Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 28. Juni 2016 - 15 CS 15.44

bei uns veröffentlicht am28.06.2016

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 € festgesetzt.

Gründe

I.Die Antragsteller wenden sich im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gegen die baurechtliche Untersagung der Nutzung von Dachgeschosszimmern für Wohnen.

Die Antragstellerin ist Eigentümerin des mit einem Geschäfts- und Wohnhaus bebauten Grundstücks FlNr. ... Gemarkung F. Für das Gebäude wurde mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 22. Juli 1957 dem Rechtsvorgänger der Antragstellerin die Baugenehmigung für den Umbau einer Bäckerei erteilt. Mit weiterem Bescheid vom 22. Juni 1963 erhielt der Rechtsvorgänger der Antragstellerin die Genehmigung für den Einbau von zwei Abstellräumen für Bäckereigeschirr im westlichen Teil des Dachgeschosses, mit Bescheid vom 5. März 1965 die Baugenehmigung für den Dachgeschossausbau mit drei „Schlafräumen für Dienstboten“, einem Bad mit WC und einem Dachraum, sowie mit Bescheid vom 4. Januar 1967 die Tekturgenehmigung für den Einbau von drei weiteren Zimmern und einem Abstellraum an der Stelle des genehmigten Dachraumes. Mit Bescheid vom 17. Januar 1979 genehmigte die Antragsgegnerin die Änderung der Nutzung des Gebäudes im Erdgeschoss in eine Drogerie. In der Folgezeit wurden die Räume in den Obergeschossen als Wohnungen genutzt bzw. vermietet.

Mit für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 25. Juli 2014 untersagte die Antragsgegnerin der Antragstellerin unter Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 2000 € die Nutzung der Zimmer im Dachgeschoss des Gebäudes für Wohnen. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen an: Für die Wohnnutzung im Dachgeschoss liege keine Baugenehmigung vor, gleichgültig ob es sich hierbei, wie die Antragstellerin angebe, um eine Wohngemeinschaftsnutzung oder um ein Wohnheim im Sinn des Art. 2 Abs. 4 Nr. 11 BayBO handle. Die Genehmigung von einzelnen Schlafräumen für Bedienstete von 1967 decke die derzeitige abgeschlossene Nutzungseinheit zum dauerhaften Wohnen nicht ab. Eine Baugenehmigung könne auch nicht erteilt werden, weil die Rettungswegsituation im Dachgeschoss nicht den Vorgaben des Art. 31 BayBO entspreche. Es sei weder ein funktionierender erster noch ein funktionierender zweiter Rettungsweg vorhanden.

Hiergegen hat die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Augsburg Klage erhoben und die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung beantragt. Mit Beschluss vom 21. November 2014 hat das Verwaltungsgericht den Antrag abgelehnt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die derzeitige Nutzung im Dachgeschoss sei nach summarischer Prüfung sowohl formell als auch materiell rechtswidrig. Die räumliche Ausgestaltung des Dachgeschosses mit dem größeren Gemeinschaftsaufenthaltsraum im Nordwesen, der umfunktionierten Küche im Nordosten und den einzelnummerierten Zimmern, die von der Antragstellerin an wechselnde Personen vermietet würden, sprächen für das Vorliegen eines Wohnheims. Dafür liege keine Baugenehmigung vor. Die Genehmigungen von 1965 und 1967 für die Errichtung von sechs „Schlafräumen für Dienstboten“ decke die derzeit betriebene Nutzung nicht ab. Insbesondere die Gemeinschaftsküche und der Gemeinschaftsaufenthaltsraum sprächen für das Vorliegen einer anders gearteten Nutzung. Dafür sei eine Baugenehmigung erforderlich, weil weitergehende technische Anforderungen im Sinn der Art. 37 ff. BayBO erforderlich werden könnten. Die bei der Feuerbeschau der Antragsgegnerin am 9. Juni 2011 festgestellten brandschutztechnischen Mängel und die von der Antragstellerin selbst vorgelegte brandschutztechnische Stellungnahme der Firma A. vom 12. Januar 2012 legten nahe, dass unabhängig von den Erfolgsaussichten der Klage das Interesse der Antragstellerin geringer wiege als das öffentliche Interesse an der Sicherstellung des Brandschutzes. Aus der brandschutztechnischen Beurteilung des Dipl.-Ing. H. vom 20. Oktober 2014 ergebe sich nichts anderes. Auch diese gehe nicht von einer vollständigen Mängelfreiheit des Gebäudes aus. Die Nutzungsuntersagung sei auch verhältnismäßig und ermessensgerecht.

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin. Sie beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 21. November 2014 zu ändern und die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 25. Juli 2014 wiederherzustellen.

Mit Schriftsatz vom 29. Januar 2015 teilte die Antragstellerin dem Verwaltungsgerichtshof mit, dass inzwischen die Küche im dritten Obergeschoss ausgebaut und verschlossen worden sei. Zudem sei das Geschoss mit Rauchmeldern ausgestattet worden.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten sowie die Behördenakten Bezug genommen.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung zu Recht abgelehnt. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Nutzungsuntersagungen überwiegt das gegenläufige Interesse der Antragsteller, weil ihre Klage aller Voraussicht nach keinen Erfolg haben wird und die Untersagung der Nutzung im öffentlichen Interesse dringend geboten ist. Die Nutzungsuntersagung ist mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten (Art. 76 Satz 2 BayBO, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein zu berücksichtigende Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung.

Nach Art. 76 Satz 2 BayBO kann die Nutzung einer baulichen Anlage untersagt werden, wenn die Nutzung öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspricht. Diese Voraussetzungen sind grundsätzlich schon dann erfüllt, wenn eine bauliche Anlage ohne erforderliche Genehmigung, somit formell illegal, genutzt wird. Da die Nutzungsuntersagung in erster Linie die Funktion hat, den Bauherrn auf das Genehmigungsverfahren zu verweisen, muss grundsätzlich nicht geprüft werden, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstößt. Eine Nutzung darf allerdings aus Gründen der Verhältnismäßigkeit dann nicht allein wegen ihrer formellen Illegalität untersagt werden, wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig ist oder die Nutzung von Wohnraum untersagt wird, der für die Bewohner den alleinigen Mittelpunkt ihrer privaten Existenz bildet; im letzteren Fall ist wegen der einer Beseitigungsanordnung gleichkommenden Wirkung eine abschließende materiell-rechtliche Prüfung erforderlich (vgl. BayVGH, U.v. 5.12.2005 - 1 B 03.2608 - BayVBl 2006, 702 = juris Rn. 24; B.v. 16.5.2008 - 9 ZB 07.3224 - BayVBl 2009, 509 = juris Rn. 4; B.v. 10.6.2010 - 1 ZB 09.1971 - juris Rn. 11; Schwarzer/König, Bayerische Bauordnung, Kommentar, 4. Aufl. 2012, Art. 76 Rn. 28; a.A. Jäde in Jäde/Dirnberger/Bauer/Weiss, Die neue Bayerische Bauordnung, Stand Sept. 2015, Art. 76 Rn. 343).

Nach diesen Maßstäben ist die Nutzungsuntersagung rechtmäßig. Maßgeblich für die gerichtliche Beurteilung ist, da die Nutzungsuntersagung ein Dauerverwaltungsakt ist, grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt dieser Beschwerdeentscheidung (vgl. BayVGH, B.v. 6.12.2011 - 15 CS 11.2402 - juris Rn. 12; U.v. 16.2.2015 - 1 B 13.648 - NVwZ-RR 2015, 607 = juris Rn. 24; B.v. 13.5.2016 - 9 ZB 13.1991 - juris Rn. 13). Die zwischenzeitlich von der Antragstellerin vorge-nommenen Änderungen im Baubestand (u. a. Ausbau der Gemeinschaftsküche) sind bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Nutzungsuntersagung demnach zu berücksichtigen. Auch unter Zugrundelegung dieser Änderung bestehen gegen die Nutzungsuntersagung indes keine rechtlichen Bedenken. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist die derzeitige Wohnnutzung der Räume im Dachgeschoss aller Wahrscheinlichkeit nach sowohl formell (vgl. dazu unten 1.) als auch materiell (vgl. dazu unten 2.) rechtswidrig. Ein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz liegt ebenfalls nicht vor (vgl. dazu unten 3.).

1. Die Nutzung des Dachgeschosses in den zum dauernden Aufenthalt vermieteten Wohnräumen dürfte, wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat, formell rechtswidrig sein.

Abzustellen ist zwar, wie die Antragstellerin zu Recht gegen die Ausführungen in der erstinstanzlichen Entscheidung einwendet, nicht (auch) auf die Nutzung im zweiten Obergeschoss, sondern allein auf diejenige im Dachgeschoss, weil allein diese Gegenstand des angegriffenen Bescheids ist. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist diese Nutzung aber formell illegal. Dies gilt unabhängig davon, ob die derzeitige Wohnnutzung baurechtlich als Wohnheim im Sinn des Art. 2 Abs. 4 Nr. 11 BayBO, als abgeschlossene Wohnung einer Wohngemeinschaft oder als sonstige Wohnnutzung einzustufen ist. Denn jedenfalls ist die derzeitige Nutzung der vermietete Wohnräume von der mit den Bescheiden vom 5. März 1965 und 4. Januar 1967 bauaufsichtlich genehmigten Nutzung als Schlafräume für Arbeitnehmer nicht gedeckt (vgl. unten a)). Zudem dürften diese Genehmigungen nicht mehr wirksam sein (vgl. unten b)).

a) Entgegen der Ansicht der Antragstellerin deckt die Baugenehmigung für Errichtung von insgesamt sechs Einzelzimmern als Schlafräume für Arbeitnehmer von 1965 und 1967 die Nutzung als dauerhaft vermietete Wohnräume nicht. Vielmehr handelt es sich insoweit um eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung im Sinn von Art. 55 Abs. 1, Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO.

Ob eine neue Nutzung von der Baugenehmigung für die bisherige Nutzung noch umfasst wird oder eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung vorliegt, beurteilt sich grundsätzlich danach, ob die Variationsbreite der genehmigten Nutzung überschritten wird und für die geänderte Nutzung andere bauordnungs- oder bauplanungsrechtlichen Anforderungen in Betracht kommen als für die bisherige Nutzung, so dass sich die Frage der Genehmigungsfähigkeit neu stellt. Seit dem Inkrafttreten der Neufassung des Art. 57 Abs. 4 BayBO durch das Änderungsgesetz vom 11. Dezember 2012 (GVBl. S. 633) gilt dies allerdings nur hinsichtlich solcher Anforderungen, die nach Art. 60 Satz 1 BayBO Prüfungsgegenstand sein können, einschließlich der Anforderungen nach Art. 62 BayBO (vgl. LT-Drs. 16/13683 S. 15). Andere bauordnungs- oder bauplanungsrechtliche Anforderungen in diesem Sinn kommen nicht nur dann in Betracht, wenn für die neue Nutzung strengere Vorschriften gelten können, sondern auch, wenn die neuen Anforderungen weniger einschränkend sind. Das kann der Fall sein, wenn bisherige und geänderte Nutzung in unterschiedlichen Rechtsvorschriften geregelt sind oder wenn sich aus derselben Norm abweichende Anforderungen hinsichtlich der Zulässigkeit einer neuen Nutzung ergeben können. Voraussetzung für eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung ist nicht, dass tatsächlich andere Anforderungen an die geänderte Nutzung gestellt werden, sondern nur, dass derartige Anforderungen in Betracht kommen können und die Frage, ob dies tatsächlich der Fall ist, in einem Genehmigungsverfahren geprüft werden muss (vgl. BayVGH, B.v. 28.2.2014 - 15 CS 13.1863 - juris 15 m. w. N.; B.v. 19.5.2016 - 15 CS 16.300 - juris Rn. 32 m. w. N.; Molodovsky in Molodovsky/Famers, Bayerische Bauordnung, Stand März 2016, Art. 57 Rn. 224 ff. m.w.N).

Danach handelt es sich hier um eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung. Denn die noch auf der Grundlage der Bayerischen Bauordnung vom 1. August 1962 (GVBl. S. 179) genehmigte Nutzung von Schlafräumen, die den Arbeitnehmern des damaligen (Bäckerei-)Betriebs wohl ohne jede Eigengestaltung der Haushaltsführung lediglich für die Dauer des Arbeitsverhältnisses zu Übernachtungszwecken zur Verfügung gestellt wurden, unterscheidet sich hinsichtlich der öffentlich-rechtlichen Anforderungen an die heutige Wohnnutzung von zum dauernden Aufenthalt unbefristet an Dritte vermieteten Räumen deutlich (zur Abgrenzung von dauerhaftem Wohnen und Unterkünften für Arbeitnehmer vgl. auch BayVGH, U.v. 16.2.2015 - 1 B 13.648 - NVwZ-RR 2015, 607 = juris Rn. 26). Dies gilt nicht nur im Hinblick auf die inzwischen grundlegend geänderten gesetzlichen Bestimmungen über die bauordnungsrechtlichen Anforderungen an die Rettungswege (vgl. Art. 37 BayBO 1962 bzw. Art. 60 Satz 1 Nr. 2 i. V. m. Art. 31 BayBO), sondern auch hinsichtlich der Anforderungen an Aufenthaltsräume im Dachraum (Art. 61 BayBO 1962 bzw. Art. 45 Abs. 1 BayBO), an Treppen (Art. 37 BayBO 1962 bzw. Art. 32 BayBO) oder an Stellplätze (Art. 62 BayBO 1962 bzw. Art. 47 BayBO). Auch das Bestehen anderer bauplanungsrechtlicher Anforderungen etwa in Bezug auf die Lärmbelastung der Nachbarschaft (vgl. § 29 Abs. 1, § 34 Abs. 1 bzw. Abs. 2 BauGB i. V. m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO) erscheint nicht ausgeschlossen. Die Auffassung der Antragstellerin, die Räume im Dachgeschoss würden jedenfalls nach dem Ausbau der Gemeinschaftsküche nicht anders genutzt als früher, trifft offensichtlich nicht zu.

b) Zudem dürften die Bau- und Tekturgenehmigungen von 1965 und 1967 keine Wirkungen mehr entfalten, sondern sich nach der Aufgabe des Bäckereibetriebs und der Aufnahme der Vermietung als Wohnräume für dauerhafte Aufenthaltszwecke nach Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG auf andere Weise erledigt haben (vgl. dazu BayVGH, B.v. 28.2.2014 - 15 CS 13.1863 - juris 17 ff. m. w. N.). Die Voraussetzungen dieser Bestimmung dürften erfüllt sein. Es spricht Einiges dafür, dass der Rechtsvorgänger der Antragstellerin mit der Einstellung des Bäckereibetriebs endgültig auf die Ausübung der Rechte aus der Bau- bzw. Tekturgenehmigung von 1965 und 1967 verzichtet hat. Zwar spielt es für die Wirksamkeit einer Baugenehmigung grundsätzlich keine Rolle, ob die genehmigte Nutzung beendet wird oder wie lange eine Nutzungsunterbrechung dauert, weil das geltende Bauordnungsrecht keine Rechtspflicht zur Fortsetzung einer genehmigten Nutzung kennt. Allein die (auch langjährige) Nichtweiterführung einer genehmigten Nutzung reicht daher in aller Regel nicht aus, um auf einen dauerhaften Verzichtswillen schließen zu können. Erforderlich ist vielmehr das Hinzutreten weiterer Umstände, die eine endgültige Aufgabe des Nutzungswillens nach außen dokumentieren Ein solcher Umstand kann aber - schon mit Blick auf die damit verbundenen Investitionen - regelmäßig angenommen werden, wenn eine andere Nutzung aufgenommen wird (vgl. BayVGH, B.v. 28.2.2014 - 15 CS 13.1863 - juris 19 m. w. N.). Das ist hier mit der Aufnahme der dauerhaften Vermietung der Wohnräume im Dachgeschoss erfolgt. Nach der grundlegenden Änderung der Lebensverhältnisse ist wohl auch kaum zu erwarten, dass ein mit dem Bäckereibetrieb vergleichbarer Betrieb mit Übernachtungsmöglichkeiten für Bedienstete im Dachgeschoss wieder aufgenommen wird. Aus diesem Grund kann sich die Antragstellerin auch nicht auf einen Bestandsschutz für die Nutzung im Dachgeschoss berufen.

2. Im Ergebnis zutreffend hat das Verwaltungsgericht auch angenommen, dass die untersagte Nutzung der Räume im Dachgeschoss als für dauerhafte Aufenthaltszwecke vermietete Wohnräume wahrscheinlich nicht genehmigungsfähig ist.

Wie im angegriffenen Bescheid ausgeführt, dürften die Rettungswege aus dem Dachgeschoss nicht den Vorgaben der Art. 31, 33 BayBO entsprechen. Da - wie ausgeführt - die Bau- bzw. Tekturgenehmigungen aus den Jahren 1965 und 1967 infolge der Nutzungsänderung nicht fortwirken dürften, sich die Genehmigungen aber jedenfalls nicht auf die neue Nutzung der Räume im Dachgeschoss als dauerhaft vermietete Wohnräume erstrecken, gelten im Hinblick auf die Rettungswege nicht die Anforderungen nach altem Recht, sondern die der Bayerischen Bauordnung in der aktuellen Fassung. Danach ist mangels brandschutzmäßiger Ertüchtigung des notwendigen Treppenraums wohl jedenfalls kein hinreichend funktionstüchtiger erster Rettungsweg vorhanden. Dafür spricht nicht nur der aufgrund einer Gebäudebesichtigung am 23. Januar 2014 festgestellte Feuerschaubefund (vgl. Schreiben der Antragsgegnerin an die Antragstellerin vom 27. Januar 2014, Blatt 88 der Behördenakte), sondern auch die von der Antragstellerin vorgelegte brandschutztechnische Beurteilung des Dipl.-Ing. H. vom 20. Oktober 2014, in der Abweichungen von den Anforderungen des Art. 32 Abs. 4, Art. 33 Abs. 5 Nr. 3 und Abs. 6 Nr. 3 BayBO festgestellt wurden (vgl. S. 7 der brandschutztechnischen Beurteilung).

Darüber hinaus dürfte es an der Einhaltung brandschutzrechtlicher Erfordernisse fehlen, wenn diese auch nicht unmittelbar die Rettungswege betreffen (vgl. S. 5 der brandschutztechnischen Beurteilung vom 20.10.2014). Auf die Frage, ob die vermieteten Räume im Dachgeschoss, wenn diese - wofür nach Aktenlage Einiges spricht - nicht als eine Wohnung einer Wohngemeinschaft, sondern jeweils für sich genommen als eigenständige Nutzungseinheiten im Sinn des Art. 31 Abs. 1 BayBO einzustufen sind, über einen ausreichend funktionsfähigen zweiten Rettungsweg durch den Flur des Dachgeschosses und das nicht verschlossene, mit Bescheid vom 22. Juni 1963 als Abstellraum genehmigte Zimmer im Nordwesten verfügen, kommt es nicht mehr an.

3. Hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit der Nutzungsuntersagung bestehen ebenfalls keine rechtlichen Bedenken. Liegen die oben angeführten brandschutztechnischen Mängel vor, stellt der Erlass der Nutzungsuntersagung eine verhältnismäßige Maßnahme dar (vgl. allgemein zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit BayVGH, U.v. 28.6.2010 - 1 B 09.1911 - BayVBl 2011, 500 = juris Rn. 65). Da für die derzeitige Nutzung wohl kein Bestandsschutz gegeben ist, gelten die speziellen Anforderungen des Art. 54 Abs. 4 BayBO nicht. Im Übrigen dürfte beim Vorliegen von Mängeln eines Rettungswegs aber eine „erhebliche Gefahr für Leben oder Gesundheit“ gegeben sein, zumal mit der Entstehung eines Brandes jederzeit gerechnet werden muss (vgl. OVG NRW, B.v. 22.7.2002 - 7 B 508/01 - BRS 65, 622 = juris Rn. 20; B.v. 11.11.2014 - 7 B 1312/14 - juris Rn. 6; Molodovsky in Molodovsky/Famers, a. a. O., Art. 54 Rn. 141a m. w. N.).

4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nrn. 1.5 und 9.4 Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57).

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

Tenor

I.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts wird aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im Berufungsverfahren.

III.

Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen eine gegen sie als Mieterin verfügte Untersagung der Nutzung des Obergeschosses des Gebäudes auf dem Grundstück FlNr. 562/1 Gemarkung E. zu Wohnzwecken.

Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Gewerbegebiet E.“‚ den die beigeladene Gemeinde für einen Teilbereich des heutigen Plangebiets im Jahr 1980 in Kraft gesetzt hatte. Die nördliche Grenze seines Geltungsbereichs bildeten damals die Grundstücke FlNr. 962/1, 963/1 und 963/2. In seiner Sitzung vom 18. November 2003 beschloss der Gemeinderat, den Bebauungsplan mit den zwischenzeitlich erfolgten räumlichen Erweiterungen und Änderungen insgesamt neu aufzustellen sei. Zugleich wurde der „Vorgängerbebauungsplan“ aus dem Jahr 1980 mit zwei Änderungen aus dem Jahr 1981 aufgehoben. Der Satzungsbeschluss über den Bebauungsplan wurde laut der „Verfahrensvermerke“ am 17. März 2004 ausgefertigt, am 25. Mai 2004 beschlossen und die Bekanntmachung am 26. Mai 2004 unterschrieben; sie erfolgte am 27. Mai 2004 („Schlussbekanntmachung“). Die beiden Unterschriften des Bürgermeisters in den Verfahrensvermerken sind nicht datiert. Am 21. August 2012 machte die Gemeinde die rückwirkende Inkraftsetzung des Bebauungsplans zum 27. Mai 2004 zur Heilung eines Verfahrensfehlers bekannt, nachdem das Landratsamt B. ein solches Vorgehen am 20. August 2012 wegen möglicher Ausfertigungsmängel der ursprünglichen Pläne empfohlen hatte.

Im Rahmen von bauaufsichtlichen Kontrollen am 27. Februar und 15. März 2012 stellte das Landratsamt fest, dass durch Überbauung der nach den Bauplänen als Ersatzteillager genehmigten Räume im Obergeschoss mindestens acht Zimmer entstanden seien, in denen die Klägerin von ihr beschäftigte Arbeitnehmer unterbringe; die Zimmer seien mit jeweils 3 bis 4 Schlafstätten, mit Kühlschränken und elektrischen Kochplatten ausgestattet. Der für Wohnräume erforderliche erste Rettungsweg sei nicht bauordnungsgemäß ausgestaltet, ein zweiter Rettungsweg fehle ganz.

Mit Bescheid vom 3. Mai 2012 wurde der Klägerin unter Anordnung des Sofortvollzugs (Nr. 3) aufgegeben, die Nutzung der Räume im Obergeschoss zu Wohnzwecken zu unterlassen (Nr. 1). Für den Fall der Nichtbeachtung dieser Verpflichtung werde ein Zwangsgeld von 1.000 Euro für jeden zu Wohnzwecken genutzten Raum fällig (Nr. 5). Die Eigentümerin des Gebäudes wurde im gleichen Bescheid unter Androhung eines Zwangsgeldes verpflichtet, die Nutzungsuntersagung zu dulden (Nr. 2 und 6). Sollte die Klägerin der Nutzungsuntersagung nach Nr. 1 nicht fristgerecht nachkommen, werde ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000 Euro je Wohnung fällig (Nr. 5). Die Kosten des Bescheids wurden der Klägerin auferlegt (Nr. 7). Die Wohnnutzungen seien nicht nur ohne entsprechende Baugenehmigung, also formell illegal aufgenommen worden, sondern verstießen auch gegen materielles Baurecht, weil die Vermietung von Wohnräumen in einem Gewerbegebiet generell unzulässig sei. Außerdem bestünden gravierende, näher bezeichnete Brandschutzmängel, insbesondere fehle ein ausreichender zweiter Rettungsweg. Die Nutzungsuntersagung werde als Ermessensentscheidung verfügt, um den widerrechtlichen Zustand zu beenden und Bezugsfälle zu vermeiden. Als Adressat der Anordnung sei die Klägerin als Handlungsstörerin ausgewählt worden, weil sie durch eigenes Handeln die rechtswidrige Nutzung der Räume schnellstmöglich aufgeben und damit die Gefahr für die dort wohnenden Mitarbeiter abwenden könne.

Das Landratsamt hatte eine Bestandsaufnahme aller Wohnnutzungen im Gewerbegebiet E. erstellt, auf deren Basis im Mai/Juni 2012 eine ganze Reihe weiterer Nutzungsuntersagungen ausgesprochen wurden, gegen die die Betroffenen (derzeit ruhende) Klageverfahren angestrengt haben. Am 13. August 2012 wurde dem Verwaltungsgericht ein Ordner des Landratsamts mit Kurzinformationen zu den einzelnen Grundstücken im Gewerbegebiet vorgelegt‚ aus denen insbesondere Angaben zu den festgestellten Wohnnutzungen und den inzwischen veranlassten Nutzungsuntersagungen hervorgehen.

Das Verwaltungsgericht München gab der Anfechtungsklage mit Urteil vom 11. Oktober 2012 statt. Die Festsetzung der Gebietsart „Gewerbegebiet“ in dem Bereich nördlich der Staatsstraße ... bis einschließlich der Grundstücke FlNr. 961/4 und 961/3 sei nach einer Gesamtschau der maßgeblichen Umstände funktionslos geworden; das Baugebiet stelle sich insoweit vielmehr als faktisches Mischgebiet dar, denn es sei von einem gleichrangigen Nebeneinander von Wohnen und von nicht störendem Gewerbe geprägt. Schon äußerlich falle die in den Ober- und Dachgeschossen weit verbreitete Wohnnutzung auf. Die massive Wohnbebauung, die bereits mit der Ersterrichtung der Gewerbebauten vor rund 30 Jahren begonnen habe, schließe eine Entwicklung hin zu einem Gewerbegebiet aus. Die als Betriebsleiterwohnungen genehmigten Gebäude seien stattliche Wohnhäuser und könnten nicht mehr als „untergeordnet“ i. S. v. § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO angesehen werden. Nach der Aufstellung des Landratsamts vom 11. September 2012 hätten nur vier der 14 Anwesen keine Betriebsleiterwohnung. Vier der Betriebsleiterwohnungen seien frei vermietet. Aus dem Kontrollbericht des Landratsamts vom 27. Dezember 2010 gehe hervor, dass insgesamt 89 Personen als im Gewerbegebiet wohnhaft gemeldet seien, die in 28 bis 45 Wohneinheiten wohnten, obwohl im fraglichen Bereich nur neun Wohnungen genehmigt worden seien. Die Nutzungsuntersagung sei auch ermessensfehlerhaft verfügt worden; zum einen sei die Funktionslosigkeit der Festsetzung „Gewerbegebiet“ verkannt worden‚ zum anderen bestünden keine nachvollziehbaren sachlichen Gründe‚ warum der Beklagte im Rahmen seines Sanierungskonzepts nicht auch diejenigen Wohnnutzungen von Betriebsleiterwohnungen aufgreife‚ die privat und ohne Bezug zu einem Betrieb vermietet worden seien. Auch die gegenüber der Eigentümerin ausgesprochene Duldungsanordnung müsse aufgehoben werden‚ da sie in einem untrennbaren sachlichen Zusammenhang mit der gegenüber der Klägerin ergangenen Nutzungsuntersagung stehe.

