Amtsgericht Zeitz Beschluss, 18. Nov. 2015 - 14 M 458/15

ECLI:ECLI:DE:AGZEITZ:2015:1118.14M458.15.0A
bei uns veröffentlicht am18.11.2015

Tenor

Die Erinnerung der Gläubigerin vom 17.10.2015 gegen den Kostenansatz der Gerichtsvollzieherin wird zurückgewiesen.

Die Beschwerde gegen diesen Beschluss wird zugelassen.

Gründe

1

Die Gläubigerin wendet sich mit ihrer Erinnerung gegen den Kostenansatz der Gerichtsvollzieherin, soweit diese eine Gebühr für den Versuch einer gütlichen Einigung nach Nr. 207 GvKostG in Ansatz gebracht hat, und beantragt, den Gerichtsvollzieher anzuweisen, eine berichtigte Kostenrechnung nachzureichen und die ungerechtfertigt erhobenen Kosten i.H.v. 16,00 € nebst anteiliger Auslagenpauschale an die Gläubigerin zu erstatten.

2

Sie vertritt die Auffassung, die Gebühr sei nicht entstanden, weil sie lediglich einen Antrag auf Abgabe der Vermögensauskunft gestellt hat. Ohne ausdrücklichen Auftrag falle die Gebühr nach Nr. 207 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtsvollzieherkostengesetz bereits dann nicht an, wenn der Gerichtsvollzieher entweder mit der Sachpfändung oder mit der Abnahme der Vermögensauskunft beauftragt ist.

3

Die Gerichtsvollzieherin hat der Erinnerung nicht abgeholfen und die Sache zur Entscheidung vorgelegt.

4

Die Bezirksrevisorin bei dem Landgericht Halle ist der Erinnerung entgegengetreten.

5

Die Erinnerung der Gläubigerin gegen den Kostenansatz der Gerichtsvollzieherin ist unbegründet. Die Gerichtsvollzieherin hat die Gebühr gemäß Nr. 207 GvKostG in Höhe von 16,00 EUR zu Recht erhoben, denn sie hat den Versuch einer gütlichen Erledigung der Sache unternommen.

6

Die Gebühr entsteht nach der Nachbemerkung zu Nr. 207 GvKostG nicht, wenn der Gerichtsvollzieher gleichzeitig mit einer auf eine Maßnahme nach § 802a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 4 ZPO gerichteten Amtshandlung beauftragt ist. Dieser die Entstehung der Gebühr ausschließende Fall liegt hier nicht vor, denn die Gerichtsvollzieherin war nur mit der Abnahme der Vermögensauskunft, nicht aber auch mit der Pfändung und Verwertung körperlicher Sachen beauftragt.

7

Nach dem eindeutigen Wortlaut der Nachbemerkung zu Nr. 207 GvKostG fällt die Gebühr nur dann nicht an, wenn eine Beauftragung mit einer Maßnahme nach § 802a Abs. 2 Nr. 1 und 4 ZPO vorliegt. Einer abweichenden Auslegung ist die Formulierung nicht zugänglich. Es handelt sich um einen Ausnahmetatbestand, der grundsätzlich eng auszulegen ist. Die Gesetzesmaterialien lassen keinen eindeutigen Schluss darauf zu, dass beabsichtigt war, dass der Aufwand für den Versuch einer gütlichen Einigung durch die Gebühr für die Einholung der Vermögensauskunft oder für die Pfändung mit abgegolten sein sollte (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03.03.2015 - I-10 W 25/15, BeckRS 2015, 10652).

8

Der entgegenstehenden Ansicht, wonach es ausreicht, dass der Gerichtsvollzieher mit nur einer der beiden auf eine Maßnahme nach § 802a Abs. 2 S. 1 Nr. 2 oder 4 ZPO gerichteten Amtshandlung beauftragt sein muss (z.B. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 25. August 2015 – 11 W 3/15 –, juris) schließt sich das Gericht ebenso wie zuvor das AG Weißenfels, Beschluss vom 04.05.2015 -13 M 350/15- nicht an.

9

Soweit versucht wird, aus den Gesetzesmaterialien einen Willen des Gesetzgebers herzuleiten, dass die Gebühr nicht entstehen solle, wenn der Auftrag nur auf eine der beiden Maßnahmen (Vermögensauskunft, Pfändung) gerichtet ist, vermag das nicht zu überzeugen.

