Amtsgericht Hamm Urteil, 04. Apr. 2014 - 17 C 335/13

ECLI:ECLI:DE:AGHAM:2014:0404.17C335.13.00
04.04.2014

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 136,37 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 09.10.2013 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte zu 10 %, die Kläger zu 90 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leisten.

Streitwert: 1.293,60 €


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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 286 Verzug des Schuldners


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 906 Zuführung unwägbarer Stoffe


(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benu

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Tenor 1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Lebach vom 30.3.2007 – Az. 3A C 80/06 – dahin abgeändert, dass die Beklagte verurteilt wird, an den Kläger 1.140,- EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Bas

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Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Lebach vom 30.3.2007 – Az. 3A C 80/06 – dahin abgeändert, dass die Beklagte verurteilt wird, an den Kläger 1.140,- EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 380,- EUR seit dem 14.3.2006 und auf weitere 760,- EUR seit dem 3.6.2006 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die weitergehende Berufung des Klägers und die Berufung der Beklagten werden zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 77% und die Beklagte zu 23%.

3. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 64% und die Beklagte zu 36%.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Schuldner kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

5. Die Revision wird zugelassen.

6. Der Streitwert wird für das erstinstanzliche Verfahren bis zur Teilklagerücknahme auf 5.400,- EUR (2.600,- EUR Hauptantrag + 2.200,- EUR Schmerzensgeldantrag + 600,- EUR Hilfsantrag) und für das weitere erstinstanzliche Verfahren ab diesem Zeitpunkt ebenso wie für das Berufungsverfahren auf 3.200,- EUR (2.600,- EUR Hauptantrag + 600,- EUR Hilfsantrag) festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger macht gegen die Beklagte aus eigenem und abgetretenem Recht einen Entschädigungsanspruch als Ausgleich für bergbaubedingte Nutzungseinschränkungen eines Wohnhauses geltend.

Er und seine Lebensgefährtin sind seit 1989 Eigentümer eines Grundstücks in Lebach-Falscheid. Auf dem Grundstück wurde Mitte des 19. Jahrhunderts ein Gebäude als sog. Südwestdeutsches Bauernhaus errichtet; das Haus ist 1990 bis 1993 grundlegend saniert worden und wird von beiden Eigentümern bewohnt.

Die Beklagte betreibt im Saarland und auch im Raum Lebach untertägigen Steinkohlebergbau. Der Abbau im hier maßgeblichen Feld Dilsburg erfolgt seit 1975; seit 1996 wird im Teil Ost, der sich auch unter dem Raum Lebach erstreckt, abgebaut, wobei der Abbau im hier problematischen Streb 8.7/8.8 des Flözes Schwalbach im Jahr 2000 aufgenommen wurde.

Ab Ende des Jahres 2000 kam es im Raum Lebach zu Erderschütterungen, die auf den Bergbau der Beklagten zurückzuführen sind. Im Jahr 2005 wurden 59 Erschütterungen von einer Stärke zwischen 1,9 bis 3,7 auf der Richterskala und einer Schwingungsgeschwindigkeit von bis zu 30 mm/s registriert. Der Wert von 5 mm/s wurde dabei insgesamt zehnmal erreicht oder überschritten. Im Februar und März 2006 wurden bei weiteren bergbaubedingten Erschütterungen Schwingungsgeschwindigkeiten von 71,28 mm/s, 61,16 mm/s und 56,56 mm/s gemessen.

Am Haus des Klägers bildeten sich seit 2001 bergbaubedingt an den Innen- und Außenwänden sowie den Bodenbelägen Risse; zudem kam es zu einer Absenkung des Geländes hinter dem Gebäude und einer Beschädigung der Terrasse. Sämtliche Schäden erkannte die Beklagte als Bergschäden an und beseitigte diese fortlaufend. Ferner ordnete sie das Gebäude in die höchste Schadensempfindlichkeitskategorie O ein. In dieser Kategorie können Häuser bereits ab einer Schwingungsgeschwindigkeit von 3 mm/s beschädigt werden, während für sonstige Wohnhäuser ein Grenzwert für die potentielle Schadenswirksamkeit von 5 mm/s gilt.

Der Kläger hat behauptet, infolge der Erderschütterungen sei die Nutzungsmöglichkeit des Hauses sowie die Lebens- und Wohnqualität in unzumutbarer Weise beeinträchtigt. Eine Vorbelastung des Grundstücks durch Bergbau liege nicht vor, weil erst in den 90er Jahren die streitgegenständlichen Flöze erkundet und vorbereitet worden seien und Erschütterungen in dieser Heftigkeit vor 2001 nicht vorgekommen seien. Er meint deshalb, dass ihm ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch i.S.d. § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB zustehe, der nicht durch die bergschadensrechtlichen Regelungen der §§ 114 f. Bundesberggesetz (BBergG) verdrängt werde. Ausgehend von einer Minderung des fiktiven Mietwerts seines Gebäudes, den er zunächst mit 1.000,- EUR/Monat beziffert hat, um 20% (200,- EUR/Monat) verlangt der Kläger für die Zeit von Januar 2005 bis Januar 2006, hilfsweise bis April 2006, eine Entschädigung von insgesamt (13 x 200 =) 2.600,- EUR.

Für den Fall, dass ein nachbarrechtlicher Anspruch nicht bejaht werde, hat der Kläger hilfsweise einen Schadensersatzanspruch geltend gemacht. Er hat behauptet, die Erderschütterungen seien durch zumutbare Maßnahmen von der Beklagten zu verhindern gewesen, wie sich aus der von der Beklagten seit März/April 2006 eingeleiteten Änderung des Abbaus durch einen größeren Versatz im sog. Doppelstrebverfahren ergebe. Seit die Beklagte dazu übergegangen sei, die Entfernung zwischen den jeweiligen Abbaukanten zu vergrößern, hätten die Erschütterungen erheblich abgenommen. Weil die Beklagte diese Maßnahmen nicht bereits früher getroffen habe, habe sie ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt.

Der Kläger, der ursprünglich noch einen Schmerzensgeldanspruch erhoben, diesen Klageantrag jedoch nach der letzten mündlichen Verhandlung zurückgenommen hatte, hat mit der am 14.2.2006 zugestellten Klage zuletzt beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.600,- EUR nebst Zinsen in Höhe von 4 Prozent über dem Basiszinssatz ab einem Monat nach Zustellung der Klageschrift zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, der nachbarrechtliche Entschädigungsanspruch werde durch die besonderen bergrechtlichen Vorschriften verdrängt, die eine Entschädigung insoweit nicht vorsehen. Überdies sei der Anspruch aus § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht begründet, weil die ortsübliche Nutzung des Grundstücks des Klägers durch die Erderschütterungen jedenfalls nicht über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt würde. Das Grundstück liege in einem Bergbaugebiet und sei deshalb situationsbedingt vorbelastet. Die Erschütterungen seien typische Folgen untertägigen Bergbaus, auch in der seit 2005 aufgetretenen Intensität und Häufigkeit, welche die Zumutbarkeitsschwelle nicht überschritten. Eine allenfalls zweimal pro Monat auftretende Erderschütterung von mehr als 5 mm/s rechtfertige auch keine Minderung des Mietwertes für das Gebäude, der im Übrigen niedriger als von Klägerseite angegeben anzusetzen sei.

Zu dem Hilfsvorbringen behauptet die Beklagte, sie habe alle zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen ausgeschöpft und die Art und Weise des Abbaus stets den durch Gutachter ermittelten Möglichkeiten zur Reduzierung der Erderschütterungen angepasst.

Das Amtsgericht, auf dessen Ausführungen ergänzend Bezug genommen wird, hat der Klage in Höhe von 1.100,- EUR nebst gesetzlichen Zinsen stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Kläger stehe ein Ausgleichsanspruch gem. § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB zu, weil die Erderschütterungen die ortsübliche Nutzung des klägerischen Grundstücks über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigten. Der Ausgleichsanspruch werde durch die bergbaurechtlichen Regelungen nicht verdrängt. Der Höhe nach stehe dem Kläger ein Minderungsanspruch von 10% für all jene Monate zu, in denen mindestens 2 Erschütterungen über dem Grenzwert der DIN 4510 Teil 3 „Einwirkungen auf Gebäude“ oder eine Erschütterung von mehr als dem zweifachen Wert der Schadenswirksamkeitsgrenze aufgetreten seien. Dies sei in der Zeit von Januar 2005 bis April 2006 in insgesamt 11 Monaten der Fall gewesen.

Hiergegen haben der Kläger wie auch die Beklagte Berufung eingelegt, mit der sie jeweils ihre Anträge, soweit diese erfolglos geblieben sind, weiterverfolgen.

Der Kläger meint, die Bemessung der Beeinträchtigung durch das Erstgericht werde der Schwere der Einwirkungen, wie sie die Bewohner in Falscheid empfänden, nicht gerecht. Vielmehr seien wegen der stillen ländlichen Lage, der unregelmäßigen Abstände der Erschütterungen, auf die sich die Anwohner nicht einstellen könnten, und des gegenüber der Wohnbebauung nachträglichen Bergbaus auch Erschütterungen unterhalb der Grenzwerte zu berücksichtigen, so dass für jeden Monat, in dem spürbare Erschütterungen vorliegen, ein Ausgleich in Höhe von mindestens 20% Mietminderung geschuldet sei.

Er beantragt,

unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils und unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten diese zu verurteilen, an ihn weitere 1.500,- EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.3.2006 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen und die Klage unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, dass § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB im Falle untertägigen Bergbaus schon nicht unmittelbar anwendbar sei. Im Übrigen liege auch keine unzumutbare Beeinträchtigung vor, weil sich die Erderschütterungen im Rahmen dessen hielten, was für untertägigen Bergbau typisch sei.

Das Landgericht hat zunächst auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen, weil die Vorschriften der §§ 114 f. BBergG eine § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB verdrängende Sonderregelung enthielten. Auf die Revision des Klägers hat der Bundesgerichtshof das landgerichtliche Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

Die Kammer hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der Frage, inwieweit vorliegend anhand des Maßstabs der Erschütterungseinwirkung auf Menschen auf eine wesentliche Beeinträchtigung geschlossen werden kann.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers ist teilweise begründet; die ebenfalls zulässige Berufung der Beklagten bleibt indes ohne Erfolg.

A.

Dem Kläger steht ein Ausgleichsanspruch gem. § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB aus eigenem und abgetretenem Recht gegen die Beklagte wegen der im streitgegenständlichen Zeitraum stattgefundenen wesentlichen Beeinträchtigung seines Grundstücks durch die vom Bergbau der Beklagten ausgehenden Erschütterungen dem Grunde nach zu.

1. Nach § 906 BGB kann der Eigentümer eines Grundstücks die Zuführung von Erschütterungen und anderen unwägbaren Stoffen, die von einem anderen Grundstück ausgehen, nicht verbieten, wenn dies die Benutzung seines Grundstücks unwesentlich beeinträchtigt (Abs. 1) oder zwar wesentlich beeinträchtigt, die Einwirkung aber durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind (Abs. 2 Satz 1). Ist er im letzteren Fall zur Duldung verpflichtet, kann der Eigentümer des betroffenen Grundstücks nach Absatz 2 Satz 2 der Vorschrift von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

2. Der sich hieraus ergebende Ausgleichsanspruch des betroffenen Eigentümers wird – wie der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 19.9.2008 (V ZR 28/08 = BGHZ 178, 90 m. Anm. Roth in LM 2009, 280109) für das Berufungsgericht bindend (§ 563 Abs. 2 ZPO) festgestellt hat – nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Erschütterungen nicht von einem anderen Grundstück, sondern von dem konzeptionell dem Grundstückseigentum gleichgestellten Bergwerkseigentum der Beklagten ausgegangen ist. Ferner steht der Ausgleichsanspruch des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB mit anderen Ansprüchen, die sich aus der Beeinträchtigung eines Grundstücks ergeben können, in Anspruchskonkurrenz, soweit diese – wie hier die Vorschriften zur Bergschadenshaftung nach §§ 114 ff. Bundesberggesetz (BBergG) – keine abschließende Sonderregelung enthalten (BGHZ 178, 90). Schließlich steht dem Anspruch nicht entgegen, dass die Bergwerkstätigkeit der Beklagten auf der Grundlage einer Sonderbetriebsplanzulassung erfolgt ist. Zwar ist anerkannt, dass ein nachbarrechtlicher Anspruch gem. § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB wegen Lärmimmissionen ausscheidet, wenn diese von einem Vorhaben ausgehen, für das der Gesetzgeber – wie bei einem Planfeststellungsverfahren – ein spezifisches Verfahren zur Vermeidung von Eigentumsbeeinträchtigungen im nachbarlichen Bereich vorgesehen hat, in dem die Rechte des Einzelnen berücksichtigt werden können und diesen dort abschließend Rechnung getragen wird (vgl. BGHZ 161, 323 unter II 2; Staudinger/Roth, BGB, 2009, § 906 Rdn. 27, jew. m.w.N.). Ein solches Verfahren stellt das Sonderbetriebsplanzulassungsverfahren i.S.d. §§ 52 ff. BBergG ungeachtet des Umstandes, dass hier eine umfassende Bürgerbeteiligung vorausging, schon deshalb nicht dar, weil eine den Anspruch aus § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB verdrängende Entschädigungsregelung, wie sie in § 74 Abs. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) für das Planfeststellungsverfahren i.S.d. §§ 72 ff. VwVfG vorgesehen ist (BGH aaO unter II 2 a bb), für das bergrechtliche Sonderbetriebsplanzulassungsverfahren gerade nicht besteht (vgl. auch VG Saarland ZfB 2009, 284 unter II 2 e).

