Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 18. März 2016 - L 13 R 196/14

bei uns veröffentlicht am18.03.2016
vorgehend
Sozialgericht Augsburg, S 1 R 1396/11, 14.02.2014

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

I.

Die Beklagte wird unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 14. Februar 2014 sowie des Bescheids der Beklagten vom 18. Februar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. November 2011 verurteilt, den Bescheid vom 24. März 2000 teilweise zurückzunehmen, die Beitragszeiten des Klägers vom 1. Juli 1967 bis 25. September 1968, 3. November 1972 bis 20. November 1988, 4. Mai 1992 bis 27. August 1992 sowie 31. August 1992 bis 5. Oktober 1992 der Qualifikationsgruppe 4 der Anlage 13 zum SGB VI zuzuordnen und dem Kläger ab 1. Januar 2006 Leistungen entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.

II.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III.

Die Beklagte erstattet dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Einstufung der in der ehemaligen Sowjetunion zurückgelegten Versicherungszeiten in den Zeiträumen 1. Juli 1967 bis 25. September 1968, 21. Juli 1972 bis 18. September 1972, 3. November 1972 bis 22. November 1988, 4. Mai 1992 bis 27. August 1992 und 31. August 1992 bis 5. Oktober 1992 in die Qualifikationsgruppe 4 der Anlage 13 zum SGB VI und die Gewährung entsprechend höherer Rentenleistungen.

Der 1940 geborene Kläger, deutscher Staatsangehöriger, ist als Spätaussiedler anerkannt. Er hat seinen ständigen Aufenthalt im Bundesgebiet seit 5. Mai 1993. Er hat von September 1947 bis 1950 die Volksschule besucht.

Ausweislich des in einer Übersetzung vorliegenden russischen Arbeitsbuchs hat der Kläger in der ehemaligen Sowjetunion die Grundschule sowie eine Berufsausbildung zum Traktorist absolviert. Er war danach wie folgt beschäftigt:

September 1954 - 3. Juli 1961 Landarbeiter

8. Januar 1961 - 28. Juni 1961 Traktorist

3. Juli 1961 - 12. Dezember 1961 Motorenwärter

23. Dezember 1961 - 5. Juni 1962 Motorenwärter

5. Juni 1962 - 6. März 1964 Planierraupenfahrer

16. März 1964 - 22. März 1965 Maschinist

25. März 1965 - 1. November 1965 Motorstraßenhobelfahrer

1. November 1965 - 25. Dezember 1967 Planierraupenfahrer

1. Januar 1968 - 1. März 1968 Traktorist

1. März 1968 - 10. April 1968 Traktorist-Planierraupenfahrer der 4. Kategorie

10. April 1968 - 25. September 1968 Traktorist der 5. Kategorie

25. September 1968 - 3. Juli 1972 Arbeiter in der Mühle

21. Juli 1972 - 18. September 1972 Schlosser der 3. Kategorie (Formabteilung)

2. Oktober 1972 - 3. November 1972 Arbeiter für verschiedene Tätigkeiten

3. November 1972 - 22. November 1980 Traktorist des Traktors K-700

29. November 1980 - 2. Oktober 1985 Traktorist

10. Oktober 1985 - 1. Dezember 1987 Maschinist des Traktors K 701 der 6. Kategorie

1. Dezember 1987 - 20. November 1988 Traktorist K-700 der 5. Kategorie (neue Lohntarife)

28. November 1988 - 25. August 1989 Maurer der 3. Kategorie

25. August 1989 - 1. Oktober 1989 Traktorist

1. Oktober 1989 - 4. Mai 1992 Heizer

4. Mai 1992 - 27. August 1992 Traktorist für Sommerzeit

31. August 1992 - 5. Oktober 1992 Traktorist der 1. Klasse (Versorgungsabteilung)

5. Oktober 1992 - 26. April 1993 Heizer

Mit Schreiben vom 14. Mai 1996 gab der Kläger an, mit dem Traktor im Steinbruch gearbeitet zu haben sowie Erd- und Straßenbauarbeiten erledigt zu haben.

Mit Bescheid vom 24. März 1997 stellte die Beklagte den Versicherungsverlauf für den Kläger gemäß § 149 Abs. 5 SGB VI für die Zeiten bis 31. Dezember 1990 fest. Hierin ordnete sie die Beitragszeiten vom 1. September 1954 bis 26. April 1993 der Qualifikationsgruppe 5 der Anlage 13 zum SGB VI zu. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch und erklärte unter anderem, die Arbeitsjahre 1954 bis 1957 seien als Ausbildung aufgeführt. Er habe jedoch ab dem Alter von 14 Jahren gearbeitet und nie eine Ausbildung erhalten. Nach einem aufklärenden Schreiben der Beklagten nahm der Kläger den Widerspruch zurück.

Mit Bescheid vom 24. März 2000 gewährte die Beklagte dem Kläger Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit ab 1. März 2000. Auch hier erfolgte eine Zuordnung der Beitragszeiten vom 1. September 1954 bis 24. März 1993 zur Qualifikationsgruppe 5. Bei Neufeststellungen der Rente blieb die Einstufung in die Qualifikationsgruppen unverändert (Bescheide vom 19. April 2000, 27. November 2002, 6. Februar 2003).

Mit Schreiben vom 24. November 2010 begehrte der Kläger Überprüfung und Neuberechnung der Rente. Er sei als Berufskraftfahrer und Motorenwart tätig gewesen. Die Tätigkeiten als Traktorist bzw. Kraftfahrer, Schlosser, Planierraupenfahrer und Maschinist seien nicht nur mit dem Bedienen der LKW oder Traktoren verbunden gewesen. Er habe auch die Reparatur der Fahrzeuge in eigener Verantwortung durchzuführen gehabt. Deshalb seien diese Tätigkeiten in Qualifikationsgruppe 4 einzustufen.

Die Beklagte bat den Kläger um eine genaue Beschreibung der von ihm verrichteten Tätigkeiten. Er gab daraufhin an, in der Zeit vom 3. Juli bis 22. Dezember 1961 als Motorenwart bzw. vom 16. März 1964 bis 22. März 1965 als Maschinist für die Elektroenergie verantwortlich gewesen zu sein. Für die Zeiten vom 25. März 1965 bis 25. September 1968, vom 21. Juli bis 18. September 1972 sei er als Schlosser in der Schreinerei, vom 3. November 1972 bis 2. Oktober 1985 und vom 25. August 1989 bis 30. September 1989 als Planierraupenfahrer tätig gewesen. Detailliertere Tätigkeitsbeschreibungen seien ihm nicht mehr möglich. Ab der Lohngruppe 3 sei jedoch das Niveau des Facharbeiters erreicht. Dies ergebe sich auch aus den Berufsbezeichnungen.

Mit angefochtenem Bescheid vom 18. Februar 2011 lehnte die Beklagte den Überprüfungsantrag ab. Es sei keine Berufsausbildung absolviert worden. Eine Höhergruppierung aufgrund langjähriger Berufserfahrung habe mangels Beschreibung der einzelnen in den Beschäftigungen ausgeübten Tätigkeiten nicht erfolgen können. Aus den im Arbeitsbuch angegebenen Berufsbezeichnungen wie Traktorist und Maschinist könne keine höherwertige Tätigkeit abgeleitet werden, da dies Berufe seien, die üblicherweise mit unterschiedlichen Qualifikationen ausgeübt werden können.

Hiergegen hat der Kläger Widerspruch eingelegt und vorgetragen, er habe lange Jahre einen Straßenhobel als Maschinist geführt. Diese würden auch in Deutschland im modernen Straßenbau benutzt. Es seien auch Reparaturen der Fahrzeuge in eigener Verantwortung durchzuführen gewesen. Es wurde angefragt, ob auch Tätigkeitsbeschreibungen in Russisch von der Beklagten angenommen würden. Nachdem die Beklagte letzteres bejaht hatte, aber trotz Erinnerung keine Stellungnahme mehr erfolgte, wurde der Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14. November 2011 zurückgewiesen. Der Kläger habe zu keiner Zeit qualifizierte Arbeiten als Facharbeiter verrichtet. Die Angaben des Klägers entsprächen den Eintragungen im russischen Arbeitsbuch. Bestimmte Tätigkeiten seien nur über Wochen bzw. mehrere Monate und nur selten über mehrere Jahre hinaus verrichtet worden. Der Kläger habe mithin nicht Facharbeiterniveau erreichen können.

Hiergegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben und darauf verwiesen, dass ein Berufskraftfahrer als Facharbeiter anzusehen sei. Ab der Lohngruppe 3 werde das Niveau des Facharbeiters erreicht. Der Kläger habe nicht wenige Tätigkeiten in der 4., 5. und 6. Lohngruppe verrichtet. Es sollte daher die Qualifikationsgruppe 4 nach einer Zeit der Berufserfahrung von 6 Jahren anerkannt werden. Auch erkenne die DRV regelmäßig den Berufskraftfahrer als Facharbeiter an, insbesondere dann, wenn der Berufskraftfahrer der 1. Klasse vorliege. Auch sei während der Geltung der früheren Leistungsgruppen der Kraftfahrer (Handwerker) in Leistungsgruppe 1 einzustufen gewesen. Insoweit werde auf die Entscheidung des LSG NRW vom 13. Dezember 1968, Az. L 14 J 94/68 verwiesen. Aus dem Leitsatz der Entscheidung gehe hervor, dass Voraussetzung für die Eingruppierung in die Leistungsgruppe 1 nicht sei, dass der Kraftfahrer (Handwerker) tatsächliche Arbeiten am Kraftfahrzeug ausgeführt habe, sondern nur, dass er hierzu befähigt gewesen sei. Die Voraussetzungen hätten sich nicht geändert, so dass eine Einstufung eines Berufskraftfahrers als Facharbeiter in die Qualifikationsgruppe 4 nach einer Zeit der Berufserfahrung von 6 Jahren nicht ausgeschlossen sei. Auf das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 19. Februar 2001, Az. L 3 RJ 46/99, werde hingewiesen.

Der Kläger übersandte sodann diverse Niederschriften von Erörterungsterminen und mündlichen Verhandlungen verschiedener Gerichte, Widerspruchsbescheide sowie Anerkenntnisse anderer Versicherungsträger. Hieraus gehe hervor, dass im Hinblick auf die bekannte Mangelwirtschaft in den ehemaligen Ostblockländern die Führer landwirtschaftlicher Geräte die Fähigkeit haben mussten, diese während der Pflanz- und Erntezeit betriebsbereit zu halten. Es sei daher von einer Facharbeitertätigkeit auszugehen (SG Duisburg). Auch sei vom SG Köln ein Busfahrer und vom SG Düsseldorf ein Führer eines Straßenhobels als Facharbeiter im Sinne der Qualifikationsgruppe 4 eingestuft worden.

Der Kläger hat weiterhin sinngemäß mitgeteilt, als Planierraupenführer sei es seine Aufgabe gewesen, beim Bau von Straßen, Dämmen und Gräben den Boden bzw. Schnee zu verschieben. Er habe den Motor starten und vor dem Verlassen der Straße eine Kontrolluntersuchung durchführen müssen. Zu seinen Aufgaben habe auch der Betrieb der Plannierraupe sowie die Beseitigung von Betriebsstörungen gezählt. Als Traktorist sei es u. a. seine Pflicht gewesen, Schnee zu räumen oder Gräben auszuheben. Auch sei die Wartung von Traktoren und montierten Gewerken seine Aufgabe gewesen. Schließlich habe er mit gezogenen Landmaschinen pflügen, eggen und kultivieren müssen. Als Motorist seien die Inspektion und Schmierung des Motors vor der Inbetriebnahme und das Reparieren seine Aufgabe gewesen. Er habe das Prinzip des Motors, Sicherheitsvorschriften sowie die Möglichkeiten der Problembeseitigung kennen müssen.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 14. Februar 2014 abgewiesen und dabei auf das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 6. September 2006, Az. L 13 KN 19/03 und des Hessischen Landessozialgerichts vom 5. November 2010, Az. L 5 R 395/09 verwiesen. Danach sei der Beruf des Kraftfahrers nach dem Ausbildungssystem der DDR kein Facharbeiterberuf, sondern den angelernten Tätigkeiten im Sinne der Qualifikationsgruppe 5 zuzuordnen.

Hiergegen hat der Kläger Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt und u. a. auf seine Lohngruppeneinstufung verwiesen. Die 5. und 6. Lohngruppe sei die höchste und für besonders qualifizierte Arbeiter vorbehalten. Das Niveau des Facharbeiters werde ab der Lohngruppe 3 erreicht. Nach einer Zeit der Berufserfahrung von 6 Jahren sollte also die Qualifikationsgruppe 4 angesetzt werden. Der Kläger habe sehr plausibel beschrieben, dass er alles habe reparieren müssen. Nur die Diesel-Einspritzpumpe habe eingeschickt werden müssen, da sie nur mit Spezialwerkzeugen repariert werden konnte. Der Kläger sei „fahrender Kfz-Schlosser“ gewesen. Auch würden Rangierer und Lokführer von anderen Rentenversicherungsträgern als Facharbeiter eingestuft. Dies müsse dann erst recht für Berufskraftfahrer gelten. Vom Berufskraftfahrer der I. Klasse in der ehemaligen UdSSR seien nicht nur Pflege- und Wartungsarbeiten, sondern auch sämtliche Reparaturarbeiten verlangt worden. Auch aus einem Gutachten des Professors Dr. S. gehe hervor, dass Berufskraftfahrer der 1. Klasse als Facharbeiter im Herkunftsland angesehen würden.