10

In der Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drs.16/10069, S.48) heißt es:

11

"Nach § 802a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO-E kann der Gläubiger den Gerichtsvollzieher isoliert mit dem Versuch einer gütlichen Erledigung der Sache beauftragen. In derartigen Fällen soll der Gerichtsvollzieher eine Gebühr in Höhe von 12,50 Euro erheben können, um den mit dem Versuch einer gütlichen Erledigung verbundenen Aufwand abzugelten. Ohne diesen Gebührentatbestand würde der Gerichtsvollzieher bei einem erfolglosen Güteversuch für seine Tätigkeit keinerlei Gebühren erhalten.

12

Nach der Anmerkung entsteht die Gebühr nicht, wenn der Gerichtsvollzieher gleichzeitig mit einer auf eine Maßnahme nach § 802a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 4 ZPO-E gerichteten Amtshandlung beauftragt wird. In diesen Fällen wird sein Aufwand für den Versuch der gütlichen Erledigung, insbesondere das Aufsuchen des Schuldners, durch die Gebühren für die Einholung der Vermögensauskunft und für die Pfändung mit abgegolten."

13

Der erste Absatz dient einer Begründung zur Schaffung eines Gebührentatbestands. Diese Begründung beinhaltet jedoch keine Aussage darüber, wann die Gebühr nicht entstehen soll. Darauf, wann die Gebühr nicht entstehen soll, bezieht sich der zweite Absatz. In diesem wird ebenso wie in der Norm das Wort "und" verwandt. Grundsätzlich darf davon ausgegangen werden, dass den an der Formulierung von Gesetzentwürfen Beteiligten bekannt ist, welchen Sinngehalt die Worte "und" und "oder" haben, so dass eine Umdeutung des Worts "und" in den Sinngehalt des Worts "oder" nicht überzeugend ist, vielmehr naheliegt, dass mit "und" auch "und" gemeint ist.

14

Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht, denn die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

15

Gegen diese Entscheidung wird wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage die Beschwerde zugelassen.


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Gesetz über Kosten der Gerichtsvollzieher


Gerichtsvollzieherkostengesetz - GvKostG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 802a Grundsätze der Vollstreckung; Regelbefugnisse des Gerichtsvollziehers


(1) Der Gerichtsvollzieher wirkt auf eine zügige, vollständige und Kosten sparende Beitreibung von Geldforderungen hin. (2) Auf Grund eines entsprechenden Vollstreckungsauftrags und der Übergabe der vollstreckbaren Ausfertigung ist der Gerichtsvo

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Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 25. Aug. 2015 - 11 W 3/15

bei uns veröffentlicht am 25.08.2015

Tenor 1. Die weitere Beschwerde der Vertreterin der Staatskasse gegen den Beschluss des Landgerichts Mannheim vom 27. April 2015 – 10 T 19/15 – wird zurückgewiesen. 2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Auslagen werden nicht erstattet

Amtsgericht Weißenfels Beschluss, 04. Mai 2015 - 13 M 350/15

bei uns veröffentlicht am 04.05.2015

Tenor 1. Die Erinnerung der Gläubigerin gegen den Kostenansatz der Gerichtsvollzieherin vom 29. Juli 2014 wird als unbegründet zurückgewiesen. 2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

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(1) Der Gerichtsvollzieher wirkt auf eine zügige, vollständige und Kosten sparende Beitreibung von Geldforderungen hin.

(2) Auf Grund eines entsprechenden Vollstreckungsauftrags und der Übergabe der vollstreckbaren Ausfertigung ist der Gerichtsvollzieher unbeschadet weiterer Zuständigkeiten befugt,

1.
eine gütliche Erledigung der Sache (§ 802b) zu versuchen,
2.
eine Vermögensauskunft des Schuldners (§ 802c) einzuholen,
3.
Auskünfte Dritter über das Vermögen des Schuldners (§ 802l) einzuholen,
4.
die Pfändung und Verwertung körperlicher Sachen zu betreiben,
5.
eine Vorpfändung (§ 845) durchzuführen; hierfür bedarf es nicht der vorherigen Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung und der Zustellung des Schuldtitels.
Die Maßnahmen sind in dem Vollstreckungsauftrag zu bezeichnen, die Maßnahme nach Satz 1 Nr. 1 jedoch nur dann, wenn sich der Auftrag hierauf beschränkt.

Tenor

1. Die weitere Beschwerde der Vertreterin der Staatskasse gegen den Beschluss des Landgerichts Mannheim vom 27. April 2015 – 10 T 19/15 – wird zurückgewiesen.