Mit Beschluss vom 4. Dezember 2012 (M 11 S 12.2711) stellte das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der vorliegenden Anfechtungsklage wieder her; die Beschwerde des Beklagten blieb erfolglos (BayVGH, B.v. 18.3.2013 - 1 CS 12.2070 - juris), weil die brandschutztechnischen Mängel inzwischen behoben worden seien und die behauptete illegale, seit vielen Jahren unbeanstandet hingenommene Nutzung nicht vor einer Entscheidung in der Hauptsache beendet werden müsse.

Zur Begründung der vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 19. März 2013 (1 ZB 12.2777) wegen besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten zugelassenen Berufung führt der Beklagte aus, es sei im Lichte von § 1 Abs. 3 BauGB nicht erkennbar, warum die festgestellten illegalen Wohnnutzungen im Gewerbegebiet die ordnende Wirkung dieser Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließen sollten; der von der Gebietsart abweichende Zustand habe sich noch nicht in einer solchen Weise verfestigt, dass eine Rückkehr zu rechtmäßigen Verhältnissen ausgeschlossen werden müsse. Dies zeige bereits der Umstand, dass zahlreiche Nutzungsuntersagungen gegen weitere Eigentümer mit dem Ziel der Rückkehr zur plankonformen Nutzung verfügt worden seien. Im Übrigen sei das Gewerbegebiet mit am 23. Juni 2010 in Kraft getretener Änderung des Bebauungsplans in Richtung Norden erweitert worden. Für die bereits 1981 genehmigten Betriebsleitergebäude gälten nicht die Bestimmungen der Baunutzungsverordnung 1990 und damit auch nicht § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO 1990, wonach nur untergeordnete Wohnhäuser als Betriebsleitergebäude zulässig seien. Der vom Verwaltungsgericht angenommenen Einordnung als faktisches Mischgebiet stehe entgegen, dass im fraglichen Bereich des Bebauungsplans auch Gewerbebetriebe bestünden, die nicht ohne weiteres mischgebietsverträglich seien (Kfz-Werkstätten, Landmaschinenwerkstatt, Schreinerei). Schließlich genüge das von der Bauaufsichtsbehörde erstellte Sanierungskonzept, das die Verhältnisse auf sämtlichen Grundstücken des Gewerbegebiets betrachte, den Anforderungen des Gleichbehandlungsgrundsatzes. Die frei vermieteten Betriebsleiterwohnungen hätten noch nicht sofort und im gleichen Umfang aufgegriffen werden müssen, zumal sie durch nachträgliche Eingliederung in einen betrieblichen Zusammenhang oder auch die erstmalige Schaffung dieses Zusammenhangs einer legalisierten Nutzung zugeführt werden könnten. Damit sei das Vorgehen des Beklagten weder willkürlich noch systemlos; auch das langjährige Unterlassen bauaufsichtlichen Einschreitens hindere nicht ohne Hinzutreten besonderer Umstände den Erlass einer Nutzungsuntersagung. Eine Aufhebung der gegenüber der Eigentümerin verfügten Duldungsanordnung sei im vorliegenden Klageverfahren schon mangels Adressatenstellung und Beschwer der Klägerin nicht möglich.

Der Beklagte legt eine zum 14. April 2014 aktualisierte Übersicht (mit Lageplan) der erlaubten wie der unerlaubten Wohnnutzungen im Gewerbegebiet und der hiergegen eingeleiteten Maßnahmen vor. Das Sanierungskonzept sehe in einem ersten Schritt die Behandlung derjenigen Fälle vor, in denen gewerblich genutzte Räume ohne Genehmigung zu Wohnräumen umgewandelt worden seien; als nächstes seien die genehmigten Betriebsleiterwohnungen überprüft worden, ohne dass hier bereits Untersagungen ausgesprochen worden seien. Hingenommen würden dagegen Wohn-nutzungen ehemaliger Betriebsleiter oder deren Angehöriger sowie von Bereitschaftspersonal in Betriebsleiterwohnungen. Dementsprechend ergänzt der Beklagte seine im angefochtenen Bescheid vorgenommenen Ermessenserwägungen nach § 114 Satz 2 VwGO im Hinblick auf die Frage eines gleichheitssatzgemäßen Einschreitens dahingehend, dass die bekannten Wohnnutzungen im Gewerbegebiet entsprechend dem jeweiligen Gewicht des Verstoßes Schritt für Schritt aufgegriffen würden; im vorliegenden Fall bestehe ein gravierender und offenkundiger Verstoß.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Unter Vorlage des zwischen ihr und der Eigentümerin geschlossenen Mietvertrags vom 13. November 2006 über „gewerbliche Räume“ mit einer Fläche von 530 m² trägt die Klägerin vor, das Baugebiet habe sich bereits seit Jahrzehnten in Richtung eines Mischgebiets entwickelt, wie die auf fast jedem Grundstück nachweisbaren Wohneinheiten und zum Teil stattlichen Wohnhäuser bewiesen. Die Festsetzung Gewerbegebiet sei wegen der eingetretenen wirtschaftlichen Unzumutbarkeit der zugelassenen Nutzung außer Kraft getreten; die tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse hätten einen Zustand erreicht, der eine Verwirklichung der vorgesehenen Nutzung auf absehbare Zeit als unwirtschaftlich ausschließe. Damit richte sich die Beurteilung der Situation nach § 34 BauGB, wonach aber die untersagte Nutzung zulässig sei. Im Übrigen erfüllten die nicht abgeschlossenen Übernachtungszimmer nicht den bauplanungsrechtlichen Begriff des Wohnens, der eine auf Dauer angeleg-te Häuslichkeit und Möglichkeit der Eigengestaltung der Haushaltsführung voraussetze. Es handele sich vielmehr um gewerbliche Arbeitnehmerunterkünfte, in denen nur an Werktagen übernachtet werde und die keine Privatsphäre zuließen; die Mehrbettzimmer hätten keine festen Kochgelegenheiten und keine Nasszellen, es gebe lediglich zwei gemeinschaftliche Sanitärräume. Für jede Übernachtung in der kasernenartigen Unterkunft würden vom Lohn des Arbeitnehmers 6,50 Euro einbehalten. Die Mitarbeiter kehrten an ihren freien Tagen, an den Wochenenden und in den Zeiten der saisonalen Betriebsschließungen an den jeweiligen Heimatort zurück. Es könne mangels eines auf Dauer angelegten Wohnungsersatzes und wegen der Kurzfristigkeit der jeweiligen Aufenthalte auch nicht von einer wohnähnlichen Nutzung ausgegangen werden. Das Angebot von Übernachtungsplätzen sei unabdingbar für die ordnungsgemäße Abwicklung des Geschäftsbetriebes der Klägerin.

Die Beigeladene stellt erstmals im Berufungsverfahren einen Antrag; sie beantragt,

die Klage unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts abzuweisen.

Die vom Bundesverwaltungsgericht formulierten Voraussetzungen für eine Funktionslosigkeit des Bebauungsplans lägen nicht vor. Das Vorgehen des Beklagten belege, dass die planerische Zweckbestimmung des Gewerbegebiets gerade hier-durch (wieder)hergestellt werden solle; die tatsächlichen Verhältnisse stünden einer Umsetzung des Bebauungsplans keineswegs dauerhaft entgegen. Zudem sei das schutzwürdige Vertrauen der planunterworfenen Grundeigentümer in die Zweckbestimmung des Bebauungsplans nicht durch die Aufnahme rechtswidriger Nutzungen entfallen. Daran ändere auch das lange Zuwarten der Bauaufsichtsbehörde nichts, denn es fehle insoweit an einem positiven Tätigwerden. Die Beigeladene halte jedenfalls an der Festsetzung eines Gewerbegebiets fest.

Der Senat hat am 16. Mai 2014 das gesamte Gewerbegebiet E. und insbesondere das Gebäude auf FlNr. 964 besichtigt und am 6. Juni 2014 erstmals mündlich verhandelt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegten Bauakten‚ die von der Beigeladenen vorgelegten Aufstellungsunterlagen für den Bebauungsplan „Gewerbegebiet E.“ sowie auf die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs sowohl im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes als auch im Klageverfahren, hier insbesondere auf die Niederschriften über die Ortsbesichtigung und die mündlichen Verhandlungen, Bezug genommen.

Gründe

Im Berufungsverfahren ist maßgeblicher Streitgegenstand der Bescheid vom 3. Mai 2012 (ergänzt um die mit Schreiben der Landesanwaltschaft Bayern vom 8. Mai 2014 nachgeholten Ermessenserwägungen) in seinen an die Klägerin gerichteten Anordnungen Nr. 1 (Nutzungsuntersagung)‚ Nr. 5 (Androhung von Zwangsgeldern) sowie Nr. 7 (Kosten). Eine Auslegung des Klagebegehrens vor dem Hintergrund der Verpflichtung des Gerichts‚ auf die Stellung sachdienlicher Anträge hinzuwirken (§ 86 Abs. 3 VwGO)‚ und des wohlverstandenen Interesses der Klägerin ergibt‚ dass - trotz des in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht gestellten, auf umfassende Aufhebung gerichteten Klageantrags, an den das Gericht jedoch nicht gebunden war (vgl. § 88 VwGO) - ausschließlich die an die Klägerin gerichteten Anordnungen im Bescheid vom 3. Mai 2012 angefochten werden sollten‚ nicht hingegen die an die Eigentümerin des Gebäudes (Vermieterin) gerichtete Duldungsverpflichtung mit Zwangsgeldandrohung (Nr. 2‚ 6 des Bescheids). Insoweit fehlt es bereits an der für eine zulässige Klage erforderlichen Beschwer der Klägerin. Der vom Verwaltungsgericht angenommene „untrennbare sachliche Zusammenhang“ zwischen Nutzungsuntersagung mit Duldungsanordnung besteht nicht. Die Eigentümerin hat im Übrigen den sie belastenden Teil des Bescheids mit eigener Klage (Az. M 11 K 12.2708 und 1 B 13.649) angefochten. In der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 10. Februar 2015 hat die Klägerin diese Auslegung ihres Klagebegehrens bestätigt. Nachdem das Verwaltungsgericht also in seinem der Klage stattgebenden Urteil über das Klagebegehren hinausgegangen ist und auch die Duldungsanordnung aufgehoben hat‚ konnte das Urteil insoweit keinen Bestand haben und war in diesem Umfang schon deshalb aufzuheben.

Die zulässige Berufung des Beklagten‚ die sich demnach nur noch gegen die Aufhebung der den Streitgegenstand bildenden Nr. 1‚ 5 und 7 des Bescheids richtet‚ ist begründet. Das der Klage zu Unrecht stattgebende Urteil war daher insgesamt aufzuheben. Die Untersagung der Nutzung der angemieteten Räume „zu Wohnzwecken“ ist rechtmäßig‚ weil die Überlassung an Arbeitnehmer der Klägerin zum Zwecke der Übernachtung zu einer wohnähnlichen Nutzung führt‚ die formell und im Gewerbegebiet materiell rechtswidrig ist (1.). Die Nutzungsuntersagung wurde vom Landratsamt in fehlerfreier Ausübung des ihm eingeräumten Ermessens angeordnet (2.).

1. Die tatbestandliche Voraussetzung des Art. 76 Satz 2 BayBO‚ wonach die unter-sagte Nutzung öffentlich-rechtlichen Vorschriften widersprechen muss‚ ist im vor-liegenden Fall bereits wegen der formellen Illegalität der Nutzung erfüllt (1.1). Darüber hinaus verstößt sie gegen materielles Bauplanungsrecht (1.2).

1.1 Ein Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften im Sinn von Art. 76 Satz 2 BayBO‚ der den Erlass einer Nutzungsuntersagung rechtfertigt‚ liegt bei einem genehmigungspflichtigen Vorhaben grundsätzlich schon dann vor‚ wenn das Vorhaben ohne Baugenehmigung ausgeführt wird (BayVGH‚ U.v. 5.12.2005 - 1 B 03.2567 - juris Rn. 23). Die Nutzungsuntersagung hat - insoweit einer Baueinstellung entsprechend - die Funktion‚ den Bauherrn auf das Genehmigungsverfahren zu verweisen; es muss daher nicht geprüft werden, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstößt. Allerdings darf eine formell rechtswidrige Nutzung grundsätzlich nicht untersagt werden‚ wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig ist; eine offensichtlich materiell rechtmäßige Nutzung zu untersagen‚ ohne den Bauherrn vorher vergeblich nach Art. 76 Satz 3 BayBO aufgefordert zu haben‚ einen Bauantrag zu stellen‚ wäre unverhältnismäßig (BayVGH‚ B.v. 4.8.2004 - 15 CS 04.2648 - BayBVl 2005‚ 369).

Die Nutzung von zu gewerblichen Zwecken genehmigten Räumlichkeiten als Übernachtungsplätze für Arbeitnehmer stellt eine der Baugenehmigungspflicht unterliegende Nutzungsänderung nach Art. 55 Abs. 1 BayBO dar‚ die nicht nach Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO verfahrensfrei ist‚ weil die Nutzungsänderung der bauplanungsrechtlichen Überprüfung bedarf. Mit der Weitergabe der gemieteten Räumlichkeiten an eigene Arbeitnehmer zu Übernachtungszwecken ohne vorherige Einholung einer Genehmigung verstößt die Klägerin (wie auch die Grundeigentümerin) gegen Art. 68 Abs. 1 Nr. 1 BayBO‚ der eine „Bauausführung“ vor Bekanntgabe der Baugenehmigung verbietet. Anhaltspunkte für eine offensichtlich genehmigungsfähige Nutzung liegen schon angesichts der entgegenstehenden bauplanungsrechtlichen Situation (vgl. 1.2) nicht vor.

1.2 Die untersagte Wohnnutzung ist im Gewerbegebiet E. weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig (1.2.1); der Bebauungsplan ist wirksam erlassen worden (1.2.2) und nicht funktionslos geworden (1.2.3). Die untersagte Nutzung hat zu keinem Zeitpunkt seit ihrer Aufnahme bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung öffentlich-rechtlichen Vorschriften entsprochen (vgl. zu diesem Erfordernis‚ das sich aus der Eigenschaft einer Nutzungsuntersagung als Dauerverwaltungsakt ergibt: OVG NW‚ U.v. 19.12.1995 - 11 A 2734/93 - UPR 1996‚ 458; Decker in Simon/Busse a. a. O. Art. 76 Rn. 291).

1.2.1 Nach seiner allgemeinen Zweckbestimmung dient ein Gewerbegebiet vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben (§ 8 Abs. 1 BauNVO); dagegen soll im Gewerbegebiet nicht gewohnt werden. Dieser Grundsatz wird durch § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO bestätigt‚ wonach gleichsam nur als notwendige Ergänzung einer gewerblichen Nutzung Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter ausnahmsweise zugelassen werden können; Bauvorhaben‚ die außerhalb des Anwendungsbereichs von § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO einer Wohnnutzung oder zumindest wohnähnlichen Nutzung dienen sollen‚ sind mit dem Charakter eines Gewerbegebiets nicht vereinbar (vgl. z. B. zur Unzulässigkeit eines Seniorenpflegeheims im Gewerbegebiet: BVerwG‚ B.v. 13.5.2002 - 4 B 86.01 - NVwZ 2002‚ 1384). Unzulässig sind daher auch Gewerbebetriebe in Form eines Beherbergungsbetriebs oder einer Fremdenpension‚ soweit in ihnen gewohnt wird oder eine wohnähnliche Nutzung stattfindet (BVerwG‚ U.v. 29.4.1992 - 4 C 43.89 - BVerwGE 90‚ 140). Die Rechtsprechung hat daher gewerbliche Beherbergungsbetriebe als gebietsunverträglich angesehen‚ die der Erholung dienen oder in denen Personen nicht nur kurzzeitig untergebracht sind (BVerwG, U.v. 29.4.1992 - 4 C 43.89 - BVerwGE 90‚ 140). Allein der Umstand‚ dass der Bewohner in einem arbeitsrechtlichen Verhältnis zu dem vermietenden gewerblich tätigen Unternehmen steht‚ vermag eine Wohnnutzung nicht in eine gewerbliche Nutzung zu verwandeln (Stock in König/Roeser/Stock‚ 3. Aufl. 2014‚ § 3 Rn. 26).

Zwar erfüllt die Unterbringung der Arbeitnehmer der Klägerin in ihrer konkreten Ausgestaltung (Mehrbettzimmer ohne eigenen Küchen- und Sanitärbereich in nicht verschlossenen Räumen und Abrechnung der jeweils in Anspruch genommenen Übernachtungen) nicht den bauplanungsrechtlichen Begriff des Wohnens‚ der insbesondere eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit‚ Eigengestaltung der Haushaltsführung sowie des häuslichen Wirkungskreises voraussetzt und damit von anderen Nutzungsformen wie etwa der Unterbringung‚ der Verwahrung oder einer bloßen Übernachtungsmöglichkeit in einer sozialen Einrichtung abzugrenzen ist (BVerwG‚ B.v. 25.3.1996 - 4 B 302.95 - NVwZ 1996‚ 893). Die Unterbringung in der konkreten Ausgestaltung ermöglicht den Arbeitnehmern kein selbstbestimmtes privates Leben „in den eigenen vier Wänden“ (vgl. Stock in König/Roeser/Stock‚ a. a. O. § 3 Rn. 16 - 18), wovon sich der Senat im Rahmen der Ortsbesichtigung überzeugen konnte. Nach dem von der Klägerin verfolgten Nutzungskonzept kann von einem Wohnen schon deshalb nicht die Rede sein‚ weil es an jeglichem Rückzugsraum fehlt‚ der erst eine selbstbestimmte Häuslichkeit mit Privatsphäre ermöglicht. Gleichwohl hat die konkrete Nutzung wohnähnlichen Charakter und ist mit der Unterbringung in einem Wohnheim vergleichbar‚ die nach allgemeiner Auffassung dem Wohnen gleichsteht. Auch ein Arbeitnehmerwohnheim bietet zumindest dann einen auf Dauer angelegten Wohnungsersatz und widerspricht daher der Eigenart eines Gewerbegebiets‚ wenn nach dem Nutzungskonzept Arbeitnehmer für eine Dauer von etwa zwei bis sechs Monaten untergebracht werden (BVerwG‚ U.v. 29.4.1992 a. a. O.). Im vorliegenden Fall nutzen die Arbeitnehmer die ihnen von der Klägerin zur Verfügung gestellten Schlafstätten während der Beschäftigungsperiode mindestens drei- bis viermal in der Woche. Sie halten sich daher über erhebliche Zeiträume des Jahres und in jährlich wiederkehrendem Rhythmus in den Unterkünften auf. Demgegenüber tritt in den Hintergrund‚ dass die Unterkünfte offenbar an den Wochenenden und in den arbeitsfreien Zeiten (z. B. Zeiten saisonal bedingter Betriebsschließungen) von den dann in ihre Herkunftsorte zurückgekehrten Arbeitnehmern nicht genutzt werden; denn mit dem Kriterium der Dauerhaftigkeit des Wohnens soll nicht auf den Gegensatz zwischen einer längerem und kürzeren Aufenthaltsdauer oder einer solchen von unbestimmter und befristeter Dauer abgestellt‚ sondern danach unterschieden werden‚ ob ein Gebäude als „Heimstatt im Alltag“ anzusehen ist oder nur ein provisorisches‚ einem begrenzten Zweck dienendes Unterkommen ermöglicht (Stock in König/Roeser/Stock‚ a. a. O. § 3 Rn. 16 - 18). Nach dem dargestellten, auf Dauer angelegten Nutzungskonzept ist die Unterbringung dem Wohnen angenähert und verfolgt keine nur kurzzeitige und provisorische Lösung. Im Hinblick auf die Gebietsverträglichkeit bedeutet dies eine grundsätzlich störempfindliche und daher unzulässige Nutzung‚ die ungeachtet der Geräuschbelastung im konkreten Fall nicht den gebietstypischen Lärm- und sonstigen Belästigungen ausgesetzt werden soll. Werksunterkünfte für die längerfristige Unterbringung von Mitarbeitern gewerblich tätiger Unternehmen sind unzulässig (vgl. Stock in König/Roeser/Stock, a. a. O., § 8 Rn. 19, 19a).

Auch der von der Klägerin angestellte Vergleich mit der Unterbringung von Soldaten in Kasernen führt nicht weiter; Soldaten sind nämlich aufgrund eines besonderen öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht, die regelmäßig in Sondergebieten oder auf Gemeinbedarfsflächen liegen (vgl. Stock in König/Roeser/Stock‚ a. a. O., § 3 Rn. 27). Im vorliegenden Fall liegt schließlich auch keine Unterbringung in einer sozialen Einrichtung (vgl. § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO) vor‚ die eine besondere Funktion im Zusammenhang für eine im Gewer-begebiet zulässige Hauptnutzungsart erfüllt (vgl. VGH Mannheim‚ B.v. 9.4.2014 - 8 S 1528/13 - NVwZ-RR 2014‚ 752: Lehrlingswohnheim ausnahmsweise im Gewerbegebiet zulässig trotz wohnähnlicher Nutzung wegen der engen funktionalen Verklammerung mit angeschlossener Werkstätte).

1.2.2 Der maßgebliche Bebauungsplan der Beigeladenen vom 27. Mai 2004 ist formell fehlerfrei in Kraft getreten und auch nicht durch die tatsächliche Entwicklung im Gewerbegebiet funktionslos geworden. Der Senat folgt der Auffassung des Verwaltungsgerichts‚ dass der am 25. Mai 2004 beschlossene Satzungstext vom ersten Bürgermeister der Beigeladenen am 27. Mai 2004 vor der Bekanntmachung am gleichen Tage ausgefertigt wurde‚ obwohl auf der Bebauungsplanurkunde (vgl. „F. Verfahrensvermerke“) die „Ausfertigung“ bereits auf den 17. März 2004 datiert wurde. Der 17. März 2004 bezeichnet nämlich nach dem Deckblatt des Bebauungsplans das Datum der Planerstellung („Plandatum“), das unrichtigerweise in die Rubrik „Ausfertigung“ eingetragen wurde. Es bestehen keine vernünftigen Zweifel daran‚ dass die vom ersten Bürgermeister unterzeichnete Urkunde erst nach Beschlussfassung durch den Gemeinderat ausgefertigt und anschließend bekanntgemacht wurde. Auch die Klägerin hat die entsprechenden Überlegungen des Erstgerichts nicht angegriffen.

1.2.3 Der Bebauungsplan „Gewerbegebiet E.“ ist - entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts - auch nicht dadurch funktionslos und damit unwirksam geworden‚ dass sich materiell baurechtswidrige Wohnnutzungen im Gewerbegebiet befinden‚ als deren Folge nunmehr von einem faktischen Mischgebiet auszugehen wäre. Festsetzungen eines Bebauungsplans werden funktionslos und damit unwirksam‚ wenn - zum einen - die Verhältnisse im Plangebiet in ihrer tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben‚ der eine Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließt und - zum anderen - diese Entwicklung so offenkundig ist‚ dass sie einem dennoch in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nimmt (st. Rspr., grundlegend: BVerwG‚ U.v. 29.4.1977 - 4 C 39.75 - BVerwGE 54‚ 5‚ 11; B.v. 29.5.2001 - 4 B 33.01 - NVwZ 2001‚ 1005; U.v. 28.4.2004 - 4 C 10.03 - BauR 2004‚ 1567). Dabei sind die Anforderungen an das Außerkrafttreten eines Bebauungsplans wegen Funktionslosigkeit streng und es ist große Zurückhaltung geboten (BVerwG, U.v. 3.12.1998 - 4 CN 3.97 - BVerwGE 108, 71; Uechtritz/Hartmannsberger‚ DVBl 2013‚ 70). Bloße Zweifel an der Realisierungsfähigkeit eines Bebauungsplans reichen nicht aus; er tritt nur außer Kraft‚ wenn offenkundig ist‚ dass er seine Funktion als Steuerungsinstrument für die städtebauliche Entwicklung verloren hat (BVerwG‚ U.v. 18.11.2004 - 4 C N 11.03 - BVerwGE 122/207‚ 214). Die einer bauplanungsrechtlichen Festsetzung zugrunde liegende Plankonzeption wird insbesondere nicht schon dann sinnlos‚ wenn sie nicht mehr überall im Plangebiet umgesetzt werden kann (BVerwG‚ B.v. 6.6.1997 - 4 NB 6.97 - BauR 1997‚ 803). Angesichts dessen hängt die Beurteilung der Funktionslosigkeit einer Festsetzung auch nicht davon ab‚ ob eine Bebauung oder ihre Nutzung materiell legal oder illegal entstanden ist. Entscheidend sind die Art der Festsetzung‚ das Maß der Abweichung im tatsächlichen Bereich und die Irreversibilität der entstandenen Verhältnisse, wobei es nicht auf einzelne Grundstücke ankommt.

