Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 26. März 2015 - L 7 AS 849/14

published on 26/03/2015 00:00
Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 26. März 2015 - L 7 AS 849/14
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Sozialgericht Augsburg, S 16 AS 423/14, 07/08/2014

Gericht

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Principles

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Gründe

Rechtskräftig: unbekannt

Spruchkörper: Senat

Hauptschlagwort: aufstockende Leistung Eingliederungsverwaltungsakt selbstständige Tätigkeit

Titel:

Normenkette:

Leitsatz:

in dem Rechtsstreit

A., A-Straße, A-Stadt

- Klägerin und Berufungsklägerin -

Proz.-Bev.: A., A-Straße, A-Stadt

gegen

Jobcenter ..., vertreten durch den Geschäftsführer, ...

- Beklagter und Berufungsbeklagter -

Der 7. Senat des Bayer. Landessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung in München am 26. März 2015 durch den Vorsitzenden Richter am Bayer. Landessozialgericht Dr. Mayer, den Richter am Bayer. Landessozialgericht Thanner und die Richterin am Bayer. Landessozialgericht Herz sowie die ehrenamtlichen Richter W. und T. für Recht erkannt:

I.

Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 7. August 2014 wird zurückgewiesen.

II.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die 1959 geborene Klägerin wendet sich gegen den Eingliederungsverwaltungsakt des Beklagten vom 13.01.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.04.2014, mit dem ihr aufgegeben wurde, sich mindestens zweimal pro Woche um eine versicherungspflichtige Beschäftigung zu bemühen.

Die Klägerin bezieht vom Beklagten seit 01.12.2012 Leistungen nach dem SGB II in Bedarfsgemeinschaft mit ihrem 1959 geborenen Ehemann. Der Ehemann ist selbstständig und betreibt eine Gärtnerei. Die Klägerin selbst hat eine geringfügige Tätigkeit im Umfang von vier Arbeitsstunden an zwei Tagen in der Woche in einem Drogeriemarkt. Daneben unterstützt sie ihren Ehemann unentgeltlich in dessen Gärtnerei und im Verkauf. Die aufstockenden, zunächst vorläufig bewilligten Leistungen des Beklagten an die Bedarfsgemeinschaft lagen im mit Bescheid vom 01.08.2014 endgültig festgesetzten Zeitraum vom 01.12.2013 bis 31.05.2014 zwischen 721,82 Euro (Februar 2014) und 865,05 Euro (Januar 2014).

Nachdem die KIägerin an dieser Konstellation festhalten wollte, erließ der Beklagte den streitgegenständlichen Eingliederungsverwaltungsakt vom 13.01.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.04.2014. Mit der von der Klägerin und ihrem Ehemann beharrlich verteidigten Konstellation der wenig ertragreichen Selbstständigkeit und dem Zuverdienst der Klägerin aus der geringfügigen Beschäftigung sei auf absehbare Zeit Hilfebedürftigkeit nicht zu beseitigen. Vielmehr habe die Klägerin sich ernsthaft um eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu bewerben.

Hiergegen erhob die Klägerin rechtzeitig Klage zum Sozialgericht Augsburg. Sie müsse unentgeltlich zur Entlastung ihres Ehemannes in der Gärtnerei und im Verkauf mitarbeiten, um die Gärtnerei am Leben zu erhalten. Daneben arbeite sie montags und donnerstags je vier Arbeitsstunden in einem Drogeriemarkt. Dies funktioniere nur, weil diese Arbeitstage nicht an Wochenmarkttagen lägen und die Arbeitsstätte sich in unmittelbarer Nähe der Gärtnerei bzw. des Wochenmarktstandes befinde. Dies sei aber bereits jetzt terminmäßig kompliziert genug, wenn Feiertage oder Marktverlegungen vorlägen. Außerdem müsse auch während der Marktverkaufszeiten in der Gärtnerei gelüftet bzw. die Gasheizung abgestellt werden. Schon deshalb sei sie als zweite Arbeitskraft im Betrieb notwendig. Dies sei dem Beklagten in vielen Gesprächen und in mehreren Schreiben mitgeteilt und im Detail erklärt worden. Aus diesem Grund würde sie - wie immer wieder dargelegt - ihren sicheren Minijob nicht aufgeben und ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis beginnen. Ihr Ehemann arbeite nunmehr seit 45 Jahren etwa 100 Stunden in der Woche an so gut wie 50 Wochen im Jahr. Jahrzehntelang hätten sie keinen richtigen Urlaub gemacht. Fehlzeiten wegen Krankheiten könnten sich selbstständige kleinere Gärtnereien sowieso nicht leisten, weil sonst innerhalb weniger Wochen das Geschäftskonto dermaßen im Soll wäre, dass es nicht mehr ausgeglichen werden könne. Nur wenn der Geschäftsbetrieb so weiter laufe wie jahrzehntelang praktiziert, sei es möglich, die Jahre bis zu einer Minimalrente noch einigermaßen zu überbrücken. Die Klägerin werde keine Einladung vom Jobcenter mehr annehmen und sich um kein anderes Arbeitsverhältnis kümmern.

Mit Urteil vom 7. August 2014 wies das Sozialgericht Augsburg die Klage als unbegründet ab.

Der Eingliederungsverwaltungsakt habe nur eine Gültigkeit bis zum 12.07.2014 gehabt, so dass der Bescheid zum Zeitpunkt der Entscheidung des Sozialgerichts Augsburg durch Zeitablauf erledigt gewesen sei. Damit sei die Anfechtungsklage unzulässig geworden. Als Feststellungsklage nach § 55 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sei die Klage unbegründet.

