Amtsgericht Saarburg Urteil, 16. März 2016 - 5a C 370/15

ECLI:ECLI:DE:AGSAARB:2016:0316.5AC370.15.0A
16.03.2016

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

1

Die Kläger begehren vom Beklagten die Gestattung der Überfahrt seines Grundstücks und Auffahrt auf ihre benachbarten Grundstücke.

2

Der Beklagte ist Eigentümer des Grundstücks Am B. Straße in T., das im vorderen Bereich unmittelbar an die S. Straße angrenzt. An dieses Grundstück schließen sich südlich die Grundstücke am Am B. 8, das Grundstück des Klägers zu 2) Am B. 7, das Grundstück der Klägerin zu 1) Am B. 6 und sodann das Grundstück Am B. 5 und 5a an. Die Häuser Am B. 9, 8, 7, und 6 sind unmittelbar aneinander gebaut. Vor dem Haus des Beklagten befindet sich ein kleiner Hof mit zwei Garagen. Die Wohnungen sind derzeit an vier Mietparteien mit vier Fahrzeugen vermietet. Zwei Mieter nutzen die Garagen, zwei Mieter stellen ihre Fahrzeuge im Hofbereich ab. Vom Hofbereich führt ein schmaler Weg vor den Häusern Nummer 8, 7, und 6 vorbei. Gegenüber den Häusern Nummer 7 und 6 befindet sich ein Abstellbereich für die Fahrzeuge der Kläger. Hinter dem Haus Nummer 6 erweitert sich der schmale Weg auf eine gepflasterte Fläche. Die Häuser Nummer 5 und 5a sind zurückversetzt. Parallel zu den Häusern Nummer 9 - 5 verläuft ein Bach. Dieser wird von der gepflasterten Hoffläche vor den Häusern Nummer 5 und 5a mit einer Brücke mit dem auf der anderen Seite parallel zum N. Bach verlaufenden Weg verbunden, der sodann zur S. Straße führt.

3

In den vergangenen Jahrzehnten befuhren die Bewohner der Häuser Nummer 6 bis 8 das Grundstück des Beklagten, um mit Fahrzeugen zu ihren Grundstücken zu gelangen. Dies wurde durch die jeweiligen Eigentümer des Grundstücks mit der Hausnummer 9 geduldet. Die Kläger nutzten auch die Zufahrt über das Grundstück Hausnummern 5 und 5a.

4

Mit Schreiben vom 26.05.2015 teilte der Beklagte den Klägern mit, dass er beabsichtige, das Überfahren seines Grundstücks in der Form zu unterbinden, dass er Pfosten setzt, die die Nutzung seines Grundstücks nur noch zum Begehen ermöglichen. Der Beklagte errichtete in der Folge auf der Grundstücksgrenze zwischen seinem und dem Grundstück Hausnummer 8 einen Absperrpfosten, den er jedoch aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs zwischen den Parteien vom 16.09.2015 wieder entfernte. In diesem Vergleich vor dem Amtsgericht Saarburg, Az. 5b C 297/15, verpflichtete sich der Beklagte, bis zum Abschluss eines diesbezüglichen Hauptsacheverfahrens sämtliche Handlungen zu unterlassen, die es den Verfügungsklägern unmöglich machen, ihre Grundstück über das Grundstück des Beklagten mit Kraftfahrzeugen zu befahren.

5

Die Kläger tragen vor,
die Zufahrtsmöglichkeit über das Grundstück des Beklagten bestünde mindestens seit 1900. Die Häuser seien weit über 100 Jahre alt. Das Haus mit der Nummer 7 habe bereits im Jahr 1865 bestanden. Die Kläger nutzten diese seit 1948 bzw. 1985. Die Grundstücksüberquerung sei zwischen den betroffenen Eigentümern gewissermaßen als Selbstverständlichkeit anerkannt „seit Napoleonszeiten“. Es bestünde ein Wegerecht als Gewohnheitsrecht. Die klägerischen Grundstücke seien ausschließlich über das Grundstück des Beklagten zu erreichen. Sowohl die Grundstücke Nummer 5 und 5a, die Brücke als auch der von dort zur S. Straße führende Weg stünden im Privateigentum der jeweiligen Grundstückseigentümer und seien nicht für den öffentlichen Verkehr gewidmet. Insoweit bestehe auch keine gewohnheitsrechtliche Nutzung. Zudem sei die Brücke statisch und baurechtlich in keinster Weise sicher. Ein Abstellen der Fahrzeuge in unmittelbarer Nähe im öffentlichen Verkehrsraum sei nicht möglich. Dies sei dem 88jährigen Kläger auch nicht zumutbar.

6

Mit Klageschrift vom 06.10.2015, dem Beklagten zugestellt am 10.11.2015 haben die Klägerin zunächst beantragt, der Beklagte hat sämtliche Handlungen zu unterlassen, die es den Klägern unmöglich machen, die Grundstücke Am B. 6 und Am B. 7 in T. über das Grundstück Am B. 9 in T. mit Kraftfahrzeugen zu befahren. Dem Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die vorstehende Verpflichtung ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 250.000 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten Dauer angedroht.

