Amtsgericht Speyer Beschluss, 20. Okt. 2015 - 8 AR 12/15

published on 20/10/2015 00:00
Amtsgericht Speyer Beschluss, 20. Okt. 2015 - 8 AR 12/15
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Gericht

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Tenor

Der Einspruch des Betroffenen vom 19.08.2014 gegen den Bescheid des Bundesamtes für Justiz vom 29.07.2014 wird als unbegründet kostenfällig verworfen.

Gründe

1

Der zulässige Einspruch ist unbegründet.

2

Der Vortrag des Betroffenen, er habe den niederländischen Ausgangsbescheid vom 23. Mai 2013 nicht erhalten, ist unerheblich.

3

Im Erkenntnisverfahren ist - was sich im Umkehrschluss zu Art. 9 Abs. 1 Satz 1 des Rahmenbeschlusses 2005/214/JI des Rates vom 24. Februar 2005 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung von Geldbußen und Geldstrafen ergibt - allein das niederländische Recht maßgeblich.

4

Danach liegt eine wirksame Zustellung vor.

5

Nach Mitteilungen des Centraal Justitieel Incassobureau (CJIB) an das Bundesamt für Justiz in ähnlich gelagerten Fällen erfolgen Zustellungen in den Niederlanden bei Verstößen gegen Verkehrsvorschriften auf Grundlage des Art. 4 Abs. 2 des Gesetzes über die verwaltungsrechtliche Wahrung der Verkehrsvorschriften (Wahv). Danach werde von einer Kenntniserlangung durch die betroffene Person von dem Verstoß und der verhängten Geldstrafe ausgegangen, wenn drei Briefe an die Adresse der betroffenen Person übersandt wurden und nicht als unzustellbar zurückgekommen sind. Eine Rechtspflicht, den einleitenden Bescheid per Einschreiben, gegebenenfalls mit Empfangsmitteilung, zu versenden, bestehe danach nicht. Bestreite die betroffene Person den Empfang der Briefe, so obliege es nach niederländischem Recht und der dortigen ständigen verwaltungsrechtlichen Rechtsprechung der betroffenen Person, die tatsächlichen Umstände nachzuweisen, die das Nichterhalten der Bescheide plausibel machen (bspw. falsche Adresse, Umzug). Erst dann sei es Aufgabe der Verwaltungsbehörde, dessen Empfang glaubhaft nachzuweisen.

6

Da Umstände, die begründete Zweifel an dem Erhalt der Schreiben aufkommen lassen, hier nicht vorgetragen wurden, ist in Anbetracht der Mitteilungen der von dem Bundesamt für Justiz konsultierten Behörde in. den Niederlanden von einer wirksamen Zustellung auszugehen. Danach waren sowohl die zugrunde liegende Entscheidung als auch zwei weitere Mahnschreiben durch Aufgabe zur Post an den Betroffenen versandt worden.

7

Eine solche Zustellung erfolgt auch in Übereinstimmung mit Artikel 5 des Übereinkommens vom 29. Mai 2000 über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU-Rhübk). Dessen Absatz 1 legt fest, dass Verfahrensurkunden, die für Personen bestimmt sind, die sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedsstaats aufhalten, grundsätzlich unmittelbar durch die Post zu übersenden sind. Weitere Erfordernisse werden nicht aufgestellt. Ein Ausnahmefall nach Art. 5 Abs. 2 EU-Rhübk liegt nicht vor.

8

Die Vollstreckung der Entscheidung des Centraal Justitieel Incassobureau in Leeuwarden / Niederlande (CJIB-Nr.: 5062 5421 7131 1178) vom 23. Mai 2013 ist ferner zulässig. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen der §§ 87a, 87b IRG liegen vor.

9

Bewilligungshindernisse im Sinne des § 87d IRG sind nicht ersichtlich. Die der Entscheidung zugrunde liegende Tat wurde weder ganz noch zum Teil im Inland oder auf einem Schiff oder in einem Luftfahrzeug begangen, das berechtigt ist, die Bundesflagge oder das Staatszugehörigkeitszeichen der Bundesrepublik Deutschland zu führen (vgl. § 87d Nr. 1 IRG). Bei der Tat handelt es sich auch nicht um eine solche, die außerhalb des Hoheitsgebietes des ersuchenden Mitgliedstaates begangen wurde und die, im Ausland begangen, nach deutschem Recht nicht als Straftat mit Strafe oder als Ordnungswidrigkeit mit Geldbuße bedroht wäre (vgl. § 87d Nr. 2 IRG).

10

Der Einspruch war nach alledem als unbegründet zurückzuweisen.

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Die Vollstreckung der Geldsanktion ist nur zulässig, wenn die folgenden Unterlagen vorliegen: 1. das Original der zu vollstreckenden Entscheidung oder eine beglaubigte Abschrift hiervon,2. die von der zuständigen Behörde des ersuchenden Staates ausge

Die Bewilligung eines zulässigen Ersuchens um Vollstreckung einer Geldsanktion kann nur abgelehnt werden, wenn die der Entscheidung zugrunde liegende Tat 1. ganz oder zum Teil im Inland oder auf einem Schiff oder in einem Luftfahrzeug begangen wurde,

(1) Die Vollstreckung der Geldsanktion ist nur zulässig, wenn auch nach deutschem Recht, ungeachtet etwaiger Verfahrenshindernisse und gegebenenfalls nach sinngemäßer Umstellung des Sachverhalts, für die Tat, wie sie der Entscheidung zugrunde liegt,

Annotations

Die Vollstreckung der Geldsanktion ist nur zulässig, wenn die folgenden Unterlagen vorliegen:

1.
das Original der zu vollstreckenden Entscheidung oder eine beglaubigte Abschrift hiervon,
2.
die von der zuständigen Behörde des ersuchenden Staates ausgefüllte und unterzeichnete Bescheinigung entsprechend dem Formblatt, das im Anhang des Rahmenbeschlusses Geldsanktionen abgedruckt ist, im Original.

(1) Die Vollstreckung der Geldsanktion ist nur zulässig, wenn auch nach deutschem Recht, ungeachtet etwaiger Verfahrenshindernisse und gegebenenfalls nach sinngemäßer Umstellung des Sachverhalts, für die Tat, wie sie der Entscheidung zugrunde liegt, eine Strafe oder Geldbuße hätte verhängt werden können. Die beiderseitige Sanktionierbarkeit ist nicht zu prüfen, wenn die der Entscheidung zugrunde liegende Tat nach dem Recht des ersuchenden Mitgliedstaates eine der in Artikel 5 Absatz 1 des Rahmenbeschlusses Geldsanktionen aufgeführten Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten verwirklicht.

(2) Die Vollstreckung der Geldsanktion ist nicht zulässig, soweit diese gezahlt oder beigetrieben worden ist.

(3) Die Vollstreckung der Geldsanktion ist nicht zulässig, wenn

1.
die in § 87a Nummer 2 genannte Bescheinigung unvollständig ist oder der Entscheidung offensichtlich nicht entspricht,
2.
die verhängte Geldsanktion den Betrag von 70 Euro oder dessen Gegenwert bei Umrechnung nach dem im Zeitpunkt der zu vollstreckenden Entscheidung maßgeblichen Kurswert nicht erreicht,
3.
die zugrunde liegende Entscheidung in einem schriftlichen Verfahren ergangen ist und der Betroffene oder ein nach dem Recht des ersuchenden Mitgliedstaates befugter Vertreter nicht über das Recht zur Anfechtung und über die Fristen entsprechend den Vorschriften dieses Rechts belehrt worden ist,
4.
die betroffene Person zu der der Entscheidung zugrunde liegenden Verhandlung nicht persönlich erschienen ist,
5.
gegen den Betroffenen wegen derselben Tat, die der Entscheidung zugrunde liegt, im Inland eine Entscheidung im Sinne des § 9 Nummer 1 ergangen ist und für die Tat auch die deutsche Gerichtsbarkeit begründet ist oder wenn wegen derselben Tat, die der Entscheidung zugrunde liegt, in einem anderen Staat als dem ersuchenden Mitgliedstaat und nicht im Inland eine Entscheidung gegen den Betroffenen ergangen und vollstreckt worden ist,
6.
für die der Entscheidung zugrunde liegende Tat auch die deutsche Gerichtsbarkeit begründet und die Vollstreckung nach deutschem Recht verjährt ist,
7.
der Betroffene aufgrund seines Alters zur Zeit der Tat, die der Entscheidung zugrunde liegt, nach deutschem Recht schuldunfähig war oder strafrechtlich nicht verantwortlich im Sinne von § 3 Satz 1 des Jugendgerichtsgesetzes handelte,
8.
die der Entscheidung zugrunde liegende Tat ganz oder zum Teil im Inland oder auf einem Schiff oder in einem Luftfahrzeug begangen wurde, das berechtigt ist, die Bundesflagge oder das Staatszugehörigkeitszeichen der Bundesrepublik Deutschland zu führen, und die Tat nach deutschem Recht nicht als Straftat mit Strafe bedroht oder als Ordnungswidrigkeit mit Geldbuße bewehrt ist oder
9.
die betroffene Person in dem ausländischen Verfahren keine Gelegenheit hatte einzuwenden, für die der Entscheidung zugrunde liegende Handlung nicht verantwortlich zu sein, und sie dies gegenüber der Bewilligungsbehörde geltend macht.

(4) Die Vollstreckung der Geldsanktion ist abweichend von Absatz 3 Nummer 4 jedoch zulässig, wenn

1.
die betroffene Person
a)
rechtzeitig
aa)
persönlich zu der Verhandlung, die zu der Entscheidung geführt hat, geladen wurde oder
bb)
auf andere Weise tatsächlich offiziell von dem vorgesehenen Termin und Ort der Verhandlung, die zur Entscheidung geführt hat, in Kenntnis gesetzt wurde, sodass zweifelsfrei nachgewiesen wurde, dass die betroffene Person von der anberaumten Verhandlung Kenntnis hatte, und
b)
dabei darauf hingewiesen wurde, dass eine Entscheidung auch in ihrer Abwesenheit ergehen kann,
2.
die betroffene Person in Kenntnis des gegen sie gerichteten Verfahrens, an dem ein Verteidiger beteiligt war, eine persönliche Ladung durch Flucht verhindert hat oder
3.
die betroffene Person in Kenntnis der anberaumten Verhandlung einen Verteidiger bevollmächtigt hat, sie in der Verhandlung zu verteidigen, und sie durch diesen in der Verhandlung tatsächlich verteidigt wurde.

(5) Die Vollstreckung der Geldsanktion ist abweichend von Absatz 3 Nummer 4 auch zulässig, wenn die betroffene Person nach Zustellung der Entscheidung

1.
ausdrücklich erklärt hat, die ergangene Entscheidung nicht anzufechten, oder
2.
innerhalb geltender Fristen keine Wiederaufnahme des Verfahrens oder kein Berufungsverfahren beantragt hat.
Die betroffene Person muss zuvor ausdrücklich über ihr Recht auf Wiederaufnahme des Verfahrens oder auf ein Berufungsverfahren, an dem sie teilnehmen kann und bei dem der Sachverhalt, einschließlich neuer Beweismittel, erneut geprüft und die ursprüngliche Entscheidung aufgehoben werden kann, belehrt worden sein.

(6) Die Vollstreckung der Geldsanktion ist abweichend von Absatz 3 Nummer 4 ferner zulässig, wenn die betroffene Person nach ausdrücklicher Unterrichtung über das Verfahren und die Möglichkeit, bei der Verhandlung persönlich zu erscheinen,

1.
ausdrücklich auf das Recht auf mündliche Anhörung verzichtet hat und
2.
erklärt hat, die Entscheidung nicht anzufechten.

Die Bewilligung eines zulässigen Ersuchens um Vollstreckung einer Geldsanktion kann nur abgelehnt werden, wenn die der Entscheidung zugrunde liegende Tat

1.
ganz oder zum Teil im Inland oder auf einem Schiff oder in einem Luftfahrzeug begangen wurde, das berechtigt ist, die Bundesflagge oder das Staatszugehörigkeitszeichen der Bundesrepublik Deutschland zu führen, und nach deutschem Recht als Straftat mit Strafe bedroht oder als Ordnungswidrigkeit mit Geldbuße bewehrt ist oder
2.
außerhalb des Hoheitsgebietes des ersuchenden Mitgliedstaates begangen wurde und wenn eine derartige, im Ausland begangene Tat nach deutschem Recht nicht als Straftat mit Strafe oder als Ordnungswidrigkeit mit Geldbuße bedroht ist.