Bayerisches Oberstes Landesgericht Beschluss, 20. März 2019 - 1 AR 6/19

bei uns veröffentlicht am20.03.2019

Gericht

Bayerisches Oberstes Landesgericht

Tenor

Die Voraussetzungen einer Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 ZPO liegen nicht vor.

Gründe

Mit der beabsichtigten Klage will der Antragsteller die Antragsgegner als in einer Anwaltskanzlei mit Sitz in Berlin tätige Rechtsanwälte gesamtschuldnerisch auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch nehmen.

Zur Begründung bringt der Antragsteller vor, die Antragsgegnerin zu 2), die im Internetauftritt der Anwaltskanzlei als zeichnungsberechtigte freie Mitarbeiterin bezeichnet werde und im Geschäftsverkehr unter dem Namen der Rechtsanwaltskanzlei und mit deren Briefkopf auftrete, sei von ihm unter der Adresse des Standorts der Anwaltskanzlei in München aufgesucht und mandatiert worden. Sie habe als sachbearbeitende Rechtsanwältin ein Anwaltsmandat zur Unzeit vorzeitig gekündigt, so dass er gezwungen gewesen sei, während eines laufenden Prozesses einen anderen Rechtsanwalt zu beauftragen. Hierfür habe er weitere Kosten aufwenden müssen. Die Antragsgegnerin zu 2) habe außerdem ohne Aufklärung über das Kostenrisiko und ohne Vorliegen von Verzug einen Klageentwurf für eine Klage gegen die Rechtsschutzversicherung gefertigt, jedoch nicht eingereicht, da die Rechtsschutzversicherung die begehrte Kostendeckungszusage wenige Tage später erteilt habe. Dennoch seien ihm von der Antragsgegnerin zu 2) Kosten in Rechnung gestellt worden, die er beglichen habe. Der Antragsgegner zu 1) trete als Kanzleiinhaber der Rechtsanwaltskanzlei auf. Es gälten die Grundsätze der Außensozietät, so dass der Antragsgegner zu 1) als Kanzleiinhaber und die Antragsgegnerin zu 2) als (Schein-)Sozia gesamtschuldnerisch hafteten.

Der Antragsteller beantragt, das Landgericht München I als örtlich zuständiges Gericht zu bestimmen. Er wolle die Antragsgegner als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagen. Ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand bestehe nicht.

Die Antragsgegner wurden angehört. Sie beantragen, den Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts zurückzuweisen. Die der Antragsgegnerin zu 2) jeweils erteilte Vollmacht habe nicht auf sie, sondern auf die Rechtsanwaltskanzlei gelautet. Die Kanzlei sei überörtlich tätig. Wenn eine Kanzlei, wie hier, mehrere Standorte habe, dann gelte der besondere Gerichtsstand der Niederlassung gemäß § 21 ZPO.

II.

Das Bayerische Oberste Landesgericht ist nach § 36 Abs. 2 ZPO i. V. m. § 9 EGZPO für das Bestimmungsverfahren zuständig, denn es wurde zuerst mit der Sache befasst (BGH, Beschluss vom 21. August 2008, X ARZ 105/08, MDR 2009, 46).

1. Die Voraussetzungen für die Bestimmung des zuständigen Gerichts nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO liegen nicht vor.

a) Die Antragsgegner sind zwar nach dem im Bestimmungsverfahren maßgeblichen (Schultzky in Zöller, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 36 Rn. 28), insoweit auch schlüssigen Vortrag des Antragstellers hinsichtlich der mit der beabsichtigten Klage geltend gemachten Ansprüche Streitgenossen (§§ 59, 60 ZPO). Die Antragsgegner sollen gesamtschuldnerisch auf Schadensersatz wegen Schlechterfüllung anwaltlicher Vertragspflichten in Anspruch genommen werden. Soweit der Antragsteller vorbringt, er habe die Antragsgegnerin zu 2) aufgesucht und mandatiert, behauptet auch er keine Einzelmandate, sondern Aufträge, die der aus mehreren Mitgliedern bestehenden Rechtsanwaltskanzlei erteilt worden sind, wobei die Antragsgegnerin zu 2) als sachbearbeitende Rechtsanwältin tätig werden sollte.

b) Die Gerichtsstandsbestimmung ist gleichwohl abzulehnen, da hinsichtlich beider Antragsgegner der besondere Gerichtsstand der Niederlassung gemäß § 21 Abs. 1 ZPO bei demselben Gericht, nämlich in München, eröffnet ist.