Die Beklagte hat darauf hingewiesen, es fehle an einem Nachweis der theoretischen Kenntnisse des Klägers.

In der mündlichen Verhandlung am 18. März 2016 hat der Kläger einen Führerschein für Landwirtschaftstechnik vom 18. März 1963 vorgelegt, wonach er als Traktorist der I. Klasse eingestuft ist. Er hat erklärt, er habe nach einigen Jahren seine Kenntnisse und Fertigkeiten nochmals prüfen lassen. Am 4. März 1975 habe er die Zulassung zum Führen landwirtschaftlicher Fahrzeuge aller Marken erlangt. Er hat weitere Angaben zu den von ihm verrichteten Tätigkeiten gemacht.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 14. Februar 2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18. Februar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. November 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 24. März 2000 teilweise zurückzunehmen, die Beitragszeiten des Klägers vom 1. Juli 1967 bis 25. September 1968, 21. Juli 1972 bis 18. September 1972, 3. November 1972 bis 20. November 1988, 4. Mai 1992 bis 27. August 1992 und 31. August 1992 bis 5. Oktober 1992 der Qualifikationsgruppe 4 der Anlage 13 zum SGB VI zuzuordnen und dem Kläger ab 1. Januar 2006 höhere Leistungen entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Akten des SG und der Beklagten verwiesen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist ganz überwiegend begründet.

Die Beklagte hat zu Recht die Beitragszeiten des Klägers in dem strittigen Zeitraum 21. Juli 1972 bis 18. September 1972 der Qualifikationsgruppe 5 der Anlage 13 zum SGB VI zugeordnet. Insoweit war die Berufung zurückzuweisen. Vom 1. Juli 1967 bis 25. September 1968, 3. November 1972 bis 20. November 1988, 4. Mai 1992 bis 27. August 1992 sowie 31. August 1992 bis 5. Oktober 1992 hat jedoch eine Zuordnung der Versicherungszeiten des Klägers zur Qualifikationsgruppe 4 der Anlage 13 zum SGB VI zu erfolgen. Die Beklagte ist daher zu verpflichten, den Rentenbescheid vom 24. März 2000, durch den sich der Vormerkungsbescheid vom 24. März 1997 auf andere Weise iSd § 39 Abs. 2 SGB X erledigt hat (vgl. BSG, Urteil vom 14. Dezember 2011, Az. B 5 R 36/11 R), teilweise zurückzunehmen, diese Zeiträume der Qualifikationsgruppe 4 der Anlage 13 zum SGB VI zuzuordnen und dem Kläger ab 1. Januar 2006 Leistungen entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.

Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen (§ 44 Abs. 1 S. 1 SGB X).

Bei Erlass des Rentenbescheids vom 24. März 2000, mit dem die Beklagte die im Vormerkungsbescheid vom 24. März 1997 enthaltene Einstufung sämtlicher in der ehemaligen Sowjetunion zurückgelegten Beitragszeiten des Klägers in die Qualifikationsgruppe 5 zur Anlage 13 des SGB VI übernommen hat, hat die Beklagte für die Zeiträume 1. Juli 1967 bis 25. September 1968, 3. November 1972 bis 20. November 1988, 4. Mai 1992 bis 27. August 1992 sowie 31. August 1992 bis 5. Oktober 1992 den Zeitraum 31. August 1992 bis 5. Oktober 1992 das Recht unrichtig angewandt. Für diese Zeiträume hat eine Einstufung in Qualifikationsgruppe 4 zu erfolgen. Die deshalb zu Unrecht nicht erbrachten Sozialleistungen in Form von Rentenzahlungen sind für einen Zeitraum bis zu 4 Jahren vor dem Antrag des Klägers auf Rücknahme des Rentenbescheids am 24. November 2010, mithin ab 1. Januar 2006, nachzuzahlen (vgl. § 44 Abs. 4 S. 1, 3 SGB X). Im Übrigen hat die Beklagte hingegen das Recht zutreffend angewandt und ist auch von einem richtigen Sachverhalt ausgegangen, so dass eine weitergehende Rücknahme des Bescheids vom 24. März 2000 nicht in Betracht kommt.

Die Anerkennung der vom Kläger in der ehemaligen Sowjetunion zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten richtet sich nach dem Fremdrentengesetz - FRG - und dem Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetz - FANG -.

Gemäß Art. 6 § 4 Abs. 2 S. 1 und Abs. 3 S. 3 FANG kommt eine Anwendung des FRG in seiner bis zum 30. Juni 1990 geltenden Fassung bei einem Rentenbeginn nach dem 31. Dezember 1995 nicht mehr in Betracht. Da die Rente des Klägers erst am 1. März 2000 begonnen hat, bestimmt sich damit die Bewertung der vom Kläger in der ehemaligen Sowjetunion zurückgelegten Beitragszeiten nach § 22 Abs. 1 Satz 1 FRG in der seit 1. Januar 1992 geltenden Fassung. Nach dieser Bestimmung werden Entgeltpunkte für Beitrags- und Beschäftigungszeiten gem. § 256 b Abs. 1 Satz 1 SGB VI nach Durchschnittsverdiensten ermittelt, die sich nach Einstufung der Beschäftigung in eine der in Anlage 13 genannten Qualifikationsgruppen und nach Zuordnung der Beschäftigung zu einem der in Anlage 14 genannten Bereiche ergeben. Damit hat der Gesetzgeber für die Versicherten aus den Herkunftsgebieten die Tabellenwerke übernommen, die den Einkommensverhältnissen sowie den Ausbildungs- und Fortbildungsstrukturen der ehemaligen DDR angepasst waren.

In die „Qualifikationsgruppe 4 Facharbeiter“ sind Personen eingeordnet, die über die Berufsausbildung oder im Rahmen der Erwachsenenqualifizierung nach abgeschlossener Ausbildung in einem Ausbildungsberuf die Facharbeiterprüfung bestanden haben und im Besitz eines Facharbeiterzeugnisses (Facharbeiterbrief) sind oder denen aufgrund langjähriger Berufserfahrung entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen im Beitrittsgebiet die Facharbeiterqualifikation zuerkannt worden ist. Hierzu zählen nicht Personen, die im Rahmen der Berufsausbildung oder der Erwachsenenqualifizierung auf Teilgebieten eines Ausbildungsberufes entsprechend der Systematik der Ausbildungsberufe im Beitrittsgebiet ausgebildet worden sind.

In die „Qualifikationsgruppe 5 angelernte und ungelernte Tätigkeiten“ sind einzuordnen

1. Personen, die in der Berufsausbildung oder im Rahmen der Erwachsenenqualifizierung eine Ausbildung auf Teilgebieten eines Ausbildungsberufes abgeschlossen haben und im Besitz eines entsprechenden Zeugnisses sind; 2. Personen, die in einer produktionstechnischen oder anderen speziellen Schulung für eine bestimmte Tätigkeit angelernt worden sind; 3. Personen ohne Ausbildung oder spezielle Schulung für die ausgeübte Tätigkeit.

Nach den Sätzen 1 und 2 der Anlage 13 zum SGB VI sind Versicherte in eine der Qualifikationsgruppen einzustufen, wenn sie deren Qualifikationsmerkmale erfüllen und eine entsprechende Tätigkeit ausgeübt haben. Haben Versicherte aufgrund langjähriger Berufserfahrung Fähigkeiten erworben, die üblicherweise denen von Versicherten in einer höheren Qualifikationsgruppe entsprechen, sind sie in diese Qualifikationsgruppe einzustufen.

Bei der notwendigen analogen Anwendung der auf die Verhältnisse in der ehemaligen DDR zugeschnittenen Eingruppierungsmerkmale ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSG, Urteil vom 12. November 2003, B 8 KN 2/03, Urteil vom 24. Juli 2003, B 4 RA 61/02 R, alle in juris) zunächst von der im Herkunftsgebiet erworbenen beruflichen Ausbildung und Qualifikation unter Beachtung des dort geltenden beruflichen, schulischen und universitären Bildungssystems auszugehen. Sodann ist zu fragen, welcher Qualifikationsgruppe - übertragen auf die Verhältnisse in der DDR - diese berufliche Ausbildung und Qualifikation materiell entspricht. Schließlich ist zu prüfen, ob eine diesen Qualifikationsmerkmalen entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt wurde.

In ehemaligen UdSSR wurden mit Beginn der fünfziger Jahre Absolventen der Grundschule innerhalb von zwei bis drei Jahren an Berufsschule zu Facharbeitern ausgebildet. Eine berufliche Grundbildung konnte daneben auch im Rahmen einer betrieblichen Ausbildung erworben werden, wobei der theoretische Teil der Ausbildung ebenfalls an Berufsschulen erfolgte. Die Ausbildungsdauer lag auch hier zwischen zwei und vier Jahren. Am Ende der Ausbildung stand dann eine Prüfung, deren Bestehen in einem Zeugnis und mit dem Erwerb des Titels „gelernter bzw. qualifizierter Arbeiter“ dokumentiert wurde. Zur Prüfung konnte auch zugelassen werden, wer eine reguläre Ausbildung nicht durchlaufen hatte, sich die notwendigen Kenntnisse aber auf andere Weise angeeignet hatte (zum Ganzen vgl. Müller, „Die Qual mit den Qualifikationsgruppen“, Mitteilungen der Landesversicherungsanstalt Oberfranken und Mittelfranken, Nr. 3/1996).

Der Kläger hat zwar keine formelle Facharbeiterqualifikation, da er keine dieser Einrichtungen besucht hat. Ihm wurde auch nicht die Facharbeiterqualifikation trotz fehlender Berufsausbildung förmlich zuerkannt; ihm wurde nicht der Titel „qualifizierter Arbeiter“ verliehen.

Eine Einstufung in Qualifikationsgruppe 4 hat jedoch ab 1. Juli 1967 für die Zeiträume, in denen der Kläger als Traktorist oder mit vergleichbaren Tätigkeiten beschäftigt war, auf der Grundlage des Satzes 2 der Anlage 13 zum SGB VI zu erfolgen. Für den Zeitraum 21. Juli 1972 bis 18. September 1972, in dem der Kläger als Schlosser beschäftigt war, hat es hingegen bei der Einstufung in Qualifikationsgruppe 5 zu verbleiben, da insoweit für den Senat nicht glaubhaft gemacht ist, dass der Kläger aufgrund langjähriger Berufserfahrung Fähigkeiten erworben hat, die üblicherweise denen von ausgebildeten Schlossern entsprechen.

Professor Dr. S. hat in seiner vom Kläger zur Verfügung gestellten und für den Senat überzeugenden berufskundlichen Stellungnahme darauf hingewiesen, dass für qualifizierte Traktorfahrer die Bezeichnung „Traktorist-Maschinist“ gilt. Sie wurde gebraucht in Verbindung mit einer der drei Qualifikationsstufen (Klasse I, II, III) und der jeweiligen Lohngruppe (1-7). Dabei waren Traktoristen der I. Klasse solche, die selbstständig alle Arten von Pflege- und Reparaturarbeiten an Traktoren, Landmaschinen usw. ausführen durften, während Traktoristen der 2. Klasse solche Arbeiten nur „ausführen“ durften (hier fehlt das Wort „selbstständig“) und Traktoristen 3. Klasse dabei nur unter Anleitung tätig werden durften.

Zwar ist in dem Arbeitsbuch des Klägers allein für den Zeitraum 31. August 1992 bis 5. Oktober 1992 vermerkt, dass er als Traktorist der I. Klasse beschäftigt worden ist. Aus dem vom Kläger in der mündlichen Verhandlung am 18. März 2016 vorgelegten Führerschein für Landwirtschaftstechnik vom 18. März 1963 geht jedoch klar hervor, dass er bereits ab diesem Zeitpunkt als Traktorist der I. Klasse eingestuft war. Dies belegt, dass der Kläger jedenfalls ab diesem Zeitpunkt selbstständig alle Arten von Pflege- und Reparaturarbeiten und damit Tätigkeiten verrichtet hat, die für einen Facharbeiter typisch sind.

Nach Ablauf von mehr als vier Jahren mit Tätigkeiten als Traktorist der I. Klasse ist unter Mitberücksichtigung des Umstands, dass der Kläger bereits seit 1961 mit einschlägigen Tätigkeiten beschäftigt war, von langjährigen Berufserfahrungen als Traktorist auf Facharbeiterniveau auszugehen. Der Senat hält es für sehr fern liegend, dass der Kläger nur als Traktorist der II. oder III. Klasse beschäftigt worden ist, obwohl er die Qualifikation als Traktorist der I. Klasse hatte. Anhaltspunkte für eine unterwertige Verwendung des Klägers gibt es nicht. Die Angaben zu den Lohngruppen im Arbeitsbuch des Klägers stellen jedenfalls die Einstufung als Facharbeiter nicht in Frage, sondern stellen eher ein gewisses Indiz hierfür dar.