3. Vorliegend kommt § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB auch unmittelbar und nicht lediglich in entsprechender Form zur Anwendung. Zwar tritt der in analoger Anwendung der Vorschrift von der Rechtsprechung entwickelte, gesetzlich nicht geregelte nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch (statt aller dazu: BGHZ 142, 66; Staudinger/Roth aaO Rdn. 66 f., jew. m.w.N.) – anders als der Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB – materiellrechtlich hinter die Vorschriften des BBergG zurück, weil es dort an einer für die analoge Anwendung erforderlichen, ausfüllungsbedürftigen Regelungslücke fehlt (BGHZ 148, 39, 53). Ob dies auch für den Fall Geltung beansprucht, dass – wie hier – kein vom Bundesberggesetz (abschließend) geregelter Anspruch auf Ersatz eines Bergschadens, sondern ein Anspruch auf Ausgleich sonstiger, nicht als Bergschaden zu bewertender Nachteile erhoben wird (vgl. hierzu der 5. Senat des BGH, Urteil v. 20.11.1998 = NJW 1999, 1029, zit. n. Juris Rdn. 11), kann dahinstehen. Denn der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch kommt erst in Betracht, wenn die von einem Grundstück im Rahmen seiner privatwirtschaftlichen Benutzung ausgehende Einwirkung nach den Voraussetzungen des § 906 BGB nicht zu dulden und daher grundsätzlich nach § 1004 BGB abwehrfähig ist, der davon betroffene Eigentümer jedoch aus besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Gründen gehindert war, diese Einwirkungen gemäß § 1004 Abs. 1 BGB rechtzeitig zu unterbinden (vgl. BGHZ 48, 98, 101; Urt. v. 4.7.1997 – V ZR 48/96 = NJW-RR 1997, 1374; Staudinger/Roth aaO m.w.N.). Dies ist hier schon deshalb nicht der Fall, weil die streitgegenständlichen Erschütterungen Einwirkungen i.S.v. § 906 Abs. 1 BGB sind, die auf eine ortsübliche Nutzung des Bergwerkseigentums der Beklagten zurückgehen und die im streitgegenständlichen Zeitraum auch nicht durch wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen verhindert werden konnten.

a) Die hier maßgeblichen Erderschütterungen sind ausdrücklich in § 906 Abs. 1 BGB als unwägbare Stoffe aufgeführt und damit Einwirkungen im Sinne der Vorschrift. Sie sind – was zwischen den Parteien nicht im Streit steht – zurechenbare Folge des Bergbaus der Beklagten und beruhen vorliegend auch auf einer ortsüblichen Nutzung des Bergwerkeigentums.

aa) Maßstab für die Ortsüblichkeit ist die tatsächliche Üblichkeit einer Nutzung im kleinnachbarlichen Raum (vgl. MünchKomm(BGB)/Säcker, 5. Auflage, § 906 BGB, Rdn. 7). Ortsüblichkeit ist danach regelmäßig gegeben, wenn eine Mehrheit von Grundstücken im maßgeblichen Vergleichsbereich mit einer nach Art und Maß annähernd gleich beeinträchtigenden Wirkung auf andere Grundstücke benutzt wird (vgl. BGHZ 97, 97, 105; 111, 63, 72; 120, 239, 260; Staudinger/Roth aaO § 906 BGB Rdn. 208; MünchKomm(BGB)/Säcker aaO Rdn. 89, je m.w.N.). Hierzu ist ein Vergleich der Benutzung des störenden Grundstücks mit anderen Grundstücken des betroffenen Gebietes anzustellen (vgl. BGHZ 15, 146; 30, 273), wobei das tatsächliche Gepräge der Gegend, insbesondere ihre tatsächliche bauliche Nutzung (Wohn-, Industrie-, Gewerbegebiet etc.), zu berücksichtigen ist (vgl. BGHZ 54, 384; Staudinger/Roth aaO Rdn. 208 m.w.N.). Ist dagegen ein einzelnes Unternehmen gebietsprägend, indem es – wie hier das Bergwerk der Beklagten – der gesamten umgebenden Landschaft den Charakter einer Bergbaugegend aufdrückt (vgl. BGHZ 30, 273, 277), ist über den Unternehmenssitz hinausgehend auf das Maß der Einwirkungen abzustellen, das in weiteren Räumen von anderen Grundstücken ausgeht, die in gleicher Weise genutzt werden; hierbei bedarf es der Heranziehung von Vergleichsobjekten in der weiteren Umgebung (vgl. BGHZ 30, 273, 277; Staudinger/Roth aaO Rdn. 211 m.w.N.). Ergeben sich bei deren Nutzung typischerweise nach Art und Maß in annähernd gleicher Weise Beeinträchtigungen der Umgebung wie bei dem störenden Grundstück, so ist von Ortsüblichkeit auszugehen (vgl. BGHZ 30, 273; MünchKomm(BGB)/Säcker aaO Rdn. 89).

bb) So liegt es hier. Der untertägige Steinkohlebergbau ist – was zwischen den Parteien nicht streitig ist – mit dem Saarland seit langer Zeit tief verwurzelt. Bergbaubedingte Absenkungen des Erdreichs und Erderschütterungen sind jedenfalls innerhalb gewisser Grenzen typischerweise im gesamten Abbaugebiet und damit auch in – wie hier – Gebieten mit Wohnbebauung zu beobachten. Sie sind daher dort grundsätzlich ohne weiteres als ortsüblich anzusehen.

Aber auch der Umstand, dass sich die Erschütterungsintensität seit 2001 und insbesondere ab Februar und März 2006 gegenüber den bisher im hier maßgeblichen Gebiet beobachteten Erschütterungen zuletzt deutlich erhöht hatte – bis Januar 2006 betrug die in Falscheid gemessene Schwingungsgeschwindigkeit maximal 29,95 mm/s, in Februar und März 2006 erreichte sie im Spitzenwert dagegen 71,26 mm/s – ändert an dieser Bewertung nichts. Zwar kann die Ortsüblichkeit entfallen, wenn eine Mehrheit der zum Vergleich herangezogenen Gebiete in annähernd gleicher Weise genutzt wird und hierbei die in Betracht kommende Einwirkung an sich als gewöhnlich zu werten ist, die konkrete Benutzungsweise aber besonders schädigend und deshalb ungewöhnlich ist (BGHZ 30, 273, 279). Weil § 906 BGB indes bezweckt, "die Grenzen der exzessiven Immission einigermaßen elastisch" den örtlichen Verschiedenheiten und zeitlichen Veränderungen anzupassen, können Erhöhungen der gewöhnlichen Einwirkungen nicht untersagt werden, wenn die allgemein geübte Benutzung eines Grundstücks zu bestimmten Zwecken aus betriebswirtschaftlichen bzw. technischen Gründen in einer anderen Art und Weise als bisher erfolgt und dadurch störendere oder stärkere Einwirkungen ausgesendet werden (vgl. BGHZ 48, 31, 32 für Schweinemastbetrieb; MünchKomm(BGB)/Säcker aaO Rdn. 94 m.w.N.).

Dies ist hier der Fall. Die besondere geologische Situation des Abbaufeldes im Flöz Schwalbach, Feld Dilsburg, die dadurch geprägt ist, dass über der Karbonschicht eine Sandsteinschicht liegt, die nach Abbau der Kohle in großen Platten nachbricht, wurde – wie die Beklagte unangegriffen vorgetragen hat (Bl. 212 d.A) – zum Anlass genommen, im Doppelstrebverfahren abzubauen, das aus damaliger Sicht die bergschadensgünstigste Lösung darstellte. Damit setzte die Beklagte aus technischen Gründen eine andere Abbaumethode ein, die aus damaliger Sicht alternativlos war und letztlich störendere Einwirkungen nicht verhindern konnte.

Im Übrigen stellt der hier maßgebliche untertägige Abbau der Beklagten keine Benutzungsweise dar, die gegenüber dem in anderen Gebieten betriebenen untertägigen Bergbau, etwa im übrigen Saarland, im Ruhrgebiet oder auch im angrenzenden Lothringen besonders schädigend und daher ungewöhnlich ist. Vielmehr sind die Erschütterungen jedenfalls in dem hier maßgeblichen Umfang bei wertender Betrachtung noch in dem Bereich anzusiedeln, der als gewöhnliche Auswirkung eines – wie hier – aktuell betriebenen Abbaufeldes anzusehen ist. Einen allerdings nur allgemeinen Anhaltspunkt hierfür (vgl. BGH WM 1971, 744; NJW 1983, 751; Staudinger/Roth aaO Rdn. 214; Palandt/Bassenge, BGB, 70. Aufl., § 906 Rdn. 24, jew. m.w.N.) stellt der Umstand dar, dass der Abbau durch die Beklagte – was zwischen den Parteien nicht streitig ist – im Rahmen und nach den Vorgaben der bergbaurechtlichen Genehmigung, der Sonderbetriebsplanzulassung vom 30.6.2004, erfolgt ist und auch nach Auftreten der erhöhten Erderschütterungswirkungen in 2006 weiterhin nicht untersagt wurde, weil bei solchen Schwinggeschwindigkeiten nicht mit nach Maßstäben des Bundesverwaltungsgerichts „gewichtigen“, d.h. über leichte bis mittlere Schäden hinausgehenden Beeinträchtigungen des Oberflächeneigentums gerechnet werden musste (vgl. OVG d. Saarlandes, Beschluss vom 22.11.2007 – 2 B 176/07 = ZfB 2008, 288 unter II 2.2.3.5, JURIS Rdn. 36).

Hinzukommt, dass sowohl die nicht unerheblichen Bergschäden, wie sie am Gebäude des Klägers und seiner Lebensgefährtin entstanden sind, als auch die potentielle Gefahr von Erschütterungen selbst stärkerer Intensität regelmäßig und damit typischerweise mit dem aktuellen Betrieb eines untertägigen Abbaufeldes einhergehen. Wie die Beklagte unter Zugrundelegung von Messergebnissen aus den Jahren 2005 bis 2009 im Saarland und Ruhrgebiet vorgetragen hat und dies von dem gerichtlichen Sachverständigen auch bestätigt wurde, sind Erschütterungen im Bereich bis zu 30 mm/s im Bergbau eine jedenfalls nicht unübliche Größenordnung. Dies ergeben auch die vom Oberbergamt Saarbrücken vorgelegten Ergebnisse von Messungen in den beiden grenznahen saarländischen Gemeinden Nassweiler und St. Nikolaus (Bl. 922 ff. d.A.), wonach in einem Zeitraum zwischen Januar 1986 und März 2004 zahlreiche bergbauindizierte Erderschütterungen gemessen wurden, die Schwinggeschwindigkeiten bis zu 25,1 mm/s (21.6.2001) aufwiesen (vgl. auch die stichprobenartige Darstellung im gerichtlichen Gutachten S. 22, Bl. 1070 d.A.). Der Umstand, dass in Einzelfällen darüber hinausgehende Erschütterungsgeschwindigkeiten auftreten können, ist – sieht man von ganz außergewöhnlichen Schwingungsgeschwindigkeiten ab, wie sie in 2008 (93,54 mm/s) dann zur Einstellung des Abbaus führten – ausweislich der Messergebnisse der Beklagten nicht so außergewöhnlich, dass eine Ortsüblichkeit des hier maßgeblichen Untertageabbaus im hier maßgeblichen Zeitraum in Frage gestellt würde.

