Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

I.

Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 15. Juli 2014 wird zurückgewiesen.

II.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist die Auszahlung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II -Alg II-) gemäß dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 01.06.2013 bis 31.07.2013 nach Aufhebung von Sanktionsbescheiden ohne Berücksichtigung der vom Beklagten für diesen Zeitraum erbrachten und vom Kläger eingelösten Lebensmittelgutscheine i. H. v. 52,58 € und 52,45 €.

Der Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 28.01.2013 u. a. für die Zeit vom 01.06.2013 bis 31.07.2013 wegen schwankenden Einkommens vorläufig Alg II.

Nach Anhörung, versehen mit einem Hinweis auf die Möglichkeit des Erhaltes ergänzender Sachleistungen oder geldwerter Leistungen, stellte der Beklagte mit Bescheiden vom 22.03.2013 und 15.04.2013 den Eintritt einer Minderung für die Zeit vom 01.04.2013 bis 30.06.2013 und vom 01.05.2013 bis 31.07.2013 - begrenzt in der Höhe durch den Bescheid vom 17.05.2013 - um 60 v. H. des maßgeblichen Regelbedarfs fest. Während des Minderungszeitraumes erhielt der Kläger auf seinen bei der jeweiligen Vorsprache beim Beklagten gestellten mündlichen Antrag hin Lebensmittelgutscheine am 12.06.2013 i. H. v. 20 € und 33 € und am 08.07.2013 i. H. v. 10 €, 20 € und 23 €. Mit diesen Gutscheinen konnte der Kläger ohne Begrenzung der Bezugsquelle Nahrungsmittel, Schreib-, Hygiene- und Reinigungsartikel, Wäsche, Bekleidung, Schuhe und Hausrat, nicht jedoch Alkohol, Tabakwaren und Bargeld erwerben. Der Kläger kaufte hierfür im wesentlichen Nahrungsmittel im Juni 2013 i. H. v. 52,58 € und Juli 2013 i. H. v. 52,45 € ein.

Die Minderungsbescheide vom 22.03.2013 und 15.04.2013 wurden im Rahmen von sozialgerichtlichen Verfahren durch Urteil des Senats vom 23.04.2014 (L 11 AS 410/13) bzw. Anerkenntnis des Beklagten vom 26.03.2014 (L 11 AS 411/13) aufgehoben. Auf Antrag des Klägers vom 01.04.2014 hin zahlte der Beklagte, nachdem dieser bereits 521,20 € an den Kläger bzw. Vermieter bzw. durch Aufrechnung von den vorläufig bewilligten Leistungen i. H. v. monatlich 750,40 € geleistet hatte, von den aufgrund der zunächst festgestellten Minderung einbehaltenen 229,20 € einen weiteren Betrag i. H. v. 176,20 € für Juli 2013 an den Kläger aus; 53 € seien dem Kläger bereits mit Lebensmittelgutscheinen für Juli 2013 erbracht worden (Bescheid vom 04.04.2014). Für Juni 2013 erfolgte eine Auszahlung in dieser Höhe ohne Bescheid. Gegen den Bescheid vom 04.04.2014 erhob der Kläger Widerspruch am 10.04.2014. Der Beklagte hob diesen Bescheid im Rahmen des Verfahrens S 10 AS 245/14 auf.

Mit Bescheid vom 18.09.2014 bewilligte der Beklagte die Leistungen für die Zeit vom 01.02.2013 bis 31.07.2013 endgültig, wobei er für Juni und Juli 2013 die ausgehändigten Gutscheine als Einkommen anrechnete. Zudem bewilligte er für nicht eingelöste Teile der ausgehändigten Gutscheine weitere 0,42 € für Juni 2013 und 0,55 € für Juli 2013. Für die Zeit vom 01.06.2013 bis 31.07.2013 hob der Beklagte den Bescheid vom 18.09.2014 mit Bescheid vom 08.10.2014 wegen der zu Unrecht erfolgten Anrechnung der ausgehändigten Gutscheine als Einkommen teilweise wieder auf und bewilligte dem Kläger für diese beiden Monate endgültig Alg II i. H. v. jeweils 750,40 €.

Bereits am 15.05.2014 hat der Kläger beim Sozialgericht Würzburg (SG) Klage dahingehend erhoben, dass ihm die wegen der Aufhebung der Sanktionsbescheide nachzuzahlenden Leistungen aufgrund des Bewilligungsbescheides vom 28.01.2013 ohne Berücksichtigung der ausgehändigten Lebensmittelgutscheine auszuzahlen seien. Sein Begehren hat er zuletzt auf jeweils 53 € für Juni und Juli 2013 beschränkt. Mit den Lebensmittelgutscheinen sei seine freie Verfügbarkeit eingeschränkt, er hätte auch nichts sparen können. Zudem wäre ihm ein bedarfsorientiertes, wirtschaftliches Einkaufen verwehrt gewesen, er hätte sich auch keine Medien (Zeitschriften etc.) kaufen können. Er sei in seinen Grundrechten eingeschränkt. Der Beklagte hat dem SG eine Aufstellung der bereits ausgezahlten Leistungen übersandt. Mit Urteil vom 15.07.2014 hat das SG die zulässige allgemeine Leistungsklage abgewiesen. Tatsächlich nicht ausgezahlt von den bewilligten Leistungen sei allein ein Betrag von jeweils 53,00 € im Juni und Juli 2013. In dieser Höhe habe der Beklagte dem Kläger allerdings Gutscheine ausgehändigt, die als geldwerte Leistung nicht zu einem unmittelbaren Erlöschen des Anspruchs führen. Die Lebensmittelgutscheine zählten zu den Sachleistungen und könnten daher nicht mit dem Alg II als Geldleistungen gleichgesetzt werden. Gleichwohl müsse sich der Kläger so behandeln lassen, als ob er mit den Lebensmittelgutscheinen Geldleistungen erhalten habe. Zwar finde sich im Gesetz hierzu keine Regelung; diese planwidrige Regelungslücke sei jedoch im Wege der Analogie zu füllen und die Gutscheine seien wie eine Geldleistung anzurechnen, da mit ihnen Anteile der Regelleistung gedeckt würden. Die Lebensmittelgutscheine stellten keinen Schadensersatz für entgangenen Lebensgenuss durch rechtswidriges Vorenthalten des Alg II dar. Ein Schadensersatzanspruch müsste im Wege der Amtspflichtverletzung vor den Zivilgerichten geltend gemacht werden. Zudem werde durch Lebensmittelgutscheine ein wirtschaftliches und bedarfsorientiertes Einkaufen nicht verwehrt, da sie bei Discountern, Supermärkten etc. einzulösen seien. Die Größe der Stückelung führe zu keiner unzumutbaren Belastung. Das SG hat wegen grundsätzlicher Bedeutung die Berufung zugelassen.

