichele-Festes wie folgt begrenzte:

Oberbürgermeister-Müller-Ring (zwischen Wertach und Rumpler Straße), Rumpler Straße bis Haunstetter Straße, Haunstetter Straße (zwischen Rumpler Straße und Inverness Allee), Inverness Allee (bis Friedberger Straße), Friedberger Straße bis Berliner Allee, Berliner Allee bis Hans-Böckler Straße, Stadtbach Straße bis zur Sebastian Straße, Sebastian Straße, Riedinger Straße bis Dieselbrücke, entlang der Wertach bis Oberbürgermeister-Müller-Ring.

In einer E-Mail vom 13. Februar 2015 trug der Geschäftsführer der „City Initiative Augsburg“, der eigenem Bekunden zufolge hierbei auf Bitten der ersten stellvertretenden Bürgermeisterin der Antragsgegnerin handelte, Gesichtspunkte an das Ordnungsreferat der Antragsgegnerin heran, die seines Erachtens eine Ausweitung des „Europa-Marktsonntages“ 2015 auf alle Stadtteile der Antragsgegnerin rechtfertigen würden. Dieser E-Mail zufolge sollte am 3. Mai 2015 parallel zum Europatag ein Innenstadtfest stattfinden.

In einer Ausarbeitung vom 16. Februar 2015 wies eine Juristin der Antragsgegnerin u. a. darauf hin, dass der Europatag und das Innenstadtfest als solche - auch ohne die Öffnung von Ladengeschäften - „einen enormen Besucherstrom anziehen“ müssten. Eine dahingehende „nachweisbare Prognose“ gelinge der Antragsgegnerin „vielleicht gerade noch für den Innenstadtbereich, schwerlich aber für den gesamten Außenbereich und das gesamte Stadtgebiet“. In diesem Vermerk heißt es u. a.: „Der Europamarkt ist ohne Tradition und Grenze. Von einer Art ‚Markt‘ kann hier also fast nicht die Rede sein.“

Am 26. März 2015 richtete der Handelsverband Bayern ein Schreiben an den Oberbürgermeister der Antragsgegnerin, in dem er ausführte, die grundsätzliche Einschränkung der Bereiche, innerhalb derer am Europa-Marktsonntag und am Turamichele-Marktsonntag ein Offenhalten von Verkaufsstellen zugelassen worden sei, könne „aus rechtlichen Gründen zumindest nachvollzogen werden, aus verbandspolitischen Gründen und im Interesse unserer Mitglieder jedoch nicht.“ Unabhängig hiervon sei nicht erkennbar, warum für den Europa-Marktsonntag ein kleinerer Umgriff als für den Turamichele-Marktsonntag angesetzt worden sei. Da Gewerbetreibenden „ohne tatsächliche Not eine verlässliche Umsatzerwartung in erheblicher Höhe genommen“ worden sei, werde wenigstens um eine Korrektur der nicht nachvollziehbaren unterschiedlichen Gebietsausweisung gebeten.

Am 3. April 2015 erließ der Oberbürgermeister der Antragsgegnerin daraufhin, gestützt auf Art. 37 Abs. 3 GO, eine Verordnung zur Änderung der Verordnung über das Offenhalten von Verkaufsstellen aus Anlass des Europatages vom 13. November 2014. Sie gestattete einen Verkauf von Waren innerhalb des gleichen Gebiets wie die Verordnung über das Offenhalten von Verkaufsstellen aus Anlass des Turamichele-Festes vom 13. November 2014. In einem Vermerk vom 31. März 2015 hielt der Oberbürgermeister der Antragsgegnerin u. a. fest, die Verwaltung der Antragsgegnerin habe festgestellt, dass aufgrund des umfangreichen Rahmenprogramms des Europatages am 3. Mai 2015 der bislang in der Verordnung festgesetzte Einzugsbereich zu eng gefasst worden sei; es erscheine angezeigt, diesen dem Einzugsbereich des Turamichele-Fests anzugleichen.

4. Am 11. Januar 2016 erließ die Antragsgegnerin Verordnungen, die ein Offenhalten von Verkaufsstellen am Sonntag, den 3. April 2016, anlässlich der Georgi-Dult und am Sonntag, den 25. September 2016, anlässlich des Turamichele-Festes in dem gleichen räumlichen Umfang zuließen, der sich aus den Verordnungen vom 13. November 2014 (hinsichtlich des Europatages in der Fassung der Änderungsverordnung vom 3.4.2015) ergab.

5. Am 15. Dezember 2016 beschloss der Stadtrat der Antragsgegnerin die vorliegend verfahrensgegenständlichen Verordnungen, die vom Oberbürgermeister der Antragsgegnerin (zunächst) jeweils am 19. Januar 2017 ausgefertigt wurden. § 1 der Verordnung über das Offenhalten von Verkaufsstellen aus Anlass des Europatages lautet:

„Anlässlich der jährlich wiederkehrenden Veranstaltungen zum ‚Europatag‘ dürfen am Sonntag, den 07.05.2017, 06.05.2018, 05.05.2019, 03.05.2020 und 02.05.2021 Verkaufsstellen im Umfeld des ‚Europatages‘ in der Zeit von 13.00 bis 18.00 Uhr ihre Waren zum Verkauf an jedermann anbieten.“

§ 1 der Verordnung über das Offenhalten von Verkaufsstellen aus Anlass des Turamichele-Festes bestimmt:

„Anlässlich der jährlich wiederkehrenden Veranstaltungen zum Turamichele-Fest dürfen am Sonntag, den 01.10.2017, 30.09.2018, 29.09.2019, 27.09.2020 und 26.09.2021 Verkaufsstellen im Umfeld des ‚Turamichele-Festes‘ in der Zeit von 13.00 bis 18.00 Uhr ihre Waren zum Verkauf an anbieten.“

§ 2 beider Verordnungen legte in der zunächst ausgefertigten Fassung als „Umfeld des Europatages“ das gleiche Gebiet fest, das u.a. in der Verordnung über das Offenhalten von Verkaufsstellen aus Anlass des Turamichele-Festes vom 13. November 2014 hierfür vorgesehen war.

Wegen der Erwägungen, die die Antragsgegnerin mit dem Ziel der Rechtfertigung der darin getroffenen Regelungen anstellte, wird auf die von der Verwaltung der Antragsgegnerin u. a. für die Sitzung ihres Stadtrats am 15. Dezember 2016 erstellte Beschlussvorlage verwiesen.

Die im Vorfeld der Beschlussfassung dieses Gremiums angehörte „Allianz für den freien Sonntag“, der beide Antragsteller angehören, machte geltend, den im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. November 2015 (8 CN 2.14 - BVerwGE 153, 183) enthaltenen Vorgaben werde nur eine deutlich stärker eingegrenzte Ladenöffnung gerecht. Auch die Antragstellerin zu 1) selbst widersprach der geplanten Verordnung, da sie gegen das Gesetz über den Ladenschluss verstoße. Der Antragsteller zu 2) trat den geplanten Verordnungen unter Hinweis auf die Urteile des Bundesverfassungsgerichts vom 1. Dezember 2009 (1 BvR 2857/07 u. a. - BVerfGE 125, 39) und des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. November 2015 (a.a.O.) entgegen. Das Bischöfliche Ordinariat Augsburg und das Evangelisch-Lutherische Dekanat Augsburg erhoben gegen den Entwurf der Verordnung keine Einwände. Die Industrie- und Handelskammer Schwaben merkte in ihrer Stellungnahme an, beim Europatag und beim Turamichele-Fest sei erfahrungsgemäß ein großer Besucherstrom zu erwarten.

Nach erfolgter Ausfertigung der Verordnungen wurde bemerkt, dass auch § 2 der Verordnung über das Offenhalten von Verkaufsstellen aus Anlass des Turamichele-Festes mit den Worten „Umfeld des Europatages im Sinne dieser Verordnung ist …“ begann. Diese Verordnung wurde daraufhin am 30. Januar 2017 durch den Oberbürgermeister der Antragsgegnerin erneut ausgefertigt, nachdem im Verordnungstext die vorbezeichneten Worte durch die Wendung „Umfeld des Turamichele-Festes im Sinne dieser Verordnung ist …“ ersetzt worden waren.

6. Am 13. März 2017 leiteten die Antragsteller beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof ein Verfahren nach § 47 VwGO mit dem Ziel ein, die Unwirksamkeit beider Verordnungen festzustellen.

Hinsichtlich der Antragsbefugnis verweist der Antragsteller zu 2) darauf, dass auch er Träger des Grundrechts aus Art. 9 Abs. 1 GG und zusätzlich wohl des Grundrechts aus Art. 9 Abs. 3 GG sei. Unter dem letztgenannten Blickwinkel sei es nicht erforderlich, dass eine Vereinigung als Gewerkschaft Tarifvereinbarungen abschließe. Der Antragsteller zu 2) habe fortlaufend zu Themen des Arbeitslebens Stellung bezogen und im Interesse der Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen seiner Mitglieder immer wieder auf politische und gesellschaftliche Akteure eingewirkt. Hinzu trete seine „verkündende“ Tätigkeit, die ihren Ausdruck u. a. in der Veranstaltung von Gottesdiensten und Wallfahrten finde. Da seine Zweckbestimmung darin bestehe, religiöses Leben und religiöse Grundsätze im Arbeitsleben zu etablieren sowie den katholischen Glauben zu verbreiten und ihn im Alltag zu verankern, sei er darüber hinaus Träger der Religionsausübungsfreiheit nach Art. 4 GG.

In der Sache bringen die Antragsteller vor, in der Innenstadt der Antragsgegnerin befänden sich bedeutende Einkaufsstraßen wie z.B. die Maximilian-, die Anna-, die Bürgermeister-Fischer- und die Bahnhof Straße. Sie beziehen sich in diesem Zusammenhang auf eine von ihnen auszugsweise vorgelegte Ausarbeitung der Fa. E..., in der die Ergebnisse von am Dienstag, den 14. April 2015, und am Samstag, den 18. April 2015, in den vier vorgenannten Straßen sowie in der Philippine-Welser Straße durchgeführten Passantenzählungen referiert werden. Hierbei hätten sich folgende Frequentierungen pro Stunde ergeben:

Maximilian Straße

Anna Straße

Bürgermeister- Fischer Straße

Bahnhof Straße

Philippine-Welser Straße

Dienstag, 14.4.2015

2.056

1.225

1.355

2.012

1.250

Samstag,

18.4.2015

2.768

2.189

2.139

2.078

2.135

Der vorgenannten Ausarbeitung der Fa. E... zufolge stellt die Augsburger Bahnhof Straße eine „1a-Einzelhandelslage“ dar. Die angrenzenden 1a-Lagen verbänden den Königs Platz mit den auch touristisch stark frequentierten Plätzen Moritz Platz und Rathaus Platz. Der Ausbau der Fußgängerzone habe die Attraktivität der 1a-Lagen erneut steigern können. Der Einzugsbereich des Augsburger Einzelhandelsmarktes umfasse ca. 600.000 Einwohner mit durchschnittlicher Kaufkraft. In der Innenstadt befänden sich rund 40% der im Gebiet der Antragsgegnerin vorhandenen Retail-Flächen; der Umsatz dort betrage etwa das Doppelte im Vergleich zu Städten vergleichbarer Größe. Die Antragsgegnerin gehöre zur florierenden Metropolregion München; bemerkenswert hoch sei die „Modezentralität“.

Die Antragsteller verweisen ferner auf einen von ihnen vorgelegten Presseartikel, in dem die Ergebnisse einer Passantenzählung dargestellt werden, die die Universität Augsburg zwischen dem 2. und dem 4. Juni 2016 an zwölf Standorten in der Innenstadt der Antragsgegnerin jeweils von 10.00 Uhr bis 20.00 Uhr durchgeführt habe. An den Zähltagen seien danach mehr als 371.000 Personen „in die Stadt“ gekommen. Das stärkste Menschenaufkommen sei am Samstag, den 4. Juni 2016, „in der Mittagsstunde bis 13.00 Uhr“ in der Anna Straße mit mehr als 3.600 Passanten festzustellen gewesen; zwischen 14.00 Uhr und 17.00 Uhr seien über 3.200 Personen pro Stunde gezählt worden.

Was den Europatag am 7. Mai 2017 anbetreffe, so habe die Antragsgegnerin noch im März 2017 auf ihrer Website unter der Überschrift „Teilnehmer gesucht“ dazu aufgerufen, sich hieran zu beteiligen; der im Jahr 2016 an einem Samstag abgehaltene Europatag habe sowohl nach der Darstellung in der Beschlussvorlage für die Stadtratssitzung am 15. Dezember 2016 als auch ausweislich von Lichtbildern, die sich dem Internet entnehmen ließen, nur eine „eher überschaubare“ Resonanz ausgelöst. Die als „Europafest“ bezeichnete Veranstaltung präge die von ihr erfassten Sonntage nicht in allen Bereichen, die von der sich hierauf beziehenden Verordnung erfasst würden; insbesondere hinsichtlich der wichtigen Einkaufsstraßen und der City-Galerie erscheine dies ausgeschlossen. Es sei nicht erkennbar, wie sich die ausschließlich auf dem Rathaus Platz stattfindenden Veranstaltungen auf die weiter entfernt liegenden, von den verfahrensgegenständlichen Verordnungen erfassten Teile des Stadtgebiets auswirken könnten. Gegen eine prägende Wirkung spreche ferner ganz offensichtlich das Ungleichgewicht zwischen der Fläche des Rathausplatzes von ca. 3.600 m² und den begünstigten, etwa 158.000 m² umfassenden Verkaufsflächen. Hinzu komme, dass kein thematischer Bezug zwischen den anlassgebenden Veranstaltungen und den Waren bestehe, die während der Sonntagsöffnungen verkauft werden dürften; die Antragsgegnerin habe das zulässige Sortiment in keiner Weise eingeschränkt.

Die Antragsteller beantragen bei Schluss der mündlichen Verhandlung

1. festzustellen, dass die Rechtsverordnung der Antragsgegnerin über das Offenhalten von Verkaufsstellen aus Anlass des Europatages vom 19. Januar 2017, veröffentlicht im Amtsblatt der Antragsgegnerin Nr. 5/6 vom 10. Februar 2017, insoweit unwirksam ist, als sie sich auf die in der Zukunft liegenden verkaufsoffenen Sonntage bezieht;

2. festzustellen, dass die Rechtsverordnung der Antragsgegnerin über das Offenhalten von Verkaufsstellen aus Anlass des Turamichele-Festes vom 30. Januar 2017, veröffentlicht im Amtsblatt der Antragsgegnerin Nr. 5/6 vom 10. Februar 2017, unwirksam ist.

Soweit ihr Antrag ursprünglich darauf abzielte, die Unwirksamkeit der erstgenannten Verordnung auch insoweit festzustellen, als diese Norm den im Mai 2017 abgehaltenen Europa-Marktsonntag zum Gegenstand hatte, erklärten die Antragsteller ihn in der mündlichen Verhandlung mit Zustimmung der Antragsgegnerin für erledigt.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Die Antragsgegnerin könne „prognostisch Gewissheit darüber verschaffen“, dass das durch die verfahrensgegenständlichen Verordnungen zugelassene Offenhalten von Verkaufsstellen die betroffenen Sonntage nicht maßgeblich prägen werde; eine solche Prognose dürfe auch während des Gerichtsverfahrens nachgereicht werden. Es sei der Antragsgegnerin freigestellt, worauf sie ihre Prognose gründe. Sie habe sich insoweit auf die Erfahrungswerte der letzten Jahre, nicht aber auf Zahlen mit wenig Aussagekraft gestützt. Denn niemand könne exakte Daten darüber zur Verfügung stellen, wie viele Menschen an den betroffenen Sonntagen „die Stadt“ in der ausschließlichen Absicht aufsuchen würden, dort Einkäufe zu tätigen, da die Motivation, warum jemand eine Veranstaltung aufsuche, „nicht erklärbar“ sei. Nach der Einschätzung der Antragsgegnerin würden sich ihre Einwohner und die Besucher deswegen „in die Stadt“ begeben, weil dort anlässlich des Europatages und des Turamichele-Festes viele unterhaltsame Attraktionen geboten würden und man Menschen treffe. Es könne mit Sicherheit verneint werden, dass irgendjemand an Marktsonntagen „die Stadt“ aufsuche, weil er z.B. Kleider für die Kinder oder einen Kochtopf benötige. Dafür seien „die Stadt und die Geschäfte … auch viel zu voll“; es wäre sehr unpraktisch und ungemütlich, an einem solchen Tag den werktäglichen Einkauf zu erledigen. Markttage seien im Gebiet der Antragsgegnerin ein „Riesenfest“; die Markt- und Themenstände des Europatages und der Turamichele-Festes würden mit der Stadt, die mit „Luftballons und Girlanden geschmückt“ sei, „verschmelzen“. Seit dem Jahr 2017 sei die Antragsgegnerin Partnerin der Bürgerbewegung „Pulse of Europe“; die Begeisterung für diese Bewegung sei im Gebiet der Antragsgegnerin zunehmend spürbar. Das Turamichele-Fest bilde seit jeher ein „Muss“ für die Bürger der Antragsgegnerin, aber auch für die Bewohner von Nachbargemeinden; Schulkinder und andere Kindergruppen würden mit Omnibussen anreisen, um dieser traditionellen Veranstaltung beizuwohnen.

Der im Verlauf der zurückliegenden Jahre ergangenen Rechtsprechung habe die Antragsgegnerin durch die „extreme“ Verkleinerung des Bereichs, in dem ein Offenhalten von Verkaufsstellen zugelassen worden sei, Rechnung getragen. Einer noch kleineren Bemessung des begünstigten Gebiets stünden u. a. sicherheitsrechtliche Überlegungen entgegen. Aufgrund der Vielzahl an zu erwartenden Besuchern könne dem Andrang nur begegnet werden, wenn man die Öffnung von Verkaufsstellen „in vernünftigem Umfang“ über den Kern der Innenstadt hinaus zulasse. Zum Wohle der streitgegenständlichen Veranstaltungen, aber auch des innerstädtischen Einzelhandels sei es geboten, „den weiteren fußläufig erreichbaren Handel“ mit einzubeziehen.

Im Übrigen habe die Rechtsprechung während der zurückliegenden Jahre außer Acht gelassen, dass § 14 LadSchlG dem grundsätzlichen Gebot, Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen geschlossen zu halten, bereits durch die Zulassung nur einer begrenzten Zahl von Marktsonntagen unter Ausklammerung des Monats Dezember Rechnung trage. Das hohe Gut der Sonntagsruhe berücksichtige das Gesetz ferner durch die Beschränkung der Öffnungszeit auf fünf Stunden während des Sonntagnachmittags. Das Ladenschlussgesetz stelle einen Kompromiss zwischen den Interessen des Einzelhandels, der dort Beschäftigten und der Verbraucher dar. Der Kompromissgedanke sei mittlerweile derart in den Hintergrund gerückt, dass Marktsonntage allgemein gefährdet seien. Der Gesetzgeber habe sie jedoch in begrenzter Zahl und in begrenztem Umfang ermöglichen wollen. Seit dem Inkrafttreten des Ladenschlussgesetzes im Jahr 1956 hätten sich die wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen in Deutschland sowie die Konsum- und Einkaufsgewohnheiten der Bevölkerung erheblich verändert. Die Dynamik bei der Entwicklung von Vertriebsformen unter Nutzung namentlich der neuen Medien, die verstärkte „Neigung zu individuellem Einkauf“ und die Notwendigkeit, die unternehmerischen Spielräume bei einem zunehmenden internationalen Standortwettbewerb zu erweitern, gäben Anlass, die Ladenöffnungszeiten diesen Veränderungen anzupassen. Marktsonntage entfalteten Auswirkungen nicht nur auf die innerstädtische Gastronomie, das kulturelle Leben und den Tourismus, sondern zeitigten günstige Wirkungen auch für den innerstädtischen Einzelhandel, der in einem Aufholwettbewerb zum Internethandel stehe. Durch Marktsonntage würden schließlich die langsam ausblutenden Innenstädte wieder in das Bewusstsein der Menschen gerückt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat eine amtliche Auskunft der Polizeiinspektion Augsburg Mitte darüber eingeholt, ob dieser Dienststelle Angaben darüber möglich sind, wie viele Personen in der Vergangenheit an den auf dem Rathaus Platz stattfindenden Veranstaltungen während der „Europasonntage“ (so bezeichnet der Verwaltungsgerichtshof nachfolgend die Sonntage im Mai, an denen die Antragsgegnerin Ladenöffnungen zugelassen hat) und am Sonntag des Turamichele-Fests zwischen ca. 13.00 Uhr und ca. 18.00 Uhr im Durchschnitt ungefähr teilgenommen haben, wie (und ggf. in welcher Weise) sich diese Veranstaltungen auf andere Straßen und Plätze im Gebiet der Antragsgegnerin auswirken würden, ob es Straßenzüge gebe, die von den Teilnehmern (einer) dieser Veranstaltungen schwerpunktmäßig als Zu- oder Abgangswege genutzt werden, und wie groß im Durchschnitt ungefähr das Aufkommen an Personen ist, die sich am Nachmittag der beiden verkaufsoffenen Sonntage innerhalb des in § 2 der verfahrensgegenständlichen Verordnungen umschriebenen Gebiets aufhalten. Wegen der hierzu abgegebenen Erklärungen der Polizeiinspektion Augsburg Mitte wird auf deren Schreiben vom 9. Mai 2017 und die Ausführungen eines Vertreters dieser Behörde in der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Hinsichtlich des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Akten des vorliegenden Rechtsstreits sowie die von der Antragsgegnerin übersandten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Gründe

1. Die Anträge nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO sind zulässig; insbesondere sind die Antragsteller im Sinn von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt.

