Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 07. Okt. 2015 - L 15 RF 40/15

bei uns veröffentlicht am07.10.2015

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

I.

Die Anhörungsrüge gegen den Beschluss vom 12. August 2015, Az.: L 15 RF 23/15, wird als unzulässig verworfen.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.

Zu entscheiden ist über eine weitere Anhörungsrüge des Erinnerungsführers wegen einer gerichtlichen Festsetzung der Entschädigung nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG).

Mit Beschluss vom 06.05.2015, Az.: L 15 RF 9/15, setzte der Senat die Entschädigung des Antragstellers nach JVEG wegen der mündlichen Verhandlung am 28.11.2013 auf insgesamt 43,75 € fest.

Die dagegen vom Antragsteller erhobene Anhörungsrüge verwarf der Senat mit Beschluss vom 12.08.2015, Az.: L 15 RF 23/15, als unzulässig, weil der Antragsteller das ihm obliegende Darlegungserfordernis nicht erfüllt hatte.

Dagegen hat sich der Antragsteller mit Schreiben vom 09.09.2015 gewandt und auf einer höheren Entschädigung für Verdienstausfall beharrt, wie er ihn bereits früher geltend gemacht hatte. Dem Senat seien - so der der Antragsteller - seit seinem Entschädigungsantrag vom 14.01.2014 alle Fakten bekannt; der gerichtliche Vortrag bleibe unverändert objektiv fehlerhaft.

II.

Das Schreiben vom 09.09.2015 stellt eine weitere Anhörungsrüge dar, da der Antragsteller weiterhin die gerichtliche Festsetzung der Entschädigung beanstandet, sich gegen den Beschluss vom 12.08.2015 zu seiner (ersten) Anhörungsrüge wendet und der Meinung ist, der Senat habe von Anfang an bekannte Fakten fehlerhaft gedeutet.

§ 4 a JVEG sieht nur eine, nicht aber auch eine zweite Anhörungsrüge vor (vgl. § 4 a Abs. 4 Satz 4 JVEG). Eine zweite Anhörungsrüge ist nach völlig unstrittiger höchstrichterlicher Rechtsprechung offensichtlich unzulässig, da unstatthaft.

So hat beispielsweise der Bayerische Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 19.10.2010, Az.: Vf. 111-VI-09, Folgendes ausgeführt:

„Gegen einen Beschluss, mit dem eine Anhörungsrüge gemäß § 321 a Abs. 4 Satz 3 ZPO als unbegründet zurückgewiesen wird, steht keine weitere Gehörsrüge, sondern lediglich die Verfassungsbeschwerde offen (Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 68. Aufl. 2010, RdNr. 60 zu § 321 a; Leipold in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl. 2008, RdNr. 51 zu § 321 a; Musielak in Münchener Kommentar zur ZPO, 3. Aufl. 2008, RdNr. 17 zu § 321 a; Rensen in Wieczorek/Schütze, ZPO, 3. Aufl. 2007, RdNr. 68 zu § 321 a; Vollkommer in Zöller, ZPO, 28. Aufl. 2010, RdNr. 17 zu § 321 a). Der gesetzgeberischen Intention (BT-Drs. 14/4722 S. 156) und den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG vom 30.4.2003 = BVerfGE 107, 395/408 ff.) entsprechend, gewährleistet die Anhörungsrüge nach § 321 a ZPO die Möglichkeit, eine behauptete Verletzung des rechtlichen Gehörs einer einmaligen gerichtlichen Kontrolle durch das Fachgericht selbst, das die Gehörsverletzung begangen haben soll, unterziehen zu lassen. Begeht das Gericht im Rahmen dieser Überprüfung einen Fehler, führt dies nicht zur erneuten Eröffnung des Rechtswegs (vgl. BVerfGE 107, 395/411). Vielmehr ist das fachgerichtliche Verfahren beendet, wenn das Gericht nach inhaltlicher Prüfung der ersten Anhörungsrüge eine „Selbstkorrektur“ der Ausgangsentscheidung abgelehnt hat. Zur Beseitigung der durch die Ausgangsentscheidung eingetretenen Beschwer steht dem Beschwerdeführer dann nur noch die Verfassungsbeschwerde zur Verfügung (vgl. Heinrichsmeier, NVwZ 2010, 228/232). Die Zulassung einer weiteren Gehörsrüge nach § 321 a ZPO gegen die Entscheidung über die Anhörungsrüge würde zu einem „regressus ad infinitum“ führen, der mit dem Gebot der Rechtssicherheit nicht vereinbar wäre. Ein Beschluss, mit dem eine Anhörungsrüge als unbegründet zurückgewiesen wurde, kann daher selbst dann nicht mit einer weiteren fachgerichtlichen Anhörungsrüge angegriffen werden, wenn eine originäre Gehörsverletzung durch diesen Beschluss geltend gemacht wird (vgl. Rensen in Wieczorek/Schütze, RdNr. 68 zu § 321 a).“

Dem ist nichts hinzuzufügen.

Bundesverfassungsgericht (vgl. Beschluss vom 26.04.2011, Az.: 2 BvR 597/11), Bundessozialgericht (vgl. Beschluss vom 01.08.2007, Az.: B 13 R 7/07 C), Bundesverwaltungsgericht (vgl. Beschluss vom 09.03.2011, Az.: 5 B 3/11, 5 B 3/11 (5 B 21/10)), und Bundesgerichtshof (BGH) (vgl. Beschluss vom 10.02.2012, Az.: V ZR 8/10) teilen diese Meinung genauso wie das Bayer. Landessozialgericht (vgl. z. B. Beschlüsse des Senats vom 31.10.2013, Az.: L 15 SF 320/13 RG, und vom 25.06.2015, Az.: L 15 RF 109/15; Beschluss vom 15.11.2013, Az.: L 1 SF 318/13 RG).

Auf den Vortrag des Antragstellers in der Sache kommt es wegen der bereits fehlenden Zulässigkeit der (zweiten) Anhörungsrüge nicht an. Gleichwohl macht der Senat den Antragsteller nochmals insbesondere auf die Ausführungen in Ziff. 4.2., letzter Absatz, des Beschlusses vom 06.05.2015, Az.: L 15 RF 9/15, aufmerksam, in dem erläutert worden ist, warum vorliegend eine Entschädigung für einen ganzen Arbeitstag nicht möglich gewesen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 197 a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung. Eine Gebührenfreiheit konstituierende Regelungen wie z. B. § 4 Abs. 8 Satz 1 JVEG, § 56 Abs. 2 Satz 2 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz oder § 66 Abs. 8 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG) kommen weder direkt noch analog zur Anwendung, da eine gesetzlich bestimmte Gebührenfreiheit nur für statthafte Verfahren gilt (ständige Rspr. des Senats, vgl. z. B. Beschlüsse vom 07.08.2014, Az.: L 15 SF 146/14 E, vom 22.09.2014, Az.: L 15 SF 157/14 E, vom 13.07.2015, Az.: L 15 SF 347/13 E, und vom 28.09.2015, Az.: L 15 RF 36/15 B; vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 17.10.2002, Az.: IX ZB 303/02, und vom 03.03.2014, Az.: IV ZB 4/14; Bundesfinanzhof, Beschlüsse vom 12.09.2005, Az.: VII E 5/05, und vom 15.02.2008, Az.: II B 84/07) und ein statthaftes Verfahren hier nicht vorliegt (vgl. oben). Dies gilt auch dann, wenn der Antragsteller oder Rechtmittelführer wie hier im Verfahren der Hauptsache gemäß § 183 Satz 1 SGG kostenprivilegiert gewesen ist (vgl. Beschlüsse des Senats vom 28.09.2015, Az.: L 15 RF 36/15 B - mit ausführlicher Begründung -, und vom 30.09.2015, Az.: L 15 SF 218/15).

Einer Streitwertfestsetzung bedarf es im vorliegenden Verfahren nicht, da für die Anhörungsrüge außerhalb eines kostenprivilegierten Verfahrens der Sozialgerichtsbarkeit mit dem Gebührentatbestand der Nr. 7400 des Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zum GKG, der auch für eine vor den Sozialgerichten erhobene Anhörungsrüge gemäß § 4 a JVEG heranzuziehen ist, eine streitwertunabhängige Festgebühr von 60,- € vorgesehen ist.

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Tenor

I.

Die Anhörungsrüge gegen den Beschluss vom 6. Mai 2015, Az.: L 15 RF 9/15, wird verworfen.

II.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

I. Mit Beschluss vom 06.05.2015, Az.: L 15 RF 9/15, dem Antragsteller zugestellt am 08.05.2015, setzte der Senat die Entschädigung des Antragstellers nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) wegen der mündlichen Verhandlung am 28.11.2013 auf insgesamt 43,75 € fest. Bei der dem Antragsteller gewährten Entschädigung für Verdienstausfall (in Höhe von 20,95 €) ging der Senat von einem Stundensatz von 4,19 € aus, wobei sich der Senat bei der Ermittlung der Stundensatzhöhe auf die Angaben des Antragstellers (u. a. durchschnittlicher Tagesumsatz im November 2013: 31,55 €) stützte.

Gegen den Beschluss des Senats vom 06.05.2015 hat der Antragsteller mit Schreiben vom 15.05.2015 „Widerspruch“ erhoben und die vom Senat durchgeführte Ermittlung der Stundensatzhöhe beanstandet. Dazu hat er vorgetragen, dass er in der Zeit vom 21. bis 30.11.2013, also in der Zeit, in der die mündliche Verhandlung stattgefunden habe, einen Tagesumsatz in Höhe von 62,14 € erzielt habe, woraus sich ein Stundensatz von 8,24 € (bei einer Sieben-Tage-Woche) bzw. von 9,62 € (bei einer Sechs-Tage-Woche) errechne. Für einen Stundensatz von 4,19 € arbeite er nicht.

II. Der als Anhörungsrüge auszulegende „Widerspruch“ des Antragstellers ist gemäß § 4 a Abs. 4 Satz 2 JVEG als unzulässig zu verwerfen. Unzulässig ist die Anhörungsrüge, weil der Antragsteller das ihm obliegende Darlegungserfordernis nicht erfüllt hat.

Gemäß § 4 a Abs. 2 Satz 5 JVEG muss die Anhörungsrüge die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in § 4 a Abs. 1 Nr. 2 JVEG genannten Voraussetzungen („wenn... das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat“) darlegen. Diesem Darlegungserfordernis des § 4 a Abs. 2 Satz 5 JVEG wird die Anhörungsrüge des Antragstellers nicht gerecht.

Die Erfüllung des Darlegungserfordernisses ist - wie bei jeder Anhörungsrüge auch nach anderen gesetzlichen Regelungen wie z. B. § 178 a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) - gemäß § 4 a Abs. 4 Satz 2 JVEG Zulässigkeitsvoraussetzung (ständige Rspr., vgl. z. B. Bundessozialgericht, Beschluss vom 07.04.2005, Az.: B 7a AL 38/05 B; Beschlüsse des Senats vom 24.07.2012, Az.: L 15 SF 150/12 AB RG, L 15 SF 151/12 AB RG, und vom 02.05.2014, Az.: L 15 SF 346/13). Eine Anhörungsrüge ist daher nur dann zulässig, wenn sich dem Vorbringen zweierlei entnehmen lässt, nämlich zum einen, dass das Gericht den Anspruch auf das rechtliche Gehör mit der gerügten Entscheidung neu und eigenständig verletzt hat (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 45. Aufl. 2015, § 4 a JVEG, Rdnr. 29 - m. w. N.; Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluss vom 05.05.2008, Az.: 1 BvR 562/08), und zum anderen, dass die Verletzung entscheidungserheblich ist (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/ders., SGG, 11. Aufl. 2014, § 178 a, Rdnr. 6a). Sinn und Zweck der Anhörungsrüge ist es allein, einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz (GG) - aber auch nur diesen - zu heilen (vgl. Hartmann, a. a. O., § 4 a JVEG, Rdnr. 2 - m. w. N.; BVerfG, Beschluss vom 22.06.2011, Az.: 1 BvR 2553/10).

An einem solchen Vortrag fehlt es hier.

Die vom Antragsteller erhobene Anhörungsrüge enthält einen Vortrag zu einer Verletzung des Anspruchs auf das rechtliche Gehör nicht. Vielmehr beinhaltet das Vorbringen des Antragstellers im Rahmen der Anhörungsrüge nur einen neuen Sachvortrag zu seinen Einkommensverhältnissen zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung, für die eine Entschädigung gewährt worden ist. Dieser neue Sachvortrag ist aber ohne Bedeutung für die Anhörungsrüge.

Eine Anhörungsrüge kann nicht auf neue, zum Zeitpunkt der mit der Anhörungsrüge angegriffenen gerichtlichen Entscheidung dem Gericht noch nicht bekannte Tatsachen gestützt werden (vgl. Beschluss des Senats vom 07.04.2014, Az.: L 15 SF 53/14). Denn die Anhörungsrüge ist kein weiteres Rechtsmittel, das zu einer erneuten inhaltlichen Überprüfung oder Fortführung der inhaltlichen Überprüfung, wie sie im zugrunde liegenden Verfahren (hier: der gerichtlichen Festsetzung der Entschädigung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG) stattgefunden hat, führt (vgl. Bundesverwaltungsgericht - BVerwG -, Beschluss vom 01.04.2008, Az.: 9 A 12/08, 9 A 12/08 (9 A 27/06)). Vielmehr ist sie nur ein Mittel, sich gegen die Verletzung des Gebots des rechtlichen Gehörs (vgl. Art. 103 Abs. 1 GG, §§ 62, 128 Abs. 2 SGG) zur Wehr zu setzen. Es handelt sich also um ein formelles Recht, das nur dann greift, wenn das Gericht ein entscheidungserhebliches Vorbringen des Beteiligten nicht in ausreichendem Maß zur Kenntnis genommen und sich mit ihm nicht in der gebotenen Weise auseinander gesetzt hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24.11.2011, Az.: 8 C 13/11, 8 C 13/11 (8 C 5/10)). Der Vortrag neuer Tatsachen, die in der mit der Anhörungsrüge beanstandeten gerichtlichen Entscheidung möglicherweise von Bedeutung sein hätten können, wenn sie bekannt gewesen wären, ist im Verfahren der Anhörungsrüge daher unbeachtlich (vgl. Bayer. LSG, Beschlüsse vom 07.11.2008, Az.: L 7 B 795/08 AS ER C, und vom 12.02.2009, Az.: L 7 B 863/08 AS ER C; Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschluss vom 26.08.2011, Az.: 54/10; Beschluss des Senats vom 07.04.2014, Az.: L 15 SF 53/14; Bayer. Verwaltungsgerichtshof - VGH -, Beschluss vom 30.04.2014, Az.: 9 C 14.722). Denn mangels Kenntnis des Gerichts von diesen Tatsachen zum Zeitpunkt der mit der Anhörungsrüge angegriffenen gerichtlichen Entscheidung ist eine Verletzung des rechtlichen Gehörs schon per se ausgeschlossen (vgl. Bayer. VGH, Beschuss vom 07.03.2006, Az.: 9 C 06.656). Eine „Nachbesserung“ eines ursprünglich erfolgten Sachvortrags durch neue Angaben ist daher durch eine Anhörungsrüge nicht möglich (vgl. BVerwG, Beschluss vom 01.03.2010, Az.: 9 B 8/10, 9 B 8/10 (9 B 3/09); Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.06.2015, Az.: V ZR 86/14).

Die vom Antragsteller im Rahmen der Anhörungsrüge neu gemachten Angaben zu seinen Einkommensverhältnissen, die von den von ihm im Rahmen des Entschädigungsantrags gemachten Auskünften abweichen, können daher im Rahmen der Anhörungsrüge unabhängig von ihrer inhaltlichen Richtigkeit keine Berücksichtigung finden.

Dieser Beschluss ergeht kostenfrei (§ 4 a Abs. 6 JVEG) und ist unanfechtbar (§ 4 a Abs. 4 Satz 4 JVEG).

Tenor

Die Entschädigung des Antragstellers für die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung am 28.11.2013 wird auf 43,75 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt eine Entschädigung nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) wegen der Teilnahme an einem Gerichtstermin. Insbesondere geht es um die Frage der Entschädigung für Verdienstausfall.

In dem am Bayer. Landessozialgericht (LSG) unter dem Aktenzeichen L 9 AL 251/10 geführten arbeitsversicherungsrechtlichen Berufungsverfahren fand am 28.11.2013 eine mündliche Verhandlung statt, an der der Antragsteller nach Anordnung des persönlichen Erscheinens teilnahm. Der auf 13.15 Uhr geladene Termin dauerte bis um 14.55 Uhr.

Mit bei Gericht am 16.01.2014 eingegangenem Entschädigungsantrag beantragte der Antragsteller wegen des Erscheinens bei der mündlichen Verhandlung eine Entschädigung für Verdienstausfall als Selbständiger (gewerblicher Chauffeur), für Fahrtkosten in Höhe von 22,80 € und für Porto in Höhe von 0,90 €. Den Verdienstausfall bezifferte er mit 31,55 €, da er da er keine Aufträge annehmen habe können ("Totalausfall"), was betragsmäßig dem durchschnittlichen täglichen Umsatz im November 2013 entspreche. Er gab an, in der Zeit von 11.40 Uhr bis 16.15 Uhr wegen des Gerichtstermins von zu Hause weg gewesen zu sein. Die Fahrkarte zum Gerichtstermin legte er vor.