Unerheblich für die Annahme der Ortsüblichkeit ist es schließlich auch, dass der beeinträchtigte Kläger sein Grundstück schon zu einem Zeitpunkt erworben hat, als das unter dem Grundstück liegende, besonders problematische Abbaufeld (Streb 8.7/8.8) noch nicht betrieben wurde und hiervon auch keine Erderschütterungen ausgingen. Der Grundsatz der Nutzungspriorität kommt insoweit nicht, zumindest aber nur eingeschränkt zur Anwendung (vgl. BGHZ 15, 146, 148; BGH, Urt. v. 6.6.1969 – V ZR 53/66 = MDR 1969, 744; Urt. v. 19.2.1976 – III ZR 13/74 = NJW 1976, 1204; Staudinger/Roth aaO Rdn. 220 m.w.N. zur neueren Entwicklung). Entscheidend ist hier, dass sich das Gebiet insofern gewandelt hat, als sich die bereits beim Erwerb des Gebäudes vorhandene Möglichkeit des Bergbaus nachträglich realisiert hat. Das Gebiet, das im Übrigen seit Anfang der 1980er Jahre nach Errichtung und Inbetriebnahme des Nordschachts in Lebach-Falscheid auch nach außen als dem Bergbau zugehörige Region identifizierbar ist, hat sich also lediglich unter Ausnutzung der bereits vorhandenen Ressourcen infolge der tatsächlichen bergbaulichen Erschließung weiterentwickelt. Wer aber ein Haus in einem Kohleabbaugebiet erwirbt, in dem aktuell noch kein untertägiger Abbau stattfindet, muss jedenfalls damit rechnen, dass sich dies durch die wirtschaftliche und technische Weiterentwicklung jederzeit ändern kann (vgl. Saarl. OLG, Urt. v. 17.12.2002 – 4 U 83/02 = ZfB 2003, 312, zit. n. Juris Rdn. 36).

b) Die Erderschütterungen waren – im hier maßgeblichen Zeitraum – auch nicht durch wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen zu verhindern. Hierunter sind alle technischen Einrichtungen sowie betriebswirtschaftlichen Möglichkeiten zu verstehen, die die Beeinträchtigung unter die Schwelle der Wesentlichkeit herabsetzen und für einen Durchschnittsbetrieb der entsprechenden Branche verhältnismäßig, d. h. technisch durchführbar, effizient und wirtschaftlich zumutbar sind (vgl. BGH, Urt. v. 22.10.1976V ZR 36/75 = NJW 1977, 146; Urt. v. 30.10.1981 – V ZR 191/80 = DB 1982, 694; Staudinger/Roth aaO Rdn. 237 m.w.N.). Solche Maßnahmen waren vorliegend indes aus technischer Sicht noch nicht bekannt, so dass die Beklagte nicht in der Lage war, die Erderschütterungen in dem hier maßgeblichen Zeitraum zu verhindern.

Die Beklagte hat hierzu – von Klägerseite nicht substantiiert angegriffen – vorgetragen, die bergbauindizierten Erschütterungen seien in dem hier maßgeblichen Zeitraum nicht weiter verhinderbar gewesen, als dies durch die von ihr ergriffenen Maßnahmen erfolgt sei. Sie habe – nach Einholung eines Sachverständigengutachtens von Prof. S. durch das zuständige Oberbergamt im Jahr 2001 – sämtliche vorgeschlagenen Maßnahmen, die auch Gegenstand der Vorgaben der zuständigen Bergbehörde gewesen seien, umgesetzt, ohne dass dies zu einer Verringerung der Erderschütterungen geführt hätte. Sie habe fortlaufend in Abstimmung mit dem Gutachter und der Bergbehörde weitere gutachterliche Vorschläge umgesetzt, um die Erderschütterungen zu verringern. Erst nachdem man seit Februar 2006 das sog. Hydro-Frac-Verfahren, mit dem man in die Gesteinschicht Wasser zur Sprengung der Sandsteinbänke pumpt, eingesetzt und darüber hinaus im März 2006 begonnen habe, den Abstand der beiden Strebe zu vergrößern, was wegen gebirgsmechanischer Schwierigkeiten erst im Mai 2006 habe vollständig umgesetzt werden können, seien die Erschütterungen deutlich zurückgegangen. Dabei habe es sich allerdings um Maßnahmen gehandelt, deren erschütterungsminimierende Wirkung nicht von vorneherein auf der Hand gelegen hätte. Vielmehr sei bis März 2006 aus technischer Sicht der von der Beklagten gewählte Doppelstrebabbau gerade als schadengünstigste und damit vorzugswürdige Lösung angesehen worden. Auch der Versatz der abbaubedingt entstehenden untertägigen Hohlräume durch Einbringen von Verfüllmaterialien sei zur Reduzierung der abbauindizierten Erderschütterungen, wie das Gutachten Sroka ergeben habe, nicht geeignet gewesen, so dass aus technischer Sicht Maßnahmen zur Verminderung der abbaubedingten Erschütterungen letztlich nicht bekannt gewesen wären. Zweifel daran, dass dieser Vortrag nicht der Richtigkeit entspricht, hat die Kammer nicht; der Kläger ist dem auch im Berufungsverfahren nicht mehr entgegengetreten.

4. Im Ergebnis zu Recht ist das Erstgericht auch davon ausgegangen, dass die Erderschütterungen im streitgegenständlichen Zeitraum teilweise eine wesentliche Beeinträchtigung der Nutzung des betroffenen Grundstücks darstellen, die zugleich die Zumutbarkeitsgrenze des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB überschreiten.

a) Eine Beeinträchtigung im Sinne des § 906 BGB ist jede Störung des körperlichen Wohlbefindens der auf den betroffenen Grundstücken lebenden Personen (BGHZ 51, 396, 397; MünchKommBGB/Säcker aaO Rdn. 30 m.w.N). Wann eine solche Beeinträchtigung wesentlich ist, beurteilt sich nach dem Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen und dem, was diesem unter Würdigung anderer öffentlicher und privater Belange zuzumuten ist (BGHZ 157, 33, 43; Urt. v. 27.10.2006 – V ZR 2/06 = NJW-RR 2007, 168 und die Nachweise bei Staudinger/Roth aaO Rdn. 177). Damit kommt es gerade nicht auf das subjektive Empfinden des Gestörten an, sondern auf die verständige Würdigung eines durchschnittlichen Benutzers des betroffenen Grundstücks in seiner durch die örtliche Lage, Gestaltung und Zweckbestimmung geprägten konkreten Beschaffenheit (vgl. BGH NJW 1999, 356; Palandt/Bassenge aaO Rdn. 17 m.w.N.). Dabei können auch wertende Momente wie z.B. die Beachtung des Naturschutzes und des Umweltbewusstseins der Bevölkerung (vgl. BGHZ 120, 239, 255), aber auch schutzwürdige Interessen der Allgemeinheit und gesetzliche Wertungen (BGH NJW 2003, 3699 Rdn. 13 m.w.N.) in die Beurteilung einbezogen werden.

b) Die Beurteilung der Wesentlichkeit bestimmt sich grundsätzlich nach dem gleichen Maßstab, der für die Festlegung des „zumutbaren Maßes“ anzulegen ist, bei dessen Überschreiten ein Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB eingreift. Deshalb kommt es hier auch nicht auf die höhere enteignungsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle, sondern auf die fachplanungsrechtliche Erheblichkeitsschwelle an (BGHZ 122, 76, 78 f., Urt. v. 27.10.2006 – V ZR 2/06 = NJW-RR 2007, 168, Juris Rdn. 15; Staudinger/Roth aaO Rdn. 252 f., jew. m.w.N.). Dies entspricht zugleich der in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zugrunde gelegten Bewertung des Begriffs der „erheblichen Belästigung“ i.S.d. § 3 Abs. 1 Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG), bei dem die Erheblichkeitschwelle zugleich die Abgrenzung von wesentlicher und unwesentlicher Beeinträchtigung i.S.d. § 906 Abs. 1 BGB darstellt (vgl. BGHZ 111, 63; 122, 76; BVerwGE 79, 254, 258; Jarass, BImSchG, 8. Aufl. 2009, § 3 Rdn. 48 m.w.N.) und bei dem ebenfalls Faktoren wie Art, Ausmaß und Dauer der Einwirkung, aber auch Art des betroffenen Grundstücks und Vorbelastung zu berücksichtigen sind (Jarass aaO Rdn. 47 a.E. i.V.m. Rdn. 49 f. m.w.N.).

c) Das Amtsgericht hat auf der Grundlage der höchstrichterlichen Rechtsprechung, die eine wesentliche Beeinträchtigung beim Eintritt immissionsbedingter Schäden annimmt (vgl. BGH NJW 1999, 1029 m.w.N.), die Wesentlichkeit der Einwirkung auf das Klägergrundstück bejaht, weil die hier maßgeblichen Erderschütterungen zu nicht unerheblichen Schäden am Wohnhaus geführt hätten. Dies könnte ohne weitere Aufklärung in zweiter Instanz schon deshalb nicht mehr Grundlage der Bestimmung der Wesentlichkeit sein, weil die Beklagte die Ursächlichkeit der Erschütterungen für die Schädigung des Wohnhauses, die in erster Instanz nicht Gegenstand der Erörterungen gewesen war, in zulässiger Weise bestritten hat. Aber auch das von Klägerseite vorgelegte Gutachten des hier im Verfahren als gerichtlichen Sachverständigen eingesetzten Dr. K. von September 2002 zu den Erschütterungswirkungen der untertägigen Kohlegewinnung, das im Auftrag der saarländischen Landesregierung in 2002 erstellt wurde, zeigt auf, dass entgegen der landläufigen Meinung spürbare Erderschütterungen nicht selbstverständlich gebäudeschädigende Wirkung aufweisen. Abgesehen davon, dass der Nachweis der Ursächlichkeit von Erderschütterungen für Rissbildungen und anderen Schädigungen an Gebäuden nur dann sicher zu führen ist, wenn der Zustand des Gebäudes vor der Erschütterung lückenlos dokumentiert und die tatsächliche Beanspruchung des Gebäudes während der Erschütterung gemessen ist, was technisch schwierig ist und hohen Aufwand erfordert, zeigt der Gutachter auf, dass jedenfalls die damals im Einwirkungsgebiet gemessenen Erschütterungen allenfalls geringfügig zu den Risseschäden der Gebäude beigetragen haben können (vgl. auch das gerichtliche Sachverständigengutachten S. 11). Ist aber zweifelhaft und lässt sich – wie hier – im Nachhinein auch nicht mehr gutachterlich feststellen, ob die Erderschütterungen und nicht nur die abbaubedingten Absenkungen die Schäden am Gebäude auf dem Klägergrundstück verursacht haben, lässt sich aus dem Schadenseintritt die Wesentlichkeit der Erschütterungen nicht ableiten.

d) Ebenso wenig lässt sich aus den von Klägerseite behaupteten und unter Beweis gestellten eigenen Gesundheitsbeeinträchtigungen (erhöhter Blutdruck, Schockzustände, Lähmungserscheinungen) eine wesentliche Beeinträchtigung herleiten. Da es zur Bemessung der Wesentlichkeit nicht auf das subjektive Empfinden des Betroffenen und dessen individuelle Be- und Empfindlichkeit, sondern auf das Empfinden eines Durchschnittsnutzers des betroffenen Grundstücks ankommt, ist eine erschütterungsbedingte Gesundheitsbeeinträchtigung nur dann aussagekräftig, wenn sie unabhängig von subjektiven Befindlichkeiten bei einem durchschnittlichen Grundstücksnutzer entsteht. Dies lässt sich allein aus den vom Kläger behaupteten Gesundheitsbeeinträchtigungen indes nicht ableiten. Insoweit hat der Sachverständige Dr. K. nämlich bereits in seinem Gutachten vom 31.8.2002 und auch in seinem gerichtlichen Gutachten festgestellt, dass das Maß der hier vorliegenden Erschütterungen nicht geeignet ist, unmittelbare Gesundheitsbeeinträchtigungen hervorzurufen (Bl. 1078 d.A.). Soweit Erschütterungen nach Darlegung des Sachverständigen als bedrohlich wahrgenommen werden können und damit mittelbar gesundheitliche Folgen wie ein erhöhter Adrenalinspiegel und erhöhter Blutdruck möglich sind, ist es bereits naheliegend, dass solche Folgen nicht ohne Rücksicht auf die jeweilige individuelle Befindlichkeit entstehen. Jedenfalls lässt sich aus den vom Kläger geschilderten gesundheitlichen Störungen nicht hinreichend darauf schließen, dass damit auch für den durchschnittlichen Betroffenen erschütterungsbedingte gesundheitliche Störungen in nennenswerter Höhe zwangsläufig oder zumindest regelmäßig eintreten und daraus die Wesentlichkeit der Erschütterungen abgeleitet werden kann.

