Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 12. Nov. 2015 - 14 CS 15.2144

bei uns veröffentlicht am12.11.2015

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Die auf die fristgerecht dargelegten Gründe beschränkte Prüfung (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) ergibt, dass die Beschwerde gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 8. September 2015 nicht begründet ist. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO nach der gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Bewertung der Erfolgsaussichten der Klage (BVerwG, B. v. 25.3.1993 - 1 ER 301.92 - NJW 1993, 3213) zu Recht abgelehnt.

Mit dem im Hauptsacheverfahren - RO 4 K 15.1160 - angefochtenen Bescheid vom 21. Juli 2015 hat der Antragsgegner dem Antragsteller unter Anordnung des Sofortvollzugs aufgegeben, durch bestimmte näher bezeichnete Maßnahmen - jeweils unter Fristsetzung - die auf den Grundstücken FlNr. 2995 und 3003 der Gemarkung G. von diesem beseitigten gesetzlichen Biotope wiederherzustellen. Im Einzelnen soll der Antragsteller nach der nächsten Mahd des aktuell vorhandenen Aufwuchses das Mähgut vollständig entfernen (Nr. 1.1 des Bescheids), anschließend die durch ihn eingesäten Gräser (Kleegrasmischung) mit Hilfe einer Bodenbearbeitung, wie z. B. Fräsen oder Grubbern, beseitigen (Nr. 1.3 des Bescheids) und daran anschließend die beiden Grundstücke mit einer autochthonen, naturraumspezifischen Ansaat und in einer reduzierten Saatdichte ansäen (Nr. 1.4 des Bescheids). Zudem wurden die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln und eine Düngung jeglicher Art untersagt (Nr. 1.6 des Bescheids).

Bei der nach § 80 Abs. 5 VwGO erforderlichen Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse am sofortigen Vollzug des angefochtenen Bescheids vom 21. Juli 2015 einerseits und dem privaten Interesse des Antragstellers, durch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Anfechtungsklage von den Folgen des Vollzugs dieses Bescheids vorläufig bis zum Eintritt seiner Bestandskraft verschont zu bleiben, überwiegt vorliegend das öffentliche Interesse. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Ausgangsbescheid voraussichtlich formell und materiell rechtmäßig ist.

I. Die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 BNatSchG sind nach summarischer Prüfung erfüllt. Danach treffen die für den Naturschutz zuständigen Behörden - hier das Landratsamt Tirschenreuth (im Folgenden: Landratsamt) als sachlich und örtlich zuständige untere Naturschutzbehörde, Art. 44 Abs. 2 Satz 1 BayNatSchG, Art. 3 Abs. 1 Nr. 1 BayVwVfG - nach pflichtgemäßem Ermessen die im Einzelfall erforderlichen Maßnahmen, um die Einhaltung der Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes und der aufgrund dessen erlassenen Vorschriften sicherzustellen. Dies beinhaltet nicht nur die Befugnis, materiell rechtswidrige Handlungen zu untersagen, sondern gibt der Behörde darüber hinaus die Möglichkeit, die Wiederherstellung des früheren, vorschriftswidrig veränderten Zustands anzuordnen (BayVGH, B. v. 9.8.2012 - 14 C 12.308 - juris Rn. 24 m. w. N.).

1. Auch unter Berücksichtigung seiner Einwendungen im Beschwerdeverfahren, die im Wesentlichen seinem bisherigen Vorbringen entsprechen, hat der Antragsteller die Feststellungen der unteren Naturschutzbehörde des Landratsamts im streitgegenständlichen Bescheid sowie dessen ergänzende Ausführungen hierzu weder widerlegen noch ernstlich in Zweifel ziehen können, dass sich mindestens bis Juli 2013 auf dem Grünland der in seinem Eigentum stehenden Grundstücke FlNr. 2995 und 3003 nach § 30 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG gesetzlich geschützte Biotope in Form von seggen- und binsenreichen Nasswiesen befunden haben, die durch das nicht genehmigte Umackern dieser Grünlandflächen zerstört worden sind.