Dagegen hat der Kläger Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) erhoben. Die Gutscheine habe er jeweils auf seinen bei der persönlichen Vorsprache gestellten Antrag hin ausgehändigt erhalten.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 15.07.2014 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, aufgrund des Bescheides vom 08.10.2014 weiters Alg II für Juni 2013 i. H. v. 52,58 € und für Juli 2013 i. H. v. 52,45 € auszuzahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er stimmt einer Klageänderung zu und erklärt das Erlöschen des Auszahlungsanspruches in der zuletzt noch geltend gemachten Höhe (ggf. an Erfüllungs statt) wegen Aushändigung an und Einlösung der Gutscheine durch den Kläger.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Gründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 144, 145 Sozialgerichtsgesetz -SGG-), aber nicht begründet. Zutreffend hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung weiteren Alg II i. H. v. 52,58 € für Juni 2013 und i. H. v. 52,45 € für Juli 2013. Sein Zahlungsanspruch aus dem Bewilligungsbescheid vom 08.10.2014 ist erfüllt. Der Wert der eingelösten Gutscheine ist als Leistung von Alg II durch den Beklagten an den Kläger an Erfüllungs statt anzusehen.

Gegenstand des Verfahrens ist allein der sich aus der mit bestandskräftigem Bescheid vom 08.10.2014 erfolgten endgültigen Leistungsbewilligung für Juni und Juli 2013 ergebende Zahlungsanspruch des Klägers, der unstreitig bis auf den Betrag i. H. v. 52,58 € für Juni 2013 und 52,45 € für Juli 2013 durch den Beklagten erfüllt worden ist. Zuletzt hat der Beklagte auch die bislang noch nicht ausgezahlten Beträge für die von diesem nicht eingelösten Teile der Gutscheine erstattet (Bescheid vom 18.09.2014: 0,42 € und 0,55 €).

Nachdem der Kläger zunächst seinen Zahlungsanspruch auf den vorläufigen Bewilligungsbescheid vom 28.01.2013 gestützt hatte und dieser sich durch Erlass des endgültigen Bewilligungsbescheides vom 08.10.2014 durch Ersetzung erledigt hat (§ 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch -SGB X-; vgl. dazu Düe in Brand, SGB III, 6.Aufl., § 328 Rdnr. 23; Eicher/Greiser in Eicher, SGB II, 3.Aufl., § 40 Rdnr. 59), kann der Kläger seinen Zahlungsanspruch nunmehr nach erfolgter Klageänderung im Sinne des § 99 SGG, die sachdienlich ist, und zu der der Beklagte seine Zustimmung erteilt hat, auf den endgültigen Bewilligungsbescheid vom 08.10.2014 stützen. Da es sich bei dem geltend gemachten Zahlungsanspruch um eine reine Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 SGG handelt, ist vorliegend die Durchführung eines Verwaltungs- und Widerspruchsverfahrens nicht erforderlich (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., § 54 Rdnr. 41).

Der Kläger hat keinen weiteren Anspruch (mehr) aus dem Bescheid vom 08.10.2013 für Juni und Juli 2013, der vom Beklagten noch nicht erfüllt worden wäre. Der sich aus dem Bewilligungsbescheid vom 08.10.2014 für Juni und Juli ergebende (endgültige) Leistungsanspruch ist gemäß § 362 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) durch Zahlung des Beklagten unstreitig i. H. v. 697,82 € für Juni und 697,95 € für Juli 2013 erloschen. Die Vorschriften der §§ 362 ff BGB sind hinsichtlich der Frage der Erfüllung von Zahlungsansprüchen entsprechend heranzuziehen (vgl. BSG, Urteil vom 17.12.2013 - B 11 AS 13/12R - in SozR 4-4300 § 143a Nr. 2 m. w. N.). Die dem Kläger für diese beiden Monate ausgehändigten und eingelösten Gutscheine sind Leistungen, die der Kläger an Erfüllungs statt angenommen hat und die analog § 364 Abs. 1 BGB zum Erlöschen des Leistungsanspruches führen. Allein dies ist zwischen den Beteiligten streitig.

Bei den auf Vorsprache des Klägers - diese ist als Antrag zu werten - gemäß § 31a Abs. 3 Satz 1 SGB II ausgehändigten Gutscheinen handelt es sich nicht um eine den Anspruch auf die Regelleistung erfüllende Geldzahlung. Vielmehr stellt ein solcher Gutschein eine ergänzende geldwerte Leistung dar, die der Beklagte auf Antrag nach pflichtgemäßem Ermessen erbringen kann und die als Sicherung bei einer Sanktion um mehr als 30 vH verfassungsrechtlich geboten ist. Diese abweichend von der üblicherweise vorgesehenen Geldleistung vom Gesetzgeber zugelassene geldwerte Leistung dient dazu, das absolute unerlässliche Existenzminimum im Falle einer Leistungskürzung zu sichern, also die Versorgung des Betroffenen hinsichtlich der Ernährung, Gesundheitsversorgung und Hygiene in der Höhe des Anteils am Regelbedarf sicherzustellen (vgl. zum Ganzen: Knickrehm/Hahn in Eicher, SGB II, 3.Aufl., § 31a Rdnr 34ff). Das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum verbietet es, den Einzelnen in einer Situation zu belassen, in der das physische Existenzminimum aktuell nicht gewährleistet ist. Weil dem Gesetzgeber grundsätzlich frei steht, ob er das Existenzminimum durch Geld-, Sach- oder Dienstleistungen sichert, steht es ihm frei, bei „sanktionswürdigen“ Pflichtverletzungen von Geld- auf Sachleistungen zu wechseln. Bei einer verfassungskonformen Auslegung schließt die Möglichkeit, bei einer Minderung der Regelleistung um mehr als 30% in angemessenem Umfang ergänzende Sachleistungen oder geldwerte Leistungen zu erbringen, mithin einen Verfassungsverstoß unmittelbar durch das Gesetz und damit die Verfassungswidrigkeit der Kürzungsregelungen selbst unter diesem sozialstaatlichen Aspekt aus (vgl. zum Ganzen: Berlit in Münder LPK-SGB III, 5.Aufl., § 31 Rdnr 14). Diese geldwerte Leistung dient aber letztendlich demselben Zweck wie die Regelleistung und soll diese auch bei Kürzungen, die über das zum Lebensunterhalt Unerlässliche hinausgehen (Berlit a. a. O., § 31 Rdnr 13), „ersetzen“. Die Möglichkeit ergänzender Leistungen bei einer 30% übersteigenden Minderung der Regelleistung entspricht der sozialstaatlichen Verpflichtung, im Falle der Minderung existenzsichernder Sozialleistungen den Leistungsfall „unter Kontrolle“ zu halten. Damit kann sichergestellt werden, dass dem Leistungsberechtigten auch bei wiederholter Pflichtverletzung das zum Lebensunterhalt Unerlässliche gewährt und eine Verletzung des Grundrechts auf ein menschenwürdiges Existenzminimum vermieden wird (Berlit a. a. O. § 31 a Rdnr 40). Die Sach- oder geldwerten Leistungen zielen auf die Sicherung des Lebensunterhaltes (§ 19 Abs. 1 SGB II) und treten auch als besondere Form der Leistungsgewährung für die Anwendung von anderen Rechtsvorschriften an die Stelle der Gewährung von Alg II (Berlit a. a. O. § 31a Rdnr 43). Damit aber dienen beide Leistungen - wenn auch in unterschiedlicher Form - demselben Zweck, nämlich der Sicherung des Existenzminimums. Bei den Gutscheinen handelt es sich damit gegenüber der Regelleistung nur um eine abweichende Form der Leistungserbringung, wobei diese abweichende Leistung aus verfassungsrechtlichen Gründen gerade an Betroffene erfolgen soll, die infolge der Sanktion - zumindest bis zur gerichtlichen Klärung - nur einen wesentlich geminderten bzw. gar keinen Anspruch auf Alg II haben.