Vorliegend handelt es sich bei dem Kanzleistandort München der „Rechtsanwälte C. & Coll.“ um eine Niederlassung gemäß § 21 ZPO. Gewerbetreibende im Sinne des § 21 ZPO sind auch die Inhaber von freien Berufen (BGH, Urteil v. 27. Oktober 1983, I ARZ 334/83, BGHZ 88, 331, juris Rn. 13; Schultzky in Zöller, ZPO, § 21 Rn. 2; Hüßtege in Thomas/Putzo, 39. Aufl., 2018, § 21 Rn. 1; vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 1. August 2013, 11 AR 234/12, IPRspr 2013, Nr. 217, 474, juris Rn. 5 und 54 f.).

Unter Niederlassung ist jede an einem anderen Ort als dem Sitz auf Dauer eingerichtete Geschäftsstelle zu verstehen, die selbständig zum Geschäftsabschluss und zum Handeln berechtigt ist (Schultzky in Zöller, ZPO, § 21 Rn. 6). Entscheidend ist dabei nicht das innere Verhältnis zum Hauptunternehmen, sondern ob nach außen der Anschein einer selbständigen Niederlassung erweckt wird (BGH, Urteil v. 13. Juli 1987, II ZR 188/86, NJW 1987, 3081; BayObLG, Beschluss vom 14. Dezember 1988, AR 1 Z 90/88, MDR 1989, 459; Schultzky in Zöller, ZPO, § 21 Rn. 8; Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, § 21 Rn. 3). Dies ist hier der Fall. Die Rechtsanwaltskanzlei, für die die Antragsgegner tätig sind, hat unstreitig ein Rechtsanwaltsbüro in München unterhalten. In München wurden auch die streitgegenständlichen Mandate erteilt. Die dort tätigen Anwälte mussten bereits unter standesrechtlichen Gesichtspunkten (§§ 1 bis 3 1 AR 6/19 - Seite 4 BRAO) in einem Umfang selbständig sein, der die Annahme einer Niederlassung rechtfertigt (OLG Frankfurt, a. a. O. Rn. 55). Auch aus dem Vorbringen des Antragstellers folgt, dass der Kanzleistandort München bei der jeweiligen Mandatierung den Anschein der Selbständigkeit erweckt hat. Er bringt vor, die Rechtsanwaltskanzlei habe ihren Hauptsitz in Berlin und einen (selbständigen) Kanzleistandort in München. Nach dem Vorbringen der Antragsgegner tritt die mandatierte Rechtsanwaltskanzlei (selbständig) überörtlich an zahlreichen Standorten wie Berlin und München auf, wobei Berlin streng formal betrachtet der Hauptsitz der Kanzlei sein möge. Nach den von den Antragsgegnern vorgelegten Vollmachten (Anlagen A1 und A2 zum Schriftsatz vom 13. Februar 2019), die im Wege des Freibeweises bei der Entscheidung über das Gesuch um Bestimmung des zuständigen Gerichts zu verwerten sind (vgl. BayObLG, a. a. O. Rn. 9), wurde vom Antragsteller „Den Rechtsanwälten C & Coll.,“ Vollmacht erteilt.