Als Entschädigung wurde dem Antragsteller ein Betrag von 40,30 € wegen Fahrtkosten (22,80 €) und Nachteilsausgleichs (= Entschädigung für Zeitversäumnis) für 5 Stunden zu je 3,50 € ausbezahlt. Eine Entschädigung für Verdienstausfall wurde nicht gewährt, da - so die Kostenbeamtin im Telefonat mit dem Antragsteller am 21.01.2015 auf die telefonische Anfrage des Antragstellers vom 13.01.2015 hin - die Angaben des Antragstellers nicht glaubhaft seien.

Gegen die erfolgte Abrechnung hat sich der Antragsteller mit Schreiben vom 28.01.2015 gewandt und eine Kopie des Anschreibens zu seinem IHK-Beitragsbescheid 2013 vorgelegt. Daraus ergibt sich, dass der Antragsteller einer selbstständigen Berufstätigkeit als Kleingewerbetreibender (Dienstleistungen und Büroservice) nachgeht. Es sei - so der Antragsteller - ein unglaublicher und anmaßender Vorgang, ihm ohne weitere Rückfragen zu unterstellen, die Staatskasse durch falsche Angaben betrügen zu wollen.

Der Kostenrichter hat dem Antragsteller mit Schreiben vom 26.02.2015 die für die Entschädigung für Verdienstausfall bei Selbständigen geltenden Maßgaben erläutert.

Mit Schreiben vom 06.03.2015 hat der Antragsteller eine Kopie des Steuerbescheids für das Jahr 2013 vorgelegt. Daraus ergibt sich, dass der Antragsteller in diesem Jahr Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 2.008,- € gehabt hat. Er - so der Antragsteller - hoffe, dass sich damit die Angelegenheit erledigt habe. Den ihm bislang gewährten Entschädigungssatz von 3,50 € pro Stunde halte er für lebensfremd. Warum sollte nicht auch für einen Gerichtstermin, der für den Betroffenen keineswegs ein Spaziergang sei, der gesetzliche Mindestlohn gezahlt werden, der schließlich fast ausnahmslos für jede noch so kleine Firma unabhängig von erbrachter Arbeitsleistung/Wertschöpfung Pflicht sei. Dies würde auch zur Glaubwürdigkeit des Staates beitragen.

Der Senat hat die Akten des Berufungsverfahrens beim Bayer. LSG mit dem Aktenzeichen L 9 AL 251/10 beigezogen.

II.

Die Festsetzung der Entschädigung erfolgt gemäß § 4 Abs. 1 JVEG durch gerichtlichen Beschluss, wenn wie hier der Berechtigte mit Schreiben vom 28.01.2015 sinngemäß die gerichtliche Festsetzung beantragt.

Die Entschädigung für die Wahrnehmung des Gerichtstermins am 28.11.2013 ist auf 43,75 € festzusetzen. Ein Anspruch auf eine höhere Entschädigung für Verdienstausfall besteht nicht.

Beteiligte eines gerichtlichen Verfahrens sind gemäß § 191 Sozialgerichtsgesetz (SGG) wie Zeugen zu entschädigen, sofern es sich wie hier um ein gerichtskostenfreies Verfahren im Sinn des § 183 SGG handelt. Die Entschädigung ergibt sich aus dem JVEG. Die Entschädigungstatbestände (für einen Zeugen) sind in § 19 JVEG aufgelistet.

1. Prüfungsumfang im Verfahren der gerichtlichen Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG

Die gerichtliche Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG stellt keine Überprüfung der vom Kostenbeamten vorgenommenen Berechnung dar, sondern ist eine davon unabhängige erstmalige Festsetzung. Bei der Kostenfestsetzung durch den Kostenbeamten handelt es sich um eine lediglich vorläufige Regelung, die durch den Antrag auf gerichtliche Kostenfestsetzung hinfällig wird (vgl. Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.11.1968, Az.: RiZ (R) 4/68). Damit wird eine vorherige Berechnung der Beträge im Verwaltungsweg sowohl bei den Einzelpositionen als auch im Gesamtergebnis gegenstandslos. Das Gericht hat daher eine vollumfassende Prüfung des Entschädigungsanspruchs vorzunehmen, ohne auf Einwände gegen die im Verwaltungsweg erfolgte Kostenfestsetzung beschränkt zu sein. Die vom Gericht festgesetzte Entschädigung kann daher auch niedriger ausfallen, als sie zuvor vom Kostenbeamten festgesetzt worden ist; das Verbot der reformatio in peius gilt nicht (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. z.B. Beschluss vom 08.05.2014, Az.: L 15 SF 42/12; vgl. auch Meyer/Höver/Bach/Oberlack, JVEG, 26. Aufl. 2014, § 4, Rdnr. 12 - m.w.N.).

2. Anzuwendende Fassung des JVEG

Zur Anwendung kommen im vorliegenden Fall nach Erlass des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - 2. KostRMoG) vom 23.07.2013 (BGBl I S. 2586, 2681 ff.) gemäß der Übergangsvorschrift des § 24 JVEG die Regelungen des JVEG in der ab dem 01.08.2013 geltenden Fassung. Denn der Antragsteller als Berechtigter ist nach dem gemäß Art. 55 2. KostRMoG am 01.08.2013 erfolgten Inkrafttreten des 2. KostRMoG herangezogen worden.

3. Fahrtkostenersatz

Für Fahrtkosten (Bahn) ist ein Ersatz gemäß § 5 JVEG in Höhe von 22,80 € zu leisten.

Der Gesetzgeber hat mit § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 JVEG dem Zeugen bzw. Beteiligten ein Wahlrecht eröffnet, ob er mit öffentlichen, regelmäßig verkehrenden Verkehrsmitteln (§ 5 Abs. 1 JVEG) oder mit einem Kraftfahrzeug (§ 5 Abs. 2 JVEG) zum gerichtlich festgesetzten Termin anreist. Der Fahrtkostenersatz folgt der getroffenen Wahl des Beförderungsmittels. Wählt der Beteiligte wie hier die Anreise mit öffentlichen, regelmäßig verkehrenden Verkehrsmitteln, werden ihm gemäß § 5 Abs. 1 JVEG die tatsächlich entstandenen Auslagen bis zur Höhe der entsprechenden Kosten für die Benutzung der ersten Wagenklasse der Bahn einschließlich der Auslagen für Platzreservierung und Beförderung des notwendigen Gepäcks ersetzt. Voraussetzung ist immer, dass die durchgeführte Fahrt auch objektiv notwendig war, um den gerichtlich angeordneten Termin wahr zu nehmen (vgl. Beschluss des Senats vom 21.05.2014, Az.: L 15 SF 137/13). Die entstandenen Kosten sind nachzuweisen (zur Nachweisführung: vgl. Beschluss des Senats vom 08.10.2013, Az.: L 15 SF 157/12 B).

Bei Berücksichtigung dieser Vorgaben sind dem Antragsteller die durch die Vorlage der Fahrkarte nachgewiesenen Kosten in Höhe von 22,80 € zu erstatten.

4. Entschädigung für Verdienstausfall

Dem Antragsteller steht eine Entschädigung für Verdienstausfall gemäß § 22 JVEG in Höhe von 20,95 € zu.

In seiner Grundsatzentscheidung vom 04.12.2013, Az.: L 15 SF 226/11, hat sich der Senat umfassend mit der Frage der Entschädigung für Verdienstausfall auseinander gesetzt. Er hat dabei - kurz zusammen gefasst - folgende Kernaussagen getroffen:

* Um das Tatbestandsmerkmal des Verdienstausfalls im Sinn des § 22 JVEG bejahen zu können, bedarf es (nur) des Nachweises, dass überhaupt ein solcher Ausfall entstanden ist, nicht aber in welcher Höhe.

* Dieser Nachweis ist im Vollbeweis zu führen, da das JVEG keine Beweiserleichterung enthält.

* Dieser Beweismaßstab gilt sowohl bei abhängig beschäftigten als auch bei selbständig tätigen Anspruchstellern. Wegen der bei letzterer Berufsgruppe wesensmäßig vorliegenden Nachweisschwierigkeit ist durch das Gericht im Rahmen der ihm obliegenden freien Beweiswürdigung gemäß § 128 Abs. 1 SGG aber sicher zu stellen, dass der gesetzlich vorgesehene Anspruch auf Entschädigung für Verdienstausfall nicht faktisch leer läuft.

* Maßgeblich für die Beurteilung, ob ein Verdienstausfall entstanden ist, ist die Beurteilung am Tag des Gerichtstermins, der den Entschädigungsanspruch nach dem JVEG zur Folge hat. Spätere Entwicklungen bleiben bei der Festsetzung der Entschädigung unberücksichtigt.

* Zu entschädigen ist die nach objektiven Maßstäben zu ermittelnde "gesamte Dauer der Heranziehung einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten", nicht mehr wie früher unter Geltung des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (ZuSEG) die "versäumte Arbeitszeit". Die konkret ausgefallene Arbeitszeit ist daher nicht zu ermitteln; eine fiktive Mittagspause kann nicht in Abzug gebracht werden (vgl. auch Beschluss des Senats vom 06.12.2013, Az.: L 15 SF 39/13).

An diesen Grundsätzen hat sich auch im hier zu entscheidenden Fall die Beantwortung der Frage zu orientieren, ob und wenn ja in welcher Höhe dem Antragsteller eine Entschädigung für Verdienstausfall zu gewähren ist.

4.1. Ob des Verdienstausfalls

Bei Würdigung sämtlicher Umstände geht der Senat davon aus, dass der - vom Antragsteller zu erbringende - Nachweis, dass ihm durch den Gerichtstermin überhaupt ein Verdienstausfall entstanden ist, geführt ist.

Bei der Überzeugungsbildung, ob ein Verdienstausfall an sich, d.h. unabhängig von der konkreten Höhe, eingetreten ist, dürfen die Anforderungen an die Prüfpflicht der Kostenbeamten und Kostenrichter nicht nur im Sinn der Praktikabilität und Verwaltungsökonomie (Leitgedanke der Rechtsprechung des Kostensenats vgl. z.B. Grundsatzbeschlüsse vom 14.05.2012, Az.: L 15 SF 276/10 B E, vom 18.05.2012, Az.: L 15 SF 104/11, vom 22.06.2012, Az.: L 15 SF 136/11, vom 30.07.2012, Az.: L 15 SF 439/11, vom 08.04.2013, Az.: L 15 SF 305/10, vom 08.10.2013, Az.: L 15 SF 157/12 B, vom 04.12.2013, Az.: L 15 SF 226/11, vom 17.12.2013, Az.: L 15 SF 275/13, vom 08.05.2014, Az.: L 15 SF 42/12, vom 03.06.2014, Az.: L 15 SF 402/13 E, vom 03.11.2014, Az.: L 15 SF 254/12, vom 04.11.2014, Az.: L 15 SF L 15 SF 198/14, vom 07.01.2015, Az.: L 15 SF 210/14, vom 14.01.2015, Az.: L 15 SF 239/12 B, und vom 10.03.2015, Az.: L 15 RF 5/15), sondern insbesondere auch um zu vermeiden, dass die gesetzliche Regelung des § 22 JVEG für Selbständige ins Leere läuft, nicht überspannt werden (vgl. Beschluss des Senats vom 04.12.2013, Az.: L 15 SF 226/11). Gleichwohl können unbelegte Angaben zu einer selbständigen Tätigkeit und einem behaupteten Verdienstausfall nicht ungeprüft und ohne Plausibilitätsprüfung einer Entschädigung zugrunde gelegt werden. Vielmehr muss nachgewiesen sein, dass die selbständige Tätigkeit von einer gewissen Nachhaltigkeit und Regelmäßigkeit ist (vgl. Landgericht - LG - Stendal, Beschluss vom 20.11.2008, Az.: 23 O 515/07). Denn wenn ein Selbständiger nur mit deutlich reduziertem zeitlichem Einsatz seiner Tätigkeit nachgeht und er daher oft in der Lage ist, sich die ihm zur Verfügung stehende Arbeitszeit frei einzuteilen, besteht die durchaus nicht fernliegende Möglichkeit, dass er an dem Tag des Gerichtstermins einen Verdienst überhaupt nicht erzielt hätte, weil er die von ihm im Rahmen der beruflichen Tätigkeit zu erbringende Arbeiten an einem anderen Tag erledigt hätte und wegen des Gerichtstermins überhaupt keinen Auftrag ablehnen hätte müssen (vgl. LG Rostock, Beschluss vom 15.11.2002, Az.: 2 T 23/01), was dem Nachweis eines Verdienstausfalls entgegen steht. Kann daher nur von einer nicht regelmäßig oder nur mit zeitlich reduziertem Aufwand ausgeübten selbständigen Tätigkeit ausgegangen werden, worauf beispielsweise geringe monatliche Einnahmen bei einem vom Antragsteller angegebenen hohen Stundensatz hinweisen (vgl. Beschluss des Senats vom 16.04.2015, Az.: L 15 SF 330/14), wird ein Anspruch auf Entschädigung für Verdienstausfall regelmäßig scheitern (vgl. Bayer. LSG, Beschluss vom 28.07.1998, Az.: L 19 RJ 257/95.Ko; Beschluss des Senats vom 02.07.2012, Az.: L 15 SF 12/12). Daraus folgt auch, dass im Regelfall eine Entschädigung für Verdienstausfall nicht in Betracht kommt, wenn zum maßgeblichen Zeitpunkt Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch bezogen werden. Jedenfalls bei Leistungsbezug in Höhe des Regelsatzes dürfte eine Entschädigung für Verdienstausfall ausgeschlossen sein, da der Leistungsbezug - von ganz seltenen Ausnahmefällen abgesehen - Beleg für die fehlende Regelmäßigkeit und Nachhaltigkeit der selbständigen Tätigkeit ist. Allein daraus, dass das angegebene monatliche Einkommen bei selbständiger Tätigkeit vergleichsweise gering ist, kann aber noch nicht auf eine fehlende Regelmäßigkeit der selbständigen Tätigkeit, die wegen der dabei anzunehmenden zeitlichen Flexibilität (vgl. Beschluss des Senats vom 16.04.2015, Az.: L 15 SF 330/14) dem Ob eines Verdienstausfalls entgegen stehen würde, geschlossen werden (vgl. Beschluss des Senats vom 08.04.2015, Az.: L 15 SF 387/13, dem eine Tätigkeit als selbständiger Kurierdienst mit niedrigem Stundensatz und geringer zeitlicher Flexibilität zugrunde lag). Dabei ist es angezeigt, in Anbetracht der Nachweisschwierigkeiten bei selbständiger Tätigkeit bei der Entschädigung für Verdienstausfall antragstellerfreundlich vorzugehen und den Angaben eines Antragstellers zu folgen, wenn sie plausibel erscheinen und nicht in sich widersprüchlich sind (vgl. Beschluss des Senats vom 04.12.2013, Az.: L 15 SF 226/11). Durch diese Großzügigkeit bei der Beurteilung ist auch keine relevante Missbrauchsgefahr eröffnet. Denn wenn die Intensität der selbständigen Tätigkeit reduziert ist, hat dies in der Regel zur Folge, dass auch die zu gewährende Entschädigung für Verdienstausfall niedrig ausfallen wird. Die zu gewährende Entschädigung orientiert sich nämlich an dem (grundsätzlich vom Antragsteller nachzuweisenden) regelmäßigen Bruttoverdienst, der bei einem zeitlich reduzierten Umfang der selbständigen Tätigkeit typischerweise auch eher niedrig sein wird, so dass sich durchaus auch eine Entschädigung für Verdienstausfall errechnen kann, die nicht weit über der Entschädigung für Zeitversäumnis liegt (vgl. Beschluss des Senats vom 08.04.2015, Az.: L 15 SF 387/13).

Im vorliegenden Fall ist der Senat aufgrund der Angaben des Antragstellers und der von ihm vorgelegten Unterlagen zu der Überzeugung gekommen, dass infolge der Teilnahme am Gerichtstermin vom 28.11.2013 ein Verdienstausfall entstanden ist.

Als Nachweis für seine selbständige Tätigkeit hat der Antragsteller seinen IHK-Beitragsbescheid 2013 für sein Kleingewerbe "Dienstleistungen und Büroservice" und eine Kopie des Steuerbescheids für das Jahr 2013 vorgelegt, woraus sich Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Einzelunternehmer in Höhe von 2.008,- € ersehen lassen. Zudem hat er (schon im Entschädigungsantrag vom 14.01.2014) angegeben, im November 2013 einen durchschnittlichen täglichen Umsatz von 31,55 € erzielt zu haben.

Diese Angaben sind in sich schlüssig und plausibel. Der Senat geht daher im Rahmen des Kostenverfahrens von der Richtigkeit dieser Angaben aus. Es kann dabei nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei der selbständigen Tätigkeit des Antragstellers um eine solche gehandelt hätte, der der Antragsteller nicht regelmäßig nachgegangen wäre, was der Annahme eines Verdienstausfalls entgegenstehen würde. Denn angesichts der bekanntermaßen vergleichsweise niedrigen Einkommensmöglichkeiten im Bereich von Kleingewerben, wie es auch der Antragsteller betreibt, muss der Antragsteller in diese Tätigkeit einen nicht ganz unerheblichen Zeitaufwand investiert haben, um den angegebenen Verdienst erzielen zu können. Angesichts des niedrig anzusetzenden Stundensatzes und der Terminsgebundenheit der von ihm angegebenen Chauffeurstätigkeit ist davon auszugehen, dass der Antragsteller zeitlich nicht so flexibel gewesen ist, dass er die Aufträge, die er, wenn der Gerichtstermin nicht stattgefunden hätte, an diesem Tag erledigt hätte, auf einen anderen Tag verschieben hätte können.