7

Nunmehr beantragen die Kläger,

8

den Beklagten zu verurteilen, es den Klägern zu 1) und 2) zu gestatten, sein Grundstück Am B. 9 zwecks Erreichen ihrer Grundstücke Am B. 6 und Am B. 7 in T. mit Kraftfahrzeugen zu überfahren.

9

Der Beklagte beantragt,

10

die Klage abzuweisen.

11

Der Beklagte trägt vor,
zumindest ihm gegenüber bestünde kein gewohnheitsrechtliches Wegerecht, da er ein solches bislang nicht anerkannt habe. Sein Haus sei das älteste und stamme aus dem Jahr 1919. Es bestünde auch kein Recht auf „Vorfahrt“ bis zum Hauseingang oder auf unmittelbares Heranfahren an das Grundstück. Es reiche auch, wenn die Kläger ihre Grundstücke in zumutbarem Umfang zu Fuß erreichen können und ihr Fahrzeug dann in unmittelbarer Nähe im öffentlichen Verkehrsraum abstellen können. Zudem könnten die Kläger ihre Grundstücke über den von der S. Straße abgehenden Seitenweg sowie die sich über den N. Bach befindliche Brücke erreichen. Zudem seien die Kläger verpflichtet, eine andere Zuwegung sicher zu stellen, da es sich bei dem Notwegerecht nicht um eine Dauerlösung handeln könne.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Klage ist unbegründet.

13

Den Klägern steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Überfahren seines Grundstücks mit Kraftfahrzeugen zwecks Erreichens ihres Grundstücks zu.

14

Ein solcher Überfahrensanspruch ergibt sich nicht auf der Grundlage einer altrechtlichen Dienstbarkeit.

15

Die Kläger haben bereits nicht ausreichend dargelegt, dass die streitgegenständlichen Grundstücke zu Gunsten der Kläger mit einer entsprechenden Dienstbarkeit in Form eines Wegerechts belastet sind. Für die Entstehung dieses Rechts sind die Kläger darlegungs- und beweisbelastet. Die Voraussetzungen für ein Wegerecht richten sich nach den Vorschriften des Code Civil (Art. 184 EGBGB i. V. m. Art. 686 ff CC) als dem vor dem Inkrafttreten des BGB im Bezirk Trier Saarburg geltenden Recht. Die einschlägigen Vorschriften unterscheiden für den Erwerb von Grunddienstbarkeiten zwischen ständigen und nicht ständigen Grunddienstbarkeiten (Art. 688 Abs. 1 CC: servitudes continues ou discontinues) und zwischen sichtbaren und nicht sichtbaren Grunddienstbarkeiten (Art. 689 Abs.1 CC: servitudes apparentes ou non apparentes). Das Wegerecht zählte nach der Systematik des CC zu den nicht fortwährenden Servituten (Art. 688 Abs. 3 CC). Diese konnten grundsätzlich nur rechtsgeschäftlich durch einen Titel („par titre“ ) – das ist ein durch jedes Beweismittel beweislicher Vertrag (vgl. Cretschmar, Rheinisches Zivilrecht, 3. Aufl., Seite 113, Anm. zu Art. 690) - erworben werden. Fehlte ein solcher Titel, konnte er auch durch besondere Anerkennung von Seiten des Eigentümers des belasteten Grundstücks ersetzt werden (Art. 695 CC), wobei ein mündliches Anerkenntnis genügte. Dieser „titre recognitif“ erforderte mithin keine Form, er konnte auch aus konkludenten Handlungen gefolgert werden (Pfälzisches OLG Zweibrücken, Urteil vom 27. Mai 2002 – – 7 U 218/01 -; OLG Köln, OLGR 1993, 208; OLG Düsseldorf, OLGR 2000, 138, 139; RGZ 20, 348; Dehner, Nachbarrecht, 7. Aufl. EL 1999, § 36 B zu § 36 zu 3. (Seite 7) ). Bloßer Besitz, selbst wenn er unvordenklich war, war nicht hinreichend, um nicht fortwährende Servitute zu begründen (Art. 691 Abs. 1 u. 2 Cc). (zitiert nach: OLG Saarbrücken, Urteil vom 04.07.20007, Az. 1 U 451/06 - 140, 1 U 451/06) Allein der von den Klägern vorgetragene Umstand, dass der Weg von den Anrainern benutzt wurde, ohne dass sich die Rechtsvorgänger des Beklagten wie auch die übrigen durch den Weg betroffenen Grundstückseigentümer gegen eine solche Nutzung verwahrt hätten, erlaubt nicht den sicheren Rückschluss auf eine irgendwann einmal zuvor erfolgte Begründung einer entsprechenden Dienstbarkeit durch (ggfls. auch formloses) Anerkenntnis des Rechtsvorgängers des Beklagten („titre recognitif“). Zumal den Klägern bereits eine genaue zeitliche Einordnung, insbesondere, ob diese Anerkennung vor 1900 erfolgte, nicht möglich war. (vgl. OLG Saarbrücken, Urteil vom 04.07.20007, Az. 1 U 451/06 - 140, 1 U 451/06)

16

Auch aus den Grundsätzen des Gewohnheitsrechts ergibt sich kein Überfahrensanspruch.

