Amtsgericht Köln Urteil, 15. Nov. 2016 - 612 Ls 73/16

Gericht
Tenor
Der Angeklagte wird wegen Betrugs kostenpflichtig zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt.
- §§ 263 Abs. 1, Abs. 2 S. 1, S. 2 Nr. 1 1. Alt, 25 Abs. 1 2. Alt., 56 StGB –
1
G r ü n d e :
2(abgekürzt gemäß § 267 Abs. 4 StPO)
3Der in Frankreich und der Türkei aufgewachsene Angeklagte lebt seit Oktober 20XX in Deutschland. Seit dem 04.10.20XX betrieb er den „D. Groß- und Einzelhandel“, N.-str. 00 in Köln, als einzelkaufmännisches Unternehmen. Aus diesem Betrieb wurde mit Gesellschaftervertrag vom 23.06.2000 die „D. Getränke GmbH“ mit dem Angeklagten als alleinigem Geschäftsführer und Gesellschafter. Im Zeitraum vom 06.12.20XX bis 28.06.20XX verschaffte sich der Angeklagte im Rahmen der Unternehmensführung durch die Einreichung inhaltlich unrichtige Pfandrechnungen eine regelmäßige Einnahmequelle in Höhe von insgesamt über 40.000,- €. Er betrieb im genannten Tatzeitraum einen Rücknahmeautomaten des Herstellers T. GmbH & Co KG mit der Seriennummer 00000000. Hierbei handelte es sich um einen von der Deutschen Pfandsystem GmbH (DPD GmbH) speziell zertifizierten und dadurch zur Rücknahme von Einweggetränkeverpackungen zugelassenen Rücknahmeautomaten, der die dort eingeführten und mit einem Barcode sowie einem Sicherheitskennzeichen der DPD GmbH versehenen Einweggetränkeverpackungen erkennt. Nach der Erkennung generiert der Automat selbständig einen Rohdatensatz, der die in die Automaten eingeführte Verpackung sowie die Uhrzeit dokumentiert. Nach der Erstellung des Rohdatensatzes wird die rückgeführte Verpackung automatisch über ein elektronisches Signal einem Kompaktor zugeführt, der die in ihm zerstörten Verpackungen an einen regelmäßig zu entleerenden Auffangbehälter weiterleitet. Die DPG betreibt mit den Automaten bundesweit ein Pfandsystem im Sinne von § 9 Absatz 1 der Verordnung über die Vermeidung und Verwertung von Verpackungsabfällen (VerpackV). Nach der VerpackV ist beim Vertrieb von pfandpflichtigen Einweggetränkeverpackungen ein Pflichtpfand in Höhe von mindestens 0,25 Euro inklusive Mehrwertsteuer zu erheben. Dieses Pflichtpfand ist zunächst durch den Erstvertreiber der pfandpflichtigen Einweggetränkeverpackung in Deutschland (sog. Erstinverkehrbringer) und im weiteren Verlauf auf allen Handelsstufen bis zum Endverbraucher hin von dem jeweiligen Abnehmer zu erheben. Bei Rückgabe der Verpackung durch den Endverbraucher ist diesem das zuvor gezahlte Pfand zu erstatten. Dabei besteht die Rücknahme- und Erstattungspflicht gegenüber dem Verbraucher nicht nur für Verpackungen, die die rücknehmende Stelle selbst in den Verkehr gebracht hat, sondern auch für solche, die Wettbewerber vertrieben haben. Daher ist es möglich, dass ein Händler mehr Pfandgeld ausgezahlt als er im Rahmen seiner Verkaufstätigkeit eingenommen hat. Die DPG gewährleistet über ihre zertifizierten Automaten die Organisation der Rücknahme von Einweggetränkeverpackungen sowie der Rückzahlung des ausgezahlten Pfandbetrages an die in der Vertriebskette nach den Erstinverkehrbringern tätigen Unternehmen, soweit diese im Rahmen der Rücknahme mehr Pfand ausgezahlt als sie bei der Ausgabe der Verpackungen eingenommen haben (sog. Pfandclearing). |
