Bundesarbeitsgericht Urteil, 30. Sept. 2015 - 4 AZR 641/13

ECLI: ECLI:DE:BAG:2015:300915.U.4AZR641.13.0
published on 30/09/2015 00:00
Bundesarbeitsgericht Urteil, 30. Sept. 2015 - 4 AZR 641/13
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Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 9. April 2013 - 6 Sa 488/12 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Differenzentgeltansprüche des Klägers für den Monat Januar 2012 und in diesem Zusammenhang über dessen zutreffende Eingruppierung nach dem am 1. Januar 2012 in Kraft getretenen Lohntarifvertrag für die gewerblichen Beschäftigten in der Gebäudereinigung vom 23. August 2011 (nachfolgend LTV 2012).

2

Der Kläger, Mitglied der Gewerkschaft IG Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU), ist bei der in L ansässigen Beklagten, einem Mitglied der dem Bundesinnungsverband des Gebäudereiniger-Handwerks angeschlossenen Gebäudereiniger-Innung Rheinhessen-Pfalz, seit dem Jahr 1989 als Reiniger beschäftigt. Er wird im Werk eines Chemieunternehmens in L eingesetzt und führt dort Reinigungsarbeiten aus.

3

Die vom Kläger im Monat Januar 2012 erbrachten Arbeitsstunden vergütete die Beklagte mit einem Stundenlohn von 11,33 Euro brutto. In ihrer Abrechnung ist in der Rubrik „Bezeichnung“ „Std./Lohngr. 6“ eingetragen. Dieser Stundenlohn ist nach § 3 LTV 2012 im Bereich des Landes Rheinland-Pfalz für die Lohngruppe 6 zu zahlen.

4

Nach erfolgloser Geltendmachung hat der Kläger mit seiner Klage für den Monat Januar 2012 die Differenz zwischen der geleisteten Vergütung und dem im LTV 2012 für die Lohngruppe 6a festgelegten Stundenentgelt iHv. 11,68 Euro brutto, insgesamt 61,60 Euro brutto, verlangt. Er ist der Auffassung, kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit könne er eine Vergütung nach der zum 1. Januar 2012 neu eingeführten Lohngruppe 6a LTV 2012 verlangen. Es sei ausreichend, wenn er mindestens drei Monate Beschäftigter im Gebäudereiniger-Handwerk gewesen und zuvor nach der Lohngruppe 6 LTV 2012 vergütet worden sei.

5

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 61,60 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. Februar 2012 zu zahlen.

6

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag damit begründet, der Kläger übe ua. manuelle Reinigungs- und Entsorgungstätigkeiten, aber keine Reinigungstätigkeiten iSd. Lohngruppe 6 LTV 2012 aus. Dies sei für einen Anspruch nach der Lohngruppe 6a LTV 2012 jedoch erforderlich.

7

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision ist erfolglos. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger kann für den Monat Januar 2012 keine Vergütung nach der Lohngruppe 6a LTV 2012 beanspruchen.

9

I. Für das Arbeitsverhältnis der Parteien gelten aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG der zwischen der IG BAU und dem Bundesinnungsverband des Gebäudereiniger-Handwerks geschlossene und am 1. Januar 2012 in Kraft getretene Rahmentarifvertrag für die gewerblichen Beschäftigten in der Gebäudereinigung vom 28. Juni 2011 (RTV 2012) sowie der LTV 2012.

10

1. Die für die Eingruppierung maßgebenden Bestimmungen des RTV 2012 lauten:

        

§ 8   

        

Lohn und Eingruppierung

        

1. Lohngrundlagen

        

1.1     

Der Lohn wird auf der Grundlage dieses Rahmentarifvertrages und des Lohntarifvertrages geregelt.

        

…       

        

3. Lohngruppen

        

3.1 Eingruppierungsgrundsätze

        

3.1.1 

Der/die Beschäftigte werden aufgrund ihrer überwiegenden Tätigkeit in eine Lohngruppe dieses Tarifvertrages eingruppiert. Für die Eingruppierung ist ausschließlich die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit maßgebend.

        

…       

        

Lohngruppen

        

…       

        

Lohngruppe 6

        

Glas- und Fassadenreinigungsarbeiten, insbesondere Reinigung, pflegende und schützende Behandlung von Glasflächen und Außenbauteilen an Bauwerken und Verkehrsmitteln aller Art; Reinigung und Pflege von Verkehrsanlagen (z. B. Verkehrsampeln, Mautanlagen) und Verkehrseinrichtungen (z. B. Verkehrsschilder) sowie von Außenbeleuchtungsanlagen.“

11

2. Im LTV 2012 sind folgende Regelungen von Bedeutung:

        

§ 2   

        

Lohngruppen

        

Für die Eingruppierung gelten die Bestimmungen des Rahmentarifvertrages für die gewerblichen Beschäftigten in der Gebäudereinigung in der jeweils geltenden Fassung.

        

Lohngruppe 6: Beschäftigte der Lohngruppe 6 (gemäß RTV)

        

Lohngruppe 6a: Beschäftigte der Lohngruppe 6 nach dreimonatiger Tätigkeit im Gebäudereiniger-Handwerk“

12

II. Nach diesen tariflichen Regelungen kann der Kläger kein Entgelt nach der Lohngruppe 6a LTV 2012 beanspruchen. Er ist kein „Beschäftigter der Lohngruppe 6“ iSd. § 2 Abs. 2 Fall 2 (Lohngruppe 6a) LTV 2012. Entgegen der Auffassung der Revision ist es für einen Entgeltanspruch nach der Lohngruppe 6a LTV 2012 nicht ausreichend, dass der Kläger mehr als drei Monate im Gebäudereiniger-Handwerk beschäftigt gewesen und zuvor nach der Lohngruppe 6 LTV 2012 vergütet worden ist. Das ergibt die Auslegung des Tarifvertrags (zu den Maßstäben etwa BAG 10. Dezember 2014 - 4 AZR 503/12 - Rn. 19 ff. mwN).

13

1. Nach § 2 Abs. 1 LTV 2012 gelten für die Eingruppierung die Bestimmungen des RTV in der jeweils geltenden Fassung, vorliegend also § 8 RTV 2012. Danach erfolgt die Eingruppierung des Beschäftigten aufgrund seiner überwiegenden, tatsächlich ausgeübten Tätigkeit (§ 8 Nr. 3.1.1 RTV 2012).

14

2. Für einen Entgeltanspruch des Klägers nach der in Anspruch genommenen Lohngruppe ist erforderlich, dass er Beschäftigter iSd. Lohngruppe 6 iSd. § 2 Abs. 2 Fall 2 LTV 2012 ist. „Beschäftigte der Lohngruppe 6“ LTV 2012 sind wiederum nur die „Beschäftigte(n) der Lohngruppe 6 (gemäß RTV)“. Das erfordert nach § 8 Nr. 3.1.1 iVm. den Lohngruppen des § 8 RTV 2012 eine überwiegende Tätigkeit in der Glas- und Fassadenreinigung, der Reinigung und Pflege von Verkehrsanlagen und Verkehrseinrichtungen oder von Außenbeleuchtungsanlagen, die der Kläger sämtlich unstreitig nicht ausübt.

15

3. Entgegen der Auffassung der Revision erfüllt allein der Umstand, dass er eine Vergütung nach der Lohngruppe 6 LTV 2012 erhalten hat, nicht die tariflichen Voraussetzungen. § 2 Abs. 2 Fall 2 LTV 2012 verweist vielmehr insgesamt auf Fall 1 - „Lohngruppe 6: Beschäftigte der Lohngruppe 6 (gemäß RTV)“ - und nicht - wie der Kläger meint - bloß auf „Beschäftigte der Lohngruppe 6“. Einer Wiederholung des Klammerzusatzes - „(gemäß RTV)“ - war daher in der Formulierung der Lohngruppe 6a LTV 2012 entbehrlich.

16

4. Die tarifvertragliche Systematik bestätigt diese Auslegung.

17

a) Nach § 2 Abs. 1 LTV 2012 sind für die Eingruppierung die Bestimmungen des jeweils geltenden Rahmentarifvertrags maßgebend. Der einschlägige § 8 Nr. 3.1.1 RTV 2012 stellt auf die tatsächlich ausgeübte überwiegende Tätigkeit ab. Dies haben die Tarifvertragsparteien, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, durch den Klammerzusatz in der Lohngruppe 6 LTV 2012 - „gemäß RTV“ - nochmals betont.

18

b) Für die Annahme der Revision, die Tarifvertragsparteien hätten (allein) für die Lohngruppe 6a LTV 2012 eine Ausnahme von den übrigen ausnahmslos geltenden tariflichen Eingruppierungsgrundsätzen geschaffen, fehlt es an ausreichenden Anhaltspunkten. Zwar ist es zutreffend, wenn der Kläger ausführt, die Lohngruppe 6a LTV 2012 sei keine „Lohngruppe des RTV“. Gleichwohl bleiben aber die tariflichen Eingruppierungsbestimmungen durch die Verweisungskette in § 2 Abs. 2 Fall 2 LTV 2012 auf Fall 1, der wiederum die „Lohngruppe 6 (gemäß RTV)“ in Bezug nimmt, maßgebend. Die Lohngruppe 6a LTV 2012 enthält auch gegenüber der Lohngruppe 6 RTV 2012 keine weiteren inhaltlichen Anforderungen an die Tätigkeit, sondern fordert - lediglich - eine „dreimonatige Tätigkeit im Gebäudereiniger-Handwerk“ als weitere Voraussetzung für den Entgeltanspruch.

19

5. Die vom Kläger vertretene Auffassung ist schließlich nicht mit Sinn und Zweck der tariflichen Eingruppierungsregelungen des RTV, auf die § 2 Abs. 1 LTV 2012 verweist, zu vereinbaren. Danach wäre nicht mehr die Tätigkeit für die zutreffende Eingruppierung maßgebend, sondern eine davon abweichende individualvertragliche Vereinbarung oder gar nur eine tatsächlich geleistete Vergütung. Weder der LTV 2012 noch der RTV 2012 weisen Anhaltspunkte auf, dass auch solche Fallgestaltungen für den tarifvertraglich geregelten Entgeltanspruch maßgebend sein sollen.

20

III. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Eylert    

        

    Rinck    

        

    Treber    

        

        

        

    Hess    

        

    Drechsler    

                 
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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen

(1) Tarifgebunden sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrags ist. (2) Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen gelten für alle Betriebe, der

Annotations

Zur Zahlung der Lotsabgaben und der Lotsgelder sind neben dem Eigentümer des Wasserfahrzeuges diejenigen Personen verpflichtet, die das Befahren des Reviers und die Inanspruchnahme der Leistungen der Seelotsen im eigenen oder fremden Namen veranlasst haben. Mehrere Zahlungspflichtige haften als Gesamtschuldner.

(1) Tarifgebunden sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrags ist.

(2) Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen gelten für alle Betriebe, deren Arbeitgeber tarifgebunden ist.

(3) Die Tarifgebundenheit bleibt bestehen, bis der Tarifvertrag endet.

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Für die Leistungen der Seelotsen sind Lotsgelder (Beratungsgeld, Wartegeld und Auslagen) nach der Anlage 2 zu entrichten.

(2) Für Fahrzeuge, die gleichzeitig mehrere Seelotsen annehmen, ist bei Annahme von

1.
zwei Seelotsen das 1½fache,
2.
drei Seelotsen das 2fache,
3.
vier Seelotsen das 2½fache,
4.
fünf Seelotsen das 3fache,
5.
sechs Seelotsen das 3½fache
des Beratungsgeldes zu entrichten.

(3) Werden mehrere Fahrzeuge von einem Seelotsen geleitet, so ist für das vorausfahrende, mit einem Seelotsen besetzte Fahrzeug das volle Beratungsgeld, für jedes nachfahrende Fahrzeug 25 vom Hundert des Beratungsgeldes zu entrichten.

(4) Das Beratungsgeld wird ermäßigt

1.
auf dem Seelotsrevier Ems unter
den in § 1 Absatz 3 Nummer 4
genannten Bedingungen für
Containerschiffe mit einer
Bruttoraumzahl über 20 000 um40 vom Hundert
2.
auf der Trave
a)
für Fahrzeuge, die im Außenbereich bis Lübeck-Travemünde von der Lotsenannahmepflicht befreit sind, um 15 vom Hundert,
b)
für die Fahrtstrecken nach Anlage 2 Abschnitt A Nummer 1.8 Buchstabe e und f um 20 vom Hundert.
3.
auf dem Seelotsrevier Wismar/Rostock/Stralsund
a)
für Passagierfahrzeuge um30 vom Hundert
b)
für Passagierautofähren und
Ro-Ro-Schiffe um35 vom Hundert.
Die vorstehenden Ermäßigungen können nicht nebeneinander geltend gemacht werden.

(5) Das Beratungsgeld wird erhöht im Seelotsrevier Wismar/Rostock/Stralsund um 15 vom Hundert für Schiffe mit gasförmiger oder flüssiger Ladung einschließlich Tanker in Ballast sowie für Schiffe mit feuergefährlicher oder explosiver Gesamtladung.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)