In der ehemaligen UdSSR bestand grundsätzlich eine enge Verzahnung von Berufsqualifikation und Tarifeinstufung, die Lohn- und Qualifikationsstufe miteinander verband. Am Ende einer Berufsausbildung oder betrieblichen Weiterbildung wurde nicht nur die Qualifikation bestätigt, sondern auch gleichzeitig die Eingruppierung in eine Tarif-/Lohnkategorie vorgenommen. Die hier interessierende Gruppe der qualifizierten Arbeiter umfasste die untersten Ebene der wenig qualifizierten Arbeiter (Lohnkategorie 1 und 2), die mittlere Ebene der qualifizierten Arbeiter (Lohnkategorie 3 und 4) und die obere Ebene der hoch qualifizierten Arbeiter (Lohnkategorie 5 und 6).

Sowohl die mittlere als auch die obere Qualifikationsstufe konnte durch betriebliche Erstausbildungs- und Weiterbildungsmaßnahmen erreicht werden. Die nach der „Musterordnung für die Ausbildung und Weiterqualifizierung von Arbeitern unmittelbar in der Produktion“ durchgeführten Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen der Betriebe zur Erhöhung des Qualifikationsniveaus dauerten unter Berücksichtigung der Schwierigkeiten des Berufs sowie des Umfanges der zu erwerbenden Kenntnisse und Fertigkeiten ohne Unterbrechung der Berufstätigkeit und mit begrenzter Freistellung bis zu sechs Monaten. Ein wichtiges Prüfungsergebnis der von einer betrieblichen Qualifikationskommission auf Werks- und Abteilungsebene abgenommenen Qualifikationsprüfungen (Probearbeiten und mündliche Prüfung) war die Festlegung der Qualifikationsgruppe und damit auch der Lohnkategorie. Insoweit wird vertreten, dass Personen, die über die unteren beiden Lohnkategorien hinausgekommen waren, als Facharbeiter im Sinne der Qualifikationsgruppe 4 angesehen werden können. Auch wenn die Weiterbildungsmaßnahmen zum Teil kürzer als entsprechende Schulausbildungen waren, sollen ihnen im Ergebnis eine Gleichwertigkeit nicht abgesprochen werden, da sie im sowjetischen Lohn- und Qualifikationssystem als gleichwertig anerkannt waren und in erster Linie Arbeiter mit langjähriger Berufspraxis und Betriebszugehörigkeit delegiert wurden (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19. Februar 2001, Az.: L 3 RJ 46/99).

Die Bewertung einer Tätigkeit als Facharbeitertätigkeit allein deshalb, weil eine Lohnkategorie 3 verzeichnet ist, verbietet sich jedoch nach Auffassung des Senats. Denn insoweit ist zu berücksichtigen, dass bei dieser Eingruppierung neben der Qualifikation im engeren Sinne auch andere Faktoren, wie z. B. die konkreten Arbeitsbedingungen mit berücksichtigt werden konnten. Auch ergeben sich Unschärfen daraus, dass eine mitunter sehr großzügige Praxis der für die Einstufung zuständigen Qualifikationskommissionen vorlag (vgl. Göring, Anerkennung von Aussiedlerzeugnissen, berufliche Bildung und berufliche Qualifikation in der UdSSR, 1991, S. 147).

Auch aus dem von Kläger selbst vorgelegten Gutachten des Professor Dr. S. geht hervor, dass die Lohngruppen zwar als eindeutiges Qualifikationsmerkmal gedacht waren und in allen Betrieben einheitlich gehandhabt werden sollten. Es seien aber auch die Dauer der Betriebszugehörigkeit, die Schwere der Arbeit etc. berücksichtigt worden. In der Praxis sei von diesen Vorschriften nicht selten abgewichen worden, wofür unterschiedliche Gründe, darunter auch persönliche Beziehungen etc. maßgebend gewesen seien.

Der Senat hält es damit zwar nicht für zulässig, allein aufgrund der Zuerkennung einer bestimmten Lohngruppe die Zuordnung zu einer bestimmten Qualifikationsgruppe vorzunehmen. Das Arbeitsbuch des Klägers enthält auch nicht durchgängig für alle Zeiträume Hinweise auf die zuerkannte Lohngruppe. Der Umstand, dass dem Arbeitsbuch ab 1. Juli 1967 für die Zeiträume, in denen eine Lohngruppe angegeben ist, durchgängig jedenfalls keine Zuordnung zu einer Lohngruppe entnommen werden kann, die für unqualifizierte Arbeiter unterhalb des Facharbeiterniveaus vorbehalten war, stellt aber dennoch ein gewisses Indiz dafür dar, dass der Kläger als Traktorist o. ä. ab 1. Juli 1967 höherwertige Tätigkeiten auf Facharbeiterniveau verrichtet hat.

Für die ausgeurteilten Zeiträume kann daher nach Auffassung des Senats mit überwiegender Wahrscheinlichkeit von einer tatsächlich ausgeübten, nach den Verhältnissen der ehemaligen Sowjetunion qualifizierten Tätigkeit im Sinne der Qualifikationsgruppe 4 der Anlage zum SGB VI mit einer für Facharbeiter typischen selbstständigen Erledigung von Arbeiten ausgegangen werden.

Nicht durchgreifen kann der Einwand der Beklagten, der Kläger habe das Vorliegen entsprechender theoretischer Kenntnisse nicht nachweisen können. Die einmal im Rahmen einer einschlägigen Berufsausbildung erworbenen theoretischen Kenntnisse verlieren auch bei ausgebildeten Versicherten im Laufe des Berufslebens an Bedeutung. Würde man verlangen, dass Versicherte mit langjähriger Berufserfahrung dieselben theoretischen Kenntnisse nachweisen müssten wie Versicherte mit einschlägiger Berufsausbildung, gäbe es für S. 2 der Anlage 13 zum SGB VI praktisch keinen Anwendungsbereich mehr, diese Bestimmung liefe im Ergebnis leer. Durch die explizite Gleichstellung von langjähriger Berufstätigkeit mit der formellen Ausbildung hat der Gesetzgeber diesem Ansatz jedoch eine Absage erteilt.

Auch nach den Verhältnissen in der ehemaligen DDR ergibt sich, dass Tätigkeiten als Traktorist, Baumaschinenführer usw. als Facharbeitertätigkeiten zu qualifizieren waren. Als vergleichbarer Beruf in der ehemaligen DDR kommt der eines Baumaschinisten in Betracht. In der ehemaligen DDR wurde der Baumaschinist etwa mit der Spezialisierungsrichtung Flachbaggerfahrer (Planierraupenfahrer) im Rahmen einer zweijährigen Ausbildung nach Abschluss der 10. Klasse der polytechnischen Oberschule zum Facharbeiter ausgebildet. Wesentliche Tätigkeiten bestanden in dem Ausheben von Baugruben oder Gräben, Umsetzen von Erdstoffen auf Halden oder Transportgeräte, das Planieren von Trassen und Flächen, das Führen und Pflegen sowie Warten der Geräte. Verlangt wurde selbstständiges Entscheiden innerhalb der vorgegebenen Technologie über Einsatz des Gerätes und dessen optimaler Wirkung, das Auswählen und Anbauen der technologisch bedingten Arbeitsausrüstungen des Geräts. Störungen in der Funktion des Gerätes mussten erkannt und kleinere Reparaturen selbstständig ausgeführt bzw. bei größeren Fehlern Maßnahmen zur Beseitigung eingeleitet werden (vgl. Schriftenreihe Bildung und Beruf, DDR-Ausbildungsberufe Bd. 5, 1990, S. 134). Diese Berufsbeschreibung deckt sich im Wesentlichen mit derjenigen eines Traktoristen in der ehemaligen UdSSR, der in die I. Klasse eingestuft ist.

Für den Zeitraum 21. Juli 1972 bis 18. September 1972 scheidet eine Zuordnung der Versicherungszeiten des Klägers zur Qualifikationsgruppe 4 jedoch aus. Insoweit ist es für den Senat nicht überwiegend wahrscheinlich, dass der Kläger tatsächlich Arbeiten verrichtet hat, die Facharbeitertätigkeiten entsprechen. Der Kläger war in diesem Zeitraum als Schlosser der 3. Kategorie tätig. Dies stellt die erste Eintragung mit dieser Berufsbezeichnung dar. Der Kläger war zuvor nicht langjährig als Schlosser tätig. Es kann keine Rede davon sein, dass Traktoristen „fahrende Kfz-Schlosser“ gewesen sind. Ganz überwiegend hat der Kläger im Arbeitsalltag nach seinen Angaben Erd-, Räum- und Aushubarbeiten etc. verrichtet. Diese Tätigkeiten entsprechen auch dem Berufsbild eines Maschinisten, Planierraupenfahrers oder Traktoristen. Auch wenn der Kläger dem Berufsbild eines Traktoristen entsprechend vor dem 21. Juli 1972 Reparaturen durchgeführt hat, hat er damit noch nicht langjährig Schlosserarbeiten verrichtet, die dazu führen können, dass man von Schlossertätigkeiten auf Facharbeiterniveau vom 21. Juli 1972 bis 18. September 1972 ausgehen könnte. Dies würde nämlich voraussetzen, dass die zuvor verrichteten Schlosserarbeiten ausschließlich oder zumindest ganz überwiegend Inhalt der Tätigkeit gewesen sind. Dies ist jedoch bei einem Traktoristen nicht der Fall. Die bloße Verrichtung von Schlosserarbeiten „bei Bedarf“ genügt hierfür nicht, selbst wenn dies über einige Jahre hinweg geschehen ist.

Nach Auffassung des Senats stellen - wie oben ausgeführt - allein die im Arbeitsbuch enthaltenen Hinweise auf die Einstufung in Lohnkategorie 3 als solche keinen zwingenden Grund dafür dar, die in diesem Zeitraum verrichteten Tätigkeiten der Qualifikationsgruppe 4 zuzuordnen. Die sich aus den soeben genannten Gründen ergebenden Zweifel an einer Tätigkeit als Schlösser auf Facharbeiterniveau können hierdurch nicht überwunden werden.

Insoweit war die Berufung daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung berücksichtigt, dass der Kläger im Berufungsverfahren ganz überwiegend erfolgreich war.

Gründe, die Revision zuzulassen (vgl. § 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.

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Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 18. März 2016 - L 13 R 196/14 zitiert 11 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160


(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 44 Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes


(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbrach

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 39 Wirksamkeit des Verwaltungsaktes


(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

Fremdrentengesetz - FRG | § 22


(1) Für Zeiten der in §§ 15 und 16 genannten Art werden Entgeltpunkte in Anwendung von § 256b Abs. 1 Satz 1 erster Halbsatz, Satz 2 und 9 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch ermittelt. Hierzu werden für Zeiten nach dem 31. Dezember 1949 die in Anlag

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 149 Versicherungskonto


(1) Der Träger der Rentenversicherung führt für jeden Versicherten ein Versicherungskonto, das nach der Versicherungsnummer geordnet ist. In dem Versicherungskonto sind die Daten, die für die Durchführung der Versicherung sowie die Feststellung und E

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Tenor Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 25. März 2011 aufgehoben.

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(1) Der Träger der Rentenversicherung führt für jeden Versicherten ein Versicherungskonto, das nach der Versicherungsnummer geordnet ist. In dem Versicherungskonto sind die Daten, die für die Durchführung der Versicherung sowie die Feststellung und Erbringung von Leistungen einschließlich der Rentenauskunft erforderlich sind, zu speichern. Ein Versicherungskonto darf auch für Personen geführt werden, die nicht nach den Vorschriften dieses Buches versichert sind, soweit es für die Feststellung der Versicherungs- oder Beitragspflicht und für Prüfungen bei Arbeitgebern (§ 28p des Vierten Buches) erforderlich ist.

(2) Der Träger der Rentenversicherung hat darauf hinzuwirken, dass die im Versicherungskonto gespeicherten Daten vollständig und geklärt sind. Die Daten sollen so gespeichert werden, dass sie jederzeit abgerufen und auf maschinell verwertbaren Datenträgern oder durch Datenübertragung übermittelt werden können. Stellt der Träger der Rentenversicherung fest, dass für einen Beschäftigten mehrere Beschäftigungen nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 oder § 8a des Vierten Buches gemeldet oder die Zeitgrenzen des § 8 Abs. 1 Nr. 2 des Vierten Buches überschritten sind, überprüft er unverzüglich diese Beschäftigungsverhältnisse. Stellen die Träger der Rentenversicherung fest, dass eine Beschäftigung infolge einer Zusammenrechnung versicherungspflichtig ist, sie jedoch nicht oder als versicherungsfrei gemeldet worden ist, teilen sie diese Beschäftigung mit den notwendigen Daten der Einzugsstelle mit. Satz 4 gilt entsprechend, wenn die Träger der Rentenversicherung feststellen, dass beim Zusammentreffen mehrerer Beschäftigungsverhältnisse die Voraussetzungen für die Anwendung der Vorschriften über den Übergangsbereich nicht oder nicht mehr vorliegen.

