Amtsgericht München Urteil, 09. Aug. 2017 - 1112 OWi 300 Js 121012/17

published on 09/08/2017 00:00
Amtsgericht München Urteil, 09. Aug. 2017 - 1112 OWi 300 Js 121012/17
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Gericht

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Tenor

1. Die Betroffene …, geb. …, ist schuldig des im Bußgeldbescheid des Bayerischen Landesamt für Datenschutzaufsicht vom 7.2.2017 enthaltenen tateinheitlichen vorsätzlichen Verstoßes gegen § 43 II Nr. 1 alt. 1 und 2 BDSG.

2. Gegen sie wird eine Geldbuße in Höhe von 150.-Euro festgesetzt.

3. Sie trägt die Kosten des Verfahrens und ihre notwendigen Auslagen.

Gründe

I.

Die Betroffene wurde auf ihren Antrag vom persönlichen Erscheinen zum Termin entbunden. Der Verteidiger trug zu den persönlichen Verhältnissen vor, dass die Betroffene in geordneten Verhältnissen lebe und ca. … EUR monatlich netto verdiene.

Über Vorahndungen ist dem Gericht nichts bekannt geworden.

II.

Am 11.08.2016 von ca. 13.00 Uhr bis 16.00 Uhr parkte die Betroffene ihren PKW BMW X1, amtliches Kennzeichen … in der M. Straße in München. Das Fahrzeug war vorne und hinten mit einer Videokamera ausgestattet. Die Kameras fertigten laufend Videoaufzeichnungen des vor und hinter dem Fahrzeug befindlichen öffentlichen Verkehrsraums. Diese Aufzeichnungen sind gespeichert worden. Durch diese Weise wurden mindestens drei andere Fahrzeuge, die sich vor oder hinter dem Straßenraum des geparkten Fahrzeugs befanden, aufgezeichnet; die amtlichen Kennzeichen dieser drei Fahrzeuge waren erkennbar. Die Videoaufzeichnungen wurden durch die Betroffene der Polizei übergeben, da ein anderes Fahrzeug das geparkte Fahrzeug gestreift und beschädigt hat und sie in Gestalt der Videoaufzeichnungen Beweismittel für die von ihr angenommene Unfallflucht des/der Fahrer/Fahrerin des Fahrzeugs der Polizei vorgelegt hat.

III.

Durch ihren Verteidiger ließ die Betroffene vortragen, dass der tatsächliche Geschehensablauf eingeräumt werde. Darüber hinaus machte der Verteidiger folgende weiteren Ausführungen:

