Amtsgericht Werl Beschluss, 29. Jan. 2015 - 2 XVII 16/13 B
Tenor
wird dem Betreuer, Herrn A. D., für die in den Vergütungszeiträumen
a) vom 30.07.2013 bis zum 29.10.2013,
b) vom 30.10.2013 bis zum 29.01.2014,
c) vom 30.01.2014 bis zum 29.04.2014,
d) vom 30.04.2014 bis zum 29.07.2014,
e) vom 30.07.2014 bis zum 29.10.2014
erbrachte Betreuertätigkeit ein Anspruch auf Vergütung in Höhe von pauschal 1.162,45 Euro festgesetzt.
Dieser Anspruch richtet sich in voller Höhe gegen die Staatskasse, §§ 1908 i, 1836 Abs. 1 BGB sowie § 4 Abs. 1 in Verbindung mit § 1 Abs. 2 VBVG.
Die weitergehenden Anträge des Betreuers, ihm eine Vergütung nach einem Stundensatz von 44,00 Euro festzusetzen, werden als unbegründet zurückgewiesen.
Auf diesen Anspruch sind die bereits im Verwaltungsverfahren aus der Staatskasse gewährten Leistungen von
396,00 Euro vom 16.12.2013
338,80 Euro vom 05.02.2014
201,00 Euro vom 23.06.2014
201,00 Euro vom 06.08.2014
201,00 Euro vom 05.11.2014
__________
1.337,80 Euro (Summe)
anzurechnen. was eine Erstattungspflicht auf Seiten des Betreuers gegenüber der Staatskasse (Justizfiskus Land NRW) in Höhe von 175,35 Euro zur Folge hat.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung dieser Streitfrage wird die Beschwerde zugelassen.
1
Gründe:
2In der am 20.12.2012 für den Betroffenen angeordneten Betreuung ist der Berufsbetreuer Herr A. D., mit Beschluss vom 29.07.2013 als Betreuer bestellt worden. Mit Anträgen vom 04.11.2013, 29.01.2014, 12.05.2014, 29.07.2014 und vom 29.10.2014 hat er seine Ansprüche auf Vergütung für den vorgenannten Gesamtzeitraum im Einzelnen in einem Umfange von 44,00 Euro pro Stunde geltend gemacht.
3Der Vergütungsanspruch ergibt sich nach Grund und Höhe aus den §§ 1908 i Abs. 1, 1836 Abs. 1 BGB in Verbindung mit den §§ 4 und 5 des Vormünder- und Betreuervergütungsgesetzes (VBVG).
4Gemäß § 4 Abs. 1 VBVG steht dem Betreuer jedoch lediglich ein Stundensatz von 33,50 Euro und nicht von 44,00 Euro zu, weil seine auf der Basis eines berufsausgebildeten Verwaltungsangestellten an dem Studieninstitut für kommunale Verwaltung Hellweg-Sauerland in T. berufsbegleitend in einem Umfang von 1.050 Unterrichtsstunden nebst Vor- und Nachbereitung vorgenommene und erfolgreich abgeschlossene Fortbildungsmaßnahme (Angestellten-Lehrgang II) nach Inhalt, Umfang, nach wissenschaftlicher Qualität sowie nach der Zugangsvoraussetzung nicht mit einer Ausbildung an einer Hochschule oder Fachhochschule vergleichbar ist, wohl aber die Voraussetzungen der Ziffer 1 von § 4 Abs. 1, Satz 2 VBVG erfüllt sind.
5Gleiches gilt für das über den Zeitraum von 3 Jahren berufsbegleitend absolvierte Fortbildungsstudium an der Verwaltungsakademie für Westfalen in B. mit etwa gleichem Zeitaufwand, nach dessen Abschluss er ein Verwaltungsdiplom in betriebswirtschaftlicher Fachrichtung erlangt hat.
6Es kann auch keiner wertende Gesamtschau auf die Inhalte mehrerer unterschiedlicher Aus- oder Fortbildungsveranstaltungen (wie vorliegend) erfolgen. Vielmehr ist für jede einzelne Qualifizierungsmaßnahme isoliert der Vergleich zu einem Hochschul- oder Fachhochschulstudium vorzunehmen.
