Amtsgericht München Endurteil, 17. Okt. 2018 - 262 C 8967/18

bei uns veröffentlicht am17.10.2018

Gericht

Amtsgericht München

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin und Widerbeklagte wird verurteilt, an die Beklagte und Widerklägerin 4.590,65 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 30.07.2018 zu bezahlen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin und Widerbeklagte zu tragen.

4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 4.590,65 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Die Klagepartei fordert Haftkapital aus abgetretenem Recht ein.

Die Beklagte war über die ... (im Folgenden: Treuhänderin) als Treuhänderin mit einer Einlage von 20.000,00 EUR am Dachfonds ... (haftungsbeschränkt) ... (im Folgenden: ...) beteiligt. Die ... beteiligte sich u.a. an der ... (haftungsbeschränkt) ... (im Folgenden: ...) und der ... (im Folgenden: ...) in Höhe von 5.250.000,00 EUR, bzw. 2 Mio. EUR.

In den Jahren 2003 bis 2008 erhielt die Klägerin über die Treuhänderin Ausschüttungen auf die Beteiligungen.

Die beiden Schiffsfonds sind mittlerweile insolvent. Insolvenzverwalter der ... ist Rechtsanwalt Dr. ..., der ... Rechtsanwalt ...

Unter dem 01.07.2015 wurde zwischen der Treuhänderin und den Insolvenzverwaltern eine Vereinbarung über die Abtretung von Freistellungsansprüchen aus dem Treuhandvertrag geschlossen (Anlage K 3). Diese Vereinbarung enthält in § 2 eine Regelung über die Abtretung und Freihaltung von Ansprüchen.

Durch Schreiben vom 06.12.2017 wurde der Beklagten angezeigt, dass Ansprüche gegen sie an die Klagepartei abgetreten worden seien.

Die Klagepartei erhob gegen die Beklagte am 29.12.2017 beim Amtsgericht Hamburg Klage.

Nach Zustellung der Klage am 26.01.2018 überwies die Beklagte an die Anwälte der Klagepartei am 30.01.2018 EUR 4.590,65.

Als Verwendungszweck ist angegeben

„Az ..., Vertrags-Nr. ... für ..., München,

... Zahlung unter Vorbehalt“

(vgl. Anlage B 1).

Durch Schreiben vom 31.01.2018 schrieb sie ans Amtsgericht Hamburg:

„Ich habe die ... (Filiale in München) angewiesen den geforderten Betrag von Euro 4.590,65 unter Vorbehalt auf das angegebene Konto der ... zu überweisen. Von Vertretung durch einen Rechtsanwalt werde ich vorerst absehen.“

Die Klagepartei trägt vor, die beiden Insolvenzverwalter hätten zur Geltendmachung von Forderungen eine GbR gegründet.

Nach § 6 des zwischen der Beklagten und der Treuhänderin bestehenden Treuhandvertrages sei die Beklagte verpflichtet, die Treuhänderin von allen Verbindlichkeiten und Kosten freizustellen bzw. diese zu erstatten, die diese im Zusammenhang mit der für die beklagte Partei gehaltenen Beteiligung an der ... und deren Verwaltung entstehen.

Zur Vereinfachung des Verfahrens habe die Treuhänderin daher die ihr gegen die beklagte Partei und die weiteren Treugeber zustehenden Freistellungsansprüche an die GbR abgetreten.

Die Klagepartei beantragt zuletzt,

festzustellen, dass der Rechtsstreit erledigt ist.

Die Beklagtenseite beantragt

Klageabweisung und widerklagend

die Klagepartei wird verurteilt, an die Beklaggte EUR 4.590,65 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Sie bestreitet die Existenz der Klagepartei. Falls diese überhaupt begründet worden sei, sei diese Begründung jedenfalls gemäß § 134 BGB nichtig, weil die beteiligten Insolvenzverwalter gegenläufige Ziele (Wahrung der Interessen der Gläubiger der jeweiligen Insolvenzschuldner) verfolgten und nicht ein einheitliches Ziel, wie es zur Begründung einer BGB-Gesellschaft erforderlich sei.

Darüber hinaus erhebt sie zahlreiche weitere Einwendungen.

Insbesondere sei die Klage nicht ausreichend substantiiert. Es sei nicht dargetan, dass die Klagepartei bei der abtretenden Treuhandgesellschaft mit ihrer Forderung ausgefallen sei. Diesbezüglich fehlten auch Ausführungen zur Höhe der Forderung.

Ferner stünde dem Insolvenzverwalter keine Forderungszuständigkeit vor, da der Forderungseinzug nach § 171 HGB mit Forderungen außerhalb des § 38 InsO begründet werde.

Auch sei nicht vorgetragen, dass die Klagepartei Ausschüttungen erhalten haben solle.