17

Es ist sowohl im privaten als auch im öffentlichen Wegerecht anerkannt, dass Überwegungsrechte auch historisch, mithin durch Gewohnheitsrecht, begründet sein können. Ein Gewohnheitsrecht ist dann anzunehmen, wenn innerhalb eines autonomen Verbandes, nämlich innerhalb eines engeren Kreises von Betroffenen eine langdauernde, gleichmäßige, tatsächliche Übung besteht, die von der Überzeugung getragen wird, zu dem Verhalten rechtlich verpflichtet zu sein. Wird ein bestimmter Weg über ein Privatgrundstück mithin seit langer Zeit als Zuwegung zwischen der öffentlichen Straße und einem Hinterliegergrundstück benutzt, dann kann das zur Bildung eines örtlich geltenden Gewohnheitsrechts führen, das objektives Recht darstellt und an das die Anwohner gebunden sind. Voraussetzung für die Annahme eines solchen allein durch Gewohnheitsrecht begründeten Wegerechts ist aber in einer solchen Konstellation, dass die beteiligten Rechtskreise, die diese langjährige Übung als rechtsverbindlich anerkennen, davon ausgehen, dass diese nicht lediglich auf einem schuldrechtlichen Vertrag wie beispielsweise einer jederzeit kündbaren Leihe oder in Ausübung eines gesetzlich geregelten Notwegerechts gemäß § 917 BGB erfolgt. (vgl. OLG München, Urteil vom 17. Dezember 2014 , Az. 3 U 1362/14) Dies lässt sich jedoch bereits nach dem pauschalen klägerischen Vortrag nicht abschließend beurteilen.

18

Schließlich steht den Klägern auch gemäß § 917 Abs. 1 BGB kein Anspruch auf Überfahren des klägerischen Grundstücks zwecks Erreichens ihrer Grundstücke zu.

19

Gemäß § 917 Abs. 1 BGB kann der Eigentümer eines Grundstücks, dem die zur ordnungsgemäßen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Weg fehlt, von den Nachbarn verlangen, dass sie bis zur Behebung des Mangels die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung dulden. Zwar fehlt den klägerischen Grundstücken derzeit eine unmittelbare Verbindung zu einem öffentlichen Weg und zwar gehört es zur ordnungsgemäßen Nutzung von Wohngrundstücken, dieses mit dem eigenen Kraftfahrzeug anfahren zu können, da andernfalls die Grundstücksnutzung in einem nicht mehr hinnehmbaren Maße beeinträchtigt wäre, denn hierdurch wird die Befriedigung von Grundbedürfnissen der Bewohner wie z.B. die problemlose Anlieferung von Gegenständen des täglichen Lebensbedarfs sowie die sichere Erreichbarkeit des Grundstücks verhindert (vgl. BGH, NJW-RR 2009, 515; BGH, NJW - RR 2014, 212; BGH, Urteil vom 22.01.2016, Az. V ZR 116/15). Jedoch können die Kläger vorliegend nicht von dem Beklagten das Überfahren seines Grundstücks bis an bzw. bis auf die Grundstücke der Kläger verlangen. Bestehen nämlich mehrere Alternativen einer Zuwegung, ist diejenige zu wählen, die außenstehende Eigentümer möglichst gering belastet, während andererseits der Nutzer selbst bereit sein muss, erhebliche Opfer hinzunehmen. Da die Einräumung eines Notwegs einen schwerwiegenden Eingriff in das Eigentum des Nachbarn bedeutet, ist ein strenger Maßstab bei der Prüfung der Notwendigkeit anzulegen und eine Interessenabwägung vorzunehmen. Dies erfordert eine Abwägung zwischen dem Interesse an geringster Belastung durch den Notweg und dem an größter Effektivität des Notweges. (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 15.12.1999, Az. 5 U 542/99; OLG Düsseldorf, Urteil vom 24.02.2014, Az. I - 9 U 4/13, 9 U 4/13 und Urteil vom 23.02.2015, Az. I- 9 U 35/14, 9 U 35/14)