Der Beklagte sei aufgrund der beharrlichen Weigerung der Klägerin, ihre aktuelle berufliche Situation zu ändern, nicht gehalten gewesen, mit der Klägerin vorrangig über den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung in weitere Verhandlungen einzutreten. Es sei im Januar 2014 offenkundig gewesen, dass die Klägerin hierzu nicht bereit sei. Dies habe die Klägerin nicht zuletzt mit ihrem Schreiben vom 12.10.2013 zum Ausdruck gebracht. Damit habe der Beklagte einen Eingliederungsverwaltungsakt erlassen dürfen.

Der Eingliederungsverwaltungsakt vom 13.01.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.03.2014 sei auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Das Eingliederungsziel, die Klägerin in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu vermitteln, die sie und ggf. auch ihren Ehemann von Leistungen nach dem SGB II unabhängig machen, stünde es nicht entgegen, dass die Klägerin ihren Ehegatten neben ihrer geringfügigen Tätigkeit in nicht unerheblichem Umfang bei dessen selbstständiger Tätigkeit unentgeltlich unterstütze. Vielmehr käme es darauf an, dass die Tätigkeit künftig auch die Hilfebedürftigkeit beenden könne. Hierfür lägen keine hinreichenden Anhaltspunkte vor. Selbst unter Anrechnung der bei der Klägerin und ihrem Ehemann vorhandenen Einkommen verbleibe seit Jahren ein offener Hilfebedarf in erheblichem Umfang. Es sei nicht ersichtlich, dass sich dies in naher Zukunft ändern könne. Es sei nicht Aufgabe des SGB II, wirtschaftlich nicht tragfähige Selbstständigkeit von Leistungsbeziehern zu fördern.

Andere inhaltliche Bedenken gegen den Eingliederungsverwaltungsakt bestünden auch nicht. Die Laufzeit und die festgelegten Obliegenheiten ließen keine rechtswidrigen Belastungen erkennen. Die Pflicht zur zweimaligen Bewerbung pro Woche halte sich im Rahmen von angemessenen Eigenbemühungen.

Hiergegen hat die Klägerin Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Eine Begründung ist bislang nicht erfolgt.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

festzustellen, dass der Eingliederungsverwaltungsakt vom 13.01.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.04.2014 rechtswidrig war und das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 7. August 2014 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Eingliederungsverwaltungsakt sei zu Recht ergangen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Anders als das Sozialgericht meint, handelt es sich um eine Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG (BSG Urteil vom 14.02.2013, B 14 AS 195/11 R Rz. 16) und nicht um eine Feststellungsklage nach § 55 SGG.

Die zulässige Fortsetzungsfeststellungsklage ist jedoch unbegründet.

Gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) wird die Berufung insoweit aus den Gründen der Entscheidung des Sozialgerichts Augsburg zurückgewiesen und von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und der Erwägung, dass die Klägerin mit ihrem Begehren erfolglos blieb.

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.

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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

(1) Mit der Klage kann begehrt werden 1. die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses,2. die Feststellung, welcher Versicherungsträger der Sozialversicherung zuständig ist,3. die Feststellung, ob eine Gesundheitsstörun
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published on 14/02/2013 00:00

Tenor Auf die Revision des Klägers werden das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 14. Juli 2010 und das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 30. Juli 2009 aufgehoben. Es wird fe
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published on 08/07/2015 00:00

Tenor I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Augsburg vom 07.05.2015 wird zurückgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten des Antragstellers sind nicht zu erstatten. III. Dem Antragsteller wird für
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Annotations

(1) Wird ein Verwaltungsakt oder ein Widerspruchsbescheid, der bereits vollzogen ist, aufgehoben, so kann das Gericht aussprechen, daß und in welcher Weise die Vollziehung des Verwaltungsakts rückgängig zu machen ist. Dies ist nur zulässig, wenn die Verwaltungsstelle rechtlich dazu in der Lage und diese Frage ohne weiteres in jeder Beziehung spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Hält das Gericht die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten Verwaltungsakts für begründet und diese Frage in jeder Beziehung für spruchreif, so ist im Urteil die Verpflichtung auszusprechen, den beantragten Verwaltungsakt zu erlassen. Im Übrigen gilt Absatz 3 entsprechend.

(3) Hält das Gericht die Unterlassung eines Verwaltungsakts für rechtswidrig, so ist im Urteil die Verpflichtung auszusprechen, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(4) Hält das Gericht eine Wahl im Sinne des § 57b oder eine Wahl zu den Selbstverwaltungsorganen der Kassenärztlichen Vereinigungen oder der Kassenärztlichen Bundesvereinigungen ganz oder teilweise oder eine Ergänzung der Selbstverwaltungsorgane für ungültig, so spricht es dies im Urteil aus und bestimmt die Folgerungen, die sich aus der Ungültigkeit ergeben.

(5) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt auch bei Klagen auf Verurteilung zum Erlass eines Verwaltungsakts und bei Klagen nach § 54 Abs. 4; Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(1) Mit der Klage kann begehrt werden

1.
die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses,
2.
die Feststellung, welcher Versicherungsträger der Sozialversicherung zuständig ist,
3.
die Feststellung, ob eine Gesundheitsstörung oder der Tod die Folge eines Arbeitsunfalls, einer Berufskrankheit oder einer Schädigung im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes ist,
4.
die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts,
wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat.

(2) Unter Absatz 1 Nr. 1 fällt auch die Feststellung, in welchem Umfang Beiträge zu berechnen oder anzurechnen sind.

(3) Mit Klagen, die sich gegen Verwaltungsakte der Deutschen Rentenversicherung Bund nach § 7a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch richten, kann die Feststellung begehrt werden, ob eine Erwerbstätigkeit als Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit ausgeübt wird.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.