Für die Antragstellerin zu 1) als Gewerkschaft steht dies aufgrund des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. November 2015 (8 CN 2.14 - BVerwGE 153, 183 Rn. 15 - 18) fest. Nichts anderes gilt aber auch für den Antragsteller zu 2), bei dem es sich deshalb nicht um eine Gewerkschaft (z.B. im Sinn von § 2 Abs. 1 TVG) handelt, weil sein Zweck ausweislich seiner Satzung nicht auf den Abschluss von Tarifverträgen gerichtet ist (vgl. zur Tarifwilligkeit als maßgebliches Kriterium für die z.B. auch in § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 und 4 ArbGG vorgenommene Unterscheidung zwischen Gewerkschaften und sonstigen „Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zielsetzung“ BVerfG, U.v. 6.5.1964 - 1 BvR 79/62 - BVerfGE 18, 18/33 f.).

§ 14 LadSchlG als die gesetzliche Bestimmung, aus der sich die Ermächtigung der Antragsgegnerin zum Erlass der verfahrensgegenständlichen Verordnungen ergibt, konkretisiert den verfassungsrechtlichen Schutzauftrag, der für den Gesetzgeber aus Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 der Verfassung des Deutschen Reichs vom 11. August 1919 (WRV) folgt. Nach Art. 139 WRV bleiben der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung geschützt. Dieser objektivrechtliche Schutzauftrag ist auf die Stärkung des Schutzes derjenigen Grundrechte angelegt, die in besonderem Maß auf Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung angewiesen sind (BVerfG, U.v. 1.12.2009 - 1 BvR 2857/07 u. a. - BVerfGE 125, 39/84). Dazu zählen auch die Vereinigungs- und die Koalitionsfreiheit nach Art. 9 GG. Rhythmisch wiederkehrende Tage kollektiver Arbeitsruhe und die damit verbundene synchrone Taktung des sozialen Lebens erleichtern das gemeinschaftliche Tun im Rahmen von Vereinigungen und Gewerkschaften. Die Arbeitsruhe an Sonn- und Feiertagen ist deshalb auch für die Rahmenbedingungen des Wirkens von Gewerkschaften und sonstigen Vereinigungen bedeutsam (BVerwG, U.v. 11.11.2015 - 8 CN 2.14 - BVerwGE 153, 183 Rn. 16 unter Bezugnahme auf BVerfG, U.v. 1.12.2009 - 1 BvR 2857/07 u. a. - BVerfGE 125, 39/83 und BVerwG, U.v. 26.11.2014 - 6 CN 1.13 - BVerwGE 150, 327 Rn. 15 f.).

Obgleich der Antragsteller zu 2) nicht unmittelbar Adressat der verfahrensgegenständlichen Verordnungen ist, wird er durch sie nicht grundsätzlich anders als die Antragstellerin zu 1) in seinem Tätigkeitsbereich betroffen. Dass auch dem Antragsteller zu 2) Personen angehören, die im Gebiet der Antragsgegnerin leben oder arbeiten, folgt daraus, dass in Augsburg sowohl ein Kreisals auch ein Ortsverband als Untergliederungen des Antragstellers zu 2) bestehen. Es lässt sich deshalb nicht ausschließen, dass diese Personen als Folge der verfahrensgegenständlichen Verordnungen an Sonntagen ihrer Erwerbstätigkeit nachgehen müssen und sie deshalb nicht an Veranstaltungen des Antragstellers zu 2) teilnehmen können (vgl. zur Bedeutung dieses Gesichtspunkts BVerwG, U.v. 11.11.2015 - 8 CN 2.14 - BVerwGE 153, 183 Rn. 17). Die in der Beschlussvorlage für die Sitzung des Stadtrats der Antragsgegnerin am 15. Dezember 2016 enthaltene Angabe, der Einsatz von Personal an diesen Tagen solle „möglichst freiwillig“ erfolgen, lässt diese Besorgnis schon deshalb nicht gegenstandslos werden, weil Arbeitgeber hierdurch nicht gehindert werden, von Beschäftigten auch gegen deren Willen eine Arbeitsleistung an den von den verfahrensgegenständlichen Verordnungen erfassten Sonntagen zu verlangen, soweit das nach den Regeln des kollektiven und des Individualarbeitsrechts zulässig ist. Unabhängig hiervon kann die Weigerung eines Arbeitnehmers, sich an verkaufsoffenen Sonntagen „freiwillig“ zur Arbeitsleistung bereitzufinden, die Wertschätzung seiner Person durch den Arbeitgeber - mit u. U. gravierenden Folgen für die berufliche Existenz bzw. das berufliche Vorwärtskommen dieses Beschäftigten - ungünstig beeinflussen.

Das vorliegende Verfahren erfordert keine Entscheidung der Frage, ob aus der vorerwähnten Rechtsprechung herzuleiten ist, dass alle Vereinigungen, auf deren Betätigungsmöglichkeiten sich die Gestattung eines Offenhaltens von Verkaufsstellen an Sonntagen nachteilig auswirken kann, im Sinn von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO befugt sind, auf § 14 LadSchlG gestützte Verordnungen mit Normenkontrollanträgen anzugreifen. Denn jedenfalls Vereinigungen, die - wie der Antragsteller zu 2) - nicht nur Träger des Grundrechts aus Art. 9 Abs. 1 GG, sondern auch des in Art. 9 Abs. 3 GG verbürgten Grundrechts sind, muss diese Befugnis in gleicher Weise wie Gewerkschaften zugestanden werden.

Dass der Antragsteller zu 2) sich auf das in Art. 9 Abs. 3 GG verbürgte Grundrecht berufen kann, folgt daraus, dass er ausweislich seiner Satzung der Sache nach u. a. den Zweck verfolgt, die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Arbeitnehmern zu fördern (vgl. zu dieser Zielsetzung namentlich § 3 Nr. 3.7, aber auch § 3 Nr. 3.5 sowie § 3 Nrn. 4.4 und 4.7 seiner Satzung). Zu dem durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Bereich gehören auch Betätigungen, die diesem Zweck auf andere Weise als durch den Abschluss von Tarifverträgen dienen sollen (BVerfG, B.v. 26.1.1995 - 1 BvR 2071/94 - NJW 1995, 3377). Insbesondere sind die außergerichtliche Beratung von Mitgliedern und ihre Vertretung in gerichtlichen Verfahren, die sich der Antragsteller zu 2) gemäß § 3 Nr. 3.7 seiner Satzung zum Ziel gesetzt hat, als koalitionsmäßige Betätigungen durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützt (BVerfG, B.v. 2.12.1992 - 1 BvR 296/88 - BVerfGE 88, 5/15 sowie - speziell mit Blickrichtung auf einen Zusammenschluss von Arbeitnehmern nichtgewerkschaftlicher Art - BVerfG, B.v. 26.1.1995 a.a.O. S. 3377).

Der Antragsteller zu 2) erfüllt darüber hinaus auch alle sonstigen Anforderungen, die an eine von Art. 9 Abs. 3 GG erfasste Vereinigung zu stellen sind. Er ist insbesondere frei gebildet, gegnerfrei, auf überbetrieblicher Grundlage organisiert und seiner Struktur nach unabhängig genug, um die Interessen seiner Mitglieder auf arbeits- und sozialrechtlichem Gebiet nachhaltig vertreten zu können (vgl. zu diesen Erfordernissen z.B. BVerfG, B.v. 20.10.1981 - 1 BvR 404/78 - BVerfGE 58, 233/247; B.v. 26.1.1995 a.a.O. S. 3377).

Die enge Verbindung des Antragstellers zu 2) mit der Römisch-Katholischen Kirche steht der Bejahung seiner in vorbezeichnetem Sinn zu verstehenden Unabhängigkeit nicht entgegen. Da er nicht die Rechtsstellung eines „privaten kirchlichen Vereins“ im Sinn von can. 321 bis can. 326 des Codex Iuris Canonici (CIC) erworben hat (vgl. die diesbezügliche, glaubhafte Angabe in dem hier am 22.5.2017 eingegangenen, mit dem Datum „10.3.2017“ versehenen Schreiben seines Bevollmächtigten), bedarf weder seine Satzung der Billigung durch den Diözesanbischof (vgl. can. 322 § 2 i.V.m. can. 312 § 1 Nr. 3 CIC), noch sind auf ihn die Vorschriften des can. 323 und des can. 325 CIC anwendbar, denen zufolge private Vereine von Gläubigen der Aufsicht (nach can. 323 § 1 CIC sogar der Leitung) des Ortsordinarius unterliegen. Die Frage, ob diese Aufsichts- und Leitungsbefugnisse, würden sie eingreifen, der Bejahung der Eigenschaft eines der Römisch-Katholischen Kirche nahestehenden Vereins entgegenstünden, Träger des Grundrechts nach Art. 9 Abs. 3 GG zu sein, bedarf vorliegend deshalb keiner Erörterung.

Amtsträger der Römisch-Katholischen Kirche besitzen zwar u. a. deshalb die Möglichkeit, auf die Willensbildung und die Betätigung des Antragstellers zu 2) Einfluss zu nehmen, weil der geschäftsführenden Diözesanverbandsleitung - bei ihr handelt es sich nach § 25 Nr. 1 Satz 2 der Satzung des Antragstellers zu 2) um dessen Vorstand im Sinn von § 26 BGB - gemäß § 25 Nr. 1 Satz 1 der Satzung obligatorisch der Diözesanpräses angehört, bei dem es sich nach § 13 Nr. 2 Satz 4 der Satzung entweder um einen Priester oder einen Diakon handelt. Ebenfalls zwingend vorgesehen ist die Mitgliedschaft von Inhabern eines geistlichen Amtes in Organen des Antragstellers zu 2) hinsichtlich der Orts- und Kreisverbandsleitungen sowie der Diözesanverbandsleitung (siehe § 14 Satz 1, § 20 Nr. 1 und § 24 Nr. 1 der Satzung). Dies steht der Bejahung der Unabhängigkeit des Antragstellers zu 2) in dem vom Bundesverfassungsgericht geforderten Sinn (vgl. BVerfG, B.v. 20.10.1981 - 1 BvR 404/78 - BVerfGE 58, 233/247; B.v. 26.1.1995 - 1 BvR 2071/94 - NJW 1995, 3377) jedoch deshalb nicht entgegen, weil die vorgenannten Gremien nach der Satzung so zusammengesetzt sind, dass den Inhabern geistlicher Ämter kein Übergewicht bei der Willensbildung zukommt; es ist ausgeschlossen, dass die diesen Organen des Antragstellers zu 2) angehörenden Laien durch Kleriker majorisiert werden (vgl. zur Bedeutung dieses Gesichtspunkts - bezogen auf die gleichgelagerten Gegebenheiten bei einem benachbarten Diözesanverband der Katholischen Arbeitnehmerbewegung - LAG BW, B.v. 25.11.1977 - 6 Ta 13/77 - AR-Blattei Arbeitsgerichtsbarkeit VI C Nr. 29). Dass kirchlichen Organen keinerlei Einflussmöglichkeit auf die Willensbildung eingeräumt wird, ist jedenfalls bei einem Verband, der - wie dies beim Antragsteller zu 2) der Fall ist - außer der Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Arbeitnehmern auch eine originär religiöse Zielsetzung verfolgt (vgl. dazu vor allem § 3 Nrn. 3.1 und 4.1 seiner Satzung), für die Bejahung der Unabhängigkeit einer solchen Vereinigung bei der Wahrnehmung seiner sozialpolitischen Zielsetzung nicht erforderlich (vgl. auch hierzu LAG BW, B.v. 25.11.1977 a.a.O.).

Dahinstehen kann vor diesem Hintergrund, ob sich die Antragsbefugnis des Antragstellers zu 2) zusätzlich daraus ergibt, dass Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV der Konkretisierung auch des Grundrechts aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG dient (BVerfG, U.v. 1.12.2009 - 1 BvR 2857/07 u. a. - BVerfGE 125, 39/79 ff.), und der Antragsteller zu 2) nach den im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 16. Oktober 1968 (1 BvR 241/66 - BVerfGE 24, 236) entwickelten Grundsätzen Träger dieses Grundrechts ist, da es sich bei ihm um einen Verein handelt, der sich - wie vor allem § 3 Nrn. 3.1 und 4.1 der Satzung der Antragstellers zu 2) verdeutlicht - auch die Pflege des religiösen Lebens seiner Mitglieder zum Ziel gesetzt hat, ferner seine institutionelle Verbindung mit der Römisch-Katholischen Kirche durch die Mitwirkung von Inhabern geistlicher Ämter dieser Kirche in Führungsgremien des Antragstellers zu 2) und seiner Untergliederungen gewährleistet ist (vgl. § 14 Satz 1, § 20 Nr. 1, § 24 Nr. 1 und § 25 Nr. 1 Satz 1 seiner Satzung).

Die Interessen beider Antragsteller werden durch die verfahrensgegenständlichen Verordnungen mehr als nur geringfügig beeinträchtigt (vgl. zu diesem Erfordernis für die Zulässigkeit eines Antrags nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO BVerwG, U.v. 11.11.2015 - 8 CN 2.14 - BVerwGE 153, 183 Rn. 18). Das folgt nicht nur daraus, dass durch diese Normen ein Offenhalten von Verkaufsstellen an einer nicht ganz unbedeutenden Zahl von Sonntagen gestattet wird. Im Hinblick auf das Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) ist darüber hinaus auf die Gesamtbelastung abzustellen, die sich für die Betätigung der Antragsteller durch den Erlass einzelner gemeindlicher Verordnungen auf der Grundlage des § 14 LadSchlG ergeben kann. Würde man den Antragstellern die Möglichkeit, die Ungültigkeit derartiger Verordnungen gerichtlich geltend zu machen, mit der Begründung vorenthalten, aus der jeweils angegriffenen Norm könne sich bei einer hierauf beschränkten Betrachtung kein ins Gewicht fallender Nachteil für die praktische Wahrnehmbarkeit ihres Grundrechts aus Art. 9 Abs. 3 GG ergeben, so könnte - über das Jahr gesehen - ein „Flickenteppich“ sonntäglicher Ladenöffnungen entstehen, der die Organisation verbandsbezogener Tätigkeiten der Antragsteller an Sonntagen spürbar erschweren könnte (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BVerwG, U.v. 11.11.2015 - 8 CN 2.14 - BVerwGE 153, 183 Rn. 18). Dies gilt auch für den Antragsteller zu 2), der zwar - anders als die Antragstellerin zu 1) - nicht landesweit tätig ist, dessen Gebiet jedoch die gesamte Diözese Augsburg und damit außer dem Regierungsbezirk Schwaben wesentliche Teile Oberbayerns umfasst und sich bis nach Mittelfranken hinein erstreckt.

2. Die Anträge sind auch begründet, da die beiden verfahrensgegenständlichen Verordnungen mit Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV sowie mit § 14 LadSchlG in der verfassungskonformen Auslegung, derer die letztgenannte Bestimmung bedarf (dazu nachfolgend 2.1), unvereinbar sind. Denn die Antragsgegnerin hat keine rechtskonforme Prognose darüber angestellt, ob die am Europasonntag und am Sonntag des Turamichele-Fests stattfindenden Veranstaltungen eine derart prägende Wirkung für den öffentlichen Charakter der betroffenen Sonntage entfalten, dass die mit der Ladenöffnung einhergehende werktägliche Geschäftigkeit demgegenüber - und zwar innerhalb des gesamten Gebiets, für das die Antragsgegnerin ein Offenhalten von Verkaufsstellen zugelassen hat - als bloßer Annex zu diesen Veranstaltungen erscheint (dazu unter 2.2). Auf das Fehlen einer derartigen Prognose kann im vorliegenden Fall nicht mit dem Argument verzichtet werden, die Einhaltung der vorbezeichneten Erfordernisse sei offensichtlich (2.3).

2.1 Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 LadSchlG dürfen Verkaufsstellen aus Anlass von Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen an jährlich höchstens vier Sonn- und Feiertagen geöffnet sein. Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Vorschrift bereits im Beschluss vom 18. Dezember 1989 (1 B 153.89 - NVwZ 1990, 761/762) einschränkend dahingehend ausgelegt, dass nur Veranstaltungen, die selbst einen beträchtlichen Besucherstrom anziehen, Anlass für eine Ladenöffnung geben können; der Besucherstrom darf nicht erst durch das Offenhalten von Verkaufsstellen ausgelöst werden.

Im Urteil vom 11. November 2015 (8 CN 2.14 - BVerwGE 153, 183 Rn. 23) hat das Bundesverwaltungsgericht sodann ausgeführt, dass dieser Ansatz dem sich aus Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV ergebenden Regel-Ausnahme-Verhältnis, wonach die typisch werktägliche Geschäftigkeit an Sonn- und Feiertagen grundsätzlich zu ruhen hat (BVerfG, U.v. 9.6.2004 - 1 BvR 636/02 - BVerfGE 111, 10/51; U.v. 1.12.2009 - 1 BvR 2857/07 u. a. - BVerfGE 125, 39/85 f.), noch nicht genügt, da er nicht ausschließt, dass es die Ladenöffnung ist, die - neben der anlassgebenden Veranstaltung - den öffentlichen Charakter des betroffenen Sonn- oder Feiertages maßgeblich prägt. Geboten ist deshalb eine weitergehende verfassungskonforme Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 14 LadSchlG dahingehend, dass die öffentliche Wirkung eines an einem solchen Tag stattfindenden Marktes, einer Messe oder einer „ähnlichen Veranstaltung“ im Sinn von § 14 Abs. 1 Satz 1 LadSchlG gegenüber der typisch werktäglichen Geschäftigkeit der Ladenöffnung im Vordergrund stehen muss; letztere darf den gesamten Umständen nach nur „als bloßer Annex zur anlassgebenden Veranstaltung“ erscheinen (BVerwG, U.v. 11.11.2015 a.a.O. Rn. 24).

Dieser Annexcharakter lässt sich in der Regel nur bejahen, wenn die Ladenöffnung auf das Umfeld des Marktes begrenzt wird, da nur insoweit ihr Bezug zum Marktgeschehen erkennbar bleibt: Je größer die Ausstrahlungswirkung des Marktes wegen seines Umfangs oder seiner besonderen Attraktivität ist, desto weiter reicht der räumliche Bereich, in dem die Verkaufsstellenöffnung noch in Verbindung zum Marktgeschehen gebracht wird (BVerwG, U.v. 11.11.2015 a.a.O. Rn. 25). Darüber hinaus bleibt die durch die Ladenöffnung bewirkte werktägliche Prägung nur dann im Hintergrund, wenn nach der anzustellenden Prognose der Besucherstrom, den der Markt (bzw. die „ähnliche Veranstaltung“ im Sinn von § 14 Abs. 1 Satz 1 LadSchlG) auslöst, die Zahl der Besucher übersteigt, die allein wegen einer Öffnung der Verkaufsstellen kämen (BVerwG, U.v. 11.11.2015 a.a.O. Rn. 25).

Entgegen den in den Beschlüssen des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 26. Oktober 2016 (6 S 2041/16 - NVwZ-RR 2017, 289 Rn. 9) und vom 13. März 2017 (6 S 309/17 - juris Rn. 10 f.) an dieser Rechtsauffassung angemeldeten, von der Antragsgegnerin geteilten Zweifeln besteht keine Veranlassung, der dargestellten Auslegung des § 14 LadSchlG, die der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bereits seinemUrteil vom 18. Mai 2016 (22 N 15.1526 - GewArch 2016, 324 Rn. 33 f.) zugrunde gelegt hat, nicht zu folgen. Mit der von ihm vorgenommenen verfassungskonformen Auslegung dieser Bestimmung zieht das Bundesverwaltungsgericht vielmehr die notwendige Konsequenz aus der alle Gerichte und Behörden bindenden (vgl. § 31 Abs. 1 BVerfGG) Forderung des Bundesverfassungsgerichts, dass Ausnahmen von dem in Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV verankerten Grundsatz der Arbeitsruhe an Sonn- und Feiertagen eines dem Sonntagsschutz gerecht werdenden Sachgrundes bedürfen (BVerfG, U.v. 1.12.2009 - 1 BvR 2857/07 u. a. - BVerfGE 125, 39/87). Ein bloß wirtschaftliches Umsatzinteresse der Verkaufsstelleninhaber und ein alltägliches Erwerbsinteresse potenzieller Käufer genügen hierfür grundsätzlich nicht (BVerfG, U.v. 1.12.2009 a.a.O. S. 87). Diesem Regel-Ausnahme-Gebot kommt generell umso mehr Bedeutung zu, je geringer das Gewicht der Gründe ist, zu denen der Sonn- und Feiertagsschutz ins Verhältnis gesetzt wird, und je weitergehend die Freigabe der Verkaufsstellenöffnung in Bezug auf das betroffene Gebiet sowie die einbezogenen Handelssparten und Warengruppen ausgestaltet ist (BVerfG, U.v. 1.12.2009 a.a.O. S. 88). Auch darf die Zubilligung einer Ausnahme vom Grundsatz der Arbeitsruhe an Sonn- und Feiertagen nicht auf eine weitgehende Gleichstellung der sonn- und feiertäglichen Verhältnisse mit den Werktagen und ihrer Betriebsamkeit hinauslaufen (BVerfG, U.v. 1.12.2009 a.a.O. S. 87).