Er sei der Auffassung, dass die Zulässigkeit von „Dashcams“ im deutschen Straßenverkehr noch nicht abschließend geklärt worden sei und auch der Staat hat eine große Zahl von Daten der Bürger ohne Anlass und klar umrissenen Verwendungszweck erhebe und speichere. Dies stehe dem Datenschutzinteresse des einzelnen diametral entgegen. Die Daten könnten jederzeit vernetzt werden. Dies stehe Privatpersonen nicht zu. Und der Bürger habe weder einen Vorteil von der Datensammlung, noch kann er mit den Daten etwas anfangen, wenn ihm der Zugang zu den entsprechenden Register der Zulassungsstellen z. b. für ein Nummernschild nicht möglich ist. Auch rufe die Polizei geradezu die Bürger auf, Upload-Portale zur Verfügung zu stellen und diese auswerten zu können (zuletzt beim Berliner Anschlag vor Weihnachten). Die Betroffene habe hier keine anderen Personen „ausspionieren“ wollen. Im April sei das Fahrzeug der Mandantin mutwillig und erheblich durch unbekannte Täter beschädigt worden, so dass für den Fall erneuter Beschädigungen Beweise habe sichern wollen. Durch die Aufnahme von Autokennzeichen seien keine schützenswerten Daten erhoben und gespeichert worden. Es sei der Mandantin nur darauf angekommen, potentielle Täter einer Sachbeschädigung am PKW ermitteln zu können. Die einzelnen Fahrer der entsprechenden vor oder hinter dem PKW parkenden Autos seien nicht erkennbar gewesen. Nur die Nummernschilder seien erkennbar gewesen, weitere entferntere Personen nicht. Die Betroffene habe kein Interesse gehabt, irgendwelche Bilder von Personen zu verwenden; diese seien vielmehr nur Beiwerk der jeweiligen Aufnahme gewesen. Eine Verwendungsabsicht sei erst dann gegeben gewesen, wenn es tatsächlich zu einer Beschädigung am Fahrzeug der Betroffenen gekommen wäre. Dies war dann ja auch der Fall. Darüber hinaus überwiege das abstrakte Interesse des Fahrzeugeigentümers an der Durchsetzung von Ansprüchen gegen mögliche Schädiger; der Anspruchsteller habe im Zivilrecht insoweit die Beweispflicht. Dies werde ihm durch die Videoaufnahmen ermöglicht. Dies ergebe sich aus der Wertung des § 6 b Abs. 3 S. 2 BDSG. Im Übrigen handelt es sich um Daten, die allgemein zugänglich i. S. v. § 28 Abs. 1 Nr. 3 BDSG seien. Darüber hinaus handele es sich um Daten, die der Durchführung eines Schuldverhältnisses mit dem Betroffenen dienen würden. Letztendlich sei das Erheben von Daten nicht ordnungswidrig gewesen, da es nur zu einem persönlichen Zweck erfolgt sei. Dies gelte auch für das Speichern der Daten. Darüber hinaus liege ein rechtfertigender Notstand gem. § 16 OWiG vor. Im Übrigen liege bei der Betroffenen ein unvermeidbarer Verbotsirrtum nach § 11 Abs. 2 OWiG vor.

Die Betroffene hat sich daher nach Auffassung des Gerichtes zweier tateinheitlicher vorsätzlicher Verstöße gegen § 43 Abs. 2 Nr. 1 alt. 1 und 2 BDSG, § 19 OWiG schuldig gemacht.

Nach Auffassung des Gerichtes wurden unbefugt personenbezogene Daten, die nicht allgemein zugänglich sind, erhoben und verarbeitet. Personenbezogene Daten liegen nach § 1 Abs. 1, Abs. 2 BDSG vor. § 1 Abs. 2 Ziffer 3 BDSG ist nicht einschlägig, zumal es sich nicht um Daten gehandelt hat, die ausschließlich für persönliche oder familiäre Tätigkeiten erhoben bzw. gespeichert worden sind. Dies gilt jedenfalls nicht dann, wenn, wie im vorliegenden Fall, durch zwei Kameras Aufzeichnungen des Straßenverkehrs gefertigt werden, um potentielle Beweismittel für etwaige Zivil- oder Strafverfahren erheben zu können. Unstreitig sind Kennzeichen dreier anderer Fahrzeuge erhoben und gespeichert worden. Hierbei handelt es sich auch um Daten, die einer bestimmten natürlichen Person zugeordnet werden können. Ausreichend ist dabei, ob die Person „bestimmbar“ ist. Eine Bestimmbarkeit gem. § 3 Abs. 1 BDSG ist dann gegeben, wenn eine Person, auch mit weiteren Hilfsmitteln (z. B. Register) bestimmt werden können. Durch die Nachschau entsprechenden Register kann ein Autokennzeichen an einem bestimmten Fahrzeug und somit einer bestimmten Person als Halter zugeordnet werden. Dies ist hier letztendlich auch durch die Polizei erfolgt. Die Halterin bzw. Fahrerin konnte ermittelt werden; der Schaden ist reguliert worden.