a) Soweit der Antragsteller die Biotopeigenschaft der streitgegenständlichen Grundstücksflächen mit dem Einwand in Zweifel zu ziehen versucht, die Flächen seien vom Landratsamt nicht unter Schutz gestellt bzw. nicht in die Biotopkartierung aufgenommen worden, kann er nicht durchdringen. Denn er verkennt, dass Biotope, die einem der in § 30 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG aufgelisteten Typen entsprechen, einen unmittelbaren gesetzlichen Schutz genießen (vgl. § 30 Abs. 1 BNatSchG). Es bedarf keiner Schutzerklärung nach Durchführung eines bestimmten Verfahrens und unter genauer räumlicher Bezeichnung des geschützten Gebiets (vgl. Kratsch/Czybulka in Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, 2. Aufl. 2011, § 30 Rn. 7, 19). Die nach § 30 Abs. 7 BNatSchG erfolgende Registrierung gesetzlich geschützter Biotope ist lediglich deklaratorischer Natur (vgl. BayVGH, B. v. 9.8.2012 - 14 C 12.308 - juris Rn. 13). Es kommt daher allein auf den tatsächlichen Zustand in der Natur an und zwar auch soweit die gesetzlich geschützten Biotope nicht oder noch nicht in den Listen oder Karten eingetragen sind (vgl. BayVGH, B. v. 9.8.2012 a. a. O.). Da sich das bei gesetzlich geschützten Biotopen geltende weitgehende Veränderungsverbot direkt aus § 30 Abs. 2 BNatSchG ergibt, kann weder aus fehlenden Bewirtschaftungsauflagen noch dem vom Antragsteller behaupteten „Untätigbleiben“ der Behörden der Schluss gezogen werden, gesetzliche Biotope lägen nicht vor. Ungeachtet dessen unterlag der Antragsteller bis September 2012 strikten Bewirtschaftungsauflagen hinsichtlich der betreffenden Grundstücke, da er unstreitig bis dahin am Bayerischen Vertragsnaturschutzprogramm teilgenommen hat.

b) Die Biotopeigenschaft der streitgegenständlichen Grundstücksflächen wird auch nicht durch Aussagen in der vom Antragsteller dem Verwaltungsgericht vorgelegten Stellungnahme des bei der Fa. T... tätigen Landschaftsarchitekten und Stadtplaners B. vom 7. August 2015 (Anlage Ast. 5) widerlegt.

aa) Zunächst ist festzustellen, dass sich die Aussagen in dieser Stellungnahme bereits nicht substantiiert mit den Feststellungen des Landratsamts zur Biotopeigenschaft der Grundstücksteilflächen im streitgegenständlichen Bescheid, auf dessen Begründung das Verwaltungsgericht ergänzend hingewiesen hat (vgl. UA S. 12), auseinandersetzen und daher schon deshalb nicht geeignet sind, die naturschutzfachliche Einschätzung der unteren Naturschutzbehörde ernstlich in Zweifel zu ziehen. Insbesondere seine Einschätzung, „3 Binsen machen noch keine Wiese“, entbehren einer fachlichen Auseinandersetzung mit den Einschätzungen des Landratsamts.

bb) Ungeachtet dessen weist der Senat in Bezug auf die Stellungnahme vom 7. August 2015 auf Folgendes hin:

Die Ausführungen des Hr. B. widersprechen der naturschutzfachlichen Einschätzung des Landratsamts nicht. Herr B. legt selbst dar, dass „im Rahmen der Ortsbegehung bei der Erstellung des Landschaftspflegerischen Begleitplans“ - gemeint ist wohl der Ortstermin am 5. Juli 2013 anlässlich des Projekts „Errichtung und Betrieb von 5 Windenergieanlagen im Windpark Aschheim“, an dem sowohl Vertreter des Landratsamts als auch der Antragsteller teilgenommen haben - Teilflächen mit höherem Seggen- und Binsenreichtum festzustellen gewesen seien, ebenfalls kleinere Teilflächen mit borstgrasrasenartiger Vegetation; Teilflächen seien eindeutig nicht als nach § 30 BNatSchG geschützte Biotope einzustufen gewesen. Auch das Landratsamt geht nicht davon aus, dass auf dem Grünland beider Grundstücke flächendeckend gesetzlich geschützte Biotope vorhanden waren. Vielmehr wird im streitgegenständlichen Bescheid ausgeführt, dass sich die Biotope kleinflächig über die beiden Grundstücke verteilt hätten.

Wenn Herr B. anmerkt, die Teilflächen mit borstgrasrasenartiger Vegetation seien überwiegend beeinträchtigt, lässt er unberücksichtigt, dass er in seinem - aus Anlass dieses Ortstermins - gefertigten Vermerk vom 8. Juli 2013 (Bl. 4 der Behördenakte) als Ursache für die Beeinträchtigung „die Nichteinhaltung der Bewirtschaftungsauflagen (Ablagerung von Mähgut auf der Fläche) im Jahre 2012“ nennt. Der Antragsteller hat damit schon mindestens 2012 durch Verstoß gegen das Veränderungsverbot des § 30 Abs. 2 BNatSchG mit der Beeinträchtigung der gesetzlich geschützten Biotope begonnen.