Aus diesen verfassungsrechtlichen Vorgaben folgt zunächst, dass auf das Erfordernis einer anlassgebenden Veranstaltung, die selbst einen beträchtlichen Besucherstrom anzieht, als Voraussetzung für die Zulassung eines sonntäglichen Offenhaltens von Verkaufsstellen nicht verzichtet werden kann. Denn andernfalls fehlt es von vornherein an dem von Verfassungs wegen notwendigen sachlichen Grund, der ggf. eine Durchbrechung des Grundsatzes der sonntäglichen Arbeitsruhe zu rechtfertigen vermag. Aus den vorstehend wiedergegebenen Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts geht darüber hinaus hervor, dass dieser Sachgrund, sofern er vorliegt, in Relation zu den Auswirkungen gesetzt werden muss, die die Gestattung einer sonntäglichen Ladenöffnung für die durch Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV geschützten Rechtsgüter nach sich zieht: Je intensiver hierdurch der Grundsatz der Arbeitsruhe an Sonn- und Feiertagen sowie allgemein die Eignung dieser Tage, der persönlichen Ruhe, Besinnung, Erholung und Zerstreuung zu dienen (BVerfG, U.v. 9.6.2004 - 1 BvR 636/02 - BVerfGE 111, 10/51) sowie gemeinsames soziales Handeln zu ermöglichen (vgl. BVerfG, U.v. 1.12.2009 - 1 BvR 2857/07 u. a. - BVerfGE 125, 39/82 f.), beeinträchtigt werden, desto größer muss das Gewicht der Gründe sein, die für die Zulassung eines Sonntagsverkauf streiten. Sie können eine punktuelle Hintanstellung des sich aus Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV ergebenden Schutzauftrags zum einen ggf. dann rechtfertigen, wenn ein Verkauf nur solcher Waren gestattet wird, an deren Erwerb bei den Besuchern der anlassgebenden Veranstaltung gerade während und wegen ihres Aufenthalts in der jeweiligen Gemeinde an einem Sonn- oder Feiertag ein Bedürfnis auftritt. Beschreitet die Stelle, die eine auf § 14 LadSchlG gestützte Verordnung erlassen hat, die durch Absatz 2 Satz 1 dieser Vorschrift eröffnete Möglichkeit nicht, den sonntäglichen Verkauf auf derartige Wirtschaftsgüter zu beschränken, so lässt sich der erforderliche Sachgrund für eine ausnahmsweise Durchbrechung des in Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV verankerten Grundsatzes allenfalls dann bejahen, wenn die Verhältnisse vor Ort bereits durch die anlassgebende Veranstaltung in einer Weise bestimmt werden, angesichts derer die Zulassung eines Sonntagsverkaufs daneben nur noch „eine geringe prägende Wirkung“ (BVerwG, U.v. 11.11.2015 - 8 CN 2.14 - BVerwGE 153, 183 Rn. 24) entfaltet.

Ob dem Erfordernis des bloßen Annexcharakters der sonntäglichen Ladenöffnung Genüge getan ist, lässt sich - bezogen auf die Gesamtheit des Gebiets, innerhalb dessen ein Sonntagsverkauf zugelassen wird - kaum anders als danach beurteilen, ob der Besucherstrom, den die anlassgebende Veranstaltung für sich genommen auslöst, die Zahl der Besucher übersteigt, die allein wegen der Öffnung der Verkaufsstellen kommen; dem vom Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 11.11.2015 a.a.O. Rn. 25) diesbezüglich aufgestellten Postulat ist deshalb beizutreten. Was die zulässige Größe dieses Gebiets anbetrifft, so können die Auswirkungen der anlassgebenden Veranstaltung die mit einer sonntäglichen Ladenöffnung einhergehende werktägliche Geschäftigkeit nur insoweit dominierend „überlagern“, als die Ausstrahlungswirkung dieser Veranstaltung wegen ihres Umfangs oder ihrer besonderen Attraktivität in räumlicher Hinsicht reicht (vgl. BVerwG, U.v. 11.11.2015 a.a.O. Rn. 25): Nur innerhalb des Umgriffs der anlassgebenden Veranstaltung, in der sie das Geschehen im öffentlichen Raum in einer Weise dominiert, dass die mit der Öffnung von Verkaufsstellen einhergehenden Aktivitäten demgegenüber als bloßer Annex hierzu erscheinen (BVerwG, U.v. 11.11.2015 a.a.O. Rn. 24), liegt ein Sachgrund vor, der ggf. eine Durchbrechung des von Verfassungs wegen gebotenen Sonn- und Feiertagsschutzes als hinnehmbar erscheinen lässt. Dieses vom Bundesverwaltungsgericht entwickelte Kriterium ist umso mehr als notwendige Konsequenz der gebotenen verfassungskonformen Auslegung des § 14 LadSchlG anzusehen, als erst auf diese Weise dem vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Gebot Rechnung getragen wird, dass die für eine sonntägliche Ladenöffnung ins Feld geführten Gesichtspunkte desto größeres Gewicht besitzen müssen, „je weitergreifend die Freigabe der Verkaufsstellenöffnung in Bezug auf das betroffene Gebiet sowie die einbezogenen Handelssparten und Warengruppen ausgestaltet ist“ (BVerfG, U.v. 1.12.2009 - 1 BvR 2857/07 u. a. - BVerfGE 125, 39/88). Zum anderen ergibt sich aus dem Erfordernis der Prädominanz der anlassgebenden Veranstaltung gegenüber den Auswirkungen des sonntäglichen Offenhaltens von Verkaufsstellen für die vollziehende Gewalt ein klares Abgrenzungskriterium dafür, wie weit das „Umfeld des Marktes“ (bzw. der Messe oder ähnlichen Veranstaltung) reicht, für den sich eine auf § 14 LadSchlG gestützte Verordnung in örtlicher Hinsicht Geltung beimessen darf.

Der vorliegende Fall erfordert keine Entscheidung der Frage, ob auch die Auswirkungen, die sich aus dem Verhalten der Besucher ergeben, die sich auf dem Weg zu oder von der anlassgebenden Veranstaltung im öffentlichen Raum aufhalten, als Teil einer von dieser Veranstaltung ggf. ausgehenden prägenden Wirkung für die öffentlich wahrnehmbare „Aura“ des betroffenen Sonntags berücksichtigt werden dürfen. Sollte das dem Grunde nach zu bejahen sein, wäre hierfür zum einen erforderlich, dass diese Besucher für einen neutralen Beobachter als Teilnehmer der Anlassveranstaltung deutlich erkennbar (sie insbesondere von den Kaufinteressenten zweifelsfrei abgrenzbar) sind. Zum anderen müsste von ihnen (ggf. zusammen mit der Veranstaltung selbst) eine derart stark prägende Wirkung ausgehen, dass die Folgen einer sonntäglichen Ladenöffnung für das Geschehen im öffentlichen Raum demgegenüber zweifelsfrei in den Hintergrund treten. Diese Voraussetzungen lassen sich im gegebenen Fall nicht bejahen.

Da die vorbezeichneten Erfordernisse Umstände betreffen, die beim Erlass einer auf § 14 LadSchlG gestützten Verordnung in der Zukunft liegen, haben sie Gegenstand einer von der normsetzenden Stelle anzustellenden Prognose zu sein. Diese Prognose unterliegt nur eingeschränkter verwaltungsgerichtlicher Kontrolle; insbesondere dürfen die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit keine eigene Prognose vornehmen. Sie haben jedoch zu prüfen, ob die bei Erlass der Rechtsverordnung vorgenommene Prognose schlüssig und vertretbar ist (vgl. zu alledem BVerwG, U.v. 11.11.2015 - 8 CN 2.14 - BVerwGE 153, 183 Rn. 36). Letzteres ist nur der Fall, wenn die Prognose fundiert vorgenommen wurde und die ihr zugrunde liegenden Erwartungen über die künftige Entwicklung realistisch sind (BayVGH, U.v. 31.3.2011 - 22 BV 10.2367 - BayVBl 2012, 276 Rn. 15). Um diesen Erfordernissen zu genügen, muss die Prognose auf das äußere Erscheinungsbild und das objektive Gewicht der betreffenden Veranstaltung gestützt werden (BayVGH, U.v. 31.3.2011 a.a.O. Rn. 19; U.v. 6.12.2013 - 22 N 13.788 - BayVBl 2014, 364 Rn. 71); nicht anders als bei sonstigen verwaltungsgerichtlich nicht uneingeschränkt überprüfbaren Behördenentscheidungen müssen die ihr zugrunde gelegten Tatsachen zutreffend und vollständig ermittelt worden sein (BayVGH, U.v. 6.12.2013 a.a.O. Rn. 72).

2.2 Es kann dahinstehen, ob die am Europasonntag und Sonntag des Turamichele-Festes stattfindenden Veranstaltungen geeignet sind, selbst - d.h. ohne gleichzeitige Zulassung des Offenhaltens von Verkaufsstellen - einen hinreichend großen Besucherstrom auszulösen. Der Gültigkeit der verfahrensgegenständlichen Verordnungen steht jedenfalls das Fehlen belastbarer Feststellungen darüber entgegen, dass diese beiden Veranstaltungen das gesamte Gebiet, für das ein Sonntagsverkauf zugelassen wurde, derart deutlich prägen, dass die von ihnen ausgehende öffentliche Wirkung gegenüber der typisch werktäglichen Geschäftigkeit, die mit einer Ladenöffnung einhergeht, im Vordergrund steht.

Abzustellen ist hierbei ausschlaggebend auf die Angaben in der Beschlussvorlage für die Stadtratssitzung am 15. Dezember 2016, da es von Rechts wegen auf die Vorstellungen und Erwägungen dieses Gremiums ankommt. Dass für die Willensbildung der Stadtratsmitglieder rechtlich berücksichtigungsfähige Umstände maßgeblich waren, die in diese Unterlage keinen Eingang gefunden haben, vermochte die Antragsgegnerin nicht aufzuzeigen.

In der Beschlussvorlage werden zwar die Vorgaben der Rechtsordnung, von denen sich eine Gemeinde beim Erlass von auf § 14 LadSchlG gestützten Verordnungen leiten lassen muss, zutreffend referiert. An keiner Stelle dieser Unterlage werden jedoch die Tatsachen konkret und nachvollziehbar dargestellt, die eine Bejahung dieser rechtlichen Erfordernisse erlauben würden. Insbesondere unternimmt die Beschlussvorlage nicht einmal ansatzweise den Versuch, durch die Schilderung substantiiert dargestellter Tatsachen aufzuzeigen, dass die Veranstaltungen des Europa- und des Turamichele-Sonntags und - soweit dieser Umstand rechtlich berücksichtigungsfähig sein sollte - die Personen, die sich aus diesen Anlässen auf dem Weg zum und vom Rathaus Platz befinden, innerhalb des gesamten in § 2 der verfahrensgegenständlichen Verordnungen umschriebenen Gebiets überhaupt als solche wahrgenommen werden. Erst recht fehlen belastbare, einem Nachvollzug zugängliche Angaben jedweder Art dazu, dass diesen Veranstaltungen - auch dies wiederum bezogen auf das gesamte vorbezeichnete Gebiet - eine derart starke Prägekraft für das Geschehen im öffentlichen Raum an den betroffenen Sonntagen zukommt, dass die Auswirkungen der gleichzeitigen Ladenöffnung demgegenüber als bloßer Annex erscheinen. Auf eine zu diesem Zweck vorzunehmende Gegenüberstellung der jeweiligen Besucherströme kann nicht einmal dann verzichtet werden, wenn der anlassgebende „Event“ zum ersten Mal stattfindet; sie darf in einem solchen Fall lediglich pauschaler ausfallen (BVerwG, U.v. 11.11.2015 - 8 CN 2.14 - BVerwGE 153, 183 Rn. 25) als das dann zulässig ist, wenn - wie hier - sowohl die Veranstaltungen, die zum Anknüpfungspunkt für die Gestattung eines Offenhaltens von Verkaufsstellen an Sonntagen genommen werden, bereits wiederholt stattgefunden haben, als auch hinsichtlich der Auswirkungen von Ladenöffnungen an diesen Tagen auf Erfahrungswerte zurückgegriffen werden kann.

Angaben darüber, wie viele Besucher voraussichtlich zu den anlassgebenden Veranstaltungen kommen werden, enthält die Beschlussvorlage für die Stadtratssitzung am 15. Dezember 2016 nur hinsichtlich des Turamichele-Festes. Die dort genannte Zahl von 100.000 Personen ist allerdings - wie die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat - so zu verstehen, dass sie sich auf die Gesamtheit der Menschen bezieht, die sich während des mehrere Tage dauernden Fests in ihrem Gebiet aufhalten würden. In diese Zahl sind damit zum einen auch Personen eingegangen, die sich nicht am „Turamichele-Sonntag“, sondern während anderer Tage, an denen dieses Fest stattfindet, in Augsburg aufhalten. Sie müssen in vorliegendem Zusammenhang unberücksichtigt bleiben, da von ihnen keine prägende Wirkung auf das Geschehen im öffentlichen Raum am Turamichele-Sonntag ausgehen kann. Die auf diesen Sonntag entfallende Teilmenge der behaupteten 100.000 Besucher ist ferner um jene Personengruppe zu reduzieren, die sich ausschließlich in das vorbezeichnete Gebiet begibt, um dort einzukaufen. Die Notwendigkeit einer weiteren Verringerung ergibt sich daraus, dass allenfalls von den Personen, die das eigentliche Turamichele-Schauspiel und/oder die gleichzeitig auf dem Rathaus Platz stattfindende jahrmarktähnliche Veranstaltung zwischen ca. 13.00 Uhr und etwa 18.00 Uhr besuchen (ggf. einschließlich der sich während dieser Zeitspanne zum Rathaus Platz begebenden oder von dort abströmenden Menschen), eine berücksichtigungsfähige prägende Wirkung für das Geschehen im öffentlichen Raum ausgehen könnte; denn nur hinsichtlich der Stunden, während derer ein Offenhalten von Verkaufsstellen gestattet wurde, stellt sich überhaupt die Frage, ob die hiervon ausgehende werktägliche Geschäftigkeit durch die Auswirkungen der anlassgebenden Veranstaltung in der erforderlichen eindeutigen Weise überlagert wird (vgl. zur Unzulässigkeit der Berücksichtigung solcher Besucher im Rahmen der anzustellenden „Prädominanzprognose“, die die anlassgebende Veranstaltung zu Zeiten aufsuchen, an denen kein Sonntagsverkauf zugelassen wurde, BayVGH, U.v. 18.5.2016 - 22 N 15.1526 - GewArch 2016, 342 Rn. 49). Nimmt man hinzu, dass sowohl das eigentliche Turamichele-Schauspiel als auch der parallel dazu auf dem Rathaus Platz stattfindende jahrmarktähnliche Event jedenfalls in erster Linie Kinder als Zielgruppe ansprechen (so dass nur sie und ihre erwachsenen Begleitpersonen als Besucher beider Veranstaltungen in Betracht kommen), und dass das Turamichele-Schauspiel in den ersten Nachmittagsstunden von den Kindern als minder attraktiv eingestuft wird (vgl. dazu die glaubhaften Ausführungen zur Frage 1.b des Verwaltungsgerichtshofs im Schreiben der Polizeiinspektion Augsburg Mitte vom 9.5.2017), so kann kein Zweifel daran bestehen, dass sich die Antragsgegnerin hinsichtlich der Zahl der Personen, die von Rechts wegen als Besucher der beiden anlassgebenden Veranstaltungen für die am Turamichele-Sonntag zugelassene Ladenöffnung prognostisch angesetzt werden durften, geirrt hat.

Ging der Stadtrat der Antragsgegnerin insoweit aber von einer evident unzutreffenden Tatsachengrundlage aus, so war dieses Gremium auch nicht in der Lage, eine zutreffende Prognose darüber anzustellen, ob von den Personen, die am Turamichele-Sonntag ausschließlich das auf dem Perlachturm dargebotene Schauspiel betrachten und/oder die gleichzeitig auf dem Rathaus Platz stattfindende jahrmarktähnliche Veranstaltung besuchen, überhaupt eine prägende Wirkung für den öffentlichen Raum an den Nachmittagen dieser Sonntage ausgeht, ob eine solche Wirkung bejahendenfalls das gesamte in § 2 der einschlägigen Verordnung umschriebene Gebiet erfasst, und ob diese Wirkung - sollte sie bestehen - die mit der Öffnung von Verkaufsstellen einhergehende werktägliche Geschäftigkeit so sehr überlagert, dass die sonntägliche Ladenöffnung nur als Annex der vorgenannten Veranstaltungen erscheint.

Hinsichtlich des Europasonntags bestehen Mängel sowohl hinsichtlich der Ermittlung und Feststellung der tatsächlichen Verhältnisse als auch hinsichtlich der vorzunehmenden Prognose umso mehr, als sich die Antragsgegnerin insoweit jedweder Angaben über das zu erwartende voraussichtliche Besucheraufkommen enthalten hat und die an diesen Sonntagen geplanten Veranstaltungen auch nach eigener Einschätzung der Antragsgegnerin einen deutlich geringeren Zuspruch finden als das hinsichtlich des Turamichele-Fests (einschließlich des zugehörigen jahrmarktähnlichen Treibens) der Fall ist (vgl. den im Tatbestand dieses Urteils erwähnten Aktenvermerk vom 16.2.2015 sowie die im Jahr 2014 zunächst beschlossene Freigabe eines deutlich kleineren Gebiets für eine sonntägliche Ladenöffnung als beim Turamichele-Fest, wobei die spätere Angleichung beider Areale nicht auf einem aktenmäßig verifizierbaren Zuwachs an tatsächlichen Erkenntnissen beruht, sondern ausschließlich Ausdruck eines durch die Rechtsordnung nicht gedeckten Entgegenkommens gegenüber den Forderungen des örtlichen Einzelhandels ist).

Zur Gänze verzichtet hat die Antragsgegnerin ferner - und zwar hinsichtlich beider Veranstaltungen - darauf, in die Beschlussvorlage für den Stadtrat Aussagen dazu aufzunehmen, wie viele Personen das für eine sonntägliche Öffnung von Verkaufsstellen freizugebende Gebiet voraussichtlich in der Absicht aufsuchen werden, dort Einkäufe zu tätigen.

Die Behauptung, es sei aus praktischen Gründen unmöglich, die erforderliche Prognose auf eine hinreichend verifizierte und gerichtlich nachprüfbare Tatsachenbasis zu stützen, trifft weder hinsichtlich des Besucheraufkommens der anlassgebenden Veranstaltungen noch hinsichtlich der Menge der Personen zu, die das für eine sonntägliche Ladenöffnung freigegebene Gebiet zu Einkaufszwecken aufsuchen wollen. Finden - wie hier - sowohl die anlassgebenden Veranstaltungen als auch die Sonntagsöffnungen nicht erstmals statt, kann hinsichtlich beider Größen vielmehr auf in der Vergangenheit gewonnene Erkenntnisse zurückgegriffen werden.

Informationen über das an einem verkaufsoffenen Sonntag voraussichtlich zu erwartende Aufkommen an Käufern und Kaufinteressenten lassen sich durch Rückfragen beim Einzelhandel bzw. bei Einzelhandelsverbänden gewinnen. Auf die Möglichkeit, dergestalt Angaben über das voraussichtlich zu erwartende Besucheraufkommen zu erlangen, hat das Bundesverwaltungsgericht (U.v. 11.11.2015 - 8 CN 2.14 - BVerwGE 153, 183 Rn. 25) für den Fall ausdrücklich hingewiesen, dass eine Veranstaltung erstmals stattfindet; liegen - wie hier - bereits Kenntnisse aufgrund früherer, aus gleichem Anlass zugelassener Sonntagsöffnungen vor, drängt sich eine solche Vorgehensweise ungeachtet des Umstands umso mehr auf, als seitens des Einzelhandels erlangte Auskünfte angesichts der Interessenlage dieser Gewerbetreibenden und ihrer Verbände kritischer Würdigung bedürfen.