Der Kläger hat schriftlich am 01.04.2013 und 16.04.2013 (864 BA) die Erteilung von Lebensmittelgutscheinen ab März erbeten. Er stützt sich dabei wohl auf entsprechende Hinweise in den Anhörungen zu den Sanktionsbescheiden. Diese Gutscheine sind ihm dann durch den Realakt der Aushändigung - wie beantragt gestückelt - bewilligt und ausgehändigt worden. Er hat weder gegen die Höhe noch den Inhalt der Gutscheine Einwendungen erhoben, sie vielmehr in Lebensmittelgeschäften eingelöst, wobei er an kein bestimmtes Geschäft gebunden war. Dabei waren sich die Beteiligten darüber im Klaren, dass mit diesen Gutscheinen unabhängig von der Frage, ob die Sanktionen zurecht festgestellt worden sind, das Existenzminimum im Bezug auf die o.g. Lebensbereiche gesichert werden soll, dass die Gutscheine also einen Leistungsbereich abdecken, der ansonsten über die Regelleistung hätte gedeckt werden müssen. Der Kläger hat diese Gutscheine an Erfüllungs statt gemäß § 364 Abs. 1 BGB angenommen. Er hat diese im Wesentlichen auch zum Erwerb von Lebensmittel eingesetzt. Mit der Annahme an Erfüllungs statt ist der Zahlungsanspruch des Klägers aus dem Bescheid vom 08.10.2014 auch erloschen. Dies hat der Beklagte spätestens in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch durch entsprechende Willenserklärung geltend gemacht.

Dabei schadet es nicht, dass die Erfüllungswirkung bereits vor, spätestens aber mit Erlass des Bescheides vom 08.10.2014 eingetreten ist, denn dieser ersetzt den vorangegangenen vorläufigen Bewilligungsbescheid vom 28.01.2013. Hinsichtlich des Bescheides vom 28.01.2013 hatte der Beklagte eine Erfüllungswirkung bislang nicht geltend gemacht; den sich allein auf Juli 2013 beziehenden Bescheid vom 04.04.2014 hat der Beklagte wieder aufgehoben. Daher war auch keine Anrechnung auf den endgültigen Bewilligungsbescheid vom 08.10.2014 gemäß § 40 Abs. 1 SGB II i. V. m. § 328 Abs. 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) ggf. per Verwaltungsakt vorzunehmen gewesen. Vielmehr konnte und hat der Beklagte die eingetretene Erfüllungswirkung bzgl. des Bescheides von 08.10.2014 zunächst durch Nichtauszahlung der Leistung, nunmehr aber auch durch Willenserklärung (dh Erhebung der Einwendung) geltend gemacht. Hierzu bedarf es keines gesonderten Verwaltungsaktes durch den Beklagten. Nachdem der vorläufige Bewilligungsbescheid durch den endgültigen Bewilligungsbescheid ersetzt worden ist, ist die Erlöschenswirkung der geldwerten Leistung hinsichtlich des Anspruches aus dem vorläufigen Bewilligungsbescheid auf den endgültigen Leistungsbescheid zu übertragen. Die ausgehändigten Gutscheine führen in Höhe des eingelösten Betrages zu einer Erlöschen des Anspruches an Erfüllungs statt analog § 364 Abs. 1 BGB.

Eine Verletzung von Grundrechten des Klägers durch Sicherung des absolut Unerlässlichen für die physische Existenz über Gutscheine ist für den Senat nicht ersichtlich. Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) wird bereits deshalb nicht verletzt, weil die Gutscheine vorliegend vom Kläger beantragt worden waren, also auf Wunsch des Klägers ausgehändigt worden sind. Zudem ist er in der Verwendung weder durch die Höhe des jeweiligen Gutscheinbetrages noch durch eine Beschränkung der lokalen Einsatzmöglichkeiten noch durch die Reduzierung auf bestimmte Produktgruppen unangemessen beeinträchtigt. Die Gutscheine sind ihm auf seinen Wunsch hin gestückelt ausgehändigt worden und sollen eben gerade nur das zum physischen Existenzminimum Unerlässliche abdecken, nicht aber zur Beschaffung von Genussmitteln oder anderer Gegenstände dienen. Der Kläger wird durch die Erlöschenswirkung der Gutscheineinlösung auch nicht gegenüber der Gruppe von Betroffenen ungleich behandelt (Art. 3 Abs. 1 GG), bei denen die Minderung bestandskräftig wird und bei denen damit eine Erlöschenswirkung nicht eintritt, denn diese erhalten keine Nachzahlung und diese kann der Beklagte ggf. gemäß § 34 SGB II herantreten (vgl. dazu Berlit a. a. O. § 31a Rdnr 44).

Nach alldem war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen.

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(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird. (2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.

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Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 39 Wirksamkeit des Verwaltungsaktes


(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

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(1) Über die Erbringung von Geldleistungen kann vorläufig entschieden werden, wenn1.die Vereinbarkeit einer Vorschrift dieses Buches, von der die Entscheidung über den Antrag abhängt, mit höherrangigem Recht Gegenstand eines Verfahrens bei dem Bundes

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(1) Bei einer Pflichtverletzung nach § 31 mindert sich das Bürgergeld um 10 Prozent des nach § 20 jeweils maßgebenden Regelbedarfs. Bei einer weiteren Pflichtverletzung nach § 31 mindert sich das Bürgergeld um 20 Prozent des nach § 20 jeweils maßgebe

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Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 23. Apr. 2014 - L 11 AS 410/13

bei uns veröffentlicht am 23.04.2014

Tatbestand Streitig ist die Minderung des Anspruches auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II -Alg II-) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) wegen der Verhinderung der Anbahnung eines Arbeitsv

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Tatbestand

Streitig ist die Minderung des Anspruches auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II -Alg II-) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) wegen der Verhinderung der Anbahnung eines Arbeitsverhältnisses.

