Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 30. Dez. 2016 - 15 C 16.1973

bei uns veröffentlicht am30.12.2016

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

I. Streitgegenstand des Ausgangsverfahrens vor dem Verwaltungsgericht Augsburg (Az. Au 5 K 15.1506) war die von der Antragstellerin begehrte Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Erteilung einer Baugenehmigung für die Nutzungsänderung von bestehenden Lagerräumen und Büros in eine Spielothek. Laut der Niederschrift hatte die mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 24. März 2016 folgenden Ablauf:

„(...) Die Vorsitzende erörtert mit den Beteiligten die Sach- und Rechtslage.

Die Vorsitzende weist die Beteiligten darauf hin, dass nach vorläufiger Rechtsauffassung der Kammer viel dafür spreche, dass bei der Entscheidung über den Bauantrag vom 13. Mai 2015 die Bindungswirkung des Vorbescheids vom 16. Mai 2012 noch zu berücksichtigen sei. Auch seien ausweislich der vorgelegten Akten die erforderlichen Antragsunterlagen am 13. Mai 2015 eingereicht worden. Der Antrag auf Verlängerung des Vorbescheids vom 29. April 2015 stehe der Bindungswirkung vorliegend nicht entgegen, weil er nur den Zeitraum nach Ablauf der Geltungsdauer des Vorbescheids betreffe. Die Klägerin als Bauherrin habe die Möglichkeit, den Bauantrag unter voller Ausnutzung der 3-Jahresfrist des Art. 71 BayBO zu stellen und damit die Bindungswirkung des Vorbescheids jedenfalls bis zur Entscheidung über diesen Bauantrag zu verlängern.

Die Vertreterin der Beklagten sichert für den Fall der Erledigungserklärung zu, über den Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung vom 13. Mai 2015 unter Aufhebung des Bescheids 25. September 2015 erneut unter Beachtung der bauplanungsrechtlichen Vorgaben des Vorbescheids vom 16. Mai 2012 zu entscheiden. Des Weiteren erklärt sie sich damit einverstanden, die Kosten des Verfahrens zu tragen. (...)“

Die Parteien erklärten hierauf den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt; durch Beschluss in der mündlichen Verhandlung stellte das Verwaltungsgericht das Verfahren ein, entschied, dass die Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens zu tragen habe, und setzte den Streitwert auf 86.400,00 Euro fest.

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 15. Juni 2016 setzte die Urkundsbeamtin des Verwaltungsgerichts die zu erstattenden Aufwendungen der Antragstellerin auf 3.590,00 Euro fest. Mit Schriftsatz vom 18. Juni 2016 legte der Bevollmächtigte der Antragstellerin Erinnerung ein und beantragte die Entscheidung des Gerichts. Die Kostenbeamtin des Verwaltungsgerichts half der Erinnerung nicht ab.

Das Verwaltungsgericht änderte bzw. ergänzte mit Beschluss vom 14. Juli 2016 den Kostenfestsetzungsbeschluss und anerkannte als außergerichtliche Aufwendungen zusätzlich Fahrtkosten i.H. von 29,40 Euro zzgl. 19% MWSt; im Übrigen wurde die Erinnerung zurückgewiesen. Die Festsetzung einer von der Antragstellerin beantragten Erledigungsgebühr könne nicht beansprucht werden.

Am 21. Juli 2016 legte der Bevollmächtigte der Antragstellerin Beschwerde ein. Laut der Niederschrift über die mündliche Verhandlung habe das Verwaltungsgericht mit den Beteiligten die Sach- und Rechtslage umfassend erörtert. Im Rahmen dieser Erörterung sei die Rechtsauffassung der Antragstellerin durch ihren Bevollmächtigten dargelegt worden. Diese Erörterung habe zu der Zusicherung der Antragsgegnerin und damit zur Erledigung geführt. Der Bevollmächtigte der Antragstellerin habe daher in einem ausreichenden Maße daran mitgewirkt, eine einvernehmliche Lösung zu finden.