2.3 Ebenso wie im Urteil vom 18. Mai 2016 (22 N 15.1526 - GewArch 2016, 324 Rn. 37 ff.) lässt es der Verwaltungsgerichtshof auch vorliegend dahinstehen, ob ein Antrag nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO, dem eine auf § 14 LadSchlG gestützte Verordnung zugrunde liegt, dann erfolglos bleiben muss, wenn der zuständige Träger öffentlicher Gewalt zwar die Prognosen, die im Vorfeld des Erlasses einer solchen Norm angestellt werden müssen, nicht oder nicht rechtskonform vorgenommen hat, sie jedoch im Ergebnis mit höherrangigem Recht in Einklang steht. Denn die verfahrensgegenständlichen Verordnungen könnten auch dann keinen Bestand haben, wenn die Gerichte eine solche Prüfung durchzuführen hätten.

Durch die Ausarbeitung der Fa. E... und die Ergebnisse der von der Universität Augsburg durchgeführten Erhebung wird erwiesen, dass es sich bei mehreren der Straßen, die im Westen und Süden des Rathausplatzes - teils in unmittelbarer Nähe dazu - verlaufen, um außerordentlich attraktive „Einkaufsmeilen“ handelt. Es spricht deshalb alles dafür, dass sie auch an verkaufsoffenen Sonntagen in großem Umfang von Personen aufgesucht werden, die dort Einkäufe tätigen wollen. Zwar betreffen die von der Fa. E... und die von der Universität Augsburg mitgeteilten Zahlen nur die Frequentierung dieser Straßen durch Fußgänger an Werktagen. Das Bundesverwaltungsgericht hat es jedoch ausdrücklich zugelassen, bei einer erstmals stattfindenden Anlassveranstaltung die Zahl der werktäglichen Ladenbesucher als Anhaltspunkt für den an verkaufsoffenen Sonntagen zu erwartenden Zustrom an Kaufinteressenten heranzuziehen (BVerwG, U.v. 11.11.2015 - 8 CN 2.14 - BVerwGE 153, 183 Rn. 25). Nichts anderes aber kann dann gelten, falls vorsorglich zu prüfen sein sollte, ob sich eine auf § 14 LadSchlG gestützte Verordnung, in deren Vorfeld die erforderlichen Prognosen (einschließlich der Ermittlung und Offenlegung belastbaren Zahlenmaterials) unterblieben sind oder nicht in rechtskonformer Weise durchgeführt wurden, im Ergebnis als verfassungs- und gesetzeskonform erweist.

Bei einem Rückgriff auf die von der Fa. E... und von der Universität Augsburg erhobenen Passantenzahlen muss allerdings berücksichtigt werden, dass ein gewisser Teil der erfassten Personen mehrfach gezählt worden sein könnte, weil diese Menschen die jeweilige Straße innerhalb der betrachteten Zeitintervalls nicht nur einmal benutzt haben. Bedacht werden muss ferner, dass es sich nicht bei allen gezählten Passanten um Käufer oder Kaufinteressenten gehandelt haben kann. Andererseits ist kein Grund dafür erkennbar, dass insbesondere an den Samstagen, an denen die vorerwähnten Erhebungen u. a. stattfanden, auf den in die Zählungen einbezogenen Straßen besonders viele Menschen unterwegs waren, die sich dort aus anderen Gründen als zu Einkaufszwecken aufgehalten haben. Da an diesen Tagen Schulen und Behörden in aller Regel geschlossen sind und auch in der Mehrzahl derjenigen Gewerbebetriebe nicht gearbeitet zu werden pflegt, die anderen Branchen als dem Handel angehören, spricht insbesondere keine gesteigerte Wahrscheinlichkeit dafür, in die im Tatbestand dieses Urteils wiedergegebenen Zahlen seien in größerem Umfang z.B. Personen eingegangen, die sich auf dem Weg von oder zu ihrem Arbeitsplatz oder ihrer Ausbildungsstätte befunden haben. Desgleichen hat weder die Antragsgegnerin geltend gemacht noch ist unabhängig hiervon ersichtlich, dass sich während der Tage, an denen die vorerwähnten Erhebungen durchgeführt wurden, eine größere Zahl von Menschen aus nichtkommerziellen Gründen (z.B. als Touristen oder zwecks Teilnahme an einem bedeutenden kulturellen Ereignis) auf den in die Untersuchungen einbezogenen Straßen aufgehalten hat. Dies kann umso weniger angenommen werden, als beide Zählungen mit dem Ziel durchgeführt wurden, die Attraktivität der Innenstadt der Antragsgegnerin als Einzelhandelsstandort zu eruieren.

Vor diesem Hintergrund darf deshalb davon ausgegangen werden, dass die im Tatbestand dieses Urteils genannten Straßen auch an verkaufsoffenen Sonntagen stündlich von einer vierstelligen Zahl von Käufern oder Kaufinteressenten frequentiert werden.

Sichere Angaben darüber, wie viele Personen die auf dem Rathaus Platz am Europasonntag stattfindenden Veranstaltungen „um ihrer selbst willen“ aufsuchen (d.h. sich dort nicht nur auf dem Weg von und zu geöffneten Ladengeschäften aufhalten), waren der vom Verwaltungsgerichtshof hierzu befragten Polizeiinspektion Augsburg Mitte nicht möglich. Aufschlussreich ist jedoch, dass nach Darstellung im Schreiben dieser Dienststelle vom 9. Mai 2017 sich selbst am 7. Mai 2017 (d.h. an einem Tag, an dem die Veranstaltungen des Europasonntags durch eine Kundgebung der „Pulse-of-Europe-Bewegung“ begleitet wurden) dort zeitweise nur mehrere Hundert Personen aufgehalten haben, deren Zahl sich mit einsetzendem Regen auf einige wenige Menschen verringert habe. Ebenfalls aufschlussreich ist die Mitteilung der Polizeiinspektion, dass die Besucher der auf dem Rathaus Platz stattfindenden Veranstaltungen des Europasonntags dort nur temporär zu verweilen pflegen, um einer Darbietung beizuwohnen oder sich kurz an einem Informationsstand umzusehen. Für das Turamichele-Fest ist der gleichen Auskunft zufolge - dies allerdings lediglich während der jeweils vollen Stunden und auch das nur bei günstigem Wetter - mit der gleichzeitigen Anwesenheit von 800 bis 1000 Personen auf dem überschaubaren Rathaus Platz zu rechnen.

Vor diesem Hintergrund kann ersichtlich keine Rede davon sein, diese Veranstaltungen würden eine derart prägende Wirkung entfalten, dass die werktägliche Geschäftigkeit, die mit Ladenöffnungen in den im Tatbestand dieses Urteils aufgeführten, hoch attraktiven Einkaufsstraßen im Westen und Süden des Rathausplatzes einhergeht, hierdurch in den Hintergrund gedrängt wird. Zwar benutzen nach der Darstellung im Schreiben der Polizeiinspektion Augsburg Mitte vom 9. Mai 2017 die Besucher der vorerwähnten Veranstaltungen u. a. diese Straßen auf dem Weg zum und vom Rathaus Platz. Sollte es rechtlich zulässig sein, hinsichtlich eines Bereichs, in dem die anlassgebende Veranstaltung als solche keine Auswirkungen mehr zeitigt, auf die durch sie ausgelösten Besucherströme zurückzugreifen, um auf diese Weise die erforderliche Ausstrahlung der anlassgebenden Veranstaltung bejahen zu können und dieses Areal so ihrem „Umfeld“ zuzuordnen (vgl. BVerwG, U.v. 11.11.2015 - 8 CN 2.14 - BVerwGE 153, 183 Rn. 25), so ergäbe sich auch hieraus nicht die Ergebnisrichtigkeit der verfahrensgegenständlichen Verordnungen. Denn das Geschehen auf diesen „Einkaufsmeilen“ wird durch den Zu- und Abstrom von Besuchern der anlassgebenden Veranstaltungen nicht in derart großem Umfang geprägt, dass die Auswirkungen der sonntäglichen Ladenöffnung demgegenüber als ein bloßer Annex hierzu erscheinen. Abgesehen von dem nach dem Vorgesagten selbst am Turamichele-Sonntag zu erwartenden zahlenmäßigen Übergewicht des in diesen Straßen zu erwartenden „Shopping-Publikums“ steht einer solchen Annahme zunächst entgegen, dass Besucher der Veranstaltungen des Europa- und des Turamichele-Sonntags auch andere Möglichkeiten besitzen, um den Rathaus Platz zu erreichen und ihn wieder zu verlassen. Denn nach der schriftlichen Auskunft der Polizeiinspektion und den in der mündlichen Verhandlung ergänzend hierzu gemachten Angaben des Vertreters dieser Dienststelle befindet sich auf ihm eine Straßenbahnhaltestelle; zudem stünden in der Nähe ca. 2.500 Stellplätze in Parkhäusern sowie auch unabhängig hiervon (an Sonn- und Feiertagen) Parkmöglichkeiten in der Innenstadt der Antragsgegnerin zur Verfügung. Vor allem aber ist es nach glaubhafter Darstellung der Polizeiinspektion nicht möglich, Besucher der anlassgebenden Veranstaltungen auf dem Weg zum Rathaus Platz im Straßenbild als solche zu identifizieren; auch auf dem Rückweg sei das nur sehr eingeschränkt möglich, da lediglich vereinzelte Besucher des Europasonntags eine Europafahne mit sich führen würden. Zu Recht hat die Polizeiinspektion eine dahingehende Möglichkeit auch hinsichtlich des Turamichele-Sonntags verneint. Aus diesem Anlass werden zwar auf dem Rathaus Platz Luftballone an die Kinder verteilt; es stellt jedoch einen Bestandteil der Veranstaltung dar, diese nach dem Ende des Figurenspiels gemeinsam aufsteigen zu lassen (vgl. den als Anlage zum Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 11.5.2017 vorgelegten, als Blatt 152 in der Gerichtsakte befindlichen Ausdruck sowie dort als Blatt 153 sowie Blatt 156 bis 158 eingehefteten Lichtbilder). Die meisten Besucher dieses Fests treten deshalb auch nach dem Verlassen des Rathausplatzes nicht in besonderer Weise in Erscheinung.

Die Ergebnisrichtigkeit der verfahrensgegenständlichen Verordnungen steht darüber hinaus auch nicht hinsichtlich derjenigen Teile ihres örtlichen Geltungsbereichs fest, die nicht zu den vorgenannten, besonders attraktiven Einkaufsstraßen gehören. Angesichts des nur begrenzten Besucheraufkommens der beiden anlassgebenden Veranstaltungen, vor allem aber angesichts der Tatsache, dass die Teilnehmer hieran auf dem Hin- und Rückweg nicht in auffallender Weise in Erscheinung treten, entfalten weder der Europanoch der Turamichele-Sonntag jenseits des Rathausplatzes die erforderliche prägende Wirkung für das Geschehen im öffentlichen Raum. Erst recht nicht erfüllt ist das Kriterium, dass eine solche Wirkung gegenüber der mit einer Ladenöffnung einhergehenden werktäglichen Geschäftigkeit im Vordergrund stehen muss.

Dies gilt auch für die Umgebung der City-Galerie. Zwar befindet sich nach den Ausführungen, die der Vertreter der Polizeiinspektion Augsburg Mitte diesbezüglich in der mündlichen Verhandlung getätigt hat, in der Nähe dieses Einkaufszentrums ein Parkhaus, das von Personen genutzt werde, die auf dem Rathaus Platz stattfindende Veranstaltungen aufsuchen wollten. In unmittelbarem Zusammenhang damit hat dieser Beamte jedoch - wie bereits zuvor in der von ihm unterzeichneten schriftlichen Auskunft vom 9. Mai 2017 - erneut bekundet, dass Passanten nicht klar dem jeweiligen Fest zuzuordnen seien (vgl. Seite 4 Mitte der Niederschrift über die mündliche Verhandlung). Allein schon aus diesem Grund scheiden auch die Benutzer der Tiefgarage bei der City-Galerie als Anknüpfungspunkt für die Bejahung einer prägenden Ausstrahlung der am Europa- und am Turamichele-Sonntag stattfindenden Veranstaltungen aus. Nur hilfsweise ist deshalb festzuhalten, dass eine ggf. gleichwohl zu bejahende Möglichkeit, diesen Bereich frequentierende Personen in der öffentlichen Wahrnehmung als Besucher dieser Feste zu identifizieren, nicht geeignet wäre, eine prägende Wirkung für das Geschehen im Umgriff der City-Galerie zu bejahen, die die Auswirkungen einer sonntäglichen Öffnung dieses Einkaufszentrums eindeutig zu dominieren vermöchte. Denn die City-Galerie wird ausweislich des von den Antragstellern vorgelegten Internetausdrucks pro Werktag von (durchschnittlich) 25.141 Personen aufgesucht; bei einer anzunehmenden Öffnung zwischen 9.00 Uhr und 20.00 Uhr entspricht dies einem mittleren stündlichen Besucheraufkommen von mehr als 2.200 Personen. Auch insoweit darf mangels gegenläufiger Anhaltspunkte davon ausgegangen werden, dass der stündliche Publikumszuspruch bei Gestattung einer sonntäglichen Öffnung dieses Einkaufszentrums voraussichtlich jedenfalls nicht wesentlich niedriger liegen wird.

Die straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnisse, die die Antragsgegnerin anlässlich des Europa- und des Turamichele-Sonntags zu erteilen pflegt und von denen sie Beispiele als Anlagen zu einem ihrer Schreiben vom 22. Mai 2017 in das Verfahren eingeführt hat, rechtfertigen entgegen ihrem Vorbringen nicht den Schluss, beide Veranstaltungen würden sich nicht nur am Rathaus Platz abspielen. Dies folgt u. a. daraus, dass diese Verwaltungsakte die Gestattung gewerblicher oder sonstiger Betätigungen zum Gegenstand haben, die an die sonntägliche Ladenöffnung anknüpfen und darauf abzielen, das hierdurch ausgelöste Besucheraufkommen zum Vorteil der jeweils zugelassenen Betätigung zu nutzen. Das von Rechts wegen vorgegebene Verhältnis, wonach eine außerhalb des Marktes, der Messe oder der ähnlichen Veranstaltung stattfindende Verkaufstätigkeit Annex zur „Primärveranstaltung“ zu sein hat und ein „Bezug zum Marktgeschehen“ erkennbar sein muss, ist insoweit deshalb ersichtlich nicht gewahrt. Dass die von den Sondernutzungserlaubnissen erfassten Aktivitäten nicht an die Veranstaltungen des Europa- oder des Turamichele-Sonntags, sondern an die gleichzeitigen Ladenöffnungen anknüpfen, folgt deutlich bereits aus den Angaben im Betreff der beispielhaft vorgelegten Bescheide („Saftstand im Rahmen des verkaufsoffenen Sonntags“ vor einer Gaststätte; „Werbeaktion für das Kurhaustheater im Rahmen des Marktsonntags“ vor einem Bekleidungsgeschäft; „Info- und Verteilerstand für die A... anlässlich des verkaufsoffenen Sonntages am 25.09.16“; „Werbeaktion für den FC Augsburg im Rahmen des Marktsonntages“ vor einem Anwesen in der Bahnhof Straße; Aufstellen einer Hüpfburg als Bestandteil der Veranstaltung „Family Day im Rahmen des verkaufsoffenen Sonntages“ vor einem Schnellimbissrestaurant). Aber auch soweit aus dem Sondernutzungsbescheid ein unmittelbarer Bezug der gestatteten Betätigung zur sonntäglichen Verkaufstätigkeit eines anderen Gewerbetreibenden nicht erkennbar ist, fehlt es sowohl an einem sachlichen als auch einem örtlichen Zusammenhang mit der jeweiligen Veranstaltung, die die Antragsgegnerin zum Anlass für die Zulassung eines sonntäglichen Offenhaltens von Verkaufsstellen genommen hat. So verhält es sich bei der einem örtlichen Eislaufverein erteilen Erlaubnis, am 7. Mai 2017 auf dem Willy-Brandt Platz ein „Hockeyspiel mit Inlinern“ aufzustellen.

Entfalten die beiden anlassgebenden Veranstaltungen aber keine Ausstrahlungswirkung dergestalt, dass das Gebiet, für das die Antragsgegnerin ein sonntägliches Offenhalten von Verkaufsstellen gestattet hat, als „Umfeld“ des Europa- bzw. des Turamichele-Sonntags im Sinn des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. November 2015 (8 CN 2.14 - BVerwGE 153, 183 Rn. 25) angesehen werden kann, so kommt es auf das Vorbringen der Antragsgegnerin, das in § 2 der verfahrensgegenständlichen Verordnungen umschriebene Gebiet stelle nur einen vergleichsweise begrenzten Teil ihres gesamten Stadtgebiets dar, da hiervon nur einer ihrer 17 Stadtteile („Planungsräume“) zur Gänze und vier weitere teilweise erfasst würden, von Rechts wegen nicht an.

3. Die Kostenentscheidung beruht, soweit über die Anträge sachlich zu befinden war, auf § 154 Abs. 1 VwGO, soweit das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt wurde, auf § 161 Abs. 2 VwGO. Billigem Ermessen im Sinn der letztgenannten Vorschrift entspricht es, die auf den erledigten Teil des Verfahrens entfallenden Kosten ebenfalls der Antragsgegnerin aufzuerlegen, da die Verordnung über das Offenhalten von Verkaufsstellen aus Anlass des Europatages aus den vorstehend aufgezeigten Gründen auch hinsichtlich des 7. Mai 2017 für unwirksam hätte erklärt werden müssen, hätte sich das Verfahren insoweit nicht wegen Zeitablaufs erledigt.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit einer entsprechenden Anwendung von § 708 Nr. 10 und § 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht erfüllt sind.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

Tenor

I. Die Verordnung der Antragsgegnerin über das Offenhalten von Verkaufsstellen aus Anlass des Europatages vom 19. Januar 2017 (Amtsblatt der Antragsgegnerin Nr. 5/6 vom 10.2.2017, S. 22) ist insoweit unwirksam, als sie sich auf die Jahre von 2018 bis 2021 bezieht.

II. Die Verordnung der Antragsgegnerin über das Offenhalten von Verkaufsstellen aus Anlass des Turamichele-Festes vom 30. Januar 2017 (Amtsblatt der Antragsgegnerin Nr. 5/6 vom 10.2.2017, S. 22) ist unwirksam.

III. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

IV. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Antragsteller vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Antragsteller erstreben die Feststellung der Unwirksamkeit der am 19. Januar 2017 erlassenen Verordnung der Antragsgegnerin über das Offenhalten von Verkaufsstellen aus Anlass des Europatages, soweit sich diese Verordnung Geltung für die Zukunft beimisst, und der vom 30. Januar 2017 stammenden Verordnung der Antragsgegnerin über das Offenhalten von Verkaufsstellen aus Anlass des Turamichele-Festes (beide bekanntgemacht im Amtsblatt der Antragsgegnerin Nr. 5/6 vom 10.2.2017, S. 22)

1. Bei der Antragstellerin zu 1) handelt es sich um eine Gewerkschaft, deren Organisationsbereich ihrer Satzung zufolge u. a. im Handel tätige Arbeitnehmer umfasst.

Der Antragsteller zu 2) - ein eingetragener Verein - bezeichnet sich in der Präambel seiner Satzung als eine selbständige Vereinigung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Aus seinem Selbstverständnis, „lebendiger Teil der Kirche zu sein und in der Arbeiterbewegung zu wurzeln“, sei er „politische Bewegung, Selbsthilfebewegung, Bildungs- und Aktionsbewegung sowie internationale Bewegung“; er sieht seine satzungsmäßige Tätigkeit als „Wesens- und Lebensäußerung der Katholischen Kirche“ an. Gemäß § 3 Nr. 1 der Satzung verfolgt er eine sozial- und berufspolitische Zielsetzung; § 3 Nr. 2 der Satzung zufolge liegt sein Zweck in der Förderung der Erziehung, der Volks- und Berufsbildung. Wegen der in der Satzung im Einzelnen hervorgehobenen Ziele und Aufgaben des Antragstellers zu 2) und der Instrumente, mit denen er diese Zwecke insbesondere zu verwirklichen sucht, wird auf § 3 Nrn. 3 und 4 der Satzung verwiesen.

2. Im Gebiet der Antragsgegnerin galten bis einschließlich des Jahres 2014 Verordnungen, die aus Anlass des Europatages sowie des Turamichele-Festes ein Offenhalten von Verkaufsstellen im gesamten Stadtgebiet (u. U. mit Ausnahme eines einzelnen Ortsteils) zuließen.