Ausweislich der Abtretungsvereinbarung sei diese nicht an die GbR erfolgt, mit der Folge, dass Gläubiger weiterin die jeweiligen Insolvenzmassen seien.

Schließlich wird die Einrede der Verjährung erhoben.

Die Klagepartei beantragt

Abweisung der Widerklage.

Sie ist der Auffassung, sie habe den von der Beklagtenseite bezahlten Betrag mit Rechtsgrund erhalten.

Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Es war ohne Veranlassung zum Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung aufgrund der nicht nachgelassenen Schriftsätze der Beklagten vom 5. und 9.10.2018 zu entscheiden weil nicht ersichtlich ist, weshalb die Beklagte nicht in der Lage gewesen sein sollte, den dort enthaltenen neuen Sachvortrag vor Schluss der mündlichen Verhandlung zu erbringen.

Die Klage ist unzulässig, weil die konkreten Klagegegenstände nicht ersichtlich sind, § 253 Abs. 2 Ziff. 2 ZPO.

Die Klagepartei macht angeblich auf sie übergegangene Ansprüche der Treuhänderin gegen die Beklagte aus deren Beteiligungen an zwei verschiedenen Schiffsfonds geltend.

Diese beiden Beteiligungen und die hieraus resultierenden gegenständlichen (indirekten) Ansprüche der jeweiligen Insolvenzgläubiger gegen die Beklagte stellen zwei selbständige Lebenssachverhalte dar.

Es wäre Aufgabe der Klagepartei gewesen, zwischen diesen beiden Sachverhalten wenigstens betragsmäßig zu differenzieren, also darzulegen, welche Beträge auf Forderungen der Gläubiger der ... und welche auf Forderungen der ... beruhen, worauf das Gericht hingewiesen hat.

Dies ist der Klagepartei nach Auskunft deren anwaltlicher Vertretung im Termin vom 22.8.2018 nicht möglich.

An dieser rechtlichen Beurteilung ändert auch der Umstand nichts, dass Gegenstand der Klage nicht die Ansprüche der Gläubiger der beiden Schiffsfonds direkt sind, sondern hieraus resultierende Ansprüche der Treuhänderin gegenüber der Beklagten.

Auch wenn man zu Gunsten der Klagepartei davon ausgeht, dass zwischen der Beklagten und der Treuhänderin für beide Beteiligungen ein einheitlicher Treuhandvertrag besteht, aus dem sich ein Anspruch der Treuhänderin auf Freistellung von Ansprüchen der Gläubiger der beiden insolventen Schiffsfonds ergeben soll, bewirkt dies nicht, dass es sich hierbei lediglich um unselbständige Rechnungspositionen eines einheitlichen Klagegegenstandes (Freistellungsanspruch der Treuhänderin) handelt.

Dies gilt umso mehr, als diese beiden Freistellungsansprüche dadurch, dass sie unterschiedlichen Vermögensmassen zustehen, unterschiedliche Verläufe genommen haben.

Die Klage daher schon aus diesem Grunde abzuweisen, ohne dass es auf deren Unbegründetheit ankäme, die sich aus den nachstehenden Ausführungen zur Widerklage ergibt.

Die Widerklage ist zulässig.

Die Widerbeklagte ist als Gesellschaft bürgerlichen Rechts prozess- und parteifähig.

Es mag dahinstehen, ob die beteiligten Insolvenzverwalter wirksame schriftliche Erklärungen zur Begründung einer BGB-Gesellschaft abgegeben haben.

Auch ist unerheblich, ob ein solcher Vertrag gemäß § 134 BGB nichtig wäre, wie die Beklagte meint.

Die beteiligten Insolvenzverwalter haben sich jedenfalls durch die Erhebung der Klage formlos zur gerichtlichen Geltendmachung der Ansprüche gegen die Beklagte wirksam zu einer BGB-Gesellschaft verbunden, den geltend gemachte Betrag im Lauf des Rechtsstreits erhalten und müssen sich daher jedenfalls im Passivprozess als wirksam errichtete GbR behandeln lassen.

Die Widerklage ist auch begründet.

Die Beklagte und Widerklägerin kann von der Klägerin und Widerbeklagten Rückzahlung der an sie geleisteten EUR 4.590,65 aus § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB (Leistungskondition) verlangen.

Die Zahlung der Beklagten an die klägerischen Anwälte ist angesichts des Umstandes, dass diese als Reaktion auf die von der Klagepartei erhobene Klage erfolgte, als Zahlung an die Klagepartei anzusehen.

Diese Zahlung ist unter Berücksichtigung des Vermerks auf der Überweisung und des Schreibens der Beklagten vom 31.01.2018 als Leistung der Beklagten mit Erfüllungswirkung anzusehen.