Soweit Herr B. nun davon spricht, dass „auf den genannten Flächen teilweise Vegetationselemente festgestellt“ worden seien, „die in Richtung gesetzlich geschützter Biotope tendieren“, setzt er sich in Widerspruch zu seinen Aussagen im Vermerk vom 8. Juli 2013. Dieser enthält hinsichtlich des Standorts 3 (FlNr. 3003, vgl. Schriftsatz des Landratsamts an das Verwaltungsgericht vom 8.9.2015 - Bl. 59 der Akte des Verwaltungsgerichts RO 4 S 15.1211) die Feststellung, dass „zur Vermeidung von Konflikten mit dem Biotopschutz die Verlegung des Anlagenstandorts nach Süden in den Fichtenwald“ in Erwägung gezogen wird. Zum Standort 4 (FlNr. 2995) ist im Vermerk vom 8. Juli 2013 ausgeführt, dass „aufgrund des Vegetationsmosaiks und der kleinflächigen Durchdringung der Fläche mit geschützten Vegetationselementen ... eine Verschiebung des Anlagenstandorts ohne Beanspruchung geschützter Vegetationselemente an diesem Standort nicht möglich“ sei. Weiter heißt es: „Denkbar wäre eine Verlagerung in den östlichen oder westlich angrenzenden Fichtenwald“. Diese Aussagen im Vermerk vom 8. Juli 2013 belegen, dass auch Hr. B. zu diesem Zeitpunkt noch vom Vorhandensein gesetzlich geschützter Biotope auf den betreffenden Grundstücken ausgegangen ist. Zu dem gleichen Schluss muss man aufgrund der im Verwaltungsverfahren vom Antragsteller vorgelegten Email des Hr. B. vom 5. Mai 2015 (Bl. 36 der Behördenakte) kommen. Auch hier bestätigt er, dass auf Teilflächen die für gesetzlich geschützte Biotope kennzeichnende Vegetation vorgelegen hat. Wenn er nun die Biotopeigenschaft der betreffenden Flächen mit dem Argument in Zweifel zu ziehen versucht, es sei unklar, ab welcher Flächengröße kennzeichnender Vegetation von einem gesetzlich geschützten Biotop im Sinne des § 30 BNatSchG ausgegangen werden könne, ist dies unbehelflich. Denn Hr. B. lässt unberücksichtigt, dass es Mindestgrößen für Biotope nicht gibt und generelle Aussagen hierzu fachlich nicht möglich sind (vgl. Kratsch/Czybulka in Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 30 Rn. 14). Soweit er in diesem Zusammenhang auf die Größenvorgaben in der Kartieranleitung „Biotopkartierung Bayern“ des Bayerischen Landesamts für Umwelt verweist, übersieht er, dass Kartierungen im Sinne des § 30 Abs. 7 BNatSchG nicht konstitutiv sind (vgl. BayVGH, B. v. 9.8.2012 - 14 C 12.308 - juris Rn. 13).

c) Die fehlende Biotopeigenschaft der streitgegenständlichen Grundstücksflächen wird auch nicht durch die als Anlage Ast. 3 und 4 dem Verwaltungsgericht vorgelegten Lichtbilder belegt. Diese Lichtbilder sind ausweislich der eigenen Angaben des Antragstellers im März/April bzw. im Oktober 2014 aufgenommen worden. Zu diesem Zeitpunkt muss der Antragsteller bereits Umbrucharbeiten durchgeführt haben, wie sich aus einem Vergleich dieser Aufnahmen mit den zuvor genannten Aussagen im Vermerk vom 8. Juli 2013 sowie den in den Behördenakten (Bl. 11-13) befindlichen Lichtbildern vom 18. April 2012 ergibt. Die auf den behördlichen Aufnahmen eher uneben wirkenden Flächen erscheinen auf den Lichtbildern des Antragstellers aus dem Jahr 2014 so, als habe man sie planiert. Bestätigt wird diese Einschätzung durch die - in Kopie ebenfalls in den Behördenakten befindliche - Stellungnahme der B. GmbH & Co. KG an das Verwaltungsgericht Regensburg im Verfahren RO 7 K 14.2114 vom 18. Mai 2015 (Bl. 33 der Behördenakte). Zum Biotopschutz wird dort ausgeführt: „..., dass die betreffenden Flurstücke zwischenzeitlich komplett umgebrochen, geackert und mit der Kreislegge bearbeitet wurden. Daraufhin wurden eine Kleegrasmischung und Weidelgras angesät und abschließend zur Einebnung gewalzt“. Auch Hr. B. weist in einer Stellungnahme vom 20. September 2012 darauf hin, der Bewirtschafter, also der Antragsteller, würde die Standorte 3 und 4 nach Kündigung des Vertragsnaturschutzes „wieder regulär intensiv landwirtschaftlich bewirtschaften, so dass die von der unteren Naturschutzbehörde herangeführten Verbotstatbestände des § 30 BNatSchG in diesem Fall nicht greifen“ (Bl. 37 der Behördenakte). Die Kündigung seiner Teilnahme am Bayerischen Vertragsnaturschutzprogramm erfolgte mit Schreiben des Antragstellers vom 12. September 2012 (vgl. Bl. 39 der Akte des Verwaltungsgerichts RO 4 S 15.1211).