Die Antragstellerin beantragt in der Sache,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 14. Juli 2016 abzuändern und die mit dem Kostenfestsetzungsantrag vom 30. März 2016 geltend gemachte Erledigungsgebühr (1.418,00 Euro) als erstattungsfähig festzusetzen.

Die Antragsgegnerin hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, den Inhalt der beigezogen Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Augsburg (Az. Au 5 M 16.950 und Au 5 K 15.1506) sowie die Kostenakte des Verwaltungsgerichts Augsburg (im Verfahren Au 5 K 15.1506) verwiesen.

II. Die zulässige Beschwerde, über die gemäß § 150 VwGO der Senat entscheidet (vgl. BayVGH, B. v. 19.1.2007 - 24 C 06.2426 - juris Rn. 19), hat keinen Erfolg.

Nach Nr. 1002 des Vergütungsverzeichnisses (VV RVG, Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG) entsteht die Erledigungsgebühr, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt; das Gleiche gilt, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise durch Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsakts erledigt. Der innere Grund für diese zur Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV RVG) oder Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV RVG) hinzutretende Gebühr liegt darin, dass ein Rechtsanwalt, der besondere Mühe darauf verwandt hat, die aus einem Verwaltungsakt folgende Belastung von seinem Mandanten abzuwenden, ohne es auf eine gerichtliche Entscheidung ankommen zu lassen, im Erfolgsfalle dem Mandanten in besonderer Weise genützt hat, weil er ihm die mit einem Prozess verbundene Unsicherheit sowie den Zeit- und Kostenaufwand erspart (vgl. BayVGH, B. v. 4.8.2016 - 4 C 16.755 - juris Rn. 12 m. w. N.). Die Erledigungsgebühr ist Ersatz für eine Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV RVG und soll die Entlastung der Gerichte und das erfolgreiche anwaltliche Bemühen um eine möglichst weitgehende Herstellung des Rechtsfriedens zwischen den Beteiligten ohne gerichtliche Entscheidung honorieren (BayVGH. B. v. 16.12.2011 - 15 C 11.2050 - juris Rn. 14).

Eine Mitwirkung bei der Erledigung im Sinn von Nr. 1002 VV RVG setzt daher eine besondere, auf die Beilegung des Rechtsstreits ohne gerichtliche Entscheidung gerichtete Tätigkeit des Bevollmächtigten voraus, die zur Erledigung nicht unwesentlich beigetragen hat. Der Bevollmächtigte muss die Erledigung dabei nicht überwiegend oder allein herbeigeführt, sondern lediglich einen nicht ganz unerheblichen oder untauglichen Beitrag dazu geleistet haben. Dies ist dann der Fall, wenn seine Tätigkeit nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass es zu einer streitigen Erledigung des Rechtsstreits gekommen wäre. Dabei muss die anwaltliche Mitwirkung bei der Erledigung in einer besonderen Tätigkeit des Bevollmächtigten liegen, die über die bereits mit der Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG abgegoltene Einlegung und Begründung des Rechtsbehelfs hinausgeht (vgl. BVerwG, B. v. 28.11.2011 - 6 B 34.11 - juris Rn. 4) und die auf die Beilegung des Rechtsstreits ohne streitige Entscheidung gerichtet ist (zum Ganzen: BayVGH, B. v. 19.1.2007 - 24 C 06.2426 - juris Rn. 34 ff.; B. v. 14.12.2011 - 15 C 11.1714 - juris Rn. 10; B. v. 20.5.2014 - 10 C 12.1343 - juris Rn. 40; B. v. 18.5.2015 - 2 C 14.2703 - juris Rn. 14; B. v. 2.9.2015 - 10 C 13.2563 - juris Rn. 41; OVG NW, B. v. 19.8.2016 - 18 E 66/16 - juris Rn. 6; SächsOVG, B. v. 6.10.2015 - 3 E 82/15 - juris Rn. 5 - jeweils m. w. N.).

Es ist nicht ersichtlich, dass die vom Bevollmächtigten der Antragstellerin in der Beschwerdebegründung hervorgehobene Teilnahme am Rechtsgespräch in der mündlichen Verhandlung über das hinausging, was bereits durch die Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG abgegolten ist. Im vorliegenden Fall führte letztlich die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung die Erledigung durch Abgabe einer Zusicherung, über den Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids erneut unter Beachtung der Vorgaben eines vorher ergangenen Bauvorbescheids zu entscheiden, herbei. Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung wurde diese Zusicherung aufgrund eines vorherigen Hinweises des Gerichts zur Rechtslage abgegeben. Dass der Bevollmächtigte der Antragstellerin im Rahmen der Erörterung der Sach- und Rechtslage für seine Mandantin deren Rechtsauffassung dargelegt hat, wird bereits von der Verfahrensgebühr abgedeckt. Denn die Erörterung der Sach- und Rechtslage ist gem. § 104 Abs. 1 VwGO obligatorischer und daher typischer Bestandteil einer mündlichen Verhandlung. Zudem stellen schlichte Ausführungen zur Sach- und Rechtslage im Rahmen des Rechtsgesprächs in der mündlichen Verhandlungen regelmäßig - d. h. soweit nicht darüber hinaus z. B. konstruktive Vorschläge für eine gütliche Einigung unterbreitet werden - schlichte Konkretisierungen der Begründung des eingelegten Rechtsbehelfs (hier der erhobenen Klage) dar. Allein der Umstand, dass der zur Erledigung führende Hinweis des Gerichts im Anschluss an die - in einer mündlichen Verhandlung regelmäßig stattfindende - Erörterung der Sach- und Rechtslage erfolgte, vermag mithin keinen relevanten Beitrag des Bevollmächtigten der Antragstellerin an der Herbeiführung der Erledigung zu begründen.

Auch die bloße Abgabe der Erledigungserklärung als prozessbeendende Erklärung begründet keine Tätigkeit, die über die allgemeine Verfahrensförderung eines Prozessbevollmächtigten hinausführt. Zwar führen die übereinstimmenden Prozesserklärungen, die Hauptsache für erledigt zu erklären, ohne Rücksicht darauf, ob tatsächlich eine Erledigung eingetreten ist, zu einer Beendigung des Rechtsstreits. Umgekehrt stellt diese Prozesserklärung als solche jedoch nicht selbst das erledigende Ereignis dar, an welchem der Bevollmächtigte in besonderer Weise mitgewirkt haben muss, um in den Genuss einer Erledigungsgebühr zu kommen (BayVGH, B. v. 18.5.2015 - 2 C 14.2703 - juris Rn. 15).

Dass vorliegend der Bevollmächtigte der Antragstellerin über die allgemeine Verfahrensförderung hinaus an der vollständigen Erledigung kausal mitgewirkt hat, ist nicht erkennbar. Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 24. März 2016 wurde die Prozesserklärung zeitlich unmittelbar nach der seitens der Antragsgegnerin verlautbarten Zusicherung sowie der von ihr abgegebenen Kostenübernahmeerklärung abgegeben. Der Bevollmächtigte der Antragstellerin hat nicht dargelegt, dass eine besondere Einwirkung auf seine Mandantin notwendig gewesen ist (vgl. BayVGH, B. v. 18.5.2015 a. a. O.; B. v. 2.9.2015 - 10 C 13.2563 - juris Rn. 45; vgl. auch BayVGH, B. v. 20.5.2014 - 10 C 12.1343 - juris Rn. 41 ff., dort im Fall der Beratung der beklagten Behörde durch ihren Bevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung, die zu einer Änderung des dort streitgegenständlichen Bescheids und damit zur Erledigung führte). Entsprechendes ist auch nicht aus der Niederschrift ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Eine Streitwertfestsetzung ist nicht erforderlich, weil sich die Gerichtsgebühr unmittelbar aus Nr. 5502 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG ergibt (60,00 Euro).