7Für die Beurteilung der Frage nach der Vergleichbarkeit mit einer Ausbildung an einer Hochschule oder Fachhochschule kommt es nicht auf die tatsächlich vorhandene oder durch Fortbildung erworbene fachliche Qualifikation des Betreuers an, denn der Gesetzgeber hat in § 4 Abs. 1 VBVG in einer dreistufigen Skala einfach feststellbare typisierende Vorgaben festgelegt, um auf diese Weise auch eine möglichst weitgehende Gleichbehandlung der unterschiedlichen Qualifizierungsmaßnahmen zu erreichen.
8Auch war die Frage zu verneinen, ob der Betreuer durch die o.a. Fortbildungsmaßnahmen eine Zusatzqualifikation erlangt haben könnte, die ihm einen Zugang zu beruflichen Tätigkeitsfeldern eröffnet, die sonst nur Hoch- oder Fachhochschulabsolventen vorbehalten sind. Dies selbst dann, wenn die Qualität des in der Fortbildung vermittelten Stoffes ihm als Angestellte im öffentlichen Dienst Zugang zu solchen Arbeitsbereichen eröffnete, die mit denen von Beamten des gehobenen Dienstes vergleichbar sind oder sogar in manch anderen Behörden von Beamten des gehobenen Dienstes wahrgenommen werden. Entscheidend ist nämlich nicht, wie anspruchsvoll die an dem Arbeitsplatz eines Angestellten in der öffentlichen Verwaltung zu bewältigende Arbeit ist oder ob das dafür gewährte Arbeitseinkommen mit der Besoldung eines Beamten im gehobenen Dienst vergleichbar ist, sondern die Vergleichbarkeit einer Zugangsmöglichkeit zu einer beruflichen Tätigkeit ist ausschließlich unter den gegebenen Gesichtspunkten des geltenden Laufbahnrechts für Beamte zu beurteilen. Nur wenn Absolventen der Fortbildungsveranstaltung "Angestellten-Lehrgang II" dadurch Zugang zum Beamtenverhältnis des gehobenen Dienstes erlangen würde, müsste die aufgeworfene Frage bejaht werden. Gleiches gilt für Absolventen des Fortbildungsstudiums an der Verwaltungsakademie für Westfalen in B. mit dem Abschluss eines Verwaltungsdiploms in betriebswirtschaftlicher Fachrichtung.
9Von dem Betreuer wird auch selbst nicht behauptet, dass ihm seine Fortbildungsqualifikationen Zugang in das Beamtenverhältnis des gehobenen Dienstes verschaffen würden. Das kann aber auch ernstlich nicht unterstellt werden. Die dem Betreuer mit Verfügung vom 12.11.2014 unter Fristsetzung gewährte Möglichkeit, mittels Vorlage einer Bescheinigung des Fortbildungsanbieter oder mittels Vorlage einer Bestätigung des Ministeriums für Inneres und Kommunales des Landes NRW Gegenteil zu belegen, hat er jedenfalls nicht genutzt.
10Eine andere rechtliche Beurteilung ist nach der eindeutigen und gefestigten Rechtsprechung des BGH nicht möglich. Insoweit wird verwiesen auf BGH XII ZB 409/10 vom 18.01.2012, BGH XII ZB 447/2011 vom 04.04.2012, BGH XII 545/11 vom 09.05.2012, BGH XII ZB 23/13 vom 30.10.2013 und BGH XII ZB 355/12 vom 11.12.2013.
11Gemäß § 4 VBVG ist der Stundensatz mit 33,50 Euro zu bemessen.
12Für die Zahl der anzusetzenden Stunden ist zu berücksichtigten, dass der Betroffene mittellos ist und in einem Heim lebt.
13Bis zum 20.12.2013 sind demzufolge pauschal 3 Stunden pro Monat und danach 2 Stunden pro Monat zu vergüten.
14Damit errechnet sich die beantrage Vergütung wie folgt:
15a) Zeitraum: 30.07.2013 - 29.10.2013
169 Stunden zu je 33,50 Euro = 301,50 Euro
17b) Zeitraum: 30.10.2013 - 29.01.2014
187,7 Stunden zu je 33,50 Euro = 257,95 Euro
19c) Zeitraum: 30.01.2014 - 29.04.2014
206 Stunden zu je 33,50 Euro = 201,00 Euro
21d) Zeitraum: 30.04.2014 - 29.07.2014
226 Stunden zu je 33,50 Euro = 201,00 Euro
23e) Zeitraum: 30.07.2014 - 29.10.2014
246 Stunden zu je 33,50 Euro = 201,00 Euro
25Summe: 1.162,45 Euro.