(3) Der Träger der Rentenversicherung unterrichtet die Versicherten regelmäßig über die in ihrem Versicherungskonto gespeicherten Sozialdaten, die für die Feststellung der Höhe einer Rentenanwartschaft erheblich sind (Versicherungsverlauf).

(4) Versicherte sind verpflichtet, bei der Klärung des Versicherungskontos mitzuwirken, insbesondere den Versicherungsverlauf auf Richtigkeit und Vollständigkeit zu überprüfen, alle für die Kontenklärung erheblichen Tatsachen anzugeben und die notwendigen Urkunden und sonstigen Beweismittel beizubringen.

(5) Hat der Versicherungsträger das Versicherungskonto geklärt oder hat der Versicherte innerhalb von sechs Kalendermonaten nach Versendung des Versicherungsverlaufs seinem Inhalt nicht widersprochen, stellt der Versicherungsträger die im Versicherungsverlauf enthaltenen und nicht bereits festgestellten Daten, die länger als sechs Kalenderjahre zurückliegen, durch Bescheid fest. Bei Änderung der dem Feststellungsbescheid zugrunde liegenden Vorschriften ist der Feststellungsbescheid durch einen neuen Feststellungsbescheid oder im Rentenbescheid mit Wirkung für die Vergangenheit aufzuheben; die §§ 24 und 48 des Zehnten Buches sind nicht anzuwenden. Über die Anrechnung und Bewertung der im Versicherungsverlauf enthaltenen Daten wird erst bei Feststellung einer Leistung entschieden.

(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.

(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 25. März 2011 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger ab dem 1.1.2010 höhere Altersrente für schwerbehinderte Menschen gewähren muss, weil ihm ein höherer Nachteilsausgleich nach dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz (BerRehaG) zustehe und seine rentenrechtlichen Zeiten, die er im Beitrittsgebiet zurückgelegt hat, nach dem Fremdrentengesetz (FRG) zu bewerten seien.

2

Der 1947 geborene Kläger arbeitete in der DDR zunächst als Ingenieur und später als Niederlassungs- und Betriebsteilleiter. Nachdem er seine Ausreise beantragt hatte, wurde er ab dem 27.11.1986 von der Tätigkeit als Betriebsteilleiter beurlaubt und als Hilfsarbeiter beschäftigt. In der DDR war er weder Mitglied der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) noch gehörte er einem dortigen Zusatz- oder Sonderversorgungssystem an. Am 25.5.1989 siedelte er in die Bundesrepublik Deutschland über, erhielt den Ausweis für Vertriebene und Flüchtlinge "C" und war vom 4.9.1989 bis zum 31.12.2009 rentenversicherungspflichtig beschäftigt.

3

Mit Bescheid vom 17.1.1991 stellte die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) rentenrechtliche Zeiten bis zum 31.12.1984 verbindlich fest, ohne über deren Zuordnung zum FRG zu entscheiden. Später lehnte sie es als Versorgungsträgerin für die Zusatzversorgungssysteme ab, (fiktive) Zusatzversorgungsanwartschaften festzustellen, weil der Kläger am 30.6.1990 nicht mehr im Beitrittsgebiet beschäftigt gewesen sei (Bescheid vom 23.9.2003 und Widerspruchsbescheid vom 23.4.2004). Das Landesamt für Soziales und Familie des Freistaats Thüringen erkannte den Kläger als Verfolgten iS des § 1 Abs 1 BerRehaG an, setzte die Verfolgungszeit vom 25.11.1986 bis 25.5.1989 fest und ordnete ihn der Qualifikationsgruppe 2 (Fachschulabschluss) der Anlage 13 und dem Wirtschaftsbereich 17 (Handel/Binnenhandel) der Anlage 14 zum SGB VI zu (Bescheid vom 6.7.2005 mit Rehabilitierungsbescheinigung nach dem BerRehaG).

4

Mit Vormerkungsbescheid vom 24.10.2005 stellte die BfA alle im Versicherungsverlauf enthaltenen Daten bis zum 31.12.1998 verbindlich fest, soweit sie nicht bereits früher festgestellt worden waren. In Spalte 3 des Versicherungsverlaufs ordnete sie den Pflichtbeitragszeiten im Beitrittsgebiet jeweils fiktive Verdienste in DM zu, die sie ermittelt hatte, indem sie die in Mark der DDR tatsächlich erzielten Beträge im Verhältnis 1 : 1 auf DM hochgewertet und durch Vervielfältigung mit den Werten der Anlage 10 zum SGB VI auf bundesdeutsches Lohnniveau angehoben hatte. Mit weiterem Bescheid vom selben Tage stellte die Beklagte fest, dass die Verfolgungszeit vom 27.11.1986 bis 25.5.1989 nach § 11 BerRehaG als Pflichtbeitragszeit gelte und die Vergleichsberechnungen, die unter Anwendung des § 13 Abs 1a BerRehaG durchgeführt worden seien, keinen höheren Rentenbetrag ergeben hätten. Allerdings könne erst im Leistungsfall verbindlich entschieden werden, ob die festgestellten Pflichtbeitragszeiten zu einer höheren Leistung führten (Bescheid über die Prüfung des rentenrechtlichen Nachteilausgleiches im Rahmen des BerRehaG außerhalb eines Rentenverfahrens vom 24.10.2005). Die Widersprüche gegen beide Bescheide wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 8.8.2006). Das SG Gießen hat die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen (Urteil vom 18.9.2009).

5

Während des Berufungsverfahrens gewährte die Beklagte dem Kläger Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab dem 1.1.2010 (Rentenbescheid vom 6.11.2009). Die Pflichtbeitragszeiten im Beitrittsgebiet bewertete sie anhand der fiktiven Verdienste in DM, die in Spalte 3 des Versicherungsverlaufs enthalten und in Spalte 1 mit der Abkürzung "SVA" (= beitragspflichtiger Verdienst zur Sozialversicherung im Beitrittsgebiet) gekennzeichnet waren (Anlage 2 des Rentenbescheids). Der Ermittlung des Rentenwerts lagen insgesamt 54,7453 persönliche Entgeltpunkte (pEP) zugrunde (Anlage 6 des Rentenbescheids). Mit Rentenbescheid vom 18.1.2010 stellte die Beklagte die Altersrente rückwirkend zum 1.1.2010 auf der Grundlage von 56,0318 pEP höher fest. Die Verfolgungszeit vom 27.11.1986 bis 25.5.1989 bewertete sie nunmehr als beitragsgeminderte Zeit und berücksichtigte nach dem BerRehaG für jeden Kalendermonat mit Verfolgungszeit den monatlichen Durchschnittswert von 0,0561 EP (= 0,6174 EP : 11 Kalendermonate) aus dem Kalenderjahr 1985 (letztes Kalenderjahr vor Beginn der Verfolgung).

6

Mit Urteil vom 25.3.2011 hat das Hessische LSG die Berufung zurückgewiesen, die Klage gegen den Rentenbescheid vom 18.1.2010 abgewiesen und die Revision zugelassen: Der Rentenbescheid vom 18.1.2010 sei Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden, weil er sowohl den Rentenbescheid vom 6.11.2009 als auch den ursprünglich angefochtenen Vormerkungsbescheid vom 24.10.2005 vollständig ersetzt habe. Der rentenrechtliche Nachteilsausgleich iS des BerRehaG sei keinesfalls anhand der Leistungsgruppen des FRG zu berechnen. Ebenso wenig seien die übrigen rentenrechtlichen Zeiten im Beitrittsgebiet nach dem FRG zu bewerten, wie das SG unter Hinweis auf § 259a SGB VI zutreffend ausgeführt habe. Schließlich seien die Vorschriften des SGB VI und des BerRehaG auch verfassungskonform. Denn die Eigentumsgarantie (Art 14 Abs 1 S 1 GG) erfasse keine FRG-Zeiten, weil für sie keine Eigenleistungen an einen Versicherungsträger der Bundesrepublik Deutschland erbracht worden seien. Soweit der Gesetzgeber mit dem Renten-Überleitungsgesetz (RÜG) in Rechtspositionen von FRG-Berechtigten eingegriffen habe, sei dies durch Gründe des Allgemeinwohls (Schaffung eines einheitlichen Rentenversicherungssystems, Finanzierbarkeit der Rentenversicherung) gerechtfertigt und verhältnismäßig. Auch der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz (Art 3 Abs 1 GG) sei nicht verletzt, weil der Gesetzgeber die besondere Situation der Sowjetzonenflüchtlinge im Vergleich zu den im Beitrittsgebiet Verbliebenen durch die Vorschriften des BerRehaG auch im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung hinreichend berücksichtigt habe. Eine darüber hinausgehende Besserstellung - insbesondere unter Anwendung der Leistungsgruppen nach dem FRG - könnten Altübersiedler aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht beanspruchen. Dass der Kläger keine Ansprüche nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) erworben habe, beruhe wesentlich auf dem Umstand, dass er keine Versorgungszusage erhalten und damit dem System der zusätzlichen Altersversorgung nicht angehört habe.

7

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung von Art 3, 14 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip. Die rentenrechtlichen Zeiten, die er im Beitrittsgebiet zurückgelegt habe, müssten nach dem FRG in der Fassung berechnet werden, die es am 25.5.1989 gehabt habe, als er in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sei. Dann ergäben sich wesentlich höhere EP, was auch positive Wirkungen auf den rentenrechtlichen Nachteilsausgleich für die Verfolgungszeiten nach dem BerRehaG habe. Am 25.5.1989 habe er eine Rentenanwartschaft erworben, die ihm konkret zugeordnet sei, im Einigungsvertrag erwähnt werde und unter dem Eigentumsschutz des Art 14 GG stehe. Sie beruhe auf seiner entgeltlichen Erwerbstätigkeit in der DDR, für die er Beiträge an deutsche Rentenversicherungssysteme gezahlt habe und damit auf Eigenleistungen eines Deutschen iS des Art 116 GG. Er habe in der DDR durch eigene Arbeit Rentenanwartschaften erworben und mit seinen Beiträgen zur Finanzierung der Rentenversicherung beigetragen, die schlussendlich durch die Wiedervereinigung in das gesamtdeutsche System inkorporiert worden seien. Der Einigungsvertrag habe die erworbenen und nach dem FRG berechneten Anwartschaften weder eingeschränkt noch beschnitten, wie dies nun durch § 259a SGB VI geschehe. Das RÜG führe zu einer Teilenteignung der Rentenanwartschaften von Altübersiedlern. Hierzu sei der Gesetzgeber nur bei Vorliegen von Gründen von erheblichem Gewicht befugt. Es sei sehr zweifelhaft, ob die Finanzierbarkeit der gesetzlichen Rentenversicherung ein solcher Grund sei. In diesem Zusammenhang sei es sachwidrig, gerade ihn für die finanziellen Folgelasten der Wiedervereinigung mitverantwortlich zu machen, obwohl er im Zeitpunkt der Wiedervereinigung bereits durch seine Erwerbstätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland zur Finanzierung dieser zusätzlichen Lasten beigetragen habe. Überdies werde er gegenüber Personen benachteiligt, die bis zum Mauerfall in der DDR verblieben seien. Denn als Flüchtling habe er in der DDR Hab und Gut zurückgelassen sowie wertvolle Jahre seines Lebens in erheblicher Armut und mit Freiheitseinschränkungen und Zwangsmaßnahmen zugebracht. Darüber hinaus habe er Ansprüche nach dem AAÜG verloren, weil er am 30.6.1990 - anders als die dort verbliebenen Kollegen - nicht mehr in der DDR gelebt habe.

8

Der Kläger beantragt,

        

das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 25. März 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 18. Januar 2010 zu verurteilen, ihm ab 1. Januar 2010 höhere Altersrente

        

a)    

unter Bewertung der im Beitrittsgebiet zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten vom 24. August 1963 bis 25. Mai 1989 nach dem FRG und

        

b)    

unter rentensteigernder Berücksichtigung eines Nachteilsausgleichs nach § 13 BerRehaG mit Bewertung der Verfolgungszeit nach den Leistungsgruppen des FRG zu zahlen.