Auch das von Seiten des Klägers angeführte Gutachten des Prof. R. (Universität Stuttgart) zum Thema „Risikowahrnehmung und gesundheitliche Beeinträchtigungen bergbaubedingter Erschütterungen aus Sicht der Interessenvertreter und Betroffenen“, das im Auftrag des saarländischen Ministeriums für Justiz, Gesundheit und Soziales im Februar 2006 vorgelegt wurde (Bl. 64 ff. d.A.), bietet insoweit keine verlässliche Grundlage. Ungeachtet der von Beklagtenseite erhobenen methodischen und qualitativen Einwendungen gegen das Gutachten lässt sich die Wesentlichkeit der Einwirkungen hieraus allein nicht ableiten. Zwar kommt das Gutachten zum Ergebnis, dass immerhin etwas mehr als die Hälfte der Befragten (50,5%) in den durchgeführten Telefoninterviews angaben, gesundheitliche Beeinträchtigungen durch die Erschütterungen erlitten zu haben (S. 9, 83 ff. des Gutachtens). Immerhin fast genauso viele Betroffene verneinten indes eine gesundheitliche Beeinträchtigung. Im Übrigen gibt es keine objektivierbaren Belege für erschütterungsbedingte Gesundheitsbeeinträchtigungen von nennenswertem Ausmaß. Vielmehr berichtet das Gutachten von Befragungen von Ärzten verschiedenster Fachrichtungen im Raum Lebach durch das Gesundheitsamt des Landkreises Saarlouis in der Zeit zwischen 2002 und 2005, aus denen sich ergibt, dass bei dem überwiegenden Teil der Ärzte keine und auch insgesamt nur sehr wenige Patienten über gesundheitliche Probleme geklagt hätten, die in Zusammenhang mit den Beben gebracht werden können. Damit fehlt es letztlich an einer hinreichend objektivierbaren Grundlage für das Auftreten von erschütterungsbedingten Gesundheitsschädigungen bei einem durchschnittlichen Nutzer der betroffenen Wohngrundstücke, welche die Wesentlichkeit der Einwirkungen indizieren könnten.

e) Auch aus dem Umstand, dass die Anhaltswerte der DIN 4510 Teil 3 im hier maßgeblichen Zeitraum teilweise deutlich überschritten wurden, lässt sich allein die Wesentlichkeit der Beeinträchtigung der Nutzung des Klägergrundstücks nicht herleiten.

aa) Gem. § 906 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB ist die Einhaltung von in Gesetzen oder Rechtsverordnungen – gleiches gilt für nach § 48 BImSchG erlassene Verwaltungsvorschriften – festgelegten Grenz- oder Richtwerten ein Indiz für die Unwesentlichkeit der Beeinträchtigung; umgekehrt hat die Rechtsprechung bei Überschreitung solcher Werte eine Indizwirkung für die Wesentlichkeit der Beeinträchtigung angenommen (vgl. BGH, Urt. v. 13.2.2004 – V ZR 217/03 = NJW 2004, 1317 m.w.N.). Dies gilt indes nicht für Vorschriften, die der Beurteilung individueller Beeinträchtigungen dienen oder private Standards darstellen, wozu die vom Erstgericht herangezogene DIN- oder VDI Normen gehören. Von den dort geregelten Grenzwerten geht keine Indizwirkung aus, sie können aber als Entscheidungshilfe im Rahmen der Gesamtwürdigung Berücksichtigung finden (vgl. BGHZ 111, 63, 67; Urt. v. 10.12.2004 – V ZR 72/04 = NJW 2005, 660 m.w.N.). Schon deshalb verbietet sich eine schematische Heranziehung der in DIN 4510 Teil 3 enthaltenen Werte zur Bestimmung der Wesentlichkeit.

bb) Die Überschreitung der Anhaltswerte enthält ferner keine verlässliche Grundlage für die Annahme erschütterungsbedingter Gebäudeschäden, die wiederum Indizwirkung für die Wesentlichkeit der Einwirkungen hätten (vgl. bereits oben unter c). Insoweit ist überdies zu beachten, dass die Anwendbarkeit von Teil 3 der DIN-Norm auf bergbauindizierte Erderschütterungen unter dem Vorbehalt steht, dass er keine Befassung mit den „Spezifika bergbaubedingter Beben“ enthält (vgl. bereits OVG, Beschluss v. 22.11.2007 aaO Rdn. 36 f.). Bergbaubedingte Erderschütterungen sind aufgrund ihrer kurzen Dauer und auch sonstigen Charakteristik zu den „Einzelereignissen“ i.S.d. DIN 4519 Teil 1 Abschnitt 5 zu rechnen, womit Ereignisse umschrieben werden, die hinsichtlich ihrer Wirkung zeitlich nicht zusammentreffen, sondern aufeinanderfolgen und die in der Regel „nicht zu ausgeprägten Resonanzen von Gebäuden und Bauteilen führen“ (5.1.1.). Werden bei solchen „kurzzeitigen Erschütterungen“, wie sie hier mit etwa 3 Sekunden Dauer streitgegenständlich sind, die Anhaltswerte der DIN überschritten, rechtfertigt dies grundsätzlich nicht die Annahme, dass Schäden auftreten; selbst bei deutlichen Überschreitungen der Anhaltswerte ist dies nicht notwendigerweise der Fall, sondern erfordert weitere Untersuchungen (so bereits OVG, Beschluss v. 22.11.2007 aaO Rdn. 36 m.w.N.; vgl. auch das gerichtliche Sachverständigengutachten des Dr. K. S. 10).

cc) Schließlich betrifft Teil 3 der DIN 4510 die Einwirkungen von Erschütterungen auf Gebäude und legt insoweit Anhaltswerte fest, bei deren Einhaltung erfahrungsgemäß Schäden nicht beobachtet wurden (Kap. 3.3 DIN 4510). Danach ist es zwar möglich, die Einwirkung von Erschütterungen auf Gebäude anhand dieser DIN-Norm zu beurteilen (vgl. BGH NJW 1999, 1029 m.w.N.). Verlässliche Hinweise auf eine gesundheitliche Beeinträchtigung oder des Grades der Belästigung der Bewohner des Gebäudes sind damit indes nicht, jedenfalls nicht unmittelbar verbunden. Dies ist für die Annahme einer Beeinträchtigung der Wohnnutzung des Klägergrundstücks allerdings maßgeblich. Die Entscheidung darüber, ob eine Beeinträchtigung des Gebäudes vorliegt, das – wie hier – als Wohnhaus genutzt wird, hängt nämlich davon ab, ob das Wohnen an Annehmlichkeit verliert und dadurch der Nutzungswert des Hauses gemindert wird (vgl. BGH WM 1980, 655; Palandt/Bassenge aaO Rdn. 17).

f) Für den Grad der Beeinträchtigung lässt sich ein Anhaltspunkt dagegen bei der Anlegung von Teil 2 der DIN 4510 bzw. des insoweit weitestgehend gleichlautenden Hinweises zur Messung, Beurteilung und Verminderung von Erschütterungsimmissionen gem. Beschluss des Länderausschusses für Immissionsschutz vom 10.5.2000 (sog. Erschütterungsleitlinie LAI – verfügbar unter http://www.lai-immissionsschutz.de) entnehmen (so auch OLG Düsseldorf VersR 1999, 113).

aa) Hier finden sich, wie der gerichtliche Sachverständige Dr. K. bereits in seinem Gutachten 2002 ausgeführt hatte und auch im Rahmen des gerichtlichen Sachverständigengutachtens (S. 11 und 28) erneut bestätigt hat, Anhaltswerte zur Einschätzung der Erheblichkeit von Belästigungen. Hierzu werden ausgehend von den Schwinggeschwindigkeiten in mm/s bewertete Kenngrößen (KB-Werte) ermittelt, die den Frequenzgehalt einer Erschütterung berücksichtigen (Seite 13 d. Gutachtens). Teil 2 der DIN-Norm enthält ebenso wie die Erschütterungsleitlinie LAI Beurteilungsmaßstäbe i.S. von „antizipierten Sachverständigengutachten“ zur Konkretisierung des Begriffs der schädlichen Umwelteinwirkungen und auch der erheblichen Belästigung durch Erschütterungen i.S.d. § 3 Abs. 1 BImschG (vgl. Erschütterungsleitlinie LAI Nr. 1, 2 und 2.2). Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Erheblichkeit von Belästigungen keine messbare physikalische Größe ist, sondern auf individuellen und subjektiven Einschätzungen beruht, geben die in Teil 2 der DIN 4510 aufgeführten Anhaltswerte und die gleichlautenden Werte der Erschütterungsleitlinie LAI die Größenordnung wieder, bei denen eine erhebliche Belästigung i.S.d. § 3 Abs. 1 BImschG angenommen werden kann.

bb) Auch insoweit gelten allerdings – wie oben bereits für den Teil 3 der DIN 4510 ausgeführt – Einschränkungen. Den verwendeten Anhaltswerten kommt mangels normkonkretisierender Wirkung der DIN 4510 bzw. der Erschütterungsleitlinie LAI auch hier keine Indizwirkung zu; sie stellen insbesondere keine Grenzwerte dar (vgl. BVerwG, Urt. v. 02.08.1994 – 7 VR 3/94 = NVwZ 1994, 1000; OVG BW NVwZ 1998, 1086 m.w.N.). und können daher lediglich in der Gesamtwürdigung als Entscheidungshilfe Berücksichtigung finden, indem sie eine Wahrscheinlichkeitsprognose für das Auftreten erheblicher Belästigungen ermöglichen, die umso verlässlicher ist, je höher die Grenzwertüberschreitung ist (vgl. OLG Celle BauR 2005, 1653; Juris Rdn. 39).

Ferner dürfen sie – worauf etwa in der Erschütterungsleitlinie LAI (Nr. 2.1.) ausdrücklich hingewiesen wird – nicht schematisch angewandt werden, weil die Erheblichkeit nicht nur vom Ausmaß der Erschütterungsbelastung, sondern auch von anderen Faktoren geprägt wird. Insoweit ist in Nr. 4 DIN 4150 Teil 2 unter den Allgemeinen Hinweisen zur Beurteilung der Belästigung von Menschen in Gebäuden durch Erschütterungsimmissionen, auf die auch die Erschütterungsleitlinie LAI (Nr. 2.1.) Bezug nimmt, festgehalten, dass die Belästigung des Menschen durch Erschütterungen etwa von der Stärke, Frequenz, Einwirkungsdauer, Häufigkeit, Tageszeit, Auffälligkeit sowie Art und Betriebsweise der Erschütterungsquelle sowie überdies von der Wechselwirkung zu individuellen Eigenschaften und situativen Bedingungen der betroffenen Menschen (z.B. Gesundheitszustand, Tätigkeit während der Erschütterungsbelastung, Grad der Gewöhnung, Einstellung zum Erschütterungserzeuger, Erwartungshaltung in Bezug auf ungestörtes Wohnen und Sekundäreffekte) abhängt.

Schließlich zeigt das Beispiel der von oberirdischem Schienenverkehr ausgehenden Erschütterungen, dass letztlich die Anhaltswerte bei bestimmten Emmissionsquellen nur mit Vorsicht herangezogen werden können. Während nämlich noch die Vorläuferregelung, die Ausgabe 1992 der DIN 4150, ausdrücklich festhielt, dass für Erschütterungen an bestehenden Schienenwegen in der DIN-Norm keine Aussagen getroffen werden (Abschnitt 5.5.2.2), enthält Abschnitt 6.5.3.4 der hier anwendbaren Ausgabe 1999 der DIN 4150 Teil 2 den Hinweis, dass an bestehenden Schienenwegen die Anhaltswerte vielerorts überschritten seien, weil Verfahren zur Erschütterungsminderung nur begrenzt zur Verfügung stünden. Deshalb könne die Grenze der „Zumutbarkeit“ nur im Einzelfall anhand verschiedener Beurteilungskriterien festgestellt werden, wozu u.a. die historische Entwicklung der Belastungssituation, Höhe und Häufigkeit der Anhaltswertüberschreitung, Vermeidbarkeit der Anhaltswertüberschreitung bei Einhaltung des Stands der Technik sowie Duldungspflichten nach dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme gehörten (vgl. auch Gutachten S. 11 sowie BVerwG, Urt. v. 15.3.2000 – 11 A 46/97 = NVwZ 2001, 81, JURIS Rdn. 92). Wenngleich diese Ausnahme ausdrücklich nur für schienenverkehrsbedingte Erderschütterungen aufgenommen ist, zeigt das Beispiel doch, dass der Gesichtspunkt der Vermeidbarkeit von Erschütterungen nach dem jeweiligen Stand der Technik bei der Heranziehung der Anhaltswerte eine offenbar nicht unerhebliche Rolle spielt und daher bei der Bewertung nicht außer Betracht bleiben kann.

g) Ausweislich des in zweiter Instanz eingeholten Sachverständigengutachtens des Dr. K. vom 30.9.2010 sowie der ergänzenden Stellungnahme vom 21. Mai 2011 sind die hier maßgeblichen Anhaltswerte im streitgegenständlichen Zeitraum von 16 Monaten in mindestens 30 Fällen teilweise sogar um ein Vielfaches überschritten worden. Der Kläger hat – von Beklagtenseite nicht widersprochen – vorgetragen, der Wohnort des Klägers sei ein allgemeines Wohngebiet, für das die Anhaltswerte der Spalte 4 (W) der Tabelle 1 der DIN 4150 Teil 2 (Anlage 6 des Gutachtens) gelten. Danach sind erhebliche Belästigungen nicht auszuschließen, wenn die Einzelerschütterung, gemessen in KB-Werten Ao = 3 tagsüber und Ao = 0,2 nachts (22.00 – 6.00 Uhr) überschreitet (S. 14 d. Gutachtens). Auf der Grundlage der vorliegenden Messergebnisse hat der Gutachter jeweils 15 über den Anhaltswerten liegende Erschütterungen am Tag und in der Nacht wie folgt festgestellt (S. 14 und 15 d. Gutachtens):

 Nr.   