4.2.

Zu entschädigende Zeitdauer

Es ist eine Entschädigung für 5 Stunden zu gewähren.

Die Dauer der zu entschädigenden Zeit ergibt sich aus § 19 Abs. 2 JVEG. Danach ist gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 JVEG die "gesamte Dauer der Heranziehung einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten" zu berücksichtigen. Eine Sonderregelung zur Ermittlung der zu entschädigenden Zeit bei Verdienstausfall gegenüber der allgemeinen, für alle nach Stunden zu bemessenden Entschädigungstatbeständen geltenden Regelung in § 19 Abs. 2 JVEG, die als lex specialis einer Anwendung des § 19 Abs. 2 Satz 1 JVEG entgegenstehen würde, gibt es, insbesondere in § 22 JVEG, nicht.

Die Notwendigkeit der Dauer der Heranziehung ist - wie auch sonst bei der Bemessung der Entschädigung - nach objektiven Kriterien zu ermitteln (vgl. zur Fahrtstrecke: Beschluss des Senats vom 02.07.2012, Az.: L 15 SF 12/12; zu Verpflegungskosten: Beschluss des Senats vom 01.08.2012, Az.: L 15 SF 277/10; zur Begleitperson: Beschluss des Senats vom 02.11.2012, Az.: L 15 SF 82/12). Dabei ist auch die im gesamten Kostenrecht geltende Kostenminimierungspflicht zu beachten (vgl. Beschluss des Senats vom 02.07.2012, Az.: L 15 SF 12/12). Dies darf aber nicht dazu führen, dass nur die retroperspektiv ermittelte unverzichtbare Abwesenheitszeit entschädigt wird. Vielmehr ist auch zu berücksichtigen, ob die tatsächlich vorliegende Abwesenheitszeit nicht aus nachvollziehbaren Gründen länger war als die unverzichtbare Zeit (vgl. Beschlüsse des Senats vom 04.12.2013, Az.: L 15 SF 226/11, und vom 15.05.2014, Az.: L 15 SF 118/14). So hat beispielsweise der Beteiligte bei der Anfahrt zum Gericht gewisse Unsicherheitsfaktoren (z.B. Staugefahr) zu berücksichtigen. Ein vernünftig denkender Beteiligter wird zudem ein gewisses Zeitpolster einkalkulieren, sodass er eine rechtzeitige Ankunft, die insbesondere auch im Interesse des ladenden Gerichts liegt, nicht gefährdet. Gegebenenfalls benötigt er vor dem Termin auch noch etwas Zeit, um den Fall mit seinem Bevollmächtigten zu besprechen. Bei entsprechend langer Abwesenheit von zu Hause oder der Arbeitsstelle kann es auch erforderlich sein, dass der Beteiligte eine Pause macht, um sich für die weitere Fahrt zu stärken. Da hier bei Berücksichtigung der in jedem Fall spezifischen Einzelfallumstände zahlreiche Konstellationen denkbar sind, die eine etwas längere Zeit begründen, dürfen im Sinn der Praktikabilität an die Prüfpflicht der Kostenbeamten und Kostenrichter keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Sofern die vom Beteiligten oder Zeugen angegebene Zeit nicht lebensfremd erscheint, wird sie daher regelmäßig der Entschädigung zugrunde zu legen sein (ständige Rspr. des Senats, vgl. z.B. Beschluss vom 15.05.2014, Az.: L 15 SF 118/14).

Gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 JVEG wird die letzte bereits begonnene Stunde voll gerechnet, wenn insgesamt mehr als 30 Minuten auf die Heranziehung entfallen; anderenfalls beträgt die Entschädigung die Hälfte des sich für eine volle Stunde ergebenden Betrags.

Begrenzt ist die Dauer gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 JVEG auf 10 Stunden je Tag.

Im vorliegenden Fall hat der Antragsteller eine Abwesenheitszeit von 4 Stunden 35 Minuten angegeben. Im Sinn der gebotenen großzügigen Betrachtungsweise kann diese Zeitdauer als objektiv erforderlich betrachtet werden. Es ist daher eine Entschädigung für aufgerundet 5 Stunden zuzusprechen.

Ohne Bedeutung für die zu entschädigende Zeit ist es, wenn der Antragsteller durch den Gerichtstermin gezwungen gewesen sein sollte, auch Aufträge abzulehnen, deren Erfüllung sich nur teilweise mit der gerichtsterminsbedingten Abwesenheit überschnitten hätte. Denn bei der Entschädigung für Verdienstausfall kommt es nach der gesetzlichen Konzeption nicht darauf an, in welchen Zeiten infolge des Gerichtstermins dem Betroffenen eine Arbeit und damit Erzielung von Verdienst nicht möglich war, sondern ausschließlich auf die "gesamte Dauer der Heranziehung einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten" (§ 19 Abs. 2 Satz 1 JVEG) (vgl. Beschluss des Senats vom 13.01.2015, Az.: L 15 SF 170/14). Eine Entschädigung für einen ganzen Arbeitstag kann der Antragsteller daher nicht geltend machen.

4.3. Höhe der Entschädigung - Stundensatz

Der Entschädigung ist ein Stundensatz von 4,19 € zugrunde zu legen.

Der Antragsteller hat im Rahmen des Entschädigungsantrags einen durchschnittlichen Tagesumsatz vom 31,55 € angegeben. Diese Angabe legt der Senat der Entschädigung zugrunde, wobei er im Sinn der gebotenen Großzügigkeit und mit Blick auf die geringe Höhe des Umsatzes davon ausgeht, dass dem am Tag des Gerichtstermins entgangenen Umsatz keine wesentlichen, durch den Gerichtstermin bedingten Einsparungen bei den Betriebsausgaben gegenüber stehen.

Bei Berücksichtigung der Angabe des Antragstellers zum durchschnittlichen Tagesverdienst (31,55 €) ergibt sich bei einer zugrunde zu legenden deutschlandweit durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 37,7 Stunden (vgl. WSI-Arbeitszeitkalender 2014 der Hans-Böckler-Stiftung) und damit einer durchschnittlichen Tagesarbeitszeit von 7,54 Stunden ein Stundesatz von 4,19 €

Sofern der Antragsteller im Schreiben vom 06.03.2015 zu erkennen gegeben hat, dass es aus seiner Sicht gerecht wäre, einen Stundensatz in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 € auch der Entschädigung zugrunde zu legen, fehlt dafür eine gesetzliche Grundlage. Eine solche könnte nur der Gesetzgeber im Rahmen der Gesetzgebung schaffen, nicht aber das Gericht im Wege der Auslegung. Ein Mindeststundensatz bei der Entschädigung für Verdienstausfall erscheint dem Senat nur insofern vertretbar, als die Entschädigung für Verdienstausfall nicht geringer ausfallen kann als die Entschädigung für Zeitversäumnis § 20 JVEG in Höhe von 3,50 € je Stunde; denn es wäre schwer nachvollziehbar, wenn die Entschädigung für Verdienstausfall niedriger ausfallen würde als die für Zeitversäumnis.

Im Übrigen - darauf weist der Senat der Vollständigkeit halber hin - würde die getroffene Einschätzung auch nicht dadurch in Zweifel gezogen, wenn der Antragsteller - was nicht erfolgt ist - vortragen würde, dass er seiner selbständigen Tätigkeit nicht in dem oben zugrunde gelegten wöchentlichen Umfang von 37,7 Stunden nachgehen würde, sondern dafür weniger Zeit aufwenden würde mit der Konsequenz eines höheren Stundensatzes. Ganz abgesehen davon, dass eine Berücksichtigung eines derartigen Vortrags ohnehin schwer mit dem Leitgedanken der Praktikabilität und Verwaltungsökonomie der Kostensachbearbeitung, der die Rechtsprechung des Kostensenats durchzieht (vgl. die oben unter Ziff. 4.1. angeführten Grundsatzbeschlüsse des Senats), vereinbar wäre, würden mit einem solchen Vortrag möglicherweise Zweifel am Ob des Verdienstausfalls geweckt. Denn bei einem zeitlich nicht unerheblich reduzierten Umfang der selbständigen Tätigkeit läge es nahe, dass durch den Gerichtstermin überhaupt kein Verdienstausfall verursacht worden ist (vgl. oben Ziff. 4.1.) (vgl. Beschluss des Senats vom 08.04.2015, Az.: L 15 SF 387/13).

Auch wenn - was im vorliegenden Fall nicht behauptet wird, geschweige denn nachgewiesen ist - der Kläger tatsächlich in der Zeit des Gerichtstermins einen konkreten Verdienstausfall in größerer Höhe erlitten hätte, könnte dies an der Beurteilung nichts ändern. Denn auf die konkrete Höhe des entstandenen Verdienstausfalls kommt es bei der Entschädigung für Verdienstausfall nicht an (vgl. Beschlüsse des Senats vom 13.01.2015, Az.: L 15 SF 170/14, und vom 08.04.2015, Az.: L 15 SF 387/13).

4.4. Ergebnis zu der Entschädigung für Verdienstausfall

Bei einer zu entschädigenden Zeitdauer von 5 Stunden und einem zugrunde zu legenden regelmäßigen Bruttoverdienst von 4,19 € pro Stunde errechnet sich eine Entschädigung von 20,95 €.

5. Porto

Portokosten sind nicht zu erstatten; das JVEG sieht nur eine Entschädigung wegen eines gerichtlich angeordneten Termins vor, nicht aber für die Geltendmachung dieser Entschädigung.

Ein Ersatz von Portokosten kommt über § 7 Abs. 1 JVEG nur dann in Betracht, wenn es sich bei den Portokosten um solche handelt, die der Berechtigte gerade aufgrund der Heranziehung durch das Gericht tatsächlich aufgewendet hat (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 45 Aufl. 2015, § 7 JVEG, Rdnr. 3). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Dem Antragsteller sind die Portokosten nämlich nicht wegen des Termins der mündlichen Verhandlung entstanden, sondern wegen der Geltendmachung der ihm anlässlich des Termins entstandenen Kosten. Die Geltendmachung der Entschädigung selbst begründet aber genauso wenig einen weiteren oder erweiterten Entschädigungsanspruch, wie auch die im Rahmen des Antrags gemäß § 4 Abs. 1 JVEG entstandenen Portokosten vom Antragsteller gemäß § 4 Abs. 8 JVEG selbst zu tragen sind (vgl. Beschluss des Senats vom 18.06.2012, Az.: L 15 SF 307/11).

Die Entschädigung des Antragstellers für die Teilnahme am Gerichtstermin am 28.11.2013 ist daher auf insgesamt 43,75 € festzusetzen.

Das Bayer. LSG hat über den Antrag auf gerichtliche Kostenfestsetzung gemäß § 4 Abs. 7 Satz 1 JVEG als Einzelrichter zu entscheiden gehabt.

Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG). Sie ergeht kosten- und gebührenfrei (§ 4 Abs. 8 JVEG).

Tenor

I.

Die Anhörungsrüge gegen den Beschluss vom 6. Mai 2015, Az.: L 15 RF 9/15, wird verworfen.

II.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

I. Mit Beschluss vom 06.05.2015, Az.: L 15 RF 9/15, dem Antragsteller zugestellt am 08.05.2015, setzte der Senat die Entschädigung des Antragstellers nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) wegen der mündlichen Verhandlung am 28.11.2013 auf insgesamt 43,75 € fest. Bei der dem Antragsteller gewährten Entschädigung für Verdienstausfall (in Höhe von 20,95 €) ging der Senat von einem Stundensatz von 4,19 € aus, wobei sich der Senat bei der Ermittlung der Stundensatzhöhe auf die Angaben des Antragstellers (u. a. durchschnittlicher Tagesumsatz im November 2013: 31,55 €) stützte.

Gegen den Beschluss des Senats vom 06.05.2015 hat der Antragsteller mit Schreiben vom 15.05.2015 „Widerspruch“ erhoben und die vom Senat durchgeführte Ermittlung der Stundensatzhöhe beanstandet. Dazu hat er vorgetragen, dass er in der Zeit vom 21. bis 30.11.2013, also in der Zeit, in der die mündliche Verhandlung stattgefunden habe, einen Tagesumsatz in Höhe von 62,14 € erzielt habe, woraus sich ein Stundensatz von 8,24 € (bei einer Sieben-Tage-Woche) bzw. von 9,62 € (bei einer Sechs-Tage-Woche) errechne. Für einen Stundensatz von 4,19 € arbeite er nicht.

II. Der als Anhörungsrüge auszulegende „Widerspruch“ des Antragstellers ist gemäß § 4 a Abs. 4 Satz 2 JVEG als unzulässig zu verwerfen. Unzulässig ist die Anhörungsrüge, weil der Antragsteller das ihm obliegende Darlegungserfordernis nicht erfüllt hat.

Gemäß § 4 a Abs. 2 Satz 5 JVEG muss die Anhörungsrüge die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in § 4 a Abs. 1 Nr. 2 JVEG genannten Voraussetzungen („wenn... das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat“) darlegen. Diesem Darlegungserfordernis des § 4 a Abs. 2 Satz 5 JVEG wird die Anhörungsrüge des Antragstellers nicht gerecht.

Die Erfüllung des Darlegungserfordernisses ist - wie bei jeder Anhörungsrüge auch nach anderen gesetzlichen Regelungen wie z. B. § 178 a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) - gemäß § 4 a Abs. 4 Satz 2 JVEG Zulässigkeitsvoraussetzung (ständige Rspr., vgl. z. B. Bundessozialgericht, Beschluss vom 07.04.2005, Az.: B 7a AL 38/05 B; Beschlüsse des Senats vom 24.07.2012, Az.: L 15 SF 150/12 AB RG, L 15 SF 151/12 AB RG, und vom 02.05.2014, Az.: L 15 SF 346/13). Eine Anhörungsrüge ist daher nur dann zulässig, wenn sich dem Vorbringen zweierlei entnehmen lässt, nämlich zum einen, dass das Gericht den Anspruch auf das rechtliche Gehör mit der gerügten Entscheidung neu und eigenständig verletzt hat (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 45. Aufl. 2015, § 4 a JVEG, Rdnr. 29 - m. w. N.; Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluss vom 05.05.2008, Az.: 1 BvR 562/08), und zum anderen, dass die Verletzung entscheidungserheblich ist (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/ders., SGG, 11. Aufl. 2014, § 178 a, Rdnr. 6a). Sinn und Zweck der Anhörungsrüge ist es allein, einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz (GG) - aber auch nur diesen - zu heilen (vgl. Hartmann, a. a. O., § 4 a JVEG, Rdnr. 2 - m. w. N.; BVerfG, Beschluss vom 22.06.2011, Az.: 1 BvR 2553/10).

An einem solchen Vortrag fehlt es hier.

Die vom Antragsteller erhobene Anhörungsrüge enthält einen Vortrag zu einer Verletzung des Anspruchs auf das rechtliche Gehör nicht. Vielmehr beinhaltet das Vorbringen des Antragstellers im Rahmen der Anhörungsrüge nur einen neuen Sachvortrag zu seinen Einkommensverhältnissen zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung, für die eine Entschädigung gewährt worden ist. Dieser neue Sachvortrag ist aber ohne Bedeutung für die Anhörungsrüge.

Eine Anhörungsrüge kann nicht auf neue, zum Zeitpunkt der mit der Anhörungsrüge angegriffenen gerichtlichen Entscheidung dem Gericht noch nicht bekannte Tatsachen gestützt werden (vgl. Beschluss des Senats vom 07.04.2014, Az.: L 15 SF 53/14). Denn die Anhörungsrüge ist kein weiteres Rechtsmittel, das zu einer erneuten inhaltlichen Überprüfung oder Fortführung der inhaltlichen Überprüfung, wie sie im zugrunde liegenden Verfahren (hier: der gerichtlichen Festsetzung der Entschädigung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG) stattgefunden hat, führt (vgl. Bundesverwaltungsgericht - BVerwG -, Beschluss vom 01.04.2008, Az.: 9 A 12/08, 9 A 12/08 (9 A 27/06)). Vielmehr ist sie nur ein Mittel, sich gegen die Verletzung des Gebots des rechtlichen Gehörs (vgl. Art. 103 Abs. 1 GG, §§ 62, 128 Abs. 2 SGG) zur Wehr zu setzen. Es handelt sich also um ein formelles Recht, das nur dann greift, wenn das Gericht ein entscheidungserhebliches Vorbringen des Beteiligten nicht in ausreichendem Maß zur Kenntnis genommen und sich mit ihm nicht in der gebotenen Weise auseinander gesetzt hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24.11.2011, Az.: 8 C 13/11, 8 C 13/11 (8 C 5/10)). Der Vortrag neuer Tatsachen, die in der mit der Anhörungsrüge beanstandeten gerichtlichen Entscheidung möglicherweise von Bedeutung sein hätten können, wenn sie bekannt gewesen wären, ist im Verfahren der Anhörungsrüge daher unbeachtlich (vgl. Bayer. LSG, Beschlüsse vom 07.11.2008, Az.: L 7 B 795/08 AS ER C, und vom 12.02.2009, Az.: L 7 B 863/08 AS ER C; Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschluss vom 26.08.2011, Az.: 54/10; Beschluss des Senats vom 07.04.2014, Az.: L 15 SF 53/14; Bayer. Verwaltungsgerichtshof - VGH -, Beschluss vom 30.04.2014, Az.: 9 C 14.722). Denn mangels Kenntnis des Gerichts von diesen Tatsachen zum Zeitpunkt der mit der Anhörungsrüge angegriffenen gerichtlichen Entscheidung ist eine Verletzung des rechtlichen Gehörs schon per se ausgeschlossen (vgl. Bayer. VGH, Beschuss vom 07.03.2006, Az.: 9 C 06.656). Eine „Nachbesserung“ eines ursprünglich erfolgten Sachvortrags durch neue Angaben ist daher durch eine Anhörungsrüge nicht möglich (vgl. BVerwG, Beschluss vom 01.03.2010, Az.: 9 B 8/10, 9 B 8/10 (9 B 3/09); Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.06.2015, Az.: V ZR 86/14).