20

Vorliegend konnte sich das Gericht im Rahmen der Ortsbesichtigung davon überzeugen, dass sowohl der Vorhof des klägerischen Grundstücks aufgrund der Nutzung desselben als Parkplatz durch mindestens zwei Mietparteien als auch der hiervon abgehende kaum eine Fahrzeugbreite aufweisende gepflasterte Weg sehr beengt sind und unmittelbar an den Hausfronten des klägerischen Anwesens sowie des folgenden Hauses Nummer 8 vorbeiführen. Durch die Nutzung dieser Flächen durch die Kläger mit Fahrzeugen entstehen sowohl Beeinträchtigungen bei der Benutzung des klägerischen Grundstücks als Park- und Abstellfläche, als auch aufgrund der räumlichen Enge erhöhte Belästigungen durch Fahrzeuglärm und Abgase. Demgegenüber stellt der von der S. Straße auf der anderen Seite des N. Bachs abgehende Weg entgegen dem vorgelegten Katasterauszug aufgrund seines äußeren Erscheinungsbildes eine geteerte Straße mit vorhandener Kanalisation und Straßenschild (“Am B.“), die auch die Durchfahrt von zwei einander entgegen kommenden Fahrzeugen ermöglicht, dar. Äußere Anhaltspunkte dafür, dass es sich hierbei um Privateigentum handelt bzw. den Klägern eine Durchfahrt untersagt ist, sind nicht ersichtlich, zumal die Kläger sowie die übrigen Anwohner diese Straße auch bisher beanstandungsfrei genutzt haben. Ebenfalls konnte die in Höhe der Häuser Nummer 5 und 5a über den N. Bach führende Brücke sowie der gepflasterte Hofbereich dieser Anwesen durch die Kläger beanstandungslos genutzt werden. Auf diesem Weg können die Kläger für die Anwohner und Eigentümer der jeweiligen Grundstücke aufgrund der örtlichen Gegebenheiten und Platzverhältnisse in weniger beeinträchtigender Weise ihre Grundstücke erreichen, als über das klägerische Grundstück.

21

Soweit es sich bei der Nutzung dieser Zufahrtsmöglichkeit nach dem klägerischen Vortrag nur um eine Übergangslösung handelt, ist darauf hinzuweisen, dass auch das Notwegerecht nach § 917 Abs. 1 BGB nur eine Übergangslösung darstellt zeitlich befristet bis zur Behebung des Mangels. Insoweit obliegt es den Klägern eine ggf. gemeinsame Verbindung ihrer Grundstücke mit einem öffentlichen Weg, wie vorliegend über die Straße „Am B.“ ggf. unter Errichtung einer Brücke über den N. Bach herzustellen. Einen Nachweis, dass es sich bei der Straße „Am B.“ nicht um eine öffentliche Straße handelt, haben die Kläger nicht erbracht. Der vorgelegte Kasterauszug entspricht nicht den tatsächlichen Verhältnissen und „hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit“. Die Kläger sind als Anspruchssteller sowohl darlegungs- und beweisbelastet dafür, dass eine technisch mögliche Verbindung mit unzumutbar hohem Aufwand verbunden wäre sowie dafür, dass kein anderes Wegerecht besteht und möglich ist (vgl. Staudinger/Roth, 2016, BGB, § 917, Rn. 11 - 16). Die Kläger wären vorliegend somit verpflichtet gewesen, zunächst anderweitige Möglichkeiten zwecks Erreichen ihrer Grundstücke mit Kraftfahrzeugen auszuschöpfen, wie die Herstellung einer Verbindung mit einem öffentlichen Weg durch die Verbandsgemeinde K. oder die Durchsetzung eines Wegerechts über die Brücke und das Grundstück Hausnummern 5 und 5a. Solange diese Alternativen nicht abschließend geklärt sind, kann den Klägern kein Notwegerecht am Grundstück des Beklagten zustehen.

22

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.

23

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Amtsgericht Saarburg Urteil, 16. März 2016 - 5a C 370/15

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Amtsgericht Saarburg Urteil, 16. März 2016 - 5a C 370/15

Referenzen - Gesetze

Amtsgericht Saarburg Urteil, 16. März 2016 - 5a C 370/15 zitiert 5 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 917 Notweg


(1) Fehlt einem Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Wege, so kann der Eigentümer von den Nachbarn verlangen, dass sie bis zur Hebung des Mangels die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Amtsgericht Saarburg Urteil, 16. März 2016 - 5a C 370/15 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Amtsgericht Saarburg Urteil, 16. März 2016 - 5a C 370/15 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 22. Jan. 2016 - V ZR 116/15

bei uns veröffentlicht am 22.01.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 116/15 Verkündet am: 22. Januar 2016 Weschenfelder Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2016:220116UVZR116.15.0

Referenzen

(1) Fehlt einem Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Wege, so kann der Eigentümer von den Nachbarn verlangen, dass sie bis zur Hebung des Mangels die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung dulden. Die Richtung des Notwegs und der Umfang des Benutzungsrechts werden erforderlichenfalls durch Urteil bestimmt.

(2) Die Nachbarn, über deren Grundstücke der Notweg führt, sind durch eine Geldrente zu entschädigen. Die Vorschriften des § 912 Abs. 2 Satz 2 und der §§ 913, 914, 916 finden entsprechende Anwendung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 116/15 Verkündet am:
22. Januar 2016
Weschenfelder
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2016:220116UVZR116.15.0

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 22. Januar 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterinnen Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Brückner, den Richter Dr. Göbel und die Richterin Haberkamp