Datum/Uhrzeit
(tagsüber)

 Kbmax

Datum/Uhrzeit
(nachts)

 Kbmax

 1     

07.03.2006 18:26:35

74,66

20.02.2006 01:11:26

56,94

 2     

15.05.2005 15:46:44

62,59

12.02.2006 01:23:38

31,56

 3     

23.02.2006 13:32:21

31,83

04.04.2006 02:55:05

26,32

 4     

09.01.2005 21:58:27

27,41

10.03.2006 23:42:06

24,22

 5     

25.02.2005 14:30:13

25,28

04.02.2006 22:28:01

18,87

 6     

13.02.2005 13:38:06

22,30

10.06.2005 03:14:27

16,75

 7     

03.08.2005 08:44:36

21,17

19.12.2005 04:37:07

16,17

 8     

05.11.2005 10:19:38

16,24

07.02.2006 23:22:05

12,40

 9     

26.02.2006 19:27:07

12,64

18.03.2005 23:55:09

8,79

 10    

22.03.2006 15:03:12

9,20

07.03.2006 23:56:51

2,86

 11    

22.09.2005 21:43:55

6,08

15.11.2005 02:58:28

1,77

 12    

10.03.2006 16:19:49

5,59

24.06.2005 00:33:04

1,61

 13    

26.11.2005 15:47:00

4,91

20.07.2005 03:27:42

1,48

 14    

16.03.2006 06:20:46

4,70

10.05.2005 22:26:35

1,33

 15    

17.02.2006 18:51:10

4,25

29.03.2006 05:47:59

1,27

Ob darüber hinaus die nächtlichen Anhaltswerte in weiteren Fällen überschritten wurden, war mit Blick auf die Beschränkung der Messergebnisse über den Schwellenwert von 1 mm/s nicht mehr verlässlich feststellbar. Eine Feststellung war indes auch nicht erforderlich. An der Überschreitung der Werte ändert sich ferner im Ergebnis nichts von Belang, wenn man – wie die Beklagte unter Verweis auf die Erschütterungsrichtlinie LAI meint – wegen größerer Unsicherheiten des Messverfahrens einen 15%-Sicherheitsabschlag von den gemessenen Werten vornehmen würde. Gleiches gilt für die Unwägbarkeit, die dadurch eintritt, dass die Erschütterungen an den Messstellen (geringfügig) größer waren als am weiter von der Erschütterungsquelle entfernten Haus des Klägers. Ersteres ergibt sich bei Anlegung eines 15%-Abschlages bereits rechnerisch; letzteren Umstand hat der Sachverständige in seiner Begutachtung erkannt (Seite 2 des Ergänzungsgutachtens), gleichwohl keinen Anlass dafür gesehen, die von ihm aufgezeigten Werte in Frage zu stellen. Einer ergänzenden Begutachtung, wie sie von der Beklagtenseite beantragt war, bedurfte es danach nicht.

h) Die Überschreitung der Anhaltswerte führt zwar entgegen der Annahme des gerichtlichen Sachverständigen (S. 11 des Gutachtens) – wie gezeigt – noch nicht automatisch zu einer Bewertung der Einwirkungen als erheblich oder wesentlich. Sie stellt jedoch einen Hinweis auf die Wesentlichkeit der Beeinträchtigung dar, der im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung eine Bestätigung findet. Unter Berücksichtung von Dauer, Häufigkeit und Intensität der Erderschütterungen aber auch mit Blick auf die situative Vorbelastung des Grundstücks des Klägers in einem Bergbaugebiet erachtet die Kammer die Grenze des Zumutbaren in den Monaten Februar und Mai 2005 sowie in den Monaten Februar und März 2006 überschritten.

aa) Der Hinweis der Beklagten, Dauer und Häufigkeit der Erderschütterungen seien im Zeitraum von Januar 2005 bis April 2006 statistisch gesehen nur vergleichsweise gering anzusehen, ist zwar nicht geeignet, die Wesentlichkeit der Beeinträchtigung völlig in Zweifel ziehen; indes kann eine Bewertung der Wesentlichkeit auch nicht ohne Berücksichtigung dieser Umstände erfolgen.

(1) Allerdings hat der Bundesgerichtshof Dauer und Häufigkeit von Einwirkungen für die Beurteilung der Wesentlichkeit von Lärmimmissionen nicht unerhebliche Bedeutung zugemessen (BGH NJW 2003, 3699 unter II 2 b), so dass – wie die Beklagte zu Recht annimmt – für Erschütterungen nichts Abweichendes gelten dürfte. Legt man die für die Belästigungswirkung maßgebenden KB-Werte zugrunde, sind in einem Zeitraum von 16 Monaten letztlich „nur“ 24 Erschütterungen über dem Anhaltswert (Tag) und weitere 6 nächtliche Erschütterungen über dem Anhaltswert (Nacht) eingetreten, mithin im Mittel nur geringfügig mehr als 2 Ereignisse im Monat zu verzeichnen gewesen. Diese sind mit jeweils max. 3 Sekunden zudem von vergleichsweise geringer Dauer gewesen.

Ein vergleichbares Bild ergibt sich, wenn man die gemessenen Schwingungsgeschwindigkeiten zugrunde legt, die ausweislich der Darlegungen des Sachverständigen hinsichtlich der Horizontalbewegung in etwa 1:1 den KB-Werten entsprechen (S. 13 des Gutachtens). Danach sind in dem hier zunächst maßgeblichen Zeitraum (Januar 2005 bis Januar 2006) am Wohnort des Klägers – entgegen der Annahme des Erstgerichts – nicht 59 sondern lediglich 13 Erschütterungen gemessen worden, die eine Schwingungsgeschwindigkeit von 3 mm/s, den Anhaltswert der DIN 4150 Teil 3 für erschütterungsempfindliche Bauten wie das Wohnhaus des Klägers, und davon lediglich 10 Erschütterungen, die 5 mm/s und damit den Anhaltswert für Wohngebäude, überschritten. Dies gilt auch unter Einbeziehung der im Februar und März 2006 verstärkt auftretenden Erschütterungen, von denen immerhin 14 den Anhaltswert von 3 mm/s und davon 8 den Wert von 5 mm/s überschritten, was für sich gesehen keine hohe Häufigkeit von Ereignissen darstellt.

(2) Dennoch lässt sich vorliegend das Ausmaß der Beeinträchtigung nicht allein aufgrund der Dauer und Häufigkeit der Erschütterungen erfassen. Dies zeigt auch ein Blick auf die Entscheidungen in der Rechtsprechung, in denen wesentliche Erschütterungseinwirkungen sowohl bei hoher Häufigkeit (vgl. OLG Düsseldorf aaO: Erschütterungen durch Rütteleinwirkungen zeitweise täglich für 2,5 bis zu 6 Stunden; BGH MDR 1969, 648: anhaltende Erschütterungen von benachbartem Sägewerk), als auch bei verhältnismäßig niedrigen Frequenzen (vgl. BGHZ 91, 20: Geruchsbelästigung an 22 bis 108 Tagen pro Jahr; LG Düsseldorf NJW-RR 2000, 30: Erschütterungen durch Gleiswechsel 12 mal/Jahr) angenommen wurden. Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung können insbesondere die Intensität der Störung und deren Auswirkung auf den Menschen (und damit letztlich auf den Wohnwert des Gebäudes) nicht außer Betracht bleiben, schon weil die Erheblichkeit der Belästigung – wie die DIN 4150 Teil 2 und auch die Erschütterungsleitlinie LAI zeigen – mit dem Maß der Intensität der Erschütterung deutlich ansteigt und die Wahrscheinlichkeit der Belästigung mit dem Ansteigen umso höher wird (vgl. OLG Celle aaO). Daran, dass in dem vorliegenden Zeitraum besonders intensive Erschütterungen erfolgt sind, besteht für die Kammer jedenfalls in den Fällen, die weit über der Maximalgrenze von 30 mm/s liegen, die ausweislich der Aufzeichnung der Beklagten aus dem Ruhrgebiet und dem Saarland den Bereich markiert, bis zu dem bergbauindizierte Erderschütterungen nicht ungewöhnlich sind, kein Zweifel, zumal in zwei Fällen sogar mehr als doppelt so starke Schwinggeschwindigkeiten und entsprechend hohe KB-Werte erreicht wurden.

(3) Es kommt hinzu, dass die absolute Dauer der Erschütterungen zwar mit max. 3 Sekunden vergleichsweise gering bemessen ist. Wie der gerichtliche Sachverständige indes darlegt, ist die Einwirkungsdauer für die Beurteilung der Erschütterungseinwirkung selbst unerheblich (S. 25 d. Gutachtens). Aber auch bei der Einschätzung der Wesentlichkeit wird die vergleichsweise kurze Einwirkungsdauer durch die vom Sachverständigen (S. 7 des Gutachtens i.V.m. dessen Anlage 1) nachvollziehbar geschilderte Empfindlichkeit von Menschen bei der Wahrnehmung von Erderschütterungen in einer vermeintlich sicheren und ruhigen Umgebung kompensiert, indem gerade bei besonders intensiven Erderschütterungen Furcht und Angst entstehen, die sich bis hin zu Angstattacken steigern können, die wiederum aus einem zurückgehaltenen bzw. nicht realisierten Fluchtreflex resultieren. Diese eher psychische Belastung – eine eigenständige Gesundheitsgefährdung durch die hier auftretenden kurzzeitigen Einzelerschütterungen ist ausweislich des gerichtlichen Sachverständigen nicht möglich – wird durch die Unberechenbarkeit der bergbauindizierten Erderschütterungen, die sich weder zeitlich noch quantitativ auch nur annähernd voraussagen lassen, und dem daraus resultierenden Überraschungseffekt zudem erschwert mit der Folge, dass auch solche kurzzeitigen Erderschütterungen mittelbar gesundheitliche Beeinträchtigungen sowie die Verstärkung vorhandener Krankheitssymptome hervorrufen können.

(4) Vor diesem Hintergrund erachtet es die Kammer für geboten, die Bestimmung der Wesentlichkeit in Abhängigkeit von der jeweiligen Intensität der Erschütterung, deren Dauer und auch deren Häufigkeit vorzunehmen. Weil insbesondere die Dauer der hier maßgeblichen Erderschütterungen vergleichsweise kurz ist, führt nicht jede den Anhaltswert überschreitende Erderschütterung zu einer wesentlichen Beeinträchtigung. Vielmehr ist, wovon auch das Erstgericht im Ansatz ausgegangen ist, das Erreichen der Wesentlichkeitsgrenze davon abhängig, wie viele Erschütterungen von welcher Intensität vorgelegen haben.

bb) Der Umstand, dass das klägerische Grundstück in einer situativ vorbelasteten Umgebung liegt, konkretisiert die so gefundene Wesentlichkeitsschwelle, die zugleich die Zumutbarkeitsgrenze i.S.d. § 906 Abs. 2 Satz 2 darstellt, weiter. Das Erstgericht ist davon ausgegangen, das Klägergrundstück sei in einem Wohnort mit dörflichem Charakter in naturnaher Lage belegen. Dies ist zutreffend und wird von den Parteien auch nicht in Zweifel gezogen. Entgegen seiner Einschätzung befindet es sich jedoch sehr wohl in einer aus der Bergbautätigkeit resultierenden situationsbedingten Belastungssituation.