Die beabsichtigte Klage hat auch eine Beziehung zum Geschäftsbetrieb der Niederlassung im Sinne des § 21 ZPO in München. Der Annahme eines gemeinsamen Gerichtsstands in München steht nicht entgegen, dass nicht die Rechtsanwaltskanzlei, der die Antragsgegner angehören, sondern diese selbst verklagt werden sollen und es sich zudem bei der Antragsgegnerin zu 2) nach dem Vortrag des Antragstellers, den die Antragsgegner nicht bestritten haben, nur um eine Schein-Sozia handelt. Eine Anwaltssozietät ist eine GbR, sofern nicht ausdrücklich eine andere Rechtsform gewählt worden ist (BGH, Urteil v. 10. Mai 2012, IX ZR 125/10, VersR 2013, 102 Rn. 14 m. w N.), wofür hier keine Anhaltspunkte bestehen. Im Falle eines mit einer Sozietät geschlossenen Beratervertrags haften die Sozien für den gegen die Gesellschaft gerichteten Anspruch wegen Schlechterfüllung in entsprechender Anwendung der § 128 Satz 1, § 129 HGB persönlich (BGH, a. a. O. Rn. 69). Soweit der Anschein einer Sozietät gesetzt wurde, haftet der Scheingesellschafter für die Fehler der wirklichen Gesellschafter ebenso, wie die wirkliche Gesellschaft und die wirklichen Gesellschafter für die Fehler der Scheingesellschafter einzustehen haben (BGH, Urteil v. 17. November 2011, IX ZR 161/09, WM 2012, 87 Rn. 23). Damit ist ein hinreichender Zusammenhang der Klage zum Geschäftsbetrieb der Niederlassung im Sinne des § 21 ZPO, auch für die gegen die Antragsgegnerin zu 2) beabsichtigte Klage, gegeben.

c) Aus diesem Grund muss nicht aufgeklärt werden, ob die Antragsgegner ihren allgemeinen Gerichtsstand (§§ 12, 13 ZPO) überhaupt in verschiedenen Oberlandesgerichtsbezirken hätten. Bei den vom Antragsteller in seinem Antrag auf Zuständigkeitsbestimmung genannten Adressen des Antragsgegners zu 1) in Berlin und der Antragsgegnerin zu 2) in München handelt es sich ersichtlich nicht um den jeweiligen Wohnsitz der Antragsgegner (§§ 12, 13 ZPO), sondern um die Anschriften der Kanzleistandorte in Berlin und München. Den hierdurch bedingten Zweifeln am Vorliegen der - weiteren - Verfahrensvoraussetzung unterschiedlicher allgemeiner Gerichtsstände muss jedoch nicht nachgegangen werden, weil schon aus den aufgezeigten Gründen eine Bestimmung des zuständigen Gerichts ausscheidet.

2. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Das Verfahren gehört zur Hauptsache.

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Bayerisches Oberstes Landesgericht Beschluss, 20. März 2019 - 1 AR 6/19 zitiert 10 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 36 Gerichtliche Bestimmung der Zuständigkeit


(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt: 1. wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist;2. wenn es mit Rücksich

Handelsgesetzbuch - HGB | § 128


Die Gesellschafter haften für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern als Gesamtschuldner persönlich. Eine entgegenstehende Vereinbarung ist Dritten gegenüber unwirksam.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 12 Allgemeiner Gerichtsstand; Begriff


Das Gericht, bei dem eine Person ihren allgemeinen Gerichtsstand hat, ist für alle gegen sie zu erhebenden Klagen zuständig, sofern nicht für eine Klage ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet ist.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 13 Allgemeiner Gerichtsstand des Wohnsitzes


Der allgemeine Gerichtsstand einer Person wird durch den Wohnsitz bestimmt.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 59 Streitgenossenschaft bei Rechtsgemeinschaft oder Identität des Grundes


Mehrere Personen können als Streitgenossen gemeinschaftlich klagen oder verklagt werden, wenn sie hinsichtlich des Streitgegenstandes in Rechtsgemeinschaft stehen oder wenn sie aus demselben tatsächlichen und rechtlichen Grund berechtigt oder verpfli

Zivilprozessordnung - ZPO | § 60 Streitgenossenschaft bei Gleichartigkeit der Ansprüche


Mehrere Personen können auch dann als Streitgenossen gemeinschaftlich klagen oder verklagt werden, wenn gleichartige und auf einem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grund beruhende Ansprüche oder Verpflichtungen den Gegensta

Handelsgesetzbuch - HGB | § 129


(1) Wird ein Gesellschafter wegen einer Verbindlichkeit der Gesellschaft in Anspruch genommen, so kann er Einwendungen, die nicht in seiner Person begründet sind, nur insoweit geltend machen, als sie von der Gesellschaft erhoben werden können. (2

Zivilprozessordnung - ZPO | § 21 Besonderer Gerichtsstand der Niederlassung


(1) Hat jemand zum Betrieb einer Fabrik, einer Handlung oder eines anderen Gewerbes eine Niederlassung, von der aus unmittelbar Geschäfte geschlossen werden, so können gegen ihn alle Klagen, die auf den Geschäftsbetrieb der Niederlassung Bezug haben,

