Die Parteien streiten über die Zahlung eines Krankengeldzuschusses gemäß § 22 Abs. 3 Satz 1 1. Alt. TVöD-VKA sowie die Zahlung der anteiligen Jahressonderzahlung gemäß § 20 TVöD-VKA.
Die Klägerin ist bei der Beklagten, einer Gemeinde, auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 20.12.2012 (Bl. 58 - 59 d.A.) seit dem 18.02.2013 als Leiterin der Kindertagesstätte „Kinderwelt G-Stadt“ beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft vertraglicher Vereinbarung der TVöD für den Dienstleistungsbereich Verwaltung in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung Anwendung. Sie erhält ein Gehalt der Entgeltgruppe S18 Stufe 6 nebst Zulagen in Höhe von zuletzt 5.471,29 Euro brutto sowie eine Jahressonderzahlung.
Vor der Anstellung bei der beklagten Gemeinde war die Klägerin im Zeitraum 01.09.1986 bis 31.01.2013 bei der Stadt S. angestellt. Auf das Arbeitsverhältnis fand zuletzt der TVöD Anwendung. Die Klägerin erhielt am 14.12.2012 die schriftliche Einstellungszusage der Beklagten vom 11.12.2012 (Bl. 75 - 76 d.A.). Mit Schreiben vom 18.12.2012 (Bl. 77 - 78 d.A.) kündigte sie das Arbeitsverhältnis zum 31.01.2013 bei der Stadt S..
Vom 02.03.2015 bis 13.12.2015 war die Klägerin arbeitsunfähig krankgeschrieben. Die Beklagte gewährte der Klägerin bis zum 29.05.2015 einen Krankengeldzuschuss gemäß § 22 Abs. 3 Satz 1 1. Alt. TVöD. Der Krankengeldzuschuss betrug gemäß Berechnung der Beklagten pro Tag € 5,60 brutto.
Die Klägerin erhielt zunächst die volle Jahressonderzahlung gemäß § 20 TVöD für 2015 in Höhe von € 4.157,24 brutto. Mit Schreiben vom 20.04.2016 (Bl. 17 - 18 d.A.) teilte die Beklagte mit, dass sie von einer Beschäftigungszeit von weniger als 3 Jahren ausgehe, da zwischen der vorangegangenen Beschäftigung bei der Stadt S. und bei der Beklagten eine 18-tägige Unterbrechung vorläge. Die Beklagte teilte ferner mit, dass die Klägerin infolge der nicht ununterbrochenen Beschäftigung im öffentlichen Dienst und der daraus resultierenden kürzeren Zeit, in der ein Krankengeldzuschuss gezahlt wurde, der Anspruch auf Jahressonderzuwendung lediglich 6/12 betrage. Die Klägerin wurde aufgefordert, die Jahressonderzahlung in Höhe von 2.078,62 Euro an die Beklagte zurückzuzahlen.
Mit Gehaltsabrechnung für April 2016 (Bl. 51 d.A.) brachte die Beklagte die hälftige Jahressonderzahlung in Höhe von € 2.078,62 brutto in Abzug.
Mit ihrer am 11.08.2016 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage begehrt die Klägerin die Zahlung des Krankengeldzuschusses sowie zuletzt die Zahlung von 6/12 der Jahressonderzuwendung, welche die Beklagte in Abzug gebracht hatte.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass sie eine Beschäftigungszeit von mehr als 3 Jahren im Sinne des § 22 TVöD vorweisen könne. Die Beschäftigungszeit bei der Stadt S. sei unter Anwendung von § 34 Abs. 3 Satz 3 TVöD anzurechnen. Die Lücke von 17 Kalendertagen sei unschädlich. Vielmehr sei darauf abzustellen, ob zwischen dem Ende des vorhergehenden Arbeitsverhältnisses und dem Beginn der neuen Beschäftigung ein Zusammenhang bestehe. Dies sei der Fall. Sie sei deshalb beim alten Arbeitgeber ausgeschieden, weil sie mit der Beklagten das neue Arbeitsverhältnis begründet hatte. Die Begründung sei vor dem Ausscheiden erfolgt. Den Beginn ihrer Tätigkeit am 18.02.2013 habe sie benötigt, um einen umfangreichen Umzug mit ihrer Familie von S.-Stadt nach A-Stadt zu bewältigen.
Insoweit ergebe sich auch ein Anspruch auf die volle Jahressonderzahlung 2015. Die Klägerin beantragt,
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1.Die beklagte Gemeinde wird verurteilt, an die Klägerin Krankengeldzuschuss in Höhe von 1.030,40 nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Klage zu zahlen.
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2.Die beklagte Gemeinde wird verurteilt, an die Klägerin € 2.078,62 brutto zu zahlen, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.05.2016.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, dass das Gehalt der Klägerin korrekt berechnet worden sei. Die Beklagte behauptet, dass die Klägerin im Rahmen der Vertragsverhandlungen über den Abschluss des Arbeitsvertrages erklärt habe, dass sie erst am 18.02.2013 anfange, sie habe die Zeit für ihre Bachelor-Arbeit gebraucht.