Unter Beachtung der dargestellten Grundsätze erweist sich die Festsetzung als Gewerbegebiet im vorliegenden Fall trotz des Vorhandenseins zum Teil seit Jahren bestehender, bauplanungsrechtlich unzulässiger Wohnnutzungen nicht als funktionslos; nach den vorgefundenen tatsächlichen Verhältnisses kommt dem Bebauungsplan nach wie vor eine städtebauliche Steuerungsfunktion zu. Es ist schon nicht erkennbar‚ warum die zu Wohnzwecken genutzten Räumlichkeiten nicht in ihrem derzeitigen baulichen Zustand oder nach bestimmten Umbaumaßnahmen (wieder oder erstmals) einer gewerblichen Nutzung zugeführt werden könnten. Bereits in dieser Hinsicht weicht der vorliegende Fall von den in der Rechtsprechung bejahten Fällen einer Funktionslosigkeit ab (vgl. BVerwG, U.v. 29.5.2001, a. a. O. Wiederansiedlung von nicht mehr bestehenden landwirtschaftlichen Hofstellen in einem Dorfgebiet praktisch ausgeschlossen; BVerwG, U.v. 28.4.2004, a. a. O. zur Funktionslosigkeit der Festsetzung eines Kleinsiedlungsgebiets‚ weil im betreffenden Gebiet mit einer Rückkehr zur Selbstversorgung mit auf den Grundstücken gewonnenen Nahrungsmitteln nicht mehr zu rechnen war; BayVGH, B.v. 15.3.2011 - 15 CS 11.9 - juris zur Funktionslosigkeit eines Sondergebiets „Kurheime und Sanatorien“ nach jahrzehntelanger Genehmigung von Wohnbauvorhaben). Es spricht aus tatsächlichen Gründen - ungeachtet der aktuellen Verhältnisse des Mietmarktes für Gewerberäume - nichts gegen eine (erstmalige oder erneute) Aufnahme der gewerblichen Nutzungen in den Räumlichkeiten, in denen derzeit gewohnt wird. Gerade das umfassende Aufgreifen aller Fälle unzulässiger Wohnnutzungen durch die Bauaufsichtsbehörde zeigt, dass die Verhältnisse keineswegs irreversibel sind, sondern eine Rückkehr zu unter bauplanungs- und -ordnungsrechtlichen Aspekten rechtmäßigen Zuständen durchaus realistisch erscheint. Im Übrigen hat auch die beigeladene Gemeinde in all den Jahren an der Konzeption eines Gewerbegebiets festgehalten. Im Rahmen des vorliegenden Klageverfahrens hat die Beigeladene diese Konzeption noch einmal überprüft und bestätigt.

Auch nach seinem äußeren Erscheinungsbild ist das Baugebiet keineswegs als Mischgebiet oder gar als allgemeines Wohngebiet einzustufen‚ wovon sich der Senat bei der Ortsbesichtigung überzeugen konnte. Nahezu auf jedem Grundstück ist eine gewerbliche Nutzung erkennbar‚ die das Baugebiet durchgehend prägt. Die nur teilweise erkennbare Wohnnutzung steht dem Eindruck eines gewerblich geprägten Gebiets schon deshalb nicht entgegen, weil in einem Gewerbegebiet auch nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO zulässige Wohnungen anzutreffen sind und ein unbefangener Betrachter die Abgrenzung zum allgemeinen Wohnen nicht ohne weiteres feststellen kann. Damit fehlt es auch an dem Merkmal der Offenkundigkeit der zur (behaupteten) Funktionslosigkeit führenden Umstände. Die Abweichung zwischen der bauplanungsrechtlichen Festsetzung Gewerbegebiet und der tatsächlich vorgefundenen Situation hat in ihrer Erkennbarkeit bei weitem nicht den Grad erreicht‚ der einem in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nehmen würde.

Der Bebauungsplan hat auch nicht deswegen seine städtebauliche Steuerungsfunktion eingebüßt, weil die tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse in Bezug auf die behauptete Unvermietbarkeit von Gewerberäumen einen Grad erreicht hätten, der eine Verwirklichung der im Bebauungsplan vorgesehenen Nutzungen ausschließt, weil sie auf unabsehbare Zeit wirtschaftlich nicht mehr tragfähig und damit unzumutbar sind (vgl. BayVGH, U.v. 25.3.2004 - 25 N 01.308 - BayVBl 2005,366). Wirtschaftliche Unzumutbarkeit liegt nicht schon deshalb vor, weil sich die getroffenen Festsetzungen für den Grundeigentümer nicht ohne weiteres als rentabel erweisen, oder gar deshalb, weil sich wirtschaftlichere Festsetzungen denken lassen. Trotz der vorgetragenen aktuell schwierigen Vermarktungssituation für Gewerberäume besteht im Gewerbegebiet E. eine Vielzahl von - teils lange Jahre ansässigen, teils neu zugezogenen - Gewerbebetrieben; von einer generellen Unvermietbarkeit der Gewerberäume kann schon vor dem Hintergrund der mehrfachen Erweiterung des Gewerbegebiets nach Norden hin nicht ausgegangen werden. Auch nimmt die Ausweisung eines Gewerbegebiets dem Grundeigentümer nicht das wirtschaftliche Risiko ab, das sich aus den mit einer Vermietung zusammenhängenden Problemen ergibt, denn die Wirtschaftlichkeit von Grundstücksnutzungen ist erfahrungsgemäß Schwankungen unterworfen. Errichtet ein Eigentümer ohne vorherige Bedarfsanalyse in großem Umfang Gewerberaum, der über die spätere Nachfrage hinausgeht, kann dies nicht dazu führen, dass damit unter Missachtung der planerischen Festsetzung eine Wohnraumnutzung zulässig wird; die sich aus einer wirtschaftlichen Betätigung ergebenden Risiken, die mit wirtschaftlichen Chancen korrespondieren, sind im Grundsatz Lasten des Eigentums und nicht Lasten der Bauleitplanung (BVerwG, U.v. 29.9.1978 - 4 C 30.76 - BVerwGE 56, 283/290).

Schließlich vermag auch der vom Verwaltungsgericht hervorgehobene Umstand‚ dass mindestens vier der genehmigten Betriebsleiterwohnungen zwischenzeitlich frei vermietet wurden und weitere Betriebsleiterwohnungen und -häuser von ehemaligen Betriebsinhabern bewohnt werden‚ nicht die Plankonzeption eines Gewerbegebiets in Frage zu stellen. Hierbei kann erst recht nicht von einer Unumkehrbarkeit der derzeitigen Nutzungen ausgegangen werden‚ weil eine Rückkehr zur Wohnnutzung durch den berechtigten Personenkreis der Betriebsinhaber und -leiter ohne weiteres möglich ist. Dementsprechend hat das Landratsamt angekündigt, in einem weiteren Schritt auch insoweit rechtmäßige Verhältnisse im Gewerbegebiet E. wiederherzustellen. Selbst wenn dieses Ziel nicht in jedem Fall erreicht werden sollte oder sich entsprechende Bemühungen über einen erheblichen Zeitraum („Auslauffristen“) hinziehen würden, wäre auch damit eine Funktionslosigkeit nicht zu begründen.

2. Die Anordnung der Nutzungsuntersagung weist auch keine Ermessensfehler auf; das Landratsamt hat sein Ermessen entsprechend dem Zweck des Art. 76 Satz 2 BayBO ausgeübt (vgl. Art. 40 BayVwVfG).

Das dem Beklagten eingeräumte Eingriffsermessen wird in erster Linie entsprechend dem mit der Befugnisnorm verfolgten Ziel, rechtmäßige Zustände herzustellen, durch Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte bestimmt (vgl. BayVGH‚ U.v. 5.12.2005 - 1 B 03.3567 - juris Rn. 26). Die Bauaufsichtsbehörde muss in einer Weise vorgehen‚ mit der die ihr obliegende Aufgabe‚ für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu sorgen‚ möglichst effektiv erfüllt wird; liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Nutzungsuntersagung vor‚ muss im Regelfall nicht näher begründet werden‚ weshalb von der Eingriffsbefugnis Gebrauch gemacht wird (BayVGH‚ U.v. 5.12.2005‚ a. a. O.; sog. intendiertes Ermessen: Decker in Simon/Busse‚ a. a. O. Art. 76 Rn. 301).

2.1 Vor diesem Hintergrund ist es ermessensfehlerfrei, die Klägerin als Mieterin der Räumlichkeiten in Anspruch zu nehmen, denn - ungeachtet der bei Bescheidserlass noch bestehenden brandschutzrechtlichen Problematik - legt der Grundsatz der effektiven Bekämpfung des rechtswidrigen Zustandes hier ein Vorgehen gegen den Arbeitgeber nahe, der die angemieteten Räume seinen Arbeitnehmern für eine wohnähnliche Nutzung zur Verfügung stellt (vgl. für die bauaufsichtliche Nutzungsuntersagung im Miet-/Pachtverhältnis: BayVGH, B.v. 28.7.2014 - 2 CS 14.1326 - juris Rn. 4; OVG Rhld.-Pf., B.v. 13.7.2010 - 8 A 10623/10 - NVwZ-RR 2010,755; OVG NW, B.v. 24.11.1988 - 7 B 2677/88 - juris Rn. 16 -18; Decker in Simon/Busse, a. a. O. Art. 76 Rn. 295; Jäde, Bayer. Bauordnungsrecht, 2013, Rn. 495).

2.2 Der Senat kann auch keinen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG feststellen. Die Bauaufsichtsbehörde ist nämlich nicht nur gegen die Klägerin‚ sondern in sachgerechter Weise auch gegen andere Eigentümer und Mieter von Gewerbebauten vorgegangen, in denen unerlaubte Wohnnutzungen festgestellt wurden. Aus dem vom Landratsamt im Verlaufe des Verfahrens im Jahr 2012 erstellten „Sanierungsplan“‚ der sämtliche Wohnnutzungen auflistet‚ ergibt sich‚ dass etliche weitere Nutzungsuntersagungen ergangen sind‚ die den Gegenstand verwaltungsgerichtlicher Verfahren bilden‚ welche im Hinblick auf das erst kürzlich entschiedene Parallelverfahren (1 B 13.646, U. v. 13.2.2015) derzeit ruhen. Das Landratsamt beabsichtigte, zunächst den Ausgang dieses und des vorliegenden Rechtsstreits zur gerichtlichen Klärung der Frage der Funktionslosigkeit abzuwarten‚ bevor es sich im Falle der Bestätigung seiner Rechtsauffassung der Durchsetzung der weiteren Nutzungsuntersagungen im Gewerbegebiet widmet; ein derart abgestuftes Vorgehen ist auch im Hinblick auf die präventive Wirkung der Maßnahmen nicht zu beanstanden (vgl. hierzu: BVerwG, B.v. 11.3.1991 - 4 B 26.91 - juris).

Der Bauaufsichtsbehörde können im Übrigen vergleichbare Fälle‚ in denen sie noch nicht eingeschritten ist‚ nur ausnahmsweise entgegengehalten werden‚ wenn es nach der Art des Einschreitens an jedem System fehlt‚ für diese Art des Vorgehens keinerlei einleuchtende Gründe sprechen und die Handhabung deshalb als willkürlich angesehen werden muss (BVerwG‚ B.v. 23.11.1998 - 4 B 99.98 - BauR 1999‚ 734; U.v. 2.3.1973 - 4 C 40.71 - DVBl 1973‚ 636). Rechtswidrige Zustände‚ die sich bei einer Vielzahl von Grundstücken ergeben‚ müssen nicht in jedem Fall in flächendeckender Art und Weise bekämpft werden‚ vielmehr darf sich die Bauaufsichtsbehörde auf die Regelung von Einzelfällen beschränken‚ wenn sie hierfür sachliche Gründe anzuführen vermag (BVerwG‚ B.v. 19.2.1992 - 7 B 106.91 - NVwZ-RR1992‚ 360). Vor dem so umrissenen Hintergrund vermag der Senat ein willkürliches Vorgehen gegen die Klägerin nicht zu erkennen; der vorliegende „Sanierungsplan“ bildet die Grundlage für ein gleichheitssatzgemäßes Einschreiten.

Schließlich macht auch der vom Verwaltungsgericht hervorgehobene Umstand‚ dass die baurechtswidrigen Nutzungen von Betriebsleiterwohnungen im derzeitigen Stadium noch nicht aufgegriffen wurden‚ das Vorgehen gegen die Klägerin nicht willkürlich. Zum einen hat der Beklagte inzwischen nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils auch sämtliche nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO genehmigte Wohnnutzungen im Gewerbegebiet erhoben und festgestellt, welche dieser Wohnungen nicht im Sinn dieser Bestimmung zulässig genutzt werden; Anhörungsschreiben zu den geplanten Nutzungsuntersagungen wurden in den Fällen versandt, in denen die Betriebsleiterwohnungen “frei vermietet“ wurden, während bei Wohnnutzungen durch ehemalige Betriebsleiter, deren Angehörige oder betriebszugehöriges Bereitschaftspersonal von einem Einschreiten abgesehen werden soll (vgl. Schr. LAB v. 8.5.2014, S. 2). Auch insoweit liegen ohne weiteres erkennbare sachliche Gründe für ein unterschiedliches Verwaltungshandeln vor, das sich jedenfalls nicht als gleichheitssatzwidrig darstellt.

Auch die für jeden Fall der unerlaubten Nutzung zu Wohnzwecken angedrohten Zwangsgelder (vgl. Art. 29 Abs. 2 Nr. 1, Art. 31, Art. 36 VwZVG) begegnen keinen rechtlichen Bedenken, nachdem die mit ihrer Hilfe durchzusetzende Unterlassungspflicht rechtmäßig angeordnet wurde.

3. Die Klägerin trägt als Unterliegende die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen (§ 154 Abs. 1 VwGO). Es entspricht der Billigkeit‚ ihnen auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im Berufungsverfahren‚ die dort einen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat‚ aufzuerlegen (vgl. § 162 Abs. 3‚ § 154 Abs. 3 VwGO); die außergerichtlichen Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens‚ in dem die Beigeladene keinen Antrag gestellt hat‚ trägt sie selbst.

Die Kostenentscheidung ist gemäß § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ZPO für vorläufig vollstreckbar zu erklären.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 15.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I. Die Klägerin wendet sich gegen die von der Beklagten mit Bescheid vom 5. Juli 2012 angeordneten und zwangsgeldbewehrten Verfügungen zur Untersagung der Nutzung von Räumen als Wettbüro (Nr. 1 des Bescheidstenors) und zur Beseitigung von auf diese Nutzung hinweisenden Werbeanlagen am Gebäude (Nr. 2 des Bescheidstenors). Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit Urteil vom 15. Mai 2013 ab. Hiergegen richtet sich das Rechtsmittel der Klägerin.

II. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

1. Die Klägerin beruft sich auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was die Klägerin innerhalb offener Frist hat darlegen lassen (§ 124 a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Daraus ergeben sich solche Zweifel nicht.

a) Der Einwand, das Verwaltungsgericht habe rechtsirrig unterstellt, dass die Nutzungsuntersagungsverfügung dem Bestimmtheitsgebot genüge, lässt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils aufkommen.

Das Verwaltungsgericht hat die Bestimmtheit der Nutzungsuntersagungsverfügung nicht unterstellt, sondern zu Recht bejaht, weil sich die Nutzungsuntersagung ersichtlich auf eine konkrete, der Klägerin bekannte Nutzung als „Wettbüro“ bezieht. In der obergerichtlichen Rechtsprechung wird zwischen sog. „Wettannahmestellen“ und „Wettbüros“ unterschieden. Während bloße Wettannahmestellen für Sportwetten mit den Annahmestellen für Lotto und Toto gleichgestellt werden, sind Wettbüros als Vergnügungsstätten zu behandeln, wenn sie auch der kommerziellen Unterhaltung dienen. Unter Wettbüros in diesem Sinn fallen Räumlichkeiten, in denen zwischen dem Kunden (Spieler), dem Wettbüro (Vermittler) und dem - meist im europäischen Ausland ansässigen - Wettunternehmen Transaktionen abgeschlossen werden, wobei es sich um Sportwetten bzw. um Wetten auf diverse sonstige Ereignisse handelt. Hinzu kommt im Regelfall, dass die Räumlichkeiten - insbesondere durch die Anbringung von Bildschirmen - Gelegenheit bieten, die Wettangebote bzw. -ergebnisse live mitzuverfolgen (vgl. BayVGH, B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 7 m. w. N.).

Dass die Beklagte die Nutzung als Wettbüro untersagt hat, weil sie dieses als Vergnügungsstätte eingestuft hat, folgt aus der Bescheidsbegründung („Bei der Nutzung als Wettbüro handelt es sich um eine gewerbliche Nutzung, welche als Vergnügungsstätte einzustufen ist“, S. 4 des Bescheids; „die Zulassung des Wettbüros im allgemeinen Wohngebiet widerspricht den Grundzügen der Planung, da eine Vergnügungsstätte dem Zweck des Wohngebiets widerspricht“; „des Weiteren ist aufgrund des hier vorhandenen Einleitungsbeschlusses des neuen Bebauungsplanes Nr. 4570, der Vergnügungsstätten - somit auch das Wettbüro - ausschließen soll, eine derartige Nutzung nicht möglich“, beide S. 5 des Bescheids etc.). Damit ist die nach Ansicht der Klägerin entscheidende Frage, ob auch eine in nicht vergnügungsstättenartiger Weise betriebene Form der Wettvermittlung untersagt wurde, beantwortet. Für eine Interpretation der angefochtenen Nutzungsuntersagungsverfügung, im Sinn des Zulassungsvorbringens der Klägerin, dass ggf. „auch ein nichtvergnügungsstättenartiger Betrieb untersagt werde“, besteht danach kein Raum.

Im Übrigen führt das Verwaltungsgericht weiter zutreffend aus, dass es nicht Aufgabe einer Nutzungsuntersagungsverfügung ist, andere mögliche Nutzungen einer Anlage zu bestimmen. Hiermit setzt sich das Zulassungsvorbringen nicht auseinander. Das Auffinden zulässiger Nutzungen, die - wie hier - von der Nutzungsuntersagungsverfügung nicht umfasst sind, ist auch nicht die Aufgabe des Verwaltungsgerichts. Vielmehr ist es grundsätzlich Sache des Bauherrn, die konkreten Nutzungsentscheidungen zu treffen (vgl. Decker in Simon/Busse, BayBO, Stand September 2015, Art. 76 Rn. 297 m. w. N.).

b) Die Darlegungen der Klägerin zu der ihrer Ansicht nach nicht wirksamen Korrektur eines Ermessensfehlgebrauchs hinsichtlich der Nutzungsuntersagungsverfügung führen nicht zur Zulassung der Berufung.

aa) Mit Schriftsatz vom 25. November 2013 hat die Antragsgegnerin im Zulassungsverfahren ihre Ermessenserwägungen (nochmals) ergänzt. Für eine Nutzungsuntersagung genüge grundsätzlich die formelle Illegalität der Nutzung. Auf die materielle Rechtmäßigkeit komme es regelmäßig nicht an. Etwas anderes gelte nur dann, wenn das genehmigungspflichtige Vorhaben offensichtlich genehmigungsfähig sei. Letzteres sei jedoch nicht der Fall (es folgen Ausführungen zur materiellen Unzulässigkeit des Vorhabens). Jedenfalls mit diesen Ausführungen der Beklagten, denen die Klägerin nicht entgegen getreten ist, ist ihrem Einwand die Grundlage entzogen, die Beklagte habe nicht deutlich gemacht, dass es sich bei ihren Ausführungen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht nur um ein prozessuales Vorbringen, sondern um eine Änderung des Verwaltungsakts selbst handle und nicht hinreichend bestimmt sei, mit welcher „neuen“ Begründung die behördliche Entscheidung letztlich aufrecht erhalten bleibe.

bb) Die Ergänzung der Ermessenserwägungen durch die Beklagte im Zulassungsverfahren ist zulässig und gemäß § 114 Satz 2 VwGO auch beachtlich. Die Voraussetzungen für die materiell-rechtliche und verwaltungsverfahrensrechtliche Zulässigkeit des Nachschiebens von Ermessenserwägungen liegen vor.

(1) Nach § 114 Satz 2 VwGO kann die Verwaltungsbehörde ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsakts „auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen“. Zweck dieser Bestimmung ist es, klarzustellen, dass ein materiell- und verwaltungsverfahrensrechtlich zulässiges Nachholen von Ermessenserwägungen nicht an prozessualen Hindernissen scheitert (vgl. BVerwG, U. v. 20.6.2013 - 8 C 46/12 - BVerwGE 147, 81 = juris Rn. 34 m. w. N.). Ergänzende Erwägungen in diesem Sinn sind bereits im Zulassungsverfahren zu berücksichtigen. Insbesondere beurteilt sich die Frage, ob ein dargelegter Grund für die Zulassung der Berufung besteht, nach der im Zeitpunkt der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts über den Zulassungsantrag nach materiellem Recht maßgeblichen Sach- und Rechtslage (vgl. OVG NW, B. v. 29.4.2011 - 18 A 1491/10 - NVwZ-RR 2011, 623; ebs. BayVGH, B. v. 19.7.2013 - 8 ZB 12.404 - juris Rn. 8; ebs. OVG Berlin-Bbg, B. v. 6.12.2013 - OVG 10 N 24.11 - juris Rn. 10; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 124 Rn. 24a, jeweils m. w. N.).

(2) Ausweislich des Wortlauts ihrer Antragserwiderungsschrift vom 25. November 2013 zur „Ergänzung der Ermessenserwägungen“ (S. 3) hat die Beklagte die Begründung des Bescheids vom 5. Juli 2012 zur Untersagung der Nutzung als Wettbüro neu gefasst; der neue Wortlaut tritt nach dem erklärten Willen der Beklagten an die Stelle der bisherigen Bescheidsbegründung.

(a) Gegen den von der Beklagten vorgenommenen Austausch ihrer wesentlichen Ermessenserwägungen in der Bescheidsbegründung ist in materiell-rechtlicher und verwaltungsverfahrensrechtlicher Hinsicht nichts zu erinnern. Da die Nutzungsuntersagung nach Art. 76 Satz 2 BayBO nach Maßgabe des materiellen Rechts ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung ist (vgl. BayVGH, U. v. 16.2.2015 - 1 B 13.648 - NVwZ-RR 2015, 607 = juris Rn. 24 m. w. N.), sind im gerichtlichen Verfahren Veränderungen der Sachlage bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz und Veränderungen der Rechtslage bis zum Ergehen der Revisionsentscheidung zu berücksichtigen (vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 113 Rn. 48 m. w. N.; BVerwG, U. v. 20.6.2013 - 8 C 46.12 - BVerwGE 147, 81 = juris Rn. 33). Das hat zur Folge, dass die Behörde die Rechtmäßigkeit der Verfügung ständig verfahrensbegleitend kontrollieren und ihre Entscheidung ggf. aktualisieren muss (vgl. BVerwG, U. v. 13.12.2011 - 1 C 14.10 - BVerwGE 141, 253 = juris Rn. 10; Decker in Simon/Busse, a. a. O., Art. 76 Rn. 294). In verwaltungsverfahrensrechtlicher Hinsicht kommt der Austausch auch wesentlicher Ermessenserwägungen in Betracht, soweit die Begründung nur für die Zukunft geändert wird. Denn so wie die Behörde die Untersagung mit neuer Begründung neu erlassen könnte, kann sie das Verbot auch mit geänderter Begründung für die Zukunft erlassen (vgl. BVerwG, U. v. 20.6.2013 - 8 C 10.12 - BVerwGE 147, 47 = juris Rn. 64 m. w. N.; BVerwG, U. v. 20.6.2013 - 8 C 46.12 - BVerwGE 147, 81 = juris Rn. 33, 39). So liegt es hier. Dass die Beklagte die Begründung der Untersagung (nur) mit Wirkung für die Zukunft geändert hat, ergibt sich aus ihrer der Ergänzung vorangestellten Bezugnahme auf die vorgenannte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts und ihrem prozessualen Verteidigungsvorbringen, wonach mit der vorstehenden Ergänzung der Ermessenserwägungen die Frage der Ermessensfehlerhaftigkeit des streitgegenständlichen Bescheids in seiner ursprünglichen Fassung nicht mehr entscheidungserheblich ist (vgl. S. 6 der Antragserwiderungsschrift). Im Austausch der Ermessenserwägungen durch die Beklagte ist vorliegend auch keine Änderung des Wesens der ursprünglich verfügten Nutzungsuntersagungsverfügung zu sehen; der Regelungsgegenstand, der Tenor, und damit auch die Intention, die den öffentlich-rechtlichen Vorschriften widersprechende Nutzung als „Wettbüro“ zu untersagen, sowie die Rechtsgrundlage bleiben gleich. Davon abgesehen ist die Nutzungsuntersagung als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung - wie bereits ausgeführt wurde - stets auf eine Anpassung an jeweils veränderte Umstände angelegt. Des Weiteren wird durch die Änderung mit Wirkung für die Zukunft die Rechtsverteidigung der Klägerin nicht beeinträchtigt, weil sich ihr Prozessverhalten angesichts des maßgeblichen Zeitpunkts der jeweils aktuellen Sach- und Rechtslage ohnehin auf zukunftsbezogene Veränderungen einstellen muss (vgl. BVerwG, U. v. 20.6.2013 - 8 C 46.12 - BVerwGE 147, 81 = juris Rn. 33).

(b) Die nachgeschobenen Ermessenserwägungen sind schriftlich abgefasst (vgl. BVerwG, U. v. 13.12.2011, a. a. O. juris Rn. 18) und genügen auch den Bestimmtheitsanforderungen des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG (vgl. BVerwG, U. v. 20.6.2013 - 8 C 46.12 - BVerwGE 147, 81 = juris Rn. 35 ff.). Die Beklagte hat klargestellt, dass die angefochtene Nutzungsuntersagung geändert wird, indem sie die Begründung „wie folgt“ neu fasst und diese an die Stelle der bisherigen Ausführungen treten lässt (vgl. S. 3 der Antragserwiderung vom 25.11.2013). Die so geänderte Nutzungsuntersagungsverfügung stellt mit ihrer neuen Begründung nunmehr - zutreffend - allein darauf ab, dass für die Rechtmäßigkeit der Nutzungsuntersagungsverfügung die formelle Illegalität der Nutzung ausreicht und erläutert ebenfalls zutreffend, dass das genehmigungspflichtige Vorhaben der Klägerin nicht offensichtlich genehmigungsfähig ist. Unschädlich ist dabei, dass die Beklagte insoweit an ihre ursprüngliche Beurteilung der materiellen Illegalität des Vorhabens anknüpft.

(c) Weitergehende Anforderungen ergeben sich aus § 114 Satz 2 VwGO nicht. Diese Vorschrift regelt nicht die Voraussetzungen für die materiell-rechtliche und verwaltungsverfahrensrechtliche Zulässigkeit des Nachschiebens von Gründen, sondern betrifft nur ihre Geltendmachung im Prozess (BVerwG, U. v. 13.12.2011, a. a. O., juris Rn. 9; U. v. 20.6.2013 - 8 C 46.12 - BVerwGE 147, 81 = juris Rn. 34 m. w. N.).

(4) Die Klägerin hatte ausreichend Gelegenheit, sich zu den im Zulassungsverfahren nachgeschobenen Ermessenserwägungen durch die Beklagte zu äußern. Hiervon hat sie keinen Gebrauch gemacht.