9

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

10

Für das Begehren des Klägers gebe es keine gesetzliche Grundlage. Es sei fraglich, ob eine bloße Übersiedlung gleichsam automatisch bestimmte gesetzliche Leistungsansprüche nach sich ziehe, die zu diesem Zeitpunkt in der Bundesrepublik Deutschland kodifiziert gewesen seien. Die postulierte Rechtsposition - Anwendung des FRG auf die von ihm bis zum 25.11.1986 zurückgelegten Beitragszeiten - genieße keinen Grundrechtsschutz aus Art 14 Abs 1 GG. Da der Kläger nicht in den Genuss einer Rentenwertfeststellung auf der Basis des FRG gelangen könne, sei er auch nicht in seinem Grundrecht aus Art 2 Abs 1 GG iVm dem rechtsstaatlichen Vertrauensschutzprinzip verletzt. Immerhin existiere mit § 259a SGB VI eine Übergangsregelung, von der der Kläger allerdings nicht profitiere. Hierbei sei jedoch zu berücksichtigen, dass er zum Zeitpunkt seiner Übersiedlung erst das 42. Lebensjahr vollendet gehabt habe und im Hinblick auf die neue Rechtslage durchaus in der Lage gewesen sei, etwa befürchtete Leistungseinbußen durch private Dispositionen zu kompensieren. Der Kläger sei auch nicht iS des Art 3 Abs 1 GG gegenüber anderen Personen willkürlich benachteiligt. Mit der Übergangsregelung des § 259a SGB VI und dem darin enthaltenen Stichtag des 1.1.1937 habe der Gesetzgeber eine sachgerechte Lösung geschaffen, weil die Personen, die am 1.1.1992 die damalige Regelaltersgrenze des 65. Lebensjahres (gemeint 55. Lebensjahr) vollendet gehabt hätten, noch in den Genuss des "alten Rechts" gelangt seien. Zudem hänge es von der individuellen Versicherungs- und Beitragsbiographie ab, ob Versicherte von der Anwendung des FRG oder der Anwendung des § 259a SGB VI profitierten. Wer Beiträge zur FZR gezahlt habe, für den sei die neue Rechtslage vorteilhaft. Der Kläger sei auch nicht im Zusammenhang mit der Bewertung seiner Verfolgungszeiten in Grundrechten verletzt. Insoweit sei der Schutzbereich des Art 14 Abs 1 GG bereits nicht eröffnet. Zudem habe das FRG - in der vom Kläger begehrten Form - nur bis Ende 1991 und das BerRehaG erst ab 1994 gegolten, so dass schon deshalb beide Gesetze nicht miteinander kombiniert werden könnten. Sollte das FRG tatsächlich auf den Kläger Anwendung finden, sei auch die Regelung des § 22 Abs 4 FRG zu berücksichtigen, wonach die nach dem FRG fingierten Arbeitsentgelte vom Rentenbeginn an um 40 % zu kappen seien.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG). Der Senat kann auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des LSG nicht erkennen, ob das LSG die letzte Rentenwertfestsetzung der Beklagten im Bescheid vom 18.1.2010 auch hinsichtlich im ursprünglich angefochtenen Vormerkungsbescheid vom 24.10.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.8.2006 geregelter Beitrittsgebietszeiten überprüfen durfte (hierzu im Einzelnen nachfolgend unter A.). Da der Regelungsgegenstand des Vormerkungsbescheides offen ist, kann derzeit nicht entschieden werden, ob und inwieweit hierdurch verkörperte Verwaltungsakte iS von § 96 Abs 1 SGG durch die erstmalige Bestimmung des Rentenwerts und diese ihrerseits durch die Rentenwertfestsetzung vom 18.1.2010 ersetzt worden sind. Hiervon ausgehend ist derzeit in mehrfacher Hinsicht offen, ob über die Klage gegen die Rentenwertfestsetzung vom 18.1.2010 hinsichtlich derjenigen Beitrittsgebietszeiten, die nicht Verfolgungszeiten sind, durch Prozess- oder durch Sachurteil zu entscheiden ist. Dies darf aber wegen der unterschiedlichen Rechtskraftwirkung nicht offen bleiben (BSG Urteil vom 25.6.2002 - B 11 AL 23/02 R - Juris). Soweit die Klage die Berücksichtigung von Verfolgungszeiten im Rahmen der Rentenwertfestsetzung vom 18.1.2010 betrifft, könnte hierüber im Sinne der Zurückweisung der Revision zwar bereits jetzt abschließend entschieden werden (hierzu nachfolgend unter B.). Der Senat sieht hiervon indessen zugunsten einer einheitlichen Entscheidung über den Rentenwert durch das Berufungsgericht ab.

12

A. Mit seiner ursprünglichen Klage hat sich der Kläger ua gegen den Vormerkungsbescheid vom 24.10.2005 und den Widerspruchsbescheid vom 8.8.2006 gewandt, soweit diese Zeiten im Beitrittsgebiet mit Ausnahme der im weiteren Bescheid vom 24.10.2005 gesondert geregelten Verfolgungszeiten betreffen. Streitbefangene Feststellungen von Tatbeständen rentenrechtlicher Zeiten im Vormerkungsbescheid sind während des Berufungsverfahrens durch den wertfeststellenden Verwaltungsakt im Rentenbescheid vom 6.11.2009 iS von § 96 Abs 1 SGG ersetzt worden. Zwar handelt es sich bei der Feststellung des Tatbestands einer rentenrechtlichen Zeit einerseits und der Rentenwertfestsetzung unter Berücksichtigung auch dieser Zeit andererseits nicht um Verwaltungsakte mit identischem Regelungsgehalt, doch stehen beide hinsichtlich ein und desselben Rechtsverhältnisses in einem Verhältnis sachlicher und zeitlicher Exklusivität zueinander. Während nämlich der Rentenversicherungsträger erstmals mit der "Feststellung einer Leistung" über Anrechnung und Bewertung der im Versicherungsverlauf enthaltenen Daten entscheiden (§ 149 Abs 5 S 3 SGB VI) und den Rentenwert bestimmen darf, bedarf es mit diesem Zeitpunkt umgekehrt keines diese Entscheidung nur vorbereitenden Verfahrens über die Feststellung einzelner wertbestimmender Umstände mehr. Hierzu ergangene Verwaltungsakte erledigen sich ungeachtet ihrer Anfechtung "auf andere Weise" (§ 39 Abs 2 SGB X) und dürfen durch weitere Feststellungen einzelner wertbestimmender Elemente von vornherein nicht mehr ersetzt werden. Das insofern anhängige Klageverfahren findet indessen seine Fortsetzung im Streit über dasjenige Rechtsverhältnis, dessen vorbereitender Klärung die bisher ergangenen Verwaltungsakte gerade gedient hatten. Auf die Ersetzung in diesem Sinne findet § 96 Abs 1 SGG, der hier bereits in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.3.2008 (BGBl I 444) anzuwenden ist, unmittelbar Anwendung mit der Folge, dass der Verwaltungsakt über die Rentenhöhe als unmittelbar kraft Gesetzes angegriffen gilt, soweit diese ihrerseits auf den bereits ursprünglich streitigen Feststellungen beruht. Mit dem Erlass des weiteren Rentenbescheides vom 18.1.2010 wurde schließlich insoweit auch die Rentenwertfestsetzung im Rentenbescheid vom 6.11.2009 ersetzt.

13

Indessen hat es das LSG unterlassen festzustellen, ob der ursprünglich mit der Klage angegriffene Vormerkungsbescheid überhaupt beansprucht hat, Regelungen auch für die streitigen Beitragszeiten im Beitrittsgebiet zu treffen, und daher insofern durch den Rentenbescheid vom 6.11.2009 ersetzt werden könnte. Dies hat das Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen (BSG Urteil vom 9.12.2003 - B 2 U 54/02 R - BSGE 91, 287 = SozR 4-2700 § 160 Nr 1, RdNr 6). Der Vormerkungsbescheid vom 24.10.2005 und der ihn bestätigende Widerspruchsbescheid vom 8.8.2006 verlautbaren - insofern den Wortlaut des § 149 Abs 5 S 1 SGB VI wiederholend -, dass die in dem beigefügten Versicherungsverlauf enthaltenen Daten, die länger als sechs Kalenderjahre zurückliegen, also die Zeiten bis 31.12.1998, als für die Beteiligten verbindlich festgestellt werden, sofern sie nicht bereits früher festgestellt worden sind. Die in Bezug genommenen früheren Feststellungen bestimmen damit mittelbar den Regelungsgehalt des Bescheides vom 24.10.2005 bzw des hierzu ergangenen Widerspruchsbescheides und sind umgekehrt ihrerseits einer Überprüfung im Rahmen des gegen diese Bescheide gerichteten Klageverfahrens entzogen. Da die Beklagte nicht bereits selbst die zeitlich vorgängigen und sachlich vorrangigen Bescheide aufgeführt hat, auf die sie sich insofern beziehen will, bleibt nur, den Regelungsgehalt des ursprünglich angegriffenen Feststellungsbescheides durch einen Abgleich mit früher an den Kläger gerichteten Bescheiden zu ermitteln. Hierzu ist das Revisionsgericht, das zwar selbst entscheiden kann, ob es sich bei einer Verlautbarung der Verwaltung um einen Verwaltungsakt handelt und welchen Inhalt dieser Verwaltungsakt ggf hat, jedoch die Existenz von Verlautbarungen, um deren Inhalt es geht, nicht selbst feststellen darf, derzeit nicht in der Lage.

14

Den Feststellungen des Berufungsgerichts ist nur zu entnehmen, dass die Beklagte mit Bescheid vom 17.1.1991 die rentenrechtlichen Zeiten bis zum 31.12.1984 ohne eine Entscheidung über die Zuordnung zum FRG festgestellt hat. Aus dem Bescheid geht hervor, dass für den Zeitraum bis 31.12.1984 lediglich Zeiten der Schul- und Fachschulausbildung des Klägers verbindlich festgestellt wurden. Ob in der Zwischenzeit bis zum Erlass des Bescheids vom 24.10.2005 weitere Vormerkungsbescheide durch die Beklagte erlassen worden sind, die die Zeiten im Beitrittsgebiet bereits abschließend geregelt haben, hat das LSG nicht festgestellt. Somit ist unklar, ob der Bescheid vom 24.10.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.8.2006 auch Zeiten des Klägers im Beitrittsgebiet verbindlich festgestellt hat oder vielmehr nur spätere Zeiten regelt. Sollte der Bescheid vom 24.10.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.8.2006 auch derartige Zeiten verbindlich geregelt haben, wäre die Klage im Ergebnis unbegründet (nachfolgend 1.). Andernfalls wäre ausgehend von einer gewillkürten Klageänderung zunächst die Zulässigkeit der geänderten Klage zu klären. Soweit sich diese Klage als zulässig erweist, wäre auch sie im Ergebnis unbegründet (nachfolgend 2.).

15

1. Soweit der ursprünglich angegriffene Vormerkungsbescheid vom 24.10.2005 Nicht-Verfolgungszeiten im Beitrittsgebiet abschließend geregelt hat, ist die Rentenwertfestsetzung im ersten Rentenbescheid vom 6.11.2009 insofern gemäß §§ 153, 96 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Die aufgrund erneuter gesetzlicher Klageänderung geänderte Klage gegen den weiteren Rentenbescheid vom 18.1.2010 ist dann allerdings unbegründet. Für das mit ihr verfolgte Begehren, die vom 24.8.1963 bis 25.5.1989 im Beitrittsgebiet zurückgelegten (Nicht-Verfolgungs-)Zeiten nach Maßgabe des FRG zu bewerten, fehlt es an einer Rechtsgrundlage.

16

a) Zutreffend hat die Beklagte die in der Zeit vom 24.8.1963 bis 25.5.1989 im Beitrittsgebiet zurückgelegten Zeiten als Beitragszeiten nach § 248 Abs 3 SGB VI berücksichtigt und für sie entsprechende EP nach § 256a SGB VI ermittelt. Der Kläger wird damit - wie grundsätzlich alle anderen, die vor dem Inkrafttreten von Bundesrecht Beitragszeiten im Beitrittsgebiet zurückgelegt haben - dem Überleitungsprogramm des Einigungsvertrages und der nachfolgenden rentenrechtlichen Bestimmungen unterworfen. Für die Wertbestimmung seines Rentenrechts ist aufgrund gesetzlich angeordneter Gleichstellung und entsprechend den allgemeinen Grundlagen des bundesdeutschen Rentenrechts auch insofern das im Beitrittsgebiet individuell beitragsversicherte Erwerbseinkommen maßgeblich. Dagegen gehört der Kläger nicht zum Kreis derjenigen, deren EP für Pflichtbeitragszeiten vor dem 19.5.1990 ausnahmsweise weiterhin aufgrund der Anlage 1 bis 16 zum FRG ermittelt werden. Dies sind gemäß § 259a SGB VI nur diejenigen, die am 18.5.1990 einen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik ohne das Beitrittsgebiet hatten und vor dem 1.1.1937 geboren sind. Zwar hatte der Kläger am 18.5.1990 seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet, doch wurde er erst am 1947 geboren.

17

b) Erst recht findet das FRG vom 25.2.1960 auf ihn keine Anwendung.

18

Zwar hatte der Kläger als bis zum 18.5.1990 Zugezogener bei Zuzug in das Bundesgebiet eine Anwartschaft auf Berücksichtigung seiner im Beitrittsgebiet zurückgelegten Zeiten nach dem FRG in dieser Fassung. Nach dem seinerzeit vom Gedanken der Eingliederung geprägten FRG sollten die Berechtigten nach Möglichkeit so gestellt werden, als hätten sie ihr Versicherungsleben nicht in der DDR, sondern in der Bundesrepublik Deutschland verbracht (vgl § 17 Abs 1 iVm § 15 Abs 1 FRG aF). Demnach wurde bei Anrechnung in der DDR zurückgelegter Beitragszeiten die für den Versicherten maßgebende Rentenbemessungsgrundlage nach Maßgabe der Anlage 1 zum FRG auf der Grundlage von Tabellenwerten ermittelt (§ 22 Abs 1 FRG in der vom 1.1.1984 bis 30.6.1990 geltenden aF). Im Zuge der Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands wurde das FRG jedoch geändert und die rentenrechtliche Stellung der Flüchtlinge und Übersiedler aus der DDR wesentlich neu gestaltet. So schließt der durch Art 14 Nr 14a des Gesetzes zur Herstellung der Rechtseinheit in der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung (Renten-Überleitungsgesetz - RÜG) vom 25.7.1991 (BGBl I 1606) zum 1.1.1992 neu gefasste § 15 Abs 1 FRG die Anwendbarkeit des FRG auf im Beitrittsgebiet zurückgelegte rentenrechtliche Zeiten aus. Ebenso wurde mit Art 14 Nr 16b RÜG zum 1.1.1992 § 17 Abs 1 FRG aF gestrichen. Gleichzeitig fügte der Gesetzgeber neue Vorschriften in das SGB VI ein. Bereits die hier zum 1.1.1992 in Kraft getretenen Neuregelungen sahen eine Anwendung des FRG in Abhängigkeit von einem Rentenbeginn vor dem 1.1.1996 nur noch übergangsweise vor (§ 259a SGB VI idF des Art 1 Nr 75 RÜG). Schon hiervon war der Kläger nicht mehr erfasst. Im Jahre 1993 erfolgte dann rückwirkend zum 1.1.1992 die Begrenzung auf den nunmehr noch erfassten Personenkreis (§ 259a SGB VI idF des Art 1 Nr 16 Buchst b des Rentenüberleitungs-Ergänzungsgesetzes vom 24.6.1993, BGBl I 1038). Auch vor dem 19.5.1990 Zugezogene wurden damit nunmehr vom Anwendungsbereich des FRG ausgenommen und im Zuge der Angleichung der Lebensverhältnisse den allgemeinen Bewertungsvorschriften des einheitlichen Rentenrechts in beiden Teilen Deutschlands unterworfen, wenn sie nach dem 1.1.1937 geboren waren.

19

Hiergegen bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Es besteht daher auch keine Veranlassung, das Verfahren gemäß Art 100 Abs 1 GG auszusetzen und dem BVerfG zur Entscheiden vorzulegen.

20

aa) Die Ersetzung der Regelungen des FRG durch eine fiktive Zuerkennung von in der gesetzlichen Rentenversicherung beitragsversicherten Entgelten nach Maßgabe der allgemeinen Regelungen des Überleitungsrechts verstößt nicht gegen das allgemeine rechtsstaatliche Vertrauensschutzprinzip (Art 2 Abs 1 iVm Art 20 Abs 3 GG - vgl hierzu zuletzt etwa BVerfG Beschluss vom 7.12.2010 - 1 BvR 2628/07 - BVerfGE 128, 90 ff mwN = SozR 4-1100 Art 14 Nr 23).

21

Rechtsstaatsprinzip und Grundrechte begrenzen die Befugnis des Gesetzgebers, Rechtsänderungen vorzunehmen, die an Sachverhalte der Vergangenheit anknüpfen. Die Verlässlichkeit der Rechtsordnung ist eine Grundbedingung freiheitlicher Verfassungen. Jedoch geht der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz nicht so weit, den Staatsbürger vor jeglicher Enttäuschung seiner Erwartung in die Dauerhaftigkeit der Rechtslage zu schützen. Die schlichte Erwartung, das geltende Recht werde auch in der Zukunft unverändert fortbestehen, ist verfassungsrechtlich nicht geschützt.

22

Es liegt weder eine unzulässige Rückwirkung vor noch war der Kläger aus anderen Gründen vor einer Änderung der Rechtslage geschützt.

23

Eine echte Rückwirkung liegt vor, wenn ein Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift oder wenn der Beginn seiner zeitlichen Anwendung auf einen Zeitpunkt festgelegt ist, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Norm durch ihre Verkündung rechtlich existent, dh gültig geworden ist (vgl BVerfG Beschluss des 1. Senats vom 21.7.2010 - 1 BvL 11/06 ua - BVerfGE 126, 369 = SozR 4-5050 § 22b Nr 9).

24

Die Ersetzung der FRG-Regelungen für den Personenkreis, dem der Kläger angehört, hat keine echte Rückwirkung entfaltet. Sie beschränkt sich vielmehr auf künftig entstehende Rentenrechte.

25

Eine unechte Rückwirkung oder tatbestandliche Rückanknüpfung liegt vor, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet oder wenn die Rechtsfolgen einer Norm zwar erst nach ihrer Verkündung eintreten, deren Tatbestand aber Sachverhalte erfasst, die bereits vor der Verkündung "ins Werk gesetzt" worden sind. Eine derartige unechte Rückwirkung ist nur ausnahmsweise unzulässig.

26

Die Ersetzung der FRG-Regelungen bewirkt keine unzulässige unechte Rückwirkung oder tatbestandliche Rückanknüpfung. Insbesondere hatte der Wert künftiger Rentenrechte durch die Rechtsordnung keine Ausgestaltung erfahren, die für alle Zeiten eine verfestigte Anspruchsposition begründete. Gerade das Recht der gesetzlichen Rentenversicherung, das auch im Bereich eigentumsgeschützter Positionen kontinuierlich Veränderungen der äußeren Bedingungen Rechnung tragen muss, ist von einem systemimmanenten Zwang zu Veränderung beherrscht. Dies gilt hier erst recht, da - wenn auch mit beträchtlicher Verzögerung - infolge des Untergangs der DDR in erheblichem Umfang rentenrechtliche Folgen des 2. Weltkriegs bewältigt werden mussten. Insbesondere ist eine gesicherte Anspruchsposition nicht für Personen wie den Kläger begründet worden, die der Systemwechsel rund anderthalb Jahrzehnte vor der frühest denkbaren Entstehung eines Rechts auf Altersrente traf und die daher auch in der Lage waren, in nicht unbedeutendem Umfang weitere Rentenanwartschaften in der Bundesrepublik aufzubauen.

27

Eine unabhängig vom Bewilligungsakt bestehende Erwartung des Bürgers, er werde - den Fortbestand der jeweiligen Rechtslage vorausgesetzt - in einer bestimmten zukünftigen Sachlage leistungsberechtigt sein, ist mangels hinreichender Konkretisierung kein solches geschütztes Recht. Denn die Verfassung gewährt keinen Schutz vor einer nachteiligen Veränderung der geltenden Rechtslage (vgl BVerfGE 38, 61, 83; 105, 17, 40). Eine schützenswerte Rechtsposition liegt daher nicht schon in der voraussichtlichen Einschlägigkeit bestimmter Vorschriften in der Zukunft.

28

bb) Der allgemeine Gleichheitssatz der Verfassung ist ebenfalls nicht verletzt. Die vom Gesetzgeber gewählte Stichtagsregelung verstößt nicht gegen Art 3 Abs 1 GG. Die Stichtagsregelung hat zur Folge, dass es nur für die vor dem 1.1.1937 Geborenen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt am 18.5.1990 im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet hatten, bei der Anwendung des vor Einführung der §§ 256a und b SGB VI geltenden Rechts bleibt. Allein für diesen Personenkreis werden daher EP weiter auf der Grundlage des FRG ermittelt, während umgekehrt für alle nach dem 31.12.1936 Geborenen und diejenigen, die am 18.5.1990 keinen gewöhnlichen Aufenthalt im alten Bundesgebiet hatten, das Überleitungsrecht des SGB VI gilt.

29

Dem Gesetzgeber ist es durch Art 3 Abs 1 GG grundsätzlich nicht verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt. Die Wahl des Zeitpunkts muss sich allerdings am gegebenen Sachverhalt orientieren (BVerfG Urteil vom 7.7.1992 - 1 BvL 51/86 ua - BVerfGE 87, 1, 43 f mwN = SozR 3-5761 Allg Nr 1). Das ist hier der Fall.

30

Mit der Einigung Deutschlands stand der Gesetzgeber vor der Aufgabe, die in der DDR erworbenen rentenrechtlichen Ansprüche und Anwartschaften in das bundesdeutsche System zu integrieren. Dies konnte mit diesem Zeitpunkt für alle ehemals in der allgemeinen Rentenversicherung bzw der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung der DDR Versicherten grundsätzlich in der Weise geschehen, dass bei der Bestimmung des Wertes von Rentenrechten nach dem SGB VI von deren im Beitrittsgebiet versicherten Erwerbseinkommen ausgegangen wurde. Hiervon wurde auch weitestgehend Gebrauch gemacht, während auf andere Grundlagen für die Rentenwertfestsetzung nur noch übergangsweise und in eng umgrenzten Ausnahmefällen zurückgegriffen wurde. Schon mit dem Abschluss des Vertrages vom 18.5.1990 über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR (STVtr) bestand nämlich wegen der dadurch begründeten Exportierbarkeit der DDR-Renten nur noch in begrenztem Umfang Bedürfnis nach einer übergangsweisen Anwendung des FRG. Diese wurde daher auf den Personenkreis begrenzt, der am Tag des Vertragsabschlusses seinen gewöhnlichen Aufenthalt in den alten Bundesländern hatte (Art 23 § 1 Abs 2 S 1 des Gesetzes zu dem genannten Vertrag - StVtrG - vom 25.6.1990, BGBl II 518; vgl zur Unbedenklichkeit dieses Stichtags vor Art 3 Abs 1 GG: BSG Beschluss vom 4.7.1996 - 13 BJ 191/95 - Juris RdNr 6), während umgekehrt alle Personen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik erst nach diesem Zeitpunkt begründet hatten, nunmehr die von dem bisher für sie zuständigen Rentenversicherungsträger nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften berechnete Rente für die dort zurückgelegten Zeiten erhielten (Art 20 Abs 7 StVtr). Mit dem Beitritt der neuen Länder zur Bundesrepublik und dem Inkrafttreten eines einheitlichen Rentenrechts zum 1.1.1992 schwand das Bedürfnis danach, Übersiedler im Wege besonderer staatlicher Fürsorge weiter dadurch individuell in das Sozialgefüge der Bundesrepublik zu integrieren, dass sie fiktiv so behandelt wurden, als hätten sie ihr bisheriges Erwerbsleben in der Bundesrepublik verbracht. Der gewöhnliche Aufenthalt in der Bundesrepublik am 18.5.1990 führte zunächst aus Gründen des Vertrauensschutzes (vgl BT-Drucks 12/405, 128) nur noch bei Rentenbeginn vor dem 1.1.1996 (§ 259a SGB VI idF des RÜG), dann aus Gründen der Vereinfachung (BT-Drucks 12/4810, 24 f) nur noch bei einem Geburtsdatum vor dem 1.1.1937 (§ 259a SGB VI idF des Rü-ErgG) zur Anwendung der alten Rechtslage. Hierbei handelt es sich um sachlich gerechtfertigte Gründe, die für das Funktionieren einer Massenverwaltung wie der gesetzlichen Rentenversicherung unerlässlich sind (vgl BSG Urteil vom 29.7.1997 - 4 RA 56/95 - Juris RdNr 18 mwN). Letztendlich musste der Gesetzgeber - wie bei jeder Stichtagsregelung - zwischen dem Vertrauen der Betroffenen in die bestehende und den Gründen für eine andere - für einige Betroffene ungünstigere - Regelung abwägen. Wenn er bei den bis 1937 Geborenen, damals relativ rentennahen Jahrgängen dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes und damit einer typisierenden Regelung und nicht einer individuell ausgestalteten Regelung den Vorzug gab, ist dies nicht zu beanstanden (vgl BSG Urteil vom 29.7.1997, aaO, RdNr 19). Für den Personenkreis der ab 1937 Geborenen wirkten sich die Neuregelungen grundsätzlich erst allmählich aus. Erst wenn für den Einzelnen der Versicherungsfall (regelmäßig mit Vollendung des 65. Lebensjahres, dh für am 1.1.1937 Geborene am 1.1.2002) eintritt, erfassen ihn die Neuregelungen. Bis dahin bestand im Regelfall die Möglichkeit, sich auf die Neuerungen einzustellen.

31

Eine verfassungsrechtliche Ungleichbehandlung iS des Art 3 Abs 1 GG ist auch nicht darin zu sehen, dass der Kläger nicht in ein Zusatzversorgungssystem der DDR einbezogen ist. Da der Kläger nicht über eine Versorgungszusage verfügt, käme einzig eine fiktive Einbeziehung nach § 1 Abs 1 S 1 AAÜG in Betracht(vgl nur BSG Urteil vom 15.6.2010 - B 5 RS 10/09 R - BSGE 106, 160 = SozR 4-8570 § 1 Nr 17). Voraussetzung ist jedoch, dass aufgrund der am 30.6.1990 bestehenden Sachlage aus bundesrechtlicher Sicht ein fiktiver Anspruch auf Einbeziehung bestanden hat. Der an das Inkrafttreten des Neueinbeziehungsverbots des § 22 Rentenangleichungsgesetz (RAnglG) anknüpfende Stichtag des 30.6.1990 ist im Interesse einer schnellen Herbeiführung der rentenrechtlichen Einheit verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Soweit damit die Überführung teilweise von Umständen abhängt, auf die die Betroffenen keinen Einfluss haben, handelt es sich nicht um Rechtsakte oder Vorgänge, die der Bundesrepublik Deutschland zuzurechnen sind. Hieraus erwachsende Nachteile sind daher von ihr auch nicht auszugleichen (BVerfG Beschluss vom 26.10.2005 - 1 BvR 1921/04 ua - SozR 4-8560 § 22 Nr 1). Da sich der Kläger zum 30.6.1990 bereits nicht mehr im Beitrittsgebiet aufhielt, kommt eine fiktive Einbeziehung demnach ebenfalls nicht in Betracht. Eine Verpflichtung des bundesdeutschen Gesetzgebers, Betroffenen im Nachhinein rentenrechtliche Vergünstigungen zukommen zu lassen, die ihnen das Rentenrecht der DDR versagt hatte, besteht nicht (BSG Urteil vom 9.4.2002 - B 4 RA 3/02 R - SozR 3-8570 § 1 Nr 7 S 68).