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 30. Dez. 2016 - 15 C 16.1973 zitiert 7 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 152


(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 3 Höhe der Kosten


(1) Die Gebühren richten sich nach dem Wert des Streitgegenstands (Streitwert), soweit nichts anderes bestimmt ist. (2) Kosten werden nach dem Kostenverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz erhoben.

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 2 Höhe der Vergütung


(1) Die Gebühren werden, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, nach dem Wert berechnet, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat (Gegenstandswert). (2) Die Höhe der Vergütung bestimmt sich nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 104


(1) Der Vorsitzende hat die Streitsache mit den Beteiligten tatsächlich und rechtlich zu erörtern. (2) Der Vorsitzende hat jedem Mitglied des Gerichts auf Verlangen zu gestatten, Fragen zu stellen. Wird eine Frage beanstandet, so entscheidet das

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 150


Über die Beschwerde entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluß.

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Verwaltungsgericht Augsburg Beschluss, 14. Juli 2016 - Au 5 M 16.950

bei uns veröffentlicht am 14.07.2016

Tenor I. Der Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 15. Juni 2016 wird geändert und wie folgt ergänzt: Als außergerichtliche Aufwendungen der Antragstellerin werden zusätzlich Fahrtkos

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Tenor

I.

Der Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 15. Juni 2016 wird geändert und wie folgt ergänzt: Als außergerichtliche Aufwendungen der Antragstellerin werden zusätzlich Fahrtkosten in Höhe von 29,40 EUR zuzüglich 19% MWSt anerkannt.

Im Übrigen wird die Erinnerung zurückgewiesen.

II.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Erinnerungsverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert wird auf 1.447,40 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen die Festsetzung der ihr zu erstattenden Rechtsanwaltsgebühren für die Tätigkeit ihres Bevollmächtigten im verwaltungsgerichtlichen Klageverfahren (Az. Au 5 K 15.1506) und macht eine Erledigungsgebühr in Höhe von 1.418,00 EUR sowie Fahrtkosten in Höhe von 29,40 EUR geltend.

Mit Bescheid der Stadt … vom 25. September 2015 wurde ein von der Klägerin gestellter Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung zur Nutzungsänderung von Lagerräumen und Büros in eine Spielothek auf dem Grundstück Fl.Nr. … der Gemarkung … abgelehnt. Hiergegen erhob die Klägerin mit Schriftsatz vom 12. Oktober 2015 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg (Az. Au 5 K 15.1506) mit dem Antrag, den Bescheid der Beklagten vom 25. September 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin nach Maßgabe ihres Bauantrags vom 13. Mai 2015 eine positive Baugenehmigung zu erteilen.

Am 24. März 2016 fand die mündliche Verhandlung statt. Ausweislich des Sitzungsprotokolls über die Sitzung vom 24. März 2016 regte das Gericht an, zu prüfen, ob eine einvernehmliche Lösung erzielt werden könne. Die Vorsitzende wies die Beteiligten darauf hin, dass nach vorläufiger Rechtsauffassung der Kammer viel dafür spreche, dass bei der Entscheidung über den Bauantrag vom 13. Mai 2015 die Bindungswirkung des Vorbescheids vom 16. Mai 2012 noch zu berücksichtigen sei. Die Vertreterin der Antragsgegnerin sicherte daraufhin für den Fall der Erledigungserklärung zu, über den Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung vom 13. Mai 2015 unter Aufhebung des Bescheids vom 25. September 2015 erneut unter Beachtung der bauplanungsrechtlichen Vorgaben des Vorbescheids vom 16. Mai 2012 zu entscheiden. Des Weiteren erklärte sie sich damit einverstanden, die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beteiligten erklärten das Verfahren daraufhin übereinstimmend für erledigt. Das Verfahren wurde mit Gerichtsbeschluss eingestellt (Ziffer I.) und in Ziffer II. bestimmt, dass die Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens zu tragen habe. In Ziffer III. des Beschlusses wurde der Streitwert auf 86.400,00 EUR festgesetzt.

Mit Schriftsatz vom 30. März 2016 beantragte der Bevollmächtigte der Antragstellerin die Festsetzung der der Antragstellerin zu erstattenden Aufwendungen. Beantragt wurde dabei auch die Festsetzung einer „Erledigungsgebühr“ gemäß § 13 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG, Nr. 1002 und 1003 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG - VV RVG) und die Erstattung der Fahrtkosten zur mündlichen Verhandlung am 24. März 2016 von … nach Augsburg und zurück (Nr. 7003 VV RVG).

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 15. Juni 2016 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg die der Antragstellerin im Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg entstandenen notwendigen Aufwendungen auf 3.590,00 EUR fest und lehnte die beantragte Erledigungsgebühr sowie die Erstattung der Fahrtkosten ab.

Die beantragte Erledigungsgebühr sei nicht erstattungsfähig. Die Erledigungsgebühr sei eine Erfolgsgebühr. Diese werde nur durch besondere, über die übliche Prozessführung hinausgehende Bemühungen des Rechtsanwalts um Erledigung der Sache ohne gerichtliche Entscheidung (außerhalb des Prozesses) verdient. Diese Bemühungen müssten auch wesentlich zur Erledigung beigetragen haben. Die formelle Beendigung des Verfahrens durch die Abgabe der Erledigungserklärung löse ebenfalls keine Erledigungsgebühr aus. Die Fahrtkosten seien als Mehrkosten für einen auswärtigen Rechtsanwalt nicht nach § 162 VwGO erstattungsfähig.

Mit Schriftsatz vom 18. Juni 2016 beantragte der Bevollmächtigte der Antragstellerin die Entscheidung des Gerichts gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 15. Juni 2016.

Zur Begründung ist ausgeführt, dass die beantragte Erledigungsgebühr sowie die geltend gemachten Fahrtkosten erstattungsfähig seien. Bei der Erörterung der Sach-und Rechtslage im Rahmen der mündlichen Verhandlung habe der Bevollmächtigte für die Antragstellerin deren Rechtsauffassung dargelegt. Dies habe zur Zusicherung der Antragsgegnerin, den Bescheid aufzuheben und unter Beachtung der baupla-nungsrechtlichen Vorgaben des Vorbescheids über den Antrag erneut zu entscheiden, und damit zur Erledigung geführt. Darin liege eine ausreichende Mitwirkung zur einvernehmlichen Lösung. Denn ein Rechtsanwalt müsse die Erledigung nicht überwiegend oder alleine herbeiführen. Entscheidend sei, dass er hieran mitwirke, also einen nicht ganz unerheblichen oder untauglichen Beitrag hierzu leiste. Die Mitwirkung des Rechtsanwalts brauche auch nicht aktenkundig zu sein. Die Fahrtkosten seien erstattungsfähig, da sich der Sitz der Kanzlei in … (Regierungsbezirk Schwaben) und damit im Bezirk des Gerichts befinde.

Die Kostenbeamtin half der Erinnerung nicht ab.

Die Antragsgegnerin hat sich im Verfahren nicht geäußert.

Im Übrigen wird auf den Akteninhalt und die Akte des Verfahrens Au 5 K 15.1506 Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Entscheidung des Gerichts (Erinnerung) gegen den Kostenfestset-zungsbeschluss vom 15. Juni 2016 ist gemäß §§ 165, 151 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässig und im Hinblick auf die geltend gemachten Fahrtkosten begründet. Im Übrigen ist der Antrag unbegründet.

1. Die geltend gemachten Fahrtkosten sind nach § 162 Abs. 1 und 2 VwGO erstattungsfähig.

Gemäß § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO sind die Auslagen eines Rechtsanwalts grundsätzlich erstattungsfähig. Eine gesetzliche Beschränkung des Kostenerstattungsanspruchs bei der Inanspruchnahme eines auswärtigen Anwalts, der seine Kanzlei nicht am Gerichtssitz hat, ist in § 162 Abs. 1 und 2 VwGO anders als in § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht ausdrücklich vorgesehen. Gleichwohl entspricht es allgemeiner Meinung, dass auch im Verwaltungsprozess die durch die Beauftragung eines auswärtigen Rechtsanwalts entstehenden Mehrkosten nur dann zu erstatten sind, wenn sie im Sinne des § 162 Abs. 1 VwGO notwendig sind. Einem Beteiligten steht es zwar frei, sich in jeder Lage des Verfahrens durch einen von ihm auszuwählenden Rechtsanwalt vertreten zu lassen (§ 67 Abs. 2 VwGO); daraus folgt jedoch nicht, dass auch alle Aufwendungen für jeden beliebigen Rechtsanwalt in vollem Umfang vom unterlegenen Prozessgegner zu erstatten sind. Ob eine Vertretung durch einen auswärtigen Rechtsanwalt als notwendig im Sinne des § 162 Abs. 1 VwGO anzusehen ist, hat sich vielmehr an Sinn und Zweck dieser Kostenbegrenzungsnorm zu orientieren. Notwendig sind danach nur Aufwendungen, die eine verständige, weder besonders ängstliche noch besonders unbesorgte Partei in ihrer Lage und im Hinblick auf die Bedeutung und die rechtliche und sachliche Schwierigkeit der Sache vernünftigerweise für erforderlich halten durfte (Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 162 Rn. 3). Dabei hat die Partei die -aus dem Prozessrechtsverhältnis und den Grundsätzen von Treu und Glauben sich ergebende - Pflicht, die Kosten niedrig zu halten (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 73. Aufl. 2015, § 91 Rn. 29).

Ein ansässiger Rechtsanwalt ist jedoch nicht nur ein solcher, der seinen Kanzleisitz am Sitz des Gerichts hat, vielmehr stehen diesem auch Rechtsanwälte mit Kanzleisitz innerhalb des Gerichtsbezirks gleich (vgl. Kopp/Schenke a.a.O. § 162 Rn. 11). Der Bevollmächtigte der Antragstellerin erfüllt diese Voraussetzung, da sich seine Kanzlei mit Sitz in … innerhalb des Gerichtsbezirks (Regierungsbezirk Schwaben) befindet.

2. Die Festsetzung einer Erledigungsgebühr gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 RVG i.V.m. Nr. 1002 Satz 1, Nr. 1003 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG - VV RVG - wurde im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 15. Juni 2016 dagegen zu Recht abgelehnt.

Nach Nr. 1002 Satz 1 VV RVG entsteht eine Erledigungsgebühr, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakt durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt. Nach ständiger Rechtsprechung, auch des Bundesverwaltungsgerichts und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes, ist Voraussetzung für eine Erledigungsgebühr eine besondere, über die bereits mit der Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV RVG) abgegoltene hinausgehende Tätigkeit des Rechtsanwalts bei der Erledigung des Rechtsstreites. Der Rechtsanwalt muss zwar die Erledigung nicht überwiegend oder allein herbeiführen, er muss allerdings einen nicht ganz unerheblichen oder untauglichen Beitrag für die Beilegung des Rechtsstreits ohne streitige Entscheidung leisten (BayVGH, B.v. 9.7.2009 - 10 C 09.1200 - juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 24.5.2007 - 14 ZB 07.1300 - juris Rn. 3; B.v. 23.1.2009 - 10 C 08.2037 - juris Rn. 16).

Gemessen an diesen Grundsätzen hat die Kostenbeamtin zutreffend festgestellt, dass es vorliegend an einem besonderen Beitrag des Prozessbevollmächtigten zu der unstreitigen Erledigung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens fehlt. Dass die Antragsgegnerin die Aufhebung der streitgegenständlichen Verfügung und die erneute Entscheidung über den Antrag unter Beachtung der bauplanungsrechtli-chen Vorgaben des Vorbescheids zugesichert hat, war im Wesentlichen auf das Tätigwerden des Gerichts zurückzuführen. Eine Mitwirkung des Rechtsanwalts dergestalt, die Antragstellerin zu überzeugen, der Anregung des Gerichts, die Hauptsache für erledigt zu erklären, zu folgen, stellt hingegen keine besondere, über die bereits mit der Verfahrensgebühr abgegoltene hinausgehende Tätigkeit des Rechtsanwaltes dar (vgl. VG München, B.v. 2.5.2013 - M 18 M 13.1340 - juris Rn. 11). Denn die Erledigungsgebühr ist eine Erfolgsgebühr, die das besondere Bemühen des Rechtsanwaltes um eine außergerichtliche Erledigung der Sache im jeweiligen Verfahren honorieren soll, weil dies sowohl für den Auftraggeber von besonderem Nutzen sein kann, als auch damit zugleich die Gerichte entlastet 17 werden (Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 19. Aufl. 2010, Nr. 1002 VV Rn. 3).

Da ausweislich der Sitzungsniederschrift die Antragsgegnerin bereits auf Grund der Ausführungen des Gerichts zur Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheides und zur erneuten Entscheidung über den Antrag unter Beachtung der bauplanungsrechtlichen Vorgaben des Vorbescheids bereit war, fehlt es an einem hinreichend qualifizierten Aushandeln einer Lösung vor Gericht bzw. einem Einwirken auf die beklagte Behörde. Die Beratung der Antragstellerin, das Verfahren bei Zusicherung der Aufhebung der streitgegenständlichen Verfügung zu beenden, ist von der jeweiligen Verfahrensgebühr mit umfasst. Gleichfalls rechtfertigt die Abgabe von Erledigungserklärungen nach Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheides keine besondere Erledigungsgebühr (vgl. Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, a.a.O., Nr. VV 1002 Rn. 3.). Diese Mitwirkung ist bereits von der allgemeinen Verfahrensgebühr aus Nr. 3100 VV RVG mit umfasst, zumal mit der in Aussicht gestellten Aufhebung des Bescheides und Zusicherung der erneuten antragsgemäßen Entscheidung durch die Antragsgegnerin, das Rechtsschutzbedürfnis für die von der Antragstellerin erhobene Klage entfallen wäre.

3. Der Erinnerung war daher im Hinblick auf die geltend gemachten Fahrtkosten stattzugeben, im Übrigen war die Erinnerung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG).

Über die Beschwerde entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluß.

(1) Die Gebühren werden, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, nach dem Wert berechnet, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat (Gegenstandswert).

(2) Die Höhe der Vergütung bestimmt sich nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz. Gebühren werden auf den nächstliegenden Cent auf- oder abgerundet; 0,5 Cent werden aufgerundet.

(1) Der Vorsitzende hat die Streitsache mit den Beteiligten tatsächlich und rechtlich zu erörtern.

(2) Der Vorsitzende hat jedem Mitglied des Gerichts auf Verlangen zu gestatten, Fragen zu stellen. Wird eine Frage beanstandet, so entscheidet das Gericht.

(3) Nach Erörterung der Streitsache erklärt der Vorsitzende die mündliche Verhandlung für geschlossen. Das Gericht kann die Wiedereröffnung beschließen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Die Gebühren richten sich nach dem Wert des Streitgegenstands (Streitwert), soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Kosten werden nach dem Kostenverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz erhoben.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.