Die vom Antragsteller im Rahmen der Anhörungsrüge neu gemachten Angaben zu seinen Einkommensverhältnissen, die von den von ihm im Rahmen des Entschädigungsantrags gemachten Auskünften abweichen, können daher im Rahmen der Anhörungsrüge unabhängig von ihrer inhaltlichen Richtigkeit keine Berücksichtigung finden.

Dieser Beschluss ergeht kostenfrei (§ 4 a Abs. 6 JVEG) und ist unanfechtbar (§ 4 a Abs. 4 Satz 4 JVEG).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZR 8/10
vom
10. Februar 2012
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. Februar 2012 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Lemke und
Prof. Dr. Schmidt-Räntsch, die Richterin Dr. Stresemann und den Richter
Dr. Czub

beschlossen:
Die wiederholte Anhörungsrüge des Klägers vom 18. Januar 2012 gegen den Beschluss des Senats vom 27. Dezember 2011 wird als unstatthaft, die Gegenvorstellung vom 26. Mai 2011 gegen den Beschluss des Senats vom 28. April 2011 als unzulässig verworfen. Weitere Eingaben in dieser Sache werden nicht mehr beschieden.

Gründe:

1
Die Gegenvorstellung ist unzulässig.
2
a) Der eine Anhörungsrüge nach § 321a ZPO zurückweisende Beschluss ist nach § 321a Abs. 4 Satz 4 ZPO unanfechtbar. Mit der Einführung der Anhörungsrüge sollte eine solche Kontrolle einer nicht mehr anfechtbaren Ausgangsentscheidung durch das Gericht eröffnet, die Überprüfungsmöglichkeiten im Interesse der Rechtssicherheit und des effektiven Ressourceneinsatzes jedoch nicht ins Unendliche ausgedehnt werden (BT-Drucks. 14/4722, S. 156). Das Verfahren vor dem ordentlichen Gericht ist daher beendet, wenn dieses nach Prüfung der Anhörungsrüge eine "Selbstkorrektur" der Ausgangsentscheidung ablehnt (BayVerfGH, NJW-RR 2011, 430).
3
b) Dasselbe gilt, wenn - wie hier - die Behauptung, durch die Zurückweisung einer Anhörungsrüge in dem Verfahrensgrundrecht erneut verletzt worden zu sein, nicht in einer weiteren Anhörungrüge nach § 321 ZPO, sondern im Wege einer Gegenvorstellung vorgebracht wird. Eine Entscheidung, die nach dem Gesetz unanfechtbar ist, kann auch über den Umweg einer Gegenvorstellung nicht anfechtbar gemacht werden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 22. Februar 2007 - IX ZA 41/06, Rn. 1 juris und vom 2. September 2008 - IX ZA 21/08, Rn. 2).
4
2. Weitere Eingaben des Klägers in dieser Sache werden nicht mehr beschieden , da sich der Senat mit dessen Vorbringen mehrfach befasst und den als angeblich übergangenen gerügten Vortrag zu einem absoluten Revisionsgrund nach § 547 Nr. 1 ZPO in dem angefochtenen Beschluss ausdrücklich beschieden hat. Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann Czub
Vorinstanzen:
LG Bochum, Entscheidung vom 16.08.2007 - 1 O 31/06 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 02.12.2009 - I-31 U 143/07 -

Tenor

Die Entschädigung des Antragstellers für die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung am 28.11.2013 wird auf 43,75 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt eine Entschädigung nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) wegen der Teilnahme an einem Gerichtstermin. Insbesondere geht es um die Frage der Entschädigung für Verdienstausfall.

In dem am Bayer. Landessozialgericht (LSG) unter dem Aktenzeichen L 9 AL 251/10 geführten arbeitsversicherungsrechtlichen Berufungsverfahren fand am 28.11.2013 eine mündliche Verhandlung statt, an der der Antragsteller nach Anordnung des persönlichen Erscheinens teilnahm. Der auf 13.15 Uhr geladene Termin dauerte bis um 14.55 Uhr.

Mit bei Gericht am 16.01.2014 eingegangenem Entschädigungsantrag beantragte der Antragsteller wegen des Erscheinens bei der mündlichen Verhandlung eine Entschädigung für Verdienstausfall als Selbständiger (gewerblicher Chauffeur), für Fahrtkosten in Höhe von 22,80 € und für Porto in Höhe von 0,90 €. Den Verdienstausfall bezifferte er mit 31,55 €, da er da er keine Aufträge annehmen habe können ("Totalausfall"), was betragsmäßig dem durchschnittlichen täglichen Umsatz im November 2013 entspreche. Er gab an, in der Zeit von 11.40 Uhr bis 16.15 Uhr wegen des Gerichtstermins von zu Hause weg gewesen zu sein. Die Fahrkarte zum Gerichtstermin legte er vor.

Als Entschädigung wurde dem Antragsteller ein Betrag von 40,30 € wegen Fahrtkosten (22,80 €) und Nachteilsausgleichs (= Entschädigung für Zeitversäumnis) für 5 Stunden zu je 3,50 € ausbezahlt. Eine Entschädigung für Verdienstausfall wurde nicht gewährt, da - so die Kostenbeamtin im Telefonat mit dem Antragsteller am 21.01.2015 auf die telefonische Anfrage des Antragstellers vom 13.01.2015 hin - die Angaben des Antragstellers nicht glaubhaft seien.

Gegen die erfolgte Abrechnung hat sich der Antragsteller mit Schreiben vom 28.01.2015 gewandt und eine Kopie des Anschreibens zu seinem IHK-Beitragsbescheid 2013 vorgelegt. Daraus ergibt sich, dass der Antragsteller einer selbstständigen Berufstätigkeit als Kleingewerbetreibender (Dienstleistungen und Büroservice) nachgeht. Es sei - so der Antragsteller - ein unglaublicher und anmaßender Vorgang, ihm ohne weitere Rückfragen zu unterstellen, die Staatskasse durch falsche Angaben betrügen zu wollen.

Der Kostenrichter hat dem Antragsteller mit Schreiben vom 26.02.2015 die für die Entschädigung für Verdienstausfall bei Selbständigen geltenden Maßgaben erläutert.

Mit Schreiben vom 06.03.2015 hat der Antragsteller eine Kopie des Steuerbescheids für das Jahr 2013 vorgelegt. Daraus ergibt sich, dass der Antragsteller in diesem Jahr Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 2.008,- € gehabt hat. Er - so der Antragsteller - hoffe, dass sich damit die Angelegenheit erledigt habe. Den ihm bislang gewährten Entschädigungssatz von 3,50 € pro Stunde halte er für lebensfremd. Warum sollte nicht auch für einen Gerichtstermin, der für den Betroffenen keineswegs ein Spaziergang sei, der gesetzliche Mindestlohn gezahlt werden, der schließlich fast ausnahmslos für jede noch so kleine Firma unabhängig von erbrachter Arbeitsleistung/Wertschöpfung Pflicht sei. Dies würde auch zur Glaubwürdigkeit des Staates beitragen.

Der Senat hat die Akten des Berufungsverfahrens beim Bayer. LSG mit dem Aktenzeichen L 9 AL 251/10 beigezogen.

II.

Die Festsetzung der Entschädigung erfolgt gemäß § 4 Abs. 1 JVEG durch gerichtlichen Beschluss, wenn wie hier der Berechtigte mit Schreiben vom 28.01.2015 sinngemäß die gerichtliche Festsetzung beantragt.

Die Entschädigung für die Wahrnehmung des Gerichtstermins am 28.11.2013 ist auf 43,75 € festzusetzen. Ein Anspruch auf eine höhere Entschädigung für Verdienstausfall besteht nicht.

Beteiligte eines gerichtlichen Verfahrens sind gemäß § 191 Sozialgerichtsgesetz (SGG) wie Zeugen zu entschädigen, sofern es sich wie hier um ein gerichtskostenfreies Verfahren im Sinn des § 183 SGG handelt. Die Entschädigung ergibt sich aus dem JVEG. Die Entschädigungstatbestände (für einen Zeugen) sind in § 19 JVEG aufgelistet.

1. Prüfungsumfang im Verfahren der gerichtlichen Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG

Die gerichtliche Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG stellt keine Überprüfung der vom Kostenbeamten vorgenommenen Berechnung dar, sondern ist eine davon unabhängige erstmalige Festsetzung. Bei der Kostenfestsetzung durch den Kostenbeamten handelt es sich um eine lediglich vorläufige Regelung, die durch den Antrag auf gerichtliche Kostenfestsetzung hinfällig wird (vgl. Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.11.1968, Az.: RiZ (R) 4/68). Damit wird eine vorherige Berechnung der Beträge im Verwaltungsweg sowohl bei den Einzelpositionen als auch im Gesamtergebnis gegenstandslos. Das Gericht hat daher eine vollumfassende Prüfung des Entschädigungsanspruchs vorzunehmen, ohne auf Einwände gegen die im Verwaltungsweg erfolgte Kostenfestsetzung beschränkt zu sein. Die vom Gericht festgesetzte Entschädigung kann daher auch niedriger ausfallen, als sie zuvor vom Kostenbeamten festgesetzt worden ist; das Verbot der reformatio in peius gilt nicht (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. z.B. Beschluss vom 08.05.2014, Az.: L 15 SF 42/12; vgl. auch Meyer/Höver/Bach/Oberlack, JVEG, 26. Aufl. 2014, § 4, Rdnr. 12 - m.w.N.).

2. Anzuwendende Fassung des JVEG

Zur Anwendung kommen im vorliegenden Fall nach Erlass des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - 2. KostRMoG) vom 23.07.2013 (BGBl I S. 2586, 2681 ff.) gemäß der Übergangsvorschrift des § 24 JVEG die Regelungen des JVEG in der ab dem 01.08.2013 geltenden Fassung. Denn der Antragsteller als Berechtigter ist nach dem gemäß Art. 55 2. KostRMoG am 01.08.2013 erfolgten Inkrafttreten des 2. KostRMoG herangezogen worden.

3. Fahrtkostenersatz

Für Fahrtkosten (Bahn) ist ein Ersatz gemäß § 5 JVEG in Höhe von 22,80 € zu leisten.

Der Gesetzgeber hat mit § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 JVEG dem Zeugen bzw. Beteiligten ein Wahlrecht eröffnet, ob er mit öffentlichen, regelmäßig verkehrenden Verkehrsmitteln (§ 5 Abs. 1 JVEG) oder mit einem Kraftfahrzeug (§ 5 Abs. 2 JVEG) zum gerichtlich festgesetzten Termin anreist. Der Fahrtkostenersatz folgt der getroffenen Wahl des Beförderungsmittels. Wählt der Beteiligte wie hier die Anreise mit öffentlichen, regelmäßig verkehrenden Verkehrsmitteln, werden ihm gemäß § 5 Abs. 1 JVEG die tatsächlich entstandenen Auslagen bis zur Höhe der entsprechenden Kosten für die Benutzung der ersten Wagenklasse der Bahn einschließlich der Auslagen für Platzreservierung und Beförderung des notwendigen Gepäcks ersetzt. Voraussetzung ist immer, dass die durchgeführte Fahrt auch objektiv notwendig war, um den gerichtlich angeordneten Termin wahr zu nehmen (vgl. Beschluss des Senats vom 21.05.2014, Az.: L 15 SF 137/13). Die entstandenen Kosten sind nachzuweisen (zur Nachweisführung: vgl. Beschluss des Senats vom 08.10.2013, Az.: L 15 SF 157/12 B).

Bei Berücksichtigung dieser Vorgaben sind dem Antragsteller die durch die Vorlage der Fahrkarte nachgewiesenen Kosten in Höhe von 22,80 € zu erstatten.

4. Entschädigung für Verdienstausfall

Dem Antragsteller steht eine Entschädigung für Verdienstausfall gemäß § 22 JVEG in Höhe von 20,95 € zu.

In seiner Grundsatzentscheidung vom 04.12.2013, Az.: L 15 SF 226/11, hat sich der Senat umfassend mit der Frage der Entschädigung für Verdienstausfall auseinander gesetzt. Er hat dabei - kurz zusammen gefasst - folgende Kernaussagen getroffen:

* Um das Tatbestandsmerkmal des Verdienstausfalls im Sinn des § 22 JVEG bejahen zu können, bedarf es (nur) des Nachweises, dass überhaupt ein solcher Ausfall entstanden ist, nicht aber in welcher Höhe.

* Dieser Nachweis ist im Vollbeweis zu führen, da das JVEG keine Beweiserleichterung enthält.

* Dieser Beweismaßstab gilt sowohl bei abhängig beschäftigten als auch bei selbständig tätigen Anspruchstellern. Wegen der bei letzterer Berufsgruppe wesensmäßig vorliegenden Nachweisschwierigkeit ist durch das Gericht im Rahmen der ihm obliegenden freien Beweiswürdigung gemäß § 128 Abs. 1 SGG aber sicher zu stellen, dass der gesetzlich vorgesehene Anspruch auf Entschädigung für Verdienstausfall nicht faktisch leer läuft.

* Maßgeblich für die Beurteilung, ob ein Verdienstausfall entstanden ist, ist die Beurteilung am Tag des Gerichtstermins, der den Entschädigungsanspruch nach dem JVEG zur Folge hat. Spätere Entwicklungen bleiben bei der Festsetzung der Entschädigung unberücksichtigt.

* Zu entschädigen ist die nach objektiven Maßstäben zu ermittelnde "gesamte Dauer der Heranziehung einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten", nicht mehr wie früher unter Geltung des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (ZuSEG) die "versäumte Arbeitszeit". Die konkret ausgefallene Arbeitszeit ist daher nicht zu ermitteln; eine fiktive Mittagspause kann nicht in Abzug gebracht werden (vgl. auch Beschluss des Senats vom 06.12.2013, Az.: L 15 SF 39/13).

An diesen Grundsätzen hat sich auch im hier zu entscheidenden Fall die Beantwortung der Frage zu orientieren, ob und wenn ja in welcher Höhe dem Antragsteller eine Entschädigung für Verdienstausfall zu gewähren ist.

4.1. Ob des Verdienstausfalls

Bei Würdigung sämtlicher Umstände geht der Senat davon aus, dass der - vom Antragsteller zu erbringende - Nachweis, dass ihm durch den Gerichtstermin überhaupt ein Verdienstausfall entstanden ist, geführt ist.