Die Erhebung und Speicherung der Daten erfolgte unzulässig. Die Betroffene kann sich nicht gem. § 6 b Abs. 1 Ziffer 3 BDSG auf berechtigte Interessen berufen. Dies gilt nach dem Wortlaut von § 6 b Abs. 1 Ziffer 3 dann, wenn „keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen“. Nach Auffassung des Gerichtes überwiegt hier im vorliegenden Fall, das Recht der gefilmten Personen auf informationelle Selbstbestimmung. Das Interesse der Betroffenen an der Aufdeckung von einer potentiellen Straftat muss hierbei zurückstehen. Durch das permanente anlasslose Filmen des Bereichs vor und hinter dem geparkten Fahrzeug befindlichen Straßenraums verletzt das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und stellt einen schwierigen Eingriff in dieses Recht dar. Es geht nicht an, dass „80 Mio. Bundesbürger“ mit Kameras herumlaufen um irgendwelche Situationen aufnehmen zu können, die eine Straftat aufdecken könnten. Eine permanente Überwachung jeglichen öffentlich Raumes durch Privatbürger ist nicht zulässig, da es in das Recht unbeteiligter Personen in schwerwiegender Weise eingreift, selbst bestimmen zu können wo und wann man sich aufhält, ohne dass unbeteiligte Personen dies dokumentieren und bei Behörden verwenden würden. Im Übrigen sei die Betroffene darauf hingewiesen, dass an staatlich überwachten Stellen ein entsprechender Hinweis angebracht ist, dass beispielsweise „dieser Platz“ videoüberwacht sei. Der so betroffene Bürger kann sich darauf einstellen und selbst entscheiden, ob er sich weiterhin auf dem Platz aufhält oder nicht. Bei unangekündigten Überwachungen privater Personen ist dies aber nicht der Fall. Bei einer entsprechenden Interessenabwägung muss das Recht auf informationelle Selbstbestimmung die Überhand behalten. Das anlasslose Filmen anderer Verkehrsteilnehmer ist nicht nur ein geringfügiger Eingriff in Persönlichkeitsrechte der Betroffenen Verkehrsteilnehmer (vgl. auch VG Ansbach, Urteil vom 12.08.2014, Az. 4 K 13.01634; Amtsgericht München, Beschluss vom 13.08.2014, Az. 345 C 5551/14).

Im vorliegenden Falle braucht auch nicht entschieden werden, ob die Betroffene berechtigt ist, derartige Aufnahmen in Zivilprozessen zur Beweissicherung zu verwenden. Hier geht es um einen Verstoß gegen das Bundesdatenschutzgesetz und um die Erhebung und Speicherung von Daten. Auch wurden nochmals ausgeführte Daten nicht erhoben, weil bereits ein Unfall passiert ist, sondern zuvor ohne konkreten Anlass die Kameras eingerichtet zur dauernden Aufnahme und Speicherung. Auch sticht das Argument nicht, dass es sich um Daten handele, die der Durchführung eines gesetzlichen Schuldverhältnisses dienen würden. Ein solches Entstehen Schuldverhältnis ergibt sich aber erst ab dem Zeitpunkt des Unfalls, nicht schon zuvor.

Dabei hat die Betroffene vorsätzlich gehandelt. Sie hat die Videokameras wissentlich und willentlich in ihrem Fahrzeug eingebaut bzw. einbauen lassen und diese in Betrieb gesetzt, so dass die Kameras über einen nicht unerheblichen Zeitraum hinweg Aufnahmen fertigten und gespeichert haben. Dies wusste die Betroffene.

Die Betroffene hat sich auch nicht in einem rechtfertigenden Notstand nach § 16 OWiG befunden. Bei der Abwägung der insoweit erforderlichen widerstreitigen Interessen darf auf die obigen Ausführungen verwiesen werden und auf den schwerwiegenden Eingriff in schutzwürdige Interessen unbeteiligter Personen. Dies gilt auch für § 16 OWiG. Die Betroffene hat sich auch nicht in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum i. S. v. § 11 OWiG befunden. Die Betroffene hat nicht vorgetragen, dass sie vor Installierung der Kameras anwaltlichen Rat eingeholt habe. Darüber hinaus liegt ein unvermeidbarer Verbotsirrtum nicht automatisch dann vor, wenn bei einer schwierigen Rechtslage es unterschiedliche Meinungen gibt. Hier muss man allein auf die Verletzung des § 43 Abs. 2 Nr. 1 BDSG abstellen und auf die Frage, ob personenbezogene Daten unbefugt erhoben und verarbeitet werden. Auch bei dieser Fragestellung bezogen befand sich die Betroffene nach Auffassung des Gerichtes in einem vermeidbaren Verbotsirrtum. Sie hat nicht dargelegt, nähere rechtliche Auskünfte von irgendeiner Seite erhoben zu haben und dann eine Entscheidung für sich selbst getroffen zu haben. Offenbar wurden die Kameras mehr oder minder ohne große rechtlichen Überlegungen über die Zulässigkeit in das Fahrzeug eingebaut und verwendet.