(5) Die Nutzungsuntersagungsverfügung mit den ursprünglichen Erwägungen entfaltete mangels eines bis zum Nachschieben der Ermessenserwägungen durch Schriftsatz vom 25. November 2013 angeordneten Sofortvollzugs keine vollziehbaren Wirkungen. Bis zur Anordnung des Sofortvollzugs durch den Bescheid der Beklagten vom 30. Oktober 2015 konnte die Klägerin ihre illegal aufgenommene Nutzung fortführen. Bereits aus diesem Grund bedarf es keiner Klärung der Frage, ob die Nutzungsuntersagungsverfügung auch bis zu deren Änderung im Zulassungsverfahren rechtmäßig war.

c) Nachdem die Beklagte ihre die Nutzungsuntersagung begründenden Ermessenserwägungen zulässig und beachtlich nachgeschoben hat, kommt es nicht darauf an, ob die weitere selbstständig tragende Begründung des Verwaltungsgerichts, das durch Art. 76 Satz 2 BayBO eingeräumte Ermessen sei im Sinn einer Nutzungsuntersagung vorgezeichnet, zutrifft.

d) Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass die angeordnete Beseitigung der Werbeanlagen (Beklebungen an den Schaufenstern und der Eingangstüre, Werbeträger an der Eingangsüberdachung) nicht zu beanstanden ist, weil die Werbeanlagen nach der Werbeanlagensatzung im denkmalrechtlichen Ensemble unzulässig sind.

Das Zulassungsvorbringen der Klägerin, wonach sich das moderne Wohn- und Geschäftshaus auf dem Baugrundstück in seiner Bauweise so deutlich von dem denkmalgeschützten Altbestand rechts davon unterscheide, dass hier eine klare Zäsur vorliege, die es ausschließe, es als Teil eines Ensembles anzusehen, niemand würde ein solch modernes Anwesen ernsthaft als Teil eines Baudenkmals betrachten und ein denkmalrechtlicher Schutz der Nachbargebäude sei angesichts der klaren Zäsur nicht zu begründen, lässt keine ernstlichen Zweifel an dieser Auffassung des Verwaltungsgerichts aufkommen.

aa) Das Verwaltungsgericht hat nicht auf den Denkmalwert der benachbarten Gebäude abgestellt, sondern auf die Lage des gegenständlichen Gebäudes im denkmalrechtlichen Ensemble „Schweinauer Straße“ sowie auf die Regelungen in § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c) und d) der Werbeanlagensatzung der Beklagten vom 8. August 2012 (WaS). Danach sind in denkmalrechtlichen Ensembles i. S. d. Art. 1 Abs. 3 DSchG u. a. bedruckte oder beklebte Platten an Gebäuden sowie Fenster- und Schaufensterbeklebungen mit einem Beklebungsanteil über 50 v. H. der Fensterfläche und damit die gegenständlichen Werbeanlagen unzulässig. Mit diesen Ausführungen setzt sich das Zulassungsvorbringen nicht substantiiert auseinander.

bb) Soweit die Klägerin einen auffälligen Kontrast des modernen Wohn- und Geschäftshauses zum „denkmalgeschützten Altbestand“ geltend macht, verkennt sie den Inhalt des denkmalrechtlichen Ensemblebegriffs. Nach Art. 1 Abs. 3 DSchG kann zu den Baudenkmälern auch eine Mehrheit von baulichen Anlagen (Ensemble) gehören, und zwar auch dann, wenn nicht jede einzelne dazugehörige bauliche Anlage die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 DSchG (Denkmalbegriff) erfüllt, aber das Orts-, Platz- oder Straßenbild insgesamt erhaltungswürdig ist. Baudenkmal i. S. d. Art. 1 Abs. 3 DSchG ist danach das Ensemble selbst und nicht nur der „denkmalrechtliche Altbestand“. Ensemble ist die aus einer Mehrheit baulicher Anlagen bestehende Umgebung, deren Gesamteindruck ein in denkmalpflegerischer Sicht erhaltungswürdiges Orts-, Platz oder Straßenbild erkennen lässt. Die Zugehörigkeit einer baulichen Anlage zu einem denkmalrechtlichen Ensemble setzt deshalb gerade nicht voraus, dass sie selbst die Denkmalanforderungen erfüllt (Art. 1 Abs. 3 DSchG). Auch ein „modernes Wohn- und Geschäftshaus“ kann danach wie hier Bestandteil eines denkmalrechtlichen Ensembles sein.

2. Die geltend gemachten besonderen Schwierigkeiten rechtlicher und tatsächlicher Art liegen nicht vor (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Insoweit kann auf die Ausführungen zu den geltend gemachten ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidungen verwiesen werden. Besondere Schwierigkeiten im Sinn offener Erfolgsaussichten eines Berufungsverfahrens (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 124 Rn. 27) haben sich dabei nicht ergeben.

a) Soweit es die Bestimmtheit der Nutzungsuntersagungsverfügung betrifft, ergibt sich aus den Bescheidsgründen eindeutig, dass die Nutzung des Wettbüros als Vergnügungsstätte untersagt wurde. Was unter einem Wettbüro in diesem Sinne zu verstehen ist, ist geklärt.

b) Die Zulässigkeit des Austauschs wesentlicher Ermessenserwägungen und dessen Berücksichtigung nach § 114 Satz 2 VwGO im gerichtlichen Verfahren ist in rechtlicher Hinsicht in der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt (vgl. insb. BVerwG, U. v. 20.6.2013 - 8 C 46/12 - BVerwGE 147, 81 und BVerwG, U. v. 13.12.2011 - 1 C 14.10 - BVerwGE 141, 253). Die Anwendung der sich aus dieser Rechtsprechung ergebenden Grundsätze auf den vorliegenden Fall bereitet keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten.

c) Die Frage, ob fehlerhafte Erwägungen auch in Fällen des intendierten Ermessens zur Rechtswidrigkeit einer Untersagungsverfügung führen, ist nicht entscheidungserheblich.

3. Die Rechtsache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Klägerin beimisst (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

a) Die Frage, ob eine Heilung bislang fehlerhafter Ermessenserwägungen möglich ist, wenn nicht deutlich gemacht wird, dass sich die Behörde nicht bloß prozessual verteidigen, sondern den Inhalt der Verfügung ändern will, bedarf keiner Klärung im Berufungsverfahren. Die Beklagte hat ihre Ermessenserwägungen im Zulassungsverfahren in einer den Bestimmtheitsanforderungen des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG genügenden Weise ergänzt und insbesondere deutlich gemacht, dass sie den Inhalt der angefochtenen Nutzungsuntersagung ändern will.

b) Die Frage, ob in Fällen eines intendierten Ermessens fehlerhafte Erwägungen unbeachtlich sind, ist ebenfalls nicht klärungsfähig, weil sie sich nach den zuvor gemachten Ausführungen im Berufungsverfahren nicht stellen würde.

4. Auch die Divergenzrügen (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) rechtfertigen nicht die Zulassung der Berufung.

a) Die gerügte Abweichung von den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Dezember 2011 und vom 20. Juni 2013 (1 C 14.10 und 8 C 46.12 zur Form, Handhabung und Bestimmtheit des Nachschiebens von Ermessenserwägungen) ist wegen der zulässigen und beachtlichen Ergänzung der Ermessenserwägungen im Zulassungsverfahren weggefallen (vgl. Happ in Eyermann, a. a. O., § 124 Rn. 41 m. w. N.).

b) Die gerügte Abweichung vom Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Juni 2013 (8 C 10.12), wonach ein intendiertes Ermessen zwar eine nähere Begründung der Ermessensausübung erübrigen, aber keine fehlerhafte Begründung heilen kann, rechtfertigt eine Zulassung der Berufung mangels Entscheidungserheblichkeit nicht (vgl. Happ in Eyermann, a.a.O, § 124 Rn. 44 m. w. N.).

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG. Sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben worden sind.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragsteller tragen je zur Hälfte die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller wenden sich im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gegen baurechtliche Nutzungsuntersagungen für den Betrieb einer Kfz-Werkstätte für Karosserie- und Motorreparaturen.

Der Antragsteller zu 1 betrieb seit 1. Oktober 2012 auf dem Grundstück FlNr. 1465/3 Gemarkung Weiden i.d.OPf. des Antragstellers zu 2 eine Kfz-Reparaturwerkstätte. Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des am 2. August 1968 bekannt gemachten Bebauungsplans für das Baugebiet „Rehbühl“ der Stadt Weiden i.d.Opf., in dem es als allgemeines Wohngebiet ausgewiesen ist. Innerhalb der festgesetzten Baugrenzen ist das bestehende Gebäude auf dem Grundstück FlNr. 1465/3 als Werkstätte („W“) gekennzeichnet.

Mit für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 17. Juli 2013 untersagte die Antragsgegnerin unter Anordnung von Zwangsgeldern dem Antragsteller zu 1 den weiteren Betrieb einer Kfz-Reparaturwerkstätte auf dem Grundstück. Dem Antragsteller zu 2 untersagte sie, auf dem Grundstück eine Kfz-Reparaturwerkstätte zu betreiben oder betreiben zu lassen. Die Antragsteller erhoben gegen den Bescheid beim Verwaltungsgericht Regensburg Klage und beantragten Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung.

Mit Beschluss vom 21. August 2013 hat das Verwaltungsgericht den Antrag abgelehnt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsteller.

Die Antragsteller beantragen sinngemäß,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 21. August 2013 zu ändern und die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 17. Juli 2013 wiederherzustellen.

Zur Begründung tragen sie vor: Die Nutzung des Gebäudes auf dem Grundstück FlNr. 1465/3 als Kfz-Reparaturwerkstätte sei formell legal. Auf dem Grundstück sei bis zum Jahr 1988 eine baurechtlich genehmigte Schreinerei mit Werkstatt betrieben worden. Dass die Baugenehmigung nicht mehr auffindbar sei, dürfe nicht den Antragstellern angelastet werden. Die Werkstatt sei 1968 in den Bebauungsplan als Bestand aufgenommen worden. Die Genehmigung für die Schreinereiwerkstatt erfasse auch den Betrieb der Kfz-Werkstätte für Karosseriereparaturen. Diese Nutzung mit einem Auszubildenden sei nicht intensiver als die Nutzung durch die frühere Schreinerei mit sieben Angestellten. Auch würden Karosseriewerkstätten heute weniger Lärm verursachen als früher. Das Vorhaben sei materiell legal, insbesondere sei es bauplanungsrechtlich zulässig. Der Bebauungsplan lasse jede Werkstattnutzung ohne Beschränkung auf nicht störende Betriebe zu. Die Nutzungsuntersagung sei ermessensfehlerhaft und widersprüchlich, weil die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 24. März 2010 einen Vorbescheidsantrag zur Änderung der Werkstattnutzung in eine Wohnnutzung mit der Begründung abgelehnt habe, nach dem Bebauungsplan von 1968 seien auf dem Grundstück FlNr. 1465/3 nur Garagen und Werkstätten zulässig, nunmehr aber die Nutzung des Gebäudes als Kfz-Reparaturwerkstätte unter Hinweis auf den Charakter der Fläche als allgemeines Wohngebiet untersage.

Die Antragsgegnerin stellt keinen Antrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten sowie die Behördenakten Bezug genommen.

II.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung zu Recht abgelehnt. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Nutzungsuntersagungen überwiegt das gegenläufige Interesse der Antragsteller, weil ihre Klage aller Voraussicht nach keinen Erfolg haben wird und die Untersagung der Nutzung im öffentlichen Interesse dringend geboten ist. Das gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein zu berücksichtigende Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung.

Nach summarischer Prüfung wird die Klage erfolglos bleiben. Die Nutzungsuntersagungen sind aller Voraussicht nach rechtmäßig und verletzen die Antragsteller nicht in ihren Rechten (Art. 76 Satz 2 BayBO, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Voraussetzungen des Art. 76 Satz 2 BayBO sind mit großer Wahrscheinlichkeit erfüllt.

Nach Art. 76 Satz 2 BayBO kann die Nutzung einer baulichen Anlage untersagt werden, wenn die Nutzung öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspricht. Diese Voraussetzungen sind grundsätzlich schon dann erfüllt, wenn eine bauliche Anlage ohne erforderliche Genehmigung, somit formell illegal, genutzt wird. Da die Nutzungsuntersagung in erster Linie die Funktion hat, den Bauherrn auf das Genehmigungsverfahren zu verweisen, muss grundsätzlich nicht geprüft werden, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstößt. Allerdings darf eine formell rechtswidrige Nutzung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit regelmäßig dann nicht untersagt werden, wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig ist. Denn es ist im Allgemeinen unverhältnismäßig, eine offensichtlich materiell legale Nutzung zu untersagen, ohne den Bauherrn vorher - vergeblich - aufgefordert zu haben, einen Bauantrag zu stellen (Art. 76 Satz 3 BayBO) bzw. ohne über einen bereits gestellten Bauantrag entschieden zu haben (vgl. BayVGH, U.v. 19.5.2011 - 2 B 11.353 - BayVBl 2012, 86).

Nach diesen Maßstäben sind die Nutzungsuntersagungen voraussichtlich rechtmäßig. Selbst wenn man zugunsten der Antragsteller unterstellt, dass der im Jahr 1988 eingestellte Schreinereibetrieb mit Werkstatt bauaufsichtlich genehmigt worden ist, ist die Nutzung der Gebäude auf dem Grundstück FlNr. 1465/3 als Kfz-Werkstätte für Karosserie- und Motorreparaturen formell rechtswidrig. Denn zum einen wird diese Nutzung von der Genehmigung für die Schreinereiwerkstatt nicht gedeckt (vgl. unten 1.). Zum anderen ist die Baugenehmigung für den Schreinereibetrieb wohl nicht mehr wirksam (vgl. unten 2.). Die Nutzung für eine Kfz-Reparaturwerkstätte ist auch nicht offensichtlich genehmigungsfähig (vgl. unten 3.). Ebenso wenig verstößt der angegriffenen Bescheid gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (vgl. unten 4.).

1. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass die Baugenehmigung für die Schreinereiwerkstatt die Nutzung für eine Kfz-Reparaturwerkstätte nicht deckt, sondern es sich bei der Umnutzung um eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung im Sinn von Art. 55 Abs. 1, Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO handelt.

Ob eine neue Nutzung von der Baugenehmigung für die bisherige Nutzung noch umfasst wird oder eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung vorliegt, beurteilt sich grundsätzlich danach, ob die Variationsbreite der genehmigten Nutzung überschritten wird und für die geänderte Nutzung andere bauordnungs- oder bauplanungsrechtlichen Anforderungen in Betracht kommen als für die bisherige Nutzung, so dass sich die Frage der Genehmigungsfähigkeit neu stellt (vgl. BVerwG, U.v. 18.11.2010 - 4 C 10.09 - BVerwGE 138, 166 Rn. 12 zu § 29 BauGB; BayVGH, B.v. 10.6.2010 - 1 ZB 09.1971 - juris Rn. 15; B.v. 22.8.2013 - 15 ZB 12.1984 - juris Rn. 9). Nach Inkrafttreten der Neufassung des Art. 57 Abs. 4 BayBO durch das Änderungsgesetz vom 11. Dezember 2012 (GVBl. S. 633) gilt dies bei Sonderbauten allerdings nur noch hinsichtlich solcher Anforderungen, die Gegenstand der bauaufsichtlichen Prüfung sind (vgl. LT-Drs. 16/13683 S. 15). Andere bauordnungs- oder bauplanungsrechtliche Anforderungen kommen nicht nur dann in Betracht, wenn für die neue Nutzung strengere Vorschriften gelten können, sondern auch, wenn die neuen Anforderungen weniger einschränkend sind (vgl. BayVGH, B.v. 16.6.1986 - 20 B 83 A. 555 - S. 14, n.v.; B.v. 2.9.2013 - 9 CS 13.1226 - juris Rn. 12; Schwarzer/König, Bayerische Bauordnung, 4. Aufl. 2012, Art. 57 Rn. 106; Lechner/Busse in Simon/Busse, BayBO, Stand Dezember 2013, Art. 57 Rn. 413). Das kann der Fall sein, wenn bisherige und geänderte Nutzung in unterschiedlichen Rechtsvorschriften geregelt sind oder wenn sich aus derselben Norm abweichende Anforderungen hinsichtlich der Zulässigkeit einer neuen Nutzung ergeben können (vgl. BVerwG, B.v. 7.11.2002 - 4 B 64/02 - BRS 66 Nr. 70). Voraussetzung für eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung ist nicht, dass tatsächlich andere Anforderungen an die geänderte Nutzung gestellt werden, sondern nur, dass derartige Anforderungen in Betracht kommen können und die Frage, ob dies tatsächlich der Fall ist, in einem Genehmigungsverfahren geprüft werden muss (so bereits die Rechtslage zu Art. 69 Abs. 4 BayBO 1998, vgl. LT-Drs. 13/7008 S. 42).

Nach diesen Maßstäben liegt hier eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung vor, weil sich die neue Nutzung als Kfz-Werkstätte mit Karosserie- und Motorreparaturen von der genehmigten Nutzung als Schreinereiwerkstatt wegen seiner Auswirkungen auf die Nachbarschaft zumindest hinsichtlich der Lärmbelastung deutlich unterscheidet und damit im Hinblick auf das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot (§ 29 Abs. 1, § 30 Abs. 1 BauGB i. V. m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO) geänderte Anforderungen in Betracht kommen. Denn geräuschintensive Kfz-Reparaturwerkstätten können sich wegen der von ihnen im Hinblick auf die wesentlich andersartigen Betriebsabläufe mit unterschiedlichen Arbeitsgeräten und -maschinen und dem geänderten Zu- und Abfahrverkehr üblicherweise ausgehenden Betriebsgeräusche anders auf ihre Umgebung auswirken als eine Schreinereiwerkstatt. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass sich die Technik im Laufe der Zeit verbessert und eine Kfz-Reparaturwerkstätte heute weniger Lärm verursacht als früher. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob der frühere Schreinereibetrieb mehr Lärm verursacht hat als die KfZ-Werkstätte.

2. Die Baugenehmigung für die Schreinereiwerkstatt dürfte keine Rechtswirkungen mehr entfalten, sondern sich nach Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG auf andere Weise erledigt haben.

Nach dieser Bestimmung bleibt eine Baugenehmigung als Verwaltungsakt wirksam, solange und soweit sie nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist, also unabhängig von der Entscheidung der Behörde durch Wegfall des Regelungsobjekts, durch inhaltliche Überholung, einseitigen Verzicht oder Antragsrücknahme oder aufgrund geänderter Sach- oder Rechtslage gegenstandslos geworden ist (vgl. BVerwG, U.v. 9.5.2012 - 6 C 3/11 - BVerwGE 143, 87 Rn. 19 ff.; OVG Rh-Pf, U.v. 12.3.2013 - 8 A 11152/12 - NVwZ-RR 2013, 672/673; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl. 2013, § 43 Rn. 41a).

Diese Voraussetzungen sind hier voraussichtlich erfüllt. Es spricht Einiges dafür, dass der Antragsteller zu 1 bzw. sein Rechtsvorgänger nach der Einstellung des Schreinereibetriebs im Jahr 1988 endgültig auf die Ausübung ihrer Rechte aus der Baugenehmigung verzichtet haben. Zwar spielt es für die Wirksamkeit einer Baugenehmigung grundsätzlich keine Rolle, ob die genehmigte Nutzung beendet wird oder wie lange eine Nutzungsunterbrechung dauert, weil das geltende Bauordnungsrecht keine Rechtspflicht zur Fortsetzung einer genehmigten Nutzung kennt. Allein die (auch langjährige) Nichtweiterführung einer genehmigten Nutzung reicht daher in aller Regel nicht aus, um auf einen dauerhaften Verzichtswillen schließen zu können (vgl. BayVGH, U. v. 20.2.2003 - 15 B 00.1363 - VGH n. F. 56, 82/87; U.v. 1.2.2007 - 2 B 05.2470 - VGH n. F. 60, 215/216 f.). Erforderlich ist vielmehr - ähnlich wie beim Rechtsinstitut der Verwirkung, das neben dem Zeitmoment ein Umstandsmoment voraussetzt - das Hinzutreten weiterer Umstände, die eine endgültige Aufgabe des Nutzungswillens nach außen dokumentieren (vgl. OVG NRW, U.v. 9.8.2013 - 2 A 2520/12 - juris Rn. 14; ThürOVG, B.v. 29.11.1999 - 1 EO 658/99 - BauR 2000, 719). Ein solcher Umstand kann - schon mit Blick auf die damit verbundenen Investitionen - regelmäßig dann angenommen werden, wenn eine andere Nutzung aufgenommen wird (vgl. BayVGH, U.v. 20.2.2003 - 15 B 00.1363 - VGH n. F. 56, 82/88; VGH BW, U.v. 4.3.2009 - 3 S 1467/07 - BauR 2009, 1881; vgl. auch BVerwG, B.v. 21.11.2000 - 4 B 36.00 - NVwZ 2001, 557 f.; Schlarmann/Ruttloff, DVBl 2012, 869/872).

Das ist hier der Fall. Nach eigenen Angaben der Antragsteller wurden nach der Einstellung der offenbar noch vom Vater des Antragstellers zu 1 betriebenen Schreinerei im Jahr 1988 auf dem Grundstück vorübergehend andere gewerbliche Nutzungen betrieben (vgl. Schriftsatz vom 19.9.2013). In der Folgezeit wurde der Betrieb nicht fortgeführt. Vielmehr hat der Antragsteller zu 1 den mit Bescheid vom 24. März 2010 abgelehnten Vorbescheidsantrag für eine Wohnnutzung auf dem Grundstück und schließlich am 29. Juli 2013 die Erteilung einer Baugenehmigung für die streitgegenständliche Nutzung als Kfz-Reparaturwerkstätte gestellt. Dies alles deutet darauf hin, dass der im Jahr 1988 eingestellte Schreinereibetrieb nicht wieder aufgenommen werden soll, sondern vom Antragsteller zu 1 willentlich endgültig aufgegeben wurde.

3. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass die untersagte Nutzung als Kfz-Reparaturwerkstätte nicht offensichtlich genehmigungsfähig ist.

Die Auffassung der Antragsteller, nach den Festsetzungen des Bebauungsplans sei im Plangebiet jede Art von Werkstattnutzung ohne Beschränkung auf nicht störende Handwerks- und Gewerbebetriebe zulässig, geht fehl. Der Bebauungsplan setzt in dem maßgeblichen Bereich als Art der baulichen Nutzung ein „allgemeines Wohngebiet im Sinn des § 4 BauNVO“ fest (§ 2 Abs. 2 Satz 1 der Satzung). Darin sind nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO 1962, der nach § 1 Abs. 3 Satz 2 BauNVO 1962 Bestandteil des Bebauungsplans ist, allgemein nur der Versorgung des Gebiets dienende, nicht störende Handwerksbetriebe zulässig. Daneben sind kraft Festsetzung (§ 1 Abs. 5 BauNVO 1962) auch sonstige nicht störende Gewerbebetriebe und Tankstellen sowie im Gebiet „Rehbühlsiedlung“ auch Ställe für Kleintierhaltung allgemein zulässig (§ 2 Abs. 2 Satz 2 der Satzung). Zu diesen Betrieben zählen Kfz-Werkstätten, die Karosseriereparaturarbeiten durchführen, schon deswegen nicht, weil sie nach der grundsätzlich gebotenen typisierenden Betrachtungsweise (vgl. BVerwG, B.v. 28.2.2008 - 4 B 60/07 - NVwZ 2008, 786 Rn. 10 ff.; BayVGH, U.v. 8.3.2013 - 15 B 10.2922 - juris Rn. 23; Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand August 2013, § 4 BauNVO Rn. 73) aufgrund ihrer geräuschintensiven Arbeiten das Wohnen stören (vgl. BVerwG, B.v. 11.4.1975 - IV B 37.75 - BauR 1975, 396; OVG Rh-Pf, U.v. 14.1.2000 - 1 A 11751/99 - BauR 2000, 527; Stock in König/Roeser/Stock, BauNVO, § 4 Rn. 41a). Dass der Betrieb des Antragstellers zu 1 ausnahmsweise als ein das Wohnen nicht störender Handwerks- oder Gewerbebetrieb einzustufen ist, erscheint im Hinblick auf die Durchführung von Karosserie- und Motorreparaturarbeiten entsprechend der Betriebsbeschreibung und der wiederholten Nachbarbeschwerden in der Vergangenheit zweifelhaft. Jedenfalls ist dies nicht offensichtlich. Festsetzungen dahingehend, dass im Plangebiet auch störende Werkstattnutzungen zulässig sind, enthält der Bebauungsplan nicht. Soweit es sich bei der Darstellung „W“ (Werkstatt) auf dem Grundstück des Antragstellers zu 2 überhaupt um eine rechtsverbindliche Festsetzung und nicht nur eine nachrichtliche Darstellung des zur Zeit des Inkrafttretens des Bebauungsplans vorhandenen Bestands handeln sollte (vgl. die „Erläuterung“ zum Bebauungsplan), wäre diese Festsetzung jedenfalls dahingehend auszulegen, dass nur solche Werkstattnutzungen zulässig sind, die mit der Zweckbestimmung eines allgemeinen Wohngebiets vereinbar sind, also lediglich das Wohnen nicht störende Werkstattnutzungen. Eine weitergehende Festsetzung wäre unwirksam, weil sie in Widerspruch zu § 4 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 2 BauNVO 1962 stünde.

4. Nicht durchzudringen vermögen die Antragsteller schließlich mit dem Einwand, der streitgegenständliche Bescheid sei wegen des - auch im Verwaltungsrecht entsprechend § 242 BGB geltenden - Grundsatzes von Treu und Glauben (vgl. BVerwG, U.v. vom 23.11.1993 - BVerwG 1 C 21.92 - BVerwGE 94, 294/298; vom 1.4.2004 Buchholz 310 § 137 Abs. 1 VwGO Nr. 21; BVerwG, U.v. 11.9.2013 - 8 C 11/12 - juris Rn. 44) in der speziellen Ausprägung des Verbots widersprüchlichen Verhaltens ("venire contra factum proprium") rechtswidrig, weil das Landratsamt einerseits die Nutzung einer Kfz-Reparaturwerkstätte im angegriffenen Bescheid vom 17. Juli 2013 untersage, andererseits aber mit Bescheid vom 24. März 2010 die Erteilung eines Vorbescheids für eine Wohnnutzung mit der Begründung abgelehnt habe, der Bebauungsplan sehe für die Fläche eine Werkstattnutzung vor.

Abgesehen davon, dass fraglich erscheint, ob die Widersprüchlichkeit der Beurteilung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens die Folge der Rechtswidrigkeit des (ansonsten rechtsfehlerfreien) Bescheids vom 17. Juli 2013 nach sich ziehen würde, liegt ein Widerspruch nicht vor, weil jedenfalls das Wohnen nicht störende Werkstattnutzungen auf dem Grundstück des Antragstellers zu 2 nicht ausgeschlossen sind.

5. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nrn. 1.5 und 9.4 Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57).

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 € festgesetzt.

Gründe

I. Die Antragstellerin wendet sich gegen eine zwangsgeldbewehrte und für sofort vollziehbar erklärte bauordnungsrechtliche Verfügung zur Unterbindung der Nutzung einer Räumlichkeit als Wettlokal für Sportwetten in Form einer Vergnügungsstätte.

Im Erdgeschoss des nach dem zweiten Weltkrieg wieder in Stand gesetzten Anwesens FlNr. ... Gemarkung A. (= W.) befinden sich Räumlichkeiten, die in der Vergangenheit als Ladengeschäft genutzt worden sind (vgl. u. a. den auf Umbaumaßnahmen eines Schuhgeschäfts bezogenen Baugenehmigungsbescheid vom 3. Juni 1982).

Mit Bescheid vom 10. September 2012 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag des vormaligen Betreibers /Pächters auf baurechtliche Genehmigung der Nutzungsänderung des im Erdgeschoss des vorgenannten Anwesen befindlichen Ladens in ein - schon damals tatsächlich bereits betriebenes - Büro für Sportwetten unter Hinweis auf eine am 3. August 2012 in Kraft getretene Veränderungssperre ab. Mit Urteil vom 26. September 2013 wies das Verwaltungsgericht Augsburg die gegen die Ver-sagung der Nutzungsänderungsgenehmigung gerichtete Verpflichtungsklage ab (Au 5 K 12.1307). Mit Beschluss vom 23. April 2015 lehnte der Verwaltungsgerichtshof den Antrag auf Zulassung der Berufung ab (15 ZB 13.2377).

Unter dem 29. Januar 2013 untersagte die Antragsgegnerin dem vormaligen Betreiber /Pächter, die ehemalige Ladeneinheit im Erdgeschoss des Anwesens als Wettlokal für Sportwetten zu betreiben bzw. durch Dritte betreiben zu lassen. Mit Urteil vom 26. September 2013 hob das Verwaltungsgericht Augsburg die in Nr. 2 des Tenors des Bescheids vom 29. Januar 2013 verfügte Zwangsgeldandrohung auf und wies die Anfechtungsklage gegen die Nutzungsuntersagungsverfügung im Übrigen ab (Au 5 K 13.225). Mit Beschluss vom 23. April 2015 lehnte der Verwaltungsgerichtshof den (gegen die Klageabweisung im Übrigen gerichteten) Antrag auf Zulassung der Berufung ab (15 ZB 13.2378).

Laut einer in den Behördenakten befindlichen Gewerbeanmeldung vom 1. September 2014 nahm die Antragstellerin unter der Adresse W., ... folgende gewerbliche Tätigkeit auf:

„Weitergabe von Sportinformationen, Annahme von Kundenaufträgen zur Abgabe und Vermittlung von Sport- und Oddsetwetten an staatliche Konzessionslotterien auch mittels Online-Kurierdienste, Vermietung von Internetanschlüssen, Getränkeausschank (…).“

Die Antragsgegnerin führte ab Juni 2015 mehrere Baukontrollen durch. In einem Aktenvermerk vom 19. November 2015 über eine Ortsbesichtigung desselben Tages im Wettbüro „T...“ in der W. - als Betreiber wird im Aktenvermerk die Antragstellerin aufgeführt - hielt der Bauaufseher der Antragsgegnerin fest:

„Das Wettbüro war in Betrieb. In der Spielhalle befanden sich 5 Wettautomaten (Wett-Terminals), alle waren in Betrieb, auf insgesamt 6 Bildschirmen wurden die aktuellen Wettquoten angezeigt. Den Besuchern steht ein WC zur Verfügung. Die Gäste haben Zugriff auf einen Getränkeautomat. Ein Briefkasten für das Wettbüro ist nicht vorhanden.

Nach Inspektion und Stellungnahme von Herrn B... und Herrn R... vor Ort können auch die 5 Wett-Terminals als Bildschirm verwendet werden, um sich - ähnlich wie auf den 6 zusätzlich vorhandenen Bildschirmen - die Live-Wetten anzeigen zu lassen. (…)“

Mit dem streitgegenständlichen, am 2. Dezember 2015 zur Post gegebenen Bescheid vom 30. November 2015 untersagte die Antragsgegnerin der Antragstellerin - unter Anordnung des Sofortvollzugs (Nr. 2), unter Androhung eines Zwangsgeldes i.H. von 2.000,- € (Nr. 3) sowie unter gleichzeitiger (ebenfalls sofort vollziehbarer) Duldungsanordnung gegenüber den Grundstückseigentümern (Nr. 4, mit Zwangsgeldandrohung unter Nr. 5) - mit Nr. 1 Satz 1, die ehemalige Ladeneinheit im Erdgeschoss des betroffenen Anwesens als Wettlokal für Sportwetten in Form einer Vergnügungsstätte zu betreiben bzw. durch Dritte betreiben zu lassen. Zu diesem Zweck seien sämtliche (sechs) Bildschirme und (fünf) Wett-Terminals zu beseitigen (Nr. 1 Satz 2). Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Nutzungsänderung nicht genehmigungsfähig sei. Mit der den Besuchern über die Wett-Terminals eingeräumten Möglichkeit, das Spiel- bzw. Wettgeschehen live zu verfolgen und an Sportwetten teilzunehmen, sowie aufgrund des Vorhandenseins eines Getränkeautomaten und von drei Stehtischen bestehe zu einem Verweilen ausreichend Gelegenheit, so dass das Wettlokal mit einer Gesamtnutzfläche von 127 m² als kerngebietstypische Vergnügungsstätte einzuordnen sei. Dies sei im hier gegebenen faktischen Mischgebiet gem. § 34 Abs. 2 des Baugesetzbuches (BauGB) i.V. mit § 6 der Baunutzungs-verordnung (BauNVO) bauplanungsrechtlich unzulässig, zumal zur Sicherung der Planung eine am 3. August 2012 in Kraft getretene Veränderungssperre erlassen worden sei. Ein vormals gestellter Antrag auf Nutzungsänderung in ein Büro für Sportwetten sei mit Bescheid vom 10. September 2012 abgelehnt worden. In Ausübung ihrer Planungshoheit lehne die Antragsgegnerin eine Ausnahme von der Veränderungssperre ab. Infolge des festgestellten Sachverhalts könne die Nutzungsuntersagung, zu deren Umsetzung die Bildschirme und Wett-Terminals zu beseitigen seien, gestützt auf Art. 76 Abs. 2 BayBO in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens ausgesprochen werden. Hierfür genüge bereits die formelle Rechtswidrigkeit, d. h. die Nutzung ohne die hierfür erforderliche Baugenehmigung. Die Nutzungsuntersagung stehe im öffentlichen Interesse und sei auch verhältnismäßig. Aufgrund einer negativen Vorbildwirkung liege die angeordnete sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse.

Am 8. Dezember 2015 erhob die Antragstellerin Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg mit dem Antrag, den Bescheid vom 30. November 2015 aufzuheben. Über die Klage ist - soweit nach Aktenlage ersichtlich ist - bislang nicht entschieden. Ebenfalls am 8. Dezember 2015 beantragte die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht, die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen bzw. anzuordnen. Die Antragstellerin wies im erstinstanzlichen Verfahren u. a. darauf hin, dass die Sitzgelegenheiten und der vormalige Getränkeautomat entfernt worden seien. Außerdem betrage die Nutzfläche des Ladens nur noch ca. 40 m².

Mit Beschluss vom 15. Januar 2016 lehnte das Verwaltungsgericht den Eilantrag ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, die unter Nr. 1 Satz 1 des Bescheides ausgesprochene Nutzungsuntersagung sei gemäß Art. 76 Satz 2 der Bayerischen Bauordnung (BayBO) voraussichtlich rechtmäßig und verletze die Antragstellerin nicht in ihren Rechten. Die hier vorliegende genehmigungspflichtige Nutzungsänderung, die die Vermittlung von Live-Wetten umfasse, überschreite die Schwelle zur Vergnügungsstätte. Da sich die Nutzung der Betriebsstätte nicht mehr im Rahmen der Variationsbreite der genehmigten gewerblichen Nutzung als Ladengeschäft bewege, sei die untersagte Nutzung formell rechtswidrig. Die untersagte Nutzung als Vergnügungsstätte sei - mit Blick auf die erst im Hauptsacheverfahren zu klärenden genauen Verhältnisse im betroffenen unbeplanten Ortsteil - auch nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Die Ermessensausübung der Antragsgegnerin sei nicht zu beanstanden. Nr. 1 Satz 2 des Bescheides sei ebenfalls von Art. 76 Satz 2 BayBO gedeckt, weil sich vorliegend die rechtswidrige Nutzung gerade im Vorhandensein der zu beseitigenden Gegenstände manifestiere. Die Zwangsgeldandrohung (Nr. 3) sei hinreichend bestimmt und halte sich hinsichtlich Fristsetzung und Höhe im Rahmen des Angemessenen.

Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Rechtsschutzbegehren weiter.

Sie beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 15. Januar 2016 abzuändern und die aufschiebende Wirkung gegen Nr. 1 des Bescheides vom 30. November 2015 wiederherzustellen sowie gegen Nr. 3 des Bescheides anzuordnen.

Die Antragsgegnerin hat sich im laufenden Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Behördenakten verwiesen.

II. Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.

Die von der Antragstellerin innerhalb der gesetzlichen Begründungsfrist dargelegten Gründe, auf die sich die Prüfung beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Abänderung oder Aufhebung der angefochtenen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Antragstellerin nach der im Verfahren gem. Art. 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung zu Recht abgelehnt. Die Anfechtungsklage der Antragstellerin gegen Nr. 1 des Bescheides vom 30. November 2015 sowie gegen Nr. 3 dieses Bescheides wird voraussichtlich keinen Erfolg haben. Der Bescheid vom 30. November 2015 ist aller Voraussicht nach rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 76 Satz 2 BayBO als Befugnisnorm sind mit hoher Wahrscheinlichkeit erfüllt; Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Das Vorbringen der Antragstellerin rechtfertigt keine andere Beurteilung.

1. Nach der im Verfahren gem. § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung ist von den tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 76 Satz 2 BayBO für eine Nutzungsuntersagung auszugehen.

In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist geklärt, dass ein Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften im Sinn von Art. 76 Satz 2 BayBO‚ der den Erlass einer Nutzungsuntersagung rechtfertigt‚ bei einem genehmigungspflichtigen Vorhaben grundsätzlich schon dann vorliegt‚ wenn das Vorhaben - wie hier - ohne Baugenehmigung ausgeführt wird. Die Nutzungsuntersagung hat - insoweit einer Baueinstellung entsprechend - die Funktion‚ den Bauherrn auf das Genehmigungsverfahren zu verweisen; es muss daher in der Regel nicht geprüft werden, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstößt. Allerdings darf eine formell rechtswidrige Nutzung grundsätzlich nicht untersagt werden‚ wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig ist. Eine offensichtlich materiell rechtmäßige Nutzung zu untersagen‚ ohne den Bauherrn vorher vergeblich nach Art. 76 Satz 3 BayBO aufgefordert zu haben‚ einen Bauantrag zu stellen‚ wäre unverhältnismäßig (vgl. z. B. BayVGH, U. v. 19.5.2011 - 2 B 11.353 - BayVBl. 2012, 86 = juris Rn. 30 ff.; U. v. 16.2.2015 - 1 B 13.648 - NVwZ-RR 2015, 607 = juris Rn. 22; B. v. 23.04.2015 - 15 ZB 13.2378 - juris Rn. 5 f.; B. v. 8.6.2015 - 2 ZB 15.61 - juris Rn. 3; Decker in Simon/Busse, BayBO, Stand September 2015, Art. 76 Rn. 282 m. w. N.).

Für die Rechtmäßigkeit einer Nutzungsuntersagungsverfügung kommt es deshalb nicht darauf an, ob die Bauaufsichtsbehörde das Vorhaben für genehmigungsfähig hält, sondern darauf, ob das Vorhaben o f f e n s i c h t l i c h genehmigungsfähig ist. Der Betrieb der Antragstellerin ist derzeit weder als Wettannahmestelle noch als Wettvermittlungsstelle, Wettbüro oder als Vergnügungsstätte genehmigt. Es liegt nach summarischer Prüfung auch nicht auf der Hand, dass das Vorhaben genehmigungsfähig ist. Vielmehr muss die Genehmigungsfähigkeit im laufenden Baugenehmigungsverfahren noch geklärt werden.

a) Der Betrieb von Wettvermittlungsstellen kommt in bauplanungsrechtlicher Hinsicht seiner Art nach als Gewerbebetrieb oder als Vergnügungsstätte in Betracht (gegen die Einstufung als Laden i. S. v. §§ 2 bis 4a BauNVO vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Aufl. 2014, § 4a Rn. 23.69). In der obergerichtlichen Rechtsprechung wird zwischen sog. „Wettannahmestellen“ und „Wettbüros“ unterschieden. Während bloße Wettannahmestellen für Sportwetten mit den Annahmestellen für Lotto und Toto gleichgestellt werden, sind Wettbüros als Vergnügungsstätten zu behandeln, wenn sie auch der kommerziellen Unterhaltung dienen (BayVGH, B. v. 23.4.2015 - 15 ZB 13.2377 - juris Rn. 15; B. v. 7.5.2015 - 15 ZB 14.2673 - juris Rn. 5 f.; B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 14; B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 7; OVG Berlin-Bbg, U. v. 6.10.2015 - OVG 10 B 1.14 - juris Rn. 42; OVG Rh-Pf., B. v. 14.4.2011 - 8 B 10278/11 - NVwZ-RR 2011, 635 = juris Rn. 11; OVG Saarl, B. v. 24.4.2009 - 2 B 265/09 - BauR 2010, 449 = juris Rn. 13; HessVGH, B. v. 25.8.2008 - 3 UZ 2566/07 - NVwZ-RR 2009, 143 = juris Rn. 5; vgl. auch Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Kommentar, Stand November 2015, § 6 BauNVO Rn. 43; Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Auflage 2014, § 4a Rn. 23.69; Mitschang, ZfBR 2012, 419 ff. - jeweils m. w. N.).

Nach der im Verfahren gemäß § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung stellt die tatsächlich betriebene Wettvermittlungsstelle der Antragstellerin eine Vergnügungsstätte in Form eines Wettbüros dar. Unter Wettbüros in diesem Sinn fallen nach der Rechtsprechung des Senats - die entgegen den Darlegungen der Beschwerdebegrünung nicht singulär geblieben ist - Räumlichkeiten, in denen zwischen dem Kunden (Spieler), dem Wettbüro (Vermittler) und dem - meist im europäischen Ausland ansässigen - Wettunternehmen Transaktionen abgeschlossen werden, wobei es sich um Sportwetten bzw. um Wetten auf diverse sonstige Ereignisse handelt. Hinzu kommt im Regelfall, dass die Räumlichkeiten - insbesondere durch die Anbringung von Bildschirmen - Gelegenheit bieten, die Wettangebote bzw. -ergebnisse live mit zu verfolgen (vgl. BayVGH, B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 14; ebenso: BayVGH, B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 7; vgl. auch OVG Berlin-Bbg, U. v. 6.10.2015 - 10 B 1.14 - juris Rn. 42; OVG NW, B. v. 14.2.2014 - 2 A 1181/13 - juris Rn. 14 m. w. N.). Mit der Installation von Monitoren und dem Bereithalten von Wett-Terminals, auf denen die Sportereignisse, auf die aktuell gewettet werden kann, sowie die Wettarten und Wettquoten aufgelistet sind, hat die Antragstellerin eine nicht genehmigte Nutzung als Vergnügungsstätte aufgenommen. Allein die Vermittlung von Live-Wetten in einer - wie vorliegend - Wettvermittlungsstelle mit Monitoren, die ein Verfolgen aktueller Spielstände o.ä., auf die gewettet werden kann, ermöglicht, überschreitet nach der Rechtsprechung des Senats schon die Schwelle zur Vergnügungsstätte. Denn Live-Wetten bieten anders als Sportwetten, bei denen lediglich auf das Eintreffen eines Sportergebnisses zu festen Gewinnquoten gesetzt wird, eine rasche Aufeinanderfolge der Wettmöglichkeiten und verleiten den Kunden damit zu einem Verweilen bis zum Eintritt der jeweiligen Wettergebnisse, während dessen der Kunde die aktuellen Quoten und die Ergebnisse der Wettkämpfe auf Monitoren verfolgen und ggf. seine weiteren Wetten danach ausrichten kann. Die hier durch das Anbringen der Monitore zum Ausdruck kommende Bereitschaft zur Vermittlung von Live-Wetten dient daher, anders als eine bloße Wettannahmestelle, überwiegend der kommerziellen Unterhaltung. Dass es nach dem Vorbringen der Antragstellerin an Sitzgelegenheiten oder TV-Bildschirmen zur Übertragung von Sportereignissen fehle, keine Getränke ausgeschenkt oder Speisen verkauft würden und es keine Unterhaltungsspiele gebe, hindert grundsätzlich nicht die Annahme einer Vergnügungsstätte. Die Ausstattung eines Wettbüros mit Sitzgruppen oder TV-Bildschirmen, das Bereitstellen von Getränken und Speisen oder das Vorhalten von Unterhaltungsspielen sind lediglich (weitere) Indizien für das Vorliegen einer Vergnügungsstätte (vgl. BayVGH, B. v. 23.4.2015 - 15 ZB 13.2377 - juris Rn. 15, 20; B. v. 7.5.2015 - 15 ZB 14.2673 - juris Rn. 5; B. v. 8.6.2015 - 2 ZB 15.61 - juris Rn. 3; OVG Berlin-Bbg, U. v. 6.10.2015 - 10 B 1.14 - juris Rn. 42; VGH BW, B. v. 1.2.2007 - 8 S 2606/06 - BauR 2007, 1217 = juris Rn. 4; VG München, U. v. 17.2.2014 - M 8 K 13.1878 - juris Rn. 31 f.; VG Minden, B. v. 10.2.2006 - 1 L 69/06 - juris Rn. 17), aber keine unabdingbare Voraussetzung hierfür. Nichts anderes gilt hinsichtlich der Größe des Betriebs. Diese ist ein Kriterium zur Unter-scheidung von kerngebietstypischen und nicht kerngebietstypischen Vergnügungs-stätten (exemplarisch VG Ansbach, U. v. 21.10.2015 - AN 9 K 14.00663 - m. w. N.). Eine Vergnügungsstätte liegt aber nicht erst ab einer bestimmten Flächengröße vor. Der „Verweilcharakter“, den die Antragstellerin dem Vorhaben abzusprechen sucht, folgt demnach vorliegend nicht aus einer möglichst angenehmen oder geselligen Atmosphäre, die dem Kunden neben dem Abschluss seiner Wette angeboten werden soll, sondern schlicht aus der Möglichkeit, sich während des Laufs der Sportveranstaltungen in den Räumen des Wettbüros aufzuhalten, um die über Wandmonitore ausgestrahlten aktuellen Quoten und Ergebnisse der Wettkämpfe live zu verfolgen und noch während der laufenden Sportveranstaltungen in schneller Abfolge auf bestimmte Ereignisse zu wetten (zum Ganzen: BayVGH, B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 12 ff.; ebenso: BayVGH, B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 8; VG Saarl., U. v. 19.11.2014 - 5 K 2185/13 - juris Rn. 51 ff., 55; VG Gelsenkirchen, B. v. 30.9.2015 - 10 L 1877/15 - juris Rn. 28; VG Göttingen, U. v. 8.10.2015 - 2 A 231/14 - juris Rn. 49; abweichend: VG München, U. v. 24.6.2013 - M 8 K 12.4195 - juris Rn. 28 f.; VG Neustadt/Weinstr., B. v. 9.2.2011 - 3 L 59/11.NW - juris Rn. 11 ff., 24 ff.; VG Schleswig, B. v. 9.5.2014 - 8 B 10/14 - juris Rn. 14 ff.; enger als hier wohl auch OVG Rh-Pf., B. v. 14.4.2011 - 8 B 10278/11 - NVwZ-RR 2011, 635 = juris Rn. 11).

Der Wechsel von der (bislang genehmigten) Ladennutzung in eine Nutzung als Wettbüro /Vergnügungsstätte ist gemäß Art. 55 Abs. 1 BayBO baugenehmigungspflichtig. Eine verfahrensfreie Nutzungsänderung i. S. von § 57 Abs. 4 Nr. 1 BauNVO kommt nicht in Betracht, weil eine Vergnügungsstätte in bauplanungsrechtlicher Hinsicht anders zu beurteilen ist als eine bislang genehmigte schlicht gewerbliche Nutzung als Ladenlokal. Bei diesem Nutzungswechsel ist zudem von einer offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit, die der Einschlägigkeit der Befugnisnorm des Art. 76 Satz 2 BayBO entgegenstünde (s.o.), nicht auszugehen.

Dem Verwaltungsgerichtshof sind im Beschwerdeverfahren die aktuellen Genehmigungsunterlagen, aus denen sich die Begrenzung der Nutzfläche ergeben soll, nicht vorgelegt worden. Auch kann ohne Inaugenscheinnahme der Räumlichkeiten nicht beurteilt werden, inwiefern der gegenwärtige Betrieb des Wettbüros tatsächlich auf einer begrenzten Nutzfläche stattfindet. Nach Aktenlage kann der Senat mithin nicht einschätzen, ob die Wettvermittlungsstätte aufgrund ihrer Größe oder ihrer besonderen - einen größeren Einzugsbereich ansprechenden - Attraktivität bereits die Schwelle zu einer kerngebietstypischen Vergnügungsstätte erreicht (vgl. BVerwG, B. v. 19.11.1990 - 4 B 162/90 - juris Rn. 8; B. v. 29.10.1992 - 4 B 103/92 - NVwZ-RR 1993, 287 = juris Rn. 4; BayVGH, U. v. 24.3.2011 - 2 B 11.59 - BauR 2011, 1785 = juris Rn. 27, 28; VG Ansbach, U. v. 1.7.2015 - AN 9 K 14.01543 - juris Rn. 33; VG Ansbach, U. v. 21.10.2015 - AN 9 K 14.00663 - juris Rn. 28 ff.; VG Saarl., U. v. 19.11.2014 - 5 K 2185/13 - juris Rn. 58 ff.; VG Göttingen, U. v. 8.10.2015 - 2 A 231/14 - juris Rn. 52; Stock in König/Roeser/Stock, Baunutzungsverordnung, 3. Aufl. 2014, § 4a Rn. 36; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Kommentar, Stand November 2015, § 6 BauNVO Rn. 43). Insofern ist dem Senat im Eilverfahren keine abschließende Bewertung möglich, ob es sich vorliegend um eine Vergnügungsstätte handelt, die wegen ihrer Zweckbestimmung oder wegen ihres Umfangs nur in Kerngebieten allgemein zulässig wäre (vgl. § 4a Abs. 3 Nr. 2, § 6 Abs. 2 Nr. 8, Abs. 3, § 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO). Hierauf kommt es aber letztlich nicht an.

Die genehmigungspflichtige Änderung der Nutzung in eine Vergnügungsstätte (s.o.) ist auch dann nicht offensichtlich genehmigungsfähig,

- wenn nach Maßgabe der im Baugenehmigungsverfahren eingereichten und zu prüfenden Bauvorlagen, insbesondere nach Maßgabe der Planzeichnung und der gemäß § 3 Nr. 3, § 9 der Verordnung über Bauvorlagen und bauaufsichtliche Anzeigen (Bauvorlagenverordnung - BauVorlV) mit einzureichenden Betriebsbeschreibung (vgl. für eine Wettvermittlungsstelle BayVGH, B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 17) von einer nicht kerngebietstypischen Vergnügungsstätte auszugehen sein sollte,

- wenn der baurechtlichen Zulassung der Nutzungsänderung die vormals erlassene Veränderungssperre wegen Zeitablaufs nicht mehr entgegenstehen sollte und die Antragsgegnerin immer noch keinen Bebauungsplan, dessen Festsetzungen dem Vorhaben entgegenstünden, erlassen hat sowie

- wenn - wovon offenbar beide Parteien ausgehen (vgl. Seite 3 des streitgegenständlichen Bescheides vom 30. November 2015; Seite 2 der erstinstanzlichen Antragserwiderung der Antragsgegnerin vom 21. Dezember 2015, Bl. 191 der Gerichtsakte Au 5 S 15.1788) - das Vorhaben in einem faktischen Mischgebiet i. S. von § 34 Abs. 2 BauGB i.V. mit § 6 BauNVO liegen sollte.

Innerhalb eines (faktischen) Mischgebiets sind Vergnügungsstätten im Sinne des § 4 a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO nur in den Teilen des Gebiets zulässig, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind (§ 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO). Dass diese Voraussetzung am Standort des Vorhabens ohne Weiteres gegeben wäre, ist nach Aktenlage nicht ersichtlich und wird auch von der Antragstellerin nicht substanziiert dargelegt (zur wertenden Gesamtbetrachtung bei der Anwendung des § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO: VG Ansbach, U. v. 1.7.2015 - AN 9 K 14.01543 - juris Rn. 45; VG Göttingen, U. v. 8.10.2015 - 2 A 231/14 - juris Rn. 64 ff. m. w. N.). Sollte das Vorhaben aber alternativ nur ausnahmsweise zulassungsfähig sein (§ 6 Abs. 3 BauNVO), kann von einer offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit nicht die Rede sein (BayVGH, B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 13; VG Saarl., U. v. 19.11.2014 - 5 K 2185/13 - juris Rn. 61). Welche Alternative hier einschlägig ist, lässt sich - ebenso wie die Frage, ob von einer nicht kerngebietstypischen Vergnügungsstätte auszugehen ist - für den Senat nicht ohne weiteres anhand der Akten klären. Dies würde - zumal die Antragsgegnerin eine Situierung in einem durch Wohnnutzung geprägten Bereich vorgetragen hat (vgl. Seite 4 der Antragserwiderung vom 21. Dezember 2015) - entsprechende Ermittlungen abverlangen. Diese müssen zunächst im laufenden Baugenehmigungsverfahren erfolgen. Von einer Offensichtlichkeit der Zulässigkeit der streitgegenständlichen Nutzung des (bisherigen) Ladenlokals als Wettannahmestelle kann mithin nicht die Rede sein.

b) Der Wechsel von der (bislang genehmigten) Ladennutzung in die vorliegende Nutzung als Wettvermittlungsstelle ist gemäß Art. 55 Abs. 1 BayBO im Übrigen auch dann baugenehmigungspflichtig, wenn sich im Baugenehmigungsverfahren herausstellen sollte, dass - entgegen der vorher unter a) erfolgten (summarischen) Einordnung als Vergnügungsstätte - die Nutzungsänderung lediglich eine Wettannahmestelle im Sinne eines bloßen sonstigen Gewerbebetriebs zum Gegenstand hat. Aus Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO ergibt sich, dass eine Nutzungsänderung genehmigungspflichtig ist, wenn durch die Verwirklichung eines Vorhabens die einer jeden Art von Nutzung eigene „Variationsbreite“ verlassen wird - nur dann handelt es sich um eine Nutzungsänderung im baurechtlichen Sinn - und wenn für die neue Nutzung andere bauordnungs- oder bauplanungsrechtliche Anforderungen in Betracht kommen als für die bisherige Nutzung (BayVGH, U. v. 19.5.2011 - 2 B 11.353 - BayVBl. 2012, 86 = juris Rn. 31; B. v. 10.6.2010 - 1 ZB 09.1971 - juris Rn. 15). Von einer genehmigungsfreien Nutzungsänderung gem. Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO ist bereits dann schon nicht mehr auszugehen, wenn die Zulässigkeit des geänderten Vorhabens i. S. von Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO anders beurteilt werden kann; ob das tatsächlich der Fall ist, ist im Genehmigungsverfahren erst zu prüfen (Molodovsky in Molodovsky/Famers/Kraus, Bayerische Bauordnung, Stand: Dez. 2015, Art. 57 Rn. 224 m. w. N.; nach nordrhein-westfälischem Landesrecht vgl. VG Gelsenkirchen, B. v. 30.9.2015 - 10 L 1877/15 - juris Rn. 13 f. m. w. N.). Entscheidend für die Genehmigungspflicht ist im vorliegenden Fall allein schon der Umstand, dass den vormals als Ladengeschäft genehmigten Räumlichkeiten eine völlig neue Zweckbestimmung gegeben wurde, deren Zuordnung je nach Einordnung als schlichte Wettannahmestelle oder als Wettbüro sowie je nach dem Ergebnis der Prüfung im Baugenehmigungsverfahren als schlichter Gewerbebetrieb oder als Vergnügungsstätte in Betracht kommt, die jeweils anderen planungsrechtlichen Anforderungen unterliegen (im faktischen Mischgebiet vgl. etwa § 34 Abs. 2 BauGB i.V. mit § 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO einerseits, § 6 Abs. 2 Nr. 8 und Abs. 3 BauNVO andererseits).