Bei der Überzeugungsbildung, ob ein Verdienstausfall an sich, d.h. unabhängig von der konkreten Höhe, eingetreten ist, dürfen die Anforderungen an die Prüfpflicht der Kostenbeamten und Kostenrichter nicht nur im Sinn der Praktikabilität und Verwaltungsökonomie (Leitgedanke der Rechtsprechung des Kostensenats vgl. z.B. Grundsatzbeschlüsse vom 14.05.2012, Az.: L 15 SF 276/10 B E, vom 18.05.2012, Az.: L 15 SF 104/11, vom 22.06.2012, Az.: L 15 SF 136/11, vom 30.07.2012, Az.: L 15 SF 439/11, vom 08.04.2013, Az.: L 15 SF 305/10, vom 08.10.2013, Az.: L 15 SF 157/12 B, vom 04.12.2013, Az.: L 15 SF 226/11, vom 17.12.2013, Az.: L 15 SF 275/13, vom 08.05.2014, Az.: L 15 SF 42/12, vom 03.06.2014, Az.: L 15 SF 402/13 E, vom 03.11.2014, Az.: L 15 SF 254/12, vom 04.11.2014, Az.: L 15 SF L 15 SF 198/14, vom 07.01.2015, Az.: L 15 SF 210/14, vom 14.01.2015, Az.: L 15 SF 239/12 B, und vom 10.03.2015, Az.: L 15 RF 5/15), sondern insbesondere auch um zu vermeiden, dass die gesetzliche Regelung des § 22 JVEG für Selbständige ins Leere läuft, nicht überspannt werden (vgl. Beschluss des Senats vom 04.12.2013, Az.: L 15 SF 226/11). Gleichwohl können unbelegte Angaben zu einer selbständigen Tätigkeit und einem behaupteten Verdienstausfall nicht ungeprüft und ohne Plausibilitätsprüfung einer Entschädigung zugrunde gelegt werden. Vielmehr muss nachgewiesen sein, dass die selbständige Tätigkeit von einer gewissen Nachhaltigkeit und Regelmäßigkeit ist (vgl. Landgericht - LG - Stendal, Beschluss vom 20.11.2008, Az.: 23 O 515/07). Denn wenn ein Selbständiger nur mit deutlich reduziertem zeitlichem Einsatz seiner Tätigkeit nachgeht und er daher oft in der Lage ist, sich die ihm zur Verfügung stehende Arbeitszeit frei einzuteilen, besteht die durchaus nicht fernliegende Möglichkeit, dass er an dem Tag des Gerichtstermins einen Verdienst überhaupt nicht erzielt hätte, weil er die von ihm im Rahmen der beruflichen Tätigkeit zu erbringende Arbeiten an einem anderen Tag erledigt hätte und wegen des Gerichtstermins überhaupt keinen Auftrag ablehnen hätte müssen (vgl. LG Rostock, Beschluss vom 15.11.2002, Az.: 2 T 23/01), was dem Nachweis eines Verdienstausfalls entgegen steht. Kann daher nur von einer nicht regelmäßig oder nur mit zeitlich reduziertem Aufwand ausgeübten selbständigen Tätigkeit ausgegangen werden, worauf beispielsweise geringe monatliche Einnahmen bei einem vom Antragsteller angegebenen hohen Stundensatz hinweisen (vgl. Beschluss des Senats vom 16.04.2015, Az.: L 15 SF 330/14), wird ein Anspruch auf Entschädigung für Verdienstausfall regelmäßig scheitern (vgl. Bayer. LSG, Beschluss vom 28.07.1998, Az.: L 19 RJ 257/95.Ko; Beschluss des Senats vom 02.07.2012, Az.: L 15 SF 12/12). Daraus folgt auch, dass im Regelfall eine Entschädigung für Verdienstausfall nicht in Betracht kommt, wenn zum maßgeblichen Zeitpunkt Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch bezogen werden. Jedenfalls bei Leistungsbezug in Höhe des Regelsatzes dürfte eine Entschädigung für Verdienstausfall ausgeschlossen sein, da der Leistungsbezug - von ganz seltenen Ausnahmefällen abgesehen - Beleg für die fehlende Regelmäßigkeit und Nachhaltigkeit der selbständigen Tätigkeit ist. Allein daraus, dass das angegebene monatliche Einkommen bei selbständiger Tätigkeit vergleichsweise gering ist, kann aber noch nicht auf eine fehlende Regelmäßigkeit der selbständigen Tätigkeit, die wegen der dabei anzunehmenden zeitlichen Flexibilität (vgl. Beschluss des Senats vom 16.04.2015, Az.: L 15 SF 330/14) dem Ob eines Verdienstausfalls entgegen stehen würde, geschlossen werden (vgl. Beschluss des Senats vom 08.04.2015, Az.: L 15 SF 387/13, dem eine Tätigkeit als selbständiger Kurierdienst mit niedrigem Stundensatz und geringer zeitlicher Flexibilität zugrunde lag). Dabei ist es angezeigt, in Anbetracht der Nachweisschwierigkeiten bei selbständiger Tätigkeit bei der Entschädigung für Verdienstausfall antragstellerfreundlich vorzugehen und den Angaben eines Antragstellers zu folgen, wenn sie plausibel erscheinen und nicht in sich widersprüchlich sind (vgl. Beschluss des Senats vom 04.12.2013, Az.: L 15 SF 226/11). Durch diese Großzügigkeit bei der Beurteilung ist auch keine relevante Missbrauchsgefahr eröffnet. Denn wenn die Intensität der selbständigen Tätigkeit reduziert ist, hat dies in der Regel zur Folge, dass auch die zu gewährende Entschädigung für Verdienstausfall niedrig ausfallen wird. Die zu gewährende Entschädigung orientiert sich nämlich an dem (grundsätzlich vom Antragsteller nachzuweisenden) regelmäßigen Bruttoverdienst, der bei einem zeitlich reduzierten Umfang der selbständigen Tätigkeit typischerweise auch eher niedrig sein wird, so dass sich durchaus auch eine Entschädigung für Verdienstausfall errechnen kann, die nicht weit über der Entschädigung für Zeitversäumnis liegt (vgl. Beschluss des Senats vom 08.04.2015, Az.: L 15 SF 387/13).

Im vorliegenden Fall ist der Senat aufgrund der Angaben des Antragstellers und der von ihm vorgelegten Unterlagen zu der Überzeugung gekommen, dass infolge der Teilnahme am Gerichtstermin vom 28.11.2013 ein Verdienstausfall entstanden ist.

Als Nachweis für seine selbständige Tätigkeit hat der Antragsteller seinen IHK-Beitragsbescheid 2013 für sein Kleingewerbe "Dienstleistungen und Büroservice" und eine Kopie des Steuerbescheids für das Jahr 2013 vorgelegt, woraus sich Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Einzelunternehmer in Höhe von 2.008,- € ersehen lassen. Zudem hat er (schon im Entschädigungsantrag vom 14.01.2014) angegeben, im November 2013 einen durchschnittlichen täglichen Umsatz von 31,55 € erzielt zu haben.

Diese Angaben sind in sich schlüssig und plausibel. Der Senat geht daher im Rahmen des Kostenverfahrens von der Richtigkeit dieser Angaben aus. Es kann dabei nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei der selbständigen Tätigkeit des Antragstellers um eine solche gehandelt hätte, der der Antragsteller nicht regelmäßig nachgegangen wäre, was der Annahme eines Verdienstausfalls entgegenstehen würde. Denn angesichts der bekanntermaßen vergleichsweise niedrigen Einkommensmöglichkeiten im Bereich von Kleingewerben, wie es auch der Antragsteller betreibt, muss der Antragsteller in diese Tätigkeit einen nicht ganz unerheblichen Zeitaufwand investiert haben, um den angegebenen Verdienst erzielen zu können. Angesichts des niedrig anzusetzenden Stundensatzes und der Terminsgebundenheit der von ihm angegebenen Chauffeurstätigkeit ist davon auszugehen, dass der Antragsteller zeitlich nicht so flexibel gewesen ist, dass er die Aufträge, die er, wenn der Gerichtstermin nicht stattgefunden hätte, an diesem Tag erledigt hätte, auf einen anderen Tag verschieben hätte können.

4.2.

Zu entschädigende Zeitdauer

Es ist eine Entschädigung für 5 Stunden zu gewähren.

Die Dauer der zu entschädigenden Zeit ergibt sich aus § 19 Abs. 2 JVEG. Danach ist gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 JVEG die "gesamte Dauer der Heranziehung einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten" zu berücksichtigen. Eine Sonderregelung zur Ermittlung der zu entschädigenden Zeit bei Verdienstausfall gegenüber der allgemeinen, für alle nach Stunden zu bemessenden Entschädigungstatbeständen geltenden Regelung in § 19 Abs. 2 JVEG, die als lex specialis einer Anwendung des § 19 Abs. 2 Satz 1 JVEG entgegenstehen würde, gibt es, insbesondere in § 22 JVEG, nicht.

Die Notwendigkeit der Dauer der Heranziehung ist - wie auch sonst bei der Bemessung der Entschädigung - nach objektiven Kriterien zu ermitteln (vgl. zur Fahrtstrecke: Beschluss des Senats vom 02.07.2012, Az.: L 15 SF 12/12; zu Verpflegungskosten: Beschluss des Senats vom 01.08.2012, Az.: L 15 SF 277/10; zur Begleitperson: Beschluss des Senats vom 02.11.2012, Az.: L 15 SF 82/12). Dabei ist auch die im gesamten Kostenrecht geltende Kostenminimierungspflicht zu beachten (vgl. Beschluss des Senats vom 02.07.2012, Az.: L 15 SF 12/12). Dies darf aber nicht dazu führen, dass nur die retroperspektiv ermittelte unverzichtbare Abwesenheitszeit entschädigt wird. Vielmehr ist auch zu berücksichtigen, ob die tatsächlich vorliegende Abwesenheitszeit nicht aus nachvollziehbaren Gründen länger war als die unverzichtbare Zeit (vgl. Beschlüsse des Senats vom 04.12.2013, Az.: L 15 SF 226/11, und vom 15.05.2014, Az.: L 15 SF 118/14). So hat beispielsweise der Beteiligte bei der Anfahrt zum Gericht gewisse Unsicherheitsfaktoren (z.B. Staugefahr) zu berücksichtigen. Ein vernünftig denkender Beteiligter wird zudem ein gewisses Zeitpolster einkalkulieren, sodass er eine rechtzeitige Ankunft, die insbesondere auch im Interesse des ladenden Gerichts liegt, nicht gefährdet. Gegebenenfalls benötigt er vor dem Termin auch noch etwas Zeit, um den Fall mit seinem Bevollmächtigten zu besprechen. Bei entsprechend langer Abwesenheit von zu Hause oder der Arbeitsstelle kann es auch erforderlich sein, dass der Beteiligte eine Pause macht, um sich für die weitere Fahrt zu stärken. Da hier bei Berücksichtigung der in jedem Fall spezifischen Einzelfallumstände zahlreiche Konstellationen denkbar sind, die eine etwas längere Zeit begründen, dürfen im Sinn der Praktikabilität an die Prüfpflicht der Kostenbeamten und Kostenrichter keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Sofern die vom Beteiligten oder Zeugen angegebene Zeit nicht lebensfremd erscheint, wird sie daher regelmäßig der Entschädigung zugrunde zu legen sein (ständige Rspr. des Senats, vgl. z.B. Beschluss vom 15.05.2014, Az.: L 15 SF 118/14).

Gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 JVEG wird die letzte bereits begonnene Stunde voll gerechnet, wenn insgesamt mehr als 30 Minuten auf die Heranziehung entfallen; anderenfalls beträgt die Entschädigung die Hälfte des sich für eine volle Stunde ergebenden Betrags.

Begrenzt ist die Dauer gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 JVEG auf 10 Stunden je Tag.

Im vorliegenden Fall hat der Antragsteller eine Abwesenheitszeit von 4 Stunden 35 Minuten angegeben. Im Sinn der gebotenen großzügigen Betrachtungsweise kann diese Zeitdauer als objektiv erforderlich betrachtet werden. Es ist daher eine Entschädigung für aufgerundet 5 Stunden zuzusprechen.

Ohne Bedeutung für die zu entschädigende Zeit ist es, wenn der Antragsteller durch den Gerichtstermin gezwungen gewesen sein sollte, auch Aufträge abzulehnen, deren Erfüllung sich nur teilweise mit der gerichtsterminsbedingten Abwesenheit überschnitten hätte. Denn bei der Entschädigung für Verdienstausfall kommt es nach der gesetzlichen Konzeption nicht darauf an, in welchen Zeiten infolge des Gerichtstermins dem Betroffenen eine Arbeit und damit Erzielung von Verdienst nicht möglich war, sondern ausschließlich auf die "gesamte Dauer der Heranziehung einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten" (§ 19 Abs. 2 Satz 1 JVEG) (vgl. Beschluss des Senats vom 13.01.2015, Az.: L 15 SF 170/14). Eine Entschädigung für einen ganzen Arbeitstag kann der Antragsteller daher nicht geltend machen.

4.3. Höhe der Entschädigung - Stundensatz

Der Entschädigung ist ein Stundensatz von 4,19 € zugrunde zu legen.

Der Antragsteller hat im Rahmen des Entschädigungsantrags einen durchschnittlichen Tagesumsatz vom 31,55 € angegeben. Diese Angabe legt der Senat der Entschädigung zugrunde, wobei er im Sinn der gebotenen Großzügigkeit und mit Blick auf die geringe Höhe des Umsatzes davon ausgeht, dass dem am Tag des Gerichtstermins entgangenen Umsatz keine wesentlichen, durch den Gerichtstermin bedingten Einsparungen bei den Betriebsausgaben gegenüber stehen.

Bei Berücksichtigung der Angabe des Antragstellers zum durchschnittlichen Tagesverdienst (31,55 €) ergibt sich bei einer zugrunde zu legenden deutschlandweit durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 37,7 Stunden (vgl. WSI-Arbeitszeitkalender 2014 der Hans-Böckler-Stiftung) und damit einer durchschnittlichen Tagesarbeitszeit von 7,54 Stunden ein Stundesatz von 4,19 €

Sofern der Antragsteller im Schreiben vom 06.03.2015 zu erkennen gegeben hat, dass es aus seiner Sicht gerecht wäre, einen Stundensatz in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 € auch der Entschädigung zugrunde zu legen, fehlt dafür eine gesetzliche Grundlage. Eine solche könnte nur der Gesetzgeber im Rahmen der Gesetzgebung schaffen, nicht aber das Gericht im Wege der Auslegung. Ein Mindeststundensatz bei der Entschädigung für Verdienstausfall erscheint dem Senat nur insofern vertretbar, als die Entschädigung für Verdienstausfall nicht geringer ausfallen kann als die Entschädigung für Zeitversäumnis § 20 JVEG in Höhe von 3,50 € je Stunde; denn es wäre schwer nachvollziehbar, wenn die Entschädigung für Verdienstausfall niedriger ausfallen würde als die für Zeitversäumnis.

Im Übrigen - darauf weist der Senat der Vollständigkeit halber hin - würde die getroffene Einschätzung auch nicht dadurch in Zweifel gezogen, wenn der Antragsteller - was nicht erfolgt ist - vortragen würde, dass er seiner selbständigen Tätigkeit nicht in dem oben zugrunde gelegten wöchentlichen Umfang von 37,7 Stunden nachgehen würde, sondern dafür weniger Zeit aufwenden würde mit der Konsequenz eines höheren Stundensatzes. Ganz abgesehen davon, dass eine Berücksichtigung eines derartigen Vortrags ohnehin schwer mit dem Leitgedanken der Praktikabilität und Verwaltungsökonomie der Kostensachbearbeitung, der die Rechtsprechung des Kostensenats durchzieht (vgl. die oben unter Ziff. 4.1. angeführten Grundsatzbeschlüsse des Senats), vereinbar wäre, würden mit einem solchen Vortrag möglicherweise Zweifel am Ob des Verdienstausfalls geweckt. Denn bei einem zeitlich nicht unerheblich reduzierten Umfang der selbständigen Tätigkeit läge es nahe, dass durch den Gerichtstermin überhaupt kein Verdienstausfall verursacht worden ist (vgl. oben Ziff. 4.1.) (vgl. Beschluss des Senats vom 08.04.2015, Az.: L 15 SF 387/13).

Auch wenn - was im vorliegenden Fall nicht behauptet wird, geschweige denn nachgewiesen ist - der Kläger tatsächlich in der Zeit des Gerichtstermins einen konkreten Verdienstausfall in größerer Höhe erlitten hätte, könnte dies an der Beurteilung nichts ändern. Denn auf die konkrete Höhe des entstandenen Verdienstausfalls kommt es bei der Entschädigung für Verdienstausfall nicht an (vgl. Beschlüsse des Senats vom 13.01.2015, Az.: L 15 SF 170/14, und vom 08.04.2015, Az.: L 15 SF 387/13).

4.4. Ergebnis zu der Entschädigung für Verdienstausfall

Bei einer zu entschädigenden Zeitdauer von 5 Stunden und einem zugrunde zu legenden regelmäßigen Bruttoverdienst von 4,19 € pro Stunde errechnet sich eine Entschädigung von 20,95 €.

5. Porto

Portokosten sind nicht zu erstatten; das JVEG sieht nur eine Entschädigung wegen eines gerichtlich angeordneten Termins vor, nicht aber für die Geltendmachung dieser Entschädigung.

Ein Ersatz von Portokosten kommt über § 7 Abs. 1 JVEG nur dann in Betracht, wenn es sich bei den Portokosten um solche handelt, die der Berechtigte gerade aufgrund der Heranziehung durch das Gericht tatsächlich aufgewendet hat (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 45 Aufl. 2015, § 7 JVEG, Rdnr. 3). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Dem Antragsteller sind die Portokosten nämlich nicht wegen des Termins der mündlichen Verhandlung entstanden, sondern wegen der Geltendmachung der ihm anlässlich des Termins entstandenen Kosten. Die Geltendmachung der Entschädigung selbst begründet aber genauso wenig einen weiteren oder erweiterten Entschädigungsanspruch, wie auch die im Rahmen des Antrags gemäß § 4 Abs. 1 JVEG entstandenen Portokosten vom Antragsteller gemäß § 4 Abs. 8 JVEG selbst zu tragen sind (vgl. Beschluss des Senats vom 18.06.2012, Az.: L 15 SF 307/11).

Die Entschädigung des Antragstellers für die Teilnahme am Gerichtstermin am 28.11.2013 ist daher auf insgesamt 43,75 € festzusetzen.

Das Bayer. LSG hat über den Antrag auf gerichtliche Kostenfestsetzung gemäß § 4 Abs. 7 Satz 1 JVEG als Einzelrichter zu entscheiden gehabt.

Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG). Sie ergeht kosten- und gebührenfrei (§ 4 Abs. 8 JVEG).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Die Festsetzung der Vergütung, der Entschädigung oder des Vorschusses erfolgt durch gerichtlichen Beschluss, wenn der Berechtigte oder die Staatskasse die gerichtliche Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält. Eine Festsetzung der Vergütung ist in der Regel insbesondere dann als angemessen anzusehen, wenn ein Wegfall oder eine Beschränkung des Vergütungsanspruchs nach § 8a Absatz 1 oder 2 Satz 1 in Betracht kommt. Zuständig ist

1.
das Gericht, von dem der Berechtigte herangezogen worden ist, bei dem er als ehrenamtlicher Richter mitgewirkt hat oder bei dem der Ausschuss im Sinne des § 1 Abs. 4 gebildet ist;
2.
das Gericht, bei dem die Staatsanwaltschaft besteht, wenn die Heranziehung durch die Staatsanwaltschaft oder in deren Auftrag oder mit deren vorheriger Billigung durch die Polizei oder eine andere Strafverfolgungsbehörde erfolgt ist, nach Erhebung der öffentlichen Klage jedoch das für die Durchführung des Verfahrens zuständige Gericht;
3.
das Landgericht, bei dem die Staatsanwaltschaft besteht, die für das Ermittlungsverfahren zuständig wäre, wenn die Heranziehung in den Fällen des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 durch die Finanzbehörde oder in deren Auftrag oder mit deren vorheriger Billigung durch die Polizei oder eine andere Strafverfolgungsbehörde erfolgt ist, nach Erhebung der öffentlichen Klage jedoch das für die Durchführung des Verfahrens zuständige Gericht;
4.
das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Gerichtsvollzieher seinen Amtssitz hat, wenn die Heranziehung durch den Gerichtsvollzieher erfolgt ist, abweichend davon im Verfahren der Zwangsvollstreckung das Vollstreckungsgericht.