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Bayerisches Oberstes Landesgericht Beschluss, 20. März 2019 - 1 AR 6/19

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Tenor Die Voraussetzungen einer Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 ZPO liegen nicht vor. Gründe Mit der beabsichtigten Klage will der Antragsteller die Antragsgegner als in einer Anwaltskanzlei mit Sitz
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bei uns veröffentlicht am 20.03.2019

Tenor Die Voraussetzungen einer Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 ZPO liegen nicht vor. Gründe Mit der beabsichtigten Klage will der Antragsteller die Antragsgegner als in einer Anwaltskanzlei mit Sitz

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(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:

1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist;
2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei;
3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist;
4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist;
5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben;
6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.

(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.

(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.

(1) Hat jemand zum Betrieb einer Fabrik, einer Handlung oder eines anderen Gewerbes eine Niederlassung, von der aus unmittelbar Geschäfte geschlossen werden, so können gegen ihn alle Klagen, die auf den Geschäftsbetrieb der Niederlassung Bezug haben, bei dem Gericht des Ortes erhoben werden, wo die Niederlassung sich befindet.

(2) Der Gerichtsstand der Niederlassung ist auch für Klagen gegen Personen begründet, die ein mit Wohn- und Wirtschaftsgebäuden versehenes Gut als Eigentümer, Nutznießer oder Pächter bewirtschaften, soweit diese Klagen die auf die Bewirtschaftung des Gutes sich beziehenden Rechtsverhältnisse betreffen.

(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:

1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist;
2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei;
3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist;
4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist;
5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben;
6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.

(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.

(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ARZ 105/08
vom
21. August 2008
in dem Gerichtsstandsbestimmungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Sollen mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand
haben, als Streitgenossen verklagt werden, ohne dass für den Rechtsstreit
ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand begründet ist, ist für die
Gerichtsstandsbestimmung grundsätzlich das als erstes angerufene
Oberlandesgericht zuständig, auch wenn in seinem Bezirk keiner der Streitgenossen
seinen allgemeinen Wohnsitz hat.
BGH, Beschl. v. 21. August 2008 - X ARZ 105/08 - OLG Celle
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. August 2008 durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den Richter Scharen, die Richterin
Mühlens und die Richter Prof. Dr. Meier-Beck und Gröning

beschlossen:
Als zuständiges Gericht wird das Landgericht Oldenburg bestimmt.

Gründe:


1
I. Die Antragstellerinnen beabsichtigen die Antragsgegnerinnen, ihre Hausbanken, auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen. Sie tragen zur Begründung ihrer Klageforderung vor:
2
Sie seien Gesellschaften der S. -Gruppe, die sich bis zu ihrem Zusammenbruch im Jahre 2004 mit der Aufzucht und Schlachtung von Enten und dem Vertrieb von Entenprodukten befasst habe. Aufgrund von Verlusten im Jahr 2003 sei ein Liquiditätsengpass entstanden, der Anfang 2004 kurzfristig habe überbrückt werden müssen. Nachdem Gespräche der S. -Gruppe mit den Antragsgegnerinnen wegen einer Erhöhung des Finanzierungsvolumens erfolglos geblieben seien, hätten die Antragsgegnerinnen die laufenden Kredite im März 2004 mit sofortiger Wirkung gekündigt und die S. -Gruppe unter Fristsetzung zur Rückzahlung sämtlicher Verbindlichkeiten aufgefordert. Die Kündigungen seien vertragswidrig. Noch vor Fristablauf hätten die Antragsgeg- nerinnen die Eröffnung der Insolvenzverfahren über die Vermögen der Antragstellerinnen beantragt. Die Insolvenzverwalter hätten die Ansprüche auf Ersatz des Schadens, der durch die unberechtigten Kündigungen der Kredite entstanden sei und noch entstehen werde, zur gerichtlichen Geltendmachung freigegeben.
3
Die Antragsgegnerin zu 1 hat eine Niederlassung in Hannover und ihren allgemeinen Gerichtsstand im Bezirk des Landgerichts Frankfurt am Main; die Antragsgegnerin zu 2 hat ihren allgemeinen Gerichtsstand im Bezirk des Landgerichts Oldenburg. Die Allgemeinen Geschäftbedingungen der Antragsgegnerin zu 1, deren Geltung zwischen ihr und der Antragstellerin zu 1 vereinbart ist, sehen in Nr. 6 Abs. 2 vor, dass die Antragsgegnerin nur an dem für ihre kontoführende Stelle zuständigen Gericht verklagt werden könne. Kontoführende Stelle war bei Abschluss des Kreditvertrages die Niederlassung der Antragsgegnerin in Oldenburg, jetzt ist dies ihre Niederlassung in Hannover. Die Antragsgegnerin zu 2 hat mit den Antragstellerinnen eine Gerichtsstandsklausel vereinbart, wonach sie nur an ihrem allgemeinen Gerichtstand verklagt werden kann.
4
Die Antragstellerinnen haben zunächst beim Oberlandesgericht Celle beantragt, das Landgericht Hannover als zuständiges Gericht zu bestimmen. Mit weiterem Schriftsatz haben sie beantragt, die Sache an das Oberlandesgericht Frankfurt am Main zu verweisen, und angekündigt, dort zu beantragen, das Landgericht Frankfurt als zuständiges Gericht zu bestimmen.
5
Das Oberlandesgericht Celle hat die Sache dem Bundesgerichtshof zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt. Es hält seine Zuständigkeit für eine Gerichtsstandsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO für gegeben, sieht sich aber an einer entsprechenden Entscheidung durch die Beschlüsse anderer Oberlandesgerichte gehindert.
6
II. Die Vorlage ist gemäß § 36 Abs. 3 ZPO zulässig.
7
Gemäß § 36 Abs. 3 ZPO hat ein Oberlandesgericht, das mit der Zuständigkeitsbestimmung befasst ist, die Sache dem Bundesgerichtshof vorzulegen, wenn es in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen will. Diese Voraussetzungen liegen vor.
8
Das vorlegende Oberlandesgericht vertritt den Standpunkt, es sei als zuerst angerufenes Oberlandesgericht für die Gerichtsstandsbestimmung zuständig , auch wenn keine der Antragsgegnerinnen in seinem Bezirk ihren allgemeinen Gerichtsstand habe. Es sei nicht sachgerecht, wenn ein Oberlandesgericht gemäß § 36 Abs. 2 ZPO ohne Rücksicht darauf, dass in seinem Bezirk keiner der Beklagten einen allgemeinen Gerichtsstand habe, die Klage aber bei einem ihm nachgeordneten Land- oder Amtsgericht bereits erhoben sei, zur Entscheidung über den Antrag zuständig sei, weil das zuerst mit der Sache befasste Gericht zu seinem Bezirk gehöre, dass es dagegen nicht zuständig sein solle, wenn der Antrag bei ihm vor Klageerhebung gestellt werde. Denn dann hinge es von der nicht selten zufälligen Reihenfolge ab, in der ein Antragsteller die Klage einreiche und den Antrag auf Gerichtsstandsbestimmung stelle. Es entspreche am ehesten dem gesetzgeberischen Anliegen, wenn in den Fällen, in denen der Antrag nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO vor Klageerhebung gestellt werde, das Oberlandesgericht zuständig sei, welches durch Antragstellung zuerst mit der Sache befasst sei, ohne dass es darauf ankomme, ob eine Partei einen allgemeinen Gerichtsstand in seinem Bezirk habe.