26Diesen festgesetzten Vergütungsanspruch von insgesamt 1.162,45 Euro kann der Betroffene aus seinem Vermögen und/oder Einkommen nicht aufbringen, weswegen sich dieser Anspruch gegen die Staatskasse richtet. Soweit für den Vergütungszeitraum bereits Leistungen aus der Staatskasse an den Betreuer erbracht worden sind, ist mit diesen aufzurechnen. Ungerechtfertigte Mehrleistungen sind von dem Betreuer an die Staatskasse zu erstatten.
27Rechtsmittelbelehrung
28Gegen die Entscheidung über die Festsetzung einer Vergütung ist als Rechtsmittel die Beschwerde gegeben, wenn der Beschwerdewert 600 Euro übersteigt oder wenn die Beschwerde zugelassen ist.
29Die Beschwerde ist innerhalb einer Frist von einem Monat beim Amtsgericht Werl durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle einzulegen.
30Wenn der Beschwerdewert nicht erreicht und die Beschwerde zugelassen ist, so kann der Vergütungsbeschluss mit der befristeten Erinnerung nach § 11 Abs. 2 Rechtspflegergesetz angefochten werden.
31Dieser Rechtsbehelf ist binnen einer Frist von einem Monat seit Zugang des Festsetzungsbeschluss beim Amtsgericht Werl einzulegen. Die Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe der Entscheidung an den jeweiligen Beschwerdeführer. Wenn an ihn eine schriftliche Bekanntgabe nicht erfolgen konnte, beginnt die Frist spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses.
32Die Beschwerdeschrift muss die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird und sie muss den angefochtenen Beschluss bezeichnen. Auch ist sie vom Beschwerdeführer oder seinem Bevollmächtigten zu unterzeichnen.
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Referenzen - Gesetze
Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz - VBVG | § 4 Vergütung des Betreuers
Gesetz über die Vergütung von Vormündern und Betreuern
Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz - VBVG | § 5 Fallpauschalen
Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz - VBVG | § 1 Feststellung der Berufsmäßigkeit und Vergütungsbewilligung
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Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Jan. 2012 - XII ZB 409/10
(1) Das Familiengericht hat die Feststellung der Berufsmäßigkeit gemäß § 1836 Abs. 1 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu treffen, wenn dem Vormund in einem solchen Umfang Vormundschaften übertragen sind, dass er sie nur im Rahmen seiner Berufsausübung führen kann, oder wenn zu erwarten ist, dass dem Vormund in absehbarer Zeit Vormundschaften in diesem Umfang übertragen sein werden. Berufsmäßigkeit liegt im Regelfall vor, wenn
- 1.
der Vormund mehr als zehn Vormundschaften führt oder - 2.
die für die Führung der Vormundschaft erforderliche Zeit voraussichtlich 20 Wochenstunden nicht unterschreitet.
(2) Trifft das Familiengericht die Feststellung nach Absatz 1 Satz 1, so hat es dem Vormund oder dem Gegenvormund eine Vergütung zu bewilligen. Ist der Mündel mittellos im Sinne des § 1836d des Bürgerlichen Gesetzbuchs, so kann der Vormund die nach Satz 1 zu bewilligende Vergütung aus der Staatskasse verlangen.
(1) Die dem Betreuer nach § 1 Absatz 2 zu bewilligende Vergütung bestimmt sich nach monatlichen Fallpauschalen, die in den Vergütungstabellen A bis C der Anlage festgelegt sind.
(2) Die Vergütung des Betreuers richtet sich nach Vergütungstabelle A, sofern der Betreuer über keine besonderen Kenntnisse verfügt, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind.
(3) Verfügt der Betreuer über besondere Kenntnisse, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind, so richtet sich die Vergütung
- 1.
nach Vergütungstabelle B, wenn diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Lehre oder eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind; - 2.
nach Vergütungstabelle C, wenn diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder durch eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind.
(4) § 3 Absatz 2 gilt entsprechend. § 1 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 findet keine Anwendung.
(1) Die Höhe der Fallpauschalen nach § 4 Absatz 1 richtet sich nach
- 1.
der Dauer der Betreuung, - 2.
dem gewöhnlichen Aufenthaltsort des Betreuten und - 3.
dem Vermögensstatus des Betreuten.