2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Auslagen werden nicht erstattet.

Gründe

 
I.
Die Beteiligten streiten im Verfahren der weiteren Beschwerde darum, ob der Gerichtsvollzieher Gebühren für den Versuch einer gütlichen Einigung zwischen Gläubigerin und Schuldnerin und für die Zustellung der Anordnung einer Eintragung in das Schuldnerverzeichnis verlangen kann.
Die Gläubigerin beantragte beim Gerichtsvollzieher die Abnahme der Vermögensauskunft bei der Schuldnerin und gab dabei an, unter welchen Voraussetzungen Einverständnis mit Teilzahlungen bestünde. Der Gerichtsvollzieher teilte ihr mit, dass der Versuch einer gütlichen Einigung gescheitert sei, weil er die Schuldnerin nicht angetroffen und diese sich auch auf schriftliche Aufforderung nicht gemeldet habe. Da die Schuldnerin die Vermögensauskunft bereits anderweitig erteilt hatte, übermittelte der Gerichtsvollzieher der Gläubigerin hiervon eine Abschrift. Außerdem ordnete er mit von ihm an die Schuldnerin zugestelltem Schreiben deren Eintragung in das Schuldnerverzeichnis an. Für seine Tätigkeit stellte er der Gläubigerin unter anderem die Gebühren nach KV 100 (persönliche Zustellung) und KV 207 (Versuch gütlicher Einigung) sowie eine Wegegeldpauschale für die Zone 1 in Höhe von EUR 6,50 (KV 711) und eine Auslagenpauschale (KV 716) in Höhe von EUR 11,80 in Rechnung.
Gegen die Kostenrechnung richtet sich die Erinnerung der Gläubigerin. Sie macht geltend, die Gebühr für den Versuch einer gütlichen Einigung sei nicht entstanden, da weder ein isolierter Antrag auf Durchführung der gütlichen Einigung noch ein bedingter Antrag im Sinne von § 3 Absatz 2 GvKostG, Nr. 2 Absatz 2 DB-GvKostG gestellt worden sei.
Der Gerichtsvollzieher hat der Erinnerung nicht abgeholfen. Mit Beschluss vom 14. Januar 2015 hat das Amtsgericht dessen Kostenrechnung dahin berichtigt, dass nur die Gebühr für die Übermittlung des Vermögensverzeichnisses und ein Teil der Auslagenpauschale, insgesamt EUR 39,60, zu zahlen seien. Die dagegen gerichtete zugelassene Beschwerde der Vertreterin der Staatskasse hat das Landgericht unter gleichzeitiger Zulassung der Rechtsbeschwerde zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Gebühr für den Einigungsversuch, die Wegekosten und die anteiligen Auslagen seien nicht ansatzfähig. Lege man Ziffer 207 des Gerichtsvollzieher-Kostenverzeichnisses seinem Zwecke nach aus, falle die Gebühr nur an, wenn der Gerichtsvollzieher für den erfolglosen Versuch einer gütlichen Einigung ansonsten gar nicht vergütet werde, also nicht dann, wenn zugleich eine - wenn auch bedingte - Amtshandlung nach §§ 802a Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 oder 4 ZPO beauftragt sei, für die der Gerichtsvollzieher eine Vergütung erhalte. Der Gerichtsvollzieher könne auch nicht die Kosten für die Zustellung der Eintragungsanordnung nebst Wegegeld und anteiliger Auslagenpauschale ansetzen. Entgegen teilweise abweichender Auffassungen in Rechtsprechung und Schrifttum liege insoweit keine Zustellung auf Betreiben der Parteien, sondern eine solche im Amtsbetrieb vor.
Gegen die Entscheidung des Landgerichts richtet sich die weitere Beschwerde der Vertreterin der Staatskasse, der das Landgericht nicht abgeholfen hat.
II.
Die weitere Beschwerde ist nach § 5 Absatz 2 Satz 2 GvKostG in Verbindung mit § 66 Absatz 4 Satz 1 GKG zulässig. In der Sache bleibt sie ohne Erfolg.
A.
Das Amtsgericht hat die Kostenrechnung des Gerichtsvollziehers zutreffend als insgesamt angegriffen angesehen. Zwar enthält die Begründung des Rechtsmittels der Gläubigerin lediglich Ausführungen zu Ziffer 207 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtsvollzieherkostengesetz und nicht dazu, ob die Kosten für die Zustellung der Eintragungsanordnung ansatzfähig sind. Eine Beschränkung des Rechtsmittels auf eine bestimmte Kostenposition oder einen bestimmten Betrag ist aber nicht erfolgt. Da eine Begründung der Erinnerung gegen die Kostenrechnung vom Gesetz nicht verlangt wird (BDPZ/Zimmermann, GKG, 3. Auflage, § 66, Rn. 27), stand das Fehlen von Ausführungen zu weiteren Kostenpositionen der Zulässigkeit des Rechtsbehelfs auch nicht teilweise entgegen, so dass die Vorinstanzen die Kostenrechnung zu Recht insgesamt überprüft haben.
B.
Die Vorinstanzen halten den Ansatz der Einigungsgebühr nach Ziffer 207 des Kostenverzeichnisses sowie der Zustellungskosten für die Eintragungsanordnung nach § 882c ZPO zutreffend für nicht gerechtfertigt.
1. Die Gebühr nach KV 207 für den Versuch einer gütlichen Einigung kann der Gerichtsvollzieher nicht beanspruchen. Zwar ist der Gebührentatbestand an sich erfüllt, weil hierfür - wie der Wortlaut der Norm zeigt - der Versuch einer gütlichen Einigung genügt, es also ausreicht, dass der Gerichtsvollzieher sich erfolglos bemüht, mit der Schuldnerin mit dem Ziel der Einigung Kontakt aufzunehmen. Die Gebühr ist aber nach der Nachbemerkung zu KV 207 nicht angefallen, weil der Gerichtsvollzieher „gleichzeitig mit einer auf eine Maßnahme nach § 802a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 4 ZPO gerichteten Amtshandlung beauftragt“ worden ist.
10 
In Rechtsprechung und Schrifttum wird unterschiedlich beurteilt, ob schon ein Auftrag nach Nr. 2 oder Nr. 4 den Anfall der Gebühr nach KV 207 ausschließt oder dafür beide Amtshandlungen nachgesucht werden müssen. Der Senat schließt sich der erstgenannten Auffassung an.
11 
a) Der Wortlaut der Vorschrift und der Grundsatz der engen Auslegung von Ausnahmebestimmungen könnten allerdings - worauf sich etwa das Oberlandesgericht Düsseldorf (Beschluss vom 3. März 2015 - 10 W 25/15, juris; Beschluss vom 27. März 2014, NJW-RR 2014, 960; ebenso LG Baden-Baden, Beschluss vom 2. September 2014 - 2 T 44/14; LG Heilbronn, Beschluss vom 28. November 2014 - 1 T 431/14) berufen - eher dafür sprechen, den in der Nachbemerkung genannten Tatbestand nur dann eingreifen zu lassen, wenn beide mit „und“ verknüpften Bedingungen erfüllt sind. Der sprachliche Befund ist allerdings nicht eindeutig, weil - wie das Oberlandesgericht Stuttgart zu Recht ausführt (JurBüro 2015, 326) - in der Nachbemerkung jeweils im Singular von einer „Maßnahme“ oder „Amtshandlung“ die Rede ist, was dafür spricht, dass der Gesetzgeber es für ausreichend erachtet hat, dass eine andere Amtshandlung in Auftrag gegeben worden ist.
12 
b) Auch die Gesetzesmaterialien (BT-Drs. 10/10069, S. 48) sind, wie das Oberlandesgericht Düsseldorf (NJW-RR 2014, 960) zu Recht hervorhebt, nicht ganz eindeutig. In der Begründung zu Ziffer 207 des Kostenverzeichnisses wird - wie im Gesetzestext selbst - im zweiten Absatz das Wort „und“ als Verbindung zwischen den Ziffern 2 und 4 des § 802a Abs. 2 S. 1 ZPO gebraucht. Entscheidend für die Auffassung der Vorinstanzen spricht aber, dass als Rechtfertigung für den Gebührentatbestand angeführt wird, dass der Gerichtsvollzieher ohne diesen für einen erfolglosen Güteversuch überhaupt keine Gebühr erhalten würde, wenn er „isoliert mit dem Versuch einer gütlichen Einigung“ beauftragt würde. Daraus lässt sich ableiten, dass die Gebühr schon dann nicht anfallen soll, wenn der Gerichtsvollzieher bereits für eine weitere Tätigkeit eine Gebühr erhält. Der Senat schließt sich in dieser Frage der ausführlichen Begründung im Beschluss des Oberlandesgerichts Köln vom 11. Juni 2014 (JurBüro 2014, 549, juris-Rn. 23 ff.) an. Soweit das Landgericht Heilbronn (a. a. O.) die Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln nicht für einschlägig erachtet, weil dieser eine andere Konstellation zugrunde liege, folgt dem der Senat nicht. Zwar lag dort ein Sachverhalt zugrunde, in dem der Gläubiger - anders als hier - weitere Vollstreckungsmaßnahmen nur unter der ausdrücklich formulierten Bedingung beantragt hatte, dass eine gütliche Einigung scheitert. Das rechtfertigt aber keine abweichende Beurteilung der Frage, ob das Wort „und“ in der Nachbemerkung zu KV Ziffer 207 dem Normzweck entsprechend als „oder“ zu lesen ist.