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden vom 26. Mai 2015 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Kläger sind seit 1979 Eigentümer eines mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks. Es ist von der öffentlichen Straße D. (im Folgenden: D.-Straße) aus über eine Treppe zugänglich. Zwischen dem Zugang und der D.-Straße besteht ein Höhenunterschied, der nach Darstellung der Kläger etwa 8 Meter beträgt. Die zu dem Haus gehörenden Garagen liegen auf dem Höhenniveau der D.-Straße und sind von dort aus anzufahren. Auf dem an das Grundstück der Kläger teilweise angrenzenden Grundstück befindet sich eine Wohnungseigentumsanlage. Sie verfügt über einen auf dem Grundstück der Wohnungseigentümer gelegenen Zufahrtsweg zur öffentlichen K. straße (im Folgenden: K.-Straße). In der Vergangenheit wurde dieser Weg auch als Zufahrt zum Haus der Kläger genutzt, ohne dass dies vertraglich oder dinglich abgesichert war. Auf dem Grundstück der Kläger befindet sich ein KfzAbstellplatz , der nur über diesen Weg zu erreichen ist. Nachdem es im Jahr 2011 zu Unstimmigkeiten zwischen den Klägern und Mitgliedern der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft gekommen war, wurden die Kläger aufgefordert , die Nutzung des Weges zu unterlassen.
2
Mit der Klage haben die Kläger von der Beklagten die Einräumung eines Notwegrechts über den Zufahrtsweg zur K.-Straße Zug um Zug gegen Zahlung einer angemessenen Notwegrente nebst angemessenen Unterhaltskosten verlangt. Die Beklagte hat Widerklage erhoben und beantragt, die Kläger zu verurteilen , es zu unterlassen, ihr Grundstück zum Gehen, Fahren oder in sonstiger Weise zu nutzen. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen und auf die Widerklage die Kläger antragsgemäß zur Unterlassung verurteilt mit Ausnahme der Nutzung zum Zweck des Transports der Müllbehälter von und zur K.-Straße sowie im Rahmen des Hammerschlag- und Leiterrechts. Das Landgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Kläger zurückgewiesen. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihre Anträge weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.

3
Nach Ansicht des Berufungsgerichts haben die Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch aus § 917 Abs. 1 Satz 1 BGB auf Einräumung eines Notwegrechts. Ihrem Grundstück fehle nicht die zu dessen Nutzung notwendige Verbindung zu einem öffentlichen Weg. Über die D.-Straße könne man unmit- telbar an das Wohnungsgrundstück der Kläger heranfahren und den Eingangsbereich ihres Hauses über die vorhandene Treppe in zumutbarer Weise erreichen. Dies sei auch mit sperrigen Gegenständen sowie mit Waren und Gütern möglich. Aber selbst wenn die vorhandene Treppe nicht mehr den heutigen Ansprüchen entspräche und deshalb für den Transport von sperrigen Gegenständen nicht geeignet wäre, begründe dies nicht den Anspruch auf Einräumung eines Notwegrechts. Die Kläger wären für diesen Fall gehalten, die Treppe so herzustellen, dass sie für den Transport von sperrigen Gütern geeignet wäre. Die Beklagte sei auch keineswegs verpflichtet, den Klägern deshalb ein Notwegrecht einzuräumen, weil sie stufenlos zum Eingang ihres Hauses gelangen wollten. Dass sie den Eingangsbereich ihres Hauses nur über eine Treppe erreichen könnten, stelle eine Unbequemlichkeit dar, die sie auch unter Berücksichtigung ihres Alters in Kauf nehmen müssten. Den Klägern stehe gegen die Beklagte auch kein Anspruch auf Benutzung des Wegs zur K.-Straße aufgrund eines Gewohnheitsrechts zu.

II.