Eine Beschäftigungszeit von mehr als drei Jahren liege nicht vor. Es liege keine ununterbrochene Fortsetzung der Tätigkeit vor. Die Klägerin sei nicht unmittelbar von einem Arbeitsverhältnis in das andere gewechselt. Damit zähle allein die Beschäftigungszeit seit dem 18.02.2013.
Der Anspruch auf Jahressonderzahlung 2015 habe sich gemäß § 20 Abs. 4 TVöD VKA vermindert. Für die Monate Juni bis November 2015 hätten keine Zahlungsansprüche bestanden. Dies ergebe die Kürzung um 6/12.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das schriftsätzliche Vorbringen der Parteien nebst Anlagen sowie auf den Inhalt der Sitzungsniederschriften vom 15.09.2016 und 27.01.2017 Bezug genommen.
I.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf einen Krankengeldzuschuss in Höhe von € 1.030,40 brutto nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit gemäß § 22 Abs. 3 TVöD VKA.
Danach wird ein Krankengeldzuschuss bei einer Beschäftigungszeit gemäß § 34 Abs. 3 TVöD von mehr als einem Jahr längstens bis zum Ende der 13. Woche und von mehr als 3 Jahren längstens bis zum Ende der 39. Woche seit dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit infolge derselben Krankheit gezahlt. Maßgeblich für die Berechnung der Fristen nach Satz 1 ist die Beschäftigungszeit, die im Laufe der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit vollendet wird.
In § 34 Abs. 3 TVöD wird zwischen der Beschäftigungszeit bei demselben Arbeitgeber (§ 34 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 TVöD) und zwischen der Beschäftigungszeiten bei mehreren Arbeitgebern (§ 34 Abs. 3 Satz 3 und 4 TVöD) differenziert. Für die Klägerin findet die Regelungen des § 34 Abs. 3 Satz 3 TVöD Anwendung, da sie nicht nur bei der Beklagten beschäftigt war und sich darauf beruft, dass eine Anrechnung ihrer Beschäftigungszeit bei der Stadt S. zu erfolgen habe. Dies ist nicht der Fall, da kein Wechsel im Sinne des § 34 Abs. 3 Satz 3 TVöD vorliegt.
Die Kammer schließt sich vollumfänglich den Ausführungen des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz in seinem Urteil vom 04.03.2010, 11 Sa 571/09, auf welches die Parteien hingewiesen haben, zur Frage der Auslegung des § 34 Abs. 3 Satz 3 TVöD an.
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts folgt die Auslegung von Tarifverträgen den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Die Auslegung von Tarifnormen setzt ihre Auslegungsfähigkeit voraus. Bei der Auslegung ist zunächst vom Wortlaut auszugehen. Dabei ist der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen, ohne am Buchstaben zu haften. Soweit der Tarifwortlaut nicht eindeutig ist, ist der in den tariflichen Normen zum Ausdruck kommende wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien zu berücksichtigen. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefern und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, dann können ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien, wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend herangezogen werden. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (vgl. LAG RheinlandPfalz, 04.03.2010, aaO m.w.N).
b) Bereits die Auslegung des reinen Tarifwortlauts deutet im vorliegenden Fall darauf hin, dass Zeiten bei einem früheren Arbeitgeber nur dann als Beschäftigungszeit anzuerkennen sind, wenn sich das neue Arbeitsverhältnis unmittelbar an das vorhergehende anschließt.
Begrifflich kann von einem Wechsel dann gesprochen werden, wenn zwischen dem Ende des vorhergehenden Arbeitsverhältnisses und dem Beginn der neuen Beschäftigung ein Zusammenhang besteht. Nur im Falle eines unmittelbaren Anschlusses des neuen Arbeitsverhältnisses an das vorangegangene Arbeitsverhältnis bei einem neuen TVöD-Arbeitgeber kann begrifflich von einem Wechsel gesprochen werden (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, 04.03.2010, aaO m.w.N; BeckOK TVöD/Eylert TVöD-AT § 34 Rn. 76ff m.w.N.).
