Arbeitsgericht Kiel Urteil, 16. Feb. 2006 - ö. D. 1 Ca 2271 c/05

ECLI:ECLI:DE:ARBGKIE:2006:0216.OE.D.1CA2271C05.0A
bei uns veröffentlicht am16.02.2006

Tenor

1. Die Klage wird unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 15.12.2005 abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der Kosten der Säumnis.

3. Der Streitwert wird auf 3.055,12 EUR festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Differenzvergütung für den Zeitraum Oktober 2004 bis August 2005 einschließlich Einmalzahlung 2004, Zuwendung 2004 anteilig, Urlaubsgeld 2005 sowie Einmalzahlung 2005. Die Differenz ergibt sich aus dem Verhältnis der tatsächlich geleisteten Vergütung gegenüber der Vergütung gemäß dem Tarifvertrag zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Schülerinnen/Schüler, die nach Maßgabe des Krankenpflegegesetzes oder der des Hebammengesetzes ausgebildet werden (im Folgenden „Mantel TV-Schü“).

2

Die Klägerin wird seit dem 01.10.2004 bei der Beklagten als Auszubildende für den Beruf einer Gesundheits- und Krankenpflegerin nach dem Krankenpflegergesetz mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden ausgebildet. Der Ausbildungsvertrag lautet auszugsweise wie folgt:

3

„§ 3 Grundsätzliches über das Rechtsverhältnis

4

Das Ausbildungsverhältnis richtet sich, soweit dieser Ausbildungsvertrag keine speziellen Regelungen enthält, nach dem Tarifvertrag zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Schülerinnen/Schüler, die nach Maßgabe des Krankenpflegegesetzes ausgebildet werden, vom 28. Februar 1986 und den diesen ergänzenden, ändernden und ersetzenden Tarifverträgen in der jeweils geltenden Fassung.

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§ 6 Zahlung und Höhe der Ausbildungsvergütung

6

1. Die Auszubildende erhält die nachfolgende monatliche Ausbildungsvergütung

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im ersten Ausbildungsjahr 500,-- Euro,

8

im zweiten Ausbildungsjahr 550,-- Euro,

9

im dritten Ausbildungsjahr 600,-- Euro.

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2. Für Nachtdienste wird ein Zeitzuschlag in Höhe von 1,-- Euro gezahlt. Was Nachtarbeit ist, ergibt sich aus den Bestimmungen, die für die Angestellten im Beruf der Gesundheits- und Krankenpflegerin bei der C. gGmbH gelten.

11

3. Weitergehende Zahlungen erfolgen nicht. Zeitzuschläge für Dienste zu ungünstigen Zeiten und Schichtzulagen sind in dieser Ausbildungsvergütung pauschal enthalten.“

12

Der Mantel TV-Schü sieht Vergütung vor in Höhe von 729,06 EUR für das erste Jahr, 788,57 EUR für das zweite Jahr und 884,44 EUR für das dritte Jahr. Zudem sieht er für den hier streitgegenständlichen Zeitraum eine Einmalzahlung für das Jahr 2004 in Höhe von 30,00 EUR, eine Zuwendung für das Jahr 2004 anteilig in Höhe von 149,71 EUR, Urlaubsgeld in Höhe von 255,65 EUR sowie eine Einmalzahlung für das Jahr 2005 in Höhe von 100,00 EUR vor. Das Gesamtvolumen der arbeitsvertraglich bestimmten Vergütung unterschreitet das Gesamtvolumen der tariflich vorgesehenen Vergütung um 35,65 %.

13

Bei der Beklagten handelt es sich um eine am 01.10.2004 gegründete gemeinnützige GmbH mit einem Stammkapital von 25.000,00 EUR. Die Beklagte wurde als Ausbildungsträger gegründet von der 100-%igen Gesellschafterin, der C. gGmbH (im Folgenden „C. gGmbH“). Zwischen der Beklagten und der C. gGmbH besteht ein Kooperationsvertrag. Danach stellt die C. gGmbH die nach den gesetzlichen Vorschriften geforderte theoretische und praktische Ausbildung sicher. Sie wird auch an der Auswahl der Auszubildenden beteiligt. Die verantwortlichen Abteilungsleiter der C. gGmbH sind auch gegenüber den Auszubildenden weisungsbefugt. Die C. gGmbH zahlt der Beklagten für jeden Auszubildenden pro Monat einen bestimmten Betrag.

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Die Beklagte bildet jährlich 50 neue Auszubildende aus und zwar in zwei Kursen jeweils beginnend zum 01.04. und 01.10. eines Jahres. Die Muttergesellschaft übernahm in der Vergangenheit im Schnitt sechs bis sieben Auszubildende in ein Arbeitsverhältnis. Daneben stellte die C. gGmbH auch examinierte Krankenpflegekräfte von außerhalb ein.

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Die Beklagte ist nicht tarifgebunden. Dagegen ist die Muttergesellschaft tarifgebunden. Deren Träger ist der Kreis …. Die C. gGmbH hat in der Vergangenheit selbst ausgebildet und zwar zu tarifvertraglichen Bedingungen. In der Vergangenheit wurden sogar 60 Auszubildende ausgebildet. Politisches Ziel des Trägers der C. gGmbH ist, möglichst vielen Jugendlichen eine qualifizierte Ausbildung zu ermöglichen und einen Ausbildungsplatz zur Verfügung zu stellen.

16

Eine Änderung des Krankenpflegegesetzes führte zu einer erheblichen Erhöhung der theoretischen Unterrichtsstunden von 1.600 auf 2.100 Theoriestunden in der dreijährigen Ausbildungszeit. Die Zeiten der praktischen Ausbildung und der Arbeitsleistung verkürzten sich entsprechend um 500 Stunden. Die Tarifvertragsparteien vollzogen diese Veränderung jedenfalls nicht mit einer Senkung der Ausbildungsvergütung nach.

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Die Klägerin ist der Auffassung, dass ihr die geltend gemachte Differenzvergütung unter dem Gesichtspunkt einer angemessenen Ausbildungsvergütung gemäß § 12 KrPflG zustünde. Es finde die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes zur Angemessenheit der Ausbildungsvergütung Anwendung. Die gezahlte Vergütung unterschreite die tariflich vorgesehene um mehr als 20 % und sei deshalb nicht angemessen. Insbesondere rechtfertigten die Besonderheiten im Bereich der Krankenpflege keinen anderen Angemessenheitsmaßstab als der im Berufsbildungsgesetz. Weiter sei der Vergleich zwischen der Ausbildungsvergütung der Klägerin und einer nicht tarifgebundenen Krankenschwester nicht nachvollziehbar. Ausdrücklich wird bestritten, dass eine nicht tarifgebundene Krankenschwester lediglich ein Bruttojahresentgelt von 18.000,00 EUR erhalte. Der Kooperationsvertrag der Beklagten mit der C. gGmbH lasse keine altruistischen Motive erkennen. Die Gründung der Beklagten diene als rechtliche Möglichkeit, sich hinsichtlich der Ausbildungsvergütungen der tariflichen Bindungen zu entziehen. Mit der Gründung der Beklagten sei kein einziger zusätzlicher Ausbildungsplatz geschaffen worden. Im Gegenteil, die Anzahl der Auszubildenden habe sich eher reduziert. Die Finanzierung der Auszubildenden erfolge nach altem Recht nach einem Schlüssel von 1:7 und nach neuem Recht nach einem Schlüssel von 1:9,5. Derzeit würden für je 9,5 Krankenpflegeschüler/innen eine Vollstelle im Pflegedienst nicht besetzt werden. Die Ausbildungsstellen seien im Budget des Krankenhauses enthalten und würden von den Kostenträgern vorfinanziert. Über die Dazwischenschaltung der Beklagten spare die C. gGmbH nunmehr lediglich einen Teil der zuvor gezahlten tariflichen Ausbildungsvergütung.

18

Unter dem 15.12.2005 ist ein Versäumnisurteil gegenüber der Beklagten ergangen mit folgendem Tenor:

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1. Die Beklagte wird verurteilt, EUR 3.055,02 (in Worten: Dreitausendfünfundfünfzig 02/100 Euro) brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11. Oktober 2005 an die Klägerin zu zahlen.

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2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

21

3. Der Streitwert wird auf EUR 3.055,02 festgesetzt.

22

Gegen das Versäumnisurteil vom 15.12.2005, bei der Beklagtenseite am 22.12.2005 eingegangen, hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 23.12.2005, bei Gericht am gleichen Tag eingegangen, Einspruch eingelegt.

23

Die Klägerin beantragt,

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den Einspruch der Beklagten vom 23.12.2005 gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 15.12.2005 zurückzuweisen und das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 15.12.2005 aufrecht zu halten.

25

Die Beklagte beantragt,

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1. das Versäumnisurteil vom 15.12.2005 aufzuheben,

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2. die Klage abzuweisen.

28

Die Beklagte ist der Auffassung, dass der Klägerin keine zusätzliche Vergütung zustünde, da die gezahlte Vergütung angemessen sei. Zum einen werde die Angemessenheitsrechtsprechung des BAG entwickelt zu § 10 Abs. 1 BBiG dem Begriff der Angemessenheit gemäß § 12 KrPflG nicht gerecht. Der Tarifvertrag vollziehe die erhebliche Reduzierung der praktischen Ausbildungszeit und damit der Zeit, die eine nutzbringende Arbeitsleistung für die C. gGmbH darstelle, nicht nach. Eine Auszubildende mit tariflicher Vergütung erhalte bezogen auf die produktiven Arbeitsstunden einen fast gleich hohen bzw. sogar höheren Stundensatz als eine ausgebildete nicht tarifgebundene Krankenschwester. Selbst wenn die BAG-Rechtsprechung vorliegend Anwendung finden sollte, führe die Unterschreitung der tariflichen Vergütung um mehr als 20 % nicht zu einer unangemessenen Vergütung im Sinne von § 12 KrPflG. Die Beklagte unterliege als gemeinnützige GmbH ebenso wie deren Muttergesellschaft als ebenfalls gemeinnützige GmbH dem Verbot der Gewinnerzielung. Bereits jetzt gerate die Beklagte mit dem von ihr praktizierten Ausbildungssystem an ihre finanziellen Grenzen, wie die Bilanzen des ersten Geschäftsjahres zeigten. Die Beklagte verfolge altruistische Motive, indem sie, ohne rechtlich dazu verpflichtet zu sein, weit über dem bestehenden Bedarf der Muttergesellschaft an neu ausgebildetem Fachpersonal im Pflegebereich ausbilde.

29

Im Übrigen wird hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf die Schriftsätze, Unterlagen und Protokolle verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage war unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 15.12.2005 abzuweisen, da sie unbegründet ist. Gegen das Versäumnisurteil hat die Beklagte rechtzeitig innerhalb der Wochenfrist gemäß § 59 ArbGG Einspruch eingelegt.

31

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine tarifliche Vergütung aus dem Arbeitsvertrag selbst (I.). Sie hat ferner keinen Anspruch auf Zahlung der entsprechenden Vergütung gemäß § 9 Ziff. 2 AÜG i. V. m. § 10 Abs. 4 AÜG (II.). Schließlich hat die Klägerin auch keinen Anspruch aus § 12 KrPflG (III.).

32

I. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Differenzvergütung zuzüglich der geltend gemachten Einmalzahlung, weil dies arbeitsvertraglich nicht vorgesehen ist. Der Arbeitsvertrag ist hier eindeutig: Mit der vereinbarten - untertariflichen - Auszubildendenvergütung sind sämtliche Vergütungsansprüche abgegolten. Insofern ist § 6 des Arbeitsvertrages hier eine Spezialregelung. Nach dem Wortlaut und der Systematik ist der Vergütungsanspruch auf die Beträge gemäß § 6 des Arbeitsvertrages begrenzt.

33

Ein Anspruch ergibt sich dabei auch nicht durch eine etwaige Umgehung der Tarifbindung. Es ist zwar zutreffend, dass die Beklagte nach den Ausführungen im Kammertermin ausschließlich zum Zwecke der Umgehung der bestehenden Tarifbindung seitens der C. gGmbH gegründet worden ist. Hieraus lässt sich jedoch ein Anspruch auf die Zahlung der tariflichen Vergütung unter dem Gesichtspunkt von § 242 BGB nicht ableiten. Die Gründung einer nicht tarifgebundenen Ausbildungsgesellschaft zum Zwecke der Umgehung der Tarifbindung im Übrigen ist zulässig. Dies folgt aus der negativen Koalitionsfreiheit gemäß Art. 9 Abs. 3 GG. Wenn es einem Arbeitgeber unbenommen ist, sich tariflich nicht zu binden oder sich unter Einhaltung der Regeln des Tarifvertragsgesetzes der tariflichen Bindung zu entledigen, so muss es erst recht möglich sein, wenn dies der Arbeitgeber für den Teilbereich der Ausbildung unternimmt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn - wie vorliegend - die Beklagte zusammen mit deren Muttergesellschaft erheblich über den Bedarf der Muttergesellschaft ausbildet. Die Muttergesellschaft der Beklagten übernimmt nur rund 15 % der von ihr über die Beklagte Ausgebildeten.

34

II. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf die Zahlung der tariflichen Vergütung durch Übernahme der Rechtsgedanken des § 9 Ziff. 2 AÜG i. V. m. § 10 Abs. 4 AÜG. Diese Vorschrift findet schon deshalb keine Anwendung, weil die Beklagte eine Arbeitnehmerüberlassung auch im weitesten Sinne nicht zum Zwecke der Gewinnerzielung und damit nicht gewerbsmäßig im Sinne des § 1 AÜG durchführt. Im Übrigen ist zweifelhaft, inwiefern die Rechtsgedanken des AÜG auf die vorliegenden Konstruktionen eines Ausbildungsverhältnisses überhaupt übertragbar sind. Insbesondere geht es bei einem Ausbildungsverhältnis nicht in erster Linie um die Arbeitsleistung, sondern um die Ausbildung. Die Auszubildendenvergütung stellt daher auch nicht nur eine Gegenleistung für die erbrachte Arbeit, sondern gleichzeitig eine finanzielle Hilfe zur Durchführung der Berufsausbildung und einen Anreiz für die Heranbildung eines ausreichenden Nachwuchses dar (vgl. statt vieler, BAG, Urteil vom 08.05.2003, 6 AZR 191/02, AP Nr. 14 zu § 10 BBiG. Insbesondere verneint das BAG eine Übertragung des Rechtsgedankens aus dem Job-Aqtiv-Gesetz als Vorläufer der jetzigen Reglung des AÜG auf die Ausbildungssituation).

35

III. Die Klägerin kann von der Beklagten keine über die bereits geleistete Vergütung verlanden aus dem Gesichtspunkt „unangemessene Vergütung“. Die von der Beklagten gezahlte Vergütung ist angemessen im Sinne des § 12 KrPflG. Grundsätzlich ist die Rechtsprechung des BAG zum Begriff der Angemessenheit im BBiG auf den Begriff der Angemessenheit im KrPflG übertragbar (1.). Unter Zugrundelegung des richterrechtlich geprägten Verständnisses vom Begriff der „Angemessenheit“ ist die von der Beklagten gezahlte Vergütung noch angemessen, obwohl sie die tarifliche Vergütung um mehr als 20 % unterschreitet (2.).

36

1. Gemäß § 12 Abs. 1 KrPflG hat der Träger der Ausbildung der Schülerinnen eine angemessene Ausbildungsvergütung zu gewähren. Die Bestimmung des Begriffes „angemessene Vergütung“ richtet sich nach der Funktion der Ausbildungsvergütung. Diese ist im Bereich der Krankenpflege und im Bereich der unter das BBiG fallenden Ausbildungen identisch. Danach dient die Ausbildungsvergütung wie bereits vorstehend ausgeführt der finanziellen Hilfe für die Durchführung der Berufsausbildung, dem Anreiz zur Heranbildung eines ausreichenden Nachwuchses in der Krankenpflege und schließlich der Entlohnung der praktischen Tätigkeit des Auszubildenden (vgl. BAG, wie vor, unter Bezugnahme auf die ständige Rechtsprechung). Eine Vergütung ist daher angemessen, wenn sie hilft, die Lebenshaltungskosten zu bestreiten und zugleich eine Mindestentlohnung für die Leistungen der Auszubildenden ist (vgl. BAG, wie vor).

37

Der Begriff der Angemessenheit ist dabei nach ständiger Rechtsprechung nicht wertend in dem Sinne zu verstehen, dass das Gericht anstelle der Vertrags- oder Tarifvertragsparteien eine angemessene Vergütung bestimmt, sondern er ist „markttypisch“ zu bestimmen: Grundsätzlich haben die Vertragspartner einen Spielraum. Ob dieser Spielraum gewahrt ist, ist unter Abwägung der Interessen der Vertragsparteien und unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls festzustellen. Dabei ist die Verkehrsanschauung maßgebend.

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Grundsätzlich ist dabei davon auszugehen, dass eine Vergütung gemäß dem einschlägigen Tarifvertrag als angemessen zu verstehen ist. Ob dabei auch im Krankenpflegebereich die tarifliche Auszubildendenvergütung als Dreh- und Angelpunkt der Angemessenheit in Ansatz zu bringen ist, kann vorliegend offen bleiben. Es ist durchaus denkbar, dass in gewissen Branchen die tariflich vereinbarte Vergütung derartig oberhalb der tatsächlich gezahlten Vergütung liegt, dass die tariflich vereinbarte Vergütung zwar angemessen ist, aber als Ausgangspunkt nicht taugt. Dies kann im vorliegenden Falle offen bleiben, da die Beklagte lediglich zur Umgehung der Tarifbindung der Muttergesellschaft gegründet ist. In einem solchen Fall wendet die eigentliche Ausbilderin die Tarifverträge im Übrigen an. Insofern muss sie das Tarifwerk als grundsätzlichen Maßstab gegen sich gelten lassen. Insbesondere führen dabei die von Beklagtenseite gemachten Vergleiche zwischen der Ausbildungsvergütung einerseits und der Vergütung von Krankenschwestern ohne Tarifbindung nicht weiter. Dieser Vergleich ist irreal, da die Muttergesellschaft tariflich vergütet. Im Übrigen hinkt dieser Vergleich auch deshalb, da die Ausbildungsvergütung gerade nicht nur den Gegenwert für die geleistete Arbeit darstellt.

39

Für eine Abweichung des Angemessenheitsmaßstabs des Krankenpflegegesetzes von den vorgenannten Grundsätzen ergibt sich weder nach dem Wortlaut noch nach dem Sinn und Zweck des Krankenpflegegesetzes ein Anhaltspunkt. Lediglich im Rahmen der Einzelfallabwägung sind die besonderen Umstände im Bereich der Krankenpflege (z. B. Kostenbudgetierung durch die Sozialversicherungsträger) zu berücksichtigen. Es gilt der richterrechtlich geprägte Ansatzpunkt, wonach eine widerlegliche Vermutung für die Unangemessenheit spricht, wenn die tarifliche Ausbildungsvergütung in einer Gesamtbetrachtung um mehr als 20 % unterschritten wird.

40

2. Die seitens der Beklagten gezahlte Ausbildungsvergütung ist noch angemessen. Die Vermutung der Unangemessenheit durch die Unterschreitung der tariflichen Ausbildungsvergütung um mehr als 20 % ist widerlegt. Die unter 1. ausgeführte richterrechtliche Regel gilt nicht ausnahmslos (ständige Rechtsprechung BAG, vgl. BAG, wie vor). Unter Abwägung der Interessenlage beider Vertragspartner unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls im Krankenhausbereich ist die Vermutung widerlegt.

41

Allein der Umstand, dass der Berufsausbildungsvertrag mit einem gemeinnützigen, nicht tarifgebunden Arbeitgeber geschlossen wurde, während die berufspraktische Ausbildung ausschließlich in einem tarifgebundenen Drittbetrieb stattfand, rechtfertigt es für sich gesehen nicht, bei der Prüfung der Angemessenheit der Ausbildungsvergütung von einer Orientierung an den einschlägigen Tarifverträgen abzusehen. Ein tarifgebundener Ausbilder kann sich grundsätzlich seiner gesetzlichen Pflicht nicht dadurch entziehen, dass er seinen Ausbildungsbedarf durch das Dazwischenschalten eines gemeinnützigen, nicht tarifgebundenen Bildungsträgers deckt (vgl. BAG, AP Nr. 12 zu § 10 BBiG).

42

Vorliegend ist zunächst der Besonderheit Rechnung zu tragen, dass die Ausbildung im Krankenhausbereich stattfindet. Der Krankenhausbereich ist geprägt von begrenzter Zuweisung von Geldmitteln der Sozialversicherungsträger. Diese vergüten aufwandsbezogen. Von der Vergütung ist grundsätzlich eine Ausbildung weit über den eigenen Bedarf hinaus nicht gedeckt. Dies ergibt sich schon aus dem Stellenschlüssel, wonach nunmehr 9,5 Pflegeschüler/innen eine Vollzeitkraft ersetzen. Auch unter Zugrundelegung der niedrigeren Vergütungssätze der Beklagten übersteigt die Vergütung für 9,5 Pflegeschüler/innen die zu leistende tarifliche Vergütung für eine Vollzeitkraft bei weitem.

43

Ferner ist zu berücksichtigen, dass anders als in den vom BAG entschiedenen Fällen nicht nur der Ausbildungsträger - also vorliegend die Beklagte - sondern auch der tatsächliche Ausbilder - vorliegend die C. gGmbH - gemeinnützig ist. Insofern dient die Ausbildung, auch wenn man Ausbildungsträger und tatsächlichen Ausbilder zusammen betrachtet, nicht der Gewinnerzielung. Damit dient die Ausbildung auch nicht mittelbar durch Schaffung eines Marktes mit ausgebildeten Krankenpflegern einem Gewinninteresse des Verbundes der beiden gGmbH’s für die Zukunft.

44

Die Beklagte zusammen mit der C. gGmbH bildet weit über den Eigenbedarf aus. Dies ist aufgrund der vorgetragenen Zahlen unstreitig. Dabei ist irrelevant, dass die C. gGmbH auch in der Vergangenheit stets entsprechend über Bedarf ausgebildet hat. Es mag sein, dass noch in den 90’er Jahren eine weit über Bedarf vorgenommene Ausbildung wirtschaftlich tragbar war. Dies ist mit der heutigen Situation nicht vergleichbar, in der Krankenhäuser mit deutlich geringeren Ressourcen umgehen müssen. Insofern ist nicht maßgeblich, wie es früher unter anderen Bedingungen war. Entscheidend ist allein der Umstand, dass die Beklagte und die C. gGmbH auch heute noch über Bedarf ausbilden. Selbst wenn man den Bedarf der C. gGmbH unter Zugrundelegung, dass die Gesellschaft auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Einstellungen vornimmt, hoch ansieht, so dürfte der Bedarf durch die Ausbildung von 20 Pflegeschüler/innen langfristig gedeckt sein. Dagegen werden von der Beklagten und der C. gGmbH 2½-mal so viele Pflegeschüler/innen ausgebildet. Das hinter dieser Praxis stehende Ziel des öffentlich-rechtlichen Trägers der Krankenhäuser ist legitim und gesellschaftlich erwünscht. Insofern rechtfertigt das Bedürfnis möglichst vieler Jugendlicher, eine Ausbildung zu erfahren, die Einschränkung der Bedürfnisse aller Auszubildenden auf eine möglichst hohe Ausbildungsvergütung.

45

Über den Träger der C. gGmbH sowie über die Finanzierung der Krankenhäuser größtenteils durch öffentlich-rechtliche Sozialversicherung ist davon auszugehen, dass hier öffentliche Gelder für die Schaffung zusätzlicher Ausbildungsplätze verwandt werden. Die Begrenztheit der öffentlichen Mittel und das vom Staat zu verfolgende gesamtgesellschaftliche Interesse, möglichst vielen arbeitslosen Jugendlichen die Möglichkeit einer qualifizierten Berufsausbildung zu verschaffen, rechtfertigt ein Unterschreiten der tariflichen Ausbildungssätze auch weit unter 20 % (vgl. BAG, AP Nr. 14 zu § 10 BBiG).

46

Die im Berufsausbildungsvertrag vereinbarte Vergütung wird ihrer Funktion, eine finanzielle Hilfe für die Klägerin zur Durchführung der Ausbildung zu sein, gerecht. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass sich die absolute Höhe der von der Beklagten gezahlten Ausbildungsvergütung im Rahmen anderer Ausbildungsvergütungen bewegt. So entsprechen die Ausbildungssätze den üblicherweise auch den Ausbildungsverhältnissen zur Arzthelferin gezahlten Sätzen. Auch in absoluten Zahlen liegen selbst unter Berücksichtigung der Inflation die Sätze z. B. deutlich oberhalb denjenigen, die der BAG-Entscheidung AP Nr. 6 zu § 10 BBiG zugrunde lagen. Gleiches gilt für die Sätze in der Entscheidung des BAG AP Nr. 12 zu § 10 BBiG. Der den Pflegeschüler/innen zur Verfügung stehende Nettobetrag liegt im Übrigen erheblich oberhalb der Sätze, die ein Bezieher von Arbeitslosengeld-II bezieht. Da die Beklagte und C. gGmbH die Leistungen der Klägerin nicht kommerziell verwerten können und die Ausbildungen ihnen keinerlei finanzielle Vorteile bringt, tritt der Gesichtspunkt, dass der Vergütung eine Mindestentlohnung für die Leistung der Auszubildenden darstellen muss, zurück. Entscheidend ist, ob die Vergütung noch einen erheblichen Beitrag zu den Lebenshaltungskosten des Auszubildenden darstellt. Das ist hier zu bejahen (vgl. BAG, AP Nr. 6 zu § 10 BBiG).

47

Schließlich ist als Rechtfertigung der Abweichung von rund 35 % von der tariflichen Vergütung auch zu berücksichtigen, dass die Beklagte sowie die C. gGmbH alle Pflegeschüler/innen gleich behandelt und nicht etwa einigen wenigen Auszubildenden tarifliche Ausbildungsvergütung zahlt und den übrigen eine deutlich geringere.

48

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Streitwertentscheidung auf §§ 39 ff. GKG.


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 9


(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden. (2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverstä

Gesetz zur Regelung der Arbeitnehmerüberlassung


Arbeitnehmerüberlassungsgesetz - AÜG

Arbeitnehmerüberlassungsgesetz - AÜG | § 1 Arbeitnehmerüberlassung, Erlaubnispflicht


(1) Arbeitgeber, die als Verleiher Dritten (Entleihern) Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit zur Arbeitsleistung überlassen (Arbeitnehmerüberlassung) wollen, bedürfen der Erlaubnis. Arbeitnehmer werden zur Arbeit

Arbeitnehmerüberlassungsgesetz - AÜG | § 10 Rechtsfolgen bei Unwirksamkeit


(1) Ist der Vertrag zwischen einem Verleiher und einem Leiharbeitnehmer nach § 9 unwirksam, so gilt ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zu dem zwischen dem Entleiher und dem Verleiher für den Beginn der Tätigkeit vorgesehene

Berufsbildungsgesetz - BBiG 2005 | § 10 Vertrag


(1) Wer andere Personen zur Berufsausbildung einstellt (Ausbildende), hat mit den Auszubildenden einen Berufsausbildungsvertrag zu schließen. (2) Auf den Berufsausbildungsvertrag sind, soweit sich aus seinem Wesen und Zweck und aus diesem Gesetz nic

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 59 Versäumnisverfahren


Gegen ein Versäumnisurteil kann eine Partei, gegen die das Urteil ergangen ist, binnen einer Notfrist von einer Woche nach seiner Zustellung Einspruch einlegen. Der Einspruch wird beim Arbeitsgericht schriftlich oder durch Abgabe einer Erklärung zu P

Referenzen

(1) Wer andere Personen zur Berufsausbildung einstellt (Ausbildende), hat mit den Auszubildenden einen Berufsausbildungsvertrag zu schließen.

(2) Auf den Berufsausbildungsvertrag sind, soweit sich aus seinem Wesen und Zweck und aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, die für den Arbeitsvertrag geltenden Rechtsvorschriften und Rechtsgrundsätze anzuwenden.

(3) Schließen die gesetzlichen Vertreter oder Vertreterinnen mit ihrem Kind einen Berufsausbildungsvertrag, so sind sie von dem Verbot des § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuchs befreit.

(4) Ein Mangel in der Berechtigung, Auszubildende einzustellen oder auszubilden, berührt die Wirksamkeit des Berufsausbildungsvertrages nicht.

(5) Zur Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen der Ausbildenden können mehrere natürliche oder juristische Personen in einem Ausbildungsverbund zusammenwirken, soweit die Verantwortlichkeit für die einzelnen Ausbildungsabschnitte sowie für die Ausbildungszeit insgesamt sichergestellt ist (Verbundausbildung).

Gegen ein Versäumnisurteil kann eine Partei, gegen die das Urteil ergangen ist, binnen einer Notfrist von einer Woche nach seiner Zustellung Einspruch einlegen. Der Einspruch wird beim Arbeitsgericht schriftlich oder durch Abgabe einer Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt. Hierauf ist die Partei zugleich mit der Zustellung des Urteils schriftlich hinzuweisen. § 345 der Zivilprozeßordnung bleibt unberührt.

(1) Ist der Vertrag zwischen einem Verleiher und einem Leiharbeitnehmer nach § 9 unwirksam, so gilt ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zu dem zwischen dem Entleiher und dem Verleiher für den Beginn der Tätigkeit vorgesehenen Zeitpunkt als zustande gekommen; tritt die Unwirksamkeit erst nach Aufnahme der Tätigkeit beim Entleiher ein, so gilt das Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer mit dem Eintritt der Unwirksamkeit als zustande gekommen. Das Arbeitsverhältnis nach Satz 1 gilt als befristet, wenn die Tätigkeit des Leiharbeitnehmers bei dem Entleiher nur befristet vorgesehen war und ein die Befristung des Arbeitsverhältnisses sachlich rechtfertigender Grund vorliegt. Für das Arbeitsverhältnis nach Satz 1 gilt die zwischen dem Verleiher und dem Entleiher vorgesehene Arbeitszeit als vereinbart. Im übrigen bestimmen sich Inhalt und Dauer dieses Arbeitsverhältnisses nach den für den Betrieb des Entleihers geltenden Vorschriften und sonstigen Regelungen; sind solche nicht vorhanden, gelten diejenigen vergleichbarer Betriebe. Der Leiharbeitnehmer hat gegen den Entleiher mindestens Anspruch auf das mit dem Verleiher vereinbarte Arbeitsentgelt.

(2) Der Leiharbeitnehmer kann im Fall der Unwirksamkeit seines Vertrags mit dem Verleiher nach § 9 von diesem Ersatz des Schadens verlangen, den er dadurch erleidet, daß er auf die Gültigkeit des Vertrags vertraut. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Leiharbeitnehmer den Grund der Unwirksamkeit kannte.

(3) Zahlt der Verleiher das vereinbarte Arbeitsentgelt oder Teile des Arbeitsentgelts an den Leiharbeitnehmer, obwohl der Vertrag nach § 9 unwirksam ist, so hat er auch sonstige Teile des Arbeitsentgelts, die bei einem wirksamen Arbeitsvertrag für den Leiharbeitnehmer an einen anderen zu zahlen wären, an den anderen zu zahlen. Hinsichtlich dieser Zahlungspflicht gilt der Verleiher neben dem Entleiher als Arbeitgeber; beide haften insoweit als Gesamtschuldner.

(4) und (5) weggefallen

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.

(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.

(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.

(1) Ist der Vertrag zwischen einem Verleiher und einem Leiharbeitnehmer nach § 9 unwirksam, so gilt ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zu dem zwischen dem Entleiher und dem Verleiher für den Beginn der Tätigkeit vorgesehenen Zeitpunkt als zustande gekommen; tritt die Unwirksamkeit erst nach Aufnahme der Tätigkeit beim Entleiher ein, so gilt das Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer mit dem Eintritt der Unwirksamkeit als zustande gekommen. Das Arbeitsverhältnis nach Satz 1 gilt als befristet, wenn die Tätigkeit des Leiharbeitnehmers bei dem Entleiher nur befristet vorgesehen war und ein die Befristung des Arbeitsverhältnisses sachlich rechtfertigender Grund vorliegt. Für das Arbeitsverhältnis nach Satz 1 gilt die zwischen dem Verleiher und dem Entleiher vorgesehene Arbeitszeit als vereinbart. Im übrigen bestimmen sich Inhalt und Dauer dieses Arbeitsverhältnisses nach den für den Betrieb des Entleihers geltenden Vorschriften und sonstigen Regelungen; sind solche nicht vorhanden, gelten diejenigen vergleichbarer Betriebe. Der Leiharbeitnehmer hat gegen den Entleiher mindestens Anspruch auf das mit dem Verleiher vereinbarte Arbeitsentgelt.

(2) Der Leiharbeitnehmer kann im Fall der Unwirksamkeit seines Vertrags mit dem Verleiher nach § 9 von diesem Ersatz des Schadens verlangen, den er dadurch erleidet, daß er auf die Gültigkeit des Vertrags vertraut. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Leiharbeitnehmer den Grund der Unwirksamkeit kannte.

(3) Zahlt der Verleiher das vereinbarte Arbeitsentgelt oder Teile des Arbeitsentgelts an den Leiharbeitnehmer, obwohl der Vertrag nach § 9 unwirksam ist, so hat er auch sonstige Teile des Arbeitsentgelts, die bei einem wirksamen Arbeitsvertrag für den Leiharbeitnehmer an einen anderen zu zahlen wären, an den anderen zu zahlen. Hinsichtlich dieser Zahlungspflicht gilt der Verleiher neben dem Entleiher als Arbeitgeber; beide haften insoweit als Gesamtschuldner.

(4) und (5) weggefallen

(1) Arbeitgeber, die als Verleiher Dritten (Entleihern) Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit zur Arbeitsleistung überlassen (Arbeitnehmerüberlassung) wollen, bedürfen der Erlaubnis. Arbeitnehmer werden zur Arbeitsleistung überlassen, wenn sie in die Arbeitsorganisation des Entleihers eingegliedert sind und seinen Weisungen unterliegen. Die Überlassung und das Tätigwerdenlassen von Arbeitnehmern als Leiharbeitnehmer ist nur zulässig, soweit zwischen dem Verleiher und dem Leiharbeitnehmer ein Arbeitsverhältnis besteht. Die Überlassung von Arbeitnehmern ist vorübergehend bis zu einer Überlassungshöchstdauer nach Absatz 1b zulässig. Verleiher und Entleiher haben die Überlassung von Leiharbeitnehmern in ihrem Vertrag ausdrücklich als Arbeitnehmerüberlassung zu bezeichnen, bevor sie den Leiharbeitnehmer überlassen oder tätig werden lassen. Vor der Überlassung haben sie die Person des Leiharbeitnehmers unter Bezugnahme auf diesen Vertrag zu konkretisieren.

(1a) Die Abordnung von Arbeitnehmern zu einer zur Herstellung eines Werkes gebildeten Arbeitsgemeinschaft ist keine Arbeitnehmerüberlassung, wenn der Arbeitgeber Mitglied der Arbeitsgemeinschaft ist, für alle Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Tarifverträge desselben Wirtschaftszweiges gelten und alle Mitglieder auf Grund des Arbeitsgemeinschaftsvertrages zur selbständigen Erbringung von Vertragsleistungen verpflichtet sind. Für einen Arbeitgeber mit Geschäftssitz in einem anderen Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes ist die Abordnung von Arbeitnehmern zu einer zur Herstellung eines Werkes gebildeten Arbeitsgemeinschaft auch dann keine Arbeitnehmerüberlassung, wenn für ihn deutsche Tarifverträge desselben Wirtschaftszweiges wie für die anderen Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft nicht gelten, er aber die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 erfüllt.

(1b) Der Verleiher darf denselben Leiharbeitnehmer nicht länger als 18 aufeinander folgende Monate demselben Entleiher überlassen; der Entleiher darf denselben Leiharbeitnehmer nicht länger als 18 aufeinander folgende Monate tätig werden lassen. Der Zeitraum vorheriger Überlassungen durch denselben oder einen anderen Verleiher an denselben Entleiher ist vollständig anzurechnen, wenn zwischen den Einsätzen jeweils nicht mehr als drei Monate liegen. In einem Tarifvertrag von Tarifvertragsparteien der Einsatzbranche kann eine von Satz 1 abweichende Überlassungshöchstdauer festgelegt werden. Im Geltungsbereich eines Tarifvertrages nach Satz 3 können abweichende tarifvertragliche Regelungen im Betrieb eines nicht tarifgebundenen Entleihers durch Betriebs- oder Dienstvereinbarung übernommen werden. In einer auf Grund eines Tarifvertrages von Tarifvertragsparteien der Einsatzbranche getroffenen Betriebs- oder Dienstvereinbarung kann eine von Satz 1 abweichende Überlassungshöchstdauer festgelegt werden. Können auf Grund eines Tarifvertrages nach Satz 5 abweichende Regelungen in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung getroffen werden, kann auch in Betrieben eines nicht tarifgebundenen Entleihers bis zu einer Überlassungshöchstdauer von 24 Monaten davon Gebrauch gemacht werden, soweit nicht durch diesen Tarifvertrag eine von Satz 1 abweichende Überlassungshöchstdauer für Betriebs- oder Dienstvereinbarungen festgelegt ist. Unterfällt der Betrieb des nicht tarifgebundenen Entleihers bei Abschluss einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung nach Satz 4 oder Satz 6 den Geltungsbereichen mehrerer Tarifverträge, ist auf den für die Branche des Entleihers repräsentativen Tarifvertrag abzustellen. Die Kirchen und die öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften können von Satz 1 abweichende Überlassungshöchstdauern in ihren Regelungen vorsehen.

(2) Werden Arbeitnehmer Dritten zur Arbeitsleistung überlassen und übernimmt der Überlassende nicht die üblichen Arbeitgeberpflichten oder das Arbeitgeberrisiko (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 3), so wird vermutet, daß der Überlassende Arbeitsvermittlung betreibt.

(3) Dieses Gesetz ist mit Ausnahme des § 1b Satz 1, des § 16 Absatz 1 Nummer 1f und Absatz 2 bis 5 sowie der §§ 17 und 18 nicht anzuwenden auf die Arbeitnehmerüberlassung

1.
zwischen Arbeitgebern desselben Wirtschaftszweiges zur Vermeidung von Kurzarbeit oder Entlassungen, wenn ein für den Entleiher und Verleiher geltender Tarifvertrag dies vorsieht,
2.
zwischen Konzernunternehmen im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes, wenn der Arbeitnehmer nicht zum Zweck der Überlassung eingestellt und beschäftigt wird,
2a.
zwischen Arbeitgebern, wenn die Überlassung nur gelegentlich erfolgt und der Arbeitnehmer nicht zum Zweck der Überlassung eingestellt und beschäftigt wird,
2b.
zwischen Arbeitgebern, wenn Aufgaben eines Arbeitnehmers von dem bisherigen zu dem anderen Arbeitgeber verlagert werden und auf Grund eines Tarifvertrages des öffentlichen Dienstes
a)
das Arbeitsverhältnis mit dem bisherigen Arbeitgeber weiter besteht und
b)
die Arbeitsleistung zukünftig bei dem anderen Arbeitgeber erbracht wird,
2c.
zwischen Arbeitgebern, wenn diese juristische Personen des öffentlichen Rechts sind und Tarifverträge des öffentlichen Dienstes oder Regelungen der öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften anwenden, oder
3.
in das Ausland, wenn der Leiharbeitnehmer in ein auf der Grundlage zwischenstaatlicher Vereinbarungen begründetes deutsch-ausländisches Gemeinschaftsunternehmen verliehen wird, an dem der Verleiher beteiligt ist.

(1) Wer andere Personen zur Berufsausbildung einstellt (Ausbildende), hat mit den Auszubildenden einen Berufsausbildungsvertrag zu schließen.

(2) Auf den Berufsausbildungsvertrag sind, soweit sich aus seinem Wesen und Zweck und aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, die für den Arbeitsvertrag geltenden Rechtsvorschriften und Rechtsgrundsätze anzuwenden.

(3) Schließen die gesetzlichen Vertreter oder Vertreterinnen mit ihrem Kind einen Berufsausbildungsvertrag, so sind sie von dem Verbot des § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuchs befreit.

(4) Ein Mangel in der Berechtigung, Auszubildende einzustellen oder auszubilden, berührt die Wirksamkeit des Berufsausbildungsvertrages nicht.

(5) Zur Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen der Ausbildenden können mehrere natürliche oder juristische Personen in einem Ausbildungsverbund zusammenwirken, soweit die Verantwortlichkeit für die einzelnen Ausbildungsabschnitte sowie für die Ausbildungszeit insgesamt sichergestellt ist (Verbundausbildung).

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.