Dies ergibt sich daraus, dass die Beklagte ausdrücklich erklärt hat, von einer Vertretung durch einen Rechtsanwalt vorerst absehen zu wollen. Damit ist davon auszugehen, dass die Beklagte durch ihren Vorbehalt lediglich die Wirkung des § 814 BGB ausschließen wollte.

An dieser Auslegung ändert auch nichts, dass die Beklagte sich in der Folgezeit doch entschlossen hat, den Rechtsstreit fortzuführen. Dies gilt urnso mehr, als sie die innerhalb der vom Amtsgericht Hamburg durch Beschluss vom 28.02.2018 gesetzten Frist zu einer klarstellenden Äußerung über den erklärten Vorbehalt keine Erklärung abgegeben hat.

Damit ist davon auszugehen, dass sich die Beklagte und Widerklägerin nicht auch vorbehalten hat, dass die Empfängerin der Zahlung weiterhin die Beweislast für die Berechtigung ihrer Forderungen hat.

Es ist daher Aufgabe der Klägerin und Widerbeklagten, das Bestehen ihres Anspruchs schlüssig darzulegen. Dessen Nichtbestehen hat die Beklagte und Widerklägerin zu beweisen, worauf das Gericht hingewiesen hat.

Der mit der Klage geltend gemachte und von der Beklagten und Widerklägerin bezahlte Anspruch besteht nicht, weshalb die Zahlung rechtsgrundlos erfolgte.

Obwohl die Beklagte und Widerklägerin nicht müde wurde, immer wieder auf die Unsubstantiiertheit der Klage, insbesondere darauf hinzuweisen, dass es Aufgabe der Klägerin und Widerbeklagten sei, zwischen den Ansprüchen der Gläubiger der beiden insolventen Schiffsfonds zu differenzieren, erfolgte dies nicht.

Obwohl die Beklagtenseite ausdrücklich darauf hinwies, dass die beiden beteiligten Insolvenzverwalter zwischen den Forderungen der beiden Schiffsfonds zu differenzieren hätten, erklärte der Bevollmächtigte der Klägerin und Widerbeklagten im Termin vom 22.08.2018 ausdrücklich, eine derartige Differenzierung sei ihm nicht möglich.

Bereits aus diesem Grunde ist der klägerische Sachvortrag für die Beklagte inhaltlich nicht einlassungsfähig.

Da der Widerklage schon aus diesem Grund stattzugeben war, mag dahinstehen, ob die angeblichen Ansprüche der Treuhänderin wirksam an die Klagepartei abgetreten wurden, woran erhebliche Bedenken bestehen.

Die Entscheidung über die Zinsen beruht auf §§ 286, 288 BGB.

Kosten: § 91 ZPO.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 709 ZPO.

Streitwert: § 3 ZPO i.V.m. § 45 Abs. 1 S. 3 GKG.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 286 Verzug des Schuldners


#BJNR001950896BJNE027902377 (1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Z

Zivilprozessordnung - ZPO | § 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen


Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 134 Gesetzliches Verbot


Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 45 Klage und Widerklage, Hilfsanspruch, wechselseitige Rechtsmittel, Aufrechnung


(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine

Insolvenzordnung - InsO | § 38 Begriff der Insolvenzgläubiger


Die Insolvenzmasse dient zur Befriedigung der persönlichen Gläubiger, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben (Insolvenzgläubiger).

Handelsgesetzbuch - HGB | § 171


(1) Der Kommanditist haftet den Gläubigern der Gesellschaft bis zur Höhe seiner Einlage unmittelbar; die Haftung ist ausgeschlossen, soweit die Einlage geleistet ist. (2) Ist über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 814 Kenntnis der Nichtschuld


Das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete kann nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war, oder wenn die Leistung einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand z

Referenzen

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(1) Der Kommanditist haftet den Gläubigern der Gesellschaft bis zur Höhe seiner Einlage unmittelbar; die Haftung ist ausgeschlossen, soweit die Einlage geleistet ist.

(2) Ist über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so wird während der Dauer des Verfahrens das den Gesellschaftsgläubigern nach Absatz 1 zustehende Recht durch den Insolvenzverwalter oder den Sachwalter ausgeübt.

Die Insolvenzmasse dient zur Befriedigung der persönlichen Gläubiger, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben (Insolvenzgläubiger).

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

Das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete kann nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war, oder wenn die Leistung einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprach.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

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(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Betreffen die Ansprüche im Fall des Satzes 1 oder 2 denselben Gegenstand, ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend.

(2) Für wechselseitig eingelegte Rechtsmittel, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, ist Absatz 1 Satz 1 und 3 entsprechend anzuwenden.

(3) Macht der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung geltend, erhöht sich der Streitwert um den Wert der Gegenforderung, soweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über sie ergeht.

(4) Bei einer Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.