(1) Diese ergibt sich allerdings nicht aus einer tatsächlichen Vorbelastung, die nach dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme dazu führen kann, dass auch solche Erschütterungen, die die Anhaltswerte überschreiten, bis zur Grenze der Eigentums- und/oder Gesundheitsverletzung als zumutbar anzusehen sind, solange sich die Erschütterungen im Rahmen der bisherigen Vorbelastung halten (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.12.201 – 7 A 14/09 = NVwZ 2011, 676 Rdn. 28 f. m.w.N.). Eine solche tatsächliche Vorbelastung besteht für das Klägergrundstück nicht. Der für die hier maßgeblichen Erderschütterungen ursächliche Abbau wurde erstmals im Jahr 2000 aufgenommen, mithin deutlich später als der Erwerb des Hauses durch den Kläger und seine Ehefrau. Überdies hat der Kläger – von der Beklagten letztlich nicht widersprochen – vorgetragen, dass auch nur annähernd vergleichbare Erderschütterungen im saarländischen Kohlebergbau vor dem Jahr 2001 nicht eingetreten waren. Dem entspricht die Darlegung im Gutachten des Prof. W. von Oktober 1998, mit dem die Mitte 1997 aufgetretenen Erschütterungsereignisse im Abbaubereich Strebe 8.5/8.6 Ost im Feld Dilsburg untersucht wurden, wonach Verwerfungsbeben und dadurch ausgelöste Erderschütterungen in Gefolge der Steinkohlengewinnung eher Ausnahmeerscheinungen sind, die an bestimmte Gegebenheiten geknüpft sind (S. 13 des Gutachtens, Bl. 767 d.A.). Dem entspricht ferner, dass – wie die Beklagte vorgetragen hat – Erderschütterungen im damaligen Bergwerk Ensdorf jedenfalls bis 2001 stets unter dem Wert von 5 mm/s lagen, mithin erst ab 2001 höhere Werte im saarländischen Bergbau erreicht wurden, die mit 10,9 mm/s am 9.1.2001 erstmals den Wert von 10mm/s überstiegen.

(2) Wie die Beklagte jedoch zu Recht darlegt, hat das Gebiet, in dem das Klägergrundstück gelegen ist, dadurch eine Vorprägung, dass es im Bereich einer Steinkohlenlagerstätte liegt und der Steinkohlenabbau in weiten Teilen des Saarlandes seit jeher betrieben wird. Ungeachtet der Frage, wann sich der Abbau auf die konkrete Lagerstätte verlagert, besteht damit ein potentieller Interessenkonflikt zwischen obertägigen Grundstückseigentümern und den Auswirkungen aus untertägigem Bergbau. Bei der Zumutbarkeit i.S.d. § 906 Abs. 2 – Entsprechendes gilt für die Beurteilung der Wesentlichkeit – ist deshalb die Abwägung der beiderseitigen Interessen an einer bestimmten Nutzung der jeweiligen Grundstücke geboten (vgl. BGHZ 69, 119, 127; Staudinger/Roth aaO Rdn. 261 m.w.N.). Dieser situationsbedingte Interessenkonflikt ist mit Blick auf das gegenseitige Rücksichtnahmegebot zu bewerten und führt hier im Ergebnis zu einem Ansteigen der Zumutbarkeitsschwelle. Insoweit berücksichtigt die Kammer, dass bergbauindizierte Erschütterungen in einem potentiellen Bergbaugebiet nach Beginn des Abbaus grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden können. Im gegebenen Fall kommt hinzu, dass sich die Vermeidung der bergbauindizierten Erderschütterungen trotz zahlreicher Versuche, mit Hilfe von zusätzlichen Maßnahmen die Verwerfungsbeben einzudämmen, schwierig gestaltete. Gerade die Historie des hier maßgeblichen Abbaus durch die Beklagte zeigt, dass auch unter Experten aus der Wissenschaft, wie sie im Vorfeld sowohl von Seiten der Bergbehörde als auch von Seiten der Beklagten zeitnah herangezogen wurden, Verfahren zur verlässlichen Verhütung oder entscheidenden Verminderung der hier auftretenden bergbaubedingten Erderschütterungen letztlich nur experimentell ermittelt werden konnten. Trotz zahlreicher Gutachten und entsprechender Auflagen der Bergbehörde konnte ein erschütterungsverminderndes Abbauverfahren erst spät und teilweise sogar überhaupt nicht gefunden werden. Angesichts der engen Einbindung der Bergbaubehörde, die zahlreiche Auflagen nach dem jeweiligen wissenschaftlichen Erkenntnisstand verfügte, waren die Erderschütterungen durch den Abbau der Beklagten – sieht man von der völligen Einstellung des Abbaus im hier maßgeblichen Streb ab – nach damaligem technischen Verständnis nicht zu verhindern. Die Kammer hält dies für einen Gesichtspunkt, auf den der Kläger als Bewohner eines in einem Bergbaugebiet gelegenen Wohnhauses angemessen Rücksicht nehmen muss.

cc) Bei einer Gesamtbetrachtung der oben aufgeführten, wesentlichen Gesichtspunkte für die Bemessung der Zumutbarkeitsschwelle führt dies zu folgender Abwägung: Ist die Intensität einer Erderschütterung so hoch, dass sie das auch in anderen Bergbaugebieten allenfalls noch übliche Maß von Erschütterungsgeschwindigkeiten von 30 mm/s bzw. dem (horizontalen) KBFmax von 30 und damit immerhin ein Vielfaches der Anhaltswerte der DIN 4150 Teil 2 überschreitet, spricht bereits die besondere Schwere der Erschütterung und die damit für die Kammer nachvollziehbare subjektive Bedrohungslage der betroffenen Menschen dafür, hier eine unzumutbare und damit auszugleichende Einwirkung anzunehmen, auch wenn die Erschütterung – wie hier – max. 3 Sekunden dauert und auch nur ein einmaliges Ereignis im jeweiligen Monat ist. Umgekehrt werden Erschütterungen, die den Anhaltswert (Tag) nicht überschreiten, auch dann nicht unzumutbar, wenn sie zur Nachtzeit erfolgen; dem Anhaltswert (Nacht) kommt mithin hier keine eigenständige Bedeutung zu. Dies gebietet die fehlende technische Vermeidbarkeit der Erderschütterungen, die insbesondere auch keine Kontrolle darüber erlaubt, zu welchem Zeitpunkt der Abbruch des Gesteinsüberhangs und damit das für die Erschütterungen ursächliche Verwerfungsbeben erfolgen. Bei Erschütterungen, deren Intensität zwischen dem Anhaltswert (Tag) und dem Maximalwert von KBFmax 30 liegen, entscheidet die Häufigkeit der unterschiedlich intensiven Erschütterungen über die Wesentlichkeit. Weil hier die Grenzen letztlich fließend sind, entscheidet sich die Kammer für einen gestuften Maßstab. Sind pro Monat mindestens zwei Erschütterungen über dem Wert von KBFmax 20 oder mindestens drei Erschütterungen über dem Wert von KBFmax 10 aufgetreten, ist dies ebenso unzumutbar wie vier Erschütterungen über dem jeweiligen Anhaltswert (Tag), hier Ao= 3.

5. Unter Zugrundelegung des obigen Maßstabes sind wesentliche und damit zugleich unzumutbare Beeinträchtigungen im Bereich des klägerischen Anwesens in folgenden Zeiträumen (schattiert) eingetreten:

 Monat

Datum/Uhrzeit
(tagsüber)

 Kbmax

Datum/Uhrzeit
(nachts)

 Kbmax

 Ereignisse

 01/05

09.01.2005 21:58:27

27,41

                 

1

02/05 

13.02.2005 13:38:06

22,30

25.02.2005 14:30:13

25,28

2

03/05 

18.03.2005 23:55:09

8,79

                 

1

04/05 

                                   

0

05/05 

15.05.2005 15:46:44

62,59

                 

1

06/05 

10.06.2005 03:14:27

16,75

                 

1

07/05 

                                   

0

08/05 

03.08.2005 08:44:36

21,17

                 

1

09/05 

22.09.2005 21:43:55

6,08

                 

1

10/05 

                                            

11/05 

05.11.2005 10:19:38

16,24

26.11.2005 15:47:00

4,91

2

12/05 

19.12.2005 04:37:07

16,17

                 

1

01/06 

                                   

0

02/06 

04.02.2006 22:28:01

18,87

17.02.2006 18:51:10

4,25

        
        

07.02.2006 23:22:05

12,40

20.02.2006 01:11:26

56,94

        
        

12.02.2006 01:23:38

31,56

26.02.2006 19:27:07

12,64

6

03/06 

07.03.2006 18:26:35

74,66

16.03.2006 06:20:46

4,70

        
        

10.03.2006 16:19:49

5,59

22.03.2006 15:03:12

9,20

        
        

10.03.2006 23:42:06

24,22

23.02.2006 13:32:21

31,83

6

04/06 

04.04.2006 02:55:05

26,32

                 

1

B.

Der Höhe nach steht dem Kläger ein Anspruch auf Ausgleich des unzumutbaren Teils der Beeinträchtigung zu, weil Einwirkungen bis zur Grenze der Unzumutbarkeit hingenommen werden müssen (BGHZ 178, 90, 100). Wie der Bundesgerichtshof in der Entscheidung vom 19. September 2008 (aaO) erneut festgestellt hat, sind bei der Bemessung des nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB geschuldeten Ausgleichsanspruchs die Grundsätze der Enteignungsentschädigung maßgeblich, wonach ein Ausgleich für – wie hier – konkrete Beeinträchtigungen in der Nutzung eines selbstbewohnten Hauses zu erfolgen hat, der an der hypothetischen Minderung eines monatlichen Mietzinses orientiert werden kann.

Ausgehend hiervon schätzt die Kammer den Ausgleich gem. § 287 ZPO für jeden Monat, in dem die Wesentlichkeit nach den obigen Darlegungen zu bejahen ist, grundsätzlich auf 20% des hypothetischen Mietzinses des klägerischen Anwesens, dessen Höhe mit zuletzt unstreitigen 950,- EUR/Monat anzusetzen ist. In den beiden Monaten, in denen – wie hier im Februar und März April 2006 – besonders häufige und zugleich besonders schwere Erderschütterungen aufgetreten sind, erhöht sich der Ausgleichsanspruch auf 40% des Wohnwertes in Gestalt des hypothetischen Mietzinses. Dies führt zu hypothetischen Mietminderungsbeträgen von jeweils (950 x 20% =) 190,- EUR für Februar und Mai 2005 sowie jeweils (950 x 40% =) 380,- EUR für die Monate Februar und März 2006, insgesamt zu einem auszugleichenden Betrag von 1.140,- EUR.

III.

Die Entscheidung über die Zinsen beruht auf §§ 288 Abs. 1, 291 BGB, wobei der Ausgleichsanspruch betreffend die beiden Monate in 2006 erstmals mit Schriftsatz vom 3.5.2006 hilfsweise erhoben wurde und die Verzinsung – wie das Erstgericht unwidersprochen angenommen hat – erst nach Ablauf der in der Klage bezeichneten Monatsfrist beginnen sollte. Der Streitwert war gem. § 3 ZPO i.V.m. § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG festzusetzen, wobei die Hilfsbegründung der Klage in Gestalt einer Verletzung von Verkehrssicherungspflichten nicht zur Entscheidung angefallen ist und daher nicht streitwerterhöhend zu berücksichtigen war. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO und die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision war zuzulassen, da der vorliegende Prozess den Charakter eines Musterprozesses stellvertretend für zahlreiche andere Bergbaubetroffene und damit eine über den Einzelfall hinausgehende grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 ZPO).