9
Mit dieser Rechtsauffassung würde das Oberlandesgericht Celle jedenfalls von derjenigen der Oberlandesgerichte Karlsruhe und Hamburg und des Bayerischen Obersten Landesgerichts abweichen, nach der, wenn noch kein Rechtsstreit anhängig ist, das "im Rechtszuge zunächst höhere Gericht" nur eines derjenigen Gerichte sein kann, bei denen die Antragsgegner ihre allgemeinen Gerichtsstände haben (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 11.10.2005, OLGR 2006, 357 f.; OLG Hamburg, Beschl. v. 30.03.2006, OLGR 2006, 567, 568; BayObLG, Beschl. v. 08.09.1998, MDR 1999, 115). Für die Zulässigkeit der Vorlage kommt es nicht darauf an, ob die Divergenz das materielle Recht oder wie hier das Prozessrecht betrifft (Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., § 36 Rdn. 10).
10
III. Sinn des § 36 ZPO ist es, jedem langwierigen Streit der Gerichte untereinander über die Grenzen ihrer Zuständigkeit ein Ende zu machen und eine Ausweitung solcher Streitigkeiten tunlichst zu vermeiden (Sen.Beschl. v. 19.02.2002 - X ARZ 334/01, NJW 2002, 1425, 1426). Dies gilt erst recht für das Bestimmungsverfahren selbst. Diesem Sinn der Vorschrift entspricht es am ehesten, dass die Gerichtsstandsbestimmung durch das Oberlandesgericht erfolgt, das im Bestimmungsverfahren zuerst befasst worden ist, wenn eine Klage noch nicht erhoben worden ist und es deshalb noch kein mit der Sache befasstes Gericht gibt.
11
Dies gilt auch im Fall des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO. Auch in einem solchen Fall kommt es, wenn ein anderer Anknüpfungspunkt für die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts besteht, nicht darauf an, ob einer der Streitgenossen im Bezirk des angerufenen Oberlandesgerichts seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Der Bundesgerichthof hat Ausnahmen von dem Grundsatz, dass regelmäßig nur der allgemeine Gerichtsstand einer der als Streitgenossen zu verkla- genden Personen als gemeinsamer Gerichtsstand zu bestimmen ist, zugelassen , wenn sachlich vorrangige Gründe dies rechtfertigen (vgl. BGH, Beschl. v. 16.04.1986 - IVb ARZ 4/86, NJW 1986, 3209). So kann das für einen Streitgenossen ausschließlich zuständige Gericht auch dann zu dem für den Rechtsstreit gegen sämtliche Streitgenossen zuständigen Gericht bestimmt werden, wenn dort keiner der Beklagten seinen allgemeinen Gerichtsstand hat (Sen.Beschl. v. 20.5.2008 - X ARZ 98/08, WM 2008, 1425; BGH, Beschl. v. 09.10.1986 - I ARZ 487/86, NJW 1987, 439). Ist im Verhältnis zu einem Streitgenossen ein ausschließlicher Gerichtsstand vereinbart und kann dem anderen Streitgenossen zugemutet werden, sich vor dem im Verhältnis zu einer Partei prorogierten Gericht verklagen zu lassen, kann dieses Gericht entsprechend § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO als zuständig bestimmt werden, auch wenn in seinem Bezirk keiner der zu verklagenden Streitgenossen seinen allgemeinen Gerichtsstand hat (BGH, Beschl. v. 19.03.1987 - I ARZ 903/86, NJW 1988, 646, 647). Besteht im Fall der parteierweiternden Widerklage bei dem angerufenen Gericht kein Gerichtsstand für den bislang nicht am Verfahren Beteiligten, kann der nicht ausschließliche besondere Gerichtsstand des § 33 ZPO bestimmt werden, auch wenn keiner der widerbeklagten Streitgenossen dort seinen allgemeinen Gerichtsstand hat (Sen.Beschl. v. 24.06.2008 - X ARZ 69/08, zur Veröffentlichung vorgesehen).
12
Dieser auf Gründen der Zweckmäßigkeit und der Prozessökonomie beruhenden Einschränkung des allgemeinen Grundsatzes der §§ 12 f. ZPO, nach der ausnahmsweise auch ein anderes als das für den allgemeinen Gerichtsstand eines der Streitgenossen zuständige Gericht bestimmt werden kann, würde es nicht gerecht, wenn auf der anderen Seite nur dasjenige Oberlandesgericht die Gerichtsstandsbestimmung vornehmen dürfte, in dessen Bezirk sich der allgemeine Gerichtsstand eines der Streitgenossen befindet. Kann aus Gründen der Prozessökonomie auch ein von der Wohnsitzzuständigkeit abwei- chendes Gericht als zuständig bestimmt werden, ist es nicht zu rechtfertigen, dass es für die Zuständigkeit des bestimmenden Oberlandesgerichts nur auf die Gerichte des allgemeinen Gerichtsstandes der Streitgenossen ankommen soll. Dies entspräche auch nicht dem bereits oben dargelegten Sinn der Regelung , eine Ausweitung von Zuständigkeitsstreitigkeiten zu vermeiden und möglichst rasch zu einem Ergebnis zu gelangen.
13
3. Diesem Sinn der Vorschrift widerspräche es ebenfalls, wenn, wie die Antragstellerinnen dies beantragt haben, die Sache zunächst an das Oberlandesgericht Frankfurt am Main verwiesen würde. Entgegen der Auffassung der Antragstellerinnen unterliegt es nicht uneingeschränkt ihrer Disposition, dem mit der Sache befassten Oberlandesgericht die Zuständigkeit wieder zu entziehen. Insoweit ist im öffentlichen Interesse, nämlich zur Vermeidung der mehrmaligen Befassung von Gerichten mit dem gleichen Rechtsstreit, die Parteidisposition eingeschränkt. Dieser übergeordnete Grundsatz, wie er in § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO niedergelegt ist (vgl. BGHZ 173, 47 Tz. 10; BGH, Beschl. v. 16.01.1962 - III ARZ 123/62, NJW 1963, 585, 586, zur Gerichtsstandsvereinbarung nach Rechtshängigkeit), beansprucht erst recht Geltung im Verfahren nach § 36 ZPO, das gerade dazu bestimmt ist, die alsbaldige Beschäftigung des zuständigen Gerichts mit der Sache selbst zu ermöglichen (vgl. BGHZ 71, 69, 74).
14
IV. Es erscheint dem Senat zweckmäßig, die Zuständigkeit des Landgerichts Oldenburg zu begründen. Die Antragsgegnerin zu 2 hat dort ihren allgemeinen Gerichtsstand. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Antragsgegnerin zu 1 sehen vor, dass die Antragsgegnerin nur an dem für die kontoführende Stelle zuständigen Gericht verklagt werden kann, was bei Abschluss des Kreditvertrags die Niederlassung in Oldenburg war. Unabhängig von der Frage, ob damit das Landgericht Oldenburg wirksam als zuständiges Gericht vereinbart wurde, ist bei ihm jedenfalls ein Anknüpfungspunkt vorhanden. Dies lässt es zweckmäßig erscheinen, dass der Rechtsstreit in Oldenburg geführt wird.
Melullis Scharen Mühlens
Gröning Meier-Beck
Vorinstanz:
OLG Celle, Entscheidung vom 12.03.2008 - 4 AR 1/08 -

(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:

1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist;
2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei;
3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist;
4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist;
5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben;
6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.

(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.

(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.

Mehrere Personen können als Streitgenossen gemeinschaftlich klagen oder verklagt werden, wenn sie hinsichtlich des Streitgegenstandes in Rechtsgemeinschaft stehen oder wenn sie aus demselben tatsächlichen und rechtlichen Grund berechtigt oder verpflichtet sind.

Mehrere Personen können auch dann als Streitgenossen gemeinschaftlich klagen oder verklagt werden, wenn gleichartige und auf einem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grund beruhende Ansprüche oder Verpflichtungen den Gegenstand des Rechtsstreits bilden.

(1) Hat jemand zum Betrieb einer Fabrik, einer Handlung oder eines anderen Gewerbes eine Niederlassung, von der aus unmittelbar Geschäfte geschlossen werden, so können gegen ihn alle Klagen, die auf den Geschäftsbetrieb der Niederlassung Bezug haben, bei dem Gericht des Ortes erhoben werden, wo die Niederlassung sich befindet.

(2) Der Gerichtsstand der Niederlassung ist auch für Klagen gegen Personen begründet, die ein mit Wohn- und Wirtschaftsgebäuden versehenes Gut als Eigentümer, Nutznießer oder Pächter bewirtschaften, soweit diese Klagen die auf die Bewirtschaftung des Gutes sich beziehenden Rechtsverhältnisse betreffen.