Der Angeklagte manipulierte den oben genannten Rücknahmeautomaten dergestalt, dass die eingeführten Verpackungen nicht wie vorgesehen nach Generierung des Rohdatensatzes durch den Kompaktor zerstört, sondern statt dessen unbeschädigt entnommen und erneut – mehrfach – in den Automaten eingeführt werden konnten. Auf diese Weise erreichte er, dass für eine Verpackung nicht wie vorgesehen lediglich ein, sondern eine Vielzahl von Rohdatensätzen erstellt und zur Erstattung bei den Erstinverkehrbringern geltend gemacht wurden. Das zur Manipulation notwendige Wissen und Instrumentarium hatte der Angeklagte von einem „O.“ gegen Zahlung von 5.000,- € erworben. |
Der Angeklagte bzw. die von ihm geführte D. Getränke GmbH stellte seine/ihre gegen die Erstinverkehrbringer gerichteten Forderungen nicht diesen in Rechnung, sondern bediente sich hierzu der E.E.E. GmbH, die als Dienstleister die in den Rücknahmeautomaten eingeworfenen Einweggetränkeverpackungen ankauft und wöchentlich im eigenen Namen und auf eigene Rechnung für die eingeworfenen Gebinde Forderungen gegen die Erstinverkehrbringer geltend macht. Dazu bündelt die E.E.E. GmbH als Dienstleister mehrere Rohdatensätze und geht dabei davon aus, dass für jede Verpackung nur ein Rohdatensatz erstellt wurde. Die E.E.E. GmbH übernimmt dabei einen vorfälligen Zahlungsausgleich, schuldet aber keinen Zahlungsausgleich bzw. hat einen Anspruch auf Rückerstattung bereits geleisteter Zahlungen, wenn sie bezogen auf das bepfandete Einweggebinde keine Erstattung von dem Erstinverkehrbringer erhält. Die E.E.E. GmbH erwarb mithin von dem Angeklagten bzw. der von ihm geführten GmbH die bepfandeten und anhand der von den Automaten generierten Zählprotokolle ermittelte Anzahl der Einweggebinde zum Preis von 0,25 EUR zzgl. Mehrwertsteuer und machte den jeweiligen Erstinverkehrbringern die auf sie entfallenden Pfandbeträge im eigenen Namen und auf eigene Rechnung unter Beifügung der Rohdatensätze und einer Pfandabrechnung geltend. Der Zugang dieser Daten bzw. Unterlagen löste nach Ablauf einer Prüffrist von 6 Werktagen innerhalb weiterer 12 Kalendertage die Zahlungspflicht der Erstinverkehrbringer an die E.E.E. GmbH aus. Die Erstinverkehrbringer leisteten ihre Zahlungen auf der Grundlage der Forderungsmeldung und der übersandten Rohdatensätze und gingen dabei von einem ordnungsgemäßen Betrieb der Automaten und damit davon aus, dass für jede Verpackung nur ein Rohdatensatz erstellt worden war. Die E.E.E. GmbH reichte die zunächst nur mit einem Zahlungsziel von 30 Tagen buchhalterisch dem Angeklagten gutgeschriebenen Beträge nach deren Erhalt sodann an diesen bzw. an die von ihm geführte GmbH weiter. |
Den vorstehend aufgeführten Auszahlungen lagen im Tatzeitraum insgesamt 732.722 Rohdatensätze zugrunde. Von diesen wurden mindestens 177.451 durch den Angeklagten betrügerisch auf die vorbeschriebene Weise erstellt. Dabei ist bereits berücksichtigt, dass der einmalige Einwurf einer jeden Verpackung zulässig ist. Ein Warenkorb wurde daher aus den jeweils für einen Tag ermittelten identischen Warenkorbgruppe abgezogen. |
Auf diese Weise wurden im Rahmen des Betriebes des Rücknahmeautomaten T. GmbH & Co KG mit der Seriennummer 00000000 im oben genannten Tatzeitraum folgende Erstinverkehrbringer in nachfolgend aufgelisteter Höhe durch die unberechtigt erlangten Auszahlungen geschädigt: |
Erstinverkehrbringer |
Zeitraum |
in Warenkörben |
Schaden |
|||
A1 GmbH |
06.12.2013 |
- |
16.06.2014 |
951 |
237,75 € |
|
A 2 GmbH & Co. OHG |
10.12.2013 |
- |
16.06.2014 |
1 |
0,25 € |
|
A 3 GmbH & Co. oHG |
06.12.2013 |
- |
28.06.2014 |