Nach Auffassung des Gerichtes liegt tateinheitliches Handeln im Sinne der genannten Vorschrift bezogen auf das Erheben und Verarbeiten gem. § 19 OWiG vor.

§ 43 Abs. 3 S. 1 sieht eine Geldbuße bis zu 300.000,00 EUR vor.

Bei der Bemessung der Geldbuße war zunächst zu berücksichtigen, dass die Betroffene offenbar sich noch nichts hat zu Schulden kommen lassen. Sie lebt in geordneten Verhältnissen und verdient monatlich … EUR netto. Zu ihren Gunsten konnte gewertet werden, dass offenbar in der Vergangenheit das Fahrzeug schon mal beschädigt worden ist und die Betroffene subjektiv einen Anlass hatte, die Kameras einzusetzen.

Unter Abwägung aller Umstände hält das Gericht eine Geldbuße von 150,00 EUR tat- und schuldangemessen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 46 OWiG, §§ 464, 465 StPO.

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Annotations

(1) Abweichend von Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 ist die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten im Sinne des Artikels 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 zulässig, wenn sie für im öffentlichen Interesse liegende Archivzwecke erforderlich ist. Der Verantwortliche sieht angemessene und spezifische Maßnahmen zur Wahrung der Interessen der betroffenen Person gemäß § 22 Absatz 2 Satz 2 vor.

(2) Das Recht auf Auskunft der betroffenen Person gemäß Artikel 15 der Verordnung (EU) 2016/679 besteht nicht, wenn das Archivgut nicht durch den Namen der Person erschlossen ist oder keine Angaben gemacht werden, die das Auffinden des betreffenden Archivguts mit vertretbarem Verwaltungsaufwand ermöglichen.

(3) Das Recht auf Berichtigung der betroffenen Person gemäß Artikel 16 der Verordnung (EU)2016/679besteht nicht, wenn die personenbezogenen Daten zu Archivzwecken im öffentlichen Interesse verarbeitet werden. Bestreitet die betroffene Person die Richtigkeit der personenbezogenen Daten, ist ihr die Möglichkeit einer Gegendarstellung einzuräumen. Das zuständige Archiv ist verpflichtet, die Gegendarstellung den Unterlagen hinzuzufügen.

(4) Die in Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe a, b und d, den Artikeln 20 und 21 der Verordnung (EU)2016/679vorgesehenen Rechte bestehen nicht, soweit diese Rechte voraussichtlich die Verwirklichung der im öffentlichen Interesse liegenden Archivzwecke unmöglich machen oder ernsthaft beeinträchtigen und die Ausnahmen für die Erfüllung dieser Zwecke erforderlich sind.

Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Handlung begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren, das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt. Dies gilt jedoch nur, soweit die Handlung ein angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden.

(1) Wer bei Begehung einer Handlung einen Umstand nicht kennt, der zum gesetzlichen Tatbestand gehört, handelt nicht vorsätzlich. Die Möglichkeit der Ahndung wegen fahrlässigen Handelns bleibt unberührt.

(2) Fehlt dem Täter bei Begehung der Handlung die Einsicht, etwas Unerlaubtes zu tun, namentlich weil er das Bestehen oder die Anwendbarkeit einer Rechtsvorschrift nicht kennt, so handelt er nicht vorwerfbar, wenn er diesen Irrtum nicht vermeiden konnte.

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Gesetze, nach denen sie als Ordnungswidrigkeit geahndet werden kann, oder ein solches Gesetz mehrmals, so wird nur eine einzige Geldbuße festgesetzt.