Allein schon die unter a) aufgezeigte rechtliche Kontroverse, wann eine Wettvermittlungsstelle die Schwelle zu einer Vergnügungsstätte überschreitet (vgl. die oben zitierten Gegenansichten zur Haltung des Senats; zusammenfassend zum Streitstand: VG Saarl., U. v. 19.11.2014 - 5 K 2185/13 - juris Rn. 51 ff.) zeigt, dass schon in rechtlicher Hinsicht jedenfalls nicht von einer offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit auszugehen ist. Dasselbe gilt hinsichtlich des Einwands der Antragstellerin, dass jedenfalls im vorliegenden Fall gegen den „Verweilcharakter“ und damit gegen die Vergnügungsstättenqualität ihrer Wettvermittlungsstelle spreche, dass - wie die Erhebungen des Personals in der Zeit vom 8. Dezember 2015 bis zum 11. Dezember 2015 zeigten - sich die Kunden grundsätzlich nicht länger als wenige Minuten in ihrem Laden aufhielten. Unabhängig von der Frage, ob bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise allein aus tatsächlich erhobenen Daten überhaupt die Zweckbestimmung als Vergnügungsstätte in Frage gestellt werden kann (vgl. BayVGH, B. v. 23.4.2015 - 15 ZB 13.2377 - juris Rn. 20), unabhängig davon, dass die Erhebung von Dienstag bis Freitag (und damit nicht an den für Sportevents womöglich interessanteren Wochenendtagen) stattfand, und unabhängig von der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Erhebung über einen Zeitraum von lediglich vier Tagen bereits repräsentativ sein kann, zeigt auch die von der Antragstellerin erstellte Auflistung, dass es auch Kundenbesuche von 30 Minuten und länger gab (so etwa am Abend des 8. Dezember 2015: 18:00 Uhr bis 18:45 Uhr; 18:02 Uhr bis 18:40 Uhr; 18:07 Uhr bis 18:37 Uhr; 18:56 Uhr bis 19:25 Uhr; 18:56 Uhr bis 19:50 Uhr; 19:56 Uhr bis 20:30 Uhr; 20:09 Uhr bis 20:45 Uhr; 2 x 20:50 Uhr bis 21:40 Uhr; 2 x 21:25 Uhr bis 21:50 Uhr). Zudem wäre es auch insofern zunächst Sache der Baugenehmigungsbehörde, dem im Baugenehmigungsverfahren im Einzelnen nachzugehen, so dass jedenfalls allein die Behauptung, die Kundenbesuche bei der Antragstellerin dauerten grundsätzlich nur wenige Augenblicke oder Minuten, nicht genügt, um die Offensichtlichkeit der Genehmigungsfähigkeit zu begründen.

Soweit die Antragstellerin in ihrer Antragsbegründung weiter ausführt, dass auch Monitore und Terminals mit Anzeigen von Quoten und Liveergebnissen mittlerweile zur Standardausstattung von Lotto-Annahmestellen gehörten, ist dies für die Beurteilung des vorliegenden Falles irrelevant. Bei jeder - bundesweit betroffenen - Wettvermittlungsstelle hinge die Zulässigkeit von den jeweiligen baurechtlichen Genehmigungen ab. Soweit als solche genehmigte bloße Wettannahmestellen ihren Betrieb wesentlich ändern und nunmehr über Monitore und Terminals mit aktueller Spielstandanzeige und aktuellen Wettquoten Live-Wetten anbieten, handelt es sich um eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung. Das folgt allein schon aus einer - möglichen - Einordnung des Wettbüros als Vergnügungsstätte (s.o.; ebenso: VG Gelsenkirchen, B. v. 30.9.2015 - 10 L 1877/15 - juris Rn. 33).

c) Im Übrigen können sich im Fall der Umnutzung eines bisherigen Ladenlokals in ein Wettbüro bzw. in eine Wettannahmestelle - ggf. neben der Stellplatzfrage - auch mit Blick auf das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot modifizierte, im Baugenehmigungsverfahren zu prüfende Anforderungen ergeben (vgl. BayVGH, B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 9). Laut den von der Antragstellerin vorgelegten Erhebungen des Personals über Kundenbesuche in der Zeit vom 8. Dezember 2015 bis zum 11. Dezember 2015 hatte die Wettvermittlungsstelle der Antragstellerin - anders als eine herkömmliches Ladengeschäft - jedenfalls auch bis weit nach 22:00 Uhr geöffnet. Auch insofern kann sich die Zulässigkeit des Vorhabens mit Blick auf die Lärmbelastung der Nachbarschaft nach geänderten Maßstäben i. S. von Art. 55 Abs. 1, Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO richten, so dass auch in dieser Hinsicht nach Aktenlage bzw. nach summarischer Prüfung von einer genehmigungspflichtigen Nutzungsänderung - unabhängig von der Einordnung als Wettannahmestelle oder als Wettbüro bzw. als herkömmlicher Gewerbebetrieb oder Vergnügungsstätte - auszugehen ist. Selbst wenn mithin lediglich eine Wettannahmestelle als sonstiger Gewerbebetrieb (§ 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO) ohne Vergnügungsstättenqualität vorläge, wäre das Vorhaben aus den genannten Gründen nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Aufgrund der sich durch die neue Nutzung und die neuen Öffnungszeiten ändernden Emissionsverhältnisse und der damit ggf. einhergehenden neuen und erhöhten Belastungen für die Nachbarschaft kann die Genehmigungsfrage neu aufgeworfen werden, so dass auch aus diesem Grund von einer genehmigungspflichtigen und jedenfalls nicht ohne Weiteres - d. h. nicht offensichtlich - genehmigungsfähigen Nutzungsänderung auszugehen ist (BayVGH, B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 13; ebenso OVG Rh-Pf., B. v. 14.4.2011 - 8 B 10278/11 - NVwZ-RR 2011, 635 = juris Rn. 12 ff.; VG Gelsenkirchen, B. v. 30.9.2015 - 10 L 1877/15 - juris Rn. 34).

2. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich.

Das der Antragsgegnerin eingeräumte Eingriffsermessen wird in erster Linie entsprechend dem mit der Befugnisnorm verfolgten Ziel, rechtmäßige Zustände herzustellen, durch Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte bestimmt. Die Bauaufsichtsbehörde muss in einer Weise vorgehen‚ mit der die ihr obliegende Aufgabe‚ für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu sorgen‚ möglichst effektiv erfüllt wird; liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Nutzungsuntersagung vor‚ muss im Regelfall nicht näher begründet werden‚ weshalb von der Eingriffsbefugnis Gebrauch gemacht wird (sog. intendiertes Ermessen; vgl. BayVGH, B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 20; BayVGH, U. v. 16.2.2015 - 1 B 13.648 - NVwZ-RR 2015, 607 = juris Rn. 35 m. w. N.; Decker in Simon/Busse, BayBO, Stand September 2015, Art. 76 Rn. 301 m. w. N.). Die Antragsgegnerin hat jedenfalls ihr Ermessen erkannt, indem sie im Bescheid vom 30. November 2015 (Seite 4) darauf abgestellt hat, dass eine Nutzungsuntersagung bei dem festgestellten Sachverhalt gestützt auf Art. 76 Abs. 2 BayBO in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens habe ausgesprochen werden dürfen und dass insofern bereits die formelle Rechtswidrigkeit, d. h. die Nutzung ohne die hierfür erforderliche Baugenehmigung, genüge. Insofern spielt es auch keine Rolle, dass - selbst wenn die Veränderungssperre ausgelaufen und nicht erneuert worden sein sollte - die Antragstellerin im Rahmen ihrer Erwägungen im Bescheid ergänzend darauf verwiesen hat, eine Ausnahme von der Veränderungssperre abzulehnen.

Es hält sich ferner im Rahmen des von Art. 76 Satz 2 BayBO eröffneten Ermessens, dass die Antragsgegnerin neben der (inhaltlich beschränkten) Betriebsuntersagung in Nr. 1 Satz 2 des Bescheides vom 30. November 2015 auch die Beseitigung sämtlicher (sechs) Bildschirme und (fünf) Wett-Terminals angeordnet hat. Gegen die auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Bezug nehmenden begründenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts (vgl. Rn. 32 ff. der Ausfertigung des Beschlusses vom 15. Januar 2016), wonach eine Nutzungsuntersagung die Verpflichtung zum Entfernen von Gegenständen beinhalte, wenn sich die rechtswidrige Nutzung gerade im Vorhandensein bestimmter Gegenstände - wie vorliegend die Monitore und die Wett-Terminals - manifestiere (vgl. BayVGH, U. v. 19.11.2007 - 25 B 05.12 - BayVBl. 2008, 629 = juris Rn. 24; ebenso z. B.: VG Regensburg, U. v. 24.7.2012 - RO 6 K 12.428 - juris Rn. 60; VG Aachen, B. v. 1.2.2012 - 3 L 280/11 - juris Rn. 72 f.), hat die Antragstellerin keine substanziierten Einwände i. S. von § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO erhoben.

3. Gegen die Beseitigung der Wett-Terminals und Monitore bestehen auch mit Blick auf das Übermaßverbot keine Bedenken. Insbesondere steht die Geeignetheit der Beseitigungsverpflichtung nicht in Frage. Die schlichte Untersagung, Live-Wetten anzubieten, wäre schon kein gleich effektives Mittel. Es gelten - auch hinsichtlich der sonstigen Elemente der Verhältnismäßigkeit - insofern vergleichbare Erwägungen, die der Senat bereits in seinem Beschluss vom 21. Mai 2015 zugrunde gelegt hat (vgl. BayVGH, B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 23). Soweit nach Aktenlage ersichtlich ist, können die Monitore und Wett-Terminals aus den Betriebsräumen der Antragstellerin entfernt werden, ohne dass ein Substanzverlust eintritt oder besondere Kosten hierfür anfallen. Der Antragstellerin geht es um die Vermittlung von Live-Wetten und ein zu diesem Zweck erforderliches und ständig aktualisiertes Informationsangebot über Ergebnisse, Ereignisse und Quoten zu laufenden Sportveranstaltungen. Es ist der Antragsgegnerin im Vollzug der Nutzungsuntersagung deshalb nicht zuzumuten, die Räume der Antragstellerin ständig daraufhin zu überprüfen, ob die Monitore eingeschaltet sind oder waren oder welche Inhalte auf ihnen dargestellt werden. Angesichts der unschwer vorzunehmenden Entfernung der Monitore und Wett-Terminals ist die Beseitigungsanordnung deshalb geeignet und auch verhältnismäßig, um die Nutzungsuntersagung durchzusetzen. Das Interesse der Antragstellerin an der wirtschaftlichen Führung ihres Betriebs, der ohne Informationsangebot über die zur Verfügung stehenden Wetten nicht funktionieren könne, ist nicht schutzwürdig.

Das gilt auch und gerade im vorliegenden Fall, zumal - anders als im Sachverhalt, der dem Beschluss des Senats vom 21. Mai 2015 (15 CS 15.9) zugrunde lag - die Antragstellerin hier noch nicht einmal über eine Baugenehmigung zur Nutzung der Räumlichkeiten als Wettannahmestelle verfügt und damit derzeit jede Form der Wettvermittlung - sei es unter rechtlicher Einordnung als Vergnügungsstätte, sei es als sonstiger Gewerbebetrieb - mangels erforderlicher Baugenehmigung formell illegal ist. Es lag in der Verantwortung der Antragstellerin, rechtzeitig vor Aufnahme der geänderten Nutzung einen vollständigen Änderungsbauantrag zu stellen, um sich über eine entsprechende Betriebsbeschreibung als Bestandteil der Bauvorlagen eine Wettannahmestelle bzw. ein Wettbüro mit einem aus ihrer Sicht erforderlichen Informationsangebot zur Vermittlung von Live-Wetten legalisieren zu lassen.

4. Gegen die Zwangsgeldandrohung sind im Beschwerdeverfahren keine substanziierten Einwendungen erhoben worden. Aufgrund der Prüfungsbeschränkung im Beschwerdeverfahren gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO bedarf es insofern keiner weiteren Ausführungen des Senats.

5. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, weil sie mit ihrer Beschwerde unterlegen ist (§ 154 Abs. 2 VwGO). Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Sie folgt der Streitwertfestsetzung der erstinstanzlichen Entscheidung.

6. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts wird aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im Berufungsverfahren.

III.

Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen eine gegen sie als Mieterin verfügte Untersagung der Nutzung des Obergeschosses des Gebäudes auf dem Grundstück FlNr. 562/1 Gemarkung E. zu Wohnzwecken.

Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Gewerbegebiet E.“‚ den die beigeladene Gemeinde für einen Teilbereich des heutigen Plangebiets im Jahr 1980 in Kraft gesetzt hatte. Die nördliche Grenze seines Geltungsbereichs bildeten damals die Grundstücke FlNr. 962/1, 963/1 und 963/2. In seiner Sitzung vom 18. November 2003 beschloss der Gemeinderat, den Bebauungsplan mit den zwischenzeitlich erfolgten räumlichen Erweiterungen und Änderungen insgesamt neu aufzustellen sei. Zugleich wurde der „Vorgängerbebauungsplan“ aus dem Jahr 1980 mit zwei Änderungen aus dem Jahr 1981 aufgehoben. Der Satzungsbeschluss über den Bebauungsplan wurde laut der „Verfahrensvermerke“ am 17. März 2004 ausgefertigt, am 25. Mai 2004 beschlossen und die Bekanntmachung am 26. Mai 2004 unterschrieben; sie erfolgte am 27. Mai 2004 („Schlussbekanntmachung“). Die beiden Unterschriften des Bürgermeisters in den Verfahrensvermerken sind nicht datiert. Am 21. August 2012 machte die Gemeinde die rückwirkende Inkraftsetzung des Bebauungsplans zum 27. Mai 2004 zur Heilung eines Verfahrensfehlers bekannt, nachdem das Landratsamt B. ein solches Vorgehen am 20. August 2012 wegen möglicher Ausfertigungsmängel der ursprünglichen Pläne empfohlen hatte.

Im Rahmen von bauaufsichtlichen Kontrollen am 27. Februar und 15. März 2012 stellte das Landratsamt fest, dass durch Überbauung der nach den Bauplänen als Ersatzteillager genehmigten Räume im Obergeschoss mindestens acht Zimmer entstanden seien, in denen die Klägerin von ihr beschäftigte Arbeitnehmer unterbringe; die Zimmer seien mit jeweils 3 bis 4 Schlafstätten, mit Kühlschränken und elektrischen Kochplatten ausgestattet. Der für Wohnräume erforderliche erste Rettungsweg sei nicht bauordnungsgemäß ausgestaltet, ein zweiter Rettungsweg fehle ganz.

Mit Bescheid vom 3. Mai 2012 wurde der Klägerin unter Anordnung des Sofortvollzugs (Nr. 3) aufgegeben, die Nutzung der Räume im Obergeschoss zu Wohnzwecken zu unterlassen (Nr. 1). Für den Fall der Nichtbeachtung dieser Verpflichtung werde ein Zwangsgeld von 1.000 Euro für jeden zu Wohnzwecken genutzten Raum fällig (Nr. 5). Die Eigentümerin des Gebäudes wurde im gleichen Bescheid unter Androhung eines Zwangsgeldes verpflichtet, die Nutzungsuntersagung zu dulden (Nr. 2 und 6). Sollte die Klägerin der Nutzungsuntersagung nach Nr. 1 nicht fristgerecht nachkommen, werde ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000 Euro je Wohnung fällig (Nr. 5). Die Kosten des Bescheids wurden der Klägerin auferlegt (Nr. 7). Die Wohnnutzungen seien nicht nur ohne entsprechende Baugenehmigung, also formell illegal aufgenommen worden, sondern verstießen auch gegen materielles Baurecht, weil die Vermietung von Wohnräumen in einem Gewerbegebiet generell unzulässig sei. Außerdem bestünden gravierende, näher bezeichnete Brandschutzmängel, insbesondere fehle ein ausreichender zweiter Rettungsweg. Die Nutzungsuntersagung werde als Ermessensentscheidung verfügt, um den widerrechtlichen Zustand zu beenden und Bezugsfälle zu vermeiden. Als Adressat der Anordnung sei die Klägerin als Handlungsstörerin ausgewählt worden, weil sie durch eigenes Handeln die rechtswidrige Nutzung der Räume schnellstmöglich aufgeben und damit die Gefahr für die dort wohnenden Mitarbeiter abwenden könne.

Das Landratsamt hatte eine Bestandsaufnahme aller Wohnnutzungen im Gewerbegebiet E. erstellt, auf deren Basis im Mai/Juni 2012 eine ganze Reihe weiterer Nutzungsuntersagungen ausgesprochen wurden, gegen die die Betroffenen (derzeit ruhende) Klageverfahren angestrengt haben. Am 13. August 2012 wurde dem Verwaltungsgericht ein Ordner des Landratsamts mit Kurzinformationen zu den einzelnen Grundstücken im Gewerbegebiet vorgelegt‚ aus denen insbesondere Angaben zu den festgestellten Wohnnutzungen und den inzwischen veranlassten Nutzungsuntersagungen hervorgehen.

Das Verwaltungsgericht München gab der Anfechtungsklage mit Urteil vom 11. Oktober 2012 statt. Die Festsetzung der Gebietsart „Gewerbegebiet“ in dem Bereich nördlich der Staatsstraße ... bis einschließlich der Grundstücke FlNr. 961/4 und 961/3 sei nach einer Gesamtschau der maßgeblichen Umstände funktionslos geworden; das Baugebiet stelle sich insoweit vielmehr als faktisches Mischgebiet dar, denn es sei von einem gleichrangigen Nebeneinander von Wohnen und von nicht störendem Gewerbe geprägt. Schon äußerlich falle die in den Ober- und Dachgeschossen weit verbreitete Wohnnutzung auf. Die massive Wohnbebauung, die bereits mit der Ersterrichtung der Gewerbebauten vor rund 30 Jahren begonnen habe, schließe eine Entwicklung hin zu einem Gewerbegebiet aus. Die als Betriebsleiterwohnungen genehmigten Gebäude seien stattliche Wohnhäuser und könnten nicht mehr als „untergeordnet“ i. S. v. § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO angesehen werden. Nach der Aufstellung des Landratsamts vom 11. September 2012 hätten nur vier der 14 Anwesen keine Betriebsleiterwohnung. Vier der Betriebsleiterwohnungen seien frei vermietet. Aus dem Kontrollbericht des Landratsamts vom 27. Dezember 2010 gehe hervor, dass insgesamt 89 Personen als im Gewerbegebiet wohnhaft gemeldet seien, die in 28 bis 45 Wohneinheiten wohnten, obwohl im fraglichen Bereich nur neun Wohnungen genehmigt worden seien. Die Nutzungsuntersagung sei auch ermessensfehlerhaft verfügt worden; zum einen sei die Funktionslosigkeit der Festsetzung „Gewerbegebiet“ verkannt worden‚ zum anderen bestünden keine nachvollziehbaren sachlichen Gründe‚ warum der Beklagte im Rahmen seines Sanierungskonzepts nicht auch diejenigen Wohnnutzungen von Betriebsleiterwohnungen aufgreife‚ die privat und ohne Bezug zu einem Betrieb vermietet worden seien. Auch die gegenüber der Eigentümerin ausgesprochene Duldungsanordnung müsse aufgehoben werden‚ da sie in einem untrennbaren sachlichen Zusammenhang mit der gegenüber der Klägerin ergangenen Nutzungsuntersagung stehe.

Mit Beschluss vom 4. Dezember 2012 (M 11 S 12.2711) stellte das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der vorliegenden Anfechtungsklage wieder her; die Beschwerde des Beklagten blieb erfolglos (BayVGH, B.v. 18.3.2013 - 1 CS 12.2070 - juris), weil die brandschutztechnischen Mängel inzwischen behoben worden seien und die behauptete illegale, seit vielen Jahren unbeanstandet hingenommene Nutzung nicht vor einer Entscheidung in der Hauptsache beendet werden müsse.

Zur Begründung der vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 19. März 2013 (1 ZB 12.2777) wegen besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten zugelassenen Berufung führt der Beklagte aus, es sei im Lichte von § 1 Abs. 3 BauGB nicht erkennbar, warum die festgestellten illegalen Wohnnutzungen im Gewerbegebiet die ordnende Wirkung dieser Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließen sollten; der von der Gebietsart abweichende Zustand habe sich noch nicht in einer solchen Weise verfestigt, dass eine Rückkehr zu rechtmäßigen Verhältnissen ausgeschlossen werden müsse. Dies zeige bereits der Umstand, dass zahlreiche Nutzungsuntersagungen gegen weitere Eigentümer mit dem Ziel der Rückkehr zur plankonformen Nutzung verfügt worden seien. Im Übrigen sei das Gewerbegebiet mit am 23. Juni 2010 in Kraft getretener Änderung des Bebauungsplans in Richtung Norden erweitert worden. Für die bereits 1981 genehmigten Betriebsleitergebäude gälten nicht die Bestimmungen der Baunutzungsverordnung 1990 und damit auch nicht § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO 1990, wonach nur untergeordnete Wohnhäuser als Betriebsleitergebäude zulässig seien. Der vom Verwaltungsgericht angenommenen Einordnung als faktisches Mischgebiet stehe entgegen, dass im fraglichen Bereich des Bebauungsplans auch Gewerbebetriebe bestünden, die nicht ohne weiteres mischgebietsverträglich seien (Kfz-Werkstätten, Landmaschinenwerkstatt, Schreinerei). Schließlich genüge das von der Bauaufsichtsbehörde erstellte Sanierungskonzept, das die Verhältnisse auf sämtlichen Grundstücken des Gewerbegebiets betrachte, den Anforderungen des Gleichbehandlungsgrundsatzes. Die frei vermieteten Betriebsleiterwohnungen hätten noch nicht sofort und im gleichen Umfang aufgegriffen werden müssen, zumal sie durch nachträgliche Eingliederung in einen betrieblichen Zusammenhang oder auch die erstmalige Schaffung dieses Zusammenhangs einer legalisierten Nutzung zugeführt werden könnten. Damit sei das Vorgehen des Beklagten weder willkürlich noch systemlos; auch das langjährige Unterlassen bauaufsichtlichen Einschreitens hindere nicht ohne Hinzutreten besonderer Umstände den Erlass einer Nutzungsuntersagung. Eine Aufhebung der gegenüber der Eigentümerin verfügten Duldungsanordnung sei im vorliegenden Klageverfahren schon mangels Adressatenstellung und Beschwer der Klägerin nicht möglich.

Der Beklagte legt eine zum 14. April 2014 aktualisierte Übersicht (mit Lageplan) der erlaubten wie der unerlaubten Wohnnutzungen im Gewerbegebiet und der hiergegen eingeleiteten Maßnahmen vor. Das Sanierungskonzept sehe in einem ersten Schritt die Behandlung derjenigen Fälle vor, in denen gewerblich genutzte Räume ohne Genehmigung zu Wohnräumen umgewandelt worden seien; als nächstes seien die genehmigten Betriebsleiterwohnungen überprüft worden, ohne dass hier bereits Untersagungen ausgesprochen worden seien. Hingenommen würden dagegen Wohn-nutzungen ehemaliger Betriebsleiter oder deren Angehöriger sowie von Bereitschaftspersonal in Betriebsleiterwohnungen. Dementsprechend ergänzt der Beklagte seine im angefochtenen Bescheid vorgenommenen Ermessenserwägungen nach § 114 Satz 2 VwGO im Hinblick auf die Frage eines gleichheitssatzgemäßen Einschreitens dahingehend, dass die bekannten Wohnnutzungen im Gewerbegebiet entsprechend dem jeweiligen Gewicht des Verstoßes Schritt für Schritt aufgegriffen würden; im vorliegenden Fall bestehe ein gravierender und offenkundiger Verstoß.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Unter Vorlage des zwischen ihr und der Eigentümerin geschlossenen Mietvertrags vom 13. November 2006 über „gewerbliche Räume“ mit einer Fläche von 530 m² trägt die Klägerin vor, das Baugebiet habe sich bereits seit Jahrzehnten in Richtung eines Mischgebiets entwickelt, wie die auf fast jedem Grundstück nachweisbaren Wohneinheiten und zum Teil stattlichen Wohnhäuser bewiesen. Die Festsetzung Gewerbegebiet sei wegen der eingetretenen wirtschaftlichen Unzumutbarkeit der zugelassenen Nutzung außer Kraft getreten; die tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse hätten einen Zustand erreicht, der eine Verwirklichung der vorgesehenen Nutzung auf absehbare Zeit als unwirtschaftlich ausschließe. Damit richte sich die Beurteilung der Situation nach § 34 BauGB, wonach aber die untersagte Nutzung zulässig sei. Im Übrigen erfüllten die nicht abgeschlossenen Übernachtungszimmer nicht den bauplanungsrechtlichen Begriff des Wohnens, der eine auf Dauer angeleg-te Häuslichkeit und Möglichkeit der Eigengestaltung der Haushaltsführung voraussetze. Es handele sich vielmehr um gewerbliche Arbeitnehmerunterkünfte, in denen nur an Werktagen übernachtet werde und die keine Privatsphäre zuließen; die Mehrbettzimmer hätten keine festen Kochgelegenheiten und keine Nasszellen, es gebe lediglich zwei gemeinschaftliche Sanitärräume. Für jede Übernachtung in der kasernenartigen Unterkunft würden vom Lohn des Arbeitnehmers 6,50 Euro einbehalten. Die Mitarbeiter kehrten an ihren freien Tagen, an den Wochenenden und in den Zeiten der saisonalen Betriebsschließungen an den jeweiligen Heimatort zurück. Es könne mangels eines auf Dauer angelegten Wohnungsersatzes und wegen der Kurzfristigkeit der jeweiligen Aufenthalte auch nicht von einer wohnähnlichen Nutzung ausgegangen werden. Das Angebot von Übernachtungsplätzen sei unabdingbar für die ordnungsgemäße Abwicklung des Geschäftsbetriebes der Klägerin.