2. Der Antragsteller kann sich auch nicht erfolgreich auf die Rückholklausel des Art. 23 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BayNatSchG berufen. Danach gelten die Verbote nach § 30 Abs. 2 BNatSchG nicht bei gesetzlich geschützten Biotopen, die während der Laufzeit einer vertraglichen Vereinbarung oder der Teilnahme an öffentlichen Programmen zur Bewirtschaftungsbeschränkung entstanden sind, soweit diese innerhalb einer Frist von fünfzehn Jahren nach Beendigung der vertraglichen Vereinbarung oder der Teilnahme an den öffentlichen Programmen wieder einer land-, forst- oder fischereiwirtschaftlichen Nutzung zugeführt werden. Ausweislich der vom Landratsamt dem Verwaltungsgericht vorgelegten Unterlagen standen die betreffenden Grundstücksflächen auch schon vor dem Jahr 2000 gesetzlich unter Schutz.

Wie sich aus den vorgelegten Unterlagen ergibt, hatte der Antragsteller im September 2000 sein Interesse an der Teilnahme am Bayerischen Vertragsnaturschutzprogramm für den Fall bekundet, dass er die Grundstücke FlNr. 2995 und 3003 nicht aufforsten könne. Aus den Prüfunterlagen des Landratsamts vom 28. Februar 2001 (Bl. 66 und 67 der Akte des Verwaltungsgerichts RO 4 S 15.1211) ergibt sich, dass es sich bei beiden Grundstücken um „Flächen nach Art. 13d Abs. 1 BayNatSchG“ handelte. Art. 13d BayNatSchG in der bis 31. Juli 2005 geltenden Fassung - BayNatSchG a. F. - enthielt Regelungen für „gesetzlich geschützte Biotope“. Art. 23 Abs. 2 Nr. 2 BayNatSchG steht den im streitgegenständlichen Bescheid enthaltenen Anordnungen somit nicht entgegen. Auf die Teilnahmebedingungen des Bayerischen Vertragsnaturschutzprogramms für den aktuellen Verpflichtungszeitraum kommt es nicht an.

II. Die Anordnungen des Landratsamts sind auch nicht ermessensfehlerhaft.

1. Entgegen der Auffassung des Antragstellers sind sie nicht deshalb unverhältnismäßig, weil sie „die Gesamtflächen der beiden Grundstücke“ betreffen.

Bedenken hinsichtlich des Auswahlermessens der im Bescheid getroffenen Maßnahmen ergeben sich insbesondere nicht aus dem Einwand des Antragstellers, es sei „aufgrund der Verfahrensunterlagen ohne weiteres feststellbar, in welchen Teilbereichen die betreffenden Pflanzenarten vorhanden waren“. Der Antragsteller ist jeglichen Vortrag dafür schuldig geblieben, aus welchen konkreten Verfahrensunterlagen sich die genaue Lage der zerstörten Biotope auf den Grünlandflächen ergeben soll. Ist nachträglich nicht mehr feststellbar, in welchen konkreten Teilbereichen der jeweiligen Grundstücksfläche sich die zerstörten Biotope befunden haben, kann die Entstehung ökologisch besonders wertvoller Biotope in den dafür geeigneten Teilbereichen in der Regel nur dadurch ermöglicht werden, dass sich die angeordneten Maßnahmen auf die gesamte Grünlandfläche des jeweiligen Grundstücks beziehen. Hierauf hat das Verwaltungsgericht zu Recht unter Hinweis auf das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 31. Januar 1997 - 9 B 94.741 - (n. v.) hingewiesen.

