Amtsgericht Mönchengladbach Beschluss, 15. Feb. 2016 - 15a III1/16
Gericht
Tenor
Die Standesbeamtin wird angewiesen, im Wege einer Folgebeurkundung die Namensänderung des Kindes mit Wirkung zum 23.01.2001 im Geburtenregister des Standesamtes F. Nr. 40/1985 einzutragen.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
1
Gründe:
2Die Zweifelsvorlage ist zulässig und begründet.
3Der Nachname "M.-I." wurde der Beteiligten zu 1. nicht wirksam erteilt. Sie durfte und darf aber auf die Richtigkeit dieser Namensführung vertrauen.
4Voraussetzung gemäß § 1618 BGB ist u.a., dass der Elternteil, dem die elterliche Sorge für ein unverheiratetes Kind allein oder gemeinsam mit dem anderen Elternteil zusteht, und sein Ehegatte, der nicht Elternteil des Kindes ist, dem Kind, das sie in ihren gemeinsamen Haushalt aufgenommen haben, durch Erklärung gegenüber dem Standesamt ihren Ehenamen erteilen. Diese Erklärungen sind laut den vorhandenen Akten niemals erfolgt. Durch den gerichtlichen Beschluss vom 09.03.2000 wurde lediglich die Zustimmung des anderen Elternteils ersetzt.
5Gemäß des Beschlusses des BVerfG vom 11.04.2001, Az. 1 BvR 1646/97 genießt jemand, der über lange Zeit auch in amtlichen Dokumenten einen bestimmten Namen führt, damit eine geschützte Position. Auch wenn die Namenseintragung ursprünglich nicht korrekt gewesen sein mag, kann dies nicht ohne Rücksicht auf das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen rückgängig gemacht werden.
6Das BVerfG bezieht sich auf Art. 2 Abs. 1 GG zur Begründung im Wesentlichen darauf, dass der Name eines Menschen, der Ausdruck der Identität und Individualität des Namensträgers ist, sich als solcher nicht beliebig austauschen lässt. Eine Namensänderung beeinträchtigt die Persönlichkeit und darf nicht ohne gewichtigen Grund gefordert werden. Dabei ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren. Dies gilt auch für den von einem Menschen tatsächlich geführten Namen, nicht nur für den rechtmäßig erworbenen, sofern er auf die Richtigkeit der Namensführung vertrauen durfte. Dagegen muss das öffentliche Interesse an der Richtigkeit von Eintragungen in Personenstandesurkunden abgewogen werden.
7Das Einwohnermeldeamt Z. stellte aufgrund des Beschlusses des Amtsgerichts I. vom 09.03.2000 am 23.01.2001 einen neuen Personalausweis auf den Namen "M.-I." aus. Seitdem führt die Beteiligte zu 1. diesen Namen in sämtlichen Dokumenten. Es handelt sich um viele Jahre des Gebrauchs auch in amtlichen Dokumenten. Der Zeit- und der Vertrauenstatbestand sind gegeben. Bei der Abwägung des Persönlichkeitsrechts mit dem öffentlichen Interesse überwiegt ersteres. Die Person der Beteiligten zu 1. und ihre Stellung in der Gesellschaft sind unabdingbar mit dem Namen „M.-I.“ verbunden.
8Da der ursprüngliche Eintrag im Geburtenregister richtig war, kommt nur eine Folgebeurkundung in Betracht. Als Zeitpunkt der Wirksamkeit bietet es sich für den vorliegenden Zusammenhang an, auf das Datum abzustellen, zu dem der "neue Name" erstmals nachweislich behördlich verwendet wurde (vgl. Krömer, StAZ 2012, 151). Dies ist hier das Datum der ersten Ausstellung des falschen Personalausweises am 23.01.2001.
9Denn der Namensänderung kommt nach ihrem Wirksamwerden auch Rückwirkung zu. In § 3 Abs. 2 StAG (Staatsangehörigenrecht) geht es im ersten Satz um einen Tatbestand , der zu seiner Verwirklichung des Zeit- und Vertrauenselements bedarf. Ist er dann aber erfüllt, so legt ihm der Gesetzgeber Rückwirkung bei. In den Grundzügen sollte man diesen Rechtsgedanken auch auf den vorliegenden Fall übertragen. Auch hier gibt es ein Zeit- und Vertrauenselement.
Annotations
Der Elternteil, dem die elterliche Sorge für ein Kind allein oder gemeinsam mit dem anderen Elternteil zusteht, und sein Ehegatte, der nicht Elternteil des Kindes ist, können dem Kind, das sie in ihren gemeinsamen Haushalt aufgenommen haben, durch Erklärung gegenüber dem Standesamt ihren Ehenamen erteilen. Sie können diesen Namen auch dem von dem Kind zur Zeit der Erklärung geführten Namen voranstellen oder anfügen; ein bereits zuvor nach Halbsatz 1 vorangestellter oder angefügter Ehename entfällt. Die Erteilung, Voranstellung oder Anfügung des Namens bedarf der Einwilligung des anderen Elternteils, wenn ihm die elterliche Sorge gemeinsam mit dem den Namen erteilenden Elternteil zusteht oder das Kind seinen Namen führt, und, wenn das Kind das fünfte Lebensjahr vollendet hat, auch der Einwilligung des Kindes. Das Familiengericht kann die Einwilligung des anderen Elternteils ersetzen, wenn die Erteilung, Voranstellung oder Anfügung des Namens zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Die Erklärungen müssen öffentlich beglaubigt werden. § 1617c gilt entsprechend.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Die deutsche Staatsangehörigkeit wird erworben
- 1.
durch Geburt (§ 4), - 2.
durch Erklärung (§ 5), - 3.
durch Annahme als Kind (§ 6), - 4.
durch Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Absatz 1 oder 2 des Bundesvertriebenengesetzes (§ 7), - 5.
durch Einbürgerung (§§ 8 bis 16, 40b und 40c).
(2) Die Staatsangehörigkeit erwirbt auch, wer seit zwölf Jahren von deutschen Stellen als deutscher Staatsangehöriger behandelt worden ist und dies nicht zu vertreten hat. Als deutscher Staatsangehöriger wird insbesondere behandelt, wem ein Staatsangehörigkeitsausweis, Reisepass oder Personalausweis ausgestellt wurde. Der Erwerb der Staatsangehörigkeit wirkt auf den Zeitpunkt zurück, zu dem bei Behandlung als Staatsangehöriger der Erwerb der Staatsangehörigkeit angenommen wurde. Er erstreckt sich auf Abkömmlinge, die seither ihre Staatsangehörigkeit von dem nach Satz 1 Begünstigten ableiten.