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 28/08 Verkündet am:
19. September 2008
Weschenfelder
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Wird durch Erschütterungen der Erdoberfläche, die durch untertägigen Bergbau hervorgerufen
werden, die ortsübliche Benutzung eines Grundstücks oder dessen Ertrag
über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt, kommt ein Ausgleichsanspruch des
Eigentümers gegen den Bergbauberechtigten, der aufgrund des ihm verliehenen
Bergwerkseigentums tätig wird, nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB in Betracht; diese
Vorschrift wird nicht durch die Bergschadenshaftung (§§ 114 ff. BBergG) verdrängt.
BGH, Urteil vom 19. September 2008 - V ZR 28/08 - LG Saarbrücken
AG Lebach
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. September 2008 durch die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke und
Dr. Schmidt-Räntsch, die Richterin Dr. Stresemann und den Richter Dr. Czub

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Saarbrücken vom 17. Januar 2008 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Dem Kläger und seiner Lebensgefährtin gehört ein Grundstück in L. (Saarland). Auf dem Grundstück wurde Mitte des 19. Jahrhunderts ein Wohnhaus als Südwestdeutsches Bauernhaus errichtet. Das Haus ist grundlegend saniert. Es wird von dem Kläger und seiner Lebensgefährtin bewohnt. An den Innen- und Außenwänden und an den Bodenbelägen des Hauses bildeten sich seit dem Jahr 2001 Risse, die auf den Bergbau zurückzuführen sind, den die Beklagte in der Gegend betreibt. Die Beklagte erkannte die Risse als Bergschäden an und ließ sie fortlaufend beseitigen. Sie ordnete das Gebäude in die höchste Schadensempfindlichkeitskategorie ein; solche Häuser können ab einer Schwingungsgeschwindigkeit von 3 mm/sek. beschädigt werden.
2
Seit dem Ende des Jahres 2000 traten in L. Erderschütterungen auf, die ebenfalls auf den Bergbau der Beklagten zurückgehen. Im Jahr 2005 wurden 59 Erschütterungen von ein bis drei Sekunden Dauer, einer Stärke zwischen 1,9 bis 3,7 auf der Richterskala und einer Schwingungsgeschwindigkeit bis zu 30 mm/sek. registriert. Der Wert von 5 mm/sek. wurde dabei insgesamt zehnmal erreicht oder überschritten. Im Februar und März 2006 wurden bei weiteren bergbaubedingten Erschütterungen Schwingungsgeschwindigkeiten von 71,28 mm/sek., 61,16 mm/sek. und 56,56 mm/sek. gemessen.
3
Mit der Behauptung, durch die Erschütterungen sei die Nutzungsmöglichkeit des Hauses stark eingeschränkt und die Lebens- und Wohnqualität in unzumutbarer Weise beeinträchtigt, verlangt der Kläger - gestützt auf einen Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB - von der Beklagten aus eigenem und von seiner Lebensgefährtin abgetretenem Recht Zahlung von 2.600 € nebst Zinsen für die Zeit von Januar 2005 bis Januar 2006, hilfsweise bis April 2006. Dabei geht er davon aus, dass der fiktive Mietwert des Gebäudes um monatlich 200 € gemindert sei.
4
Das Amtsgericht hat der Klage in Höhe von 1.100 € nebst Zinsen stattgegeben. Das Landgericht, dessen Entscheidung in ZfB 2008, 77 ff. abgedruckt ist, hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und auf die Berufung der Beklagten die Klage vollständig abgewiesen. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht verneint den geltend gemachten Anspruch. Es meint, die durch den untertägigen Bergbau verursachten Erschütterungen gingen nicht von einem anderen Grundstück im Sinne von § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB aus. Zudem sei der Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB subsidiär. Er scheide aus, soweit andere gesetzliche Bestimmungen den Sachverhalt abschließend regelten. So sei es hier. §§ 114 ff. BBergG enthielten eine § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB verdrängende Sonderregelung. Die dem Bergwerkseigentum mit der zwangsläufigen Folge übertägiger Einwirkungen innewohnende Berechtigung zur Bodenschatzgewinnung begründe eine die Ansprüche aus §§ 903 ff. BGB grundsätzlich ausschließende Duldungspflicht des Grundstückseigentümers.

II.