3. Am 13. November 2014 erließ die Antragsgegnerin eine neue Verordnung über das Offenhalten von Verkaufsstellen aus Anlass des Europatages (Amtsblatt der Antragsgegnerin vom 28.11.2014, S. 282), die sich Geltung nur für Sonntag, den 3. Mai 2015, beilegte. Als Umfeld des Europatages legte sie das von folgenden Straßen und Plätzen eingeschlossene Gebiet fest:

Stetten Straße, Eserwall Straße, Rote-Torwall Straße, Rembold Straße bis Provino Straße, Provino Straße bis Nagahama Allee, Nagahama Allee bis Schäfflerbach Straße, Schäfflerbach Straße bis Argon Straße, Argon Straße, Jakobertor Platz, Oblatterwall Straße, Bert-Brecht Straße bis Klaucke Straße, Klaucke Straße bis Brücken Straße, Brücken Straße, Stephingerberg, Pfärrle, Am Fischertor, Thomm Straße, Liebig Straße, Senkelbach Straße, Holzbach Straße, Rosenau Straße bis Stetten Straße.

Ebenfalls am 13. November 2014 erließ die Antragsgegnerin eine neue Verordnung über das Offenhalten von Verkaufsstellen aus Anlass des Turamichele-Festes (Amtsblatt der Antragsgegnerin vom 28.11.2014, S. 282), die nur für Sonntag, den 27. September 2015, galt und die das Umfeld des Turamichele-Festes wie folgt begrenzte:

Oberbürgermeister-Müller-Ring (zwischen Wertach und Rumpler Straße), Rumpler Straße bis Haunstetter Straße, Haunstetter Straße (zwischen Rumpler Straße und Inverness Allee), Inverness Allee (bis Friedberger Straße), Friedberger Straße bis Berliner Allee, Berliner Allee bis Hans-Böckler Straße, Stadtbach Straße bis zur Sebastian Straße, Sebastian Straße, Riedinger Straße bis Dieselbrücke, entlang der Wertach bis Oberbürgermeister-Müller-Ring.

In einer E-Mail vom 13. Februar 2015 trug der Geschäftsführer der „City Initiative Augsburg“, der eigenem Bekunden zufolge hierbei auf Bitten der ersten stellvertretenden Bürgermeisterin der Antragsgegnerin handelte, Gesichtspunkte an das Ordnungsreferat der Antragsgegnerin heran, die seines Erachtens eine Ausweitung des „Europa-Marktsonntages“ 2015 auf alle Stadtteile der Antragsgegnerin rechtfertigen würden. Dieser E-Mail zufolge sollte am 3. Mai 2015 parallel zum Europatag ein Innenstadtfest stattfinden.

In einer Ausarbeitung vom 16. Februar 2015 wies eine Juristin der Antragsgegnerin u. a. darauf hin, dass der Europatag und das Innenstadtfest als solche - auch ohne die Öffnung von Ladengeschäften - „einen enormen Besucherstrom anziehen“ müssten. Eine dahingehende „nachweisbare Prognose“ gelinge der Antragsgegnerin „vielleicht gerade noch für den Innenstadtbereich, schwerlich aber für den gesamten Außenbereich und das gesamte Stadtgebiet“. In diesem Vermerk heißt es u. a.: „Der Europamarkt ist ohne Tradition und Grenze. Von einer Art ‚Markt‘ kann hier also fast nicht die Rede sein.“

Am 26. März 2015 richtete der Handelsverband Bayern ein Schreiben an den Oberbürgermeister der Antragsgegnerin, in dem er ausführte, die grundsätzliche Einschränkung der Bereiche, innerhalb derer am Europa-Marktsonntag und am Turamichele-Marktsonntag ein Offenhalten von Verkaufsstellen zugelassen worden sei, könne „aus rechtlichen Gründen zumindest nachvollzogen werden, aus verbandspolitischen Gründen und im Interesse unserer Mitglieder jedoch nicht.“ Unabhängig hiervon sei nicht erkennbar, warum für den Europa-Marktsonntag ein kleinerer Umgriff als für den Turamichele-Marktsonntag angesetzt worden sei. Da Gewerbetreibenden „ohne tatsächliche Not eine verlässliche Umsatzerwartung in erheblicher Höhe genommen“ worden sei, werde wenigstens um eine Korrektur der nicht nachvollziehbaren unterschiedlichen Gebietsausweisung gebeten.

Am 3. April 2015 erließ der Oberbürgermeister der Antragsgegnerin daraufhin, gestützt auf Art. 37 Abs. 3 GO, eine Verordnung zur Änderung der Verordnung über das Offenhalten von Verkaufsstellen aus Anlass des Europatages vom 13. November 2014. Sie gestattete einen Verkauf von Waren innerhalb des gleichen Gebiets wie die Verordnung über das Offenhalten von Verkaufsstellen aus Anlass des Turamichele-Festes vom 13. November 2014. In einem Vermerk vom 31. März 2015 hielt der Oberbürgermeister der Antragsgegnerin u. a. fest, die Verwaltung der Antragsgegnerin habe festgestellt, dass aufgrund des umfangreichen Rahmenprogramms des Europatages am 3. Mai 2015 der bislang in der Verordnung festgesetzte Einzugsbereich zu eng gefasst worden sei; es erscheine angezeigt, diesen dem Einzugsbereich des Turamichele-Fests anzugleichen.

4. Am 11. Januar 2016 erließ die Antragsgegnerin Verordnungen, die ein Offenhalten von Verkaufsstellen am Sonntag, den 3. April 2016, anlässlich der Georgi-Dult und am Sonntag, den 25. September 2016, anlässlich des Turamichele-Festes in dem gleichen räumlichen Umfang zuließen, der sich aus den Verordnungen vom 13. November 2014 (hinsichtlich des Europatages in der Fassung der Änderungsverordnung vom 3.4.2015) ergab.

5. Am 15. Dezember 2016 beschloss der Stadtrat der Antragsgegnerin die vorliegend verfahrensgegenständlichen Verordnungen, die vom Oberbürgermeister der Antragsgegnerin (zunächst) jeweils am 19. Januar 2017 ausgefertigt wurden. § 1 der Verordnung über das Offenhalten von Verkaufsstellen aus Anlass des Europatages lautet:

„Anlässlich der jährlich wiederkehrenden Veranstaltungen zum ‚Europatag‘ dürfen am Sonntag, den 07.05.2017, 06.05.2018, 05.05.2019, 03.05.2020 und 02.05.2021 Verkaufsstellen im Umfeld des ‚Europatages‘ in der Zeit von 13.00 bis 18.00 Uhr ihre Waren zum Verkauf an jedermann anbieten.“

§ 1 der Verordnung über das Offenhalten von Verkaufsstellen aus Anlass des Turamichele-Festes bestimmt:

„Anlässlich der jährlich wiederkehrenden Veranstaltungen zum Turamichele-Fest dürfen am Sonntag, den 01.10.2017, 30.09.2018, 29.09.2019, 27.09.2020 und 26.09.2021 Verkaufsstellen im Umfeld des ‚Turamichele-Festes‘ in der Zeit von 13.00 bis 18.00 Uhr ihre Waren zum Verkauf an anbieten.“

§ 2 beider Verordnungen legte in der zunächst ausgefertigten Fassung als „Umfeld des Europatages“ das gleiche Gebiet fest, das u.a. in der Verordnung über das Offenhalten von Verkaufsstellen aus Anlass des Turamichele-Festes vom 13. November 2014 hierfür vorgesehen war.

Wegen der Erwägungen, die die Antragsgegnerin mit dem Ziel der Rechtfertigung der darin getroffenen Regelungen anstellte, wird auf die von der Verwaltung der Antragsgegnerin u. a. für die Sitzung ihres Stadtrats am 15. Dezember 2016 erstellte Beschlussvorlage verwiesen.

Die im Vorfeld der Beschlussfassung dieses Gremiums angehörte „Allianz für den freien Sonntag“, der beide Antragsteller angehören, machte geltend, den im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. November 2015 (8 CN 2.14 - BVerwGE 153, 183) enthaltenen Vorgaben werde nur eine deutlich stärker eingegrenzte Ladenöffnung gerecht. Auch die Antragstellerin zu 1) selbst widersprach der geplanten Verordnung, da sie gegen das Gesetz über den Ladenschluss verstoße. Der Antragsteller zu 2) trat den geplanten Verordnungen unter Hinweis auf die Urteile des Bundesverfassungsgerichts vom 1. Dezember 2009 (1 BvR 2857/07 u. a. - BVerfGE 125, 39) und des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. November 2015 (a.a.O.) entgegen. Das Bischöfliche Ordinariat Augsburg und das Evangelisch-Lutherische Dekanat Augsburg erhoben gegen den Entwurf der Verordnung keine Einwände. Die Industrie- und Handelskammer Schwaben merkte in ihrer Stellungnahme an, beim Europatag und beim Turamichele-Fest sei erfahrungsgemäß ein großer Besucherstrom zu erwarten.

Nach erfolgter Ausfertigung der Verordnungen wurde bemerkt, dass auch § 2 der Verordnung über das Offenhalten von Verkaufsstellen aus Anlass des Turamichele-Festes mit den Worten „Umfeld des Europatages im Sinne dieser Verordnung ist …“ begann. Diese Verordnung wurde daraufhin am 30. Januar 2017 durch den Oberbürgermeister der Antragsgegnerin erneut ausgefertigt, nachdem im Verordnungstext die vorbezeichneten Worte durch die Wendung „Umfeld des Turamichele-Festes im Sinne dieser Verordnung ist …“ ersetzt worden waren.

6. Am 13. März 2017 leiteten die Antragsteller beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof ein Verfahren nach § 47 VwGO mit dem Ziel ein, die Unwirksamkeit beider Verordnungen festzustellen.

Hinsichtlich der Antragsbefugnis verweist der Antragsteller zu 2) darauf, dass auch er Träger des Grundrechts aus Art. 9 Abs. 1 GG und zusätzlich wohl des Grundrechts aus Art. 9 Abs. 3 GG sei. Unter dem letztgenannten Blickwinkel sei es nicht erforderlich, dass eine Vereinigung als Gewerkschaft Tarifvereinbarungen abschließe. Der Antragsteller zu 2) habe fortlaufend zu Themen des Arbeitslebens Stellung bezogen und im Interesse der Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen seiner Mitglieder immer wieder auf politische und gesellschaftliche Akteure eingewirkt. Hinzu trete seine „verkündende“ Tätigkeit, die ihren Ausdruck u. a. in der Veranstaltung von Gottesdiensten und Wallfahrten finde. Da seine Zweckbestimmung darin bestehe, religiöses Leben und religiöse Grundsätze im Arbeitsleben zu etablieren sowie den katholischen Glauben zu verbreiten und ihn im Alltag zu verankern, sei er darüber hinaus Träger der Religionsausübungsfreiheit nach Art. 4 GG.

In der Sache bringen die Antragsteller vor, in der Innenstadt der Antragsgegnerin befänden sich bedeutende Einkaufsstraßen wie z.B. die Maximilian-, die Anna-, die Bürgermeister-Fischer- und die Bahnhof Straße. Sie beziehen sich in diesem Zusammenhang auf eine von ihnen auszugsweise vorgelegte Ausarbeitung der Fa. E..., in der die Ergebnisse von am Dienstag, den 14. April 2015, und am Samstag, den 18. April 2015, in den vier vorgenannten Straßen sowie in der Philippine-Welser Straße durchgeführten Passantenzählungen referiert werden. Hierbei hätten sich folgende Frequentierungen pro Stunde ergeben:

Maximilian Straße

Anna Straße

Bürgermeister- Fischer Straße

Bahnhof Straße

Philippine-Welser Straße

Dienstag, 14.4.2015

2.056

1.225

1.355

2.012

1.250

Samstag,

18.4.2015

2.768

2.189

2.139

2.078

2.135

Der vorgenannten Ausarbeitung der Fa. E... zufolge stellt die Augsburger Bahnhof Straße eine „1a-Einzelhandelslage“ dar. Die angrenzenden 1a-Lagen verbänden den Königs Platz mit den auch touristisch stark frequentierten Plätzen Moritz Platz und Rathaus Platz. Der Ausbau der Fußgängerzone habe die Attraktivität der 1a-Lagen erneut steigern können. Der Einzugsbereich des Augsburger Einzelhandelsmarktes umfasse ca. 600.000 Einwohner mit durchschnittlicher Kaufkraft. In der Innenstadt befänden sich rund 40% der im Gebiet der Antragsgegnerin vorhandenen Retail-Flächen; der Umsatz dort betrage etwa das Doppelte im Vergleich zu Städten vergleichbarer Größe. Die Antragsgegnerin gehöre zur florierenden Metropolregion München; bemerkenswert hoch sei die „Modezentralität“.

Die Antragsteller verweisen ferner auf einen von ihnen vorgelegten Presseartikel, in dem die Ergebnisse einer Passantenzählung dargestellt werden, die die Universität Augsburg zwischen dem 2. und dem 4. Juni 2016 an zwölf Standorten in der Innenstadt der Antragsgegnerin jeweils von 10.00 Uhr bis 20.00 Uhr durchgeführt habe. An den Zähltagen seien danach mehr als 371.000 Personen „in die Stadt“ gekommen. Das stärkste Menschenaufkommen sei am Samstag, den 4. Juni 2016, „in der Mittagsstunde bis 13.00 Uhr“ in der Anna Straße mit mehr als 3.600 Passanten festzustellen gewesen; zwischen 14.00 Uhr und 17.00 Uhr seien über 3.200 Personen pro Stunde gezählt worden.

Was den Europatag am 7. Mai 2017 anbetreffe, so habe die Antragsgegnerin noch im März 2017 auf ihrer Website unter der Überschrift „Teilnehmer gesucht“ dazu aufgerufen, sich hieran zu beteiligen; der im Jahr 2016 an einem Samstag abgehaltene Europatag habe sowohl nach der Darstellung in der Beschlussvorlage für die Stadtratssitzung am 15. Dezember 2016 als auch ausweislich von Lichtbildern, die sich dem Internet entnehmen ließen, nur eine „eher überschaubare“ Resonanz ausgelöst. Die als „Europafest“ bezeichnete Veranstaltung präge die von ihr erfassten Sonntage nicht in allen Bereichen, die von der sich hierauf beziehenden Verordnung erfasst würden; insbesondere hinsichtlich der wichtigen Einkaufsstraßen und der City-Galerie erscheine dies ausgeschlossen. Es sei nicht erkennbar, wie sich die ausschließlich auf dem Rathaus Platz stattfindenden Veranstaltungen auf die weiter entfernt liegenden, von den verfahrensgegenständlichen Verordnungen erfassten Teile des Stadtgebiets auswirken könnten. Gegen eine prägende Wirkung spreche ferner ganz offensichtlich das Ungleichgewicht zwischen der Fläche des Rathausplatzes von ca. 3.600 m² und den begünstigten, etwa 158.000 m² umfassenden Verkaufsflächen. Hinzu komme, dass kein thematischer Bezug zwischen den anlassgebenden Veranstaltungen und den Waren bestehe, die während der Sonntagsöffnungen verkauft werden dürften; die Antragsgegnerin habe das zulässige Sortiment in keiner Weise eingeschränkt.

Die Antragsteller beantragen bei Schluss der mündlichen Verhandlung

1. festzustellen, dass die Rechtsverordnung der Antragsgegnerin über das Offenhalten von Verkaufsstellen aus Anlass des Europatages vom 19. Januar 2017, veröffentlicht im Amtsblatt der Antragsgegnerin Nr. 5/6 vom 10. Februar 2017, insoweit unwirksam ist, als sie sich auf die in der Zukunft liegenden verkaufsoffenen Sonntage bezieht;

2. festzustellen, dass die Rechtsverordnung der Antragsgegnerin über das Offenhalten von Verkaufsstellen aus Anlass des Turamichele-Festes vom 30. Januar 2017, veröffentlicht im Amtsblatt der Antragsgegnerin Nr. 5/6 vom 10. Februar 2017, unwirksam ist.

Soweit ihr Antrag ursprünglich darauf abzielte, die Unwirksamkeit der erstgenannten Verordnung auch insoweit festzustellen, als diese Norm den im Mai 2017 abgehaltenen Europa-Marktsonntag zum Gegenstand hatte, erklärten die Antragsteller ihn in der mündlichen Verhandlung mit Zustimmung der Antragsgegnerin für erledigt.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Die Antragsgegnerin könne „prognostisch Gewissheit darüber verschaffen“, dass das durch die verfahrensgegenständlichen Verordnungen zugelassene Offenhalten von Verkaufsstellen die betroffenen Sonntage nicht maßgeblich prägen werde; eine solche Prognose dürfe auch während des Gerichtsverfahrens nachgereicht werden. Es sei der Antragsgegnerin freigestellt, worauf sie ihre Prognose gründe. Sie habe sich insoweit auf die Erfahrungswerte der letzten Jahre, nicht aber auf Zahlen mit wenig Aussagekraft gestützt. Denn niemand könne exakte Daten darüber zur Verfügung stellen, wie viele Menschen an den betroffenen Sonntagen „die Stadt“ in der ausschließlichen Absicht aufsuchen würden, dort Einkäufe zu tätigen, da die Motivation, warum jemand eine Veranstaltung aufsuche, „nicht erklärbar“ sei. Nach der Einschätzung der Antragsgegnerin würden sich ihre Einwohner und die Besucher deswegen „in die Stadt“ begeben, weil dort anlässlich des Europatages und des Turamichele-Festes viele unterhaltsame Attraktionen geboten würden und man Menschen treffe. Es könne mit Sicherheit verneint werden, dass irgendjemand an Marktsonntagen „die Stadt“ aufsuche, weil er z.B. Kleider für die Kinder oder einen Kochtopf benötige. Dafür seien „die Stadt und die Geschäfte … auch viel zu voll“; es wäre sehr unpraktisch und ungemütlich, an einem solchen Tag den werktäglichen Einkauf zu erledigen. Markttage seien im Gebiet der Antragsgegnerin ein „Riesenfest“; die Markt- und Themenstände des Europatages und der Turamichele-Festes würden mit der Stadt, die mit „Luftballons und Girlanden geschmückt“ sei, „verschmelzen“. Seit dem Jahr 2017 sei die Antragsgegnerin Partnerin der Bürgerbewegung „Pulse of Europe“; die Begeisterung für diese Bewegung sei im Gebiet der Antragsgegnerin zunehmend spürbar. Das Turamichele-Fest bilde seit jeher ein „Muss“ für die Bürger der Antragsgegnerin, aber auch für die Bewohner von Nachbargemeinden; Schulkinder und andere Kindergruppen würden mit Omnibussen anreisen, um dieser traditionellen Veranstaltung beizuwohnen.

Der im Verlauf der zurückliegenden Jahre ergangenen Rechtsprechung habe die Antragsgegnerin durch die „extreme“ Verkleinerung des Bereichs, in dem ein Offenhalten von Verkaufsstellen zugelassen worden sei, Rechnung getragen. Einer noch kleineren Bemessung des begünstigten Gebiets stünden u. a. sicherheitsrechtliche Überlegungen entgegen. Aufgrund der Vielzahl an zu erwartenden Besuchern könne dem Andrang nur begegnet werden, wenn man die Öffnung von Verkaufsstellen „in vernünftigem Umfang“ über den Kern der Innenstadt hinaus zulasse. Zum Wohle der streitgegenständlichen Veranstaltungen, aber auch des innerstädtischen Einzelhandels sei es geboten, „den weiteren fußläufig erreichbaren Handel“ mit einzubeziehen.