Die Beigeladene stellt erstmals im Berufungsverfahren einen Antrag; sie beantragt,

die Klage unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts abzuweisen.

Die vom Bundesverwaltungsgericht formulierten Voraussetzungen für eine Funktionslosigkeit des Bebauungsplans lägen nicht vor. Das Vorgehen des Beklagten belege, dass die planerische Zweckbestimmung des Gewerbegebiets gerade hier-durch (wieder)hergestellt werden solle; die tatsächlichen Verhältnisse stünden einer Umsetzung des Bebauungsplans keineswegs dauerhaft entgegen. Zudem sei das schutzwürdige Vertrauen der planunterworfenen Grundeigentümer in die Zweckbestimmung des Bebauungsplans nicht durch die Aufnahme rechtswidriger Nutzungen entfallen. Daran ändere auch das lange Zuwarten der Bauaufsichtsbehörde nichts, denn es fehle insoweit an einem positiven Tätigwerden. Die Beigeladene halte jedenfalls an der Festsetzung eines Gewerbegebiets fest.

Der Senat hat am 16. Mai 2014 das gesamte Gewerbegebiet E. und insbesondere das Gebäude auf FlNr. 964 besichtigt und am 6. Juni 2014 erstmals mündlich verhandelt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegten Bauakten‚ die von der Beigeladenen vorgelegten Aufstellungsunterlagen für den Bebauungsplan „Gewerbegebiet E.“ sowie auf die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs sowohl im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes als auch im Klageverfahren, hier insbesondere auf die Niederschriften über die Ortsbesichtigung und die mündlichen Verhandlungen, Bezug genommen.

Gründe

Im Berufungsverfahren ist maßgeblicher Streitgegenstand der Bescheid vom 3. Mai 2012 (ergänzt um die mit Schreiben der Landesanwaltschaft Bayern vom 8. Mai 2014 nachgeholten Ermessenserwägungen) in seinen an die Klägerin gerichteten Anordnungen Nr. 1 (Nutzungsuntersagung)‚ Nr. 5 (Androhung von Zwangsgeldern) sowie Nr. 7 (Kosten). Eine Auslegung des Klagebegehrens vor dem Hintergrund der Verpflichtung des Gerichts‚ auf die Stellung sachdienlicher Anträge hinzuwirken (§ 86 Abs. 3 VwGO)‚ und des wohlverstandenen Interesses der Klägerin ergibt‚ dass - trotz des in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht gestellten, auf umfassende Aufhebung gerichteten Klageantrags, an den das Gericht jedoch nicht gebunden war (vgl. § 88 VwGO) - ausschließlich die an die Klägerin gerichteten Anordnungen im Bescheid vom 3. Mai 2012 angefochten werden sollten‚ nicht hingegen die an die Eigentümerin des Gebäudes (Vermieterin) gerichtete Duldungsverpflichtung mit Zwangsgeldandrohung (Nr. 2‚ 6 des Bescheids). Insoweit fehlt es bereits an der für eine zulässige Klage erforderlichen Beschwer der Klägerin. Der vom Verwaltungsgericht angenommene „untrennbare sachliche Zusammenhang“ zwischen Nutzungsuntersagung mit Duldungsanordnung besteht nicht. Die Eigentümerin hat im Übrigen den sie belastenden Teil des Bescheids mit eigener Klage (Az. M 11 K 12.2708 und 1 B 13.649) angefochten. In der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 10. Februar 2015 hat die Klägerin diese Auslegung ihres Klagebegehrens bestätigt. Nachdem das Verwaltungsgericht also in seinem der Klage stattgebenden Urteil über das Klagebegehren hinausgegangen ist und auch die Duldungsanordnung aufgehoben hat‚ konnte das Urteil insoweit keinen Bestand haben und war in diesem Umfang schon deshalb aufzuheben.

Die zulässige Berufung des Beklagten‚ die sich demnach nur noch gegen die Aufhebung der den Streitgegenstand bildenden Nr. 1‚ 5 und 7 des Bescheids richtet‚ ist begründet. Das der Klage zu Unrecht stattgebende Urteil war daher insgesamt aufzuheben. Die Untersagung der Nutzung der angemieteten Räume „zu Wohnzwecken“ ist rechtmäßig‚ weil die Überlassung an Arbeitnehmer der Klägerin zum Zwecke der Übernachtung zu einer wohnähnlichen Nutzung führt‚ die formell und im Gewerbegebiet materiell rechtswidrig ist (1.). Die Nutzungsuntersagung wurde vom Landratsamt in fehlerfreier Ausübung des ihm eingeräumten Ermessens angeordnet (2.).

1. Die tatbestandliche Voraussetzung des Art. 76 Satz 2 BayBO‚ wonach die unter-sagte Nutzung öffentlich-rechtlichen Vorschriften widersprechen muss‚ ist im vor-liegenden Fall bereits wegen der formellen Illegalität der Nutzung erfüllt (1.1). Darüber hinaus verstößt sie gegen materielles Bauplanungsrecht (1.2).

1.1 Ein Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften im Sinn von Art. 76 Satz 2 BayBO‚ der den Erlass einer Nutzungsuntersagung rechtfertigt‚ liegt bei einem genehmigungspflichtigen Vorhaben grundsätzlich schon dann vor‚ wenn das Vorhaben ohne Baugenehmigung ausgeführt wird (BayVGH‚ U.v. 5.12.2005 - 1 B 03.2567 - juris Rn. 23). Die Nutzungsuntersagung hat - insoweit einer Baueinstellung entsprechend - die Funktion‚ den Bauherrn auf das Genehmigungsverfahren zu verweisen; es muss daher nicht geprüft werden, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstößt. Allerdings darf eine formell rechtswidrige Nutzung grundsätzlich nicht untersagt werden‚ wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig ist; eine offensichtlich materiell rechtmäßige Nutzung zu untersagen‚ ohne den Bauherrn vorher vergeblich nach Art. 76 Satz 3 BayBO aufgefordert zu haben‚ einen Bauantrag zu stellen‚ wäre unverhältnismäßig (BayVGH‚ B.v. 4.8.2004 - 15 CS 04.2648 - BayBVl 2005‚ 369).

Die Nutzung von zu gewerblichen Zwecken genehmigten Räumlichkeiten als Übernachtungsplätze für Arbeitnehmer stellt eine der Baugenehmigungspflicht unterliegende Nutzungsänderung nach Art. 55 Abs. 1 BayBO dar‚ die nicht nach Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO verfahrensfrei ist‚ weil die Nutzungsänderung der bauplanungsrechtlichen Überprüfung bedarf. Mit der Weitergabe der gemieteten Räumlichkeiten an eigene Arbeitnehmer zu Übernachtungszwecken ohne vorherige Einholung einer Genehmigung verstößt die Klägerin (wie auch die Grundeigentümerin) gegen Art. 68 Abs. 1 Nr. 1 BayBO‚ der eine „Bauausführung“ vor Bekanntgabe der Baugenehmigung verbietet. Anhaltspunkte für eine offensichtlich genehmigungsfähige Nutzung liegen schon angesichts der entgegenstehenden bauplanungsrechtlichen Situation (vgl. 1.2) nicht vor.

1.2 Die untersagte Wohnnutzung ist im Gewerbegebiet E. weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig (1.2.1); der Bebauungsplan ist wirksam erlassen worden (1.2.2) und nicht funktionslos geworden (1.2.3). Die untersagte Nutzung hat zu keinem Zeitpunkt seit ihrer Aufnahme bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung öffentlich-rechtlichen Vorschriften entsprochen (vgl. zu diesem Erfordernis‚ das sich aus der Eigenschaft einer Nutzungsuntersagung als Dauerverwaltungsakt ergibt: OVG NW‚ U.v. 19.12.1995 - 11 A 2734/93 - UPR 1996‚ 458; Decker in Simon/Busse a. a. O. Art. 76 Rn. 291).

1.2.1 Nach seiner allgemeinen Zweckbestimmung dient ein Gewerbegebiet vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben (§ 8 Abs. 1 BauNVO); dagegen soll im Gewerbegebiet nicht gewohnt werden. Dieser Grundsatz wird durch § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO bestätigt‚ wonach gleichsam nur als notwendige Ergänzung einer gewerblichen Nutzung Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter ausnahmsweise zugelassen werden können; Bauvorhaben‚ die außerhalb des Anwendungsbereichs von § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO einer Wohnnutzung oder zumindest wohnähnlichen Nutzung dienen sollen‚ sind mit dem Charakter eines Gewerbegebiets nicht vereinbar (vgl. z. B. zur Unzulässigkeit eines Seniorenpflegeheims im Gewerbegebiet: BVerwG‚ B.v. 13.5.2002 - 4 B 86.01 - NVwZ 2002‚ 1384). Unzulässig sind daher auch Gewerbebetriebe in Form eines Beherbergungsbetriebs oder einer Fremdenpension‚ soweit in ihnen gewohnt wird oder eine wohnähnliche Nutzung stattfindet (BVerwG‚ U.v. 29.4.1992 - 4 C 43.89 - BVerwGE 90‚ 140). Die Rechtsprechung hat daher gewerbliche Beherbergungsbetriebe als gebietsunverträglich angesehen‚ die der Erholung dienen oder in denen Personen nicht nur kurzzeitig untergebracht sind (BVerwG, U.v. 29.4.1992 - 4 C 43.89 - BVerwGE 90‚ 140). Allein der Umstand‚ dass der Bewohner in einem arbeitsrechtlichen Verhältnis zu dem vermietenden gewerblich tätigen Unternehmen steht‚ vermag eine Wohnnutzung nicht in eine gewerbliche Nutzung zu verwandeln (Stock in König/Roeser/Stock‚ 3. Aufl. 2014‚ § 3 Rn. 26).

Zwar erfüllt die Unterbringung der Arbeitnehmer der Klägerin in ihrer konkreten Ausgestaltung (Mehrbettzimmer ohne eigenen Küchen- und Sanitärbereich in nicht verschlossenen Räumen und Abrechnung der jeweils in Anspruch genommenen Übernachtungen) nicht den bauplanungsrechtlichen Begriff des Wohnens‚ der insbesondere eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit‚ Eigengestaltung der Haushaltsführung sowie des häuslichen Wirkungskreises voraussetzt und damit von anderen Nutzungsformen wie etwa der Unterbringung‚ der Verwahrung oder einer bloßen Übernachtungsmöglichkeit in einer sozialen Einrichtung abzugrenzen ist (BVerwG‚ B.v. 25.3.1996 - 4 B 302.95 - NVwZ 1996‚ 893). Die Unterbringung in der konkreten Ausgestaltung ermöglicht den Arbeitnehmern kein selbstbestimmtes privates Leben „in den eigenen vier Wänden“ (vgl. Stock in König/Roeser/Stock‚ a. a. O. § 3 Rn. 16 - 18), wovon sich der Senat im Rahmen der Ortsbesichtigung überzeugen konnte. Nach dem von der Klägerin verfolgten Nutzungskonzept kann von einem Wohnen schon deshalb nicht die Rede sein‚ weil es an jeglichem Rückzugsraum fehlt‚ der erst eine selbstbestimmte Häuslichkeit mit Privatsphäre ermöglicht. Gleichwohl hat die konkrete Nutzung wohnähnlichen Charakter und ist mit der Unterbringung in einem Wohnheim vergleichbar‚ die nach allgemeiner Auffassung dem Wohnen gleichsteht. Auch ein Arbeitnehmerwohnheim bietet zumindest dann einen auf Dauer angelegten Wohnungsersatz und widerspricht daher der Eigenart eines Gewerbegebiets‚ wenn nach dem Nutzungskonzept Arbeitnehmer für eine Dauer von etwa zwei bis sechs Monaten untergebracht werden (BVerwG‚ U.v. 29.4.1992 a. a. O.). Im vorliegenden Fall nutzen die Arbeitnehmer die ihnen von der Klägerin zur Verfügung gestellten Schlafstätten während der Beschäftigungsperiode mindestens drei- bis viermal in der Woche. Sie halten sich daher über erhebliche Zeiträume des Jahres und in jährlich wiederkehrendem Rhythmus in den Unterkünften auf. Demgegenüber tritt in den Hintergrund‚ dass die Unterkünfte offenbar an den Wochenenden und in den arbeitsfreien Zeiten (z. B. Zeiten saisonal bedingter Betriebsschließungen) von den dann in ihre Herkunftsorte zurückgekehrten Arbeitnehmern nicht genutzt werden; denn mit dem Kriterium der Dauerhaftigkeit des Wohnens soll nicht auf den Gegensatz zwischen einer längerem und kürzeren Aufenthaltsdauer oder einer solchen von unbestimmter und befristeter Dauer abgestellt‚ sondern danach unterschieden werden‚ ob ein Gebäude als „Heimstatt im Alltag“ anzusehen ist oder nur ein provisorisches‚ einem begrenzten Zweck dienendes Unterkommen ermöglicht (Stock in König/Roeser/Stock‚ a. a. O. § 3 Rn. 16 - 18). Nach dem dargestellten, auf Dauer angelegten Nutzungskonzept ist die Unterbringung dem Wohnen angenähert und verfolgt keine nur kurzzeitige und provisorische Lösung. Im Hinblick auf die Gebietsverträglichkeit bedeutet dies eine grundsätzlich störempfindliche und daher unzulässige Nutzung‚ die ungeachtet der Geräuschbelastung im konkreten Fall nicht den gebietstypischen Lärm- und sonstigen Belästigungen ausgesetzt werden soll. Werksunterkünfte für die längerfristige Unterbringung von Mitarbeitern gewerblich tätiger Unternehmen sind unzulässig (vgl. Stock in König/Roeser/Stock, a. a. O., § 8 Rn. 19, 19a).

Auch der von der Klägerin angestellte Vergleich mit der Unterbringung von Soldaten in Kasernen führt nicht weiter; Soldaten sind nämlich aufgrund eines besonderen öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht, die regelmäßig in Sondergebieten oder auf Gemeinbedarfsflächen liegen (vgl. Stock in König/Roeser/Stock‚ a. a. O., § 3 Rn. 27). Im vorliegenden Fall liegt schließlich auch keine Unterbringung in einer sozialen Einrichtung (vgl. § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO) vor‚ die eine besondere Funktion im Zusammenhang für eine im Gewer-begebiet zulässige Hauptnutzungsart erfüllt (vgl. VGH Mannheim‚ B.v. 9.4.2014 - 8 S 1528/13 - NVwZ-RR 2014‚ 752: Lehrlingswohnheim ausnahmsweise im Gewerbegebiet zulässig trotz wohnähnlicher Nutzung wegen der engen funktionalen Verklammerung mit angeschlossener Werkstätte).

1.2.2 Der maßgebliche Bebauungsplan der Beigeladenen vom 27. Mai 2004 ist formell fehlerfrei in Kraft getreten und auch nicht durch die tatsächliche Entwicklung im Gewerbegebiet funktionslos geworden. Der Senat folgt der Auffassung des Verwaltungsgerichts‚ dass der am 25. Mai 2004 beschlossene Satzungstext vom ersten Bürgermeister der Beigeladenen am 27. Mai 2004 vor der Bekanntmachung am gleichen Tage ausgefertigt wurde‚ obwohl auf der Bebauungsplanurkunde (vgl. „F. Verfahrensvermerke“) die „Ausfertigung“ bereits auf den 17. März 2004 datiert wurde. Der 17. März 2004 bezeichnet nämlich nach dem Deckblatt des Bebauungsplans das Datum der Planerstellung („Plandatum“), das unrichtigerweise in die Rubrik „Ausfertigung“ eingetragen wurde. Es bestehen keine vernünftigen Zweifel daran‚ dass die vom ersten Bürgermeister unterzeichnete Urkunde erst nach Beschlussfassung durch den Gemeinderat ausgefertigt und anschließend bekanntgemacht wurde. Auch die Klägerin hat die entsprechenden Überlegungen des Erstgerichts nicht angegriffen.

1.2.3 Der Bebauungsplan „Gewerbegebiet E.“ ist - entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts - auch nicht dadurch funktionslos und damit unwirksam geworden‚ dass sich materiell baurechtswidrige Wohnnutzungen im Gewerbegebiet befinden‚ als deren Folge nunmehr von einem faktischen Mischgebiet auszugehen wäre. Festsetzungen eines Bebauungsplans werden funktionslos und damit unwirksam‚ wenn - zum einen - die Verhältnisse im Plangebiet in ihrer tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben‚ der eine Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließt und - zum anderen - diese Entwicklung so offenkundig ist‚ dass sie einem dennoch in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nimmt (st. Rspr., grundlegend: BVerwG‚ U.v. 29.4.1977 - 4 C 39.75 - BVerwGE 54‚ 5‚ 11; B.v. 29.5.2001 - 4 B 33.01 - NVwZ 2001‚ 1005; U.v. 28.4.2004 - 4 C 10.03 - BauR 2004‚ 1567). Dabei sind die Anforderungen an das Außerkrafttreten eines Bebauungsplans wegen Funktionslosigkeit streng und es ist große Zurückhaltung geboten (BVerwG, U.v. 3.12.1998 - 4 CN 3.97 - BVerwGE 108, 71; Uechtritz/Hartmannsberger‚ DVBl 2013‚ 70). Bloße Zweifel an der Realisierungsfähigkeit eines Bebauungsplans reichen nicht aus; er tritt nur außer Kraft‚ wenn offenkundig ist‚ dass er seine Funktion als Steuerungsinstrument für die städtebauliche Entwicklung verloren hat (BVerwG‚ U.v. 18.11.2004 - 4 C N 11.03 - BVerwGE 122/207‚ 214). Die einer bauplanungsrechtlichen Festsetzung zugrunde liegende Plankonzeption wird insbesondere nicht schon dann sinnlos‚ wenn sie nicht mehr überall im Plangebiet umgesetzt werden kann (BVerwG‚ B.v. 6.6.1997 - 4 NB 6.97 - BauR 1997‚ 803). Angesichts dessen hängt die Beurteilung der Funktionslosigkeit einer Festsetzung auch nicht davon ab‚ ob eine Bebauung oder ihre Nutzung materiell legal oder illegal entstanden ist. Entscheidend sind die Art der Festsetzung‚ das Maß der Abweichung im tatsächlichen Bereich und die Irreversibilität der entstandenen Verhältnisse, wobei es nicht auf einzelne Grundstücke ankommt.

Unter Beachtung der dargestellten Grundsätze erweist sich die Festsetzung als Gewerbegebiet im vorliegenden Fall trotz des Vorhandenseins zum Teil seit Jahren bestehender, bauplanungsrechtlich unzulässiger Wohnnutzungen nicht als funktionslos; nach den vorgefundenen tatsächlichen Verhältnisses kommt dem Bebauungsplan nach wie vor eine städtebauliche Steuerungsfunktion zu. Es ist schon nicht erkennbar‚ warum die zu Wohnzwecken genutzten Räumlichkeiten nicht in ihrem derzeitigen baulichen Zustand oder nach bestimmten Umbaumaßnahmen (wieder oder erstmals) einer gewerblichen Nutzung zugeführt werden könnten. Bereits in dieser Hinsicht weicht der vorliegende Fall von den in der Rechtsprechung bejahten Fällen einer Funktionslosigkeit ab (vgl. BVerwG, U.v. 29.5.2001, a. a. O. Wiederansiedlung von nicht mehr bestehenden landwirtschaftlichen Hofstellen in einem Dorfgebiet praktisch ausgeschlossen; BVerwG, U.v. 28.4.2004, a. a. O. zur Funktionslosigkeit der Festsetzung eines Kleinsiedlungsgebiets‚ weil im betreffenden Gebiet mit einer Rückkehr zur Selbstversorgung mit auf den Grundstücken gewonnenen Nahrungsmitteln nicht mehr zu rechnen war; BayVGH, B.v. 15.3.2011 - 15 CS 11.9 - juris zur Funktionslosigkeit eines Sondergebiets „Kurheime und Sanatorien“ nach jahrzehntelanger Genehmigung von Wohnbauvorhaben). Es spricht aus tatsächlichen Gründen - ungeachtet der aktuellen Verhältnisse des Mietmarktes für Gewerberäume - nichts gegen eine (erstmalige oder erneute) Aufnahme der gewerblichen Nutzungen in den Räumlichkeiten, in denen derzeit gewohnt wird. Gerade das umfassende Aufgreifen aller Fälle unzulässiger Wohnnutzungen durch die Bauaufsichtsbehörde zeigt, dass die Verhältnisse keineswegs irreversibel sind, sondern eine Rückkehr zu unter bauplanungs- und -ordnungsrechtlichen Aspekten rechtmäßigen Zuständen durchaus realistisch erscheint. Im Übrigen hat auch die beigeladene Gemeinde in all den Jahren an der Konzeption eines Gewerbegebiets festgehalten. Im Rahmen des vorliegenden Klageverfahrens hat die Beigeladene diese Konzeption noch einmal überprüft und bestätigt.

Auch nach seinem äußeren Erscheinungsbild ist das Baugebiet keineswegs als Mischgebiet oder gar als allgemeines Wohngebiet einzustufen‚ wovon sich der Senat bei der Ortsbesichtigung überzeugen konnte. Nahezu auf jedem Grundstück ist eine gewerbliche Nutzung erkennbar‚ die das Baugebiet durchgehend prägt. Die nur teilweise erkennbare Wohnnutzung steht dem Eindruck eines gewerblich geprägten Gebiets schon deshalb nicht entgegen, weil in einem Gewerbegebiet auch nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO zulässige Wohnungen anzutreffen sind und ein unbefangener Betrachter die Abgrenzung zum allgemeinen Wohnen nicht ohne weiteres feststellen kann. Damit fehlt es auch an dem Merkmal der Offenkundigkeit der zur (behaupteten) Funktionslosigkeit führenden Umstände. Die Abweichung zwischen der bauplanungsrechtlichen Festsetzung Gewerbegebiet und der tatsächlich vorgefundenen Situation hat in ihrer Erkennbarkeit bei weitem nicht den Grad erreicht‚ der einem in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nehmen würde.

Der Bebauungsplan hat auch nicht deswegen seine städtebauliche Steuerungsfunktion eingebüßt, weil die tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse in Bezug auf die behauptete Unvermietbarkeit von Gewerberäumen einen Grad erreicht hätten, der eine Verwirklichung der im Bebauungsplan vorgesehenen Nutzungen ausschließt, weil sie auf unabsehbare Zeit wirtschaftlich nicht mehr tragfähig und damit unzumutbar sind (vgl. BayVGH, U.v. 25.3.2004 - 25 N 01.308 - BayVBl 2005,366). Wirtschaftliche Unzumutbarkeit liegt nicht schon deshalb vor, weil sich die getroffenen Festsetzungen für den Grundeigentümer nicht ohne weiteres als rentabel erweisen, oder gar deshalb, weil sich wirtschaftlichere Festsetzungen denken lassen. Trotz der vorgetragenen aktuell schwierigen Vermarktungssituation für Gewerberäume besteht im Gewerbegebiet E. eine Vielzahl von - teils lange Jahre ansässigen, teils neu zugezogenen - Gewerbebetrieben; von einer generellen Unvermietbarkeit der Gewerberäume kann schon vor dem Hintergrund der mehrfachen Erweiterung des Gewerbegebiets nach Norden hin nicht ausgegangen werden. Auch nimmt die Ausweisung eines Gewerbegebiets dem Grundeigentümer nicht das wirtschaftliche Risiko ab, das sich aus den mit einer Vermietung zusammenhängenden Problemen ergibt, denn die Wirtschaftlichkeit von Grundstücksnutzungen ist erfahrungsgemäß Schwankungen unterworfen. Errichtet ein Eigentümer ohne vorherige Bedarfsanalyse in großem Umfang Gewerberaum, der über die spätere Nachfrage hinausgeht, kann dies nicht dazu führen, dass damit unter Missachtung der planerischen Festsetzung eine Wohnraumnutzung zulässig wird; die sich aus einer wirtschaftlichen Betätigung ergebenden Risiken, die mit wirtschaftlichen Chancen korrespondieren, sind im Grundsatz Lasten des Eigentums und nicht Lasten der Bauleitplanung (BVerwG, U.v. 29.9.1978 - 4 C 30.76 - BVerwGE 56, 283/290).

Schließlich vermag auch der vom Verwaltungsgericht hervorgehobene Umstand‚ dass mindestens vier der genehmigten Betriebsleiterwohnungen zwischenzeitlich frei vermietet wurden und weitere Betriebsleiterwohnungen und -häuser von ehemaligen Betriebsinhabern bewohnt werden‚ nicht die Plankonzeption eines Gewerbegebiets in Frage zu stellen. Hierbei kann erst recht nicht von einer Unumkehrbarkeit der derzeitigen Nutzungen ausgegangen werden‚ weil eine Rückkehr zur Wohnnutzung durch den berechtigten Personenkreis der Betriebsinhaber und -leiter ohne weiteres möglich ist. Dementsprechend hat das Landratsamt angekündigt, in einem weiteren Schritt auch insoweit rechtmäßige Verhältnisse im Gewerbegebiet E. wiederherzustellen. Selbst wenn dieses Ziel nicht in jedem Fall erreicht werden sollte oder sich entsprechende Bemühungen über einen erheblichen Zeitraum („Auslauffristen“) hinziehen würden, wäre auch damit eine Funktionslosigkeit nicht zu begründen.