9298 |
2.324,50 € |
|
A 4 Deutschland |
06.12.2013 |
- |
28.06.2014 |
2718 |
679,50 € |
|
A 5 |
06.12.2013 |
- |
27.05.2014 |
75 |
18,75 € |
|
A 6 GmbH |
16.12.2013 |
- |
13.01.2014 |
2 |
0,50 € |
|
A 7 GmbH |
18.12.2013 |
- |
28.06.2014 |
9158 |
2.289,50 € |
|
A 8 IMPORT & EXPORT |
06.12.2013 |
- |
16.06.2014 |
6 |
1,50 € |
|
A 9 GmbH |
06.12.2013 |
- |
28.06.2014 |
3975 |
993,75 € |
|
A 10 GmbH & Co. |
06.12.2013 |
- |
28.06.2014 |
1913 |
478,25 € |
|
A 11 GmbH |
06.12.2013 |
- |
26.06.2014 |
1044 |
261,00 € |
|
A 12 GmbH |
11.12.2013 |
- |
30.12.2013 |
2 |
0,50 € |
|
A 13 |
06.12.2013 |
- |
28.06.2014 |
2207 |
551,75 € |
|
A 14 AG |
06.12.2013 |
- |
28.06.2014 |
95481 |
23.870,25 € |
|
A 15 KG |
06.12.2013 |
- |
28.06.2014 |
1709 |
427,25 € |
|
A 16 GmbH |
06.12.2013 |
- |
28.06.2014 |
1315 |
328,75 € |
|
A 17 GmbH |
06.12.2013 |
- |
13.01.2014 |
2 |
0,50 € |
|
A 18 |
06.12.2013 |
- |
28.06.2014 |
527 |
131,75 € |
|
A 19 GmbH |
06.12.2013 |
- |
16.06.2014 |
224 |
56,00 € |
|
A 20 |
06.12.2013 |
- |
28.06.2014 |
440 |
110,00 € |
|
A 21 |
06.12.2013 |
- |
27.06.2014 |
1045 |
261,25 € |
|
A 22 |
18.12.2013 |
- |
27.05.2014 |
200 |
50,00 € |
|
A 23 Aktiengesellschaft |
11.12.2013 |
- |
16.06.2014 |
406 |
101,50 € |
|
A 24 GMBH & Co.KG |
11.12.2013 |
- |
12.05.2014 |
1 |
0,25 € |
|
A 25 |
06.12.2013 |
- |
27.05.2014 |
1 |
0,25 € |
|
A 26 GmbH & Co KG |
06.12.2013 |
- |
28.06.2014 |
4500 |
1.125,00 € |
|
Getränkefachgroßhandel A 27 |
20.12.2013 |
- |
27.05.2014 |
15 |
3,75 € |
|
A 28 GmbH |
06.12.2013 |
- |
28.06.2014 |
1654 |
413,50 € |
|
A 29 GmbH |
06.12.2013 |
- |
27.05.2014 |
844 |
211,00 € |
|
A 30 GmbH & Co. KG |
07.12.2013 |
- |
28.06.2014 |
1892 |
473,00 € |
|
A 31 |
11.12.2013 |
- |
27.05.2014 |
172 |
43,00 € |
|
A 32 GmbH & Co. KG |
06.12.2013 |
- |
28.06.2014 |
2271 |
567,75 € |
|
A 33 GmbH |
06.12.2013 |
- |
28.06.2014 |
866 |
216,50 € |
|
A 34 GmbH |
07.12.2013 |
- |
28.06.2014 |
571 |
142,75 € |
|
A 35 GmbH |
06.12.2013 |
- |
28.06.2014 |
1727 |
431,75 € |
|
A 36 AG & Co. KG |
06.12.2013 |
- |
28.06.2014 |
10254 |
2.563,50 € |
|
A 37 |
06.12.2013 |
- |
18.06.2014 |
1464 |
366,00 € |
|
A 38 GmbH |
06.12.2013 |
- |
28.06.2014 |
3825 |
956,25 € |
|
A 39 GmbH |
06.12.2013 |
- |
28.06.2014 |
2961 |
740,25 € |
|
A 40 GmbH |
06.12.2013 |
- |
28.06.2014 |
736 |
184,00 € |
|
A 41 |
06.12.2013 |
- |
28.06.2014 |
3367 |
841,75 € |
|
A 42 |
06.12.2013 |
- |
28.06.2014 |
317 |
79,25 € |
|
A 43 KG |
06.12.2013 |
- |
28.06.2014 |
1839 |
459,75 € |
|
A 44 GmbH |
06.12.2013 |
- |
28.06.2014 |
722 |
180,50 € |
|
A 45 |
10.02.2014 |
- |
14.05.2014 |
274 |
68,50 € |
|
A 46 |
06.12.2013 |
- |
28.06.2014 |
3085 |
771,25 € |
|
A 47 |
11.12.2013 |
- |
15.01.2014 |
1 |
0,25 € |
|
A 48 |
10.12.2013 |
- |
28.06.2014 |
223 |
55,75 € |
|
A 49 GmbH |
06.12.2013 |
- |
27.05.2014 |
38 |
9,50 € |
|
A 50 GmbH |
06.12.2013 |
- |
16.06.2014 |
1 |
0,25 € |
|
A 51 |
16.12.2013 |
- |
16.01.2014 |
1 |
0,25 € |
|
A 52 GmbH |
06.12.2013 |
- |
27.05.2014 |
164 |
41,00 € |
|
A 53 |
06.12.2013 |
- |
28.06.2014 |
965 |
241,25 € |
|
A 54 KG |
06.12.2013 |
27.05.2014 |
1 |
0,25 € |
||
44.362,75 € |
Der Angeklagte hat sich dadurch in der Form einer natürlichen Handlungseinheit wegen in mittelbarer Täterschaft begangenen Betrugs im besonders schweren Fall (gewerbsmäßiges Handeln) gemäß den §§ 263 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 1 1. Alt, 25 Abs. 1 1. Alt. StGB strafbar gemacht.