(2) Ist die Heranziehung durch die Verwaltungsbehörde im Bußgeldverfahren erfolgt, werden die zu gewährende Vergütung oder Entschädigung und der Vorschuss durch gerichtlichen Beschluss festgesetzt, wenn der Berechtigte gerichtliche Entscheidung gegen die Festsetzung durch die Verwaltungsbehörde beantragt. Für das Verfahren gilt § 62 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 1 können der Berechtige und die Staatskasse Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt oder wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(4) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(5) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 4 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(6) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(7) Das Gericht entscheidet über den Antrag durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(9) Die Beschlüsse nach den Absätzen 1, 2, 4 und 5 wirken nicht zu Lasten des Kostenschuldners.

Gründe

I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Landshut vom 8. Mai 2014 wird als unzulässig verworfen.

II. Die Beschwerdeführer tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert wird auf 40,- € festgesetzt.

G r ü n d e :

I.

Streitig ist die Festsetzung der zu erstattenden außergerichtlichen Kosten in einem gemäß § 197 a Sozialgerichtsgesetz (SGG) gerichtskostenpflichtigen Rechtsstreit.

Zugrunde liegt ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes wegen einer Beitragserhebung zur gesetzlichen Unfallversicherung vor dem Sozialgericht (SG) Landshut, Az.: S 8 U 5070/11 ER.

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 10.04.2012 setzte der Urkundsbeamte des SG die von den jetzigen Beschwerdeführern zu erstattenden außergerichtlichen Kosten für das Widerspruchsverfahren und das Verfahren in der 1. Instanz auf jeweils 20,- € fest.

Dagegen haben die Beschwerdeführer Erinnerung eingelegt und diese mit der Mangelhaftigkeit des Rechtsschutzsystems in der Bundesrepublik Deutschland begründet.

Mit Beschluss des SG vom 08.05.2014, Az.: S 4 SF 31/12 E, sind die von den Beschwerdeführern im Verfahren S 8 U 5070/11 ER zu erstattenden außergerichtlichen Kosten endgültig auf 40,- € festgesetzt worden.

Dagegen haben sich Beschwerdeführer mit Telefax vom 26.05.2014 gewandt und "Beschwerde/Reklamation" erhoben. Sie sind der Meinung, dass der Beschluss des SG anfechtbar sei, da er vorgreiflich erlassen worden sei. Vor dem SG erhalte der Bürger weder Rechtsschutz noch Opferschutz. Das SG dürfe keine Gebühren verlangen. Alles sei nichtig.

II.

Die Beschwerde gegen den Beschluss über die Erinnerung vom 08.05.2014 ist unzulässig.

Gegen Entscheidungen des SG über Erinnerungen gegen Kostenfestsetzungsbeschlüsse des Urkundsbeamten ist die Beschwerde nicht statthaft. Denn § 172 Abs. 1 SGG eröffnet die Beschwerde gegen Beschlüsse des SG nur, soweit nicht im SGG anderes bestimmt ist. Eine derartige anderslautende vorrangige Regelung enthält aber § 197 Abs. 2 SGG, der lautet:

"Gegen die Entscheidung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, das endgültig entscheidet."

§ 197 Abs. 2 SGG kommt unabhängig davon zur Anwendung, ob es sich um ein gerichtskostenfreies Verfahren oder ein gerichtskostenpflichtiges Verfahren gemäß § 197 a SGG handelt (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/ders., SGG, 10. Aufl. 2012, § 197,

Rdnr. 3).

Eine Beschwerde zum LSG ist damit ausgeschlossen (h.M., vgl. z.B. Beschlüsse des Senats vom 25.06.2012, Az.: L 15 SF 47/12 NZB, und vom 28.09.2012, Az.: L 15 SF 183/12 NZB; Landessozialgericht - LSG - für das Saarland, Beschluss vom 29.01.2009, Az.: L 1 B 16/08 R; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 25.0.2012, Az.: L 5 AS 494/10; Sächsisches LSG, Beschluss vom 06.09.2013, Az.: L 8 AS 1509/13 B KO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung. Gebührenfreiheit konstituierende Regelungen wie z.B. § 56 Abs. 2 Satz 2 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz oder § 66 Abs. 8 Satz 1 Gerichtskostengesetz kommen weder direkt noch analog zur Anwendung, da eine gesetzlich bestimmte Gebührenfreiheit nur für statthafte Verfahren gilt (vgl. Bundesgerichtshof, Beschlüsse vom 17.10.2002, Az.: IX ZB 303/02, und vom 03.03.2014, Az.: IV ZB 4/14; Bundesfinanzhof, Beschlüsse vom 12.09.2005, Az.: VII E 5/05, und vom 15.02.2008, Az.: II B 84/07).

Der Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).

Tenor

I.

Die außerordentliche Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 26. Mai 2014 wird als unzulässig verworfen.

II.

Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.

Der Streitwert wird auf 135,- € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger, Erinnerungs- und jetzige Beschwerdeführer wendet sich gegen einen Beschluss des Sozialgerichts zur Erstattung von außergerichtlichen Kosten.

Mit Beschluss vom 26.05.2014 hat das Sozialgericht Würzburg (SG) gemäß § 193 Abs. 1 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) festgestellt, dass dem Beschwerdeführer, der Rechtsanwalt ist, keine Kosten zu erstatten seien. Es könne - so das SG - nicht Aufgabe der Kostenentscheidung sein, den Streitfall hinsichtlich aller für den mutmaßlichen Ausgang bedeutsamen Rechtsfragen zu prüfen. Eine gesonderte Kostenentscheidung für SF-Verfahren, in denen das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz a. F. Anwendung finde, sei nicht erforderlich.

Dagegen hat der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 09.06.2014 „außerordentliche Beschwerde“ erhoben. Nach dem Hinweis des Senats auf den Ausschluss der Beschwerde bei Entscheidungen gemäß § 193 Abs. 1 Satz 3 SGG durch § 172 Abs. 3 Nr. 3 SGG hat er die Erhebung der außerordentlichen Beschwerde mit Schriftsatz vom 01.08.2014 damit erklärt, dass ihm der Beschwerdeausschluss gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 3 SGG bekannt sei und er daher den Rechtsbehelf der außerordentlichen Beschwerde gewählt habe.

Mit Schreiben vom 18.08.2014 hat er beantragt, die vom Erinnerungs- und jetzigen Beschwerdegegner zu erstattenden Kosten auf 135,- € festzusetzen.

II.

Die außerordentliche Beschwerde gegen den Beschluss des SG vom 26.05.2014 ist unzulässig.

Der Rechtsbehelf der außerordentlichen Beschwerde ist unstatthaft.

Nach der Regelung des § 172 Abs. 3 Nr. 3 SGG ist eine Beschwerde gegen eine Entscheidung gemäß § 193 Abs. 1 Satz 3 SGG, wie sie hier vom SG mit Beschluss vom 26.05.2014 getroffen worden ist, ausgeschlossen.

Dieser Beschwerdeausschluss kann nicht durch die Erhebung einer außerordentlichen Beschwerde umgangen werden.

Der vom Beschwerdeführer und auch in der früheren Rechtsprechung vertretenen Auffassung, dass eine von Gesetzes wegen unanfechtbare gerichtliche Entscheidung dann ausnahmsweise mit der Beschwerde angreifbar sei, „wenn sie jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt und inhaltlich dem Gesetz fremd ist“ (vgl. z. B. Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 29.01.1998, Az.: 8 B 2/98 - m. w. N.), kann jedenfalls nach der Einführung der Anhörungsrüge mit § 178 a SGG nicht mehr gefolgt werden (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/ders., SGG, 11. Aufl. 2014, § 172, Rdnr. 8).

Selbst wenn der Beschwerdeführer, wie aus seinem Vortrag geschlossen werden kann, von einer Lücke im Rechtsschutzsystem auszugehen scheint, könnte diese vermeintliche Lücke nicht richterrechtlich durch eine außerordentliche Beschwerdemöglichkeit geschlossen werden. Denn die Schaffung eines außerordentlichen Rechtsbehelfs außerhalb des geschriebenen Rechts würde den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Rechtsmittelklarheit nicht genügen und verbietet sich daher. Denn die Rechtsbehelfe müssen in der geschriebenen Rechtsordnung geregelt und in ihren Voraussetzungen für den rechtsuchenden Bürger erkennbar sein (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 30.04.2003, Az.: 1 PBvU 1/02; Beschluss des Senats vom 05.12.2013, Az.: L 15 SF 355/13 E).

Eine gesetzlich nicht vorgesehene Beschwerde ist daher ausnahmslos unstatthaft (vgl. Leitherer, a. a. O., § 98, Rdnr. 2).

Ob der Beschwerdeführer die Möglichkeit (gehabt) hätte, mittels Anhörungsrüge, Gegenvorstellung oder Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss vom 26.05.2014 vorzugehen, kann dahingestellt bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung. Eine die Gebührenfreiheit konstituierende Regelung wie z. B. § 183 Satz 1 SGG, § 56 Abs. 2 Satz 2 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz oder § 66 Abs. 8 Satz 1 Gerichtskostengesetz kommt weder direkt noch analog zur Anwendung, da eine gesetzlich bestimmte Gebührenfreiheit nur für statthafte Verfahren gilt (vgl. Bundesgerichtshof, Beschlüsse vom 17.10.2002, Az.: IX ZB 303/02, vom 03.03.2014, Az.: IV ZB 4/14, und vom 03.03.2014, Az.: IV ZB 4/14; Bundesfinanzhof, Beschlüsse vom 12.09.2005, Az.: VII E 5/05, und vom 15.02.2008, Az.: II B 84/07).

Der Streitwert ergibt sich aus der geltend gemachten Forderung des Beschwerdeführers.

Der Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).

Tenor

I.

Die Gegenvorstellung gegen den Beschluss vom 25.06.2015, Az.: L 15 RF 109/15, wird als unzulässig verworfen.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.

Im Raum steht eine Gegenvorstellung gegen einen Beschluss des Senats zu einer zweiten Anhörungsrüge im Zusammenhang mit einem Beschluss gemäß § 4 Abs. 1 Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG).

Mit Beschluss vom 21.01.2015, Az.: L 15 SF 296/14, lehnte der Senat eine Entschädigung des Antragstellers wegen der mündlichen Verhandlung am 05.06.2014 vor dem Bayer. Landessozialgericht (LSG) im Berufungsverfahren mit dem Aktenzeichen L 14 R 712/12 ab, weil weder das persönliche Erscheinen angeordnet noch der Antragsteller beim Gerichtstermin erschienen sei.

Mit Beschluss vom 30.03.2015, Az.: L 15 RF 13/15, verwarf der Senat eine gegen seinen Beschluss vom 21.01.2015, Az.: L 15 SF 296/14, gerichtete Anhörungsrüge des Antragstellers als unzulässig, da der Antragsteller das ihm im Rahmen der Anhörungsrüge obliegende Darlegungserfordernis nicht erfüllt habe.

Mit Beschluss vom 25.07.2015, Az.: L 15 RF 109/15, verwarf der Senat eine weitere Anhörungsrüge des Antragstellers als unzulässig, da eine zweite Anhörungsrüge nach völlig unstrittiger höchstrichterlicher Rechtsprechung offensichtlich unstatthaft sei.

Dagegen hat sich der Antragsteller mit Schreiben vom 06.07.2015 gewandt und Folgendes mitgeteilt:

„Mit dem Beschluss mit dem Az. L 15 RF 109/15 vom 25. Juni 2015 zugegangen am 02.07.2015, besteht kein Einverständnis. Es wird Gegendarstellung erhoben.“

Begründet hat er diese damit, dass er einzig und allein wegen des Richters im Hauptsacheverfahren gezwungen gewesen sei, am Tag des Gerichtstermins (05.06.2014) eine kostenpflichtige Ersatz-Pflegekraft für 140,- € zu beschaffen. Das Bayer. LSG sei in der Pflicht zum Kostenersatz, da dessen Richter die Kosten verursacht habe. Wie dies abgerechnet werde, tangiere ihn nicht.

II.

Das Schreiben vom 06.07.2015 ist aufgrund der ausdrücklichen Bezeichnung des Antragstellers als Gegenvorstellung gegen den Beschluss zur zweiten Anhörungsrüge vom 25.06.2015 zu betrachten.

Die Gegenvorstellung ist offensichtlich unzulässig, da unstatthaft.

Offensichtlich unzulässig ist ein Rechtsbehelf dann, wenn über seine Unzulässigkeit nach dem Stand der Rechtsprechung und Lehre zum Zeitpunkt der Einlegung keine Ungewissheit bestehen konnte (vgl. Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluss vom 25.11.2008, Az.: 1 BvR 848/07, und Urteil vom 12.03.2003, Az.: 1 BvR 330/96, 1 BvR 348/99).

Zur Frage, ob eine Gegenvorstellung nach Einführung der Anhörungsrüge überhaupt noch statthaft ist (verneinend: vgl. Bundesfinanzhof - BFH -, Beschluss vom 29.04.2008, Az.: I B 35-41/08, I B 35/08, I B 36/08, I B 37/08, I B 38/08, I B 39/08, I B 40/08, I B 41/08; Bundesverwaltungsgericht, Beschlüsse vom 05.07.2012, Az.: 5 B 24/12, 5 B 24/12, 5 PKH 5/12, und vom 24.05.2013, Az.: 5 B 36/13, 5 B 36/13 (5 B 29/13); Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen, Beschluss vom 28.08.2014, Az.: Vf. 58-IV-14 (HS), Vf. 59-IV-14 (e.A.); Hartmann, Kostengesetze, 45. Aufl. 2015, § 4 a JVEG, Rdnr. 62; bejahend: BFH, Beschluss vom 01.07.2009, Az.: V S 10/07; eine offensichtliche Unzulässigkeit verneinend: BVerfG, Beschluss vom 25.11.2008, Az.: 1 BvR 848/07), hat sich das Bundessozialgericht (BSG) im Beschluss vom 10.07.2013, Az.: B 5 R 185/13 B, wie folgt geäußert:

„Es kann dahinstehen, ob Gegenvorstellungen im sozialgerichtlichen Verfahren nach Einführung der Anhörungsrüge (§ 178a SGG) überhaupt noch statthaft sind (bejahend BVerfG Beschlüsse vom 25.11.2008 - 1 BvR 848/07 - BVerfGE 122, 190, 199 f, 201 f und der 3. Kammer des 2. Senats - 2 BvR 2674/10 - NJW 2012, 1065 sowie BSG SozR 4-1500 § 178a Nr. 3 RdNr. 4; offenlassend BSG Beschluss vom 24.7.2006 - B 1 KR 6/06 BH - Juris RdNr. 1) und der Senat befugt sein könnte, seinen unanfechtbaren Beschluss vom 18.4.2013 ohne gegenläufige gesetzliche Grundlage (vgl. dazu BFH Beschluss vom 1.7.2009 - V S 10/07 - BFHE 225, 310; Neumann, jurisPR-BVerwG 9/2009 Anm 4 unter D.) im Verfahren der Gegenvorstellung mit dem Ziel aufzuheben, die formelle und materielle Rechtskraft (§ 141 Abs. 1 SGG) des angefochtenen Urteils vom 11.6.2012 rückwirkend wieder zu beseitigen, die gemäß § 160a Abs. 4 S 3 SGG kraft Gesetzes mit der Ablehnung der Beschwerde durch das BSG zugunsten der Beklagten eingetreten ist (zur Abänderungsbefugnis als Voraussetzung einer Gegenvorstellung vgl. BVerfG Beschluss vom 25.11.2008 - 1 BvR 848/07 - BVerfGE 122, 190 = NJW 2009, 829, 830 RdNr. 36; BGH Beschlüsse vom 2.2.2004 - II ZR 294/01 - NJW-​RR 2004, 574 und vom 24.6.1980 - KZR 12/79 - NJW 1981, 55; BAG Beschluss vom 10.10.2012 - 5 AZN 991/12 (A) - NZA 2013, 167, 168 RdNr. 3; BFH Beschlüsse vom 6.12.2011 - IX S 19/11 - BFH/NV 2012, 438 und vom 28.5.2010 - III S 11/10 - BFH/NV 2010, 1651).