2. Die Anordnung der Nutzungsuntersagung weist auch keine Ermessensfehler auf; das Landratsamt hat sein Ermessen entsprechend dem Zweck des Art. 76 Satz 2 BayBO ausgeübt (vgl. Art. 40 BayVwVfG).

Das dem Beklagten eingeräumte Eingriffsermessen wird in erster Linie entsprechend dem mit der Befugnisnorm verfolgten Ziel, rechtmäßige Zustände herzustellen, durch Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte bestimmt (vgl. BayVGH‚ U.v. 5.12.2005 - 1 B 03.3567 - juris Rn. 26). Die Bauaufsichtsbehörde muss in einer Weise vorgehen‚ mit der die ihr obliegende Aufgabe‚ für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu sorgen‚ möglichst effektiv erfüllt wird; liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Nutzungsuntersagung vor‚ muss im Regelfall nicht näher begründet werden‚ weshalb von der Eingriffsbefugnis Gebrauch gemacht wird (BayVGH‚ U.v. 5.12.2005‚ a. a. O.; sog. intendiertes Ermessen: Decker in Simon/Busse‚ a. a. O. Art. 76 Rn. 301).

2.1 Vor diesem Hintergrund ist es ermessensfehlerfrei, die Klägerin als Mieterin der Räumlichkeiten in Anspruch zu nehmen, denn - ungeachtet der bei Bescheidserlass noch bestehenden brandschutzrechtlichen Problematik - legt der Grundsatz der effektiven Bekämpfung des rechtswidrigen Zustandes hier ein Vorgehen gegen den Arbeitgeber nahe, der die angemieteten Räume seinen Arbeitnehmern für eine wohnähnliche Nutzung zur Verfügung stellt (vgl. für die bauaufsichtliche Nutzungsuntersagung im Miet-/Pachtverhältnis: BayVGH, B.v. 28.7.2014 - 2 CS 14.1326 - juris Rn. 4; OVG Rhld.-Pf., B.v. 13.7.2010 - 8 A 10623/10 - NVwZ-RR 2010,755; OVG NW, B.v. 24.11.1988 - 7 B 2677/88 - juris Rn. 16 -18; Decker in Simon/Busse, a. a. O. Art. 76 Rn. 295; Jäde, Bayer. Bauordnungsrecht, 2013, Rn. 495).

2.2 Der Senat kann auch keinen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG feststellen. Die Bauaufsichtsbehörde ist nämlich nicht nur gegen die Klägerin‚ sondern in sachgerechter Weise auch gegen andere Eigentümer und Mieter von Gewerbebauten vorgegangen, in denen unerlaubte Wohnnutzungen festgestellt wurden. Aus dem vom Landratsamt im Verlaufe des Verfahrens im Jahr 2012 erstellten „Sanierungsplan“‚ der sämtliche Wohnnutzungen auflistet‚ ergibt sich‚ dass etliche weitere Nutzungsuntersagungen ergangen sind‚ die den Gegenstand verwaltungsgerichtlicher Verfahren bilden‚ welche im Hinblick auf das erst kürzlich entschiedene Parallelverfahren (1 B 13.646, U. v. 13.2.2015) derzeit ruhen. Das Landratsamt beabsichtigte, zunächst den Ausgang dieses und des vorliegenden Rechtsstreits zur gerichtlichen Klärung der Frage der Funktionslosigkeit abzuwarten‚ bevor es sich im Falle der Bestätigung seiner Rechtsauffassung der Durchsetzung der weiteren Nutzungsuntersagungen im Gewerbegebiet widmet; ein derart abgestuftes Vorgehen ist auch im Hinblick auf die präventive Wirkung der Maßnahmen nicht zu beanstanden (vgl. hierzu: BVerwG, B.v. 11.3.1991 - 4 B 26.91 - juris).

Der Bauaufsichtsbehörde können im Übrigen vergleichbare Fälle‚ in denen sie noch nicht eingeschritten ist‚ nur ausnahmsweise entgegengehalten werden‚ wenn es nach der Art des Einschreitens an jedem System fehlt‚ für diese Art des Vorgehens keinerlei einleuchtende Gründe sprechen und die Handhabung deshalb als willkürlich angesehen werden muss (BVerwG‚ B.v. 23.11.1998 - 4 B 99.98 - BauR 1999‚ 734; U.v. 2.3.1973 - 4 C 40.71 - DVBl 1973‚ 636). Rechtswidrige Zustände‚ die sich bei einer Vielzahl von Grundstücken ergeben‚ müssen nicht in jedem Fall in flächendeckender Art und Weise bekämpft werden‚ vielmehr darf sich die Bauaufsichtsbehörde auf die Regelung von Einzelfällen beschränken‚ wenn sie hierfür sachliche Gründe anzuführen vermag (BVerwG‚ B.v. 19.2.1992 - 7 B 106.91 - NVwZ-RR1992‚ 360). Vor dem so umrissenen Hintergrund vermag der Senat ein willkürliches Vorgehen gegen die Klägerin nicht zu erkennen; der vorliegende „Sanierungsplan“ bildet die Grundlage für ein gleichheitssatzgemäßes Einschreiten.

Schließlich macht auch der vom Verwaltungsgericht hervorgehobene Umstand‚ dass die baurechtswidrigen Nutzungen von Betriebsleiterwohnungen im derzeitigen Stadium noch nicht aufgegriffen wurden‚ das Vorgehen gegen die Klägerin nicht willkürlich. Zum einen hat der Beklagte inzwischen nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils auch sämtliche nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO genehmigte Wohnnutzungen im Gewerbegebiet erhoben und festgestellt, welche dieser Wohnungen nicht im Sinn dieser Bestimmung zulässig genutzt werden; Anhörungsschreiben zu den geplanten Nutzungsuntersagungen wurden in den Fällen versandt, in denen die Betriebsleiterwohnungen “frei vermietet“ wurden, während bei Wohnnutzungen durch ehemalige Betriebsleiter, deren Angehörige oder betriebszugehöriges Bereitschaftspersonal von einem Einschreiten abgesehen werden soll (vgl. Schr. LAB v. 8.5.2014, S. 2). Auch insoweit liegen ohne weiteres erkennbare sachliche Gründe für ein unterschiedliches Verwaltungshandeln vor, das sich jedenfalls nicht als gleichheitssatzwidrig darstellt.

Auch die für jeden Fall der unerlaubten Nutzung zu Wohnzwecken angedrohten Zwangsgelder (vgl. Art. 29 Abs. 2 Nr. 1, Art. 31, Art. 36 VwZVG) begegnen keinen rechtlichen Bedenken, nachdem die mit ihrer Hilfe durchzusetzende Unterlassungspflicht rechtmäßig angeordnet wurde.

3. Die Klägerin trägt als Unterliegende die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen (§ 154 Abs. 1 VwGO). Es entspricht der Billigkeit‚ ihnen auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im Berufungsverfahren‚ die dort einen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat‚ aufzuerlegen (vgl. § 162 Abs. 3‚ § 154 Abs. 3 VwGO); die außergerichtlichen Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens‚ in dem die Beigeladene keinen Antrag gestellt hat‚ trägt sie selbst.

Die Kostenentscheidung ist gemäß § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ZPO für vorläufig vollstreckbar zu erklären.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragsteller tragen je zur Hälfte die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller wenden sich im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gegen baurechtliche Nutzungsuntersagungen für den Betrieb einer Kfz-Werkstätte für Karosserie- und Motorreparaturen.

Der Antragsteller zu 1 betrieb seit 1. Oktober 2012 auf dem Grundstück FlNr. 1465/3 Gemarkung Weiden i.d.OPf. des Antragstellers zu 2 eine Kfz-Reparaturwerkstätte. Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des am 2. August 1968 bekannt gemachten Bebauungsplans für das Baugebiet „Rehbühl“ der Stadt Weiden i.d.Opf., in dem es als allgemeines Wohngebiet ausgewiesen ist. Innerhalb der festgesetzten Baugrenzen ist das bestehende Gebäude auf dem Grundstück FlNr. 1465/3 als Werkstätte („W“) gekennzeichnet.

Mit für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 17. Juli 2013 untersagte die Antragsgegnerin unter Anordnung von Zwangsgeldern dem Antragsteller zu 1 den weiteren Betrieb einer Kfz-Reparaturwerkstätte auf dem Grundstück. Dem Antragsteller zu 2 untersagte sie, auf dem Grundstück eine Kfz-Reparaturwerkstätte zu betreiben oder betreiben zu lassen. Die Antragsteller erhoben gegen den Bescheid beim Verwaltungsgericht Regensburg Klage und beantragten Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung.

Mit Beschluss vom 21. August 2013 hat das Verwaltungsgericht den Antrag abgelehnt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsteller.

Die Antragsteller beantragen sinngemäß,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 21. August 2013 zu ändern und die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 17. Juli 2013 wiederherzustellen.

Zur Begründung tragen sie vor: Die Nutzung des Gebäudes auf dem Grundstück FlNr. 1465/3 als Kfz-Reparaturwerkstätte sei formell legal. Auf dem Grundstück sei bis zum Jahr 1988 eine baurechtlich genehmigte Schreinerei mit Werkstatt betrieben worden. Dass die Baugenehmigung nicht mehr auffindbar sei, dürfe nicht den Antragstellern angelastet werden. Die Werkstatt sei 1968 in den Bebauungsplan als Bestand aufgenommen worden. Die Genehmigung für die Schreinereiwerkstatt erfasse auch den Betrieb der Kfz-Werkstätte für Karosseriereparaturen. Diese Nutzung mit einem Auszubildenden sei nicht intensiver als die Nutzung durch die frühere Schreinerei mit sieben Angestellten. Auch würden Karosseriewerkstätten heute weniger Lärm verursachen als früher. Das Vorhaben sei materiell legal, insbesondere sei es bauplanungsrechtlich zulässig. Der Bebauungsplan lasse jede Werkstattnutzung ohne Beschränkung auf nicht störende Betriebe zu. Die Nutzungsuntersagung sei ermessensfehlerhaft und widersprüchlich, weil die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 24. März 2010 einen Vorbescheidsantrag zur Änderung der Werkstattnutzung in eine Wohnnutzung mit der Begründung abgelehnt habe, nach dem Bebauungsplan von 1968 seien auf dem Grundstück FlNr. 1465/3 nur Garagen und Werkstätten zulässig, nunmehr aber die Nutzung des Gebäudes als Kfz-Reparaturwerkstätte unter Hinweis auf den Charakter der Fläche als allgemeines Wohngebiet untersage.

Die Antragsgegnerin stellt keinen Antrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten sowie die Behördenakten Bezug genommen.

II.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung zu Recht abgelehnt. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Nutzungsuntersagungen überwiegt das gegenläufige Interesse der Antragsteller, weil ihre Klage aller Voraussicht nach keinen Erfolg haben wird und die Untersagung der Nutzung im öffentlichen Interesse dringend geboten ist. Das gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein zu berücksichtigende Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung.

Nach summarischer Prüfung wird die Klage erfolglos bleiben. Die Nutzungsuntersagungen sind aller Voraussicht nach rechtmäßig und verletzen die Antragsteller nicht in ihren Rechten (Art. 76 Satz 2 BayBO, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Voraussetzungen des Art. 76 Satz 2 BayBO sind mit großer Wahrscheinlichkeit erfüllt.

Nach Art. 76 Satz 2 BayBO kann die Nutzung einer baulichen Anlage untersagt werden, wenn die Nutzung öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspricht. Diese Voraussetzungen sind grundsätzlich schon dann erfüllt, wenn eine bauliche Anlage ohne erforderliche Genehmigung, somit formell illegal, genutzt wird. Da die Nutzungsuntersagung in erster Linie die Funktion hat, den Bauherrn auf das Genehmigungsverfahren zu verweisen, muss grundsätzlich nicht geprüft werden, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstößt. Allerdings darf eine formell rechtswidrige Nutzung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit regelmäßig dann nicht untersagt werden, wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig ist. Denn es ist im Allgemeinen unverhältnismäßig, eine offensichtlich materiell legale Nutzung zu untersagen, ohne den Bauherrn vorher - vergeblich - aufgefordert zu haben, einen Bauantrag zu stellen (Art. 76 Satz 3 BayBO) bzw. ohne über einen bereits gestellten Bauantrag entschieden zu haben (vgl. BayVGH, U.v. 19.5.2011 - 2 B 11.353 - BayVBl 2012, 86).

Nach diesen Maßstäben sind die Nutzungsuntersagungen voraussichtlich rechtmäßig. Selbst wenn man zugunsten der Antragsteller unterstellt, dass der im Jahr 1988 eingestellte Schreinereibetrieb mit Werkstatt bauaufsichtlich genehmigt worden ist, ist die Nutzung der Gebäude auf dem Grundstück FlNr. 1465/3 als Kfz-Werkstätte für Karosserie- und Motorreparaturen formell rechtswidrig. Denn zum einen wird diese Nutzung von der Genehmigung für die Schreinereiwerkstatt nicht gedeckt (vgl. unten 1.). Zum anderen ist die Baugenehmigung für den Schreinereibetrieb wohl nicht mehr wirksam (vgl. unten 2.). Die Nutzung für eine Kfz-Reparaturwerkstätte ist auch nicht offensichtlich genehmigungsfähig (vgl. unten 3.). Ebenso wenig verstößt der angegriffenen Bescheid gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (vgl. unten 4.).

1. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass die Baugenehmigung für die Schreinereiwerkstatt die Nutzung für eine Kfz-Reparaturwerkstätte nicht deckt, sondern es sich bei der Umnutzung um eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung im Sinn von Art. 55 Abs. 1, Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO handelt.

Ob eine neue Nutzung von der Baugenehmigung für die bisherige Nutzung noch umfasst wird oder eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung vorliegt, beurteilt sich grundsätzlich danach, ob die Variationsbreite der genehmigten Nutzung überschritten wird und für die geänderte Nutzung andere bauordnungs- oder bauplanungsrechtlichen Anforderungen in Betracht kommen als für die bisherige Nutzung, so dass sich die Frage der Genehmigungsfähigkeit neu stellt (vgl. BVerwG, U.v. 18.11.2010 - 4 C 10.09 - BVerwGE 138, 166 Rn. 12 zu § 29 BauGB; BayVGH, B.v. 10.6.2010 - 1 ZB 09.1971 - juris Rn. 15; B.v. 22.8.2013 - 15 ZB 12.1984 - juris Rn. 9). Nach Inkrafttreten der Neufassung des Art. 57 Abs. 4 BayBO durch das Änderungsgesetz vom 11. Dezember 2012 (GVBl. S. 633) gilt dies bei Sonderbauten allerdings nur noch hinsichtlich solcher Anforderungen, die Gegenstand der bauaufsichtlichen Prüfung sind (vgl. LT-Drs. 16/13683 S. 15). Andere bauordnungs- oder bauplanungsrechtliche Anforderungen kommen nicht nur dann in Betracht, wenn für die neue Nutzung strengere Vorschriften gelten können, sondern auch, wenn die neuen Anforderungen weniger einschränkend sind (vgl. BayVGH, B.v. 16.6.1986 - 20 B 83 A. 555 - S. 14, n.v.; B.v. 2.9.2013 - 9 CS 13.1226 - juris Rn. 12; Schwarzer/König, Bayerische Bauordnung, 4. Aufl. 2012, Art. 57 Rn. 106; Lechner/Busse in Simon/Busse, BayBO, Stand Dezember 2013, Art. 57 Rn. 413). Das kann der Fall sein, wenn bisherige und geänderte Nutzung in unterschiedlichen Rechtsvorschriften geregelt sind oder wenn sich aus derselben Norm abweichende Anforderungen hinsichtlich der Zulässigkeit einer neuen Nutzung ergeben können (vgl. BVerwG, B.v. 7.11.2002 - 4 B 64/02 - BRS 66 Nr. 70). Voraussetzung für eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung ist nicht, dass tatsächlich andere Anforderungen an die geänderte Nutzung gestellt werden, sondern nur, dass derartige Anforderungen in Betracht kommen können und die Frage, ob dies tatsächlich der Fall ist, in einem Genehmigungsverfahren geprüft werden muss (so bereits die Rechtslage zu Art. 69 Abs. 4 BayBO 1998, vgl. LT-Drs. 13/7008 S. 42).

Nach diesen Maßstäben liegt hier eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung vor, weil sich die neue Nutzung als Kfz-Werkstätte mit Karosserie- und Motorreparaturen von der genehmigten Nutzung als Schreinereiwerkstatt wegen seiner Auswirkungen auf die Nachbarschaft zumindest hinsichtlich der Lärmbelastung deutlich unterscheidet und damit im Hinblick auf das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot (§ 29 Abs. 1, § 30 Abs. 1 BauGB i. V. m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO) geänderte Anforderungen in Betracht kommen. Denn geräuschintensive Kfz-Reparaturwerkstätten können sich wegen der von ihnen im Hinblick auf die wesentlich andersartigen Betriebsabläufe mit unterschiedlichen Arbeitsgeräten und -maschinen und dem geänderten Zu- und Abfahrverkehr üblicherweise ausgehenden Betriebsgeräusche anders auf ihre Umgebung auswirken als eine Schreinereiwerkstatt. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass sich die Technik im Laufe der Zeit verbessert und eine Kfz-Reparaturwerkstätte heute weniger Lärm verursacht als früher. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob der frühere Schreinereibetrieb mehr Lärm verursacht hat als die KfZ-Werkstätte.

2. Die Baugenehmigung für die Schreinereiwerkstatt dürfte keine Rechtswirkungen mehr entfalten, sondern sich nach Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG auf andere Weise erledigt haben.

Nach dieser Bestimmung bleibt eine Baugenehmigung als Verwaltungsakt wirksam, solange und soweit sie nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist, also unabhängig von der Entscheidung der Behörde durch Wegfall des Regelungsobjekts, durch inhaltliche Überholung, einseitigen Verzicht oder Antragsrücknahme oder aufgrund geänderter Sach- oder Rechtslage gegenstandslos geworden ist (vgl. BVerwG, U.v. 9.5.2012 - 6 C 3/11 - BVerwGE 143, 87 Rn. 19 ff.; OVG Rh-Pf, U.v. 12.3.2013 - 8 A 11152/12 - NVwZ-RR 2013, 672/673; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl. 2013, § 43 Rn. 41a).

Diese Voraussetzungen sind hier voraussichtlich erfüllt. Es spricht Einiges dafür, dass der Antragsteller zu 1 bzw. sein Rechtsvorgänger nach der Einstellung des Schreinereibetriebs im Jahr 1988 endgültig auf die Ausübung ihrer Rechte aus der Baugenehmigung verzichtet haben. Zwar spielt es für die Wirksamkeit einer Baugenehmigung grundsätzlich keine Rolle, ob die genehmigte Nutzung beendet wird oder wie lange eine Nutzungsunterbrechung dauert, weil das geltende Bauordnungsrecht keine Rechtspflicht zur Fortsetzung einer genehmigten Nutzung kennt. Allein die (auch langjährige) Nichtweiterführung einer genehmigten Nutzung reicht daher in aller Regel nicht aus, um auf einen dauerhaften Verzichtswillen schließen zu können (vgl. BayVGH, U. v. 20.2.2003 - 15 B 00.1363 - VGH n. F. 56, 82/87; U.v. 1.2.2007 - 2 B 05.2470 - VGH n. F. 60, 215/216 f.). Erforderlich ist vielmehr - ähnlich wie beim Rechtsinstitut der Verwirkung, das neben dem Zeitmoment ein Umstandsmoment voraussetzt - das Hinzutreten weiterer Umstände, die eine endgültige Aufgabe des Nutzungswillens nach außen dokumentieren (vgl. OVG NRW, U.v. 9.8.2013 - 2 A 2520/12 - juris Rn. 14; ThürOVG, B.v. 29.11.1999 - 1 EO 658/99 - BauR 2000, 719). Ein solcher Umstand kann - schon mit Blick auf die damit verbundenen Investitionen - regelmäßig dann angenommen werden, wenn eine andere Nutzung aufgenommen wird (vgl. BayVGH, U.v. 20.2.2003 - 15 B 00.1363 - VGH n. F. 56, 82/88; VGH BW, U.v. 4.3.2009 - 3 S 1467/07 - BauR 2009, 1881; vgl. auch BVerwG, B.v. 21.11.2000 - 4 B 36.00 - NVwZ 2001, 557 f.; Schlarmann/Ruttloff, DVBl 2012, 869/872).

Das ist hier der Fall. Nach eigenen Angaben der Antragsteller wurden nach der Einstellung der offenbar noch vom Vater des Antragstellers zu 1 betriebenen Schreinerei im Jahr 1988 auf dem Grundstück vorübergehend andere gewerbliche Nutzungen betrieben (vgl. Schriftsatz vom 19.9.2013). In der Folgezeit wurde der Betrieb nicht fortgeführt. Vielmehr hat der Antragsteller zu 1 den mit Bescheid vom 24. März 2010 abgelehnten Vorbescheidsantrag für eine Wohnnutzung auf dem Grundstück und schließlich am 29. Juli 2013 die Erteilung einer Baugenehmigung für die streitgegenständliche Nutzung als Kfz-Reparaturwerkstätte gestellt. Dies alles deutet darauf hin, dass der im Jahr 1988 eingestellte Schreinereibetrieb nicht wieder aufgenommen werden soll, sondern vom Antragsteller zu 1 willentlich endgültig aufgegeben wurde.

3. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass die untersagte Nutzung als Kfz-Reparaturwerkstätte nicht offensichtlich genehmigungsfähig ist.

Die Auffassung der Antragsteller, nach den Festsetzungen des Bebauungsplans sei im Plangebiet jede Art von Werkstattnutzung ohne Beschränkung auf nicht störende Handwerks- und Gewerbebetriebe zulässig, geht fehl. Der Bebauungsplan setzt in dem maßgeblichen Bereich als Art der baulichen Nutzung ein „allgemeines Wohngebiet im Sinn des § 4 BauNVO“ fest (§ 2 Abs. 2 Satz 1 der Satzung). Darin sind nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO 1962, der nach § 1 Abs. 3 Satz 2 BauNVO 1962 Bestandteil des Bebauungsplans ist, allgemein nur der Versorgung des Gebiets dienende, nicht störende Handwerksbetriebe zulässig. Daneben sind kraft Festsetzung (§ 1 Abs. 5 BauNVO 1962) auch sonstige nicht störende Gewerbebetriebe und Tankstellen sowie im Gebiet „Rehbühlsiedlung“ auch Ställe für Kleintierhaltung allgemein zulässig (§ 2 Abs. 2 Satz 2 der Satzung). Zu diesen Betrieben zählen Kfz-Werkstätten, die Karosseriereparaturarbeiten durchführen, schon deswegen nicht, weil sie nach der grundsätzlich gebotenen typisierenden Betrachtungsweise (vgl. BVerwG, B.v. 28.2.2008 - 4 B 60/07 - NVwZ 2008, 786 Rn. 10 ff.; BayVGH, U.v. 8.3.2013 - 15 B 10.2922 - juris Rn. 23; Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand August 2013, § 4 BauNVO Rn. 73) aufgrund ihrer geräuschintensiven Arbeiten das Wohnen stören (vgl. BVerwG, B.v. 11.4.1975 - IV B 37.75 - BauR 1975, 396; OVG Rh-Pf, U.v. 14.1.2000 - 1 A 11751/99 - BauR 2000, 527; Stock in König/Roeser/Stock, BauNVO, § 4 Rn. 41a). Dass der Betrieb des Antragstellers zu 1 ausnahmsweise als ein das Wohnen nicht störender Handwerks- oder Gewerbebetrieb einzustufen ist, erscheint im Hinblick auf die Durchführung von Karosserie- und Motorreparaturarbeiten entsprechend der Betriebsbeschreibung und der wiederholten Nachbarbeschwerden in der Vergangenheit zweifelhaft. Jedenfalls ist dies nicht offensichtlich. Festsetzungen dahingehend, dass im Plangebiet auch störende Werkstattnutzungen zulässig sind, enthält der Bebauungsplan nicht. Soweit es sich bei der Darstellung „W“ (Werkstatt) auf dem Grundstück des Antragstellers zu 2 überhaupt um eine rechtsverbindliche Festsetzung und nicht nur eine nachrichtliche Darstellung des zur Zeit des Inkrafttretens des Bebauungsplans vorhandenen Bestands handeln sollte (vgl. die „Erläuterung“ zum Bebauungsplan), wäre diese Festsetzung jedenfalls dahingehend auszulegen, dass nur solche Werkstattnutzungen zulässig sind, die mit der Zweckbestimmung eines allgemeinen Wohngebiets vereinbar sind, also lediglich das Wohnen nicht störende Werkstattnutzungen. Eine weitergehende Festsetzung wäre unwirksam, weil sie in Widerspruch zu § 4 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 2 BauNVO 1962 stünde.

4. Nicht durchzudringen vermögen die Antragsteller schließlich mit dem Einwand, der streitgegenständliche Bescheid sei wegen des - auch im Verwaltungsrecht entsprechend § 242 BGB geltenden - Grundsatzes von Treu und Glauben (vgl. BVerwG, U.v. vom 23.11.1993 - BVerwG 1 C 21.92 - BVerwGE 94, 294/298; vom 1.4.2004 Buchholz 310 § 137 Abs. 1 VwGO Nr. 21; BVerwG, U.v. 11.9.2013 - 8 C 11/12 - juris Rn. 44) in der speziellen Ausprägung des Verbots widersprüchlichen Verhaltens ("venire contra factum proprium") rechtswidrig, weil das Landratsamt einerseits die Nutzung einer Kfz-Reparaturwerkstätte im angegriffenen Bescheid vom 17. Juli 2013 untersage, andererseits aber mit Bescheid vom 24. März 2010 die Erteilung eines Vorbescheids für eine Wohnnutzung mit der Begründung abgelehnt habe, der Bebauungsplan sehe für die Fläche eine Werkstattnutzung vor.

Abgesehen davon, dass fraglich erscheint, ob die Widersprüchlichkeit der Beurteilung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens die Folge der Rechtswidrigkeit des (ansonsten rechtsfehlerfreien) Bescheids vom 17. Juli 2013 nach sich ziehen würde, liegt ein Widerspruch nicht vor, weil jedenfalls das Wohnen nicht störende Werkstattnutzungen auf dem Grundstück des Antragstellers zu 2 nicht ausgeschlossen sind.

5. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nrn. 1.5 und 9.4 Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57).

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird geändert.

Der Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 27. Oktober 2014 wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Der Wert des Streitgegenstands wird für beide Instanzen auf 12.000,00 Euro festgesetzt.


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(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.