c) Diese Auslegung wird durch den tariflichen Gesamtzusammenhang bestätigt. § 34 Abs. 3 S. 1 TVöD definiert Beschäftigungszeit als die Zeit, die bei demselben Arbeitgeber im Arbeitsverhältnis zurückgelegt wurde, auch wenn sie unterbrochen ist. Dagegen spricht § 34 Abs. 3 S. 3 TVöD vom Wechsel der Beschäftigten zwischen Arbeitgebern. Ein Hinweis auf die Behandlung von Unterbrechungszeiträumen zwischen der Zeit beim bisherigen und der Beschäftigungszeit beim neuen Arbeitgeber fehlt. Hieraus ist zu entnehmen, dass ein „Wechsel“ die unmittelbare Aufeinanderfolge von zwei Arbeitsverhältnissen voraussetzt. Ansonsten hätten die Tarifvertragsparteien in § 34 Abs. 3 S. 3 TVöD beispielsweise formulieren können, dass Zeiten der Beschäftigung bei anderen Arbeitgebern, die vom Geltungsbereich dieses Tarifvertrags erfasst werden, als Beschäftigungszeit anerkannt werden. Der Aufnahme des Wörtchens „Wechsel“ in den Tarifvertrag hätte es nicht bedurft. Auch hätte in § 34 Abs. 3 S. 1 TVöD nicht die Bezugnahme auf „denselben Arbeitgeber“ aufgenommen werden müssen (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, 04.03.2010).
d) Auch Sinn und Zweck der Anrechnungsvorschrift in § 34 Abs. 3 S. 3 TVöD führen zu keiner anderen Auslegung. Die erweiterten Anrechnungsmöglichkeiten von Vordienstzeiten bei anderen Arbeitgebern gelten nur für die Festsetzung des Jubiläumsgeldes (§ 23 Abs. 2 TVöD) und die Berechnung des Krankengeldzuschusses (§ 22 Abs. 3 TVöD), nicht jedoch bei der Berechnung der Kündigungsfristen und den Voraussetzungen der sogenannten Unkündbarkeit. Das ergibt sich aus § 34 Abs. 1 S. 2 sowie Abs. 2 S. 1 TVöD-VKA, die jeweils hinter dem Begriff der Beschäftigungszeit den Klammerzusatz „(Abs. 3 S. 1 und 2)“ enthalten und damit nicht die Zeiten bei einem anderen Arbeitgeber im Sinne des § 34 Abs. 3 S. 3 TVöD einbeziehen. Sinn und Zweck der Anrechnung ist es daher gerade nicht, den bisher erworbenen „kündigungsrechtlichen“ Besitzstand zu gewährleisten. Sinn und Zweck der Anrechnungsregelung auf Jubiläumsgeld und der Berechnung des Krankengeldzuschusses erfordern es nicht, einen Wechsel auch dann anzunehmen, wenn zwischen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses beim vorhergehenden Arbeitgeber und demjenigen beim neuen Arbeitgeber ein Zeitraum der Unterbrechung liegt und diese Unterbrechung auf vom Arbeitgeber nicht zu vertretenen Umständen beruht. (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, 04.03.2010, aaO m.w.N).
e) Gegen ein Auslegungsergebnis, nach dem es darauf ankäme, ob ein Zusammenhang besteht zwischen den Arbeitsverhältnissen besteht, spräche auch der Gesichtspunkt der Praktikabilität. Es würde dem Arbeitgeber auferlegt werden, nicht nur die Dauer der Unterbrechung zu prüfen, sondern auch den Anlass für die Unterbrechung in Erfahrung zu bringen und eine Wertung vorzunehmen, ob eine Unterbrechung im konkreten Einzelfall als unschädlich anzusehen ist.
f) Die Klägerin ist damit nicht unmittelbar von ihrem vorherigen Arbeitgeber zur Beklagten gewechselt. Sie kann sich auch nicht darauf berufen, dass sie, als sie die Kündigung bei ihrem vorherigen Arbeitgeber ausgesprochen hat, bereits die Zusage der Beklagten hatte. Dies rechtfertigt, gerade im Hinblick auf die Praktikabilität der Regelung des § 34 Abs. 3 Satz 3 TVöD, keine Anrechnung. Es ist zu einer Unterbrechung gekommen. Es ist auch nicht erkennbar, weshalb der Klägerin kein zeitlich unmittelbares Anschlussarbeitsverhältnis möglich gewesen wäre. Allein ein Umzug rechtfertigt keine Unterbrechung.
2. Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf die volle Jahressonderzahlung 2015 und mithin keinen Anspruch auf die von der Beklagten zurückgeforderten und einbehaltenen € 2.078,62 brutto gemäß § 20 TVöD-VKA.
Der Anspruch der Klägerin hat sich gemäß § 20 Abs. 4 TVöD VKA um 6/12 vermindert, da die Klägerin für den Zeitraum Juni 2015 bis November 2015 keine Ansprüche auf Entgelt und auch nicht auf Krankengeldzuschuss hatte, wie unter 1. aufgeführt. Die Beklagte war daher zur Zurückforderung berechtigt.
II.
1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 2 ArbGG, § 91 Abs. 1 ZPO. Die Klägerin hat als unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
2. Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes erfolgt gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG.
III.
Gegen dieses Urteil ist für die nicht beschwerte Beklagte kein Rechtsmittel gegeben. Die Klägerin kann gegen dieses Urteil nach Maßgabe der nachfolgenden Rechtsmittelbelehrung Berufung einlegen. Im Einzelnen gilt: