Arbeitsgericht München Endurteil, 15. Jan. 2015 - 20 Ca 11705/13

published on 15/01/2015 00:00
Arbeitsgericht München Endurteil, 15. Jan. 2015 - 20 Ca 11705/13
ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze

Gericht

There are no judges assigned to this case currently.
addJudgesHint

Principles

no content added to this principle

no content added to this principle

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Der Streitwert wird auf € 17.500,- festgesetzt.

4. Die Berufung wird gesondert zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Rechte der Klägerin als Gewerkschaft im K., insbesondere im Zusammenhang mit dem Vorhaben des Präsidenten des K. zur Einführung von neuen Regelungen zu Streiks und unbefugtem Fernbleiben vom Dienst.

Die Beklagte zu 2) ist eine zwischenstaatliche Einrichtung. Sie wurde am 07.10.1977 auf der Grundlage des am 05.10.1973 von 16 europäischen Staaten unterzeichneten Übereinkommens über die Erteilung europäischer Patente (nachfolgend „EPÜ“) gegründet. Sie hat ihren Sitz in A-Stadt. Zweck der Beklagten zu 2) ist die Einrichtung eines einheitlichen Patenterteilungsverfahrens im europäischen Raum sowie die Schaffung einheitlicher Vorschriften für die nach diesem Verfahren erteilten Patente. Aktuell hat die Beklagte zu 2) 38 Mitgliedsstaaten. Die Beklagte zu 2) ist keine Organisation der Europäischen Union, sondern eine internationale Organisation.

Art. 4 EPÜ regelt dazu (vgl. Anlage K 6, Bl. 208 d. A.): „Europäische Patentorganisation

(1) Durch dieses Übereinkommen wird eine Europäische Patentorganisation gegründet, nachstehend Organisation genannt. Sie ist mit verwaltungsmäßiger und finanzieller Selbstständigkeit ausgestattet.

(2) Die Organe der Organisation sind

a) das Europäische Patentamt

b) der Verwaltungsrat.

(3) Die Organisation hat die Aufgabe, europäische Patente zu erteilen. Diese Aufgabe wird vom K. durchgeführt, dessen Tätigkeit vom Verwaltungsrat überwacht wird.“

Neben dem EPÜ als wichtigster Rechtsordnung der Beklagten zu 2) existieren weitere Regelwerke. Sogenannte „Protokolle“ enthalten u. a. Konkretisierungen zum EPÜ oder zur Verwaltungsorganisation der Beklagten zu 2), so z. B. das Protokoll über die Vorrechte und Immunitäten der Europäischen Patentorganisation (nachfolgend „PPI“).

Die Beklagte zu 2) ist mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattet (Art. 5 EPÜ). Der Präsident des K. leitet zum einen das K. (Art. 10 Abs. 1 EPÜ) und vertritt zum anderen die Beklagte zu 2) nach außen (Art. 5 Abs. 3 EPÜ).

Die Beklagte zu 1) ist Vertragsstaat des EPÜ und damit in ihrer Funktion als Mitglied im Verwaltungsrat betroffen. Art. 26 EPÜ regelt dazu (vgl. Anlage K 6, Bl. 223 d. A.):

„Zusammensetzung

(1) Der Verwaltungsrat besteht aus den Vertretern der Vertragsstaaten und deren Stellvertretern. Jeder Vertragsstaat ist berechtigt, einen Vertreter und einen Stellvertreter für den Verwaltungsrat zu bestellen.

(...)“

Zu den Vorrechten und Immunitäten gibt es verschiedene Vorschriften. So regelt Art. 8 EPÜ (vgl. Anlage K 6, Bl. 210 d. A.):

„Die Organisation, die Mitglieder des Verwaltungsrats, die Bediensteten des K.s und die sonstigen Personen, die in diesem Übereinkommen beigefügten Protokoll über Vorrechte und Immunitäten bezeichnet sind und an der Arbeit der Organisation teilnehmen, genießen in jedem Vertragsstaat die zur Durchführung ihrer Aufgaben erforderlichen Vorrechte und Immunitäten nach Maßgabe dieses Protokolls. „

Ergänzend bestimmt Art. 3 PPI (vgl. Anlage K 7, Bl. 319 f. d. A.):

„(1) Die Organisation genießt im Rahmen ihrer amtlichen Tätigkeit Immunität von der Gerichtsbarkeit und Vollstreckung mit Ausnahme folgender Fälle:

(a) soweit die Organisation im Einzelfall ausdrücklich darauf verzichtet;

(b) im Fall eines von einem Dritten angestrengten Zivilverfahrens wegen Schäden aufgrund eines Unfalls, der durch ein der Organisation gehörendes oder für sie betriebenes Motorfahrzeug verursacht wurde, oder im Fall eines Verstoßes gegen die Vorschriften über den Straßenverkehr, an dem dieses Fahrzeug beteiligt ist;

(c) im Fall der Vollstreckung eines nach Artikel 34 ergangenen Schiedsspruchs.

(...)

(4) Unter amtlicher Tätigkeit der Organisation im Sinn dieses Protokolls sind alle Tätigkeiten zu verstehen, die für ihre im Übereinkommen vorgesehene Verwaltungsarbeit und technische Arbeit erforderlich sind.“

Eine weitere Regelung zu Immunitäten und Vorrechten findet sich in Art. 12 PPI (vgl. Anlage K 7, Bl. 322 f. d. A.)

„(1) Die Vertreter der Vertragsstaaten, deren Stellvertreter, Berater oder Sachverständige genießen während der Tagungen des Verwaltungsrats oder der Tagungen anderer vom Verwaltungsrat eingesetzter Organe sowie während der Reise zum und vom Tagungsort folgende Vorrechte und Immunitäten:

(a) Immunität von Festnahme oder Haft, sowie von der Beschlagnahme ihres persönlichen Gepäcks, außer wenn sie auf frischer Tat ertappt werden;

(b) Immunität von der Gerichtsbarkeit, auch nach Beendigung ihres Auftrags, bezüglich der von ihnen in Ausübung ihres Amts vorgenommenen Handlungen einschließlich ihrer schriftlichen und mündlichen Äußerungen; diese Immunität gilt jedoch nicht im Fall eines Verstoßes gegen die Vorschriften über den Straßenverkehr durch eine der genannten Personen und im Fall von Schäden, die durch ein Motorfahrzeug verursacht wurden, das einer dieser Personen gehört oder von einer solchen Person gesteuert wurde;

(...)

(2) Die Vorrechte und Immunitäten werden den in Absatz 1 genannten Personen nicht zu ihrem persönlichen Vorteil gewährt, sondern um ihre vollständige Unabhängigkeit bei der Ausübung ihres Amts im Zusammenhang mit der Organisation zu gewährleisten. Ein Vertragsstaat hat deshalb die Pflicht, die Immunität in allen Fällen aufzuheben, in denen sie nach Auffassung dieses Staats verhindern würde, dass der Gerechtigkeit Genüge geschieht, und in denen sie ohne Beeinträchtigung der Zwecke aufgehoben werden kann, für die sie gewährt wurde.“

Für Streitsachen zwischen der Organisation und den Bediensteten des K. regelt Art. 13 EPÜ (vgl. Anlage K 6, Bl. 213 f. d. A.):

„(1) Die Bediensteten oder ehemaligen Bediensteten des K.s oder ihre Rechtsnachfolger haben das Recht, in Streitsachen zwischen ihnen und der Europäischen Patentorganisation das Verwaltungsgericht der Internationalen Arbeitsorganisation nach dessen Satzung und innerhalb der Grenzen und nach Maßgabe der Bedingungen anzurufen, die im Statut der Beamten oder in der Versorgungsordnung festgelegt sind oder sich aus den Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten ergeben.

(2) Eine Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Betreffende alle Beschwerdemöglichkeiten ausgeschöpft hat, die ihm das Statut der Beamten, die Versorgungsordnung oder die Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten eröffnen.“

Die Internationale Gewerkschaft im K. tritt als Interessenvertreterin für Beamte und nicht-verbeamtete Bedienstete der Beklagten zu 2) auf. Die Klägerin ist die Ortssektion A-Stadt der Internationalen Gewerkschaft im K.. Die Satzung der Klägerin findet sich in Anlage K 5 (Bl. 158 ff. d. A.).

Zentrale Frage des vor dem Arbeitsgericht München geführten Rechtsstreits war, ob die Klage überhaupt zulässig ist.

Die Beklagten sehen die Zulässigkeit der Klage aus verschiedenen Gründen als nicht gegeben an.

So sei schon die deutsche Gerichtsbarkeit nicht gegeben. Mit Art. 8 EPÜ i. V. m. Art. 12 PPI stünde im Falle der Beklagten zu 1) und mit Art. 8 EPÜ i. V. m. Art. 3 PPI im Falle der Beklagten zu 2) die vertraglich zugesicherte Immunität der deutschen Gerichtsbarkeit entgegen. Dies stelle ein Verfahrenshindernis nach § 20 Abs. 2 GVG dar. Es bestehe auch kein strukturelles Rechtsschutzdefizit im Falle der Klägerin: Die Klage betreffe Rechte der einzelnen Beschäftigten, die nach Art. 13 EPÜ ihre Rechte vor dem Verwaltungsgericht der Internationalen Arbeitsorganisation (International Labour Organization Administrative Board, nachfolgend „ILOAT“) geltend machen könnten. Es bestehe keine internationale Auffangzuständigkeit deutscher Gerichte.

Darüber hinaus machen die Beklagten weitere Unzulässigkeitsgründe geltend, insbesondere sei die Klägerin nicht parteifähig, da sie keine nach § 10 ArbGG anerkannte Gewerkschaft sei.

Die Klägerin beantragt:

1. festzustellen, dass der Beschluss des Verwaltungsrats der EPO vom 27.06.2013 „zur Einführung eines Artikels 30a und zur Änderung der Artikel 63 und 65 des Status der Beamten des K.s“ (Az.: CA/D 5/13) ebenso rechtswidrig ist, wie die damit angenommenen „Amendment of the Service Regulations concerning strikes and unauthorised absence - CA/57/13“, (=„GAC/DOC 10/2013 - Part I“) in der Fassung der veröffentlichen „Änderung des Beamtenstatus im Hinblick auf Streik und unbefugtes Fernbleiben vom Dienst - Teil I“ (=„CA/57/13d - Teil 1“) einschließlich des dazu gehörenden, nicht veröffentlichten „CIRCULAR ON STRIKES“ sowie die darin enthaltenen „Guidelines applicable in the event of strike - GAC/DOC 10/2013 - Part II“;

2. die Beklagte zu 1. zu verpflichten,

a. selbst sowie durch ihre Vertretung im Verwaltungsrat der EPO unverzüglich und in geeigneter Weise auf alle anderen Mitglieder des Verwaltungsrats der EPO, den Verwaltungsrat selbst sowie den Präsidenten des K. einzuwirken, damit

(1) der Verwaltungsrat der EPO die in seiner Sitzung vom 27.06.2013 angenommenen „Amendment oft he Service Regulations concerning strikes and unauthorised absence - CA/57/13“ (= „GAC/DOC 20/2013 - Part I“) nebst „CIRCULAR ON STRIKES“ sowie die darin enthaltenen „Guidelines applicable in the event of strike - GAC/DOC 20/2013 - Part II“ unverzüglich aufhebt,

(2) der Präsident des K. deren Anwendung unverzüglich sowie rückwirkend zum 01.07.2013 aussetzt und

(3) diese ggf. durch rechtlich zulässige Regelungen oder kollektivvertragliche, z. B. mit der Klägerin zu treffende Vereinbarungen ersetzt und

(4) die seit 01.07.2013 gegen organschaftliche Vertreter der Klägerin sowie andere Bedienstete eingeleiteten Disziplinarverfahren, die im Zusammenhang mit deren Beteiligung an gewerkschaftlichen Streikaktionen sowie der Verteilung von Informationen innerhalb des K. stehen, unverzüglich einstellt;

b. auf erste Anforderung sowie unter Vorlage geeigneter Nachweise der Klägerin vollständig und wahrheitsgemäß schriftliche Auskunft zu erteilen, ob und in welcher Weise sie ihren Verpflichtungen zu 2.a. nachgekommen ist;

3. die Beklagte zu 1. und zu 2. jeweils zu verpflichten, es bei Meidung eines auf An- trag der Klägerin für jeden Fall des Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgelds von bis zu 250.000,00 Euro zu unterlassen, Bediensteten des K. und/oder Dritten gegenüber

a. wörtlich oder sinngemäß zu behaupten bzw. behaupten zu lassen, „To be considered as a strike, any industrial action as from 01.07.2013 must fulfil the conditions of the new applicable provisions regarding „strike and unauthorised absence“, adopted by the Administrative Council on 27.06.2013, as well as the accompanying Circular 347, both being published on 28.06.2013 and entered into force on 01.07.2013“ (vgl. Schreiben K. v. 09.07.2013, Ziffer 1.);

b. wörtlich oder sinngemäß der Klägerin, ihren jeweiligen organschaftlichen Vertretern, ihren Mitgliedern oder anderen Bediensteten bzw. ehemaligen Bediensteten des K. Sanktionen in der Weise anzudrohen oder androhen zu lassen, dass „legal consequences in case of breach of the new rules, with the Communiqué published on 28.06.2013 on the intranet“ zu erwarten sind (vgl. Schreiben K. v. 09.07.2013, Ziffer 1.);

c. wörtlich oder sinngemäß zu behaupten oder behaupten zu lassen, „The claimed industrial action which took place on 02.07.2013 [...] cannot be considered as a strike. Thus any participation to this action is to be considered as an unauthorised absence“ (vgl. Schreiben K. v. 09.07.2013, Ziffer 2.);

d. im Ergebnis zu vorstehend „c.“ die Ansicht zu vertreten oder vertreten zu lassen, „the Office considers that on that day strike-participants were on unauthorised absence“ (vgl. Schreiben K. v. 09.07.2013, Ziffer 2.); und

e. der Ankündigung im Schreiben des K. vom 09.07.2013 gemäß zu verfahren oder verfahren zu lassen und die Entscheidung „to proceed with the corresponding deduction from the remuneration pursuant Art. 63 (1) and 65 (1)(d) ServRegs“ aufrecht zu halten (vgl. Schreiben K. v. 09.07.2013, Ziffer 2.); oder

f. wörtlich oder sinngemäß die weitere Androhung vom 09.07.2013 aufrecht zu halten, weiter androhen oder androhen zu lassen, „that should such an unauthorised absence accur again, the Office will be obliged to take the necessary steps to enforce its rules of law (under inter alia Art. 63, 65 and 93 et seq. ServRegs).“

4. die Beklagte zu 1. und zu 2. jeweils zu verpflichten,

a. in geeigneter Weise selbst sowie durch die Vertreter im Verwaltungsrat der EPO auf deren Verwaltungsrat und das K. einzuwirken, um den Präsidenten des K., insbesondere in dessen Funktion als Vertreter der Beklagten zu 2., als Mitglied des Präsidiums des Verwaltungsrats der EPO und als Leiter (Präsident) des K. zu veranlassen,

(1) die Klägerin als eine gewerkschaftliche Interessenvertretung von Bediensteten des K. anzuerkennen,

(2) einer weiteren Eskalation des seit März 2013 andauernden Arbeitskampfes entgegenzuwirken und

(3) mit der Klägerin in sozialen Dialog zu treten, um bestehende und künftige Dispute zu lösen und insbesondere akute Streitigkeiten zu

• „the Investigation Guidelines“,

• „the sick leave control measures (Well-being)“,

• „the pension system“,

• „the failure to promote staff“,

• „the proposed changes to reporting and career systems“,

• „the reform of the appeals system and failure to address problems with backlogs“ im internen Beschwerdeverfahren wie auch beim Verwaltungsgericht der Internationalen Arbeitsorganisation (ILOAT) und

• „the failure of the EPO to recognize fundamental rights“

unter Wiederherstellung und Wahrung des sozialen Friedens im K. einer einvernehmlichen Klärung und Regelung zuzuführen. b. jeweils gesondert auf erste Anforderung sowie unter Vorlage geeigneter

Nachweise der Klägerin vollständig und wahrheitsgemäß schriftliche Auskunft zu erteilen, ob und in welcher Weise sie ihren Verpflichtungen zu 4.a. nachgekommen sind; 5. die Beklagte zu 1. und zu 2. zu verpflichten,

a. in geeigneter Weise selbst und durch die Vertreter im Verwaltungsrat der EPO auf diesen Verwaltungsrat sowie das K. einzuwirken, um den Präsidenten des K. zu veranlassen,

(1) unverzüglich alle Beschränkungen für den E-Mail-Verkehr der Klägerin mit Bediensteten und/oder ehemaligen Bediensteten des K. oder Dritten aufzuheben,

(2) den Bediensteten und/oder ehemaligen Bediensteten des K. wieder einen ungehinderten Zugang von E-Mails der Klägerin an ihrem Arbeitsplatz zu ermöglichen, und zwar insbesondere auch dann, wenn diese mit der Absenderkennung *@L. oder *@M. versandt worden sind,

(3) unverzüglich zu gestatten, dass die jeweiligen organschaftlichen Vertreter der Klägerin als sog. „authorised employées in respect oft he Communiqué No. 10 concerning the use of electronic communication Systems“ anerkannt werden und ungehindert sowie insbesondere auch von ihrem jeweiligen offiziellen E-Mail-Konto des K. in gleicher Weise E-Mails an alle Mitglieder der Klägerin und andere Bedienstete oder ehemalige Bedienstete des K. versenden können, wie dies sog. „authorised employees“ des K. möglich ist und

(4) zu gewährleisten, dass E-Mails der Klägerin an mehr als 50 Adressaten in einer Sendung versandt werden können, ohne dass eine Freigabe oder Erlaubnis, z. B. per E-Mail, eingeholt werden muss;

b. jeweils gesondert auf erste Anforderung sowie unter Vorlage geeigneter

Nachweise der Klägerin vollständig und wahrheitsgemäß schriftliche Auskunft zu erteilen, ob und in welcher Weise sie ihren Verpflichtungen zu 5.a. nachgekommen sind.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass die Immunität der Beklagten der Zulässigkeit der Klage nicht entgegenstehe. Es handele sich dabei nicht um eine absolute, sondern um eine funktionelle Immunität. Es gebe für die Klägerin keine Rechtswegalternative, da das ILOAT für sie als Gewerkschaft nicht zugänglich sei. Vor diesem Hintergrund geböten Art. 6 EMRK und Art. 11 EMRK die Aufhebung der Immunität.

Zur Begründung ihrer Parteifähigkeit nach §§ 10, 11 ArbGG führt die Klägerin an, sie sei als selbstständige Gewerkschaft mit eigenständigen Aufgaben ausgestattet.

Darüber hinaus macht die Klägerin geltend, dass sie ohne eine Aussagegenehmigung durch den Präsidenten des K. die ihr zustehenden gewerkschaftlichen Rechte im Gerichtsverfahren nicht ausreichend wahrnehmen könne.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze - jeweils nebst Anlagen - sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 19.12.2013 (Bl. 629 ff. d. A.) und vom 17.12.2014 (Bl. 780 ff. d. A.) Bezug genommen, §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 495, 313 Abs. 2 ZPO.

Gründe

I.

Die Klage ist wegen der Immunität der Beklagten als unzulässig abzuweisen.

Das Vorliegen der deutschen Gerichtsbarkeit ist eine in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu beachtende Prozessvoraussetzung. Die Immunität stellt ein Verfahrenshindernis dar (vgl. BAG vom 23.11.2000 - 2 AZR 490/99). Wenn die Beklagten Immunität genießen und nicht auf ihre Immunität verzichtet haben, ist die Klage als unzulässig abzuweisen.

Nach § 20 Abs. 2 GVG erstreckt sich die deutsche Gerichtsbarkeit nicht auf Personen, die gemäß den allgemeinen Regeln des Völkerrechts, aufgrund völkerrechtlicher Vereinbarung oder sonstiger Rechtsvorschriften von ihr befreit sind.

1. Die Beklagte zu 1) genießt für den Gegenstand des vorliegenden Verfahrens Immunität und unterliegt damit gemäß § 20 Abs. 2 GVG nicht der deutschen Gerichtsbarkeit. Rechtsgrundlage für die Immunität der Beklagten zu 1) ist Art. 12 Abs. 1b) PPI sowie Art. 8 EPÜ i. V. m. Art. 3 PPI. Nach Art. 12 Abs. 1b PPI wird Immunität von der Gerichtsbarkeit gewährt, auch nach Beendigung des Auftrags, bezüglich von in Ausübung des Amtes vorgenommener Handlungen einschließlich ihrer schriftlichen und mündlichen Äußerungen. Nach Art. 8 EPÜ genießen die Mitglieder des Verwaltungsrats, der wiederum aus den Vertretern der Vertragsstaaten und deren Stellvertretern besteht (Art. 26 Abs. 1 EPÜ), in jedem Vertragsstaat die zur Durchführung ihrer Aufgaben erforderlichen Vorrechte und Immunitäten nach Maßgabe des PPI.

Die Beklagte zu 1) hat auch nicht ausdrücklich auf ihre Immunität verzichtet.

2. Die Beklagte zu 2) ist gemäß Art. 8 EPÜ i. V. m. Art. 3 Abs. 1 und Abs. 4 des PPI von der deutschen Gerichtsbarkeit im Sinne des § 20 Abs. 2 GVG freigestellt zur Durchführung ihrer Aufgaben. Sie besitzt als Internationale Organisation die Befugnis zur autonomen Gestaltung ihrer inneren Verhältnisse (Organisationsgewalt, vgl. Art. 4 EPÜ). Dies schließt die Möglichkeit ein, die Rechtsverhältnisse mit ihren Bediensteten eigenständig und unabhängig vom nationalen Recht der Mitgliedsstaaten einschließlich des Sitzstaates zu regeln (Personalhoheit, vgl. hierzu BVerfG vom 03.07.2006 - 2 BvR 1458/03).

Gegenstand der Klage sind die Regelungen zu Streiks und unbefugtem Fernbleiben vom Dienst im K., die Anerkennung der Klägerin als Gewerkschaft sowie die Aufhebung von Beschränkungen des E-Mail-Verkehrs im Zusammenhang mit dem Arbeitskampf. Damit ist gerade diese durch die Immunität geschützte Personalhoheit der Beklagten zu 2) betroffen.

Nach Art. 3 Abs. 1 Buchstabe a) PPI kann die Beklagte zu 2) im Einzelfall ausdrücklich auf ihre Immunität verzichten. Dies ist nicht geschehen. Ebenso wenig liegen die weiteren in Art. 3 Abs. 1 PPI aufgeführten Ausnahmen von der Immunität vor.

3. Die bestehende Immunität der Beklagten ist von den nationalen Gerichten hinzunehmen. Art. 24 Abs. 1 GG, wonach der Bund durch Gesetz Hoheitsrechte auf zwischenstaatliche Organisationen übertragen kann, verlangt, dass der von der zwischenstaatlichen Einrichtung zu gewährende Rechtsschutz dem nach dem Grundgesetz im „Wesentlichen gleichkommt“, wozu in aller Regel ein Individualrechtsschutz durch unabhängige Gerichte gehört (BVerfG vom 22.10.1986 - 2 BvR 197/83; BGH vom 09.07.2009 - III ZR 46/08).

Kraft der ihr zukommenden Personalautonomie hat die Beklagte zu 2) ihre innerorganisatorischen Angelegenheiten eigenständig geregelt. Dazu gehört herkömmlicherweise auch die Bestimmung des Rechtsschutzes und der Rechtsschutzgewährung. Diesem Grundsatz trägt Art. 13 Abs. 1 EPÜ Rechnung: Zuständig für Streitsachen zwischen Bediensteten des K.es und der Beklagten zu 2) ist danach das Verwaltungsgericht der Internationalen Arbeitsorganisation (ILOAT). Diese Regelungsbefugnis entspricht einer weitverbreiteten Praxis der Staaten, von ihnen geschaffenen internationalen Organisationen zur Gewährleistung einheitlicher Rechtsverhältnisse im innerorganisatorischen Bereich die autonome Regelungs- und Entscheidungsbefugnis hinsichtlich ihrer Beschäftigten einzuräumen, die auch die Einrichtung eines den nationalen Rechtsweg ausschließenden besonderen Rechtsschutzsystems umfasst (BVerwG vom 29.10.1992 - 2 C 2/90). Das ILOAT entscheidet aufgrund rechtlich festgelegter Kompetenzen und im Rahmen eines rechtlich geordneten Verfahrens ausschließlich nach Maßgabe von Rechtsnormen und -grundsätzen die ihm unterbreiteten Verfahrensgegenstände. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits festgestellt, dass das Rechtsschutzsystem des EPÜ demzufolge im Wesentlichen dem Standard des Grundgesetzes und damit Art. 24 Abs. 1 GG entspricht (vgl. BVerfG vom 04.04.2001 - 2 BvR 2368/99).

4. Die Tatsache, dass es in Streitigkeiten der vorliegenden Art für die Klägerin ggf. nicht möglich ist, ein Verfahren vor dem ILOAT zu führen, lässt die Immunität der Beklagten unberührt. Nach Art. 13 Abs. 1 EPÜ sind vor dem ILOAT zwar nur Bedienstete oder ehemalige Bedienstete des K. klagebefugt. Diese Eingrenzung eröffnet den nationalen Gerichten jedoch nicht die Möglichkeit, selbst in der Sache zu entscheiden. Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistet keine internationale „Auffangzuständigkeit“ der deutschen Gerichte. Dies gilt umso mehr, solange die Frage, ob es nicht doch einen Klageweg für die Klägerin zum sachnäheren ILOAT gibt, nicht geklärt ist. Die Klägerin beruft sich darauf, dass sie in Art. 13 Abs. 1 EPÜ nicht zu den ausdrücklich klagebefugten Personen gehört. Ohne jedoch diesen sachnäheren Rechtsweg überhaupt beschritten zu haben, kann eine Klagemöglichkeit auch für die Klägerin zum ILOAT nicht ausgeschlossen werden. Neben einer direkten Klage kommt insoweit auch eine Klage eines einzelnen Beschäftigten, der die Rechte der Klägerin im Wege der Prozessstandschaft geltend macht, in Betracht.

II.

Selbst wenn man die deutsche Gerichtsbarkeit unterstellen würde, wäre die Klage als unzulässig abzuweisen, da die Klägerin nicht parteifähig ist.

Nach § 56 Abs. 1 ZPO hat das Gericht den Mangel der Parteifähigkeit von Amts wegen zu berücksichtigen. Das bedeutet jedoch nicht, dass das Gericht insofern auch zu einer Ermittlung von Amts wegen gezwungen wäre. Vielmehr ist für das Vorliegen ihrer Parteifähigkeit die Klägerin darlegungs- und beweispflichtig.

Dieser Darlegungs- und Beweispflicht ist die Klägerin nicht nachgekommen. Die insoweit pauschalen Behauptungen der Klägerin reichen nicht aus, um ihre Parteifähigkeit zu begründen.

Die Klägerin stützt sich für die Begründung ihrer Parteifähigkeit auf § 10 ArbGG: Nach § 10 Satz 1 ArbGG sind im arbeitsgerichtlichen Verfahren auch Gewerkschaften parteifähig. Bei der Parteifähigkeit wird auf den allgemeinen arbeitsrechtlichen Gewerkschaftsbegriff zurückgegriffen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts muss eine Arbeitnehmervereinigung bestimmte Mindestvoraussetzungen erfüllen, um tariffähig und damit eine Gewerkschaft i. S. d. des § 2 TVG Abs. 1 TVG zu sein (vgl. hierzu BAG vom 06.06.2000 - 1 ABR 10/99): Sie muss sich als satzungsgemäße Aufgabe die Wahrnehmung der Interessen ihrer Mitglieder in deren Eigenschaft als Arbeitnehmer gesetzt haben und willens sein, Tarifverträge abzuschließen. Sie muss frei gebildet, gegnerfrei, unabhängig und auf überbetrieblicher Grundlage organisiert sein und das geltende Tarifrecht als verbindlich anerkennen. Weiterhin ist Voraussetzung, dass die Arbeitnehmervereinigung ihre Aufgabe als Tarifpartnerin sinnvoll erfüllen kann. Dazu gehört zum einen die Durchsetzungskraft gegenüber dem sozialen Gegenspieler, zum anderen eine gewisse Leistungsfähigkeit der Organisation. Durchsetzungskraft muss eine Arbeitnehmervereinigung besitzen, um sicherzustellen, dass der soziale Gegenspieler Verhandlungsangebote nicht übergehen kann. Ein angemessener, sozial befriedender Interessenausgleich kann nur zustande kommen, wenn die Arbeitnehmervereinigung zumindest soviel Druck ausüben kann, dass sich die Arbeitgeberseite veranlasst sieht, sich auf Verhandlungen über eine tarifliche Regelung von Arbeitsbedingungen einzulassen. Die Arbeitnehmervereinigung muss von ihrem sozialen Gegenspieler ernst genommen werden, so dass die Arbeitsbedingungen nicht einseitig von der Arbeitgeberseite festgelegt, sondern tatsächlich ausgehandelt werden. Ob eine Arbeitnehmervereinigung eine solche Durchsetzungsfähigkeit besitzt, muss aufgrund aller Umstände im Einzelfall festgestellt werden.

Die Klägerin hat zwar ihre Satzung vorgelegt (Anlage K 5, Bl. 158 ff. d. A.). Aus dieser geht jedoch nicht hervor, dass Aufgabe und Ziel der Klägerin ist, für ihre Mitglieder Tarifverträge auszuhandeln und abzuschließen. Auch zur erforderlichen Tarifmächtigkeit hat die Klägerin nicht ausreichend vorgetragen.

Zudem handelt es sich bei der Klägerin um die Ortssektion A-Stadt der Internationalen Gewerkschaft im K.. Es ist nicht selbstverständlich, dass eine Ortssektion selbst parteifähig ist. Unterorganisationen einer Gewerkschaft können dann parteifähig sein, wenn sie körperschaftlich organisiert und gegenüber der Hauptorganisation weitgehend selbstständig sind (Koch, in: ErfK, 15. Aufl. 2015, § 10 ArbGG Rz. 5 m. w. N.). Dies lässt sich weder dem pauschalen Vortrag der Klägerin noch der von ihr vorgelegten Satzung entnehmen.

III.

Die Argumentation der Klägerin, sie benötige nach Art. 22 Abs. 2 Satz 1 Beamtenstatut eine Aussagegenehmigung für den organschaftlichen Vertreter der Klägerin durch den Präsidenten des K., um im Rechtsstreit ihre gewerkschaftlichen Rechte ausreichend wahrnehmen zu können, verfängt nicht.

Bei der Frage der Zulässigkeit der Klage geht es zum einen um abstrakte Rechtsfragen. Eine Aussagegenehmigung ist für eine Stellungnahme hierzu nicht erforderlich. Zum anderen würde eine durch das Gericht erzwungene Aussagegenehmigung einen schweren Eingriff in die Immunität der Beklagten darstellen.

IV.

Als unterlegene Partei hat die Klägerin die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung erfolgt gem. § 61 Abs. 1 ArbGG i. V. m. §§ 3 ff. ZPO. Ausgehend von § 23 Abs. 3 Satz 2 HS 2 RVG werden Klageantrag 1. mit € 5.000,-, Klageanträge 2. und 3. mit jeweils € 2.500,-, Klageantrag 4. mit € 5.000,- und Klageantrag 5. mit € 2.500,-bewertet.

V.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache war die Berufung nach § 64 Abs. 3 Nr. 1 ArbGG gesondert zuzulassen.

ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

15 Referenzen - Gesetze

moreResultsText

{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

Annotations

(1) Die deutsche Gerichtsbarkeit erstreckt sich auch nicht auf Repräsentanten anderer Staaten und deren Begleitung, die sich auf amtliche Einladung der Bundesrepublik Deutschland im Geltungsbereich dieses Gesetzes aufhalten.

(2) Im übrigen erstreckt sich die deutsche Gerichtsbarkeit auch nicht auf andere als die in Absatz 1 und in den §§ 18 und 19 genannten Personen, soweit sie nach den allgemeinen Regeln des Völkerrechts, auf Grund völkerrechtlicher Vereinbarungen oder sonstiger Rechtsvorschriften von ihr befreit sind.

Parteifähig im arbeitsgerichtlichen Verfahren sind auch Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände; in den Fällen des § 2a Abs. 1 Nr. 1 bis 3f sind auch die nach dem Betriebsverfassungsgesetz, dem Sprecherausschussgesetz, dem Mitbestimmungsgesetz, dem Mitbestimmungsergänzungsgesetz, dem Drittelbeteiligungsgesetz, dem § 222 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, dem § 51 des Berufsbildungsgesetzes und den zu diesen Gesetzen ergangenen Rechtsverordnungen sowie die nach dem Gesetz über Europäische Betriebsräte, dem SE-Beteiligungsgesetz, dem SCE-Beteiligungsgesetz, dem Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung und dem Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei grenzüberschreitendem Formwechsel und grenzüberschreitender Spaltung beteiligten Personen und Stellen Beteiligte. Parteifähig im arbeitsgerichtlichen Verfahren sind in den Fällen des § 2a Abs. 1 Nr. 4 auch die beteiligten Vereinigungen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern sowie die oberste Arbeitsbehörde des Bundes oder derjenigen Länder, auf deren Bereich sich die Tätigkeit der Vereinigung erstreckt. Parteifähig im arbeitsgerichtlichen Verfahren sind in den Fällen des § 2a Absatz 1 Nummer 5 auch die oberste Arbeitsbehörde des Bundes oder die oberste Arbeitsbehörde eines Landes, soweit ihr nach § 5 Absatz 6 des Tarifvertragsgesetzes Rechte übertragen sind.

(1) Die Parteien können vor dem Arbeitsgericht den Rechtsstreit selbst führen. Parteien, die eine fremde oder ihnen zum Zweck der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretene Geldforderung geltend machen, müssen sich durch einen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten vertreten lassen, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur Vertretung des Gläubigers befugt wären oder eine Forderung einziehen, deren ursprünglicher Gläubiger sie sind.

(2) Die Parteien können sich durch einen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Arbeitsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte der Partei oder eines mit ihr verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
selbständige Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung für ihre Mitglieder,
4.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
5.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 4 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 bis 3 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesarbeitsgericht und dem Landesarbeitsgericht müssen sich die Parteien, außer im Verfahren vor einem beauftragten oder ersuchten Richter und bei Prozesshandlungen, die vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgenommen werden können, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Als Bevollmächtigte sind außer Rechtsanwälten nur die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 4 und 5 bezeichneten Organisationen zugelassen. Diese müssen in Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht durch Personen mit Befähigung zum Richteramt handeln. Eine Partei, die nach Maßgabe des Satzes 2 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten; Satz 3 bleibt unberührt.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) In der Verhandlung können die Parteien mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Parteien den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von der Partei vorgebracht, soweit es nicht von dieser sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.

(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.

(1) Die deutsche Gerichtsbarkeit erstreckt sich auch nicht auf Repräsentanten anderer Staaten und deren Begleitung, die sich auf amtliche Einladung der Bundesrepublik Deutschland im Geltungsbereich dieses Gesetzes aufhalten.

(2) Im übrigen erstreckt sich die deutsche Gerichtsbarkeit auch nicht auf andere als die in Absatz 1 und in den §§ 18 und 19 genannten Personen, soweit sie nach den allgemeinen Regeln des Völkerrechts, auf Grund völkerrechtlicher Vereinbarungen oder sonstiger Rechtsvorschriften von ihr befreit sind.

(1) Der Bund kann durch Gesetz Hoheitsrechte auf zwischenstaatliche Einrichtungen übertragen.

(1a) Soweit die Länder für die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben zuständig sind, können sie mit Zustimmung der Bundesregierung Hoheitsrechte auf grenznachbarschaftliche Einrichtungen übertragen.

(2) Der Bund kann sich zur Wahrung des Friedens einem System gegenseitiger kollektiver Sicherheit einordnen; er wird hierbei in die Beschränkungen seiner Hoheitsrechte einwilligen, die eine friedliche und dauerhafte Ordnung in Europa und zwischen den Völkern der Welt herbeiführen und sichern.

(3) Zur Regelung zwischenstaatlicher Streitigkeiten wird der Bund Vereinbarungen über eine allgemeine, umfassende, obligatorische, internationale Schiedsgerichtsbarkeit beitreten.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Das Gericht hat den Mangel der Parteifähigkeit, der Prozessfähigkeit, der Legitimation eines gesetzlichen Vertreters und der erforderlichen Ermächtigung zur Prozessführung von Amts wegen zu berücksichtigen.

(2) Die Partei oder deren gesetzlicher Vertreter kann zur Prozessführung mit Vorbehalt der Beseitigung des Mangels zugelassen werden, wenn mit dem Verzug Gefahr für die Partei verbunden ist. Das Endurteil darf erst erlassen werden, nachdem die für die Beseitigung des Mangels zu bestimmende Frist abgelaufen ist.

Parteifähig im arbeitsgerichtlichen Verfahren sind auch Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände; in den Fällen des § 2a Abs. 1 Nr. 1 bis 3f sind auch die nach dem Betriebsverfassungsgesetz, dem Sprecherausschussgesetz, dem Mitbestimmungsgesetz, dem Mitbestimmungsergänzungsgesetz, dem Drittelbeteiligungsgesetz, dem § 222 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, dem § 51 des Berufsbildungsgesetzes und den zu diesen Gesetzen ergangenen Rechtsverordnungen sowie die nach dem Gesetz über Europäische Betriebsräte, dem SE-Beteiligungsgesetz, dem SCE-Beteiligungsgesetz, dem Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung und dem Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei grenzüberschreitendem Formwechsel und grenzüberschreitender Spaltung beteiligten Personen und Stellen Beteiligte. Parteifähig im arbeitsgerichtlichen Verfahren sind in den Fällen des § 2a Abs. 1 Nr. 4 auch die beteiligten Vereinigungen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern sowie die oberste Arbeitsbehörde des Bundes oder derjenigen Länder, auf deren Bereich sich die Tätigkeit der Vereinigung erstreckt. Parteifähig im arbeitsgerichtlichen Verfahren sind in den Fällen des § 2a Absatz 1 Nummer 5 auch die oberste Arbeitsbehörde des Bundes oder die oberste Arbeitsbehörde eines Landes, soweit ihr nach § 5 Absatz 6 des Tarifvertragsgesetzes Rechte übertragen sind.

(1) Tarifvertragsparteien sind Gewerkschaften, einzelne Arbeitgeber sowie Vereinigungen von Arbeitgebern.

(2) Zusammenschlüsse von Gewerkschaften und von Vereinigungen von Arbeitgebern (Spitzenorganisationen) können im Namen der ihnen angeschlossenen Verbände Tarifverträge abschließen, wenn sie eine entsprechende Vollmacht haben.

(3) Spitzenorganisationen können selbst Parteien eines Tarifvertrags sein, wenn der Abschluß von Tarifverträgen zu ihren satzungsgemäßen Aufgaben gehört.

(4) In den Fällen der Absätze 2 und 3 haften sowohl die Spitzenorganisationen wie die ihnen angeschlossenen Verbände für die Erfüllung der gegenseitigen Verpflichtungen der Tarifvertragsparteien.

(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.

(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.

(1) Den Wert des Streitgegenstands setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest.

(2) Spricht das Urteil die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung aus, so ist der Beklagte auf Antrag des Klägers zugleich für den Fall, daß die Handlung nicht binnen einer bestimmten Frist vorgenommen ist, zur Zahlung einer vom Arbeitsgericht nach freiem Ermessen festzusetzenden Entschädigung zu verurteilen. Die Zwangsvollstreckung nach §§ 887 und 888 der Zivilprozeßordnung ist in diesem Fall ausgeschlossen.

(3) Ein über den Grund des Anspruchs vorab entscheidendes Zwischenurteil ist wegen der Rechtsmittel nicht als Endurteil anzusehen.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.