(2) Hinsichtlich der Dauer der Betreuung wird bei der Berechnung der Fallpauschalen zwischen den Zeiträumen in den ersten drei Monaten der Betreuung, im vierten bis sechsten Monat, im siebten bis zwölften Monat, im 13. bis 24. Monat und ab dem 25. Monat unterschieden. Für die Berechnung der Monate gelten § 187 Absatz 1 und § 188 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend. Ändern sich Umstände, die sich auf die Vergütung auswirken, vor Ablauf eines vollen Monats, so ist die Fallpauschale zeitanteilig nach Tagen zu berechnen; § 187 Absatz 1, § 188 Absatz 1 und § 191 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gelten entsprechend.
(3) Hinsichtlich des gewöhnlichen Aufenthaltsortes des Betreuten ist zwischen stationären Einrichtungen und diesen nach Satz 3 gleichgestellten ambulant betreuten Wohnformen einerseits und anderen Wohnformen andererseits zu unterscheiden. Im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
stationäre Einrichtungen: Einrichtungen, die dem Zweck dienen, Volljährige aufzunehmen, ihnen Wohnraum zu überlassen sowie tatsächliche Betreuung oder Pflege zur Verfügung zu stellen oder vorzuhalten, und die in ihrem Bestand von Wechsel und Zahl der Bewohner unabhängig sind und entgeltlich betrieben werden; - 2.
ambulant betreute Wohnformen: entgeltliche Angebote, die dem Zweck dienen, Volljährigen das Leben in einem gemeinsamen Haushalt oder einer Wohnung bei gleichzeitiger Inanspruchnahme extern angebotener entgeltlicher Leistungen tatsächlicher Betreuung oder Pflege zu ermöglichen.
(4) Hinsichtlich der Bestimmung des Vermögensstatus des Betreuten ist entscheidend, ob am Ende des Abrechnungsmonats Mittellosigkeit nach § 1836d des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegt.
(5) Die Fallpauschalen gelten auch Ansprüche auf Ersatz anlässlich der Betreuung entstandener Aufwendungen ab. Die gesonderte Geltendmachung von Aufwendungen im Sinne des § 1835 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bleibt unberührt.
(1) Die dem Betreuer nach § 1 Absatz 2 zu bewilligende Vergütung bestimmt sich nach monatlichen Fallpauschalen, die in den Vergütungstabellen A bis C der Anlage festgelegt sind.
(2) Die Vergütung des Betreuers richtet sich nach Vergütungstabelle A, sofern der Betreuer über keine besonderen Kenntnisse verfügt, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind.
(3) Verfügt der Betreuer über besondere Kenntnisse, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind, so richtet sich die Vergütung
- 1.
nach Vergütungstabelle B, wenn diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Lehre oder eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind; - 2.
nach Vergütungstabelle C, wenn diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder durch eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind.
(4) § 3 Absatz 2 gilt entsprechend. § 1 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 findet keine Anwendung.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Die Beteiligte zu 1 wurde vom Betreuungsgericht zur Berufsbetreuerin des mittlerweile verstorbenen, zuletzt mittellosen Betroffenen für die Besorgung sämtlicher Angelegenheiten bestellt. Sie absolvierte sowohl eine Ausbildung als staatlich anerkannte Krankenschwester als auch als staatlich anerkannte Krankenpflegehelferin. Daran anschließend bildete sie sich im Rahmen einer dreijährigen berufsbegleitenden Zusatzausbildung an der Kolping-Akademie für Betriebswirtschaft - Fachrichtung Sozialwesen - fort und legte erfolgreich die Abschlussprüfung ab, was sie zur Führung der Berufsbezeichnung "staatlich anerkannte Sozialwirtin" berechtigt. Ferner nahm sie an diversen Fortbildungsmaßnahmen teil.
- 2
- Für den Abrechnungszeitraum vom 25. Oktober 2009 bis zum 24. Januar 2010 hat die Beteiligte zu 1 die Festsetzung einer pauschalen Betreuervergü- tung auf der Grundlage des Höchststundensatzes von 44 € beantragt. Das Betreuungsgericht hat dem Antrag nur unter Zugrundelegung eines Stundensatzes von 33,50 € stattgegeben. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 1 ist erfolglos geblieben.
- 3
- Mit der vom Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt sie ihren Vergütungsantrag in voller Höhe weiter.
II.
- 4
- 1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, weil sie vom Beschwerdegericht zugelassen wurde (§ 70 Abs. 1 FamFG). Sie ist auch im Übrigen zulässig.