4
Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.
5
1. Ohne Rechtsfehler hält das Berufungsgericht die auf Einräumung eines Notwegrechts gerichtete Klage für unbegründet.
6
a) § 917 Abs. 1 Satz 1 BGB scheidet als Anspruchsgrundlage aus. Fehlt einem Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Weg, kann der Eigentümer von den Nachbarn verlangen , dass sie bis zur Behebung des Mangels die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung dulden. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
7
aa) Der Umstand alleine, dass ein Grundstück mit einem öffentlichen Weg - hier mit der D.-Straße - verbunden ist, schließt ein Notwegrecht nicht von vornherein aus. Entscheidend ist vielmehr, ob die ordnungsmäßige Benutzung des Grundstücks die Einräumung des Notwegs über das Grundstück der Nachbarn notwendig macht. Dies bestimmt sich nach objektiven Gesichtspunkten. Maßgebend ist die danach angemessene, den wirtschaftlichen Verhältnissen des Grundstücks entsprechende Nutzung. Eine nur einem persönlichen Bedürfnis des Eigentümers oder eines Nutzungsberechtigten entsprechende oder eine nur provisorische Nutzung gibt daher keinen Anspruch auf einen Notweg nach § 917 BGB (Senat, Urteil vom 18. Oktober 2013 - V ZR 278/12, NJW-RR 2014, 398 Rn. 10 f. mwN).
8
Bei einem Wohngrundstück setzt eine in diesem Sinn ordnungsmäßige Grundstücksbenutzung in der Regel die Erreichbarkeit mit Kraftfahrzeugen voraus. Dies ist zur Gewährleistung elementarer Bedürfnisse objektiv erforderlich, so etwa im Hinblick auf die Müllentsorgung oder die Belieferung mit Brennstoffen oder sperrigen Gütern. Ebenfalls zur ordnungsgemäßen Benutzung eines Wohngrundstücks gehört die Möglichkeit, dieses mit dem eigenen Kraftfahrzeug anzufahren. An dieser Erreichbarkeit fehlt es nicht bereits dann, wenn das Kraftfahrzeug nicht bis vor den Eingangsbereich des auf einem Grundstück aufstehenden Gebäudes fahren kann. Vielmehr ist es ausreichend, wenn mit einem Kraftfahrzeug unmittelbar an das Wohngrundstück herangefahren und der Eingangsbereich von dieser Stelle aus in zumutbarer Weise - auch mit sperrigen Gegenständen - erreicht werden kann. Dass das Erreichen des Hauseingangs bei dem Auffahren auf das Grundstück erleichtert möglich wäre, rechtfertigt kein Notwegrecht (Senat, Urteil vom 18. Oktober 2013 - V ZR 278/12, NJW-RR 2014, 398 Rn. 12; vgl. auch Urteil vom 24. April 2015 - V ZR 138/14, NJW-RR 2015, 1234 Rn. 14).
9
bb) Von diesen Grundsätzen geht das Berufungsgericht zutreffend aus. Seine tatrichterliche Würdigung, das Grundstück der Kläger sei von der D.-Straße in zumutbarer Weise zu erreichen, ist revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbar und in diesem Rahmen nicht zu beanstanden. Das Revisionsgericht kann nur nachprüfen, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinander gesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (Senat, Urteil vom 18. Oktober 2013 - V ZR 278/12, NJW-RR 2014, 398 Rn. 13 mwN). Einen solchen Rechtsfehler vermag die Revision nicht aufzuzeigen.
10
(1) Sollte die zum Eingangsbereich führende Treppe nicht mehr den aktuellen DIN-Vorschriften entsprechen und für den Transport von Waren und Gütern nicht (mehr) geeignet sein, wie von der Revision unter Bezugnahme auf Vortrag in der Berufungsinstanz geltend gemacht, obliegt es den Klägern, den Zugang über die Treppe ordnungsgemäß herzurichten. Dass die hiermit etwaig verbundenen Erschwernisse so groß sind, dass die Wirtschaftlichkeit der Grundstücksbenutzung aufgehoben oder in unzumutbarer Weise geschmälert wird (vgl. hierzu Senat, Urteil vom 24. April 2015 - V ZR 138/14, NJW-RR 2015, 1234 Rn. 21), machen die Kläger nicht geltend. Sie verweisen auf die Kosten für die Installation eines Aufzugs von der D.-Straße, die sich auf 180.000 € belaufen würden. Hierauf kommt es jedoch nicht an, weil eine angemessene Nutzung des Grundstücks bereits durch eine funktionsfähige Treppe gewährleistet ist.
11
(2) Ohne Erfolg bleibt auch die weitere Rüge, das Berufungsgericht habe bei der Prüfung, ob eine ordnungsmäßige Benutzung des Grundstücks über die D.-Straße möglich sei, die persönlichen Umstände der Kläger, insbesondere deren Alter von 70 Jahren bzw. 83 Jahren, nicht berücksichtigt. Es sei vorauszusehen , dass ihnen jedenfalls in absehbarer Zeit die Benutzung der Treppe nicht mehr möglich sein werde. Das Berufungsgericht hat dieses Vorbringen der Kläger zur Kenntnis genommen, jedoch zutreffend als rechtlich unerheblich angesehen. Maßgebend ist eine objektive Betrachtung, auf die persönlichen Bedürfnisse des jeweiligen Eigentümers kommt es nicht an (Senat, Urteil vom 18. Oktober 2013 - V ZR 278/12, NJW-RR 2014, 398 Rn. 11 mwN). Bei einer objektiven Betrachtung ist das Wohngrundstück der Kläger nach den Feststellungen des Berufungsgerichts aber über die vorhandene Treppe von der D.-Straße aus in zumutbarer Weise trotz des von den Klägern behaupteten Höhenunterschieds zu erreichen.