32

cc) Entgegen der Ansicht des Klägers verstoßen die mit dem RÜG und dem Rü-ErgG eingeführten Regelungen der Ermittlung von EP nach §§ 256 ff SGB VI schließlich auch nicht gegen Art 14 Abs 1 GG.

33

Der Kläger hat mit seiner Übersiedlung keine dem Schutz des Art 14 Abs 1 GG unterliegende Rentenanwartschaft erworben. Durch das FRG begründete Rentenansprüche und -anwartschaften unterliegen jedenfalls dann nicht dem Schutz des Art 14 Abs 1 S 1 GG, wenn ihnen ausschließlich Beitrags- und Beschäftigungszeiten zugrunde liegen, die in den Herkunftsgebieten erbracht oder zurückgelegt wurden (BVerfG Beschluss vom 13.6.2006 - 1 BvL 9/00 ua - BVerfGE 116, 96, 121 = SozR 4-5050 § 22 Nr 5). Zwar unterfallen nach der Rechtsprechung des BVerfG rentenrechtliche Positionen grundsätzlich dem Eigentumsschutz (BVerfGE 116, 96, 121 mwN). Regelmäßige Voraussetzung ist allerdings, dass sie im Geltungsbereich des Grundgesetzes erworben wurden. Im Falle der durch das FRG begründeten Rechte fehlt es am Erfordernis der an einen Versicherungsträger in der Bundesrepublik Deutschland erbrachten Eigenleistung, die für die Anerkennung einer sozialversicherungsrechtlichen Rechtsposition als Eigentum iS des Art 14 Abs 1 S 1 GG unverzichtbar ist. Nur als Äquivalent einer nicht unerheblichen eigenen Leistung, die der besondere Grund für die Anerkennung als Eigentumsposition ist, erfahren rentenversicherungsrechtliche Ansprüche und Anwartschaften den Schutz des Art 14 Abs 1 S 1 GG.

34

Selbst wenn man die aus dem FRG abgeleiteten Ansprüche und Anwartschaften dem Eigentumsschutz des Art 14 Abs 1 S 1 GG für den Fall unterstellen wollte, dass sie sich zusammen mit den in der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland erworbenen Rentenanwartschaften zu einer rentenrechtlichen Einheit verbinden (offengelassen in BVerfGE 116, 96, 124), hätte der Gesetzgeber mit dem RÜG und dem Rü-ErgG von seiner Befugnis zur Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums (Art 14 Abs 1 S 2 GG) einen verfassungsgemäßen Gebrauch gemacht. Der Kläger wäre auch dann nicht in seinem Grundrecht aus Art 14 Abs 1 GG verletzt.

35

Auch für rentenrechtliche Anwartschaften gilt, dass sich die konkrete Reichweite der Bestandsgarantie des Eigentums erst aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums ergibt, die nach Art 14 Abs 1 S 2 GG Sache des Gesetzgebers ist (vgl BVerfGE 116, 96, 124 f mwN). Soweit in schon bestehende Anwartschaften eingegriffen wird, ist zu berücksichtigen, dass in ihnen von vornherein die Möglichkeit von Änderungen in gewissen Grenzen angelegt ist. Eine Unabänderlichkeit widerspräche dem Rentenversicherungsverhältnis, das im Unterschied zum Privatversicherungsverhältnis von Anfang an nicht auf dem reinen Versicherungsprinzip, sondern wesentlich auf dem Gedanken der Solidarität und des sozialen Ausgleichs beruht (BVerfGE 116, 96, 125).

36

Der Gesetzgeber hatte mit den im Rahmen des RÜG und Rü-ErgG erlassenen Vorschriften zur Ermittlung von EP im Rahmen seiner Befugnis gehandelt, Inhalt und Schranken des Eigentums auszugestalten (Art 14 Abs 1 S 2 GG). Der in der gesetzlichen Regelung liegende Eingriff in die Rechtsposition der nach dem FRG Berechtigten ist durch Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt und genügt den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes.

37

Der Untergang der DDR und der Beitritt der neuen Länder gab Anlass zu einer Neuregelung des im FRG geregelten Kriegsfolgenrechts und machte eine rentenrechtliche Einheit in West- und Ostdeutschland erforderlich. Die Absicherung im Alter sollte sich in West- und Ostdeutschland an einheitlichen ordnungspolitischen und sozialpolitischen Grundentscheidungen orientieren (vgl BT-Drucks 12/405, 108). Wie im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet sollten auch für Zeiten im Beitrittsgebiet vorrangig die tatsächlichen individuellen Entgelte maßgebend sein. Die fiktive Bewertung von im Beitrittsgebiet zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten nach dem Fremdrentenrecht hatte ihre Legitimation verloren. Gleichzeitig stellte sich mit dem massiven Anstieg der Ausgaben der gesetzlichen Rentenversicherung die Frage nach der Finanzierbarkeit des Systems. §§ 256a, 259a SGB VI dienen demnach dazu, ein an einheitlichen Grundprinzipien orientiertes Rentenrecht zu schaffen und die Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung im Interesse aller zu erhalten, zu verbessern und den veränderten wirtschaftlichen Bedingungen anzupassen.

38

Der Gesetzgeber durfte im Blick auf das signifikant unterschiedliche Rentenniveau in den beiden deutschen Staaten (vgl Art 20 Abs 3 S 1 GG und BVerfG Beschluss vom 11.5.2005 - 1 BvR 368/97, 1 BvR 1304/98, 1 BvR 2300/98, 1 BvR 2144/00 - BVerfGE 112, 368 ff = SozR 4-2600 § 307a Nr 3)mit dem Systemwechsel die Erwartung einer Aufwandsbegrenzung für die gesetzliche Rentenversicherung verbinden. Ebenso liegt auf der Hand, dass eine weitgehende Vereinheitlichung der Wertbestimmung von Rentenrechten auf der Grundlage von DDR-Beitragszeiten den Verwaltungsaufwand reduziert.

39

Die Regelungen genügen auch dem Gebot der Erforderlichkeit. Es ist nicht ersichtlich, dass dem Gesetzgeber ein milderes, die Betroffenen weniger belastendes Mittel zur Verfügung stand, mit der er seine Ziele ebenso gut hätte erreichen können.

40

Die zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne erforderliche Abwägung ergibt, dass das öffentliche Interesse an dem Inkrafttreten der angegriffenen Regelungen das Interesse der Betroffenen an dem Fortbestehen der Ermittlung von EP nach dem FRG überwiegt.

41

Ob die Neuregelung für die Betroffenen mit Nachteilen behaftet ist oder sich vorteilhaft auswirkt, hängt wesentlich von der individuellen Erwerbsbiographie ab. So ist die Rentenwertfeststellung nach dem individuell beitragsversicherten Erwerbseinkommen im Einzelfall möglicherweise günstiger, wenn ein Versicherter Mitglied der FZR war (§ 256a Abs 2 S 1, Abs 3 SGB VI). Auch ist zu berücksichtigen, dass § 254d Abs 2 S 1 Nr 1 SGB VI für Personen, die - wie der Kläger - am 18.5.1990 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet ohne das Beitrittsgebiet hatten, die Rentenwertfeststellung unter Zugrundelegung des günstigeren aktuellen Rentenwerts (West) gewährleistet. Auch soweit demgegenüber die Mehrzahl der Betroffenen zunächst eine Minderung des Werts ihrer FRG-Rentenanwartschaft erwarten musste, die allerdings durch die 40prozentige Rentenminderung auf der Grundlage des verfassungsgemäßen (vgl BVerfGE 116, 96 ff) § 22 Abs 4 FRG idF des Gesetzes zur Umsetzung des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung in den Bereichen der Rentenversicherung und Arbeitsförderung vom 25.9.1996 stark relativiert wurde, bleibt die Verhältnismäßigkeit gewahrt. Trotz des - unterstellten - Eigentumsschutzes der rentenrechtlichen Gesamtposition darf nämlich bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung des Eingriffs berücksichtigt werden, dass die Anwartschaften zum Teil nicht auf Eigenleistungen beruhen. Ist es aber zur Sicherung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung geboten, rentenrechtliche Positionen zu verändern, so kann der soziale Bezug, der dem Gesetzgeber größere Gestaltungsfreiheit bei Eingriffen gibt, dazu berechtigen, in Abwägung zwischen Leistungen an Versicherte und Belastungen der Solidargemeinschaft vor allem jene Positionen zu verkürzen, die Ausdruck besonderer Vergünstigungen sind. Dies ist hier in Bezug auf die Anwartschaftsteile der Fall, denen Beitrags- und Beschäftigungszeiten außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland zugrunde liegen (BVerfGE 116, 96 ff, 128 f).

42

Auch soweit der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes im Rahmen des Art 14 Abs 1 GG zu berücksichtigen ist (vgl BVerfGE 70, 101, 114; 76, 220, 244 f; 116, 96, 124, 130 ff), sind die angegriffenen Regelungen nicht zu beanstanden. Die gesetzlichen Neuerungen für DDR-Übersiedler wirkten zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens grundsätzlich - und so auch im Falle des Klägers - auf noch nicht abgeschlossene Rentenrechtsverhältnisse für die Zukunft ein und verschlechterten insoweit teilweise die betroffene Rechtsposition nachträglich. Eine solche unechte Rückwirkung ist verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig (vgl BVerfGE 116, 96, 132). Aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip können sich jedoch Grenzen der Zulässigkeit ergeben. Diese sind allerdings erst überschritten, wenn die vom Gesetzgeber angeordnete unechte Rückwirkung zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht geeignet oder erforderlich ist oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwiegen (vgl BVerfGE 116, 96, 132 mwN).

43

Das Interesse derjenigen Berechtigten an der Beibehaltung der Rentenwertermittlung für die im Beitrittsgebiet zurückgelegten Zeiten nach dem FRG ist grundsätzlich nicht höher zu bewerten, als es die Gemeinwohlgründe sind, die den Gesetzgeber bei der Neugestaltung bestimmt haben. Die betroffenen Personen durften nicht damit rechnen, dass sie über die gesamte Zeit ihres Versicherungsverhältnisses bis zum Beginn ihrer Rente nicht mehr von Umgestaltungen betroffen sein würden. Es musste den Betroffenen einsichtig sein, dass die Einigung Deutschlands nicht ohne Auswirkungen auch für sie bleiben würde. Sie mussten damit rechnen, dass der Gesetzgeber auf diese Situation durch eine Veränderung des Rentenversicherungsrechts auch zu ihren Lasten reagieren würde. Im Übrigen hat der Gesetzgeber mit § 259a SGB VI eine nicht zu beanstandende Übergangsregelung geschaffen.

44

2. Ob die Rentenwertfestsetzung im Rentenbescheid vom 18.1.2010 hinsichtlich der ursprünglich streitigen Beitrittsgebietszeiten ggf noch im Wege einer gewillkürten Klageänderung gemäß §§ 153, 99 SGG angegriffen werden kann, lässt sich derzeit ebenfalls nicht abschließend feststellen.

45

Den geänderten Klageanträgen des Klägers im Berufungsverfahren kann bei fehlender Anwendbarkeit von § 96 Abs 1 SGG eine gewillkürte Klageänderung entnommen werden, die auch zulässig wäre. Die Beklagte hat sich nämlich in der mündlichen Verhandlung vom 25.3.2011 ohne Beanstandung hierauf eingelassen. Indessen ist die geänderte Klage jedenfalls derzeit unzulässig. Dies ergibt sich zwar nicht aus der fehlenden sachlichen Zuständigkeit des LSG, das grundsätzlich nur im Rahmen von § 96 Abs 1 SGG und soweit ihm dies sonst ausdrücklich zugewiesen ist(vgl § 29 Abs 2 bis 4 SGG)als Gericht erster Instanz entscheiden darf. Da das Berufungsgericht nämlich eine Sachentscheidung getroffen hat, ist es dem BSG als Rechtsmittelgericht verwehrt, die sachliche Zuständigkeit zu überprüfen (§ 98 SGG iVm § 17a Abs 5 GVG). Jedenfalls wären aber die besonderen Sachurteilsvoraussetzungen der Anfechtungsklage mangels eines durchgeführten Vorverfahrens nicht erfüllt (§§ 78 ff SGG).