- 5
- 2. Die Rechtsbeschwerde hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
- 6
- a) Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die von der Beteiligten zu 1 absolvierte Ausbildung zur staatlich anerkannten Sozialwirtin sei mit einer Hochschulausbildung nicht vergleichbar. Die Zulassungsvoraussetzungen für diese Ausbildung entsprächen nicht denjenigen für ein Fachhochschulstudium. Auch sei der Zeitaufwand für die berufsbegleitende Ausbildung zur Sozialwirtin deutlich geringer als für ein Vollzeitstudium an einer Hochschule oder einer Fachhochschule. Schließlich handele es sich bei der besuchten Fachschule auch nicht um eine Einrichtung, die einer überwiegend wissenschaftlichen Lehrstoffvermittlung diene. Diese formale, an der Vergleichbarkeit der Ausbildung mit einer abgeschlossenen Hochschulausbildung ausgerichtete Betrachtungsweise entspreche dem Willen des Gesetzgebers. Daran ändere auch die hohe Kompetenz der Beteiligten zu 1 bei der Ausübung ihrer Tätigkeit nichts.
- 7
- b) Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung stand.
- 8
- aa) Ob ein Berufsbetreuer im Einzelfall die Voraussetzungen für eine erhöhte Vergütung gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG erfüllt, unterliegt einer wertenden Betrachtungsweise des Tatrichters. Dessen Würdigung kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob der Tatrichter die maßgebenden Tatsachen vollständig und fehlerfrei festgestellt und gewürdigt, Rechtsbegriffe verkannt oder Erfahrungssätze verletzt und die allgemein anerkannten Maßstäbe berücksichtigt und richtig angewandt hat (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Oktober 2011 - XII ZB 312/11 - MDR 2011, 1505 Rn. 10).
- 9
- bb) Einer solchen Überprüfung hält die tatrichterliche Würdigung des Beschwerdegerichts stand, nach der die Beteiligte zu 1 nicht über besondere für die Betreuung nutzbare Kenntnisse verfügt, die sie durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben hat.
- 10
- (1) Besondere Kenntnisse im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 VBVG sind Kenntnisse, die - bezogen auf ein bestimmtes Sachgebiet - über ein Grundwissen deutlich hinausgehen. Für die Führung einer Betreuung nutzbar sind Fachkenntnisse , die ihrer Art nach betreuungsrelevant sind und den Betreuer befähigen , seine Aufgaben zum Wohl des Betreuten besser und effektiver zu erfüllen und somit eine erhöhte Leistung zu erbringen (vgl. BayObLG BtPrax 2003, 135 zu § 1 Abs. 1 Satz 2 BVormVG mwN; OLG Saarbrücken BtPrax 2003, 227, 228 mwN; MünchKommBGB/Fröschle 5. Aufl. § 4 VBVG Rn. 10; Jürgens Betreuungsrecht 4. Aufl. § 4 VBVG Rn. 3; Jaschinski in jurisPK-BGB 5. Aufl. § 3 VBVG Rn. 16). Es genügt die potentielle Nützlichkeit dieser Fachkenntnisse (Senatsbeschluss vom 23. Juli 2003 - XII ZB 87/03 - FamRZ 2003, 1653).
- 11
- (2) Einer Hochschulausbildung vergleichbar ist eine Ausbildung, die in ihrer Wertigkeit einer Hochschulausbildung entspricht und einen formalen Abschluss aufweist. Gleichwertig ist eine Ausbildung, wenn sie staatlich reglementiert oder zumindest staatlich anerkannt ist und der durch sie vermittelte Wissensstand nach Art und Umfang dem eines Hochschulstudiums entspricht (OLG Frankfurt OLGR 2009, 317 Rn. 11; OLG Karlsruhe OLGR 2007, 167 Rn. 5; BayObLG BayObLGR 2000, 35). Als Kriterien können somit insbesondere der mit der Ausbildung verbundene Zeitaufwand, der Umfang und Inhalt des Lehrstoffes und die Zulassungsvoraussetzungen herangezogen werden (BayObLG FamRZ 2001, 187). Demgegenüber kommt es auf die Bezeichnung der Einrichtung nicht an (vgl. OLG Hamm FamRZ 2001, 1398; HK-BUR Lütgens Stand 2005 vor §§ 3, 4 VBVG Rn. 15).