12
(3) Das Berufungsgericht bejaht entgegen der Auffassung der Revision die Erreichbarkeit des Grundstücks der Kläger mit Kraftfahrzeugen ebenfalls ohne Rechtsfehler, weil über die D.-Straße eine Heranfahrt bis an ihr Grundstück möglich ist. Dass die Kläger, wie ihr Prozessbevollmächtigter in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat betont hat, ein besonderes Interesse daran haben, darüber hinausgehend den auf ihrem Grundstück befindlichen Kfz-Stellplatz mit einem Kraftfahrzeug zu erreichen, rechtfertigt die Einräumung eines Notwegrechts und die damit einhergehende Beeinträchtigung fremden Eigentums nicht, da die ordnungsmäßige Benutzung ihres Grundstücks bereits ohne diese zusätzliche Erreichbarkeit gewährleistet ist. Der von der Revision zudem vermissten Gesamtwürdigung, in wie vielen Fällen die Nutzung der Zufahrt auf dem Grundstück der Beklagten durch die Kläger bzw. durch andere Personen schon deshalb erforderlich sei, weil die Nutzung der Treppe ausscheide , bedarf es nicht. Die Kläger stellen in diesem Zusammenhang erneut auf ihre persönlichen Umstände ab, auf die es wegen der gebotenen objektiven Betrachtung gerade nicht ankommt.
13
(4) Ebenfalls erfolglos macht die Revision geltend, das Berufungsgericht habe nicht berücksichtigt, dass die Benutzung der streitigen Zufahrt durch die Kläger seit 1979 bis August 2013 von der Beklagten widerspruchslos geduldet worden sei. Die langjährige Grundstücksnutzung in einer von den Nachbarn ermöglichten bestimmten Art und Weise bildet keine Grundlage für die Ordnungsmäßigkeit der Benutzung des verbindungslosen Grundstücks im Sinne von § 917 Abs. 1 Satz 1 BGB (Senat, Urteil vom 12. Dezember 2008 - V ZR 106/07, NJW-RR 2009, 515 Rn. 18).
14
b) Die Kläger können von der Beklagten die Nutzung des Zufahrtsweges auch nicht losgelöst von den Voraussetzungen des § 917 Abs. 1 BGB verlangen. Ein solcher Anspruch lässt sich aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis , auf das sich die Kläger in der Revision ebenfalls stützen, nicht herleiten. Die Regelung des Notwegerechts in § 917 BGB stellt eine spezialgesetzliche Ausgestaltung des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses dar, die im Hinblick auf die nicht durch dingliche Rechte oder schuldrechtliche Verträge begründeten Wegerechte eine abschließende Regelung enthält. Sind ihre tatbestandlichen Voraussetzungen - wie hier - nicht erfüllt, können sie nicht mit Hilfe des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses umgangen oder erweitert werden (Senat, Urteil vom 15. November 2013 - V ZR 24/13, NJW 2014, 311 Rn. 26).
15
2. Das Berufungsurteil hält der revisionsrechtlichen Überprüfung auch insoweit stand, als die Berufung der Kläger gegen ihre Verurteilung gemäß der Widerklage zurückgewiesen worden ist.
16
a) Die Widerklage ist - was der Senat gemäß § 557 Abs. 3 Satz 2 ZPO von Amts wegen zu prüfen hat - zulässig, insbesondere ist die Beklagte prozessführungsbefugt.
17
aa) Macht eine Wohnungseigentümergemeinschaft im Wege der Klage oder - wie hier die Beklagte - im Wege der Widerklage Unterlassungsansprüche gemäß § 1004 Abs. 1 BGB geltend, ist sie nur dann ausübungs- und prozessführungsbefugt , wenn die Ansprüche (durch sog. Ansichziehen) von den Wohnungseigentümern durch einen Beschluss vergemeinschaftet worden sind (gekorene Ausübungsbefugnis nach § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2 WEG, vgl. Senat, Urteile vom 5. Dezember 2014 - V ZB 5/14, BGHZ 203, 327 Rn. 7 und vom 10. Juli 2015 - V ZR 194/14, NJW 2015, 2968 Rn. 14, siehe auch bereits Senat, Beschluss vom 30. März 2006 - V ZB 17/06, NJW 2006, 2187 Rn. 12).
18
bb) Auf entsprechenden Hinweis des Senats hat die Beklagte das Beschlussprotokoll der Eigentümerversammlung vom 14. Januar 2016 vorgelegt. Hiernach haben die Wohnungseigentümer die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs gemäß § 1004 BGB gegen die Kläger in dem vorliegenden Prozess ausdrücklich genehmigt. Zugleich hat die Wohnungseigentümergemeinschaft die Individualansprüche der Wohnungseigentümer an sich gezogen. Auf der Grundlage dieses Beschlusses steht die Prozessführungsbefugnis der Beklagten fest. Die hiergegen von dem Prozessbevollmächtigten der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erhobenen Einwendungen sind unbegründet.
19