46

Das LSG wird das Verfahren ggf in entsprechender Anwendung von § 114 Abs 2 SGG auszusetzen haben und der Beklagten Gelegenheit geben müssen, das ausstehende Vorverfahren nachzuholen. Die Beklagte wäre ihrerseits nicht notwendig an einer Sachentscheidung gehindert. Sie hätte zunächst insbesondere zu prüfen, ob die Frist zur Einlegung des Widerspruchs gewahrt ist. Dabei wäre in Rechnung zu stellen, dass die dem Bescheid vom 18.1.2010 beigefügte Belehrung, dass dieser "Bescheid" nach § 96 SGG Gegenstand des anhängigen Verfahrens wird, auch bei Anwendbarkeit dieser Vorschrift unrichtig war, weil der größte Teil des Regelungsgehalts von Verwaltungsakten in diesem Bescheid bei seinem Ergehen gerade nicht streitbefangen war, und die Belehrung bei fehlender Anwendbarkeit von § 96 SGG erst recht ins Leere geht. Damit könnte iS von § 66 Abs 2 S 1 Halbs 2 SGG davon auszugehen sein, dass der Sache nach eine Belehrung erteilt wurde, der der Adressat entnehmen musste, ein Rechtsbehelf sei nicht gegeben, sodass auch der Ablauf der einjährigen Rechtsbehelfsfrist der rechtzeitigen Einlegung des Widerspruchs nicht entgegen stünde(BSG Urteil vom 17.9.2008 - B 6 KA 28/07 R - BSGE 101, 235 = SozR 4-1300 § 44 Nr 17, RdNr 28 ff). Darüber hinaus könnte die Beklagte ggf auch ungeachtet der Tatsache, dass ggf die Widerspruchsfrist abgelaufen ist, im Rahmen ihrer Sachherrschaft sachlich über den Widerspruch entscheiden (BSG Urteil vom 12.10.1979 - 12 RK 19/78 - BSGE 49, 85, 87 = SozR 1500 § 84 Nr 3).

47

Auch wenn auf diesem Wege schließlich eine Sachentscheidung des Berufungsgerichts in Betracht käme, müsste die Klage aus den vorstehend unter 2. genannten Gründen abgewiesen werden.

48

B. Hinsichtlich des Nachteilsausgleichs nach dem BerRehaG hat die Beklagte mit dem ursprünglich mit der Klage angefochtenen weiteren Bescheid vom 24.10.2005 und dem auch hierzu ergangenen Widerspruchsbescheid vom 8.8.2006 lediglich beansprucht, verbindlich festzustellen, dass die vom Landesamt für Soziales und Familie des Freistaats Thüringen anerkannten Verfolgungszeiten "in der Rentenversicherung als Pflichtversicherungszeiten zu berücksichtigen sind". Diese Bescheide sind iS von § 96 Abs 1 SGG durch den ersten Rentenbescheid vom 6.11.2009 ersetzt worden, der seinerseits durch den weiteren Rentenbescheid vom 18.1.2010 ersetzt worden ist. Soweit die Klage aufgrund gesetzlicher Klageänderung den Wert des Rechts des Klägers auf Altersrente gerade im Blick auf die Verfolgungszeiten und das hierfür zugrunde zu legende Erwerbseinkommen betrifft, ist sie bereits aufgrund der derzeit vorliegenden Feststellungen unbegründet.

49

Für Verfolgungszeiten (§ 2 BerRehaG) werden die allgemein anzuwendenden rentenrechtlichen Vorschriften durch die Vorschriften des Vierten Abschnitts des BerRehaG (Ausgleich von Nachteilen in der Rentenversicherung) ergänzt (§ 10 S 1 BerRehaG). Der Nachweis darüber, dass eine Person Verfolgter iS des § 1 BerRehaG ist, und dass Ausschließungsgründe nach § 4 BerRehaG nicht vorliegen, kann exklusiv nur durch eine Bescheinigung nach diesem Gesetz erbracht werden(§ 17 Abs 1 BerRehaG). Die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung sind als "für die Ausführung … des … Vierten Abschnitts … zuständige Behörden" an diese Bescheinigung gebunden (§ 22 Abs 3 BerRehaG). Die Bescheinigung enthält nach § 22 Abs 1 BerRehaG in den Fällen des § 1 folgende Angaben:

1.    

die Feststellung nach § 1 Abs 1,

2.    

die Bestätigung, dass Ausschließungsgründe nach § 4 nicht vorliegen,

3.    

Beginn und Ende der Verfolgungszeit (§ 2),

4.    

Dauer der verfolgungsbedingten Unterbrechung eines Fach- oder Hochschulstudiums vor dem 3.10.1990,

5.    

Angaben über eine wegen Verfolgungsmaßnahmen nicht abgeschlossene Fach- oder Hochschulausbildung oder sonstige berufsbezogene Ausbildung sowie die voraussichtliche Dauer dieser Ausbildung bis zum regelmäßigen Abschluss,

6.    

Angaben über die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, die ohne die Verfolgung ausgeübt worden wäre, einschließlich Angaben über die

a)    

Leistungsgruppe nach den Anlagen 1 bis 16 des Fremdrentengesetzes für Verfolgungszeiten vor dem 1.1.1950,

b)    

Qualifikationsgruppe nach Anlage 13 und den Bereich nach Anlage 14 zum Sechsten Buch Sozialgesetzbuch für Verfolgungszeiten nach dem 31.12.1949,

c)    

tatsächliche oder ohne die Verfolgung gegebene Zugehörigkeit zu einem zu benennenden Zusatz- oder Sonderversorgungssystem und die jeweilige Tätigkeit oder Funktion,

7.    

Angaben über eine Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit zu Beginn der Verfolgung in einem der in § 14 Abs 2 genannten Bereiche oder im Bereich der knappschaftlichen Rentenversicherung.

50

Die Bindungswirkung derartiger Bescheinigungen erstreckt sich demgemäß für Verfolgungszeiten nach § 1 BerRehaG neben der Feststellung der Verfolgteneigenschaft und der Verfolgungszeit insbesondere auch auf die Angaben über die Beschäftigung, die ohne die Verfolgung ausgeübt worden wäre einschließlich der Angaben über die Qualifikationsgruppe nach Anlage 13 und den Bereich der Anlage 14 zum SGB VI.

51

Die sich aus den Anlagen 13 und 14 ergebenden Tabellenwerte basieren auf den in der ehemaligen DDR erhobenen statistischen Angaben und stellen die im Beitrittsgebiet in den jeweiligen Wirtschaftsbereichen und Berufsgruppen erzielten Durchschnittsverdienste dar. Anlage 13 enthält eine Einstufung der Qualität des bisherigen Berufs und fünf Qualifikationsgruppen, welche sich an den Ausbildungstrukturen in der ehemaligen DDR orientieren. Hinsichtlich der Einstufung ist auf die Qualifikation und die Ausübung einer entsprechenden Tätigkeit abzustellen. Im Rahmen der Bewertung von Verfolgungszeiten nach dem BerRehaG dienen die Anlagen 13 und 14 zum SGB VI der fiktiven Ermittlung des Einkommens, das der Verfolgte ohne die Verfolgungszeiten unter Berücksichtigung seines beruflichen Werdegangs voraussichtlich erzielt hätte.

52

Zutreffend hat daher die Beklagte bereits im ursprünglich angefochtenen Feststellungsbescheid und danach in den Rentenbescheiden die Feststellungen des Landesamtes für Soziales und Familie des Freistaats Thüringen im Bescheid vom 6.7.2005 als bindend zugrunde gelegt (vgl in diesem Sinne auch BVerwG Urteil vom 12.2.1998 - 3 C 25/97 - ZOV 1998, 278 f = Bucholz 115, Sonstiges Wiedervereinigungsrecht Nr 11; LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 8.11.2007 - L 21 R 327/05 - Juris RdNr 47; LSG Sachsen-Anhalt Urteil vom 15.2.2001 - L 3 RJ 11/00 - Juris RdNr 28 f und Urteil vom 10.11.2010 - L 3 R 11/10 - Juris RdNr 29 f). Die gesetzlich ausdrücklich angeordnete Bindung der Rentenversicherungsträger an die - alle - Feststellungen in der Bescheinigung hindert die Beklagte an der Berücksichtigung abweichender wertbestimmender Elemente im Rahmen der ihr obliegenden Rentenwertfestsetzung und beschränkt deren Überprüfung im Rechtsweg darauf, ob die verbindlichen Feststellungen der Rehabilitierungsbehörde richtig und vollständig übernommen wurden. Dass die Beklagte bei der Ermittlung der EP gemäß § 13 Abs 1 S 1 Nr 2 BerRehaG nicht von den für sie verbindlichen Feststellungen ausgegangen wäre, hat der Kläger indessen weder gerügt noch ist es sonst ersichtlich.

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Unter diesen Umständen ist vorliegend nicht näher darauf einzugehen, dass der Kläger im Kern ein Begehren geltend macht, das er wegen der Rechtswegzuweisung in § 27 Abs 1 S 1 BerRehaG nur im Verwaltungsrechtsweg hätte geltend machen können. Diesbezüglich hat das BVerwG (Urteil vom 12.2.1998, aaO) bereits darauf hingewiesen, dass eine verfassungsrechtliche Verpflichtung des Gesetzgebers, einen Anspruch auf vollen Ersatz der Verfolgungsschäden zu gewähren, nicht gegeben ist. Zwar hat die staatliche Gemeinschaft aus dem Sozialstaatsprinzip (Art 20 Abs 1 GG) die Pflicht, Lasten mitzutragen, die ihre Ursache in schicksalshaften Umständen haben, von denen einzelne Teile der Bevölkerung betroffen wurden. Der Gesetzgeber hat diese Pflicht jedoch ausreichend dadurch erfüllt, dass er den Personenkreis der politisch Verfolgten im Hinblick auf die Einbußen von Berufschancen und deren Folge bei der Rentenversicherung so gestellt hat wie den Durchschnitt der Versicherten mit vergleichbaren Qualifikationen im Beitrittsgebiet. Dass er als Maßstab für den Umfang der Ausgleichsleistungen die berufliche Qualifikation bestimmt hat, ist schon unter Berücksichtigung der in der Regel leichteren Feststellbarkeit der Grundlagen und damit der Reduzierung eines erheblichen Verwaltungsaufwandes sowie der Unsicherheit von hypothetischen Feststellungen über sonstige mögliche Berufsentwicklungen nicht sachwidrig.

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Die Kostenentscheidung bleibt der abschließenden Entscheidung des Berufungsgerichts vorbehalten.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Für Zeiten der in §§ 15 und 16 genannten Art werden Entgeltpunkte in Anwendung von § 256b Abs. 1 Satz 1 erster Halbsatz, Satz 2 und 9 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch ermittelt. Hierzu werden für Zeiten nach dem 31. Dezember 1949 die in Anlage 14 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch genannten oder nach § 256b Abs. 1 Satz 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch festgestellten Durchschnittsjahresverdienste um ein Fünftel erhöht und für Zeiten vor dem 1. Januar 1950 Entgeltpunkte auf Grund der Anlagen 1 bis 16 dieses Gesetzes ermittelt. Die Bestimmung des maßgeblichen Bereichs richtet sich danach, welchem Bereich der Betrieb, in dem der Versicherte seine Beschäftigung ausgeübt hat, zuzuordnen wäre, wenn der Betrieb im Beitrittsgebiet gelegen hätte. Ist der Betrieb Teil einer größeren Unternehmenseinheit, ist für die Bestimmung des Bereichs diese maßgeblich. Kommen nach dem Ergebnis der Ermittlungen mehrere Bereiche in Betracht, ist von ihnen der Bereich mit den niedrigsten Durchschnittsverdiensten des jeweiligen Jahres maßgeblich. Ist eine Zuordnung zu einem oder zu einem von mehreren Bereichen nicht möglich, so erfolgt die Zuordnung zu dem Bereich mit den für das jeweilige Jahr niedrigsten Durchschnittsverdiensten. Die Sätze 5 und 6 gelten entsprechend für die Zuordnung zu einer Qualifikations- oder Leistungsgruppe. Zeiten eines gesetzlichen Wehr- oder Ersatzdienstes werden Entgeltpunkte zugeordnet, die zu berücksichtigen wären, wenn der Wehr- oder Ersatzdienst im Bundesgebiet ohne das Beitrittsgebiet abgeleistet worden wäre. Kindererziehungszeiten nach § 28b sind Entgeltpunkte zuzuordnen, wie wenn die Erziehung im Bundesgebiet erfolgt wäre.

(2) Zeiten der Ausbildung als Lehrling oder Anlernling erhalten für jeden Kalendermonat 0,025 Entgeltpunkte.

(3) Für Beitrags- oder Beschäftigungszeiten, die nicht nachgewiesen sind, werden die ermittelten Entgeltpunkte um ein Sechstel gekürzt.

(4) Die nach den Absätzen 1 und 3 maßgeblichen Entgeltpunkte werden mit dem Faktor 0,6 vervielfältigt.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.