- 12
- Bei dieser Prüfung der Vergleichbarkeit hat der Tatrichter strenge Maßstäbe anzulegen (vgl. Senatsbeschluss vom 23. Juli 2003 - XII ZB 87/03 - FamRZ 2003, 1653).
- 13
- (3) Fortbildungen, Lebens- und Berufserfahrung sind grundsätzlich nicht als Quelle für den Erwerb von vergütungserhöhenden nutzbaren Fachkenntnissen anzuerkennen (vgl. HK-BUR Lütgens Stand 2005 vor §§ 3, 4 VBVG Rn. 66 mwN; Jurgeleit/Maier Betreuungsrecht 2. Aufl. § 4 VBVG Rn. 15). Denn § 4 VBVG knüpft ausschließlich an den typisierten Ausbildungsgang an. Mit dem nach der Art der Ausbildung gestaffelten Stundensatz wollte der Gesetzgeber den Gerichten eine leicht zu handhabende Regelung zur Verfügung stellen und auf diese Weise eine einheitliche Vergütungspraxis sichern (für §§ 1836 Abs. 2 Satz 2, 1836 a BGB aF iVm § 1 BVormVG vgl. BT-Drucks. 13/7158 S. 14, 28). Wortlaut und Zweck der Vorschrift stehen deshalb auch einer Gesamtbetrachtung dahin, dass mehrere Ausbildungen und Fortbildungsmaßnahmen insgesamt einer Hochschulausbildung vergleichbar sind, entgegen.
- 14
- cc) Die Ausbildungen der Beteiligten zu 1 genügen den Anforderungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG nicht.
- 15
- (1) Die Ausbildungen zur Krankenschwester und Krankenpflegehelferin sind einer Hochschulausbildung nicht vergleichbar.
- 16
- (2) Der Besuch der Fachschule für Betriebswirtschaft - Fachrichtung Sozialwesen - ist keine Ausbildung an einer Hochschule. Die abgeschlossene Ausbildung der Beteiligten zu 1 zur staatlich anerkannten Sozialwirtin ist auch nicht mit einem Abschluss an einer Hochschule vergleichbar iSv § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG.
- 17
- Der vermittelte Wissensstand entspricht bereits nach Art und Umfang keinem Hochschulstudium. Der mit der Ausbildung verbundene Zeitaufwand reicht nicht an den eines Hochschulstudiums heran. Mit dem von der Rechtsbeschwerde als Vergleich angeführten Bachelor-Grad, der ebenso wie der Abschluss der Beteiligten zu 1 bereits in drei Jahren erreicht werden kann, lässt sich der vorliegende Abschluss nicht vergleichen. Zu berücksichtigen ist nicht nur die Semesterzahl, sondern auch der nach Unterrichtsstunden zu bemessende Gesamtzeitaufwand. Die von der Beteiligten zu 1 absolvierte berufsbegleitende Zusatzausbildung zur Sozialwirtin erreicht mit lediglich 900 Unterrichtseinheiten nicht den für einen Hochschul- oder Fachhochschulabschluss erforderlichen Zeitaufwand. Darüber hinaus setzt die Zulassung zu dieser Ausbildung auch keinen Hochschulabschluss voraus.
- 18
- (3) Zu Recht hat das Beschwerdegericht auch keine Gesamtbetrachtung der betreuungsrelevanten Ausbildungen und Fortbildungsmaßnahmen der Beteiligten zu 1 vorgenommen. Eine solche sieht § 4 VBVG nicht vor.
Vorinstanzen:
Notariat Ravensburg, Entscheidung vom 03.03.2010 - 1 VG Nr. 164/08 -
LG Ravensburg, Entscheidung vom 04.08.2010 - 2 T 28/10 -
(1) Die dem Betreuer nach § 1 Absatz 2 zu bewilligende Vergütung bestimmt sich nach monatlichen Fallpauschalen, die in den Vergütungstabellen A bis C der Anlage festgelegt sind.
(2) Die Vergütung des Betreuers richtet sich nach Vergütungstabelle A, sofern der Betreuer über keine besonderen Kenntnisse verfügt, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind.
(3) Verfügt der Betreuer über besondere Kenntnisse, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind, so richtet sich die Vergütung
- 1.
nach Vergütungstabelle B, wenn diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Lehre oder eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind; - 2.
nach Vergütungstabelle C, wenn diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder durch eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind.
(4) § 3 Absatz 2 gilt entsprechend. § 1 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 findet keine Anwendung.