(1) Soweit er unter Hinweis auf § 138 Abs. 4 ZPO mit Nichtwissen bestritten hat, dass die nach dem Protokoll vom 14. Januar 2016 in der Eigentümerversammlung nicht anwesenden Miteigentümer wirksam vertreten worden seien, ist dies rechtlich unerheblich. Selbst wenn es an einer wirksamen Vertretung fehlte und die Versammlung deshalb nicht beschlussfähig (§ 25 Abs. 3 WEG) gewesen wäre, änderte dies nichts an der Wirksamkeit des Beschlusses. Gemäß § 23 Abs. 4 Satz 1 WEG ist ein Beschluss einer Wohnungseigentümergemeinschaft nur dann nichtig, wenn er gegen Vorschriften des Wohnungsei- gentumsgesetzes verstößt, auf deren Einhaltung nicht verzichtet werden kann. § 25 Abs. 3 WEG gehört indessen nicht zu solchen Vorschriften. Deshalb ist ein Beschluss einer beschlussunfähigen Wohnungseigentümerversammlung nicht nichtig, sondern nur anfechtbar (Senat, Urteil vom 27. März 2009 - V ZR 196/08, NJW 2009, 2132 Rn. 28) und gemäß § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG gültig, solange er nicht durch rechtskräftiges Urteil für ungültig erklärt ist. Letzteres ist hier nicht der Fall.
20
(2) Es besteht auch keine Veranlassung, den Klägern vor einer Entscheidung des Senats zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes bzw. zur „Wahrung ihres Eigentumsrechts“ Gelegenheit zu einer Anfechtung des Be- schlusses der Eigentümerversammlung zu geben. Die Kläger gehören nicht zu dem Personenkreis, der gemäß § 46 Abs. 1 WEG zur Erhebung einer Anfechtungsklage befugt ist, insbesondere sind sie nicht Wohnungseigentümer.
21
b) In der Sache folgt der Unterlassungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB. Das Betreten oder Befahren des zum Grundstück der Wohnungseigentümer gehörenden Weges stellt eine Eigentumsverletzung dar. Eine Duldungspflicht gemäß § 1004 Abs. 2 BGB scheidet aus, weil den Klägern ein Nutzungsrecht in dem von ihnen begehrten Umfang nicht zusteht. Die weiter erforderliche Wiederholungsgefahr ergibt sich daraus, dass nach den Feststellungen des Amtsgerichts, die sich das Berufungsgericht jedenfalls konkludent zu Eigen gemacht hat, die Kläger ihrem Sohn gestattet hatten, das Grundstück der Wohnungseigentümer zu betreten.
22
c) Die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs stellt sich entgegen der Auffassung der Kläger auch nicht als Verstoß gegen Treu und Glauben im Sinne des § 242 BGB dar.
23
aa) Zunächst kann dies nicht aus dem Umstand abgeleitet werden, dass die Benutzung der streitigen Zufahrt nach dem Vorbringen der Kläger 34 Jahre ohne Widerspruch geduldet worden ist. Eine Verwirkung des Unterlassungsanspruchs folgt hieraus nicht.
24
Der Eigentümer verwirkt seine Ansprüche aus dem Eigentum nicht, wenn er Störungen gegenüber solange untätig bleibt, wie sie sich ihm gegenüber als rechtmäßig darstellen. So verhält es sich hier, weil nach dem Vorbringen der Kläger die Nutzung des Weges mit Zustimmung der Beklagten bzw. der Wohnungseigentümer erfolgte. Hierdurch verloren diese jedoch nicht das Recht, die Gestattung zu widerrufen und anschließend Ansprüche aus § 1004 Abs. 1 BGB geltend zu machen (Senat, Urteile vom 16. Mai 2014 - V ZR 181/13, NJW-RR 2014, 1043 Rn. 20 f.; vom 24. April 2015 - V ZR 138/14, NJW-RR 2015, 1234 Rn. 11). Zugleich darf sich derjenige, der - wie die Kläger - ein Nachbargrundstück nutzt, nicht darauf einrichten, dass der Eigentümer, der diese Nutzung über einen langen Zeitraum gestattet hat, auch künftig auf die Geltendmachung seiner Eigentumsrechte verzichtet. Vielmehr muss er damit rechnen, dass seine (bloß schuldrechtliche) Nutzungsbefugnis enden kann und der Eigentümer dann die Unterlassung der Beeinträchtigung verlangen wird (Senat, Urteile vom 16. Mai 2014 - V ZR 181/13, aaO Rn. 21; vom 24. April 2015 - V ZR 138/14, aaO Rn. 11).
25
bb) Nicht tragfähig ist auch der weitere Einwand der Kläger, die Beklagte könne keinen sachlichen Grund für die Sperrung der Zufahrt geltend machen. Abgesehen davon, dass die Beklagte bis zur Grenze der Schikane (§ 226 BGB) einen solchen Grund nicht benötigt (§ 903 Satz 1 BGB), stellt jeder Fahrzeugverkehr eine Beeinträchtigung des Grundstückseigentümers dar, an deren Beschränkung bzw. Verhinderung er ein berechtigtes Interesse hat (Senat, Urteile vom 11. April 2003 - V ZR 323/02, NJW-RR 2003, 1235, 1236 f.; vom 15. November 2013 - V ZR 24/13, NJW 2014, 311 Rn. 27).

III.

26
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Stresemann Schmidt-Räntsch Brückner Göbel Haberkamp
Vorinstanzen:
AG Wiesbaden, Entscheidung vom 21.05.2014 - 91 C 1607/14 (31) -
LG Wiesbaden, Entscheidung vom 26.05.2015 - 4 S 14/14 -

(1) Fehlt einem Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Wege, so kann der Eigentümer von den Nachbarn verlangen, dass sie bis zur Hebung des Mangels die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung dulden. Die Richtung des Notwegs und der Umfang des Benutzungsrechts werden erforderlichenfalls durch Urteil bestimmt.

(2) Die Nachbarn, über deren Grundstücke der Notweg führt, sind durch eine Geldrente zu entschädigen. Die Vorschriften des § 912 Abs. 2 Satz 2 und der §§ 913, 914, 916 finden entsprechende Anwendung.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.