Im Übrigen habe die Rechtsprechung während der zurückliegenden Jahre außer Acht gelassen, dass § 14 LadSchlG dem grundsätzlichen Gebot, Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen geschlossen zu halten, bereits durch die Zulassung nur einer begrenzten Zahl von Marktsonntagen unter Ausklammerung des Monats Dezember Rechnung trage. Das hohe Gut der Sonntagsruhe berücksichtige das Gesetz ferner durch die Beschränkung der Öffnungszeit auf fünf Stunden während des Sonntagnachmittags. Das Ladenschlussgesetz stelle einen Kompromiss zwischen den Interessen des Einzelhandels, der dort Beschäftigten und der Verbraucher dar. Der Kompromissgedanke sei mittlerweile derart in den Hintergrund gerückt, dass Marktsonntage allgemein gefährdet seien. Der Gesetzgeber habe sie jedoch in begrenzter Zahl und in begrenztem Umfang ermöglichen wollen. Seit dem Inkrafttreten des Ladenschlussgesetzes im Jahr 1956 hätten sich die wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen in Deutschland sowie die Konsum- und Einkaufsgewohnheiten der Bevölkerung erheblich verändert. Die Dynamik bei der Entwicklung von Vertriebsformen unter Nutzung namentlich der neuen Medien, die verstärkte „Neigung zu individuellem Einkauf“ und die Notwendigkeit, die unternehmerischen Spielräume bei einem zunehmenden internationalen Standortwettbewerb zu erweitern, gäben Anlass, die Ladenöffnungszeiten diesen Veränderungen anzupassen. Marktsonntage entfalteten Auswirkungen nicht nur auf die innerstädtische Gastronomie, das kulturelle Leben und den Tourismus, sondern zeitigten günstige Wirkungen auch für den innerstädtischen Einzelhandel, der in einem Aufholwettbewerb zum Internethandel stehe. Durch Marktsonntage würden schließlich die langsam ausblutenden Innenstädte wieder in das Bewusstsein der Menschen gerückt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat eine amtliche Auskunft der Polizeiinspektion Augsburg Mitte darüber eingeholt, ob dieser Dienststelle Angaben darüber möglich sind, wie viele Personen in der Vergangenheit an den auf dem Rathaus Platz stattfindenden Veranstaltungen während der „Europasonntage“ (so bezeichnet der Verwaltungsgerichtshof nachfolgend die Sonntage im Mai, an denen die Antragsgegnerin Ladenöffnungen zugelassen hat) und am Sonntag des Turamichele-Fests zwischen ca. 13.00 Uhr und ca. 18.00 Uhr im Durchschnitt ungefähr teilgenommen haben, wie (und ggf. in welcher Weise) sich diese Veranstaltungen auf andere Straßen und Plätze im Gebiet der Antragsgegnerin auswirken würden, ob es Straßenzüge gebe, die von den Teilnehmern (einer) dieser Veranstaltungen schwerpunktmäßig als Zu- oder Abgangswege genutzt werden, und wie groß im Durchschnitt ungefähr das Aufkommen an Personen ist, die sich am Nachmittag der beiden verkaufsoffenen Sonntage innerhalb des in § 2 der verfahrensgegenständlichen Verordnungen umschriebenen Gebiets aufhalten. Wegen der hierzu abgegebenen Erklärungen der Polizeiinspektion Augsburg Mitte wird auf deren Schreiben vom 9. Mai 2017 und die Ausführungen eines Vertreters dieser Behörde in der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Hinsichtlich des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Akten des vorliegenden Rechtsstreits sowie die von der Antragsgegnerin übersandten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Gründe

1. Die Anträge nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO sind zulässig; insbesondere sind die Antragsteller im Sinn von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt.

Für die Antragstellerin zu 1) als Gewerkschaft steht dies aufgrund des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. November 2015 (8 CN 2.14 - BVerwGE 153, 183 Rn. 15 - 18) fest. Nichts anderes gilt aber auch für den Antragsteller zu 2), bei dem es sich deshalb nicht um eine Gewerkschaft (z.B. im Sinn von § 2 Abs. 1 TVG) handelt, weil sein Zweck ausweislich seiner Satzung nicht auf den Abschluss von Tarifverträgen gerichtet ist (vgl. zur Tarifwilligkeit als maßgebliches Kriterium für die z.B. auch in § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 und 4 ArbGG vorgenommene Unterscheidung zwischen Gewerkschaften und sonstigen „Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zielsetzung“ BVerfG, U.v. 6.5.1964 - 1 BvR 79/62 - BVerfGE 18, 18/33 f.).

§ 14 LadSchlG als die gesetzliche Bestimmung, aus der sich die Ermächtigung der Antragsgegnerin zum Erlass der verfahrensgegenständlichen Verordnungen ergibt, konkretisiert den verfassungsrechtlichen Schutzauftrag, der für den Gesetzgeber aus Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 der Verfassung des Deutschen Reichs vom 11. August 1919 (WRV) folgt. Nach Art. 139 WRV bleiben der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung geschützt. Dieser objektivrechtliche Schutzauftrag ist auf die Stärkung des Schutzes derjenigen Grundrechte angelegt, die in besonderem Maß auf Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung angewiesen sind (BVerfG, U.v. 1.12.2009 - 1 BvR 2857/07 u. a. - BVerfGE 125, 39/84). Dazu zählen auch die Vereinigungs- und die Koalitionsfreiheit nach Art. 9 GG. Rhythmisch wiederkehrende Tage kollektiver Arbeitsruhe und die damit verbundene synchrone Taktung des sozialen Lebens erleichtern das gemeinschaftliche Tun im Rahmen von Vereinigungen und Gewerkschaften. Die Arbeitsruhe an Sonn- und Feiertagen ist deshalb auch für die Rahmenbedingungen des Wirkens von Gewerkschaften und sonstigen Vereinigungen bedeutsam (BVerwG, U.v. 11.11.2015 - 8 CN 2.14 - BVerwGE 153, 183 Rn. 16 unter Bezugnahme auf BVerfG, U.v. 1.12.2009 - 1 BvR 2857/07 u. a. - BVerfGE 125, 39/83 und BVerwG, U.v. 26.11.2014 - 6 CN 1.13 - BVerwGE 150, 327 Rn. 15 f.).

Obgleich der Antragsteller zu 2) nicht unmittelbar Adressat der verfahrensgegenständlichen Verordnungen ist, wird er durch sie nicht grundsätzlich anders als die Antragstellerin zu 1) in seinem Tätigkeitsbereich betroffen. Dass auch dem Antragsteller zu 2) Personen angehören, die im Gebiet der Antragsgegnerin leben oder arbeiten, folgt daraus, dass in Augsburg sowohl ein Kreisals auch ein Ortsverband als Untergliederungen des Antragstellers zu 2) bestehen. Es lässt sich deshalb nicht ausschließen, dass diese Personen als Folge der verfahrensgegenständlichen Verordnungen an Sonntagen ihrer Erwerbstätigkeit nachgehen müssen und sie deshalb nicht an Veranstaltungen des Antragstellers zu 2) teilnehmen können (vgl. zur Bedeutung dieses Gesichtspunkts BVerwG, U.v. 11.11.2015 - 8 CN 2.14 - BVerwGE 153, 183 Rn. 17). Die in der Beschlussvorlage für die Sitzung des Stadtrats der Antragsgegnerin am 15. Dezember 2016 enthaltene Angabe, der Einsatz von Personal an diesen Tagen solle „möglichst freiwillig“ erfolgen, lässt diese Besorgnis schon deshalb nicht gegenstandslos werden, weil Arbeitgeber hierdurch nicht gehindert werden, von Beschäftigten auch gegen deren Willen eine Arbeitsleistung an den von den verfahrensgegenständlichen Verordnungen erfassten Sonntagen zu verlangen, soweit das nach den Regeln des kollektiven und des Individualarbeitsrechts zulässig ist. Unabhängig hiervon kann die Weigerung eines Arbeitnehmers, sich an verkaufsoffenen Sonntagen „freiwillig“ zur Arbeitsleistung bereitzufinden, die Wertschätzung seiner Person durch den Arbeitgeber - mit u. U. gravierenden Folgen für die berufliche Existenz bzw. das berufliche Vorwärtskommen dieses Beschäftigten - ungünstig beeinflussen.

Das vorliegende Verfahren erfordert keine Entscheidung der Frage, ob aus der vorerwähnten Rechtsprechung herzuleiten ist, dass alle Vereinigungen, auf deren Betätigungsmöglichkeiten sich die Gestattung eines Offenhaltens von Verkaufsstellen an Sonntagen nachteilig auswirken kann, im Sinn von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO befugt sind, auf § 14 LadSchlG gestützte Verordnungen mit Normenkontrollanträgen anzugreifen. Denn jedenfalls Vereinigungen, die - wie der Antragsteller zu 2) - nicht nur Träger des Grundrechts aus Art. 9 Abs. 1 GG, sondern auch des in Art. 9 Abs. 3 GG verbürgten Grundrechts sind, muss diese Befugnis in gleicher Weise wie Gewerkschaften zugestanden werden.

Dass der Antragsteller zu 2) sich auf das in Art. 9 Abs. 3 GG verbürgte Grundrecht berufen kann, folgt daraus, dass er ausweislich seiner Satzung der Sache nach u. a. den Zweck verfolgt, die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Arbeitnehmern zu fördern (vgl. zu dieser Zielsetzung namentlich § 3 Nr. 3.7, aber auch § 3 Nr. 3.5 sowie § 3 Nrn. 4.4 und 4.7 seiner Satzung). Zu dem durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Bereich gehören auch Betätigungen, die diesem Zweck auf andere Weise als durch den Abschluss von Tarifverträgen dienen sollen (BVerfG, B.v. 26.1.1995 - 1 BvR 2071/94 - NJW 1995, 3377). Insbesondere sind die außergerichtliche Beratung von Mitgliedern und ihre Vertretung in gerichtlichen Verfahren, die sich der Antragsteller zu 2) gemäß § 3 Nr. 3.7 seiner Satzung zum Ziel gesetzt hat, als koalitionsmäßige Betätigungen durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützt (BVerfG, B.v. 2.12.1992 - 1 BvR 296/88 - BVerfGE 88, 5/15 sowie - speziell mit Blickrichtung auf einen Zusammenschluss von Arbeitnehmern nichtgewerkschaftlicher Art - BVerfG, B.v. 26.1.1995 a.a.O. S. 3377).

Der Antragsteller zu 2) erfüllt darüber hinaus auch alle sonstigen Anforderungen, die an eine von Art. 9 Abs. 3 GG erfasste Vereinigung zu stellen sind. Er ist insbesondere frei gebildet, gegnerfrei, auf überbetrieblicher Grundlage organisiert und seiner Struktur nach unabhängig genug, um die Interessen seiner Mitglieder auf arbeits- und sozialrechtlichem Gebiet nachhaltig vertreten zu können (vgl. zu diesen Erfordernissen z.B. BVerfG, B.v. 20.10.1981 - 1 BvR 404/78 - BVerfGE 58, 233/247; B.v. 26.1.1995 a.a.O. S. 3377).

Die enge Verbindung des Antragstellers zu 2) mit der Römisch-Katholischen Kirche steht der Bejahung seiner in vorbezeichnetem Sinn zu verstehenden Unabhängigkeit nicht entgegen. Da er nicht die Rechtsstellung eines „privaten kirchlichen Vereins“ im Sinn von can. 321 bis can. 326 des Codex Iuris Canonici (CIC) erworben hat (vgl. die diesbezügliche, glaubhafte Angabe in dem hier am 22.5.2017 eingegangenen, mit dem Datum „10.3.2017“ versehenen Schreiben seines Bevollmächtigten), bedarf weder seine Satzung der Billigung durch den Diözesanbischof (vgl. can. 322 § 2 i.V.m. can. 312 § 1 Nr. 3 CIC), noch sind auf ihn die Vorschriften des can. 323 und des can. 325 CIC anwendbar, denen zufolge private Vereine von Gläubigen der Aufsicht (nach can. 323 § 1 CIC sogar der Leitung) des Ortsordinarius unterliegen. Die Frage, ob diese Aufsichts- und Leitungsbefugnisse, würden sie eingreifen, der Bejahung der Eigenschaft eines der Römisch-Katholischen Kirche nahestehenden Vereins entgegenstünden, Träger des Grundrechts nach Art. 9 Abs. 3 GG zu sein, bedarf vorliegend deshalb keiner Erörterung.

Amtsträger der Römisch-Katholischen Kirche besitzen zwar u. a. deshalb die Möglichkeit, auf die Willensbildung und die Betätigung des Antragstellers zu 2) Einfluss zu nehmen, weil der geschäftsführenden Diözesanverbandsleitung - bei ihr handelt es sich nach § 25 Nr. 1 Satz 2 der Satzung des Antragstellers zu 2) um dessen Vorstand im Sinn von § 26 BGB - gemäß § 25 Nr. 1 Satz 1 der Satzung obligatorisch der Diözesanpräses angehört, bei dem es sich nach § 13 Nr. 2 Satz 4 der Satzung entweder um einen Priester oder einen Diakon handelt. Ebenfalls zwingend vorgesehen ist die Mitgliedschaft von Inhabern eines geistlichen Amtes in Organen des Antragstellers zu 2) hinsichtlich der Orts- und Kreisverbandsleitungen sowie der Diözesanverbandsleitung (siehe § 14 Satz 1, § 20 Nr. 1 und § 24 Nr. 1 der Satzung). Dies steht der Bejahung der Unabhängigkeit des Antragstellers zu 2) in dem vom Bundesverfassungsgericht geforderten Sinn (vgl. BVerfG, B.v. 20.10.1981 - 1 BvR 404/78 - BVerfGE 58, 233/247; B.v. 26.1.1995 - 1 BvR 2071/94 - NJW 1995, 3377) jedoch deshalb nicht entgegen, weil die vorgenannten Gremien nach der Satzung so zusammengesetzt sind, dass den Inhabern geistlicher Ämter kein Übergewicht bei der Willensbildung zukommt; es ist ausgeschlossen, dass die diesen Organen des Antragstellers zu 2) angehörenden Laien durch Kleriker majorisiert werden (vgl. zur Bedeutung dieses Gesichtspunkts - bezogen auf die gleichgelagerten Gegebenheiten bei einem benachbarten Diözesanverband der Katholischen Arbeitnehmerbewegung - LAG BW, B.v. 25.11.1977 - 6 Ta 13/77 - AR-Blattei Arbeitsgerichtsbarkeit VI C Nr. 29). Dass kirchlichen Organen keinerlei Einflussmöglichkeit auf die Willensbildung eingeräumt wird, ist jedenfalls bei einem Verband, der - wie dies beim Antragsteller zu 2) der Fall ist - außer der Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Arbeitnehmern auch eine originär religiöse Zielsetzung verfolgt (vgl. dazu vor allem § 3 Nrn. 3.1 und 4.1 seiner Satzung), für die Bejahung der Unabhängigkeit einer solchen Vereinigung bei der Wahrnehmung seiner sozialpolitischen Zielsetzung nicht erforderlich (vgl. auch hierzu LAG BW, B.v. 25.11.1977 a.a.O.).

Dahinstehen kann vor diesem Hintergrund, ob sich die Antragsbefugnis des Antragstellers zu 2) zusätzlich daraus ergibt, dass Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV der Konkretisierung auch des Grundrechts aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG dient (BVerfG, U.v. 1.12.2009 - 1 BvR 2857/07 u. a. - BVerfGE 125, 39/79 ff.), und der Antragsteller zu 2) nach den im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 16. Oktober 1968 (1 BvR 241/66 - BVerfGE 24, 236) entwickelten Grundsätzen Träger dieses Grundrechts ist, da es sich bei ihm um einen Verein handelt, der sich - wie vor allem § 3 Nrn. 3.1 und 4.1 der Satzung der Antragstellers zu 2) verdeutlicht - auch die Pflege des religiösen Lebens seiner Mitglieder zum Ziel gesetzt hat, ferner seine institutionelle Verbindung mit der Römisch-Katholischen Kirche durch die Mitwirkung von Inhabern geistlicher Ämter dieser Kirche in Führungsgremien des Antragstellers zu 2) und seiner Untergliederungen gewährleistet ist (vgl. § 14 Satz 1, § 20 Nr. 1, § 24 Nr. 1 und § 25 Nr. 1 Satz 1 seiner Satzung).

Die Interessen beider Antragsteller werden durch die verfahrensgegenständlichen Verordnungen mehr als nur geringfügig beeinträchtigt (vgl. zu diesem Erfordernis für die Zulässigkeit eines Antrags nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO BVerwG, U.v. 11.11.2015 - 8 CN 2.14 - BVerwGE 153, 183 Rn. 18). Das folgt nicht nur daraus, dass durch diese Normen ein Offenhalten von Verkaufsstellen an einer nicht ganz unbedeutenden Zahl von Sonntagen gestattet wird. Im Hinblick auf das Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) ist darüber hinaus auf die Gesamtbelastung abzustellen, die sich für die Betätigung der Antragsteller durch den Erlass einzelner gemeindlicher Verordnungen auf der Grundlage des § 14 LadSchlG ergeben kann. Würde man den Antragstellern die Möglichkeit, die Ungültigkeit derartiger Verordnungen gerichtlich geltend zu machen, mit der Begründung vorenthalten, aus der jeweils angegriffenen Norm könne sich bei einer hierauf beschränkten Betrachtung kein ins Gewicht fallender Nachteil für die praktische Wahrnehmbarkeit ihres Grundrechts aus Art. 9 Abs. 3 GG ergeben, so könnte - über das Jahr gesehen - ein „Flickenteppich“ sonntäglicher Ladenöffnungen entstehen, der die Organisation verbandsbezogener Tätigkeiten der Antragsteller an Sonntagen spürbar erschweren könnte (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BVerwG, U.v. 11.11.2015 - 8 CN 2.14 - BVerwGE 153, 183 Rn. 18). Dies gilt auch für den Antragsteller zu 2), der zwar - anders als die Antragstellerin zu 1) - nicht landesweit tätig ist, dessen Gebiet jedoch die gesamte Diözese Augsburg und damit außer dem Regierungsbezirk Schwaben wesentliche Teile Oberbayerns umfasst und sich bis nach Mittelfranken hinein erstreckt.

2. Die Anträge sind auch begründet, da die beiden verfahrensgegenständlichen Verordnungen mit Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV sowie mit § 14 LadSchlG in der verfassungskonformen Auslegung, derer die letztgenannte Bestimmung bedarf (dazu nachfolgend 2.1), unvereinbar sind. Denn die Antragsgegnerin hat keine rechtskonforme Prognose darüber angestellt, ob die am Europasonntag und am Sonntag des Turamichele-Fests stattfindenden Veranstaltungen eine derart prägende Wirkung für den öffentlichen Charakter der betroffenen Sonntage entfalten, dass die mit der Ladenöffnung einhergehende werktägliche Geschäftigkeit demgegenüber - und zwar innerhalb des gesamten Gebiets, für das die Antragsgegnerin ein Offenhalten von Verkaufsstellen zugelassen hat - als bloßer Annex zu diesen Veranstaltungen erscheint (dazu unter 2.2). Auf das Fehlen einer derartigen Prognose kann im vorliegenden Fall nicht mit dem Argument verzichtet werden, die Einhaltung der vorbezeichneten Erfordernisse sei offensichtlich (2.3).

2.1 Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 LadSchlG dürfen Verkaufsstellen aus Anlass von Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen an jährlich höchstens vier Sonn- und Feiertagen geöffnet sein. Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Vorschrift bereits im Beschluss vom 18. Dezember 1989 (1 B 153.89 - NVwZ 1990, 761/762) einschränkend dahingehend ausgelegt, dass nur Veranstaltungen, die selbst einen beträchtlichen Besucherstrom anziehen, Anlass für eine Ladenöffnung geben können; der Besucherstrom darf nicht erst durch das Offenhalten von Verkaufsstellen ausgelöst werden.

Im Urteil vom 11. November 2015 (8 CN 2.14 - BVerwGE 153, 183 Rn. 23) hat das Bundesverwaltungsgericht sodann ausgeführt, dass dieser Ansatz dem sich aus Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV ergebenden Regel-Ausnahme-Verhältnis, wonach die typisch werktägliche Geschäftigkeit an Sonn- und Feiertagen grundsätzlich zu ruhen hat (BVerfG, U.v. 9.6.2004 - 1 BvR 636/02 - BVerfGE 111, 10/51; U.v. 1.12.2009 - 1 BvR 2857/07 u. a. - BVerfGE 125, 39/85 f.), noch nicht genügt, da er nicht ausschließt, dass es die Ladenöffnung ist, die - neben der anlassgebenden Veranstaltung - den öffentlichen Charakter des betroffenen Sonn- oder Feiertages maßgeblich prägt. Geboten ist deshalb eine weitergehende verfassungskonforme Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 14 LadSchlG dahingehend, dass die öffentliche Wirkung eines an einem solchen Tag stattfindenden Marktes, einer Messe oder einer „ähnlichen Veranstaltung“ im Sinn von § 14 Abs. 1 Satz 1 LadSchlG gegenüber der typisch werktäglichen Geschäftigkeit der Ladenöffnung im Vordergrund stehen muss; letztere darf den gesamten Umständen nach nur „als bloßer Annex zur anlassgebenden Veranstaltung“ erscheinen (BVerwG, U.v. 11.11.2015 a.a.O. Rn. 24).

Dieser Annexcharakter lässt sich in der Regel nur bejahen, wenn die Ladenöffnung auf das Umfeld des Marktes begrenzt wird, da nur insoweit ihr Bezug zum Marktgeschehen erkennbar bleibt: Je größer die Ausstrahlungswirkung des Marktes wegen seines Umfangs oder seiner besonderen Attraktivität ist, desto weiter reicht der räumliche Bereich, in dem die Verkaufsstellenöffnung noch in Verbindung zum Marktgeschehen gebracht wird (BVerwG, U.v. 11.11.2015 a.a.O. Rn. 25). Darüber hinaus bleibt die durch die Ladenöffnung bewirkte werktägliche Prägung nur dann im Hintergrund, wenn nach der anzustellenden Prognose der Besucherstrom, den der Markt (bzw. die „ähnliche Veranstaltung“ im Sinn von § 14 Abs. 1 Satz 1 LadSchlG) auslöst, die Zahl der Besucher übersteigt, die allein wegen einer Öffnung der Verkaufsstellen kämen (BVerwG, U.v. 11.11.2015 a.a.O. Rn. 25).

Entgegen den in den Beschlüssen des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 26. Oktober 2016 (6 S 2041/16 - NVwZ-RR 2017, 289 Rn. 9) und vom 13. März 2017 (6 S 309/17 - juris Rn. 10 f.) an dieser Rechtsauffassung angemeldeten, von der Antragsgegnerin geteilten Zweifeln besteht keine Veranlassung, der dargestellten Auslegung des § 14 LadSchlG, die der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bereits seinemUrteil vom 18. Mai 2016 (22 N 15.1526 - GewArch 2016, 324 Rn. 33 f.) zugrunde gelegt hat, nicht zu folgen. Mit der von ihm vorgenommenen verfassungskonformen Auslegung dieser Bestimmung zieht das Bundesverwaltungsgericht vielmehr die notwendige Konsequenz aus der alle Gerichte und Behörden bindenden (vgl. § 31 Abs. 1 BVerfGG) Forderung des Bundesverfassungsgerichts, dass Ausnahmen von dem in Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV verankerten Grundsatz der Arbeitsruhe an Sonn- und Feiertagen eines dem Sonntagsschutz gerecht werdenden Sachgrundes bedürfen (BVerfG, U.v. 1.12.2009 - 1 BvR 2857/07 u. a. - BVerfGE 125, 39/87). Ein bloß wirtschaftliches Umsatzinteresse der Verkaufsstelleninhaber und ein alltägliches Erwerbsinteresse potenzieller Käufer genügen hierfür grundsätzlich nicht (BVerfG, U.v. 1.12.2009 a.a.O. S. 87). Diesem Regel-Ausnahme-Gebot kommt generell umso mehr Bedeutung zu, je geringer das Gewicht der Gründe ist, zu denen der Sonn- und Feiertagsschutz ins Verhältnis gesetzt wird, und je weitergehend die Freigabe der Verkaufsstellenöffnung in Bezug auf das betroffene Gebiet sowie die einbezogenen Handelssparten und Warengruppen ausgestaltet ist (BVerfG, U.v. 1.12.2009 a.a.O. S. 88). Auch darf die Zubilligung einer Ausnahme vom Grundsatz der Arbeitsruhe an Sonn- und Feiertagen nicht auf eine weitgehende Gleichstellung der sonn- und feiertäglichen Verhältnisse mit den Werktagen und ihrer Betriebsamkeit hinauslaufen (BVerfG, U.v. 1.12.2009 a.a.O. S. 87).

Aus diesen verfassungsrechtlichen Vorgaben folgt zunächst, dass auf das Erfordernis einer anlassgebenden Veranstaltung, die selbst einen beträchtlichen Besucherstrom anzieht, als Voraussetzung für die Zulassung eines sonntäglichen Offenhaltens von Verkaufsstellen nicht verzichtet werden kann. Denn andernfalls fehlt es von vornherein an dem von Verfassungs wegen notwendigen sachlichen Grund, der ggf. eine Durchbrechung des Grundsatzes der sonntäglichen Arbeitsruhe zu rechtfertigen vermag. Aus den vorstehend wiedergegebenen Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts geht darüber hinaus hervor, dass dieser Sachgrund, sofern er vorliegt, in Relation zu den Auswirkungen gesetzt werden muss, die die Gestattung einer sonntäglichen Ladenöffnung für die durch Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV geschützten Rechtsgüter nach sich zieht: Je intensiver hierdurch der Grundsatz der Arbeitsruhe an Sonn- und Feiertagen sowie allgemein die Eignung dieser Tage, der persönlichen Ruhe, Besinnung, Erholung und Zerstreuung zu dienen (BVerfG, U.v. 9.6.2004 - 1 BvR 636/02 - BVerfGE 111, 10/51) sowie gemeinsames soziales Handeln zu ermöglichen (vgl. BVerfG, U.v. 1.12.2009 - 1 BvR 2857/07 u. a. - BVerfGE 125, 39/82 f.), beeinträchtigt werden, desto größer muss das Gewicht der Gründe sein, die für die Zulassung eines Sonntagsverkauf streiten. Sie können eine punktuelle Hintanstellung des sich aus Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV ergebenden Schutzauftrags zum einen ggf. dann rechtfertigen, wenn ein Verkauf nur solcher Waren gestattet wird, an deren Erwerb bei den Besuchern der anlassgebenden Veranstaltung gerade während und wegen ihres Aufenthalts in der jeweiligen Gemeinde an einem Sonn- oder Feiertag ein Bedürfnis auftritt. Beschreitet die Stelle, die eine auf § 14 LadSchlG gestützte Verordnung erlassen hat, die durch Absatz 2 Satz 1 dieser Vorschrift eröffnete Möglichkeit nicht, den sonntäglichen Verkauf auf derartige Wirtschaftsgüter zu beschränken, so lässt sich der erforderliche Sachgrund für eine ausnahmsweise Durchbrechung des in Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV verankerten Grundsatzes allenfalls dann bejahen, wenn die Verhältnisse vor Ort bereits durch die anlassgebende Veranstaltung in einer Weise bestimmt werden, angesichts derer die Zulassung eines Sonntagsverkaufs daneben nur noch „eine geringe prägende Wirkung“ (BVerwG, U.v. 11.11.2015 - 8 CN 2.14 - BVerwGE 153, 183 Rn. 24) entfaltet.

Ob dem Erfordernis des bloßen Annexcharakters der sonntäglichen Ladenöffnung Genüge getan ist, lässt sich - bezogen auf die Gesamtheit des Gebiets, innerhalb dessen ein Sonntagsverkauf zugelassen wird - kaum anders als danach beurteilen, ob der Besucherstrom, den die anlassgebende Veranstaltung für sich genommen auslöst, die Zahl der Besucher übersteigt, die allein wegen der Öffnung der Verkaufsstellen kommen; dem vom Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 11.11.2015 a.a.O. Rn. 25) diesbezüglich aufgestellten Postulat ist deshalb beizutreten. Was die zulässige Größe dieses Gebiets anbetrifft, so können die Auswirkungen der anlassgebenden Veranstaltung die mit einer sonntäglichen Ladenöffnung einhergehende werktägliche Geschäftigkeit nur insoweit dominierend „überlagern“, als die Ausstrahlungswirkung dieser Veranstaltung wegen ihres Umfangs oder ihrer besonderen Attraktivität in räumlicher Hinsicht reicht (vgl. BVerwG, U.v. 11.11.2015 a.a.O. Rn. 25): Nur innerhalb des Umgriffs der anlassgebenden Veranstaltung, in der sie das Geschehen im öffentlichen Raum in einer Weise dominiert, dass die mit der Öffnung von Verkaufsstellen einhergehenden Aktivitäten demgegenüber als bloßer Annex hierzu erscheinen (BVerwG, U.v. 11.11.2015 a.a.O. Rn. 24), liegt ein Sachgrund vor, der ggf. eine Durchbrechung des von Verfassungs wegen gebotenen Sonn- und Feiertagsschutzes als hinnehmbar erscheinen lässt. Dieses vom Bundesverwaltungsgericht entwickelte Kriterium ist umso mehr als notwendige Konsequenz der gebotenen verfassungskonformen Auslegung des § 14 LadSchlG anzusehen, als erst auf diese Weise dem vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Gebot Rechnung getragen wird, dass die für eine sonntägliche Ladenöffnung ins Feld geführten Gesichtspunkte desto größeres Gewicht besitzen müssen, „je weitergreifend die Freigabe der Verkaufsstellenöffnung in Bezug auf das betroffene Gebiet sowie die einbezogenen Handelssparten und Warengruppen ausgestaltet ist“ (BVerfG, U.v. 1.12.2009 - 1 BvR 2857/07 u. a. - BVerfGE 125, 39/88). Zum anderen ergibt sich aus dem Erfordernis der Prädominanz der anlassgebenden Veranstaltung gegenüber den Auswirkungen des sonntäglichen Offenhaltens von Verkaufsstellen für die vollziehende Gewalt ein klares Abgrenzungskriterium dafür, wie weit das „Umfeld des Marktes“ (bzw. der Messe oder ähnlichen Veranstaltung) reicht, für den sich eine auf § 14 LadSchlG gestützte Verordnung in örtlicher Hinsicht Geltung beimessen darf.

Der vorliegende Fall erfordert keine Entscheidung der Frage, ob auch die Auswirkungen, die sich aus dem Verhalten der Besucher ergeben, die sich auf dem Weg zu oder von der anlassgebenden Veranstaltung im öffentlichen Raum aufhalten, als Teil einer von dieser Veranstaltung ggf. ausgehenden prägenden Wirkung für die öffentlich wahrnehmbare „Aura“ des betroffenen Sonntags berücksichtigt werden dürfen. Sollte das dem Grunde nach zu bejahen sein, wäre hierfür zum einen erforderlich, dass diese Besucher für einen neutralen Beobachter als Teilnehmer der Anlassveranstaltung deutlich erkennbar (sie insbesondere von den Kaufinteressenten zweifelsfrei abgrenzbar) sind. Zum anderen müsste von ihnen (ggf. zusammen mit der Veranstaltung selbst) eine derart stark prägende Wirkung ausgehen, dass die Folgen einer sonntäglichen Ladenöffnung für das Geschehen im öffentlichen Raum demgegenüber zweifelsfrei in den Hintergrund treten. Diese Voraussetzungen lassen sich im gegebenen Fall nicht bejahen.

Da die vorbezeichneten Erfordernisse Umstände betreffen, die beim Erlass einer auf § 14 LadSchlG gestützten Verordnung in der Zukunft liegen, haben sie Gegenstand einer von der normsetzenden Stelle anzustellenden Prognose zu sein. Diese Prognose unterliegt nur eingeschränkter verwaltungsgerichtlicher Kontrolle; insbesondere dürfen die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit keine eigene Prognose vornehmen. Sie haben jedoch zu prüfen, ob die bei Erlass der Rechtsverordnung vorgenommene Prognose schlüssig und vertretbar ist (vgl. zu alledem BVerwG, U.v. 11.11.2015 - 8 CN 2.14 - BVerwGE 153, 183 Rn. 36). Letzteres ist nur der Fall, wenn die Prognose fundiert vorgenommen wurde und die ihr zugrunde liegenden Erwartungen über die künftige Entwicklung realistisch sind (BayVGH, U.v. 31.3.2011 - 22 BV 10.2367 - BayVBl 2012, 276 Rn. 15). Um diesen Erfordernissen zu genügen, muss die Prognose auf das äußere Erscheinungsbild und das objektive Gewicht der betreffenden Veranstaltung gestützt werden (BayVGH, U.v. 31.3.2011 a.a.O. Rn. 19; U.v. 6.12.2013 - 22 N 13.788 - BayVBl 2014, 364 Rn. 71); nicht anders als bei sonstigen verwaltungsgerichtlich nicht uneingeschränkt überprüfbaren Behördenentscheidungen müssen die ihr zugrunde gelegten Tatsachen zutreffend und vollständig ermittelt worden sein (BayVGH, U.v. 6.12.2013 a.a.O. Rn. 72).

2.2 Es kann dahinstehen, ob die am Europasonntag und Sonntag des Turamichele-Festes stattfindenden Veranstaltungen geeignet sind, selbst - d.h. ohne gleichzeitige Zulassung des Offenhaltens von Verkaufsstellen - einen hinreichend großen Besucherstrom auszulösen. Der Gültigkeit der verfahrensgegenständlichen Verordnungen steht jedenfalls das Fehlen belastbarer Feststellungen darüber entgegen, dass diese beiden Veranstaltungen das gesamte Gebiet, für das ein Sonntagsverkauf zugelassen wurde, derart deutlich prägen, dass die von ihnen ausgehende öffentliche Wirkung gegenüber der typisch werktäglichen Geschäftigkeit, die mit einer Ladenöffnung einhergeht, im Vordergrund steht.

Abzustellen ist hierbei ausschlaggebend auf die Angaben in der Beschlussvorlage für die Stadtratssitzung am 15. Dezember 2016, da es von Rechts wegen auf die Vorstellungen und Erwägungen dieses Gremiums ankommt. Dass für die Willensbildung der Stadtratsmitglieder rechtlich berücksichtigungsfähige Umstände maßgeblich waren, die in diese Unterlage keinen Eingang gefunden haben, vermochte die Antragsgegnerin nicht aufzuzeigen.

In der Beschlussvorlage werden zwar die Vorgaben der Rechtsordnung, von denen sich eine Gemeinde beim Erlass von auf § 14 LadSchlG gestützten Verordnungen leiten lassen muss, zutreffend referiert. An keiner Stelle dieser Unterlage werden jedoch die Tatsachen konkret und nachvollziehbar dargestellt, die eine Bejahung dieser rechtlichen Erfordernisse erlauben würden. Insbesondere unternimmt die Beschlussvorlage nicht einmal ansatzweise den Versuch, durch die Schilderung substantiiert dargestellter Tatsachen aufzuzeigen, dass die Veranstaltungen des Europa- und des Turamichele-Sonntags und - soweit dieser Umstand rechtlich berücksichtigungsfähig sein sollte - die Personen, die sich aus diesen Anlässen auf dem Weg zum und vom Rathaus Platz befinden, innerhalb des gesamten in § 2 der verfahrensgegenständlichen Verordnungen umschriebenen Gebiets überhaupt als solche wahrgenommen werden. Erst recht fehlen belastbare, einem Nachvollzug zugängliche Angaben jedweder Art dazu, dass diesen Veranstaltungen - auch dies wiederum bezogen auf das gesamte vorbezeichnete Gebiet - eine derart starke Prägekraft für das Geschehen im öffentlichen Raum an den betroffenen Sonntagen zukommt, dass die Auswirkungen der gleichzeitigen Ladenöffnung demgegenüber als bloßer Annex erscheinen. Auf eine zu diesem Zweck vorzunehmende Gegenüberstellung der jeweiligen Besucherströme kann nicht einmal dann verzichtet werden, wenn der anlassgebende „Event“ zum ersten Mal stattfindet; sie darf in einem solchen Fall lediglich pauschaler ausfallen (BVerwG, U.v. 11.11.2015 - 8 CN 2.14 - BVerwGE 153, 183 Rn. 25) als das dann zulässig ist, wenn - wie hier - sowohl die Veranstaltungen, die zum Anknüpfungspunkt für die Gestattung eines Offenhaltens von Verkaufsstellen an Sonntagen genommen werden, bereits wiederholt stattgefunden haben, als auch hinsichtlich der Auswirkungen von Ladenöffnungen an diesen Tagen auf Erfahrungswerte zurückgegriffen werden kann.

Angaben darüber, wie viele Besucher voraussichtlich zu den anlassgebenden Veranstaltungen kommen werden, enthält die Beschlussvorlage für die Stadtratssitzung am 15. Dezember 2016 nur hinsichtlich des Turamichele-Festes. Die dort genannte Zahl von 100.000 Personen ist allerdings - wie die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat - so zu verstehen, dass sie sich auf die Gesamtheit der Menschen bezieht, die sich während des mehrere Tage dauernden Fests in ihrem Gebiet aufhalten würden. In diese Zahl sind damit zum einen auch Personen eingegangen, die sich nicht am „Turamichele-Sonntag“, sondern während anderer Tage, an denen dieses Fest stattfindet, in Augsburg aufhalten. Sie müssen in vorliegendem Zusammenhang unberücksichtigt bleiben, da von ihnen keine prägende Wirkung auf das Geschehen im öffentlichen Raum am Turamichele-Sonntag ausgehen kann. Die auf diesen Sonntag entfallende Teilmenge der behaupteten 100.000 Besucher ist ferner um jene Personengruppe zu reduzieren, die sich ausschließlich in das vorbezeichnete Gebiet begibt, um dort einzukaufen. Die Notwendigkeit einer weiteren Verringerung ergibt sich daraus, dass allenfalls von den Personen, die das eigentliche Turamichele-Schauspiel und/oder die gleichzeitig auf dem Rathaus Platz stattfindende jahrmarktähnliche Veranstaltung zwischen ca. 13.00 Uhr und etwa 18.00 Uhr besuchen (ggf. einschließlich der sich während dieser Zeitspanne zum Rathaus Platz begebenden oder von dort abströmenden Menschen), eine berücksichtigungsfähige prägende Wirkung für das Geschehen im öffentlichen Raum ausgehen könnte; denn nur hinsichtlich der Stunden, während derer ein Offenhalten von Verkaufsstellen gestattet wurde, stellt sich überhaupt die Frage, ob die hiervon ausgehende werktägliche Geschäftigkeit durch die Auswirkungen der anlassgebenden Veranstaltung in der erforderlichen eindeutigen Weise überlagert wird (vgl. zur Unzulässigkeit der Berücksichtigung solcher Besucher im Rahmen der anzustellenden „Prädominanzprognose“, die die anlassgebende Veranstaltung zu Zeiten aufsuchen, an denen kein Sonntagsverkauf zugelassen wurde, BayVGH, U.v. 18.5.2016 - 22 N 15.1526 - GewArch 2016, 342 Rn. 49). Nimmt man hinzu, dass sowohl das eigentliche Turamichele-Schauspiel als auch der parallel dazu auf dem Rathaus Platz stattfindende jahrmarktähnliche Event jedenfalls in erster Linie Kinder als Zielgruppe ansprechen (so dass nur sie und ihre erwachsenen Begleitpersonen als Besucher beider Veranstaltungen in Betracht kommen), und dass das Turamichele-Schauspiel in den ersten Nachmittagsstunden von den Kindern als minder attraktiv eingestuft wird (vgl. dazu die glaubhaften Ausführungen zur Frage 1.b des Verwaltungsgerichtshofs im Schreiben der Polizeiinspektion Augsburg Mitte vom 9.5.2017), so kann kein Zweifel daran bestehen, dass sich die Antragsgegnerin hinsichtlich der Zahl der Personen, die von Rechts wegen als Besucher der beiden anlassgebenden Veranstaltungen für die am Turamichele-Sonntag zugelassene Ladenöffnung prognostisch angesetzt werden durften, geirrt hat.

Ging der Stadtrat der Antragsgegnerin insoweit aber von einer evident unzutreffenden Tatsachengrundlage aus, so war dieses Gremium auch nicht in der Lage, eine zutreffende Prognose darüber anzustellen, ob von den Personen, die am Turamichele-Sonntag ausschließlich das auf dem Perlachturm dargebotene Schauspiel betrachten und/oder die gleichzeitig auf dem Rathaus Platz stattfindende jahrmarktähnliche Veranstaltung besuchen, überhaupt eine prägende Wirkung für den öffentlichen Raum an den Nachmittagen dieser Sonntage ausgeht, ob eine solche Wirkung bejahendenfalls das gesamte in § 2 der einschlägigen Verordnung umschriebene Gebiet erfasst, und ob diese Wirkung - sollte sie bestehen - die mit der Öffnung von Verkaufsstellen einhergehende werktägliche Geschäftigkeit so sehr überlagert, dass die sonntägliche Ladenöffnung nur als Annex der vorgenannten Veranstaltungen erscheint.

Hinsichtlich des Europasonntags bestehen Mängel sowohl hinsichtlich der Ermittlung und Feststellung der tatsächlichen Verhältnisse als auch hinsichtlich der vorzunehmenden Prognose umso mehr, als sich die Antragsgegnerin insoweit jedweder Angaben über das zu erwartende voraussichtliche Besucheraufkommen enthalten hat und die an diesen Sonntagen geplanten Veranstaltungen auch nach eigener Einschätzung der Antragsgegnerin einen deutlich geringeren Zuspruch finden als das hinsichtlich des Turamichele-Fests (einschließlich des zugehörigen jahrmarktähnlichen Treibens) der Fall ist (vgl. den im Tatbestand dieses Urteils erwähnten Aktenvermerk vom 16.2.2015 sowie die im Jahr 2014 zunächst beschlossene Freigabe eines deutlich kleineren Gebiets für eine sonntägliche Ladenöffnung als beim Turamichele-Fest, wobei die spätere Angleichung beider Areale nicht auf einem aktenmäßig verifizierbaren Zuwachs an tatsächlichen Erkenntnissen beruht, sondern ausschließlich Ausdruck eines durch die Rechtsordnung nicht gedeckten Entgegenkommens gegenüber den Forderungen des örtlichen Einzelhandels ist).

Zur Gänze verzichtet hat die Antragsgegnerin ferner - und zwar hinsichtlich beider Veranstaltungen - darauf, in die Beschlussvorlage für den Stadtrat Aussagen dazu aufzunehmen, wie viele Personen das für eine sonntägliche Öffnung von Verkaufsstellen freizugebende Gebiet voraussichtlich in der Absicht aufsuchen werden, dort Einkäufe zu tätigen.

Die Behauptung, es sei aus praktischen Gründen unmöglich, die erforderliche Prognose auf eine hinreichend verifizierte und gerichtlich nachprüfbare Tatsachenbasis zu stützen, trifft weder hinsichtlich des Besucheraufkommens der anlassgebenden Veranstaltungen noch hinsichtlich der Menge der Personen zu, die das für eine sonntägliche Ladenöffnung freigegebene Gebiet zu Einkaufszwecken aufsuchen wollen. Finden - wie hier - sowohl die anlassgebenden Veranstaltungen als auch die Sonntagsöffnungen nicht erstmals statt, kann hinsichtlich beider Größen vielmehr auf in der Vergangenheit gewonnene Erkenntnisse zurückgegriffen werden.