Der 1983 geborene Kläger bezog nach einer Umschulung zum Reiseverkehrskaufmann zuletzt aufgrund des Bescheides vom 28.01.2013 wegen der fehlenden Nebenkostenabrechnung und schwankenden Einkommens aus einer geringfügigen Tätigkeit vorläufig Alg II für die Zeit vom 01.02.2013 bis 31.07.2013. Dabei war für die Zeit vom 01.02.2013 bis 31.03.2013 eine Sanktion in Höhe von 224,40 EUR aufgrund des Minderungsbescheides vom 30.11.2012 (60 vH des Regelbedarfes wegen einer ersten wiederholten Pflichtverletzung) berücksichtigt. Dem vorausgegangen war eine Minderung wegen einer ersten Pflichtverletzung mit Bescheid vom 21.03.2012 für den Zeitraum vom 01.04.2012 bis 30.06.2012; nachgefolgt war eine weitere Sanktion mit Bescheid vom 21.02.2013 (weitere wiederholte Pflichtverletzung, vgl. L 11 AS 512/13). Den Minderungsbescheid vom 30.11.2012 hob der Beklagte mit Bescheid vom 25.02.2013 auf. Mit Bescheid vom 21.03.2013 hob der Beklagte zudem den Bewilligungsbescheid vom 28.01.2013 für die Zeit vom 01.04.2013 bis 30.04.2013 teilweise auf. Eine vom Kläger zu zahlende Nebenkostennachzahlung in Höhe von 165,57 EUR werde übernommen. Abzuziehen sei ein Minderungsbetrag aufgrund der festgestellten Sanktion in Höhe von 229,20 EUR. Die Leistungsbewilligung erfolge weiterhin wegen der ungeklärten monatlichen Lohnhöhe vorläufig.

Am 24.01.2013 unterbreitete der Beklagte dem Kläger einen Vermittlungsvorschlag (VV) für eine Vollzeitstelle befristet auf 12 Monate. Als Arbeitgeber ist darin die Firma r. GmbH (i.F. Firma r.) genannt, die Stellenbeschreibung sei der Anlage zu entnehmen. In dieser Anlage wird darauf hingewiesen, dass die Firma r. für ihren Kunden, ein führendes Unternehmen der Papier- und Druckindustrie, eine langfristige Vollzeitstelle zum nächstmöglichen Termin anbieten könne und die Möglichkeit auf eine Übernahme beim Kunden bestehe. Bei Weigerung, eine zumutbare Arbeit aufzunehmen, sehe das Gesetz Leistungsminderungen vor. Das Alg II des Klägers sei zuletzt aufgrund eines ersten wiederholten Pflichtverstoßes um einen Betrag in Höhe von 60 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs gemindert worden (vgl. Bescheid vom 30.11.2012). Weigere er sich, die ihm mit dem VV angebotene Arbeit aufzunehmen oder fortzuführen, entfalle das ihm zustehende Alg II vollständig. Ein weiterer wiederholter Pflichtverstoß liege auch vor, wenn er die Aufnahme der angebotenen Arbeit durch negatives Bewerbungsverhalten vereitele.

Nachdem die Firma r. dem Beklagten mitgeteilt hatte, der Kläger habe sich nicht beworben, hörte dieser den Kläger zum eventuellen Wegfall des Alg II an. Der Kläger führte dazu aus, er habe von der Firma r. erst weitere Informationen zum Arbeitgeber erbeten, diese aber nicht erhalten. Mit Bescheid vom 22.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.04.2013 stellte der Beklagte den vollständigen Wegfall des Alg II für die Zeit vom 01.04.2013 bis 30.06.2013 fest. Der Kläger habe sich nicht bei der Firma r. beworben.

Mit Bescheid vom 17.05.2013 begrenzte die Beklagte die Sanktion ab 14.05.2013 auf 60 vH des Regelbedarfes gemäß § 31 Abs. 1 Satz 6 SGB II, weil der Kläger sich bereit erklärt hatte, seinen Verpflichtungen nachzukommen.

Gegen den Bescheid vom 22.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.04.2013 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben. Er habe sich an die Firma r. wegen Informationen zum Arbeitgeber gewandt. Diese habe ihm lediglich mitgeteilt, sie sei Personaldienstleister und handele im Auftrag ihres Kunden. Sie sei daher nicht verpflichtet, die Kontaktdaten vor Erhalt einer Bewerbung bekannt zu geben. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 17.05.2013 abgewiesen. Aufgrund der mit Bescheiden vom 21.03.2012 und 21.02.2013 bereits erfolgten Sanktionierungen stelle die Nichtbewerbung bei der Firma r. eine weitere wiederholte Pflichtverletzung dar, die zu einem Wegfall des Alg II führe. Der Kläger habe die Möglichkeit gehabt, die Zumutbarkeit der angebotenen Tätigkeit zu prüfen. Allein die Tatsache, dass der konkrete Arbeitgeber darin noch nicht benannt sei, rechtfertige keine Nichtbewerbung, da Kontaktdaten auch später noch hätten erfragt werden können.

Dagegen hat der Kläger Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 17.05.2013 sowie den Bescheid vom 22.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.04.2013 aufzuheben, hilfsweise den Beklagten zu verurteilen, Alg II für die Zeit vom 01.04.2013 bis 30.06.2013 aufgrund des Bewilligungsbescheides vom 28.01.2013 in der Fassung des Bescheides vom 21.03.2013 ohne Berücksichtigung einer Minderung bzw. eines Wegfalls wegen des Nichtbewerbens aufgrund des Vermittlungsvorschlages vom 24.01.2013 auszuzahlen. Hilfsweise beantragt er die Vorlage des Verfahrens gemäß Artikel 100 GG an das Bundesverfassungsgericht.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Bezugnahme auf den später aufgehobenen Sanktionsbescheid vom 30.11.2012 im VV sei unschädlich und im Zeitpunkt der Unterbreitung des VV zutreffend gewesen. Die Rechtsfolgenbelehrung zu einem vollständigen Wegfall des Alg II im VV stelle eine unschädliche Überbelehrung dar. Die Minderung sei nachträglich mit Bescheid vom 17.05.2013 auf 60 vH gemäß § 31a Abs. 1 Satz 6 SGB II reduziert worden. Mit einer Klageänderung iS einer Klageerweiterung sei er nicht einverstanden.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Gründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 145, 153 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) ist zulässig und begründet. Das Urteil des SG vom 17.05.2013 ist aufzuheben. Der Bescheid vom 22.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.04.2013 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Die Voraussetzungen für die Feststellung des Eintritts des Wegfalles des Anspruches auf Alg II liegen nicht vor.

Gegenstand des Verfahrens ist dabei allein der Bescheid vom 22.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 29.04.2013. Hiergegen hat der Kläger eine reine Anfechtungsklage erhoben, wie dem Protokoll des SG über die mündliche Verhandlung vom 17.05.2013 zu entnehmen ist. Die im Berufungsverfahren zudem hilfsweise erhobene reine Leistungsklage auf Auszahlung der mit - trotz der Sanktion nicht aufgehobenen - Bescheid vom 28.01.2013 in der Fassung des Bescheides vom 21.03.2013 bewilligten Leistungen stellt eine Klageänderung iS einer Klageerweiterung dar (§ 99 Abs. 1 und 2 SGG), der Anspruch stützt sich auf einen anderen Lebenssachverhalt (vgl. dazu: § 99 Abs. 3 SGG). Der Klageänderung hat der Beklagte nicht zugestimmt und der Senat hält sie auch nicht für sachdienlich (§ 99 Abs. 1 SGG), denn der Rechtsstreit würde auf eine völlig neue Grundlage gestellt (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10.Aufl., § 99 Rdnr.10a). Gründe der Prozessökonomie sprechen vorliegend nicht für eine Sachdienlichkeit. Der Bescheid vom 17.05.2013 ist nicht Gegenstand des Verfahrens geworden, er regelt einen vorliegend nicht streitgegenständlichen Sachverhalt.

Gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II in der seit 01.04.2012 geltenden Fassung verletzen erwerbsfähige Leistungsberechtigte ihre Pflichten, wenn sie trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis sich weigern, eine zumutbare Arbeit, Ausbildung, Arbeitsgelegenheit nach § 16 d oder ein nach § 16 e gefördertes Arbeitsverhältnis aufzunehmen, fortzuführen oder deren Anbahnung durch ihr Verhalten verhindern. Dies gilt nicht, wenn erwerbsfähige Leistungsberechtigte einen wichtigen Grund für ihr Verhalten darlegen oder nachweisen (§ 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II).

Für den Eintritt einer Minderung fehlt es nämlich bereits an einer ordnungsgemäß erteilten, hinreichenden Rechtsfolgenbelehrung. § 31 Abs.1 SGB II setzt in allen dort geregelten Alternativen voraus, dass der Hilfebedürftige die von ihm geforderte Handlung „trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis“ unterlassen hat. Die Wirksamkeit einer solchen Rechtsfolgenbelehrung setzt voraus, dass sie konkret, richtig und vollständig ist, zeitnah im Zusammenhang mit dem jeweiligen Angebot einer Arbeit(sgelegenheit) erfolgt, sowie den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in verständlicher Form erläutert, welche unmittelbaren und konkreten Auswirkungen sich aus der Weigerung, die angebotene Arbeit(sgelegenheit) anzutreten, für ihn ergeben, wenn für die Weigerung kein wichtiger Grund vorliegt. Diese strengen Anforderungen ergeben sich aus der Funktion der Rechtsfolgenbelehrung, den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen hinreichend über die gravierenden Folgen des § 31 Abs. 1 SGB II zu informieren und ihn in allgemeiner Form vorzuwarnen. Nur eine verständliche Rechtsfolgenbelehrung kann die mit den Sanktionen verfolgte Zweckbestimmung, das Verhalten des Hilfebedürftigen zu steuern, verwirklichen (vgl. zum Ganzen: BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 30/09 R - veröffentlicht in Juris). Dabei kommt es auf den objektiven Erklärungswert der Belehrung an. Sämtliche in § 31 Abs. 1 SGB II genannten Sanktionstatbestände setzen voraus, dass der Hilfebedürftige über die Rechtsfolgen einer Pflichtverletzung belehrt worden ist. Diese in der Rechtssprechung der Landessozialgerichte und in der sozialrechtlichen Literatur weitgehend geteilte Auffassung ist insbesondere im Hinblick auf die gravierenden Folgen des § 31 Abs. 1 SGB II im Bereich der existenzsichernden Leistungen aufrecht zu erhalten. Die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Rechtsfolgenbelehrung orientieren sich dabei an den vom BSG zum Arbeitsförderungsrecht entwickelten Grundsätzen. Schon die Gesetzesbegründung knüpft hieran an, indem sie darauf verweist, dass die Rechtsfolgenbelehrung nach § 31 Abs. 1 SGB II die Funktion haben soll, dem Hilfebedürftigen in verständlicher Form zu erläutern, welche unmittelbaren und konkreten Auswirkungen auf seinen Leistungsanspruch die in § 31 Abs. 1 SGB II genannten Pflichtverletzungen haben werden. Dabei hat das BSG auch den zwingenden formalen Charakter der Rechtsfolgenbelehrung betont und dies aus dem übergeordneten sozialen Schutzzweck abgeleitet, den Arbeitslosen vor den Folgen bei der Pflichtverletzung zu warnen. Der Warnfunktion der Rechtsfolgenbelehrung kommt im Bereich des SGB II noch eine größere Bedeutung zu als im Bereich der Arbeitsförderung. Dies leitet das BSG nicht zuletzt aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 09.02.2010 (1 BvL 1/09, 3/09 und 4/09) ab, in der das Bundesverfassungsgericht betont hat, dass das SGB II insgesamt der Realisierung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums im Sinne des Artikel 1 Abs. 1 i. V. m. Artikel 20 Abs. 1 Grundgesetz (GG) diene (vgl. zum Ganzen: BSG, Urteil vom 15.12.2010 - B 14 AS 92/09 R - veröffentlicht in Juris m. w. N.).

Diesen Anforderungen entspricht die vom Beklagten erteilte Rechtsfolgenbelehrung im VV vom 24.01.2013 nicht. Sie ist nicht verständlich. Zunächst wird im Rahmen einer Rechtsfolgenbelehrung auf eine erste wiederholte Pflichtverletzung mit Hinweis auf eine Minderung um 60 vH eingegangen (Bescheid vom 30.11.2012), so dass es bei einer Weigerung, die mit Vermittlungsvorschlag vom 24.01.2013 angebotene Arbeit aufzunehmen, zu einem Wegfall des Anspruches auf Alg II komme. Danach führt der Beklagten aus, eine „weitere wiederholte Pflichtverletzung“ liege auch vor, wenn der Kläger die Aufnahme der angebotenen Arbeit durch „negatives Bewerbungsverhalten“ vereitele. Aus dieser Formulierung wird bereits nicht klar, ob lediglich die Aufnahme der Arbeit nicht verhindert werden dürfe oder ob auch die Verhinderung der Anbahnung eines Arbeitsverhältnisses zu einem Wegfall führe. Nachdem der Gesetzgeber die letztgenannte Variante ausdrücklich zur Klarstellung seit 01.04.2011 im Gesetz erwähnt (vgl. Knickrehm/Hahn in Eicher, SGB II, 3. Auflage, § 31 Rn. 46), ist es erforderlich, die Rechtsfolgenbelehrung auch auf diese zusätzliche Alternative zutreffend und inhaltlich richtig auszudehnen. Die vom Beklagten gewählte Formulierung vermischt allerdings den Oberbegriff der Weigerung der Aufnahme einer zumutbaren Arbeit mit dem Begriff der Vereitelung der Anbahnung einer Tätigkeit.