6Der gesetzliche Strafrahmen sieht Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 10 Jahren vor. Bei der konkreten Strafzumessung waren zugunsten des Angeklagten insbesondere sein Geständnis sowie die fehlenden Vorstrafen zu berücksichtigen. Andererseits ist der über einen längeren Zeitraum mit beachtlicher krimineller Energie angerichtete Schaden erheblich. Nach Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden und in der Hauptverhandlung im Einzelnen erörterten Gesichtspunkte hielt das Gericht die Verhängung einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten für tat- und schuldangemessen.
7Die Vollstreckung dieser Strafe konnte gemäß § 56 Abs. 1 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden. Beim bislang unbescholtenen, geständigen Angeklagten ist die Erwartung gerechtfertigt, dass ihn bereits die Verhängung der Freiheitsstrafe von weiteren Straftaten abhalten wird, ohne dass es einer Haftverbüßung bedarf. In den fast 2 ½ Jahren seit den hier in Rede stehenden Taten hat er sich bereits nichts mehr zu Schulden kommen lassen.
8Die Kostenentscheidung beruht auf § 465 Abs. 1 S. 1 StPO.

Annotations
(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.
(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.
(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.
(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.
(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.
(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.
(1) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Dabei sind namentlich die Persönlichkeit des Verurteilten, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, sein Verhalten nach der Tat, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind.
(2) Das Gericht kann unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 auch die Vollstreckung einer höheren Freiheitsstrafe, die zwei Jahre nicht übersteigt, zur Bewährung aussetzen, wenn nach der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Verurteilten besondere Umstände vorliegen. Bei der Entscheidung ist namentlich auch das Bemühen des Verurteilten, den durch die Tat verursachten Schaden wiedergutzumachen, zu berücksichtigen.
(3) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten wird die Vollstreckung nicht ausgesetzt, wenn die Verteidigung der Rechtsordnung sie gebietet.
(4) Die Strafaussetzung kann nicht auf einen Teil der Strafe beschränkt werden. Sie wird durch eine Anrechnung von Untersuchungshaft oder einer anderen Freiheitsentziehung nicht ausgeschlossen.
(1) Die Kosten des Verfahrens hat der Angeklagte insoweit zu tragen, als sie durch das Verfahren wegen einer Tat entstanden sind, wegen derer er verurteilt oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung gegen ihn angeordnet wird. Eine Verurteilung im Sinne dieser Vorschrift liegt auch dann vor, wenn der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt wird oder das Gericht von Strafe absieht.
(2) Sind durch Untersuchungen zur Aufklärung bestimmter belastender oder entlastender Umstände besondere Auslagen entstanden und sind diese Untersuchungen zugunsten des Angeklagten ausgegangen, so hat das Gericht die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten. Dies gilt namentlich dann, wenn der Angeklagte wegen einzelner abtrennbarer Teile einer Tat oder wegen einzelner von mehreren Gesetzesverletzungen nicht verurteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für die notwendigen Auslagen des Angeklagten. Das Gericht kann anordnen, dass die Erhöhung der Gerichtsgebühren im Falle der Beiordnung eines psychosozialen Prozessbegleiters ganz oder teilweise unterbleibt, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten.
(3) Stirbt ein Verurteilter vor eingetretener Rechtskraft des Urteils, so haftet sein Nachlaß nicht für die Kosten.