13 
2. Ebenfalls zu Recht sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, dass der Gerichtsvollzieher für die Zustellung der Eintragungsanordnung nach § 882c ZPO eine Gebühr nach KV 100 nicht verlangen kann und auch das Wegegeld und die anteilig hierauf entfallende Auslagenpauschale nicht zu berücksichtigen sind. Die Gebühr nach KV 100 kann, wie sich aus der amtlichen Überschrift des Abschnitts 1 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtsvollzieherkostengesetz ergibt, nur für persönliche Zustellungen des Gerichtsvollziehers erhoben werden, die auf Betreiben der Parteien - also nicht von Amts wegen - erfolgen.
14 
Ob die in § 882c Absatz 2 Satz 2 ZPO vorgeschriebene Zustellung der Eintragungsanordnung auf Betreiben der Parteien oder von Amts wegen erfolgt, wird in Rechtsprechung und Schrifttum nicht einheitlich beurteilt (für Zustellung imParteibetrieb etwa LG Verden (Aller), Beschluss vom 5. Januar 2014 - 6 T 124/14; Beschluss vom 15. Juli 2014 - 6 T 131/14 unter Bezugnahme auf AG Verden (Aller), Beschluss vom 6. Juni 2014 - 7 M 166/14; LG Stuttgart, Beschluss vom 26. März 2015 - 2 T 109/15; AG Darmstadt DGVZ 2014, 73; AG Albstadt, Beschluss vom 22. Januar 2015 - 5 M 1770/14; AG Esslingen, Beschluss vom 18. Februar 2015 - 10 M 1802/14; AG Bruchsal, Beschluss vom 10. März 2015 - 1 M 211/15; Zöller/Stöber, ZPO, 30. Auflage, § 882 c, Rn. 6; Theis/Rutz DGVZ 2014, 154; Thomas/Putzo/Seiler, ZPO, 36. Auflage, § 882c, Rn. 5; für Amtszustellung etwa OLG Düsseldorf DGVZ 2015, 91; AG Stuttgart DGVZ 2015, 64, juris-Rn. 5; AG Pinneberg DGVZ 2015, 27, juris-Rn. 7; AG Hann. Münden, Beschluss vom 18. Dezember 2014 - 5 M 467/14; AG Hannover, Beschluss vom 15. Januar 2015 - 755 M 57835/14; AG Lampertheim, Beschluss vom 15. Januar 2015 - 22 M 3214/14; Schlaak DGVZ 2014, 154; Musielak/Voit, ZPO, 12. Auflage, § 882c Rn. 6; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 73. Auflage, § 882c, Rn. 14; Wieczorek/Schütze/Schreiber, ZPO, 4. Auflage, § 882c, Rn. 17).
15 
Der Senat schließt sich derjenigen Auffassung an, die von einer von Amts wegen zu veranlassenden Zustellung ausgeht.
16 
a) Das Amtsgericht weist mit überzeugenden Erwägungen darauf hin, dass die Eintragung in das Schuldnerregister nicht der Zwangsvollstreckung des Gläubigers dient - die Befriedigung seines Anspruchs wird durch die Eintragung nicht gefördert - sondern dem Schutz des Rechtsverkehrs, der vor einem Schuldner gewarnt werden soll, der einen titulierten Anspruch nicht zu erfüllen vermag. Das kommt auch in der Gesetzesbegründung zu § 882c ZPO zum Ausdruck, in der es heißt, die Eintragung erfolge, um den „Wirtschaftsverkehr vor einem illiquiden Schuldner zu warnen“ (BT-Drs. 16/10069, S. 38, zu Nr. 3, erster Absatz). Der Gläubiger gibt zwar, in dem er den Vollstreckungsauftrag erteilt, Anlass zu dem Vorgehen nach § 882c ZPO. Die durch das Verfahren nach § 882c ZPO anfallenden Kosten sind aber - anders als etwa die Kosten der Einlagerung von Räumungsgut (vgl. dieses Beispiel in OLG Stuttgart BeckRS 2015, 07368, Rn. 12) - keine sachnotwendigen Folgen einer bestimmten Zwangsvollstreckung, sondern entstehen in einem eigenständigen, im öffentlichen Interesse liegenden Verfahren.
17 
b) Das Argument des Amtsgerichts Darmstadt (DGVZ 2014, 73, juris-Rn. 14), es könne nicht hingenommen werden, dass die Kosten der Zustellung der Eintragungsanordnung entweder vom Steuerzahler oder vom Gerichtsvollzieher persönlich zu tragen seien, vermag nicht zu überzeugen. Die Anordnung der Eintragung dient - wie ausgeführt - öffentlichen Zwecken; es ist daher ohne weiteres nachvollziehbar, dass die mir ihr verbundenen Kosten nicht von dem Gläubiger zu tragen sind, der sie durch seinen Vollstreckungsauftrag ausgelöst hat, sondern von der Allgemeinheit. Dass der Gläubiger die Kosten - wenn man dieser Auffassung folgte - als Kosten der Zwangsvollstreckung beim Schuldner beitreiben lassen könnte (§ 788 Absatz 1 Satz 1 ZPO), ändert daran schon wegen der Unsicherheit nichts, ob die Vollstreckung Aussicht auf Erfolg hat. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob es gerechtfertigt wäre, den Schuldner mit den Kosten der Zustellung der Eintragungsanordnung zu belasten.
18 
c) Soweit Stöber (in: Zöller, a. a. O., Rn. 6) in der Frage der Zustellungsart eine Gleichsetzung mit § 802f ZPO vornimmt, vermag dies nicht zu überzeugen. Soweit in Absatz 4 Satz 1 dieser Norm die Zustellung von Zahlungsaufforderungen, Ladungen, Bestimmungen und Belehrungen an den Schuldner angeordnet wird, handelt es sich - anders als in der hier in Rede stehenden Konstellation - um Maßnahmen, die letztlich der Durchsetzung der Forderung des Gläubigers dienen oder mit der Einzelzwangsvollstreckung notwendigerweise verbunden sind, die aber keinen über das einzelne Verfahren hinausgehenden Wert für die Allgemeinheit haben.
19 
d) Dem Argument, aus dem in § 882c Absatz 2 ZPO enthaltenen Verweis auf § 763 ZPO lasse sich folgen, dass die Eintragungsanordnung ein Bestandteil des Vollstreckungsprotokolls sei (Theis/Rutz DGVZ 2014, 154), welches der Gerichtsvollzieher nach seiner Wahl zustellen oder per Post übersenden könne (§ 763 Absatz 2 Satz 1 ZPO), vermag der Senat nicht zu folgen. Die genannten Vorschriften ermöglichen es, die Eintragungsanordnung - zur Vereinfachung und zur Vermeidung von Kosten - in das Vollstreckungsprotokoll aufzunehmen. Daraus kann aber nicht gefolgert werden, dass die Anordnung nach der Vorstellung des Gesetzgebers nicht im öffentlichen Interesse, sondern im Rahmen der konkreten Zwangsvollstreckung erfolgt.
20 
e) Die Entstehungsgeschichte der Norm spricht ebenfalls dafür, nicht von einer Zustellung auf Veranlassung des Gläubigers auszugehen. Die mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung befassten Ausschüsse des Bundesrates (BR-Drs. 304/1/08, S. 16 f.) haben in ihrer Beschlussempfehlung hervorgehoben, dass der Gerichtsvollzieher die Datenerhebungen nach § 882c Absatz 3 Satz 2 ZPO nicht auf Antrag des Gläubigers, sondern von Amts wegen vornehme und dem Gläubiger hierfür keine Gebühr abverlangt werden könne. Diese Überlegung ist auf das Verfahren nach § 882c ZPO insgesamt - und damit auch auf die Kosten der Zustellung - übertragbar. Die Ausschussempfehlungen sind in den Beschluss des Bundesratsplenums übernommen worden (BR-Drs. 304/08, S. 90).
21 
f) Auf die - ebenfalls umstrittene - Frage, ob der Gerichtsvollzieher dem Gläubiger Auslagen für eine nicht persönlich vorgenommene, sondern über ein Postunternehmen bewirkte Zustellung weiterberechnen kann (bejahend OLG Stuttgart BeckRS 2015, 07368; OLG Nürnberg BeckRS 2015, 02651; AG Bretten BeckRS 2014, 12145), weil Ziffer 701 des Kostenverzeichnisses eine Beschränkung auf Parteizustellungen nicht vorsieht, kommt es nach Lage des Falls nicht an, wenn auch die vorstehenden Erwägungen eher dafür sprechen, eine Erstattungspflicht angesichts der in öffentlichem Interesse vorgenommenen Zustellung zu verneinen.
22 
g) Da die Zustellung der Eintragungsanordnung von Amts wegen erfolgt, fällt auch die Wegegeldpauschale (KV 711) nicht an. Soweit das Amtsgericht Solingen (DGVZ 2014, 178, juris-Rn. 12 ff.) hiervon abweichend die Auffassung vertritt, diese könne unabhängig von der Frage der Parteizustellung beansprucht werden, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Auch insoweit gilt, dass das Wegegeld nicht im Interesse des Gläubigers angefallen ist, sondern im öffentlichen Interesse an der Eintragung in das Schuldnerverzeichnis.
23 
h) Die gebührenabhängig berechnete Auslagenpauschale (KV 716) haben die Vorinstanzen mit Rücksicht auf die Verminderung des Ansatzes des Gerichtsvollziehers zu Recht anteilig gekürzt.
III.
24 
Eine Kostenentscheidung und die Festsetzung eines Geschäftswerts sind nicht veranlasst, weil das Verfahren gebührenfrei ist und Kosten nicht erstattet werden (§ 5 Abs. 2 S. 2 GvKostG i.V.m. § 66 Abs. 8 GKG).

Tenor

1. Die Erinnerung der Gläubigerin gegen den Kostenansatz der Gerichtsvollzieherin vom 29. Juli 2014 wird als unbegründet zurückgewiesen.

2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

3. Die Beschwerde gegen diesen Beschluss wird zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Gläubigerin wendet sich mit ihrer Erinnerung gegen den Kostenansatz der Gerichtsvollzieherin, soweit diese eine Gebühr für den Versuch einer gütlichen Einigung nach Nr. 207 GvKostG in Ansatz gebracht hat.

2

Zur Begründung trägt sie vor, sie habe lediglich einen Antrag auf Abgabe der Vermögensauskunft gemäß §§ 802c, 802a Ziff. 2 ZPO gestellt, weshalb die Gebühr nicht entstanden sei.

3

Die Gerichtsvollzieherin hat der Erinnerung nicht abgeholfen und die Sache zur Entscheidung vorgelegt.

4

Die Gerichtsvollzieherprüfungsbeamtin als zuständige Vertreterin der Landeskasse ist der Erinnerung entgegengetreten.

II.

5

Die Erinnerung der Gläubigerin gegen den Kostenansatz der Gerichtsvollzieherin ist gemäß § 5 Abs. 2 GvKostG in Verbindung mit § 66 GKG zulässig.

6

In der Sache ist die Erinnerung jedoch unbegründet.

7

Die Gerichtsvollzieherin hat die Gebühr gemäß Nr. 207 GvKostG in Höhe von 16,00 EUR zu Recht erhoben. Unstreitig hat die Gerichtsvollzieherin den Versuch einer gütlichen Erledigung der Sache unternommen.

8

Entgegen der von der Gläubigerin vertretenen Rechtsauffassung hängt das Entstehen der Gebühr auch nicht davon ab, dass der Gläubiger ausdrücklich den Auftrag erteilt, eine gütliche Erledigung durchzuführen.

9

Nach § 802a Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO ist der Gerichtsvollzieher befugt, eine gütliche Erledigung der Sache zu versuchen. Dieser Auftrag wird durch § 802b Abs. 1 ZPO dahingehend konkretisiert, dass der Gerichtsvollzieher in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Erledigung bedacht sein soll. Damit erfüllt der Gerichtsvollzieher, der im Rahmen des Zwangsvollstreckungsverfahrens eine gütliche Einigung versucht, unabhängig von einem entsprechenden Antrag des Gläubigers seinen gesetzlichen Auftrag.