6
Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Der von dem Kläger geltend gemachte Ausgleichsanspruch aus § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB kann bestehen.
7
1. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts scheitert ein Anspruch des Klägers aus § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht schon daran, dass die Erschütterungen nicht von einem anderen Grundstück, sondern von dem Bergwerkseigentum der Beklagten ausgehen.
8
a) Die Anwendbarkeit der Vorschrift auf Bergwerkseigentum folgt allerdings , insoweit ist der Beklagten Recht zu geben, nicht schon daraus, dass auf das Bergwerkseigentum nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BBergG oder, wenn es sich bei dem Bergwerkseigentum der Beklagten um ein Recht aus der Zeit vor dem Inkrafttreten des Bundesberggesetzes handelt, nach § 149 Abs. 1 Nr. 1 BBergG i.V.m. dieser Vorschrift die für Grundstücke geltenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend anzuwenden sind, soweit das Bundesberggesetz nichts anderes bestimmt. Diese Art der Verweisung wird dann eingesetzt, wenn der Bezugstext nicht wörtlich zum Regelungsgegenstand der Verweisungsnorm passt und in der Ausgangsnorm die Notwendigkeit einer die Unterschiede zwischen der in der Verweisungsnorm behandelten und der in den in Bezug genommenen Normen behandelten Materie bedenkenden Anwendung zum Ausdruck gebracht werden soll (Bundesministerium der Justiz, Handbuch der Rechtsförmlichkeit, 2. Aufl., aaO, Rdn. 220). Eine in diesem Sinne entsprechende Anwendung kann deshalb dazu führen, dass einzelne der formal in Bezug genommenen Vorschriften nicht anzuwenden sind, weil sie sich nicht sachgerecht in den Regelungszusammenhang der Verweisungsnorm einfügen lassen.
9
b) Bei der Prüfung dieser Frage ist zu berücksichtigen, dass das Bergwerkseigentum als eine der Beleihung zugängliche Erweiterung der nicht beleihbaren Bewilligung nach § 8 Abs. 1 BBergG konzipiert ist (Piens/Schulte/Graf Vitzthum, BBergG, § 8 Rdn. 1). Die in § 9 BBergG enthaltene Verweisung auf das Grundstücksrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs hat allein den Zweck, die Beleih- und Belastbarkeit der Bewilligung im Wege der Aufwertung zu einem grundstücksgleichen Recht herbeizuführen (Begründung des Entwurfs eines Bundesberggesetzes, BT-Drucks. 8/1315 S. 86). Hierin erschöpft sich die Bedeutung der Verweisung. Im Übrigen entsprechen der Inhalt des Bergwerkseigentums und die dem Bergwerkseigentümer zustehenden Rechte und Pflichten gegenüber seinen Nachbarn, insbesondere gegenüber den Eigentümern der über dem Bergwerkseigentum befindlichen Grundstücke, denen des Inhabers einer Bewilligung. Für diese gilt die Vorschrift in § 8 Abs. 2 BBergG, die aber nicht auf die für Grundstücke geltenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetz- buchs, sondern auf die Ansprüche aus dem Eigentum nach bürgerlichem Recht verweist. § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB gilt deshalb für Erschütterungen, die von einem Bergwerkseigentum ausgehen, nur, wenn er zu diesen "Ansprüchen" gehört.
10
c) Das ist der Fall. Die in § 8 Abs. 2 BBergG verwendete Formulierung "Ansprüche aus dem Eigentum" spricht zwar nach ihrem Wortsinn nur die Regelungen von §§ 985 bis 1007 BGB an (vgl. Boldt/Weller, BBergG, § 8 Rdn. 4; Piens/Schulte/Graf Vitzthum, aaO, § 8 Rdn. 2). Zweck und systematische Stellung von § 8 Abs. 2 BBergG führen aber zu einer erweiternden Auslegung der Vorschrift, die auch § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB umfasst.
11
aa) Der Gesetzgeber ist bei der Schaffung der Berechtigung nach § 8 BBergG und des Bergwerkeigentums nach § 9 BBergG konzeptionell von dem früheren Bergwerkseigentum ausgegangen, das zwar auf einer hoheitlichen Verleihung beruhte, begrifflich aber dem sachenrechtlichen (Grund-) Eigentum gleichgestellt war (BGHZ 53, 226, 233). Diese Gleichstellung geht nach dem Bundesberggesetz bei dem Bergwerkseigentum zwar inhaltlich weiter als bei der bergrechtlichen Bewilligung. Das ändert aber nichts daran, dass, von der nur bei dem Bergwerkseigentum möglichen Beleihung und Belastung abgesehen , Bergwerkseigentümer und Bewilligungsinhaber bezogen auf ihre Abbaubefugnis eine dem Grundstückseigentümer vergleichbare Rechtsstellung erhalten sollten.
12
bb) Bei der Beschreibung dieser Rechtsstellung in § 8 Abs. 2 BBergG hat sich der Gesetzgeber zwar auf eine Verweisung auf die Ansprüche aus dem Eigentum beschränkt. Der Verzicht auf die Regelung der diesen Ansprüchen sachlich korrespondierenden Duldungspflichten insbesondere der Eigentümer der über dem Bergwerkseigentum befindlichen Grundstücke beruht auf der Ü- berlegung, dass sich diese aus dem Ausschließlichkeitscharakter der Bewilligung ergeben (Entwurfsbegründung, BT-Drucks. 8/1315 S. 86). Wie nach früherem Recht (dazu: BGHZ 53, 226, 233; 63, 234, 237; RGZ 98, 79, 82 f.) soll sich deshalb aus dem in § 7 Abs. 1 BBergG allein geregelten ausschließlichen Recht zum Abbau derjenigen Bodenschätze, für die die Abbaubewilligung oder das Bergwerkseigentum verliehen worden ist, die Pflicht der Eigentümer der Grundstücke auf dem darüber liegenden Gebirge ergeben, alle nachteiligen Einwirkungen des Abbaus auf ihre Grundstücke, selbst deren völlige Entwertung (BGHZ 53, 226 233; RGZ 98, 79, 84), hinzunehmen. Funktionell ersetzt der so verstandene Ausschließlichkeitscharakter von Bewilligung und Bergwerkseigentum die im horizontalen Grundstücksnachbarverhältnis bestehenden , in den §§ 904 ff. BGB - insbesondere in § 906 BGB - bestimmten Duldungspflichten. Schon diese weniger weit gehenden Duldungspflichten können dem betroffenen Grundstückseigentümer Opfer abverlangen, die ihm (unter den in § 906 Abs. 2 BGB bestimmten Voraussetzungen) nur gegen Zahlung eines Geldausgleichs zugemutet werden dürfen. Das aber hat erst recht für die wesentlich weitergehenden Duldungspflichten zu gelten, die aus dem Ausschließlichkeitscharakter der bergrechtlichen Berechtigungen folgen.
13
Den hier umso mehr gebotenen Ausgleich sieht das Bundesberggesetz selbst jedoch nicht vor. Die in § 114 Abs. 1 BBergG bestimmte Bergschadenshaftung wird zwar seit jeher als Ausgleich verstanden (RGZ 98, 79, 82 f.). Sie setzt jedoch den Eintritt eines Bergschadens voraus und hat nur den Zweck, dem Berggeschädigten einen seinen erweiterten Duldungspflichten entsprechend erweiterten Anspruch auf Ersatz von Schäden zu verschaffen. Demgegenüber verfolgt § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB in erster Linie den Zweck, dem Grundstückseigentümer bei bestimmten Beeinträchtigungen einen Ausgleich dafür zu gewähren, dass er seine eigenen Interessen über das zumutbare Maß hinaus hinter die des Bergbauberechtigten zurückstellen und die Ausnutzung dessen bergrechtlicher Berechtigung in diesem Fall hinnehmen muss.
14
Dieser Ausgleich stellt bei dem heute erreichten Stand des bürgerlichen Rechts die nicht ablösbare Kehrseite der Duldungsansprüche und damit auch des Ausschließlichkeitscharakters der bergrechtlichen Befugnisse dar. Bei den Duldungspflichten des Eigentümers aus §§ 904 ff. BGB handelt es sich ebenso wie bei den aus dem Ausschließlichkeitscharakter der Bergbauberechtigungen abgeleiteten Duldungspflichten um eine Bestimmung von Inhalt und Schranke des Eigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG. Die mit solchen Inhaltsund Schrankenbestimmungen verbundenen Beschränkungen hat der betroffene Grundstückseigentümer zwar grundsätzlich entschädigungslos hinzunehmen. Sie müssen aber auch ihrerseits dem Verhältnismäßigkeitsprinzip gerecht werden (BVerfGE 58, 137, 150; 75, 78, 97 f.; 76, 220, 238; 92, 262, 273; Jarass /Pieroth, GG, 9. Aufl., Art. 14 Rdn. 38). Das führt dazu, dass das Oberflächeneigentum nicht in jedem denkbaren Fall und ohne jede Einschränkung hinter der Ausübung von Bergbauberechtigungen zurückzutreten hat (vgl. BVerwG 81, 329, 335 f.). Im Verhältnis des Bergbauberechtigten zum Grundstückseigentümer kommt eine Beschränkung der Duldungspflichten zwar grundsätzlich nicht in Betracht, weil dies mit dem Ausschließlichkeitscharakter seiner Berechtigung unvereinbar wäre. In einer solchen Fallgestaltung ist dem Verhältnismäßigkeitsprinzip aber durch einen finanziellen Ausgleich Rechnung zu tragen (BVerfGE 58, 137, 152; 83, 201, 212 f.; 100, 226, 245 f.; BGHZ 128, 204, 205 f.; BVerwGE 84, 361, 367; 94, 1, 5; v. Mangoldt/Klein/Starck/Depenheuer, GG, 4. Aufl., Art. 14 Rdn. 241 ff.). Diesen Ausgleich sieht § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB im horizontalen nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis vor; für das vertikale Gemeinschaftsverhältnis kann wegen seiner konzeptionellen Gleichstellung mit dem Grundstückseigentum nichts anderes gelten.
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cc) Die Vorschrift des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB ist auch deshalb im Verhältnis des Bergbauberechtigten zum Grundstückseigentümer anzuwenden, weil sie nach heutigen Maßstäben zu den prägenden Nomen des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses gehört und der Gesetzgeber des Bundesberggesetzes von dem Bestehen eines solchen Gemeinschaftsverhältnisses zwischen dem Bergbauberechtigten und dem Grundstückseigentümer ausgeht. Das ergibt sich bei der Ausübung der bergrechtlichen Befugnisse auf einem zum Bergbau gehörenden Grundstück aus dem dann tatbestandlich anwendbaren § 906 BGB und aus § 114 Abs. 2 Nr. 3 BBergG, der Ansprüche aus dieser Norm ausdrücklich vorbehält. Dieses Gemeinschaftsverhältnis besteht aber auch dann, wenn die bergrechtlichen Befugnisse nicht auf einem bestimmten Grundstück ausgeübt werden, sondern durch untertätigen Bergbau. Das Bestehen eines solchen vertikalen Gemeinschaftsverhältnisses findet seinen Ausdruck namentlich in den Vorschriften der §§ 110 bis 113 BBergG, die dem Grundstückseigentümer unter anderem die Pflicht auferlegen, die Bebauung seines Grundstücks an die zu erwartenden bergbaulichen Einwirkungen anzupassen. Mit diesen Vorschriften wollte der Gesetzgeber das in der Entwurfsbegründung als "mehr oder weniger ungeordnetes Nebeneinander von Bergbau und Grundeigentum" bezeichnete Verhältnis durch "ein - auch gesetzlich anerkanntes - Nachbarschaftsverhältnis" ablösen (Entwurfsbegründung in BTDrucks. 8/1315 S.138).
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Bei der Ausgestaltung eines solchen Gemeinschaftsverhältnisses kann sich der Gesetzgeber zwar, wie geschehen, auf bestimmte Regelungskomplexe beschränken. Dessen Wirkungen lassen sich aber nicht auf diese Bereiche beschränken. Das vertikale nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis bestimmt das Verhältnis der Bergbauberechtigten zu den Grundstückseigentümern generell, nicht anders als das im horizontalen nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis zwischen den Eigentümern benachbarter Grundstücke der Fall ist. Das führt notwendig zur Geltung von § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB in seinem originären Anwendungsbereich , an den sich § 110 Abs. 3 BBergG für seinen Bereich auch anlehnt (vgl. zu dieser Parallele auch H. Westermann, Freiheit des Unternehmers und des Grundstückseigentümers und ihre Pflichtenbindungen im öffentlichen Interesse nach dem Referentenentwurf eines Bundesberggesetzes, 1973, S. 87 f.).
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d) Das ist für das Gasspeicherrecht anerkannt.
18
Im Bereich dieses Rechts kommt § 906 BGB unbestritten nicht nur dann zur Anwendung, wenn der Betreiber des Gasspeichers von der nach § 126 BBergG bestehenden Möglichkeit Gebrauch macht, von den Eigentümern der obertätigen Grundstücke deren Übertragung (Grundabtretung) zu verlangen, sondern auch dann, wenn diese nicht verlangt und der unterirdische Gasspeicher aufgrund einer bergrechtlichen Betriebserlaubnis betrieben wird (BGHZ 110, 17, 23). Der Speicherbetrieb ist bei Vorliegen einer solchen Erlaubnis zu dulden. Das wiederum führt nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB zu einem Ausgleichsanspruch der beeinträchtigten Grundstückseigentümer (BGH aaO).
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Dies beruht darauf, dass der allein auf öffentlich-rechtlicher Grundlage zu duldende Speicherbetrieb ein vertikales nachbarliches Gemeinschaftsverhältnis entstehen lässt, das nach den für das horizontale Verhältnis zwischen Grundstückseigentümern geregelten Voraussetzungen zu einem Ausgleichsanspruch führt. Das kann bei dem durch §§ 8 Abs. 2, 9 Abs. 1 Satz 2 BBergG - zudem unter Verweis auf das bürgerliche Recht - ausgestalteten vertikalen Gemeinschaftsverhältnis zwischen dem Bergbauberechtigten und den Eigentümern der obertägigen Grundstücke nicht anders sein.
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2. Anders als das Berufungsgericht meint, tritt der Ausgleichsanspruch auch weder generell hinter andere Ansprüche zurück noch wird er speziell durch die Bergschadenshaftung nach § 114 Abs. 1 BBergG verdrängt.
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a) § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB begründet seiner Konzeption nach einen eigenständigen Anspruch. Der Anspruch steht mit anderen Ansprüchen, die sich aus der Beeinträchtigung eines Grundstücks ergeben können, in Anspruchskonkurrenz.
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aa) Die Vorschrift knüpft an die wesentliche Beeinträchtigung eines Grundstücks an. Diese hat der Eigentümer nach § 906 Abs. 2 Satz 1 BGB entschädigungslos hinzunehmen, wenn sie sich mit wirtschaftlich zumutbaren Mitteln nicht abwenden lässt. Führt die Beeinträchtigung jedoch dazu, dass die ortsübliche Nutzung des beeinträchtigten Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt wird, steht dem Eigentümer ein Anspruch auf Ausgleich zu. Das kann grundsätzlich nicht davon abhängig sein, dass sich ein Anspruch auf Ausgleich nicht aus einer anderen Norm ableiten lässt.
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bb) Anders läge es nur bei dem nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch, den der Senat in entsprechender Anwendung von § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB unter Übertragung von dessen Wertungen auf andere Fallkonstellationen (dazu Wenzel, NJW 2005, 241, 246) entwickelt hat. Dieser Anspruch dient der Ausfüllung von Lücken in den bestehenden Abwehrrechten und ist deshalb subsidiär (Senat, BGHZ 120, 239, 249; 160, 18, 20). Das schließt eine Anwendung grundsätzlich aus, soweit eine andere in sich geschlossene Regelung besteht (Senat, BGHZ 155, 99, 107; 160, 232, 234 f.). Das ist teilweise missverstanden worden (vgl. Palandt/Bassenge, BGB, 68. Aufl., § 906 Rdn. 25 unter Verweis auf Senat, BGHZ 160, 18, 20 = NJW 2004, 3328) und gibt Anlass zur Klarstellung.
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b) In seiner unmittelbaren Anwendung wird § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB nur durch abschließende gesetzliche Sonderregelungen verdrängt (Krüger, ZfIR 2007, 2, 4).
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aa) Eine solche Sonderregelung nimmt der Bundesgerichtshof bei Vorschriften an, die den Ausgleich im nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis abschließend regeln und deren Wertung unterlaufen würde, käme daneben § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB zur Anwendung. So verhält es sich bei der Haftung nach § 22 WHG (BGHZ 76, 35, 43; 142, 227, 236) und bei der Möglichkeit der Anordnung von Maßnahmen zum Schutz von Planbetroffenen im Planfeststellungsverfahren nach § 74 Abs. 2 VwVfG (Senat, BGHZ 161, 323, 329), bei der Haftung nach § 2 HaftPflG hingegen nicht (Senat, BGHZ 155, 99, 107). Für die Bergschadenshaftung nach §§ 114 ff. BBergG kann dies nicht angenommen werden.
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bb) §§ 114 ff. BBergG regeln zwar eine verschuldensunabhängige und gemäß § 117 BBergG summenmäßig begrenzte Haftung. Schon im Bereich der Bergschäden regeln die Vorschriften die Haftung des Bergbauberechtigten aber nicht abschließend. Nach § 121 BBergG bleiben Vorschriften ausdrücklich unberührt, die für einen Bergschaden im Sinne von § 114 Abs. 1 BBergG eine weitergehende Haftung vorsehen. Auch in den Bereichen, die § 114 Abs. 2 BBergG aus dem Begriff des Bergschadens ausnimmt, treffen §§ 114 ff. BBergG keine abschließende Regelung, die durch die Anwendung von § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB unterlaufen werden könnte. So stellen etwa nach § 114 Abs. 2 Nr. 1 BBergG bergbaubedingte Personenschäden von Bergleuten, die an sich nach § 114 Abs. 1 BBergG ersatzfähige Schäden wären, keinen Berg- schaden dar. Der Ausschluss derartiger Schäden aus dem Bereich des Bergschadensrechts bedeutet auch unter Berücksichtigung der Berechtigung der Betroffenen aus der gesetzlichen Unfallversicherung (§§ 26 ff. SGB VII) jedoch keinen Ausschluss der Ansprüche der Geschädigten, sondern einen Verweis auf die außerhalb des Bergschadensrechts bestehenden Ansprüche, hinter die das Bergschadensrecht zurücktritt.
27
cc) In gleicher Weise verhält es sich gemäß § 114 Abs. 2 Nr. 3 BBergG mit Beeinträchtigungen, die nach § 906 BGB nicht verboten werden können.
28
(1) Dem wird allgemein entnommen, dass ein unmittelbar aus § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB folgender Anspruch besteht, wenn die wesentliche Beeinträchtigung des betroffenen Grundstücks, die durch eine ortsübliche Benutzung des Bergbaugrundstücks hervorgerufen und nicht durch wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen des Bergbautreibenden verhindert werden kann, dessen ortsübliche Benutzung oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt (Boldt/Weller, aaO, § 114 Rdn. 134; Piens/Schulte/Graf Vitzthum, aaO, § 114 Rdn. 52; Schumacher, Glückauf 1982, 1065; ähnlich Schulte, NVwZ 1989, 1138, 1140; ferner Staudinger/Roth, BGB [2002], § 906 Rdn. 76 zu § 14 BlmSchG). Die Herausnahme dieser Beeinträchtigungen aus dem Begriff des Bergschadens bedeutet danach gerade nicht, dass der Bergbauberechtigte für solche Beeinträchtigungen keinen Ausgleich zu leisten hätte. Maßgeblich bleiben vielmehr die allgemeinen Vorschriften, zu denen der Anspruch aus § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB gehört und der nach dem ausdrücklichen Hinweis der Entwurfsbegründung unberührt bleiben soll (BT-Drucks. 8/1315 S. 141).
29
(2) Die von dem Berufungsgericht für seine gegenteilige Ansicht zitierte Rechtsprechung ergibt nichts anderes. Das Urteil des Senats vom 23. April 1958 (BGHZ 27, 149 ff.) konnte sich mit dieser Frage nicht befassen, weil § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB erst am 1. Januar 1960 in Kraft getreten ist. Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat in seinem Urteil vom 23. November 2000 (BGHZ 146, 98, 102) nicht die Anwendung von § 906 BGB, sondern die Reichweite des Ausschließlichkeitscharakters der bergrechtlichen Berechtigung behandelt und hierzu entschieden, dass der Bergbauberechtigte nicht jede ihm nachteilige Nutzung des über seinem Bodenschatz liegenden Grundstücks verbieten darf. In seinem Urteil vom 17. Mai 2001 (BGHZ 148, 39, 53) hat er nur eine analoge Anwendung von § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB ausgeschlossen. Zu dem hier vorliegenden Fall der direkten Anwendung von § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB ist damit nichts gesagt.

III.

30
Für eine abschließende Entscheidung sind noch ergänzende Feststellungen zu treffen. Zu diesen weist der Senat auf Folgendes hin:
31
1. Zunächst wird zu klären sein, ob die tatsächlichen Voraussetzungen des grundsätzlich möglichen Anspruchs aus § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB gegeben sind.
32
2. Ein nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB geschuldeter Ausgleich ist nach den Grundsätzen der Enteignungsentschädigung zu bemessen. Diese umfasst einen Ausgleich für konkrete Beeinträchtigungen in der Nutzung eines von dem Eigentümer selbst bewohnten Hauses und kann an der hypothetischen Minderung des monatlichen Mietzinses orientiert werden (vgl. BGHZ 91, 20, 31), soweit nicht ohnehin Ausgleich für die Beeinträchtigung des Ertrags des betroffenen Grundstücks verlangt wird.
33
3. Auszugleichen ist nur der unzumutbare Teil der Beeinträchtigung, weil Einwirkungen bis zur Grenze der Unzumutbarkeit hingenommen werden müs- sen (Senat, BGHZ 62, 361, 371 f.). Wann diese Grenze überschritten wird, bestimmt sich nach dem Empfinden eines verständigen durchschnittlichen Benutzers des Grundstücks in seiner konkreten Beschaffenheit, Ausgestaltung und Zweckbestimmung, somit nach demselben Maßstab, der für die Beurteilung der Wesentlichkeit einer Beeinträchtigung im Sinne von § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB gilt (Senat, Urt. v. 27. Oktober 2006, V ZR 2/06, NJW-RR 2007, 168, 169). Auf das persönliche Empfinden des Klägers und seiner Lebensgefährtin kommt es nicht an. Klein Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann Czub
Vorinstanzen:
AG Lebach, Entscheidung vom 30.03.2007 - 3A C 80/06 -
LG Saarbrücken, Entscheidung vom 17.01.2008 - 11 S 87/07 -

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.