Informationen über das an einem verkaufsoffenen Sonntag voraussichtlich zu erwartende Aufkommen an Käufern und Kaufinteressenten lassen sich durch Rückfragen beim Einzelhandel bzw. bei Einzelhandelsverbänden gewinnen. Auf die Möglichkeit, dergestalt Angaben über das voraussichtlich zu erwartende Besucheraufkommen zu erlangen, hat das Bundesverwaltungsgericht (U.v. 11.11.2015 - 8 CN 2.14 - BVerwGE 153, 183 Rn. 25) für den Fall ausdrücklich hingewiesen, dass eine Veranstaltung erstmals stattfindet; liegen - wie hier - bereits Kenntnisse aufgrund früherer, aus gleichem Anlass zugelassener Sonntagsöffnungen vor, drängt sich eine solche Vorgehensweise ungeachtet des Umstands umso mehr auf, als seitens des Einzelhandels erlangte Auskünfte angesichts der Interessenlage dieser Gewerbetreibenden und ihrer Verbände kritischer Würdigung bedürfen.

2.3 Ebenso wie im Urteil vom 18. Mai 2016 (22 N 15.1526 - GewArch 2016, 324 Rn. 37 ff.) lässt es der Verwaltungsgerichtshof auch vorliegend dahinstehen, ob ein Antrag nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO, dem eine auf § 14 LadSchlG gestützte Verordnung zugrunde liegt, dann erfolglos bleiben muss, wenn der zuständige Träger öffentlicher Gewalt zwar die Prognosen, die im Vorfeld des Erlasses einer solchen Norm angestellt werden müssen, nicht oder nicht rechtskonform vorgenommen hat, sie jedoch im Ergebnis mit höherrangigem Recht in Einklang steht. Denn die verfahrensgegenständlichen Verordnungen könnten auch dann keinen Bestand haben, wenn die Gerichte eine solche Prüfung durchzuführen hätten.

Durch die Ausarbeitung der Fa. E... und die Ergebnisse der von der Universität Augsburg durchgeführten Erhebung wird erwiesen, dass es sich bei mehreren der Straßen, die im Westen und Süden des Rathausplatzes - teils in unmittelbarer Nähe dazu - verlaufen, um außerordentlich attraktive „Einkaufsmeilen“ handelt. Es spricht deshalb alles dafür, dass sie auch an verkaufsoffenen Sonntagen in großem Umfang von Personen aufgesucht werden, die dort Einkäufe tätigen wollen. Zwar betreffen die von der Fa. E... und die von der Universität Augsburg mitgeteilten Zahlen nur die Frequentierung dieser Straßen durch Fußgänger an Werktagen. Das Bundesverwaltungsgericht hat es jedoch ausdrücklich zugelassen, bei einer erstmals stattfindenden Anlassveranstaltung die Zahl der werktäglichen Ladenbesucher als Anhaltspunkt für den an verkaufsoffenen Sonntagen zu erwartenden Zustrom an Kaufinteressenten heranzuziehen (BVerwG, U.v. 11.11.2015 - 8 CN 2.14 - BVerwGE 153, 183 Rn. 25). Nichts anderes aber kann dann gelten, falls vorsorglich zu prüfen sein sollte, ob sich eine auf § 14 LadSchlG gestützte Verordnung, in deren Vorfeld die erforderlichen Prognosen (einschließlich der Ermittlung und Offenlegung belastbaren Zahlenmaterials) unterblieben sind oder nicht in rechtskonformer Weise durchgeführt wurden, im Ergebnis als verfassungs- und gesetzeskonform erweist.

Bei einem Rückgriff auf die von der Fa. E... und von der Universität Augsburg erhobenen Passantenzahlen muss allerdings berücksichtigt werden, dass ein gewisser Teil der erfassten Personen mehrfach gezählt worden sein könnte, weil diese Menschen die jeweilige Straße innerhalb der betrachteten Zeitintervalls nicht nur einmal benutzt haben. Bedacht werden muss ferner, dass es sich nicht bei allen gezählten Passanten um Käufer oder Kaufinteressenten gehandelt haben kann. Andererseits ist kein Grund dafür erkennbar, dass insbesondere an den Samstagen, an denen die vorerwähnten Erhebungen u. a. stattfanden, auf den in die Zählungen einbezogenen Straßen besonders viele Menschen unterwegs waren, die sich dort aus anderen Gründen als zu Einkaufszwecken aufgehalten haben. Da an diesen Tagen Schulen und Behörden in aller Regel geschlossen sind und auch in der Mehrzahl derjenigen Gewerbebetriebe nicht gearbeitet zu werden pflegt, die anderen Branchen als dem Handel angehören, spricht insbesondere keine gesteigerte Wahrscheinlichkeit dafür, in die im Tatbestand dieses Urteils wiedergegebenen Zahlen seien in größerem Umfang z.B. Personen eingegangen, die sich auf dem Weg von oder zu ihrem Arbeitsplatz oder ihrer Ausbildungsstätte befunden haben. Desgleichen hat weder die Antragsgegnerin geltend gemacht noch ist unabhängig hiervon ersichtlich, dass sich während der Tage, an denen die vorerwähnten Erhebungen durchgeführt wurden, eine größere Zahl von Menschen aus nichtkommerziellen Gründen (z.B. als Touristen oder zwecks Teilnahme an einem bedeutenden kulturellen Ereignis) auf den in die Untersuchungen einbezogenen Straßen aufgehalten hat. Dies kann umso weniger angenommen werden, als beide Zählungen mit dem Ziel durchgeführt wurden, die Attraktivität der Innenstadt der Antragsgegnerin als Einzelhandelsstandort zu eruieren.

Vor diesem Hintergrund darf deshalb davon ausgegangen werden, dass die im Tatbestand dieses Urteils genannten Straßen auch an verkaufsoffenen Sonntagen stündlich von einer vierstelligen Zahl von Käufern oder Kaufinteressenten frequentiert werden.

Sichere Angaben darüber, wie viele Personen die auf dem Rathaus Platz am Europasonntag stattfindenden Veranstaltungen „um ihrer selbst willen“ aufsuchen (d.h. sich dort nicht nur auf dem Weg von und zu geöffneten Ladengeschäften aufhalten), waren der vom Verwaltungsgerichtshof hierzu befragten Polizeiinspektion Augsburg Mitte nicht möglich. Aufschlussreich ist jedoch, dass nach Darstellung im Schreiben dieser Dienststelle vom 9. Mai 2017 sich selbst am 7. Mai 2017 (d.h. an einem Tag, an dem die Veranstaltungen des Europasonntags durch eine Kundgebung der „Pulse-of-Europe-Bewegung“ begleitet wurden) dort zeitweise nur mehrere Hundert Personen aufgehalten haben, deren Zahl sich mit einsetzendem Regen auf einige wenige Menschen verringert habe. Ebenfalls aufschlussreich ist die Mitteilung der Polizeiinspektion, dass die Besucher der auf dem Rathaus Platz stattfindenden Veranstaltungen des Europasonntags dort nur temporär zu verweilen pflegen, um einer Darbietung beizuwohnen oder sich kurz an einem Informationsstand umzusehen. Für das Turamichele-Fest ist der gleichen Auskunft zufolge - dies allerdings lediglich während der jeweils vollen Stunden und auch das nur bei günstigem Wetter - mit der gleichzeitigen Anwesenheit von 800 bis 1000 Personen auf dem überschaubaren Rathaus Platz zu rechnen.

Vor diesem Hintergrund kann ersichtlich keine Rede davon sein, diese Veranstaltungen würden eine derart prägende Wirkung entfalten, dass die werktägliche Geschäftigkeit, die mit Ladenöffnungen in den im Tatbestand dieses Urteils aufgeführten, hoch attraktiven Einkaufsstraßen im Westen und Süden des Rathausplatzes einhergeht, hierdurch in den Hintergrund gedrängt wird. Zwar benutzen nach der Darstellung im Schreiben der Polizeiinspektion Augsburg Mitte vom 9. Mai 2017 die Besucher der vorerwähnten Veranstaltungen u. a. diese Straßen auf dem Weg zum und vom Rathaus Platz. Sollte es rechtlich zulässig sein, hinsichtlich eines Bereichs, in dem die anlassgebende Veranstaltung als solche keine Auswirkungen mehr zeitigt, auf die durch sie ausgelösten Besucherströme zurückzugreifen, um auf diese Weise die erforderliche Ausstrahlung der anlassgebenden Veranstaltung bejahen zu können und dieses Areal so ihrem „Umfeld“ zuzuordnen (vgl. BVerwG, U.v. 11.11.2015 - 8 CN 2.14 - BVerwGE 153, 183 Rn. 25), so ergäbe sich auch hieraus nicht die Ergebnisrichtigkeit der verfahrensgegenständlichen Verordnungen. Denn das Geschehen auf diesen „Einkaufsmeilen“ wird durch den Zu- und Abstrom von Besuchern der anlassgebenden Veranstaltungen nicht in derart großem Umfang geprägt, dass die Auswirkungen der sonntäglichen Ladenöffnung demgegenüber als ein bloßer Annex hierzu erscheinen. Abgesehen von dem nach dem Vorgesagten selbst am Turamichele-Sonntag zu erwartenden zahlenmäßigen Übergewicht des in diesen Straßen zu erwartenden „Shopping-Publikums“ steht einer solchen Annahme zunächst entgegen, dass Besucher der Veranstaltungen des Europa- und des Turamichele-Sonntags auch andere Möglichkeiten besitzen, um den Rathaus Platz zu erreichen und ihn wieder zu verlassen. Denn nach der schriftlichen Auskunft der Polizeiinspektion und den in der mündlichen Verhandlung ergänzend hierzu gemachten Angaben des Vertreters dieser Dienststelle befindet sich auf ihm eine Straßenbahnhaltestelle; zudem stünden in der Nähe ca. 2.500 Stellplätze in Parkhäusern sowie auch unabhängig hiervon (an Sonn- und Feiertagen) Parkmöglichkeiten in der Innenstadt der Antragsgegnerin zur Verfügung. Vor allem aber ist es nach glaubhafter Darstellung der Polizeiinspektion nicht möglich, Besucher der anlassgebenden Veranstaltungen auf dem Weg zum Rathaus Platz im Straßenbild als solche zu identifizieren; auch auf dem Rückweg sei das nur sehr eingeschränkt möglich, da lediglich vereinzelte Besucher des Europasonntags eine Europafahne mit sich führen würden. Zu Recht hat die Polizeiinspektion eine dahingehende Möglichkeit auch hinsichtlich des Turamichele-Sonntags verneint. Aus diesem Anlass werden zwar auf dem Rathaus Platz Luftballone an die Kinder verteilt; es stellt jedoch einen Bestandteil der Veranstaltung dar, diese nach dem Ende des Figurenspiels gemeinsam aufsteigen zu lassen (vgl. den als Anlage zum Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 11.5.2017 vorgelegten, als Blatt 152 in der Gerichtsakte befindlichen Ausdruck sowie dort als Blatt 153 sowie Blatt 156 bis 158 eingehefteten Lichtbilder). Die meisten Besucher dieses Fests treten deshalb auch nach dem Verlassen des Rathausplatzes nicht in besonderer Weise in Erscheinung.

Die Ergebnisrichtigkeit der verfahrensgegenständlichen Verordnungen steht darüber hinaus auch nicht hinsichtlich derjenigen Teile ihres örtlichen Geltungsbereichs fest, die nicht zu den vorgenannten, besonders attraktiven Einkaufsstraßen gehören. Angesichts des nur begrenzten Besucheraufkommens der beiden anlassgebenden Veranstaltungen, vor allem aber angesichts der Tatsache, dass die Teilnehmer hieran auf dem Hin- und Rückweg nicht in auffallender Weise in Erscheinung treten, entfalten weder der Europanoch der Turamichele-Sonntag jenseits des Rathausplatzes die erforderliche prägende Wirkung für das Geschehen im öffentlichen Raum. Erst recht nicht erfüllt ist das Kriterium, dass eine solche Wirkung gegenüber der mit einer Ladenöffnung einhergehenden werktäglichen Geschäftigkeit im Vordergrund stehen muss.

Dies gilt auch für die Umgebung der City-Galerie. Zwar befindet sich nach den Ausführungen, die der Vertreter der Polizeiinspektion Augsburg Mitte diesbezüglich in der mündlichen Verhandlung getätigt hat, in der Nähe dieses Einkaufszentrums ein Parkhaus, das von Personen genutzt werde, die auf dem Rathaus Platz stattfindende Veranstaltungen aufsuchen wollten. In unmittelbarem Zusammenhang damit hat dieser Beamte jedoch - wie bereits zuvor in der von ihm unterzeichneten schriftlichen Auskunft vom 9. Mai 2017 - erneut bekundet, dass Passanten nicht klar dem jeweiligen Fest zuzuordnen seien (vgl. Seite 4 Mitte der Niederschrift über die mündliche Verhandlung). Allein schon aus diesem Grund scheiden auch die Benutzer der Tiefgarage bei der City-Galerie als Anknüpfungspunkt für die Bejahung einer prägenden Ausstrahlung der am Europa- und am Turamichele-Sonntag stattfindenden Veranstaltungen aus. Nur hilfsweise ist deshalb festzuhalten, dass eine ggf. gleichwohl zu bejahende Möglichkeit, diesen Bereich frequentierende Personen in der öffentlichen Wahrnehmung als Besucher dieser Feste zu identifizieren, nicht geeignet wäre, eine prägende Wirkung für das Geschehen im Umgriff der City-Galerie zu bejahen, die die Auswirkungen einer sonntäglichen Öffnung dieses Einkaufszentrums eindeutig zu dominieren vermöchte. Denn die City-Galerie wird ausweislich des von den Antragstellern vorgelegten Internetausdrucks pro Werktag von (durchschnittlich) 25.141 Personen aufgesucht; bei einer anzunehmenden Öffnung zwischen 9.00 Uhr und 20.00 Uhr entspricht dies einem mittleren stündlichen Besucheraufkommen von mehr als 2.200 Personen. Auch insoweit darf mangels gegenläufiger Anhaltspunkte davon ausgegangen werden, dass der stündliche Publikumszuspruch bei Gestattung einer sonntäglichen Öffnung dieses Einkaufszentrums voraussichtlich jedenfalls nicht wesentlich niedriger liegen wird.

Die straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnisse, die die Antragsgegnerin anlässlich des Europa- und des Turamichele-Sonntags zu erteilen pflegt und von denen sie Beispiele als Anlagen zu einem ihrer Schreiben vom 22. Mai 2017 in das Verfahren eingeführt hat, rechtfertigen entgegen ihrem Vorbringen nicht den Schluss, beide Veranstaltungen würden sich nicht nur am Rathaus Platz abspielen. Dies folgt u. a. daraus, dass diese Verwaltungsakte die Gestattung gewerblicher oder sonstiger Betätigungen zum Gegenstand haben, die an die sonntägliche Ladenöffnung anknüpfen und darauf abzielen, das hierdurch ausgelöste Besucheraufkommen zum Vorteil der jeweils zugelassenen Betätigung zu nutzen. Das von Rechts wegen vorgegebene Verhältnis, wonach eine außerhalb des Marktes, der Messe oder der ähnlichen Veranstaltung stattfindende Verkaufstätigkeit Annex zur „Primärveranstaltung“ zu sein hat und ein „Bezug zum Marktgeschehen“ erkennbar sein muss, ist insoweit deshalb ersichtlich nicht gewahrt. Dass die von den Sondernutzungserlaubnissen erfassten Aktivitäten nicht an die Veranstaltungen des Europa- oder des Turamichele-Sonntags, sondern an die gleichzeitigen Ladenöffnungen anknüpfen, folgt deutlich bereits aus den Angaben im Betreff der beispielhaft vorgelegten Bescheide („Saftstand im Rahmen des verkaufsoffenen Sonntags“ vor einer Gaststätte; „Werbeaktion für das Kurhaustheater im Rahmen des Marktsonntags“ vor einem Bekleidungsgeschäft; „Info- und Verteilerstand für die A... anlässlich des verkaufsoffenen Sonntages am 25.09.16“; „Werbeaktion für den FC Augsburg im Rahmen des Marktsonntages“ vor einem Anwesen in der Bahnhof Straße; Aufstellen einer Hüpfburg als Bestandteil der Veranstaltung „Family Day im Rahmen des verkaufsoffenen Sonntages“ vor einem Schnellimbissrestaurant). Aber auch soweit aus dem Sondernutzungsbescheid ein unmittelbarer Bezug der gestatteten Betätigung zur sonntäglichen Verkaufstätigkeit eines anderen Gewerbetreibenden nicht erkennbar ist, fehlt es sowohl an einem sachlichen als auch einem örtlichen Zusammenhang mit der jeweiligen Veranstaltung, die die Antragsgegnerin zum Anlass für die Zulassung eines sonntäglichen Offenhaltens von Verkaufsstellen genommen hat. So verhält es sich bei der einem örtlichen Eislaufverein erteilen Erlaubnis, am 7. Mai 2017 auf dem Willy-Brandt Platz ein „Hockeyspiel mit Inlinern“ aufzustellen.

Entfalten die beiden anlassgebenden Veranstaltungen aber keine Ausstrahlungswirkung dergestalt, dass das Gebiet, für das die Antragsgegnerin ein sonntägliches Offenhalten von Verkaufsstellen gestattet hat, als „Umfeld“ des Europa- bzw. des Turamichele-Sonntags im Sinn des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. November 2015 (8 CN 2.14 - BVerwGE 153, 183 Rn. 25) angesehen werden kann, so kommt es auf das Vorbringen der Antragsgegnerin, das in § 2 der verfahrensgegenständlichen Verordnungen umschriebene Gebiet stelle nur einen vergleichsweise begrenzten Teil ihres gesamten Stadtgebiets dar, da hiervon nur einer ihrer 17 Stadtteile („Planungsräume“) zur Gänze und vier weitere teilweise erfasst würden, von Rechts wegen nicht an.

3. Die Kostenentscheidung beruht, soweit über die Anträge sachlich zu befinden war, auf § 154 Abs. 1 VwGO, soweit das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt wurde, auf § 161 Abs. 2 VwGO. Billigem Ermessen im Sinn der letztgenannten Vorschrift entspricht es, die auf den erledigten Teil des Verfahrens entfallenden Kosten ebenfalls der Antragsgegnerin aufzuerlegen, da die Verordnung über das Offenhalten von Verkaufsstellen aus Anlass des Europatages aus den vorstehend aufgezeigten Gründen auch hinsichtlich des 7. Mai 2017 für unwirksam hätte erklärt werden müssen, hätte sich das Verfahren insoweit nicht wegen Zeitablaufs erledigt.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit einer entsprechenden Anwendung von § 708 Nr. 10 und § 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht erfüllt sind.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.

(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.

(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.

(1) Abweichend von der Vorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 1 dürfen Verkaufsstellen aus Anlass von Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen an jährlich höchstens vier Sonn- und Feiertagen geöffnet sein. Diese Tage werden von den Landesregierungen oder den von ihnen bestimmten Stellen durch Rechtsverordnung freigegeben.

(2) Bei der Freigabe kann die Offenhaltung auf bestimmte Bezirke und Handelszweige beschränkt werden. Der Zeitraum, während dessen die Verkaufsstellen geöffnet sein dürfen, ist anzugeben. Er darf fünf zusammenhängende Stunden nicht überschreiten, muss spätestens um 18 Uhr enden und soll außerhalb der Zeit des Hauptgottesdienstes liegen.

(3) Sonn- und Feiertage im Dezember dürfen nicht freigegeben werden. In Orten, für die eine Regelung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 getroffen ist, dürfen Sonn- und Feiertage nach Absatz 1 nur freigegeben werden, soweit die Zahl dieser Tage zusammen mit den nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 freigegebenen Sonn- und Feiertagen 40 nicht übersteigt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Abweichend von der Vorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 1 dürfen Verkaufsstellen aus Anlass von Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen an jährlich höchstens vier Sonn- und Feiertagen geöffnet sein. Diese Tage werden von den Landesregierungen oder den von ihnen bestimmten Stellen durch Rechtsverordnung freigegeben.

(2) Bei der Freigabe kann die Offenhaltung auf bestimmte Bezirke und Handelszweige beschränkt werden. Der Zeitraum, während dessen die Verkaufsstellen geöffnet sein dürfen, ist anzugeben. Er darf fünf zusammenhängende Stunden nicht überschreiten, muss spätestens um 18 Uhr enden und soll außerhalb der Zeit des Hauptgottesdienstes liegen.

(3) Sonn- und Feiertage im Dezember dürfen nicht freigegeben werden. In Orten, für die eine Regelung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 getroffen ist, dürfen Sonn- und Feiertage nach Absatz 1 nur freigegeben werden, soweit die Zahl dieser Tage zusammen mit den nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 freigegebenen Sonn- und Feiertagen 40 nicht übersteigt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.