Denn selbst nach dem Recht, das vor Einführung der Anhörungsrüge galt, konnte eine unanfechtbare Entscheidung auf einen außerordentlichen Rechtsbehelf nur geändert werden, wenn diese Entscheidung offensichtlich dem Gesetz widersprach oder grobes prozessuales Unrecht enthielt (vgl. BVerfG SozR 1500 § 62 Nr. 16; BSG SozR 3-​1500 § 160a Nr. 24 und Beschluss vom 24.7.2006, a. a. O.).“

Diese zur Gegenvorstellung im sozialgerichtlichen Verfahren mit Blick auf die im Sozialgerichtsgesetz (SGG) (dort § 178 a) eingeführte Anhörungsrüge getätigten Ausführungen des BSG sind in gleicher Weise auf die Gegenvorstellung in einem kostenrechtlichen Verfahren nach dem JVEG, das in § 4 a JVEG die Anhörungsrüge eröffnet, übertragbar.

Unabhängig von der Frage, ob nicht bereits durch die Einführung der Anhörungsrüge per se der (außerordentliche) Rechtsbehelf der Gegenvorstellung ausgeschlossen ist, ist jedenfalls dann - und dies ohne den geringsten Zweifel - eine Gegenvorstellung ein unstatthafter Rechtsbehelf, wenn sich diese gegen den Beschluss über eine zweite Anhörungsrüge richtet. Denn bereits die zweite Anhörungsrüge ist nach völlig unstrittiger Rechtsprechung unstatthaft. Insofern verweist der Senat auf seinen (mit der Gegenvorstellung angegriffenen) Beschluss vom 25.06.2015, Az.: L 15 RF 109/15, in dem er Folgendes ausgeführt hat:

„§ 4 a JVEG sieht nur eine, nicht aber auch eine zweite Anhörungsrüge vor (vgl. § 4 a Abs. 4 Satz 4 JVEG). Eine zweite Anhörungsrüge ist nach völlig unstrittiger höchstrichterlicher Rechtsprechung offensichtlich unzulässig, da unstatthaft.

So hat beispielsweise der Bayerische Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 19.10.2010, Az.: Vf. 111-VI-09, Folgendes ausgeführt:

„Gegen einen Beschluss, mit dem eine Anhörungsrüge gemäß § 321 a Abs. 4 Satz 3 ZPO als unbegründet zurückgewiesen wird, steht keine weitere Gehörsrüge, sondern lediglich die Verfassungsbeschwerde offen (Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 68. Aufl. 2010, RdNr. 60 zu § 321 a; Leipold in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl. 2008, RdNr. 51 zu § 321 a; Musielak in Münchener Kommentar zur ZPO, 3. Aufl. 2008, RdNr. 17 zu § 321 a; Rensen in Wieczorek/Schütze, ZPO, 3. Aufl. 2007, RdNr. 68 zu § 321 a; Vollkommer in Zöller, ZPO, 28. Aufl. 2010, RdNr. 17 zu § 321 a). Der gesetzgeberischen Intention (BT-Drs. 14/4722 S. 156) und den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG vom 30.4.2003 = BVerfGE 107, 395/408 ff.) entsprechend, gewährleistet die Anhörungsrüge nach § 321 a ZPO die Möglichkeit, eine behauptete Verletzung des rechtlichen Gehörs einer einmaligen gerichtlichen Kontrolle durch das Fachgericht selbst, das die Gehörsverletzung begangen haben soll, unterziehen zu lassen. Begeht das Gericht im Rahmen dieser Überprüfung einen Fehler, führt dies nicht zur erneuten Eröffnung des Rechtswegs (vgl. BVerfGE 107, 395/411). Vielmehr ist das fachgerichtliche Verfahren beendet, wenn das Gericht nach inhaltlicher Prüfung der ersten Anhörungsrüge eine „Selbstkorrektur“ der Ausgangsentscheidung abgelehnt hat. Zur Beseitigung der durch die Ausgangsentscheidung eingetretenen Beschwer steht dem Beschwerdeführer dann nur noch die Verfassungsbeschwerde zur Verfügung (vgl. Heinrichsmeier, NVwZ 2010, 228/232). Die Zulassung einer weiteren Gehörsrüge nach § 321 a ZPO gegen die Entscheidung über die Anhörungsrüge würde zu einem „regressus ad infinitum“ führen, der mit dem Gebot der Rechtssicherheit nicht vereinbar wäre. Ein Beschluss, mit dem eine Anhörungsrüge als unbegründet zurückgewiesen wurde, kann daher selbst dann nicht mit einer weiteren fachgerichtlichen Anhörungsrüge angegriffen werden, wenn eine originäre Gehörsverletzung durch diesen Beschluss geltend gemacht wird (vgl. Rensen in Wieczorek/Schütze, RdNr. 68 zu § 321 a).“

Dem ist nichts hinzuzufügen.

Bundesverfassungsgericht (vgl. Beschluss vom 26.04.2011, Az.: 2 BvR 597/11), Bundesgerichtshof (vgl. Beschluss vom 10.02.2012, Az.: V ZR 8/10) und Bundessozialgericht (vgl. Beschluss vom 01.08.2007, Az.: B 13 R 7/07 C) teilen diese Meinung genauso wie das Bayer. Landessozialgericht (vgl. z. B. Beschlüsse vom 31.10.2013, Az.: L 15 SF 320/13 RG, und vom 15.11.2013, Az.: L 1 SF 318/13 RG).“

Die in § 4 a Abs. 4 Satz 3 JVEG vorgegebene Endgültigkeit der Entscheidung über die (erste) Anhörungsrüge und der damit bewirkte Rechtsmittelausschluss schließen neben einer weiteren Anhörungsrüge oder Beschwerde auch eine gegen den Beschluss über die (weitere) Anhörungsrüge gerichtete Gegenvorstellung aus. Denn andernfalls würde durch nacheinander einzulegende Anhörungsrügen und Gegenvorstellungen ein letztlich endloser Rechtsweg eröffnet (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 14.02.2012, Az.: L 11 SF 4/12 B RG (AS)) - auf nichts anderes läuft die vom Antragsteller, der deutlich gemacht hat, dass er erst dann von der Inanspruchnahme der Senats absehen wird, wenn sein vermeintlicher Anspruch befriedigt ist, erhobene Gegenvorstellung hinaus -, was verfassungsrechtlich nicht geboten und auch nicht akzeptabel ist. Sowohl dem in Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz verankerten Rechtsstaatsprinzip als auch dem allgemeinen Justizgewährungsanspruch ist Genüge getan, wenn die Rechtsordnung eine einmalige Möglichkeit zur Einholung einer gerichtlichen Entscheidung eröffnet (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 29.07.2003, Az.: 2 BvR 1100/03, vom 05.05.2008, Az.: 1 BvR 562/08, und vom 08.12.2010, Az.: 1 BvR 1382/10). Einen Anspruch auf einen Instanzenzug gibt es nicht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.07.1983, Az.: 1 BvR 1470/82). Verfassungsrechtlich ist es nicht geboten, auch den Akt der gerichtlichen Überprüfung selbst daraufhin kontrollieren zu können, ob in ihm die für den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Rechtsnormen nunmehr vom Gericht verletzt worden sind; im Interesse der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens nimmt das verfassungsrechtlich gewährleistete Rechtsschutzsystem bei der Überprüfung einer gerichtlichen Entscheidung ein verbleibendes Risiko falscher Rechtsanwendung durch das Gericht in Kauf (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30.04.2003, Az.: 1 PBvU 1/02).

Die Gegenvorstellung gegen den Beschluss über die weitere Anhörungsrüge ist daher ohne jeden Zweifel unstatthaft und als offensichtlich unzulässig zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung. Eine Gebührenfreiheit konstituierende Regelungen wie z. B. § 4 Abs. 8 Satz 1 JVEG, § 56 Abs. 2 Satz 2 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz oder § 66 Abs. 8 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG) kommen weder direkt noch analog zur Anwendung, da eine gesetzlich bestimmte Gebührenfreiheit nur für statthafte Verfahren gilt (ständige Rspr. des Senats, vgl. z. B. Beschlüsse vom 07.08.2014, Az.: L 15 SF 146/14 E, vom 22.09.2014, Az.: L 15 SF 157/14 E, und vom 13.07.2015, Az.: L 15 SF 347/13 E; vgl. auch Bundesgerichtshof, Beschlüsse vom 17.10.2002, Az.: IX ZB 303/02, und vom 03.03.2014, Az.: IV ZB 4/14; BFH, Beschlüsse vom 12.09.2005, Az.: VII E 5/05, und vom 15.02.2008, Az.: II B 84/07) und ein statthaftes Verfahren hier nicht vorliegt (vgl. oben).

Dem steht auch nicht entgegen, dass die ganz überwiegende Zahl der sozialgerichtlichen Verfahren und auch das Berufungsverfahren des Antragstellers in der Hauptsache vom Grundsatz der Kostenfreiheit gemäß § 183 Satz 1 SGG geprägt sind. Diesen Grundsatz hat der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes (6. SGGÄndG) (vgl. Bundestags-Drucksache 14/5943, S. 20) bestätigt und dies wie folgt begründet:

„Insbesondere Versicherte, Rentner, Kriegsopfer, Schwerbehinderte, Hinterbliebene, Kinder- und Erziehungsgeldberechtigte sowie Pflegebedürftige und Pflegepersonen sollen auch künftig nicht mit Gerichtskosten belastet werden. Diese Regelung eröffnet den Versicherten den Rechtsschutz durch die Sozialgerichte ohne finanzielle Nachteile; sie können ihre Ansprüche unabhängig von einem individuellen Kostenrisiko klären.“

Gleichzeitig hat er mit der durch § 197 a SGG erfolgten Einführung einer streitwertbezogenen Gebührenpflicht nach dem GKG für Streitigkeiten, an denen Versicherte und Leistungsempfänger nicht beteiligt sind, diejenigen Verfahren von der Gebührenprivilegierung ausgenommen, die von ihrem Schutzzweck her nicht auf die Durchsetzung von Ansprüchen auf Sozialleistungen ausgerichtet sind und bei denen daher eine Kostenprivilegierung nicht sachgerecht wäre (vgl. Gesetzesbegründung zum Entwurf eines 6. SGGÄndG, a. a. O., S. 20, 28 f.). Daraus den Rückschluss zu ziehen, dass der privilegierte Personenkreis bei allen seinen Handlungen vor einem Gericht der Sozialgerichtsbarkeit unter dem Schutz der Kostenprivilegierung stünde, wäre jedoch verfehlt. Denn die Kostenprivilegierung stellt eine besondere Ausprägung des sozialen Schutzes in Form eines kostenfreien Rechtsschutzes dar. Diese Schutzbedürftigkeit endet aber dann, wenn der Rechtsschutzsuchende die vom Gesetzgeber vorgesehenen Wege des Rechtsschutzes verlässt. Denn von einer sozialen Schutzwürdigkeit kann keine Rede mehr sein, wenn sich der Gesetzgeber dazu entschlossen hat, für ein bestimmtes Begehren keinen Rechtsschutz mehr zu eröffnen. Insofern ist auch unter Zugrundelegung der gesetzgeberischen Erwägungen zur Gerichtskostenfreiheit im sozialgerichtlichen Verfahren kein Anlass gegeben, in die Kostenprivilegierung auch unstatthafte Verfahren einzubeziehen. In seiner Einschätzung, dass der Gesetzgeber auch für den grundsätzlich gerichtskostenprivilegierten Personenkreis keine allumfassende Kostenprivilegierung eröffnen wollte, wird der Senat auch durch die Regelung des § 197 a SGG bestätigt. Daraus wird ersichtlich, dass es dem Willen des Gesetzgebers entspricht, bei der Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung auch einem grundsätzlich kostenprivilegierten Kläger Kosten des sozialgerichtlichen Verfahrens aufzuerlegen. Diesem Rechtsgedanken wird die Auslegung des Senats gerecht, wenn er für unstatthafte Verfahren, gerade aus dem Bereich des Kostenrechts, keine Kostenprivilegierung zulässt.

Einer Streitwertfestsetzung bedarf es im vorliegenden Verfahren nicht, da für die Gegenvorstellung im Kostenverzeichnis der Anlage 1 zum GKG ein Gebührentatbestand nicht vorgesehen ist. Aus diesem Grund wird der Antragsteller - darauf weist der Senat informationshalber hin - auch nicht mit einer Gerichtskostenforderung zu rechnen haben.

Der Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IVZB 4/14
vom
3. März 2014
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
§ 68 Abs. 3 GKG gilt nur für statthafte Beschwerden (Fortführung von BGH, Beschlüsse
vom 17. Oktober 2002 - IX ZB 303/02, NJW 2003, 69 und vom 22. Februar 1989 -
IVb ZB 2/89, juris, sowie Bestätigung von BGH, Beschlüsse vom 7. Dezember 2010 -
VIII ZB 77/10 und vom 14. Juni 2007 - V ZB 42/07, jeweils juris).
BGH, Beschluss vom 3. März 2014 - IV ZB 4/14 - OLG Köln
LG Köln
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
Richterin Mayen, die Richter Wendt, Felsch, Lehmann und die Richterin
Dr. Brockmöller
am 3. März 2014

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung in dem Beschluss des Oberlandesgerichts Köln vom 19. Dezember 2013 wird auf Kosten des Klägers als unzulässig verworfen.

Gründe:


1
Die Beschwerde ist unzulässig, weil gemäß § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG eine Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwerts an einen obersten Gerichtshof des Bundes nicht stattfindet.
2
Die Kostenentscheidung beruht darauf, dass die gesetzlich bestimmte Gebührenfreiheit (§ 66 Abs. 8, § 68 Abs. 3 GKG) nur für statthafte Verfahren gilt (BGH, Beschlüsse vom 7. Dezember 2010 - VIII ZB 77/10 und vom 14. Juni 2007 - V ZB 42/07, jeweils veröffentlicht bei juris ). Die - wie hier - kraft Gesetzes ausgeschlossenen Beschwerden sind daher kostenpflichtig.

3
Dies entsprach bereits der Rechtslage zu der Vorgängervorschrift des § 68 Abs. 3 GKG (vgl. BGH, Beschlüsse vom 22. Februar 1989 - IVb ZB 2/89, juris Rn. 5 und vom 17. Oktober 2002 - IX ZB 303/02, NJW 2003, 69) und gilt entgegen einigen jüngeren Entscheidungen von Oberlandesgerichten (OLG Koblenz MDR 2012, 1315 und OLG Frankfurt NJW-RR 2012, 1022) auch nach der durch das Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts (Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - KostRMoG) vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718) vorgenommenen Neufassung der Bestimmungen über die Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwerts fort (vgl. BGH, Beschlüsse vom 7. Dezember 2010 und vom 14. Juni 2007 aaO).
4
Aus der Gesetzessystematik folgt, dass sich die Gebührenfreiheit des § 68 Abs. 3 GKG auf die Verfahren bezieht, die in den vorangegangenen Absätzen des § 68 GKG genannt sind, und somit allein die hiernach statthaften Rechtsmittel umfasst. Die Neufassung der Vorschrift durch das Kostenrechtsmodernisierungsgesetz hat daran nichts geändert. Dies weist schon die Gesetzesbegründung aus (BR-Drucks. 830/03 S. 187). Danach sollen "sowohl das Verfahren über die (weitere) Beschwerde als auch das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand einschließlich des insoweit eröffneten Beschwerdeverfahrens" gebührenfrei sein, womit der Gesetzgeber den Kreis der gebührenfreien Verfahren bestimmt hat. Zudem soll § 68 Abs. 3 GKG ausdrücklich dem § 25 Abs. 4 GKG a.F. entsprechen, der durch die Rechtsprechung im Sinne einer fehlenden Gebührenbefreiung für unstatthafte Beschwerden ausgeformt war (BGH, Beschluss vom 22. Februar 1989 - IVb ZB 2/89, juris Rn. 5). Schließlich gebietet der Zweck der Gebührenbefreiung, Kostenverfahren zu beseitigen, die sich aus anderen Kostenverfahren ergeben (BT-Drucks. 7/2016 S. 62), keine Gebührenbefreiung für unstatthafte Beschwerden (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Oktober 2002 - IX ZB 303/02, NJW 2003, 69 f.). Dies gilt unverändert fort.
Mayen Wendt Felsch
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 20.08.2013- 4 O 353/11 -
OLG Köln, Entscheidung vom 19.12.2013 - I-4 U 27/13 -

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

Tenor

I.

Die Gegenvorstellung gegen den Beschluss vom 25.06.2015, Az.: L 15 RF 109/15, wird als unzulässig verworfen.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.

Im Raum steht eine Gegenvorstellung gegen einen Beschluss des Senats zu einer zweiten Anhörungsrüge im Zusammenhang mit einem Beschluss gemäß § 4 Abs. 1 Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG).

Mit Beschluss vom 21.01.2015, Az.: L 15 SF 296/14, lehnte der Senat eine Entschädigung des Antragstellers wegen der mündlichen Verhandlung am 05.06.2014 vor dem Bayer. Landessozialgericht (LSG) im Berufungsverfahren mit dem Aktenzeichen L 14 R 712/12 ab, weil weder das persönliche Erscheinen angeordnet noch der Antragsteller beim Gerichtstermin erschienen sei.

Mit Beschluss vom 30.03.2015, Az.: L 15 RF 13/15, verwarf der Senat eine gegen seinen Beschluss vom 21.01.2015, Az.: L 15 SF 296/14, gerichtete Anhörungsrüge des Antragstellers als unzulässig, da der Antragsteller das ihm im Rahmen der Anhörungsrüge obliegende Darlegungserfordernis nicht erfüllt habe.

Mit Beschluss vom 25.07.2015, Az.: L 15 RF 109/15, verwarf der Senat eine weitere Anhörungsrüge des Antragstellers als unzulässig, da eine zweite Anhörungsrüge nach völlig unstrittiger höchstrichterlicher Rechtsprechung offensichtlich unstatthaft sei.