(2) Sind mehrere Gesetze verletzt, so wird die Geldbuße nach dem Gesetz bestimmt, das die höchste Geldbuße androht. Auf die in dem anderen Gesetz angedrohten Nebenfolgen kann erkannt werden.

(1) Dieses Gesetz gilt für die Verarbeitung personenbezogener Daten durch

1.
öffentliche Stellen des Bundes,
2.
öffentliche Stellen der Länder, soweit der Datenschutz nicht durch Landesgesetz geregelt ist und soweit sie
a)
Bundesrecht ausführen oder
b)
als Organe der Rechtspflege tätig werden und es sich nicht um Verwaltungsangelegenheiten handelt.
Für nichtöffentliche Stellen gilt dieses Gesetz für die ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten sowie die nicht automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einem Dateisystem gespeichert sind oder gespeichert werden sollen, es sei denn, die Verarbeitung durch natürliche Personen erfolgt zur Ausübung ausschließlich persönlicher oder familiärer Tätigkeiten.

(2) Andere Rechtsvorschriften des Bundes über den Datenschutz gehen den Vorschriften dieses Gesetzes vor. Regeln sie einen Sachverhalt, für den dieses Gesetz gilt, nicht oder nicht abschließend, finden die Vorschriften dieses Gesetzes Anwendung. Die Verpflichtung zur Wahrung gesetzlicher Geheimhaltungspflichten oder von Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnissen, die nicht auf gesetzlichen Vorschriften beruhen, bleibt unberührt.

(3) Die Vorschriften dieses Gesetzes gehen denen des Verwaltungsverfahrensgesetzes vor, soweit bei der Ermittlung des Sachverhalts personenbezogene Daten verarbeitet werden.

(4) Dieses Gesetz findet Anwendung auf öffentliche Stellen. Auf nichtöffentliche Stellen findet es Anwendung, sofern

1.
der Verantwortliche oder Auftragsverarbeiter personenbezogene Daten im Inland verarbeitet,
2.
die Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen der Tätigkeiten einer inländischen Niederlassung des Verantwortlichen oder Auftragsverarbeiters erfolgt oder
3.
der Verantwortliche oder Auftragsverarbeiter zwar keine Niederlassung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum hat, er aber in den Anwendungsbereich der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in der jeweils geltenden Fassung fällt.
Sofern dieses Gesetz nicht gemäß Satz 2 Anwendung findet, gelten für den Verantwortlichen oder Auftragsverarbeiter nur die §§ 8 bis 21, 39 bis 44.

(5) Die Vorschriften dieses Gesetzes finden keine Anwendung, soweit das Recht der Europäischen Union, im Besonderen die Verordnung (EU) 2016/679 in der jeweils geltenden Fassung, unmittelbar gilt.

(6) Bei Verarbeitungen zu Zwecken gemäß Artikel 2 der Verordnung (EU) 2016/679 stehen die Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum den Mitgliedstaaten der Europäischen Union gleich. Andere Staaten gelten insoweit als Drittstaaten.

(7) Bei Verarbeitungen zu Zwecken gemäß Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie (EU) 2016/680 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI des Rates (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 89) stehen die bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands assoziierten Staaten den Mitgliedstaaten der Europäischen Union gleich. Andere Staaten gelten insoweit als Drittstaaten.

(8) Für Verarbeitungen personenbezogener Daten durch öffentliche Stellen im Rahmen von nicht in die Anwendungsbereiche der Verordnung (EU) 2016/679 und der Richtlinie (EU) 2016/680 fallenden Tätigkeiten finden die Verordnung (EU) 2016/679 und die Teile 1 und 2 dieses Gesetzes entsprechend Anwendung, soweit nicht in diesem Gesetz oder einem anderen Gesetz Abweichendes geregelt ist.

Die Verarbeitung personenbezogener Daten durch eine öffentliche Stelle ist zulässig, wenn sie zur Erfüllung der in der Zuständigkeit des Verantwortlichen liegenden Aufgabe oder in Ausübung öffentlicher Gewalt, die dem Verantwortlichen übertragen wurde, erforderlich ist.

Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Handlung begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren, das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt. Dies gilt jedoch nur, soweit die Handlung ein angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden.

(1) Wer bei Begehung einer Handlung einen Umstand nicht kennt, der zum gesetzlichen Tatbestand gehört, handelt nicht vorsätzlich. Die Möglichkeit der Ahndung wegen fahrlässigen Handelns bleibt unberührt.

(2) Fehlt dem Täter bei Begehung der Handlung die Einsicht, etwas Unerlaubtes zu tun, namentlich weil er das Bestehen oder die Anwendbarkeit einer Rechtsvorschrift nicht kennt, so handelt er nicht vorwerfbar, wenn er diesen Irrtum nicht vermeiden konnte.

(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig

1.
entgegen § 30 Absatz 1 ein Auskunftsverlangen nicht richtig behandelt oder
2.
entgegen § 30 Absatz 2 Satz 1 einen Verbraucher nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig unterrichtet.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro geahndet werden.

(3) Gegen Behörden und sonstige öffentliche Stellen im Sinne des § 2 Absatz 1 werden keine Geldbußen verhängt.

(4) Eine Meldung nach Artikel 33 der Verordnung (EU) 2016/679 oder eine Benachrichtigung nach Artikel 34 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 darf in einem Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten gegen den Meldepflichtigen oder Benachrichtigenden oder seine in § 52 Absatz 1 der Strafprozessordnung bezeichneten Angehörigen nur mit Zustimmung des Meldepflichtigen oder Benachrichtigenden verwendet werden.

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Gesetze, nach denen sie als Ordnungswidrigkeit geahndet werden kann, oder ein solches Gesetz mehrmals, so wird nur eine einzige Geldbuße festgesetzt.

(2) Sind mehrere Gesetze verletzt, so wird die Geldbuße nach dem Gesetz bestimmt, das die höchste Geldbuße androht. Auf die in dem anderen Gesetz angedrohten Nebenfolgen kann erkannt werden.

(1) Für das Bußgeldverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sinngemäß die Vorschriften der allgemeinen Gesetze über das Strafverfahren, namentlich der Strafprozeßordnung, des Gerichtsverfassungsgesetzes und des Jugendgerichtsgesetzes.

(2) Die Verfolgungsbehörde hat, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, im Bußgeldverfahren dieselben Rechte und Pflichten wie die Staatsanwaltschaft bei der Verfolgung von Straftaten.

(3) Anstaltsunterbringung, Verhaftung und vorläufige Festnahme, Beschlagnahme von Postsendungen und Telegrammen sowie Auskunftsersuchen über Umstände, die dem Post- und Fernmeldegeheimnis unterliegen, sind unzulässig. § 160 Abs. 3 Satz 2 der Strafprozeßordnung über die Gerichtshilfe ist nicht anzuwenden. Ein Klageerzwingungsverfahren findet nicht statt. Die Vorschriften über die Beteiligung des Verletzten am Verfahren und über das länderübergreifende staatsanwaltschaftliche Verfahrensregister sind nicht anzuwenden; dies gilt nicht für § 406e der Strafprozeßordnung.

(4) § 81a Abs. 1 Satz 2 der Strafprozeßordnung ist mit der Einschränkung anzuwenden, daß nur die Entnahme von Blutproben und andere geringfügige Eingriffe zulässig sind. Die Entnahme einer Blutprobe bedarf abweichend von § 81a Absatz 2 Satz 1 der Strafprozessordnung keiner richterlichen Anordnung, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass eine Ordnungswidrigkeit begangen worden ist

1.
nach den §§ 24a und 24c des Straßenverkehrsgesetzes oder
2.
nach § 7 Absatz 1 des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes in Verbindung mit einer Vorschrift einer auf Grund des § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes erlassenen Rechtsverordnung, sofern diese Vorschrift das Verhalten im Verkehr im Sinne des § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes regelt.
In einem Strafverfahren entnommene Blutproben und sonstige Körperzellen, deren Entnahme im Bußgeldverfahren nach Satz 1 zulässig gewesen wäre, dürfen verwendet werden. Die Verwendung von Blutproben und sonstigen Körperzellen zur Durchführung einer Untersuchung im Sinne des § 81e der Strafprozeßordnung ist unzulässig.

