Amtsgericht Traunstein Beschluss, 18. Sept. 2015 - 319 C 1083/15
Gericht
Tenor
I.
Der Antrag vom 18.09.2015 auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.
II.
Die Kosten des Verfahrens haben die Antragsteller als Gesamtschuldner zu tragen.
III.
Der Streitwert wird auf 10.000,00 € festgesetzt.
Gründe
1. Der Antrag ist zulässig, insbesondere kann jeder Wohnungseigentümer Ansprüche aus §§ 14, 15 WEG gegen die übrigen Wohnungseigentümer selbst geltend machen, insbesondere den hier geltend gemachten Abwehranspruch nach §§ 1004, 1011 BGB, eines Eigentümerbeschlusses bedarf es hierzu nicht. Auch ist das angerufene Gericht örtlich zuständig.
2. Verfügungsanspruch:
Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach §§ 1004, 1011 BGB besteht jedoch vorliegend nicht:
a) Zutreffend ist, dass alle Wohnungen in der Teilungserklärung als solche bestimmt sind, so dass dort nur eine Wohnnutzung bzw. eine solche Nutzung zulässig ist, die bei typisierender Betrachtungsweise generell nicht mehr stört und beeinträchtigt, als eine der Zweckbestimmung entsprechende Nutzung als Wohnung.
Dies schließt es nicht schlechthin aus, eine Wohnung in dieser Anlage zum dauernden Bewohnen durch Asylbewerber zu überlassen. Abzustellen ist darauf, ob im Einzelfall Beeinträchtigungen vorliegen oder aufgrund bestimmter Tatsachen für die Zukunft zu befürchten sind, die mehr stören als bei einer normalen Vermietung (so schon BayObLG, Beschluss vom 28.11.1991, NVwZ 1992, 604 - beck-online).
Es werden im vorliegenden Fall von den Antragstellern weder Tatsachen glaubhaft gemacht, wonach entsprechende Beeinträchtigungen bereits vorliegen würden, noch dafür, wonach diese in Zukunft zu befürchten seien. So wird lediglich gemutmaßt, die starke Belegung (dazu unten), werde dazu führen, dass die Gemeinschaftsflächen gegenüber einer normalen Wohnnutzung z. B. durch Raucher stärker genutzt würden, womöglich auch Personen ihre Notdurft im Freien, auf Gemeinschaftsflächen, verrichten könnten, wenn die Toilette besetzt sei.
Derartige bloße Mutmaßungen begründen jedoch keine entsprechenden Tatsachen.
b) Nach §§ 13 Abs. 1, 14 Nr. 1 WEG ist abzuwägen zwischen dem Recht des Wohnungseigentümers, mit seiner Wohnung nach Belieben zu verfahren und der Pflicht zur Rücksichtnahme auf die anderen Wohnungseigentümer. Zulässig ist nur ein Wohngebrauch, wie er unter Berücksichtigung der Beschaffenheit und Größe der Wohnungen noch im Rahmen des Üblichen liegt. Gewisse Anhaltspunkte für die Belegungsdichte einer Wohnung kann die Richtzahl von höchstens 2 Einzelpersonen pro Einzelzimmer geben. Das Gleiche gilt für die öffentlich-rechtlichen Bestimmungen zur Frage, wann eine Überbelegung und damit eine übermäßige Benutzung einer Wohnung anzunehmen ist (vgl. zum Ganzen Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 09.02.1994, NJW 1994, 1662 - beck-online mit Rechtssprechungsnachweisen).
Zur Belegung mit Aussiedlern hat das Bayerische Oberste Landesgericht mit Beschluss vom 09.02.1994 (NJW 1994, 1662 - beck-online) ausgeführt, die Belegung einer Eigentumswohnung mit Aussiedlern halte sich im zulässigen Rahmen, wenn in etwa ein Richtwert von 2 Personen je Zimmer eingehalten werde und für jede mindestens 6 Jahre alte Person eine Wohnfläche von mindestens 10 m² vorhanden sei.
Im streitgegenständlichen Verfahren wird eine ca. 80 m² große Wohnung, bestehend aus zwei getrennten Schlafräumen im OG mit 12 m² bzw. 18 m², einem Bad, offenem Wohnbereich mit Küche nebst Gäste-WC im Erdgeschoss von aktuell 11 Asylbewerbern bewohnt, wie glaubhaft gemacht. Eine derartige Belegung übersteigt die in der zuvor zitierten Rechtssprechung aufgelegten Belegungsgrundsätze.
Nach Auffassung des Gerichts können diese jedoch derzeit nicht mehr herangezogen werden, da die aktuelle Wohnraumsituation dies nicht mehr zulässt. Demzufolge gilt auch derzeit die Verwaltungsrichtlinie der Regierung von Oberbayern, wonach bei Anmietung von Wohnraum für jeden Asylbewerber mindestens 7 m² zur Verfügung stehen müssen, nicht.
Ohnehin wird vorliegend dieser Wert noch eingehalten, da jedem Asylbewerber 7,27 m² zur Verfügung stehen.
c) Auch wird nicht glaubhaft gemacht, dass die derzeitige Belegung mit 11 Asylbewerbern nicht nur ein temporärer Zustand ist.
3. Verfügungsgrund:
Ein Verfügungsgrund ist nicht glaubhaft gemacht; die für eine Entscheidung vorausgesetzte Dringlichkeit ist nicht erkennbar.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 91 ZPO.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 3 ZPO.
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Annotations
(1) Jeder Wohnungseigentümer ist gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verpflichtet,
- 1.
die gesetzlichen Regelungen, Vereinbarungen und Beschlüsse einzuhalten und - 2.
das Betreten seines Sondereigentums und andere Einwirkungen auf dieses und das gemeinschaftliche Eigentum zu dulden, die den Vereinbarungen oder Beschlüssen entsprechen oder, wenn keine entsprechenden Vereinbarungen oder Beschlüsse bestehen, aus denen ihm über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus kein Nachteil erwächst.
(2) Jeder Wohnungseigentümer ist gegenüber den übrigen Wohnungseigentümern verpflichtet,
- 1.
deren Sondereigentum nicht über das in Absatz 1 Nummer 2 bestimmte Maß hinaus zu beeinträchtigen und - 2.
Einwirkungen nach Maßgabe des Absatzes 1 Nummer 2 zu dulden.
(3) Hat der Wohnungseigentümer eine Einwirkung zu dulden, die über das zumutbare Maß hinausgeht, kann er einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen.
Wer Wohnungseigentum gebraucht, ohne Wohnungseigentümer zu sein, hat gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und anderen Wohnungseigentümern zu dulden:
- 1.
die Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums und des Sondereigentums, die ihm rechtzeitig angekündigt wurde; § 555a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt entsprechend; - 2.
Maßnahmen, die über die Erhaltung hinausgehen, die spätestens drei Monate vor ihrem Beginn in Textform angekündigt wurden; § 555c Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 und 2, Absatz 2 bis 4 und § 555d Absatz 2 bis 5 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gelten entsprechend.
(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.
(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.
Jeder Miteigentümer kann die Ansprüche aus dem Eigentum Dritten gegenüber in Ansehung der ganzen Sache geltend machen, den Anspruch auf Herausgabe jedoch nur in Gemäßheit des § 432.
(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.
(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.
Jeder Miteigentümer kann die Ansprüche aus dem Eigentum Dritten gegenüber in Ansehung der ganzen Sache geltend machen, den Anspruch auf Herausgabe jedoch nur in Gemäßheit des § 432.
(1) Jeder Wohnungseigentümer kann, soweit nicht das Gesetz entgegensteht, mit seinem Sondereigentum nach Belieben verfahren, insbesondere dieses bewohnen, vermieten, verpachten oder in sonstiger Weise nutzen, und andere von Einwirkungen ausschließen.
(2) Für Maßnahmen, die über die ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung (Erhaltung) des Sondereigentums hinausgehen, gilt § 20 mit der Maßgabe entsprechend, dass es keiner Gestattung bedarf, soweit keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.