Die erteilte Rechtsfolgenbelehrung leidet zudem an weiteren Unrichtigkeiten. Sie verweist zunächst als erste wiederholte Pflichtverletzung auf den Bescheid vom 30.11.2012, folgend auf eine erste Pflichtverletzung, die mit Bescheid vom 21.03.2012 festgestellt worden war. Der Bescheid vom 30.11.2012 ist jedoch nach Anfechtung durch den Kläger mit Bescheid vom 25.02.2013 aufgehoben worden, so dass die vorliegend zu prüfende Pflichtverletzung allenfalls eine erste wiederholte, nicht aber eine weitere wiederholte Pflichtverletzung darstellen kann. Die Rechtsfolgenbelehrung ist auch insofern unrichtig, als der Kläger dabei über die Folgen aufgrund des weiteren wiederholten Pflichtverstoßes (Wegfall des Alg II) aufgeklärt worden ist, nicht jedoch über die Folgen einer ersten wiederholten Pflichtverletzung (Minderung um 60 vH). Auch wenn er über diese Rechtsfolge bereits durch die vor Erlass des Bescheides vom 30.11.2012 erteilte Rechtsfolgenbelehrung eventuell informiert worden sein sollte, so ist von ihm nicht zu erwarten, dass er nach Erhalt des VV vom 24.01.2013 hinsichtlich der Verhinderung der Anbahnung eines Arbeitsverhältnisses bei der Firma r. aktuell die Kenntnis hatte, dass (nach später erfolgter Aufhebung des Bescheides vom 30.11.2012) nur eine Minderung um 60 vH in Betracht komme. Dazu müsste ihm auch aktuell der vorangegangene Pflichtverstoß, der mit Bescheid vom 21.03.2012 sanktioniert wurde, und die daraus resultierende Jahresfrist (vgl. § 31a Abs. 1 Satz 5 SGB II) bekannt sein (vgl. dazu Knickrehm/Hahn a. a. O. § 31 Rn. 61/62). Erforderlich ist jedoch eine zeitnahe Rechtsfolgenbelehrung (vgl. BSG Urteil vom 17.12.2009 a. a. O.). Den Nachweis der Kenntnis zu führen, gelingt dem Beklagten vorliegend nicht, zumal auch nicht erkennbar ist, dass der Mitarbeiter des Beklagten eventuell bei der Übergabe des Vermittlungsvorschlages am 24.01.2013 Anlass gehabt hätte, hierauf in einer mündlichen Belehrung einzugehen. Somit ist der Hinweis auf die erste wiederholte Pflichtverletzung, die auch für die Berechnung der Jahresfrist gemäß § 31 a Abs. 1 Satz 5 SGB II von entscheidender Bedeutung ist, und der Hinweis, welches Verhalten sanktioniert werden kann, falsch bzw. in ihrem objektiven Erklärungswert zumindest unverständlich. Eine Kenntnis der Rechtsfolgen bei einem ersten wiederholten Pflichtverstoß ist dem Kläger nach Erhalt des VV vom 24.01.2013 nicht nachzuweisen. Die vom Beklagten im Rahmen des Berufungsverfahrens angeregte Umdeutung in eine evtl rechtmäßige Sanktion um 60 vH des Regelbedarfes nach der ersten, mit Bescheid vom 21.03.2012 sanktionierten Pflichtverletzung kommt daher nicht in Betracht Der Bescheid vom 21.02.2013 kommt auch nicht als erste wiederholte Pflichtverletzung in Betracht, denn diese Pflichtverletzung war noch nicht festgestellt, als der vom Beklagten dem Kläger nunmehr vorgeworfenen Pflichtverstoß vom Kläger (umgehende Bewerbung auf den VV vom 24.01.2013) begangen war. Auch ist es nicht Aufgabe des Gerichts, die vom Beklagten festgestellten Sanktionen jeweils auf das gesetzlich vorgesehene Maß zu reduzieren. Dabei ist nämlich zu berücksichtigen, dass die Ankündigung eines Wegfalls des Alg II die Leistungsbezieher ggf. zu anderem Verhalten veranlassen kann als die Androhung einer (bloßen) Minderung. Die Betroffenen müssen jedoch vorher erkennen können, welche Folgen auf sie zukommen um zu entscheiden, ob sie einer Pflicht bzw. Obliegenheit Folge leisten oder nicht. Somit ist eine „Überbelehrung“ eine unrichtige Belehrung. Die vom Beklagten genannte Entscheidung des BSG (Urteil vom 09.11.2010 - B 4 AS 27/10 R) betrifft eine andere Fallgestaltung.

Der Eintritt einer Sanktion scheitert jedoch vorliegend auch daran, dass im VV vom 24.01.2013 der mögliche Arbeitgeber nicht unmissverständlich benannt wird. Die angebotene Tätigkeit muss nämlich zumutbar sein (§ 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II). Ob dies der Fall ist, muss der Leistungsempfänger anhand des unterbreiteten VV prüfen können. Ein Arbeitsangebot des Leistungsträgers muss in hinreichend bestimmter Weise die Art der Tätigkeit usw. bezeichnen. Der Leistungsberechtigte muss anhand der Angaben die Zumutbarkeit des Arbeitsangebotes prüfen können und ein Vorstellungsgespräch mit dem künftigen Arbeitgeber vereinbaren können (vgl. Berlit in LPK-SGB II, 5.Aufl., § 31 Rdnr. 27 m. w. N.). Die Unbestimmtheit des Vermittlungsvorschlages hindert die Sanktion indes nicht, wenn der erwerbsfähige Leistungsberechtigte gleichwohl mit dem Arbeitgeber Kontakt aufgenommen und die Stelle dann ohne wichtigen Grund nicht angetreten hat (vgl. Berlit a. a. O.).

Nachdem eine Kontaktaufnahme mit dem vom Kläger als auch vom SG angenommenen Arbeitgeber - Unternehmen der Druck- und Papierindustrie - durch den Kläger nicht erfolgt ist, weil die Firma r. keine Auskunft gegeben hatte und geben wollte, scheitert eine Sanktion vorliegend an einem hinreichend bestimmten Arbeitsangebot. Aus dem Vermittlungsvorschlag samt Anlage ist nicht ersichtlich, dass es sich bei der dem Kläger angebotenen Tätigkeit um Leiharbeit handelt. Auch ist nicht erkennbar, wer Arbeitgeber des Klägers sein soll. Zwar wird vom Beklagten die Firma r. als Arbeitgeber genannt und dort eine Ansprechpartnerin für eine befristete Vollzeitstelle („spätere Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis möglich“) erwähnt. In der Anlage wird jedoch ausgeführt, dass die Firma r. für einen Kunden eine langfristige Vollzeitstelle anbiete und die Möglichkeit auf Übernahme beim Kunden bestünde. Diese Formulierung legt es nahe, von einem Arbeitsverhältnis bei dem Kunden der Firma r. als Arbeitgeber auszugehen, wobei die befristete Stelle ggf. in eine dauerhafte übergehen könnte. Ein Hinweis, dass es sich um Leiharbeit handele, fehlt völlig. Für den Kläger, für das SG und auch für den Senat war daher unklar, wer der mögliche Arbeitgeber sein sollte, für den die Firma r. GmbH - als Headhunter oä.- evtl. eine Stelle anbietet. Selbst der Beklagte legt sich nicht fest, wer Arbeitgeber des Klägers sein soll, wenn er im Widerspruchsbescheid vom 29.04.2013 ausführt, der Kläger hätte bei einer (nochmaligen) Nachfrage bei der Firma r. erfahren, dass erst nach Eingang der Bewerbung Informationen zum Arbeitgeber bekanntgegeben würden. Mangels konkreten Arbeitsangebot hat sich der Kläger nicht geweigert, eine zumutbare Arbeit aufzunehmen, wenn er zunächst nachfragt, bei welchem Arbeitgeber die Einstellung erfolgen solle. Ein vorwerfbares Verhalten des Klägers ist daher nicht zu erkennen, eine nochmalige Nachfrage bei der Firma r. ist nicht erforderlich. Eine Sanktion kann nicht eintreten.

Nach alledem war die Berufung in der Hauptsache erfolgreich. Das Urteil des SG ist ebenso aufzuheben wie der mit der reinen Anfechtungsklage angegriffene Bescheid vom 22.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.04.2013. Auf die hilfsweise gestellten Anträge des Klägers ist wegen des Erfolges in der Hauptsache nicht mehr einzugehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 zuzulassen, liegen nicht vor. Die Frage, ob zusätzlich zur Feststellung des Eintritts einer Sanktion die entsprechende (teilweise) Aufhebung eines von der Sanktion betroffenen Bewilligungsbescheides erfolgen muss, war vorliegend nicht zu klären.

(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.

(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.

(1) Eine Änderung der Klage ist nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung der Beteiligten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn sie sich, ohne der Änderung zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die abgeänderte Klage eingelassen haben.

(3) Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrunds

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Ausführungen ergänzt oder berichtigt werden,
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird,
3.
statt der ursprünglich geforderten Leistung wegen einer später eingetretenen Veränderung eine andere Leistung verlangt wird.

(4) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliege oder zuzulassen sei, ist unanfechtbar.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird.

(2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.

(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn der Gläubiger eine andere als die geschuldete Leistung an Erfüllungs statt annimmt.

(2) Übernimmt der Schuldner zum Zwecke der Befriedigung des Gläubigers diesem gegenüber eine neue Verbindlichkeit, so ist im Zweifel nicht anzunehmen, dass er die Verbindlichkeit an Erfüllungs statt übernimmt.

(1) Bei einer Pflichtverletzung nach § 31 mindert sich das Bürgergeld um 10 Prozent des nach § 20 jeweils maßgebenden Regelbedarfs. Bei einer weiteren Pflichtverletzung nach § 31 mindert sich das Bürgergeld um 20 Prozent des nach § 20 jeweils maßgebenden Regelbedarfs. Bei jeder weiteren Pflichtverletzung nach § 31 mindert sich das Bürgergeld um 30 Prozent des nach § 20 jeweils maßgeblichen Regelbedarfs. Eine weitere Pflichtverletzung liegt nur vor, wenn bereits zuvor eine Minderung festgestellt wurde. Sie liegt nicht vor, wenn der Beginn des vorangegangenen Minderungszeitraums länger als ein Jahr zurückliegt. Minderungen nach den Sätzen 1 bis 3 sind aufzuheben, sobald erwerbsfähige Leistungsberechtigte diese Pflichten erfüllen oder sich nachträglich ernsthaft und nachhaltig dazu bereit erklären, diesen künftig nachzukommen. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 gelten bei Pflichtverletzungen nach § 31 Absatz 2 Nummer 3 in Fällen einer Sperrzeit bei Meldeversäumnis nach § 159 Absatz 1 Satz 2 Nummer 8 des Dritten Buches die Rechtsfolgen des § 32.

(2) Vor der Feststellung der Minderung nach Absatz 1 soll auf Verlangen der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten die Anhörung nach § 24 des Zehnten Buches persönlich erfolgen. Verletzen die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten wiederholt ihre Pflichten oder versäumen wiederholt Meldetermine nach § 32, soll die Anhörung persönlich erfolgen.

(3) Eine Leistungsminderung erfolgt nicht, wenn sie im Einzelfall eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde.

(4) Leistungsminderungen bei wiederholten Pflichtverletzungen oder wiederholten Meldeversäumnissen nach § 32 sind auf insgesamt 30 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs begrenzt. Die sich rechnerisch ergebenden Zahlbeträge für die Kosten der Unterkunft und Heizung dürfen durch eine Leistungsminderung nicht verringert werden.

(5) Für nicht erwerbsfähige Leistungsberechtigte gelten die Absätze 1 bis 4 bei Pflichtverletzungen nach § 31 Absatz 2 Nummer 1 und 2 entsprechend.

(6) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, sollen innerhalb von vier Wochen nach Feststellung einer Leistungsminderung ein Beratungsangebot erhalten, in dem die Inhalte des Kooperationsplans überprüft und bei Bedarf fortgeschrieben werden.

(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn der Gläubiger eine andere als die geschuldete Leistung an Erfüllungs statt annimmt.

(2) Übernimmt der Schuldner zum Zwecke der Befriedigung des Gläubigers diesem gegenüber eine neue Verbindlichkeit, so ist im Zweifel nicht anzunehmen, dass er die Verbindlichkeit an Erfüllungs statt übernimmt.

(1) Für das Verfahren nach diesem Buch gilt das Zehnte Buch. Abweichend von Satz 1 gilt § 44 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass

1.
rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekanntgegeben wurde, zurückzunehmen sind; ausreichend ist, wenn die Rücknahme innerhalb dieses Zeitraums beantragt wird,
2.
anstelle des Zeitraums von vier Jahren nach Absatz 4 Satz 1 ein Zeitraum von einem Jahr tritt.
Abweichend von Satz 1 gelten die §§ 45, 47 und 48 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nicht aufzuheben ist, wenn sich ausschließlich Erstattungsforderungen nach § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches von insgesamt weniger als 50 Euro für die Gesamtheit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ergäben. Bei der Prüfung der Aufhebung nach Satz 3 sind Umstände, die bereits Gegenstand einer vorherigen Prüfung nach Satz 3 waren, nicht zu berücksichtigen. Die Sätze 3 und 4 gelten in den Fällen des § 50 Absatz 2 des Zehnten Buches entsprechend.

(2) Entsprechend anwendbar sind die Vorschriften des Dritten Buches über

1.
(weggefallen)
2.
(weggefallen)
3.
die Aufhebung von Verwaltungsakten (§ 330 Absatz 2, 3 Satz 1 und 4);
4.
die vorläufige Zahlungseinstellung nach § 331 mit der Maßgabe, dass die Träger auch zur teilweisen Zahlungseinstellung berechtigt sind, wenn sie von Tatsachen Kenntnis erhalten, die zu einem geringeren Leistungsanspruch führen;
5.
die Erstattung von Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung (§ 335 Absatz 1, 2 und 5); § 335 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 ist nicht anwendbar, wenn in einem Kalendermonat für mindestens einen Tag rechtmäßig Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 gewährt wurde; in den Fällen des § 335 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 2 besteht kein Beitragserstattungsanspruch.

(3) Liegen die in § 44 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil dieser auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes

1.
durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist oder
2.
in ständiger Rechtsprechung anders als durch den für die jeweilige Leistungsart zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgelegt worden ist,
so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen. Bei der Unwirksamkeit einer Satzung oder einer anderen im Rang unter einem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift, die nach § 22a Absatz 1 und dem dazu ergangenen Landesgesetz erlassen worden ist, ist abweichend von Satz 1 auf die Zeit nach der Entscheidung durch das Landessozialgericht abzustellen.

(4) Der Verwaltungsakt, mit dem über die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch abschließend entschieden wurde, ist mit Wirkung für die Zukunft ganz aufzuheben, wenn in den tatsächlichen Verhältnissen der leistungsberechtigten Person Änderungen eintreten, aufgrund derer nach Maßgabe des § 41a vorläufig zu entscheiden wäre.

(5) Verstirbt eine leistungsberechtigte Person oder eine Person, die mit der leistungsberechtigten Person in häuslicher Gemeinschaft lebt, bleiben im Sterbemonat allein die dadurch eintretenden Änderungen in den bereits bewilligten Leistungsansprüchen der leistungsberechtigten Person und der mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen unberücksichtigt; die §§ 48 und 50 Absatz 2 des Zehnten Buches sind insoweit nicht anzuwenden. § 118 Absatz 3 bis 4a des Sechsten Buches findet mit der Maßgabe entsprechend Anwendung, dass Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Monat des Todes der leistungsberechtigten Person überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht gelten.

(6) § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass Gutscheine in Geld zu erstatten sind. Die leistungsberechtigte Person kann die Erstattungsforderung auch durch Rückgabe des Gutscheins erfüllen, soweit dieser nicht in Anspruch genommen wurde. Eine Erstattung der Leistungen nach § 28 erfolgt nicht, soweit eine Aufhebungsentscheidung allein wegen dieser Leistungen zu treffen wäre. Satz 3 gilt nicht im Fall des Widerrufs einer Bewilligungsentscheidung nach § 29 Absatz 5 Satz 2.

(7) § 28 des Zehnten Buches gilt mit der Maßgabe, dass der Antrag unverzüglich nach Ablauf des Monats, in dem die Ablehnung oder Erstattung der anderen Leistung bindend geworden ist, nachzuholen ist.

(8) Für die Vollstreckung von Ansprüchen der in gemeinsamen Einrichtungen zusammenwirkenden Träger nach diesem Buch gilt das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz des Bundes; im Übrigen gilt § 66 des Zehnten Buches.

(9) § 1629a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt mit der Maßgabe, dass sich die Haftung eines Kindes auf das Vermögen beschränkt, das bei Eintritt der Volljährigkeit den Betrag von 15 000 Euro übersteigt.

(10) Erstattungsansprüche nach § 50 des Zehnten Buches, die auf die Aufnahme einer bedarfsdeckenden sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zurückzuführen sind, sind in monatlichen Raten in Höhe von 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs zu tilgen. Dies gilt nicht, wenn vor Tilgung der gesamten Summe erneute Hilfebedürftigkeit eintritt.

(1) Über die Erbringung von Geldleistungen kann vorläufig entschieden werden, wenn

1.
die Vereinbarkeit einer Vorschrift dieses Buches, von der die Entscheidung über den Antrag abhängt, mit höherrangigem Recht Gegenstand eines Verfahrens bei dem Bundesverfassungsgericht oder dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften ist,
2.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung Gegenstand eines Verfahrens beim Bundessozialgericht ist oder
3.
zur Feststellung der Voraussetzungen des Anspruchs einer Arbeitnehmerin oder eines Arbeitnehmers auf Geldleistungen voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist, die Voraussetzungen für den Anspruch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorliegen und die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer die Umstände, die einer sofortigen abschließenden Entscheidung entgegenstehen, nicht zu vertreten hat.
Umfang und Grund der Vorläufigkeit sind anzugeben. In den Fällen des Satzes 1 Nr. 3 ist auf Antrag vorläufig zu entscheiden.

(2) Eine vorläufige Entscheidung ist nur auf Antrag der berechtigten Person für endgültig zu erklären, wenn sie nicht aufzuheben oder zu ändern ist.

(3) Auf Grund der vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen sind auf die zustehende Leistung anzurechnen. Soweit mit der abschließenden Entscheidung ein Leistungsanspruch nicht oder nur in geringerer Höhe zuerkannt wird, sind auf Grund der vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen zu erstatten; auf Grund einer vorläufigen Entscheidung erbrachtes Kurzarbeitergeld und Wintergeld ist vom Arbeitgeber zurückzuzahlen.

(4) Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 und Satz 2 und 3, Absatz 2 sowie Absatz 3 Satz 1 und 2 sind für die Erstattung von Arbeitgeberbeiträgen zur Sozialversicherung entsprechend anwendbar.

(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn der Gläubiger eine andere als die geschuldete Leistung an Erfüllungs statt annimmt.

(2) Übernimmt der Schuldner zum Zwecke der Befriedigung des Gläubigers diesem gegenüber eine neue Verbindlichkeit, so ist im Zweifel nicht anzunehmen, dass er die Verbindlichkeit an Erfüllungs statt übernimmt.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Wer nach Vollendung des 18. Lebensjahres vorsätzlich oder grob fahrlässig die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch an sich oder an Personen, die mit ihr oder ihm in einer Bedarfsgemeinschaft leben, ohne wichtigen Grund herbeigeführt hat, ist zum Ersatz der deswegen erbrachten Geld- und Sachleistungen verpflichtet. Als Herbeiführung im Sinne des Satzes 1 gilt auch, wenn die Hilfebedürftigkeit erhöht, aufrechterhalten oder nicht verringert wurde. Sachleistungen sind, auch wenn sie in Form eines Gutscheins erbracht wurden, in Geld zu ersetzen. § 40 Absatz 6 Satz 2 gilt entsprechend. Der Ersatzanspruch umfasst auch die geleisteten Beiträge zur Sozialversicherung. Von der Geltendmachung eines Ersatzanspruchs ist abzusehen, soweit sie eine Härte bedeuten würde.

(2) Eine nach Absatz 1 eingetretene Verpflichtung zum Ersatz der Leistungen geht auf den Erben über. Sie ist auf den Nachlasswert zum Zeitpunkt des Erbfalls begrenzt.

(3) Der Ersatzanspruch erlischt drei Jahre nach Ablauf des Jahres, für das die Leistung erbracht worden ist. Die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten sinngemäß; der Erhebung der Klage steht der Erlass eines Leistungsbescheides gleich.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.