Amtsgericht Witten Urteil, 17. Juni 2015 - 2 C 108/15
Gericht
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.540 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.12.2014 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
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T a t b e s t a n d :
2Der Kläger war Eigentümer eines PKW mit amtlichem Kennzeichen: #.
3Am 11.11.2014 ereignete sich in Witten ein Verkehrsunfall, bei dem das Fahrzeug des Klägers beschädigt wurde. Die Beklagte war Haftpflichtversicherer des Fahrzeuges #, dessen Fahrer unstreitig den Unfall verursachte. Die grundsätzliche Haftung ist unstreitig. Mit Schreiben vom 12.11.2014 meldete der Kläger den Schaden im Grunde nach an. Der Sachverständige C erstattete am 14.11.2014 ein Sachverständigengutachten zum Schaden. Unter Berücksichtigung dreier Restwertangebote ermittelte der Sachverständige einen Restwert von 2.550 Euro. Mit Schreiben vom 17.11.2014 wurde der Schaden unter Beifügung des Gutachtens gegenüber der Beklagten beziffert.
4Mit Schreiben vom 17.11.2014 teilte die Beklagte mit: „Sofern ein Totalschaden vorliegt, prüfen wir den Restwert. Schicken Sie uns bitte umgehend das vollständige Originalgutachten zu. Falls wir ein verbessertes Restwertangebot erzielen können, informieren wir sie und ihre Mandantschaft so schnell wie möglich. Bitte teilen Sie ihrer Mandantschaft mit, dass sie das Fahrzeug erst nach Überprüfung des Restwertes und nach Rücksprache mit uns verkauft.“
5Am 19.11.2014 erwarb der Kläger ein Ersatzfahrzeug, welches am 20.11.2014 ausgeliefert wurde. Am 20.11.2014 veräußerte der Kläger sein verunfalltes Fahrzeug an den Höchstbietenden nach dem Gutachten M für 2.550 Euro und zahlte das neue Fahrzeug. Mit Schreiben vom 24.11.2014 wurde der Schaden des Klägers gegenüber der Beklagten geltend gemacht. Mit Schreiben vom 25.11.2014 übersandte die Beklagte ein Restwertangebot in X in Höhe von 4.090 Euro. Mit Schreiben vom 19.12.2014 rechnete die Beklagte unter Zugrundelegung ihres Restwertangebotes von 4.090 Euro den Schaden ab. Mit Schreiben vom 06.01.2015 forderte der Kläger die Beklagte auf, den Differenzbetrag zu dem im Gutachten aufgeführten Restwert zu erstatten. Dies lehnte die Beklagte ab.
6Der Kläger ist der Ansicht, dass lediglich der Restwert aus dem Gutachten M anzusetzen sei, den er tatsächlich realisiert habe.
7Daher beantragt er,
8die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.540 Euro nebst Zinsen in Höhe
9von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.12.2014 zu
10zahlen.
11Die Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Die Beklagte lehnt eine weitere Zahlung ab und ist der Ansicht, der Kläger habe gegen die Schadensminderungspflicht verstoßen, indem er das Fahrzeug veräußert habe, bevor die Beklagte Gelegenheit hatte, ihm ein höheres Restwertangebot zu übermitteln. Sie habe ihn mit Schreiben vom 17.11.2014 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine Prüfung des Restwertes vorgenommen werde und dass der Kläger das Fahrzeug erst nach Überprüfung und Rücksprache mit der Beklagten veräußern möge. Es sei ein deutlich höherer Restwert realisierbar gewesen, als der im Gutachten ausgewiesene. Der Kläger hätte lediglich telefonisch vor Veräußerung Kontakt aufnehmen müssen. Das Fahrzeug wäre abgeholt und der Kaufpreis wäre, sofern gewünscht, bar gezahlt worden. Es sei dem Kläger ohne Weiteres zuzumuten gewesen, mit dem Verkauf des Fahrzeugs abzuwarten, da dieser auf den Erlös nicht angewiesen sei. Das vom Kläger angeschaffte Ersatzfahrzeug habe immerhin 21.650 Euro gekostet, so dass der Restwert kaum ins Gewicht falle. Es sei kein Grund gegeben, das Unfallfahrzeug schnell zu verkaufen, sondern zumutbar, ein paar Tage abzuwarten.
14Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
15E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
16Die Klage ist begründet.
17Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung eines Betrages von 1.540 Euro gem. §§ 7, 17 StVG, 115 VVG, 249 ff. BGB.
18Die Haftung dem Grunde nach ist unstreitig, ebenso die sonstige Abrechnung des Schadens. Hinsichtlich des Restwertes ist allein der tatsächlich realisierte Restwert von 2.550 Euro abzuziehen, nicht der von der Beklagten in Ansatz gebrachte Restwert von 4.090 Euro. Denn der Kläger hat eine ihm obliegende Schadensminderungspflicht vorliegend nicht verletzt.
19Im Veräußerungsfall genügt der Geschädigte dem allgemeinen Gebot zur Wirtschaftlichkeit und bewegt sich in den für die Schadensbehebung gem. § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB gezogenen Grenzen, wenn er die Veräußerung seines beschädigten Kraftfahrzeuges zu demjenigen Preis vornimmt, den ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger als Wert zu dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat. (vgl. BGH, Zeichen: VI ZR 120/06 NRW 2007, Seite 1674).
20Zwar können besondere Umstände dem Geschädigten Veranlassung geben, ohne Weiteres zugängliche günstigere Verwertungsmöglichkeiten wahr zu nehmen und durch die günstigere Verwertung seines Fahrzeuges den ihm entstandenen Schaden geringer zu halten.