10

Von der Frage, ob der Gerichtsvollzieher – sei es im Rahmen eines isolierten Auftrages, sei es im Zuge der vollstreckungsrechtlichen Standardbefugnisse des Gerichtsvollziehers – berechtigt ist, eine gütliche Einigung anzustreben, ist die weitere Frage zu unterscheiden, ob und gegebenenfalls inwieweit die entsprechende Tätigkeit des Gerichtsvollziehers im Rahmen der gütlichen Einigung gesondert gemäß Nr. 207 GvKostG zu vergüten ist.

11

Vorliegend hat die Gerichtsvollzieherin - ohne ausdrücklich damit beauftragt worden zu sein - den Versuch einer gütlichen Erledigung der Sache unternommen, wie sich aus dem Protokoll über die Abgabe der Vermögensauskunft ergibt. Entsprechend der Nachbemerkung zu Nr. 207 GvKostG entsteht die Gebühr in einem derartigen Fall nur dann nicht, wenn der Gerichtsvollzieher gleichzeitig mit einer auf eine Maßnahme nach § 802a Abs. 2 S. 1 Nr. 2und 4 ZPO gerichteten Amtshandlung beauftragt worden ist.

12

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Denn die Gerichtsvollzieherin war ausweislich des Auftragsschreibens der Verfahrensbevollmächtigten der Gläubigerin vom 07. April 2014 nur mit der Abnahme der Vermögensauskunft gemäß §§ 802c, 802a Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO, nicht aber auch mit der Pfändung und Verwertung körperlicher Sachen nach § 802a Abs. 2 Nr. 4 ZPO beauftragt worden. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Nachbemerkung zu Nr. 207 GvKostG fällt die Gebühr aber nur dann nicht an, wenn eine Beauftragung mit einer Maßnahme nach § 802a Abs. 2 Nr. 1 und 4 ZPO vorliegt. Einer abweichenden Auslegung ist die Formulierung nicht zugänglich. Es handelt sich um einen Ausnahmetatbestand, der grundsätzlich eng auszulegen ist. Auch die Gesetzesmaterialien lassen keinen eindeutigen Schluss darauf zu, dass tatsächlich beabsichtigt war, dass der Aufwand für den Versuch einer gütlichen Einigung durch die Gebühr für die Einholung der Vermögensauskunft oder für die Pfändung mit abgegolten sein sollte (vgl. OLG Düsseldorf, NJW-RR 2014, 960). Der entgegenstehenden Ansicht, wonach es ausreicht, dass der Gerichtsvollzieher mit nur einer der beiden auf eine Maßnahme nach § 802a Abs. 2 S. 1 Nr. 2 oder 4 ZPO gerichteten Amtshandlung beauftragt sein muss(so etwa OLG Köln, Beschluss vom 11. Juni 2014,17 W 66/14, zit. n. juris) schließt sich das Gericht aus den im vorgenannten Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf genannten Gründen nicht an.

III.

13

Die Kostenentscheidung folgt aus § 5 Abs. 2 GvKostG in Verbindung mit § 66 Abs. 8 GKG.

14

Die Beschwerde gegen diese Entscheidung war gemäß § 66 Abs. 2 S. 2 GKG zuzulassen, da die hier zu entscheidende Frage von grundsätzlicher Bedeutung ist und in der obergerichtlichen Rechtsprechung unterschiedlich behandelt wird.


(1) Der Gerichtsvollzieher wirkt auf eine zügige, vollständige und Kosten sparende Beitreibung von Geldforderungen hin.

(2) Auf Grund eines entsprechenden Vollstreckungsauftrags und der Übergabe der vollstreckbaren Ausfertigung ist der Gerichtsvollzieher unbeschadet weiterer Zuständigkeiten befugt,

1.
eine gütliche Erledigung der Sache (§ 802b) zu versuchen,
2.
eine Vermögensauskunft des Schuldners (§ 802c) einzuholen,
3.
Auskünfte Dritter über das Vermögen des Schuldners (§ 802l) einzuholen,
4.
die Pfändung und Verwertung körperlicher Sachen zu betreiben,
5.
eine Vorpfändung (§ 845) durchzuführen; hierfür bedarf es nicht der vorherigen Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung und der Zustellung des Schuldtitels.
Die Maßnahmen sind in dem Vollstreckungsauftrag zu bezeichnen, die Maßnahme nach Satz 1 Nr. 1 jedoch nur dann, wenn sich der Auftrag hierauf beschränkt.