Ungeachtet dessen ist bei illegalen Eingriffen wie den Vorliegenden die Veränderung auf den betroffenen Flächen rückgängig zu machen. Dies bedeutet grundsätzlich, dass der ursprüngliche Zustand wiederherzustellen ist. Den Naturschutzbehörden ist es zwar verwehrt, die Herstellung eines im Vergleich zur früheren Situation besseren Zustands zu fordern. Die Wiederherstellung des früheren Zustands ist jedoch nicht gleichzusetzen mit der authentischen Rekonstruktion des verbotswidrig beseitigten Zustands. Zulässig ist, die anzuordnenden Maßnahmen am historisch gewachsenen Zustand der Umgebung zu orientieren, hier also die Wiederherstellung einer kleinstrukturierten, von Biotopen durchsetzten Grünlandfläche zu fordern (vgl. BVerwG, B. v. 21.8.1998 - 6 B 88.98 - NuR 1999, 595). Wie sich aus den nachvollziehbaren Ausführungen der unteren Naturschutzbehörde im streitgegenständlichen Bescheid ergibt, ist dies nur durch die angeordneten Maßnahmen möglich. Denn die auf binsen- und seggenreichen Nasswiesen vorkommenden Arten seien nicht in der Lage, sich gegen die dominanten Futterwiesengräser und den Weißklee durchzusetzen. Es sei zwingend erforderlich, dass der Aufwuchs der nun eingesäten Futterwiesengräser abgemäht und das Mähgut komplett von den beiden Grundstücken entfernt werde. Wichtig sei, dass die Art der Bodenbearbeitung dazu geeignet sei, die eingesäte Wiesengrasmischung und den Weißklee zurückzudrängen. Die Einsaat mit einer autochthonen naturraumspezifischen Ansaat in einer reduzierten Saatdichte trage dazu bei, dass die Arten, die auf binsen- und seggenreichen Nasswiesen vorkämen, die Möglichkeit erhielten, sich gegen stärkere Konkurrenzen auf Wiesen durchzusetzen. Da die Pflanzen regelmäßig nur bei einer extensiven Nutzung vorkämen, ziele auch das Verbot der Düngung und des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln darauf ab, dass sich die typischen Pflanzen wieder einstellten.

2. Auch der - nicht belegte - Einwand des Antragstellers, das Landratsamt wolle mit den streitgegenständlichen Maßnahmen das Windenergieprojekt verhindern, steht der Rechtmäßigkeit des Bescheids nicht entgegen. Es gibt keinen Anhaltspunkt, dass sich das Landratsamt bei der Ermessensausübung von sachwidrigen Erwägungen hat leiten lassen. Der Umstand, dass die untere Naturschutzbehörde im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren zu beteiligen ist und das Vorhandensein der widerrechtlich beseitigten gesetzlich geschützten Biotope genehmigungsrelevant ist, macht die Ermessensausübung im vorliegenden Verfahren nicht rechtswidrig.

III. Die streitgegenständlichen Anordnungen sind zudem hinreichend bestimmt im Sinne des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG. Entgegen der Auffassung des Antragstellers beziehen sie sich nicht auf die bewaldeten Grundstücksflächen der betreffenden Flurnummern.

Bereits aus dem Eingangssatz der Nr. 1 des Tenors wird hinreichend deutlich, dass sich die nachfolgenden Anordnungen ausschließlich auf die Grundstücksflächen beziehen, auf denen die gesetzlich geschützten Biotope wiederherzustellen sind. Auch wenn streitig ist, ob auf den Grundstücken des Antragstellers vor den ungenehmigten Umbrucharbeiten gesetzliche Biotope vorhanden waren, besteht zwischen den Beteiligten kein Streit darüber, dass sich diese nur auf den dortigen Grünlandbereichen befunden haben können. Eindeutig folgt auch aus der Nr. 1.1 des Tenors, dass nur die Grünlandflächen der beiden Flurnummern gemeint sein können. Denn es ist nicht - wie der Antragsteller vortragen lässt - von der Entfernung des aktuell vorhandenen Aufwuchses die Rede, sondern von der vollständigen Entfernung des Mähguts nach der „nächsten Mahd des aktuell vorhandenen Aufwuchses“. Für den als Landwirt tätigen Antragsteller kann es nach objektiven Maßstäben aufgrund der verwendeten Formulierungen „Mahd“ und „Mähgut“ nicht zweifelhaft sein, dass die Anordnungen nicht die bewaldeten Grundstücksflächen betreffen. Letztlich ergibt sich auch aus der Begründung des Bescheids durch Formulierungen wie „nicht genehmigte Maßnahmen zur Grünlanderneuerung“ unzweifelhaft, dass sich die Anordnungen ausschließlich auf das „Grünland“ der betreffenden Grundstücke beziehen. Dies ist ausreichend. An der Bestimmtheit der streitgegenständlichen Anordnungen bestehen daher keine Zweifel.

IV. Nach alledem ist der angefochtene Bescheid nach summarischer Überprüfung rechtmäßig und die Klage des Antragstellers bietet wenig Aussicht auf Erfolg. Der Antragsteller kann daher kein überwiegendes Interesse an der ohne Existenz der gesetzlichen Biotope möglichen intensiven landwirtschaftlichen Grünflächennutzung haben. Es besteht ein erhebliches öffentliches Interesse daran, dass die Wiederherstellung der zerstörten gesetzlichen Biotope nicht durch eine Fortsetzung der Tätigkeiten des Antragstellers vereitelt wird. Hieran ist auch nicht ausnahmsweise deshalb zu zweifeln, weil der Antragsteller meint, mit der Durchführung der im Bescheid angeordneten Maßnahmen könne bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens abgewartet werden.

Sein Einwand, etwas, das vollständig zerstört sei, könne denknotwendiger Weise nicht weiter „nachhaltig geschädigt werden“, ist schon deshalb unbehelflich, weil sich der Antragsteller mit solchen Aussagen nicht substantiiert mit den fachlichen Ausführungen des Landratsamts im Bescheid auseinandersetzt, die jetzt ausgesäte Futtergrasmischung mit Arten wie Weißklee und Weidelgras sei nicht geeignet, den ursprünglichen Biotopcharakter wiederherzustellen, da die auf binsen- und seggenreichen Nasswiesen vorkommenden Arten nicht in der Lage seien, sich gegen die dominanten Futterwiesengräser und den Weißklee durchzusetzen. Dieser fachlichen Einschätzung ist der Antragsteller auch nicht durch Bezugnahme auf die Ausführungen des Hr. B. in dessen Stellungnahme vom 7. August 2015 entgegengetreten. Denn Hr. B. bestätigt die Wiederherstellbarkeit des „zerstörten Biotops“ durch „die von der Naturschutzbehörde vorgeschlagenen Maßnahmen“ und weist auf die „Stickstoffanreicherung des angesäten Klees“ hin, die „verschlechternd“ wirke.

Auch aus der mit Schreiben des Antragsgegners vom 16. Oktober 2015 vorgelegten Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde vom 15. Oktober 2015 ergibt sich die Eilbedürftigkeit der angeordneten Maßnahmen. Danach befindet sich trotz der nicht genehmigten Maßnahmen des Antragstellers im Boden immer noch Samen der bis zum Umbruch auf der Oberfläche vorhandenen Arten. Je länger man mit den Maßnahmen der Beseitigung der als übermächtig einzustufenden eingebrachten Konkurrenzarten warte, desto geringer sei die Chance, dass sich die wertgebenden Arten der Nasswiesen und Borstgrasarten regenerieren könnten. Zudem sei davon auszugehen, dass die einbrachten Arten Weißklee und Weidelgras die (noch) vorhandene Torfschicht mineralisierten und damit zu einer Reduzierung und Änderung der Moorstandorte führten. Je länger die nun eingebrachten Grasmischungen auf der Fläche verblieben, desto mehr sei davon auszugehen, dass die Konkurrenzverhältnisse im Wurzelraum sich zu Ungunsten der (vormaligen) konkurrenzschwachen Arten verschlechterten. Dies bedeute, dass den vormaligen Moorwiesarten nicht nur eine wesentliche Konkurrenz hinsichtlich des auf den Boden kommenden Lichteinfalls, sondern insbesondere die Aufnahme von Wasser und Nährstoffen erschwert bzw. gänzlich unterbunden werde, was letztlich zum Verschwinden der vormaligen wertgebenden Arten der geschützten Biotopgesellschaften führe. Wenn mit den Maßnahmen bis zum Abschluss des Rechtsstreits gewartet werde, führe dies dazu, dass das im Erdreich vorhandene Keimpotential reduziert bzw. gänzlich verloren gehe. Eine natürliche Regeneration aus dem Samenpotential sei nicht mehr möglich. Dem ist der Antragsteller nicht entgegengetreten.

Auch sein Einwand, es sei frühestens mit einer Verfestigung des Zustands im Frühjahr 2016 zu rechnen, steht dem angeordneten Sofortvollzug nicht entgegen. Durch die Anordnung des Sofortvollzugs ist sichergestellt, dass die geforderten Maßnahmen zügig umgesetzt werden. Sollte dies derzeit witterungsbedingt ganz oder teilweise nicht mehr möglich sein, sichert die Anordnung des Sofortvollzugs, dass mit ihnen jedenfalls im frühen Frühjahr begonnen werden kann. Der Einwand des Antragstellers, durch die Anordnung des Sofortvollzugs könnten vollendete Tatsachen geschaffen werden, ist ebenfalls unbeachtlich. Selbst wenn sich die derzeitige Auffassung im Hauptsacheverfahren als falsch herausstellen sollte, könnte ein möglicherweise in der Zwischenzeit aufgrund der behördlichen Anordnungen entstandenes gesetzliches Biotop durch erneuten Umbruch wieder beseitigt werden.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr.2 GKG.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 12. Nov. 2015 - 14 CS 15.2144

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 12. Nov. 2015 - 14 CS 15.2144

Referenzen - Gesetze

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 12. Nov. 2015 - 14 CS 15.2144 zitiert 9 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 53 Einstweiliger Rechtsschutz und Verfahren nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes


(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung: 1. über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlas

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 146


(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltun

Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege


Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG

Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG 2009 | § 30 Gesetzlich geschützte Biotope


(1) Bestimmte Teile von Natur und Landschaft, die eine besondere Bedeutung als Biotope haben, werden gesetzlich geschützt (allgemeiner Grundsatz). (2) Handlungen, die zu einer Zerstörung oder einer sonstigen erheblichen Beeinträchtigung folgender

Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG 2009 | § 3 Zuständigkeiten, Aufgaben und Befugnisse, vertragliche Vereinbarungen, Zusammenarbeit der Behörden


(1) Die für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden im Sinne dieses Gesetzes sind 1. die nach Landesrecht für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden oder2. das Bundesamt für Naturschutz, soweit ihm nach diesem Gesetz Zu

Referenzen

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
die nach Landesrecht für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden oder
2.
das Bundesamt für Naturschutz, soweit ihm nach diesem Gesetz Zuständigkeiten zugewiesen werden.

(2) Die für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden überwachen die Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften und treffen nach pflichtgemäßem Ermessen die im Einzelfall erforderlichen Maßnahmen, um deren Einhaltung sicherzustellen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(3) Bei Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege soll vorrangig geprüft werden, ob der Zweck mit angemessenem Aufwand auch durch vertragliche Vereinbarungen erreicht werden kann.

(4) Mit der Ausführung landschaftspflegerischer und -gestalterischer Maßnahmen sollen die zuständigen Behörden nach Möglichkeit land- und forstwirtschaftliche Betriebe, Vereinigungen, in denen Gemeinden oder Gemeindeverbände, Landwirte und Vereinigungen, die im Schwerpunkt die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege fördern, gleichberechtigt vertreten sind (Landschaftspflegeverbände), anerkannte Naturschutzvereinigungen oder Träger von Naturparken beauftragen. Hoheitliche Befugnisse können nicht übertragen werden.

(5) Die Behörden des Bundes und der Länder haben die für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden bereits bei der Vorbereitung aller öffentlichen Planungen und Maßnahmen, die die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege berühren können, hierüber zu unterrichten und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, soweit nicht eine weiter gehende Form der Beteiligung vorgesehen ist. Die Beteiligungspflicht nach Satz 1 gilt für die für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden entsprechend, soweit Planungen und Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege den Aufgabenbereich anderer Behörden berühren können.

(6) Die für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden gewährleisten einen frühzeitigen Austausch mit Betroffenen und der interessierten Öffentlichkeit über ihre Planungen und Maßnahmen.

(7) Aufgaben nach diesem Gesetz obliegen einer Gemeinde oder einem Gemeindeverband nur, wenn der Gemeinde oder dem Gemeindeverband die Aufgaben durch Landesrecht übertragen worden sind.

(1) Bestimmte Teile von Natur und Landschaft, die eine besondere Bedeutung als Biotope haben, werden gesetzlich geschützt (allgemeiner Grundsatz).

(2) Handlungen, die zu einer Zerstörung oder einer sonstigen erheblichen Beeinträchtigung folgender Biotope führen können, sind verboten:

1.
natürliche oder naturnahe Bereiche fließender und stehender Binnengewässer einschließlich ihrer Ufer und der dazugehörigen uferbegleitenden natürlichen oder naturnahen Vegetation sowie ihrer natürlichen oder naturnahen Verlandungsbereiche, Altarme und regelmäßig überschwemmten Bereiche,
2.
Moore, Sümpfe, Röhrichte, Großseggenrieder, seggen- und binsenreiche Nasswiesen, Quellbereiche, Binnenlandsalzstellen,
3.
offene Binnendünen, offene natürliche Block-, Schutt- und Geröllhalden, Lehm- und Lösswände, Zwergstrauch-, Ginster- und Wacholderheiden, Borstgrasrasen, Trockenrasen, Schwermetallrasen, Wälder und Gebüsche trockenwarmer Standorte,
4.
Bruch-, Sumpf- und Auenwälder, Schlucht-, Blockhalden- und Hangschuttwälder, subalpine Lärchen- und Lärchen-Arvenwälder,
5.
offene Felsbildungen, Höhlen sowie naturnahe Stollen, alpine Rasen sowie Schneetälchen und Krummholzgebüsche,
6.
Fels- und Steilküsten, Küstendünen und Strandwälle, Strandseen, Boddengewässer mit Verlandungsbereichen, Salzwiesen und Wattflächen im Küstenbereich, Seegraswiesen und sonstige marine Makrophytenbestände, Riffe, sublitorale Sandbänke, Schlickgründe mit bohrender Bodenmegafauna sowie artenreiche Kies-, Grobsand- und Schillgründe im Meeres- und Küstenbereich,
7.
magere Flachland-Mähwiesen und Berg-Mähwiesen nach Anhang I der Richtlinie 92/43/EWG, Streuobstwiesen, Steinriegel und Trockenmauern.
Die Verbote des Satzes 1 gelten auch für weitere von den Ländern gesetzlich geschützte Biotope. Satz 1 Nummer 5 gilt nicht für genutzte Höhlen- und Stollenbereiche sowie für Maßnahmen zur Verkehrssicherung von Höhlen und naturnahen Stollen. Satz 1 Nummer 7 gilt nicht für die Unterhaltung von Funktionsgrünland auf Flugbetriebsflächen.

(3) Von den Verboten des Absatzes 2 kann auf Antrag eine Ausnahme zugelassen werden, wenn die Beeinträchtigungen ausgeglichen werden können.

(4) Sind auf Grund der Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bebauungsplänen Handlungen im Sinne des Absatzes 2 zu erwarten, kann auf Antrag der Gemeinde über eine erforderliche Ausnahme oder Befreiung von den Verboten des Absatzes 2 vor der Aufstellung des Bebauungsplans entschieden werden. Ist eine Ausnahme zugelassen oder eine Befreiung gewährt worden, bedarf es für die Durchführung eines im Übrigen zulässigen Vorhabens keiner weiteren Ausnahme oder Befreiung, wenn mit der Durchführung des Vorhabens innerhalb von sieben Jahren nach Inkrafttreten des Bebauungsplans begonnen wird.

(5) Bei gesetzlich geschützten Biotopen, die während der Laufzeit einer vertraglichen Vereinbarung oder der Teilnahme an öffentlichen Programmen zur Bewirtschaftungsbeschränkung entstanden sind, gilt Absatz 2 nicht für die Wiederaufnahme einer zulässigen land-, forst-, oder fischereiwirtschaftlichen Nutzung innerhalb von zehn Jahren nach Beendigung der betreffenden vertraglichen Vereinbarung oder der Teilnahme an den betreffenden öffentlichen Programmen.

(6) Bei gesetzlich geschützten Biotopen, die auf Flächen entstanden sind, bei denen eine zulässige Gewinnung von Bodenschätzen eingeschränkt oder unterbrochen wurde, gilt Absatz 2 nicht für die Wiederaufnahme der Gewinnung innerhalb von fünf Jahren nach der Einschränkung oder Unterbrechung.

(7) Die gesetzlich geschützten Biotope werden registriert und die Registrierung wird in geeigneter Weise öffentlich zugänglich gemacht. Die Registrierung und deren Zugänglichkeit richten sich nach Landesrecht.

(8) Weiter gehende Schutzvorschriften einschließlich der Bestimmungen über Ausnahmen und Befreiungen sowie bestehende landesrechtliche Regelungen, die die in Absatz 2 Satz 1 Nummer 7 genannten Biotope betreffen, bleiben unberührt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.