21Doch müssen derartige Ausnahmen in Grenzen gehalten werden, weil anderenfalls die dem Geschädigten nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB zustehende Ersetzungsbefugnis unterlaufen würde, wonach Sache des Geschädigten ist, in welcher Weise er mit dem beschädigten Fahrzeug verfährt. Insbesondere dürften dem Geschädigten bei der Schadensbehebung die von der Versicherung gewünschten Verwertungsmodalitäten nicht aufgezwungen werden (vgl. BGH a.a.O.). Allerdings kann der Geschädigte unter besonderen Umständen gehalten sein, von einer Verwertung Abstand zu nehmen und andere sich ihm darbietende Möglichkeiten zur Verwertung im Interesse der Geringhaltung des Schadens und im Rahmen des Zumutbaren zu ergreifen (vgl. BGH VI ZR 219/98, NJW 2800). Deshalb gilt der Grundsatz, dass der von einem Sachverständigen ermittelte Restwert eine geeignete Grundlage für die Schadensberechnung ist nur „in aller Regel“ (vgl. BGH a.a.O.). Ausnahmen sind somit nicht ausgeschlossen, müssen sich indes in engen Grenzen halten. Solche sieht der BGH dann als gegeben an, wenn ein bindendes Angebot bereits vorlag.
22Dies ist vorliegend nicht der Fall. Zum Zeitpunkt des Verkaufs des verunfallten Fahrzeuges am 20.11.2014 lag dem Kläger indes ein konkretes, bindendes und höheres Angebot noch nicht vor.
23Der Kläger hätte hier nach Auffassung des Gerichts auch nicht im Hinblick auf das Schreiben der Beklagten vom 17.11.2014 noch zuwarten müssen, da in dem Schreiben unklar war, wann oder bis wann die Beklagte beabsichtigte, ein verbindliches höheres Restwertangebot vorzulegen. Es kann indes nicht vom Geschädigten verlangt werden, vor einer Veräußerung Rücksprache zu nehmen und somit quasi um Erlaubnis für die Veräußerung zu bitten. Die Frage, wann der Geschädigte sein Fahrzeug veräußert, ist ihm allein überlassen. Wenn der Geschädigte beabsichtigt, zeitnah ein Ersatzfahrzeug zu erwerben und den erzielbaren Restwert hier zur Finanzierung mit einzusetzen, so ist dies ihm grundsätzlich zuzubilligen. Der Kläger hatte keinerlei Anlass daran zu zweifeln, dass die vom Sachverständigen ermittelten regionalen Angebote diejenigen sind, die im Umkreis für ihn realistisch erzielbar sind. Er musste nicht damit rechnen, dass ein ca. 1.500 Euro besseres Angebot noch erzielbar sein würde. Dem Kläger stand eine sofortige Verwertungsmöglichkeit offen, ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht kann nicht darin gesehen werden, dass er nicht seinerseits vor dem Verkauf nochmals Rücksprache bei der Beklagten genommen hat. Dem Schädiger bzw. der Versicherung steht es offen, ein günstigeres Angebot zeitnah und so schnell wie möglich zu ermitteln.
24Liegt dies vor Veräußerung noch vor, so ist dies auch zu berücksichtigen. Ist dies jedoch nicht der Fall, weil der Geschädigte seiner Dispositionsbefugnis nachkommt und zeitnah ein realisierbares Angebot in Anspruch nimmt, dann ist ihm dies nicht vorzuwerfen.
25Der Zinsanspruch ergibt sich aus dem Gesichtspunkt des Verzuges.
26Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
27Der Streitwert wird auf 1.540 Euro festgesetzt.
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(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.
(2) Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird.
(3) Benutzt jemand das Kraftfahrzeug ohne Wissen und Willen des Fahrzeughalters, so ist er anstelle des Halters zum Ersatz des Schadens verpflichtet; daneben bleibt der Halter zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn die Benutzung des Kraftfahrzeugs durch sein Verschulden ermöglicht worden ist. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Benutzer vom Fahrzeughalter für den Betrieb des Kraftfahrzeugs angestellt ist oder wenn ihm das Kraftfahrzeug vom Halter überlassen worden ist.
(1) Wird ein Schaden durch mehrere Kraftfahrzeuge verursacht und sind die beteiligten Fahrzeughalter einem Dritten kraft Gesetzes zum Ersatz des Schadens verpflichtet, so hängt im Verhältnis der Fahrzeughalter zueinander die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
(2) Wenn der Schaden einem der beteiligten Fahrzeughalter entstanden ist, gilt Absatz 1 auch für die Haftung der Fahrzeughalter untereinander.
(3) Die Verpflichtung zum Ersatz nach den Absätzen 1 und 2 ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch ein unabwendbares Ereignis verursacht wird, das weder auf einem Fehler in der Beschaffenheit des Kraftfahrzeugs noch auf einem Versagen seiner Vorrichtungen beruht. Als unabwendbar gilt ein Ereignis nur dann, wenn sowohl der Halter als auch der Führer des Kraftfahrzeugs jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beobachtet hat. Der Ausschluss gilt auch für die Ersatzpflicht gegenüber dem Eigentümer eines Kraftfahrzeugs, der nicht Halter ist.
(4) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 sind entsprechend anzuwenden, wenn der Schaden durch ein Kraftfahrzeug und ein Tier oder durch ein Kraftfahrzeug und eine Eisenbahn verursacht wird.
(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.
(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.