Dagegen hat sich der Antragsteller mit Schreiben vom 06.07.2015 gewandt und Folgendes mitgeteilt:

„Mit dem Beschluss mit dem Az. L 15 RF 109/15 vom 25. Juni 2015 zugegangen am 02.07.2015, besteht kein Einverständnis. Es wird Gegendarstellung erhoben.“

Begründet hat er diese damit, dass er einzig und allein wegen des Richters im Hauptsacheverfahren gezwungen gewesen sei, am Tag des Gerichtstermins (05.06.2014) eine kostenpflichtige Ersatz-Pflegekraft für 140,- € zu beschaffen. Das Bayer. LSG sei in der Pflicht zum Kostenersatz, da dessen Richter die Kosten verursacht habe. Wie dies abgerechnet werde, tangiere ihn nicht.

II.

Das Schreiben vom 06.07.2015 ist aufgrund der ausdrücklichen Bezeichnung des Antragstellers als Gegenvorstellung gegen den Beschluss zur zweiten Anhörungsrüge vom 25.06.2015 zu betrachten.

Die Gegenvorstellung ist offensichtlich unzulässig, da unstatthaft.

Offensichtlich unzulässig ist ein Rechtsbehelf dann, wenn über seine Unzulässigkeit nach dem Stand der Rechtsprechung und Lehre zum Zeitpunkt der Einlegung keine Ungewissheit bestehen konnte (vgl. Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluss vom 25.11.2008, Az.: 1 BvR 848/07, und Urteil vom 12.03.2003, Az.: 1 BvR 330/96, 1 BvR 348/99).

Zur Frage, ob eine Gegenvorstellung nach Einführung der Anhörungsrüge überhaupt noch statthaft ist (verneinend: vgl. Bundesfinanzhof - BFH -, Beschluss vom 29.04.2008, Az.: I B 35-41/08, I B 35/08, I B 36/08, I B 37/08, I B 38/08, I B 39/08, I B 40/08, I B 41/08; Bundesverwaltungsgericht, Beschlüsse vom 05.07.2012, Az.: 5 B 24/12, 5 B 24/12, 5 PKH 5/12, und vom 24.05.2013, Az.: 5 B 36/13, 5 B 36/13 (5 B 29/13); Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen, Beschluss vom 28.08.2014, Az.: Vf. 58-IV-14 (HS), Vf. 59-IV-14 (e.A.); Hartmann, Kostengesetze, 45. Aufl. 2015, § 4 a JVEG, Rdnr. 62; bejahend: BFH, Beschluss vom 01.07.2009, Az.: V S 10/07; eine offensichtliche Unzulässigkeit verneinend: BVerfG, Beschluss vom 25.11.2008, Az.: 1 BvR 848/07), hat sich das Bundessozialgericht (BSG) im Beschluss vom 10.07.2013, Az.: B 5 R 185/13 B, wie folgt geäußert:

„Es kann dahinstehen, ob Gegenvorstellungen im sozialgerichtlichen Verfahren nach Einführung der Anhörungsrüge (§ 178a SGG) überhaupt noch statthaft sind (bejahend BVerfG Beschlüsse vom 25.11.2008 - 1 BvR 848/07 - BVerfGE 122, 190, 199 f, 201 f und der 3. Kammer des 2. Senats - 2 BvR 2674/10 - NJW 2012, 1065 sowie BSG SozR 4-1500 § 178a Nr. 3 RdNr. 4; offenlassend BSG Beschluss vom 24.7.2006 - B 1 KR 6/06 BH - Juris RdNr. 1) und der Senat befugt sein könnte, seinen unanfechtbaren Beschluss vom 18.4.2013 ohne gegenläufige gesetzliche Grundlage (vgl. dazu BFH Beschluss vom 1.7.2009 - V S 10/07 - BFHE 225, 310; Neumann, jurisPR-BVerwG 9/2009 Anm 4 unter D.) im Verfahren der Gegenvorstellung mit dem Ziel aufzuheben, die formelle und materielle Rechtskraft (§ 141 Abs. 1 SGG) des angefochtenen Urteils vom 11.6.2012 rückwirkend wieder zu beseitigen, die gemäß § 160a Abs. 4 S 3 SGG kraft Gesetzes mit der Ablehnung der Beschwerde durch das BSG zugunsten der Beklagten eingetreten ist (zur Abänderungsbefugnis als Voraussetzung einer Gegenvorstellung vgl. BVerfG Beschluss vom 25.11.2008 - 1 BvR 848/07 - BVerfGE 122, 190 = NJW 2009, 829, 830 RdNr. 36; BGH Beschlüsse vom 2.2.2004 - II ZR 294/01 - NJW-​RR 2004, 574 und vom 24.6.1980 - KZR 12/79 - NJW 1981, 55; BAG Beschluss vom 10.10.2012 - 5 AZN 991/12 (A) - NZA 2013, 167, 168 RdNr. 3; BFH Beschlüsse vom 6.12.2011 - IX S 19/11 - BFH/NV 2012, 438 und vom 28.5.2010 - III S 11/10 - BFH/NV 2010, 1651).

Denn selbst nach dem Recht, das vor Einführung der Anhörungsrüge galt, konnte eine unanfechtbare Entscheidung auf einen außerordentlichen Rechtsbehelf nur geändert werden, wenn diese Entscheidung offensichtlich dem Gesetz widersprach oder grobes prozessuales Unrecht enthielt (vgl. BVerfG SozR 1500 § 62 Nr. 16; BSG SozR 3-​1500 § 160a Nr. 24 und Beschluss vom 24.7.2006, a. a. O.).“

Diese zur Gegenvorstellung im sozialgerichtlichen Verfahren mit Blick auf die im Sozialgerichtsgesetz (SGG) (dort § 178 a) eingeführte Anhörungsrüge getätigten Ausführungen des BSG sind in gleicher Weise auf die Gegenvorstellung in einem kostenrechtlichen Verfahren nach dem JVEG, das in § 4 a JVEG die Anhörungsrüge eröffnet, übertragbar.

Unabhängig von der Frage, ob nicht bereits durch die Einführung der Anhörungsrüge per se der (außerordentliche) Rechtsbehelf der Gegenvorstellung ausgeschlossen ist, ist jedenfalls dann - und dies ohne den geringsten Zweifel - eine Gegenvorstellung ein unstatthafter Rechtsbehelf, wenn sich diese gegen den Beschluss über eine zweite Anhörungsrüge richtet. Denn bereits die zweite Anhörungsrüge ist nach völlig unstrittiger Rechtsprechung unstatthaft. Insofern verweist der Senat auf seinen (mit der Gegenvorstellung angegriffenen) Beschluss vom 25.06.2015, Az.: L 15 RF 109/15, in dem er Folgendes ausgeführt hat:

„§ 4 a JVEG sieht nur eine, nicht aber auch eine zweite Anhörungsrüge vor (vgl. § 4 a Abs. 4 Satz 4 JVEG). Eine zweite Anhörungsrüge ist nach völlig unstrittiger höchstrichterlicher Rechtsprechung offensichtlich unzulässig, da unstatthaft.

So hat beispielsweise der Bayerische Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 19.10.2010, Az.: Vf. 111-VI-09, Folgendes ausgeführt:

„Gegen einen Beschluss, mit dem eine Anhörungsrüge gemäß § 321 a Abs. 4 Satz 3 ZPO als unbegründet zurückgewiesen wird, steht keine weitere Gehörsrüge, sondern lediglich die Verfassungsbeschwerde offen (Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 68. Aufl. 2010, RdNr. 60 zu § 321 a; Leipold in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl. 2008, RdNr. 51 zu § 321 a; Musielak in Münchener Kommentar zur ZPO, 3. Aufl. 2008, RdNr. 17 zu § 321 a; Rensen in Wieczorek/Schütze, ZPO, 3. Aufl. 2007, RdNr. 68 zu § 321 a; Vollkommer in Zöller, ZPO, 28. Aufl. 2010, RdNr. 17 zu § 321 a). Der gesetzgeberischen Intention (BT-Drs. 14/4722 S. 156) und den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG vom 30.4.2003 = BVerfGE 107, 395/408 ff.) entsprechend, gewährleistet die Anhörungsrüge nach § 321 a ZPO die Möglichkeit, eine behauptete Verletzung des rechtlichen Gehörs einer einmaligen gerichtlichen Kontrolle durch das Fachgericht selbst, das die Gehörsverletzung begangen haben soll, unterziehen zu lassen. Begeht das Gericht im Rahmen dieser Überprüfung einen Fehler, führt dies nicht zur erneuten Eröffnung des Rechtswegs (vgl. BVerfGE 107, 395/411). Vielmehr ist das fachgerichtliche Verfahren beendet, wenn das Gericht nach inhaltlicher Prüfung der ersten Anhörungsrüge eine „Selbstkorrektur“ der Ausgangsentscheidung abgelehnt hat. Zur Beseitigung der durch die Ausgangsentscheidung eingetretenen Beschwer steht dem Beschwerdeführer dann nur noch die Verfassungsbeschwerde zur Verfügung (vgl. Heinrichsmeier, NVwZ 2010, 228/232). Die Zulassung einer weiteren Gehörsrüge nach § 321 a ZPO gegen die Entscheidung über die Anhörungsrüge würde zu einem „regressus ad infinitum“ führen, der mit dem Gebot der Rechtssicherheit nicht vereinbar wäre. Ein Beschluss, mit dem eine Anhörungsrüge als unbegründet zurückgewiesen wurde, kann daher selbst dann nicht mit einer weiteren fachgerichtlichen Anhörungsrüge angegriffen werden, wenn eine originäre Gehörsverletzung durch diesen Beschluss geltend gemacht wird (vgl. Rensen in Wieczorek/Schütze, RdNr. 68 zu § 321 a).“

Dem ist nichts hinzuzufügen.

Bundesverfassungsgericht (vgl. Beschluss vom 26.04.2011, Az.: 2 BvR 597/11), Bundesgerichtshof (vgl. Beschluss vom 10.02.2012, Az.: V ZR 8/10) und Bundessozialgericht (vgl. Beschluss vom 01.08.2007, Az.: B 13 R 7/07 C) teilen diese Meinung genauso wie das Bayer. Landessozialgericht (vgl. z. B. Beschlüsse vom 31.10.2013, Az.: L 15 SF 320/13 RG, und vom 15.11.2013, Az.: L 1 SF 318/13 RG).“

Die in § 4 a Abs. 4 Satz 3 JVEG vorgegebene Endgültigkeit der Entscheidung über die (erste) Anhörungsrüge und der damit bewirkte Rechtsmittelausschluss schließen neben einer weiteren Anhörungsrüge oder Beschwerde auch eine gegen den Beschluss über die (weitere) Anhörungsrüge gerichtete Gegenvorstellung aus. Denn andernfalls würde durch nacheinander einzulegende Anhörungsrügen und Gegenvorstellungen ein letztlich endloser Rechtsweg eröffnet (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 14.02.2012, Az.: L 11 SF 4/12 B RG (AS)) - auf nichts anderes läuft die vom Antragsteller, der deutlich gemacht hat, dass er erst dann von der Inanspruchnahme der Senats absehen wird, wenn sein vermeintlicher Anspruch befriedigt ist, erhobene Gegenvorstellung hinaus -, was verfassungsrechtlich nicht geboten und auch nicht akzeptabel ist. Sowohl dem in Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz verankerten Rechtsstaatsprinzip als auch dem allgemeinen Justizgewährungsanspruch ist Genüge getan, wenn die Rechtsordnung eine einmalige Möglichkeit zur Einholung einer gerichtlichen Entscheidung eröffnet (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 29.07.2003, Az.: 2 BvR 1100/03, vom 05.05.2008, Az.: 1 BvR 562/08, und vom 08.12.2010, Az.: 1 BvR 1382/10). Einen Anspruch auf einen Instanzenzug gibt es nicht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.07.1983, Az.: 1 BvR 1470/82). Verfassungsrechtlich ist es nicht geboten, auch den Akt der gerichtlichen Überprüfung selbst daraufhin kontrollieren zu können, ob in ihm die für den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Rechtsnormen nunmehr vom Gericht verletzt worden sind; im Interesse der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens nimmt das verfassungsrechtlich gewährleistete Rechtsschutzsystem bei der Überprüfung einer gerichtlichen Entscheidung ein verbleibendes Risiko falscher Rechtsanwendung durch das Gericht in Kauf (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30.04.2003, Az.: 1 PBvU 1/02).

Die Gegenvorstellung gegen den Beschluss über die weitere Anhörungsrüge ist daher ohne jeden Zweifel unstatthaft und als offensichtlich unzulässig zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung. Eine Gebührenfreiheit konstituierende Regelungen wie z. B. § 4 Abs. 8 Satz 1 JVEG, § 56 Abs. 2 Satz 2 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz oder § 66 Abs. 8 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG) kommen weder direkt noch analog zur Anwendung, da eine gesetzlich bestimmte Gebührenfreiheit nur für statthafte Verfahren gilt (ständige Rspr. des Senats, vgl. z. B. Beschlüsse vom 07.08.2014, Az.: L 15 SF 146/14 E, vom 22.09.2014, Az.: L 15 SF 157/14 E, und vom 13.07.2015, Az.: L 15 SF 347/13 E; vgl. auch Bundesgerichtshof, Beschlüsse vom 17.10.2002, Az.: IX ZB 303/02, und vom 03.03.2014, Az.: IV ZB 4/14; BFH, Beschlüsse vom 12.09.2005, Az.: VII E 5/05, und vom 15.02.2008, Az.: II B 84/07) und ein statthaftes Verfahren hier nicht vorliegt (vgl. oben).

Dem steht auch nicht entgegen, dass die ganz überwiegende Zahl der sozialgerichtlichen Verfahren und auch das Berufungsverfahren des Antragstellers in der Hauptsache vom Grundsatz der Kostenfreiheit gemäß § 183 Satz 1 SGG geprägt sind. Diesen Grundsatz hat der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes (6. SGGÄndG) (vgl. Bundestags-Drucksache 14/5943, S. 20) bestätigt und dies wie folgt begründet:

„Insbesondere Versicherte, Rentner, Kriegsopfer, Schwerbehinderte, Hinterbliebene, Kinder- und Erziehungsgeldberechtigte sowie Pflegebedürftige und Pflegepersonen sollen auch künftig nicht mit Gerichtskosten belastet werden. Diese Regelung eröffnet den Versicherten den Rechtsschutz durch die Sozialgerichte ohne finanzielle Nachteile; sie können ihre Ansprüche unabhängig von einem individuellen Kostenrisiko klären.“

Gleichzeitig hat er mit der durch § 197 a SGG erfolgten Einführung einer streitwertbezogenen Gebührenpflicht nach dem GKG für Streitigkeiten, an denen Versicherte und Leistungsempfänger nicht beteiligt sind, diejenigen Verfahren von der Gebührenprivilegierung ausgenommen, die von ihrem Schutzzweck her nicht auf die Durchsetzung von Ansprüchen auf Sozialleistungen ausgerichtet sind und bei denen daher eine Kostenprivilegierung nicht sachgerecht wäre (vgl. Gesetzesbegründung zum Entwurf eines 6. SGGÄndG, a. a. O., S. 20, 28 f.). Daraus den Rückschluss zu ziehen, dass der privilegierte Personenkreis bei allen seinen Handlungen vor einem Gericht der Sozialgerichtsbarkeit unter dem Schutz der Kostenprivilegierung stünde, wäre jedoch verfehlt. Denn die Kostenprivilegierung stellt eine besondere Ausprägung des sozialen Schutzes in Form eines kostenfreien Rechtsschutzes dar. Diese Schutzbedürftigkeit endet aber dann, wenn der Rechtsschutzsuchende die vom Gesetzgeber vorgesehenen Wege des Rechtsschutzes verlässt. Denn von einer sozialen Schutzwürdigkeit kann keine Rede mehr sein, wenn sich der Gesetzgeber dazu entschlossen hat, für ein bestimmtes Begehren keinen Rechtsschutz mehr zu eröffnen. Insofern ist auch unter Zugrundelegung der gesetzgeberischen Erwägungen zur Gerichtskostenfreiheit im sozialgerichtlichen Verfahren kein Anlass gegeben, in die Kostenprivilegierung auch unstatthafte Verfahren einzubeziehen. In seiner Einschätzung, dass der Gesetzgeber auch für den grundsätzlich gerichtskostenprivilegierten Personenkreis keine allumfassende Kostenprivilegierung eröffnen wollte, wird der Senat auch durch die Regelung des § 197 a SGG bestätigt. Daraus wird ersichtlich, dass es dem Willen des Gesetzgebers entspricht, bei der Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung auch einem grundsätzlich kostenprivilegierten Kläger Kosten des sozialgerichtlichen Verfahrens aufzuerlegen. Diesem Rechtsgedanken wird die Auslegung des Senats gerecht, wenn er für unstatthafte Verfahren, gerade aus dem Bereich des Kostenrechts, keine Kostenprivilegierung zulässt.

Einer Streitwertfestsetzung bedarf es im vorliegenden Verfahren nicht, da für die Gegenvorstellung im Kostenverzeichnis der Anlage 1 zum GKG ein Gebührentatbestand nicht vorgesehen ist. Aus diesem Grund wird der Antragsteller - darauf weist der Senat informationshalber hin - auch nicht mit einer Gerichtskostenforderung zu rechnen haben.

Der Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG).