I.
Die Beklagte wendet sich gegen die Aufhebung von Nr. 1 des Bescheids vom 21. Januar 2014, mit dem sie die Asylanträge der Kläger für unzulässig erklärt hat.
Die Kläger sind russische Staatsangehörige. Sie reisten nach eigenen Angaben am 2. März 2013 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 5. März 2013 Asylanträge. Am 24. Oktober 2013 richtete die Beklagte ein Übernahmeersuchen an Polen. Die polnischen Behörden stimmten der Übernahme der Kläger am 5. November 2013 nach Art. 16 Abs. 1 Buchst. d Dublin II-VO zu. Mit Bescheid vom 21. Januar 2014 erklärte die Beklagte die Asylanträge für unzulässig (Nr. 1) und ordnete die Abschiebung nach Polen an (Nr. 2). Das Verwaltungsgericht Ansbach lehnte den Antrag der Kläger auf vorläufigen Rechtsschutz mit Beschluss vom 12. Februar 2014 (AN 10 S 14.30084) ab und hob den Bescheid vom 21. Januar 2014 mit Urteil vom 16. Oktober 2014 auf. Mit Ablauf der Überstellungsfrist sei die Zuständigkeit auf die Beklagte übergegangen. Eine Umdeutung des streitgegenständlichen Bescheids in eine ablehnende Entscheidung nach § 71a AsylVfG komme nicht in Betracht.
Gegen die Aufhebung von Nr. 1 des Bescheids wendet sich die Beklagte mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung, dem die Kläger entgegentreten. Die Beklagte macht Gründe nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 und 2 AsylVfG geltend.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 und 2 AsylVfG nicht vorliegen.
1. Das Urteil des Verwaltungsgerichts weicht nicht von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Februar 1998 (9 C 28.97 - BVerwGE 106, 171) ab.
Eine Divergenz nach § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylVfG setzt voraus, dass ein Rechts- oder Tatsachensatz des Verwaltungsgerichts von einem tragenden Rechts- oder Tatsachensatz des übergeordneten Gerichts abweicht und das Urteil darauf beruht. Der fragliche Rechts- oder Tatsachensatz des Verwaltungsgerichts muss sich auf dieselbe Rechtsnorm beziehen wie die Entscheidung, von der die Abweichung behauptet wird; die bloße Vergleichbarkeit der Regelungsinhalte genügt nicht (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 42; BVerwG, B. v. 28.1.2004 - 6 PB 15/03 - NVwZ 2004, 889).
Eine solche Abweichung liegt hier nicht vor. Die Beklagte macht mit ihrem Antrag selbst geltend, dass das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Februar 1998 zur Folgeantragsregelung nach § 71 AsylVfG und nicht zu einer Entscheidung über die Zuständigkeit nach § 27a AsylVfG i. V. m. der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (ABl EG L 50 S. 1, Dublin II-VO), ergangen ist. Dabei handelt es sich um unterschiedliche Regelungen, denn § 27a AsylVfG betrifft die Behandlung eines Asylantrags im Falle der Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaats im Gemeinsamen Europäischen Asylsystem, während § 71 AsylVfG die Behandlung eines Folgeantrags, für den die Bundesrepublik Deutschland zuständig ist, regelt. Auf § 71a AsylVfG, dessen Regelungsgehalt dem des § 71 AsylVfG sehr ähnlich ist, hat das Verwaltungsgericht seine Entscheidung nicht gestützt, sondern hat ausgeführt, dass eine Umdeutung der Nr. 1 des Bescheids vom 21. Januar 2014 in eine Ablehnung nach § 71a AsylVfG nicht in Betracht komme.
2. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass eine im Zulassungsantrag darzulegende konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ, a. a. O. Rn. 36).
2.1 Die Beklagte hält für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob bei einem als unzulässig i. S. d. § 27a AsylVfG abgelehnten Asylantrag die prozessuale Dispositionsbefugnis der Klägerseite Einschränkungen unterliegt und deshalb eine isolierte Anfechtungsklage als zulässige Klageart ausscheidet, weil vielmehr auch dann zwingend eine auf Statuszuerkennung zielende Verpflichtungsklage zu erheben ist, sowie ob die Tatsachengerichte gehalten sind, das Vorliegen eines insgesamt verfahrensrelevanten Asylantrags festzustellen, und ferner, ob dann auch das Asylbegehren in der Sache spruchreif zu machen ist.
Diese Fragen rechtfertigen mangels Klärungsbedürftigkeit nicht die Zulassung der Berufung. Sie sind durch die neuere obergerichtliche Rechtsprechung bereits hinreichend geklärt. Zahlreiche Oberverwaltungsgerichte einschließlich des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in seinem Urteil vom 28. Februar 2014 (13a B 13.30295 - BayVBl 2014, 628) sind der Ansicht, dass statthafte Klageart gegen eine Feststellung nach § 27a AsylVfG die Anfechtungsklage ist (siehe NdsOVG, B. v. 6.11.2014 - 13 LA 66/14 - AuAS 2014, 273; OVG Saarl, B. v. 12.9.2014 - 2 A 191/14 - juris; VGH BW, U. v. 16.4.2014 - A 11 S 1721/13 - InfAuslR 2014, 293; OVG NW, U. v. 7.3.2014 - 1 A 21/12.A - DVBl 2014, 790; OVG LSA, U. v. 2.10.2013 - 3 L 643/12 - juris). Es besteht daher kein weitergehender Klärungsbedarf, der die Durchführung eines Berufungsverfahrens erforderlich machen würde (vgl. ausführlich BayVGH, B. v. 23.1.2015 - 13a ZB 14.50071 - juris; OVG Hamburg, B. v. 2.2.2015 - 1 Bf 208/14.AZ - juris).
2.2 Soweit die Beklagte meint, es sei grundsätzlich klärungsbedürftig, „ob die Aufrechterhaltung einer mit Unzulässigkeit gemäß § 27a AsylVfG begründeten Ablehnung der inhaltlichen Asylantragsprüfung auf anderer Rechtsgrundlage bzw. die Umdeutung einer so begründeten Entscheidung nach der asylverfahrensrechtlichen Konzeption ausscheidet, insbesondere auch dann, wenn es sich um den Fall eines Zweitantrags i. S. d. § 71a AsylVfG handelt, und ob sich das Tatsachengericht darauf beschränken darf, in der Konstellation des ohne Statuszuerkennung, d. h. erfolglos abgeschlossenen Verfahrens in einem anderen Mitgliedstaat der Dublin-Verordnung, für die Aufhebung eines behördlich zum Nachteil des Antragstellers mit Verweis auf § 27a AsylVfG ergangenen Bescheids hinsichtlich des im Bundesgebiet weiteren Asylbegehrens nur zu prüfen und festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Ablehnung nach § 27a AsylVfG nicht (mehr) erfüllt sind, oder ob es noch der weitergehenden Feststellung bedarf, dass überhaupt ein verfahrensrelevanter Asylantrag vorliegt, weil die Verfahrenszuständigkeit Deutschlands besteht und zudem Wiederaufgreifensgründe nach § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG dargetan sind“, führt auch dies nicht zur Zulassung der Berufung, weil eine grundsätzliche Bedeutung nicht hinreichend dargetan ist.
Es kann offen bleiben, ob das Verwaltungsgericht die Frage, ob eine Aufrechterhaltung der Ablehnung der inhaltlichen Asylantragsprüfung auf anderer Rechtsgrundlage oder eine Umdeutung nach der asylverfahrensrechtlichen Konzeption ausscheidet, ob also eine Umdeutung eines auf § 27a AsylVfG gestützten Bescheids in einen Bescheid nach § 71a AsylVfG überhaupt möglich ist, grundsätzlich abgelehnt hat, und ob die von der Beklagten gestellte Frage einer verallgemeinerungsfähigen, rechtsgrundsätzlichen Klärung zugänglich ist oder diese sich stets nach den Umständen des konkreten Einzelfalles richtet, weil eine Umdeutung hier schon deshalb nicht in Betracht kommt, da die materiellen Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 VwVfG nicht vorliegen, so dass ein Berufungsverfahren nicht zur Klärung der von der Beklagten gestellten grundsätzlichen Frage führen würde.
Nach § 47 Abs. 1 VwVfG kann ein fehlerhafter Verwaltungsakt in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind.
Das Verwaltungsgericht hat zu Recht ausgeführt, dass eine Entscheidung, dass ein weiteres Asylverfahren in Deutschland nicht durchgeführt werde, voraussetze, dass eine grundsätzliche Zuständigkeit Deutschlands gegeben sei und eine solche Entscheidung nur ergehen könne, wenn die weitere - wenn auch nur verfahrensrechtliche - Prüfung durchgeführt worden sei, ob die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorlägen.
Ein Bescheid nach § 71a AsylVfG hätte jedenfalls nicht nach der geschehenen Verfahrensweise erlassen werden können, weil dafür eine Anhörung zu den maßgeblichen Tatsachen (materielle Fluchtgründe) und Umständen (Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG) hätte erfolgen müssen. Die Klägerin zu 1. wurde hier nur „gemäß Art. 3 Abs. 4 der Dublin-Verordnung“ belehrt (Bl. 19 der BAMF-Akte) und zur Vorbereitung der Anhörung gemäß § 25 AsylVfG befragt (Bl. 20 ff. der BAMF-Akte). Die Befragung endet mit dem Hinweis, dass das Bundesamt aufgrund der gemachten Angaben zunächst die Frage überprüfen werde, ob Deutschland für die inhaltliche Prüfung des Asylbegehrens zuständig sei. Ergebnis war die Einleitung eines Dublin-Verfahrens und der Erlass des hier streitbefangenen Bescheids. Anlass und Gelegenheit zum Vortrag materieller Fluchtgründe oder zur Klärung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG hat nie bestanden. Damit ist ausgeschlossen, dass sich die Beklagte auf Basis der gegebenen Aktenlage jemals auch nur hilfsweise mit der Frage hätte auseinandersetzen können, ob ein Fall des § 71a Abs. 1 i. V. m. § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegt oder nicht. Von der Anhörung konnte auch nicht nach § 71a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG abgesehen werden, da bei dieser Sachlage insbesondere mit Blick auf die Tatbestandsvoraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG eine sichere Feststellung, dass kein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, nicht möglich ist. Eine Umdeutung würde dann hinsichtlich der zugrunde liegenden Behauptung, die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG lägen nicht vor, „ins Blaue hinein“ erfolgen.
Soweit in der Zulassungsbegründung ausgeführt wird, es sei Sache der Asylbewerber, von sich aus die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen darzulegen, setzt das voraus, dass diese wissen, dass es sich um ein Zweitantragsverfahren handelt. Ein solches hat die Beklagte, wie oben dargelegt, nicht durchgeführt, sondern zunächst nur ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats. Hierauf wurden die Kläger auch ausdrücklich hingewiesen.
Ihnen unter diesen Umständen im Rahmen eines im Gerichtsverfahren umzudeutenden Bescheids entgegenzuhalten, sie hätten es versäumt, Wiederaufgreifensgründe geltend zu machen, mit der Folge, dass sie diese Gründe in einem weiteren Wiederaufnahmeverfahren wegen der Ausschlussregelung des § 51 Abs. 2 VwVfG und der Fristenregelung des § 51 Abs. 3 VwVfG nicht mehr geltend machen könnten, wäre mit rechtstaatlichen Grundsätzen (Art. 20 Abs. 3 GG) und dem Recht auf ein faires Verfahren (vgl. BVerfG, B. v. 15.1.2015 - 2 BvR 2055/14 - NStZ 2015, 172) nicht vereinbar (vgl. BayVGH, B. v. 13.4.2015 - 11 ZB 14.50087 und 50088).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylVfG.
4. Dieser Beschluss, mit dem das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylVfG), ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).