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a) Eine Anwaltssozietät ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, sofern nicht ausdrücklich eine andere Rechtsform gewählt worden ist (BGH, Urteil vom 3. Mai 2007 - IX ZR 218/05, BGHZ 172, 169 Rn. 11), wofür im Streitfall keine Anhaltspunkte bestehen. Vor der Anerkennung der eigenständigen Rechtspersönlichkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts hat der Senat angenommen, dass ein Sozietätsanwalt ein ihm angetragenes Mandat im Zweifel zugleich im Namen der übrigen Sozietätsmitglieder annimmt, im Falle von Sozietäten unterschiedlicher Berufsangehöriger jedoch nach dem Parteiwillen regelmäßig nur diejenigen Sozien in den Vertrag einbezogen werden sollen, die auf dem zu bearbeitenden Rechtsgebiet tätig werden dürfen (BGH, Urteil vom 16. Dezember 1999 - IX ZR 117/99, WM 2000, 963, 964; vom 17. Februar 2000 - IX ZR 50/98, WM 2000, 1342, 1344 f).

Die Gesellschafter haften für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern als Gesamtschuldner persönlich. Eine entgegenstehende Vereinbarung ist Dritten gegenüber unwirksam.

(1) Wird ein Gesellschafter wegen einer Verbindlichkeit der Gesellschaft in Anspruch genommen, so kann er Einwendungen, die nicht in seiner Person begründet sind, nur insoweit geltend machen, als sie von der Gesellschaft erhoben werden können.

(2) Der Gesellschafter kann die Befriedigung des Gläubigers verweigern, solange der Gesellschaft das Recht zusteht, das ihrer Verbindlichkeit zugrunde liegende Rechtsgeschäft anzufechten.

(3) Die gleiche Befugnis hat der Gesellschafter, solange sich der Gläubiger durch Aufrechnung gegen eine fällige Forderung der Gesellschaft befriedigen kann.

(4) Aus einem gegen die Gesellschaft gerichteten vollstreckbaren Schuldtitel findet die Zwangsvollstreckung gegen die Gesellschafter nicht statt.

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b) Diese Ansicht trifft nicht zu. Eine Scheinsozietät ist rechtlich nicht existent. Sie kommt als Anspruchsgegnerin nicht in Betracht. Eine Bestimmung im Gesetz, welche die während des Bestehens einer Scheinsozietät entstandenen Ansprüche, die sich nur gegen einzelne Personen oder eine bereits vorhandene Gesellschaft richten können, auf eine später gegründete Gesellschaft überleitet, gibt es nicht. Soweit der Anschein einer Sozietät gesetzt wurde, haften die Scheingesellschafter für die Fehler des Einzelanwalts oder der wirklichen Gesellschafter ebenso, wie der Einzelanwalt oder die wirkliche Gesellschaft und die wirklichen Gesellschafter für die Fehler von Scheingesellschaftern einzustehen haben. Die Vorschrift des § 130 HGB, die nach Ansicht der Revision auf den vorliegenden Fall entsprechend angewendet werden soll, könnte allenfalls zu einer Haftung weiterer Gesellschafter führen, nicht jedoch zu einerHaftung der Beklagten zu 1 selbst (vgl. BGH, Urteil vom 7. April 2003 - II ZR 56/02, BGHZ 154, 370; vom 19. November 2009 - IX ZR 12/09, WM 2010, 139 Rn. 15 ff).

(1) Hat jemand zum Betrieb einer Fabrik, einer Handlung oder eines anderen Gewerbes eine Niederlassung, von der aus unmittelbar Geschäfte geschlossen werden, so können gegen ihn alle Klagen, die auf den Geschäftsbetrieb der Niederlassung Bezug haben, bei dem Gericht des Ortes erhoben werden, wo die Niederlassung sich befindet.

(2) Der Gerichtsstand der Niederlassung ist auch für Klagen gegen Personen begründet, die ein mit Wohn- und Wirtschaftsgebäuden versehenes Gut als Eigentümer, Nutznießer oder Pächter bewirtschaften, soweit diese Klagen die auf die Bewirtschaftung des Gutes sich beziehenden Rechtsverhältnisse betreffen.

Das Gericht, bei dem eine Person ihren allgemeinen Gerichtsstand hat, ist für alle gegen sie zu erhebenden Klagen zuständig, sofern nicht für eine Klage ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet ist.

Der allgemeine Gerichtsstand einer Person wird durch den Wohnsitz bestimmt.

Das Gericht, bei dem eine Person ihren allgemeinen Gerichtsstand hat, ist für alle gegen sie zu erhebenden Klagen zuständig, sofern nicht für eine Klage ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet ist.

Der allgemeine Gerichtsstand einer Person wird durch den Wohnsitz bestimmt.