(4a) § 100j Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 der Strafprozessordnung, auch in Verbindung mit § 100j Absatz 2 der Strafprozessordnung, ist mit der Einschränkung anzuwenden, dass die Erhebung von Bestandsdaten nur zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten zulässig ist, die gegenüber natürlichen Personen mit Geldbußen im Höchstmaß von mehr als fünfzehntausend Euro bedroht sind.

(5) Die Anordnung der Vorführung des Betroffenen und der Zeugen, die einer Ladung nicht nachkommen, bleibt dem Richter vorbehalten. Die Haft zur Erzwingung des Zeugnisses (§ 70 Abs. 2 der Strafprozessordnung) darf sechs Wochen nicht überschreiten.

(6) Im Verfahren gegen Jugendliche und Heranwachsende kann von der Heranziehung der Jugendgerichtshilfe (§ 38 des Jugendgerichtsgesetzes) abgesehen werden, wenn ihre Mitwirkung für die sachgemäße Durchführung des Verfahrens entbehrlich ist.

(7) Im gerichtlichen Verfahren entscheiden beim Amtsgericht Abteilungen für Bußgeldsachen, beim Landgericht Kammern für Bußgeldsachen und beim Oberlandesgericht sowie beim Bundesgerichtshof Senate für Bußgeldsachen.

(8) Die Vorschriften zur Durchführung des § 191a Absatz 1 Satz 1 bis 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes im Bußgeldverfahren sind in der Rechtsverordnung nach § 191a Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes zu bestimmen.

(1) Jedes Urteil, jeder Strafbefehl und jede eine Untersuchung einstellende Entscheidung muß darüber Bestimmung treffen, von wem die Kosten des Verfahrens zu tragen sind.

(2) Die Entscheidung darüber, wer die notwendigen Auslagen trägt, trifft das Gericht in dem Urteil oder in dem Beschluß, der das Verfahren abschließt.

(3) Gegen die Entscheidung über die Kosten und die notwendigen Auslagen ist sofortige Beschwerde zulässig; sie ist unzulässig, wenn eine Anfechtung der in Absatz 1 genannten Hauptentscheidung durch den Beschwerdeführer nicht statthaft ist. Das Beschwerdegericht ist an die tatsächlichen Feststellungen, auf denen die Entscheidung beruht, gebunden. Wird gegen das Urteil, soweit es die Entscheidung über die Kosten und die notwendigen Auslagen betrifft, sofortige Beschwerde und im übrigen Berufung oder Revision eingelegt, so ist das Berufungs- oder Revisionsgericht, solange es mit der Berufung oder Revision befaßt ist, auch für die Entscheidung über die sofortige Beschwerde zuständig.

(1) Die Kosten des Verfahrens hat der Angeklagte insoweit zu tragen, als sie durch das Verfahren wegen einer Tat entstanden sind, wegen derer er verurteilt oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung gegen ihn angeordnet wird. Eine Verurteilung im Sinne dieser Vorschrift liegt auch dann vor, wenn der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt wird oder das Gericht von Strafe absieht.

(2) Sind durch Untersuchungen zur Aufklärung bestimmter belastender oder entlastender Umstände besondere Auslagen entstanden und sind diese Untersuchungen zugunsten des Angeklagten ausgegangen, so hat das Gericht die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten. Dies gilt namentlich dann, wenn der Angeklagte wegen einzelner abtrennbarer Teile einer Tat oder wegen einzelner von mehreren Gesetzesverletzungen nicht verurteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für die notwendigen Auslagen des Angeklagten. Das Gericht kann anordnen, dass die Erhöhung der Gerichtsgebühren im Falle der Beiordnung eines psychosozialen Prozessbegleiters ganz oder teilweise unterbleibt, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten.

(3) Stirbt ein Verurteilter vor eingetretener Rechtskraft des Urteils, so haftet sein Nachlaß nicht für die Kosten.