Amtsgericht Freising Urteil, 27. Okt. 2017 - 6 Ds 506 Js 37436/16

27.10.2017

Tenor

1. Der Angeklagte ... wird freigesprochen.

2. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten werden der Staatskasse auferlegt.

Angewendete Vorschriften:

§ 467 Abs. 1 StPO

Gründe

I.

1. Dem Angeklagten wurde von der Staatsanwaltschaft mit Anklageschrift vom 06.07.2017, unverändert zugelassen durch Beschluss des Amtsgerichts Freising vom 13.10.2017 folgender Sachverhalt zur Last gelegt:

Als nigerianischer Staatsbürger unterliegt der Angeklagte den Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes.

Vom 17.02.2016 (Zeitpunkt der Vollziehbarkeit des Abschiebebescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 28.01.2016) bis 21.10.2016 (Ausstellung einer Duldung) hielt der Angeklagte sich im Bundesgebiet auf, obwohl er wusste, dass er den für den Aufenthalt im Bundesgebiet erforderlichen Aufenthaltstitel nicht besaß. Der Angeklagte hielt sich hierbei unter seiner Wohnanschrift in der G. Straße 1 in F. und im Zeitraum vom 15.07.2016 bis vermutlich 20.11.2016 an der Anschrift Pfarrei St. J., H.str. 27, Freising, auf.

Er wusste, dass er seit 17.02.2016 vollziehbar ausreisepflichtig war, ihm eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen war und seine Abschiebung nicht ausgesetzt war.

Der Angeklagte habe sich durch den vorgenannten Sachverhalt eines unerlaubten Aufenthalts gemäß § 95 Abs. 1 Nr. 2, 4 AufenthG strafbar gemacht.

2. Mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft wurde die Verfolgung gemäß § 154 a Abs. 2 StPO auf den Zeitraum des Aufenthalts vom 15.07.2016, Beginn des Kirchenasyls - 21.10.2016 beschränkt. Desweiteren wurde mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft gemäß § 154 a Abs. 2 StPO von einer Verfolgung wegen etwaigen unerlaubten Aufenthalts ohne Pass gemäß §§ 95 Abs. 1 Nr. 1, 3 AufenthG im Zeitraum vom 17.02.2016 bis 20.11.2016 abgesehen.

3. Das Gericht hat in Bezug auf den verbliebenen Zeitraum den Sachverhalt so festgestellt, wie er in der Anklageschrift geschildert wurde. Insoweit wird auf Ziffer I.1. Bezug genommen. Darüber hinaus hat das Gericht folgenden Sachverhalt ergänzend bzw. konkretisiert festgestellt:

Der Angeklagte wusste spätestens mit Eintritt in das Kirchenasyl am 15.07.2016, dass er den für den Aufenthalt im Bundesgebiet erforderlichen Aufenthaltstitel nicht besaß. Die Ausländerbehörde verzichtete auf Geheiß der Regierung von Oberbayern und des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) aufgrund seines Aufenthalts im Kirchenasyl auf die Vollziehung des Bescheids vom 28.01.2016. Das BAMF hat in einer Vereinbarung mit der evangelischen und katholischen Kirche 24.02.2015 erklärt, dass es nicht beabsichtigt, die Tradition des Kirchenasyls an sich in Frage zu stellen. Ein Meldeverfahren zwischen Ausländerbehörden, BAMF und Kirchen wurde etabliert. Die Pfarrei St. Jakob vom BAMF bezüglich des vereinbarten Verfahrens mit Schreiben vom 04.08.2016 informiert. Die vereinbarten Meldungen wurden von der Zeugin ... am Tag des Eintritts in das Kirchenasyl vorgenommen. Der Angeklagte beendete seinen Aufenthalt in der Pfarrei St. Jakob, das Kirchenasyl, am 19.10.2016 und stellte am gleichen Tag in München Antrag, das Asylverfahren im nationalen Verfahren durchzuführen. Am 21.10.2016 wurde ihm eine Duldung bis 22.11.2016 erteilt. Die Frist zur Überstellung des Angeklagten nach Italien gem. Art. 29 Dublin-III-Verordnung lief spätestens am 03.09.2016 ab.

II. Der Angeklagte war aus Rechtsgründen bezüglich des verbleibenden abzuurteilenden Zeitraums vom 15.07.2016 bis 21.10.2016 freizusprechen.

1. Der festgestellte Sachverhalt steht fest aufgrund der Angaben des Verteidigers sowie der Zeugen ... sowie der verlesenen Urkunden und Schriftstücke. Diese gaben übereinstimmend an, dass der Angeklagte sich am 15.07.2016 in das Kirchenasyl bei Pfarrer ... begeben habe; das Kirchenasyl habe er am 19.10.2016 verlassen, um am gleichen Tag einen Asylfolgeantrag bzw. den Antrag, das Asylverfahren im nationalen Verfahren durchzuführen, zu stellen. Ab dem 21.10.2016 sei dem Angeklagten dementsprechend auch eine Duldung erteilt worden, gleichwohl er wegen des Übergangs ins nationale Verfahren einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsgestattung gehabt habe. Diese fehlerhafte Ausstellung einer Duldung habe möglicherweise daran gelegen, so der Zeuge ..., dass man seinen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens im nationalen Verfahren irrtümlich als Folgeantrag gewertet habe, mittlerweile habe der Angeklagte eine Aufenthaltsgestattung.

Wie die Zeugen ... bekundeten und dem verlesenen Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) vom 28.01.2016 (Bl. 16-19 d.A.) zu entnehmen ist, war der Asylantrag des Angeklagten vom 18.08.2015 am 28.01.2016 als unzulässig abgelehnt und die Abschiebung nach Italien angeordnet sowie das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 6 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet worden. Der Angeklagte war demnach aus Italien am 06.11.2014 in die Bundesrepublik eingereist, obwohl gemäß der Dublin-III-VO Italien der für sein Asylverfahren zuständige Staat war. Ein entsprechendes Wiederaufnahmeersuchen wurde am 16.10.2015 an Italien gerichtet, auf das die italienischen Behörden bis zum 28.01.2016 nicht antworteten.

Der Angeklagte hatte gegen den Bescheid vom 28.01.2016 mit Schreiben vom 07.02.2016 Klage zum Verwaltungsgericht München erhoben (Az. M9 16.50076) und mit Schreiben vom 10.02.2016 gemäß § 80 Abs. 5 VwGO die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage beantragt (Az. M 9 S 16.50102). Dieser Antrag wurde durch den in der Hauptverhandlung verlesenen Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 17.02.2016 abgelehnt. (Bl. 78-81 d.Akte) Die Entscheidung wurde nach Angaben der Zeugin ... an die Behörde am 03.03.2016 zugestellt, ausweislich des verlesenen Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 06.02.2017 (Bl. 62-67 d.A.) zuletzt am 01.03.2016 zugestellt. Die Überstellungsfrist gemäß Art. 29 Dublin-III-VO lief daher spätestens am 03.09.2016 ab.

Die Zeugen ... bekundeten darüber hinaus, dass das Landratsamt Freising jeden Abschiebungsversuch unterlasse, wenn sich ausreisepflichtige Flüchtlinge im „Kirchenasyl“ befänden. Die Abschiebung werde dann auch auf Geheiß des BAMF, der Regierung und des Ministeriums nicht mehr betrieben. Es bestünde diesbezüglich auch eine Vereinbarung zwischen den Kirchenvertretern und dem BAMF. Die Bearbeitungshinweise des Bundesamtes zu Kirchenasylfällen (Bl. 93/94 d.A.), die in der Hauptverhandlung verlesen wurden, wurden und werden nach Angaben der Zeugen ... durchgängig beachtet. Die Zeugen ... bekundeten, dass sie seitens der Regierung und des Innenministeriums angewiesen seien, nichts mehr zu unternehmen, wenn der Ausländer im Kirchenasyl sei. Es sei in diesen Fällen niemals ein Haftbefehl beantragt worden. Der Angeklagte sei auch nicht zur Festnahme ausgeschrieben worden. Die Zeugin ... bekundete zudem, dass man den Ausländern im Kirchenasyl auch nicht auflauern dürfe. Ob es eine schriftliche Weisung und von wem konkret gebe, konnten die Zeugen nicht beantworten. Der Zeuge ... bekundete, dass er aber bereits bei der Einarbeitung in die Fälle, daraufhin gewiesen worden sei, in Fällen des Kirchenasyls nichts weiter zu unternehmen. Mittlerweile, so beide Zeugen von der Ausländerbehörde, müssten aber alle Fälle des Kirchenasyls an die Regierung abgegeben werden, die die Bearbeitung übernimmt. Ihres Wissens nach würde es aber nachwievor so gehandhabt, dass man auf keinen Fall das Kirchenasyl mit Gewalt breche.

Gleiches bekundete auch der Zeuge .... Er bearbeite die „Kirchenasylfälle“; es sei ihm kein einziger Fall bekannt, in dem die Polizei auf Geheiß der Ausländerbehörde mit Gewalt in eine Kirche eingedrungen seien. Es gäbe „von oben“ die Weisung, auf keinen Fall in die Kirchen reinzugehen. Haftbefehle würden von den Ausländerbehörden nicht beantragt, nur die Regierung der Oberpfalz habe mal in einem Fall zur Festnahme ausschreiben lassen; in der Regel passiere nicht einmal das. Wenn die Ausländer im Kirchenasyl seien, dürfe man nichts mehr tun.

Pfarrer ... habe der Polizei den Eintritt des Angeklagten in das Kirchenasyl noch am 15.07.2016 gemeldet.

In den Bearbeitungshinweisen wurde im Ergebnisvermerk zum Gespräch zwischen dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und den Bevollmächtigten der evangelischen und katholischen Kirchen zum Thema Kirchenasyl vom 24.02.2015, der verlesen wurde, unter anderem folgendes festgehalten:

„[...]

- die Beteiligten stimmen überein, dass das Kirchenasyl kein eigenständiges, neben dem Rechtsstaat stehendes Institut ist, sich jedoch als christlich-humanitäre Tradition etabliert hat.

- Das Bundesamt beabsichtigt nicht, die Tradition des Kirchenasyls an sich in Frage zu stellen.“

Unter 2. Verfahrensabläufe auf Grundlage der Vereinbarung ist festgehalten:

„2.1. Zentraler Bestandteil ist die bis voraussichtlich bis Spätherbst 2015 laufende Pilotphase, in der die Strukturen für die Zusammenarbeit aufgebaut werden sollen. Vorgesehen hierfür ist die Benennung kirchlicher Ansprechpartner [...], die ausschließlich Prüffälle zum Kirchenasyl entgegennehmen und diese vorgeprüft mittels Dossiers an das Bundesamt weiterleiten. [...] Nach der Registrierung, einer schriftlichen Eingangsbestätigung an den Kirchenvertreter und Meldung an die zuständige Ausländerbehörde sowie die Bundespolizei wird der Fall gesichtet, mit einem Votum versehen, das einen Vorschlag zum weiteren Vorgehen (Ausübung des Selbsteintritts oder Feststellung des Ablaufs der Überstellungsfrist in Dublin-Fällen, Möglichkeit einer positiven Entscheidung) beinhaltet und an das zuständige Fachreferat abgegeben werden. Stimmt dieses dem Votum zu, erfolgt die entsprechende Benachrichtigung der Kirchen-Ansprechpartner. [...]“

Dass dieses Verfahren auch noch im hier gegenständlichen Zeitraum seitens des BAMF und der Kirchen eingehalten wurde, wird durch das Schreiben des BAMF vom 05.08.2016 an die Pfarrei St. Jakob (Bl. 13/14) in dieser Sache bestätigt. Sowohl die Zeugen ... als auch die Zeugin ... bestätigen, dass der Eintritt in das Kirchenasyl vereinbarungsgemäß unverzüglich seitens der Pfarrei bzw. durch die Zeugin ... bei der Ausländerbehörde Freising und dem BAMF angezeigt worden war. Dies ergibt sich auch aus der verlesenen E-Mail der Zeugin ... vom 15.07.2016 (Bl. 8 d.A.), die den Zeugen ... und die Zeugin ... von der Ausländerbehörde über den Eintritt ins Kirchasyl informiert.

Zweifel an dem schlüssigen, übereinstimmenden und widerspruchsfreien Angaben sämtlicher Zeugen wie des Angeklagten über seinen Verteidiger waren für das Gericht nicht angezeigt, zumal sie auch durch die verlesenen Urkunden und Schriftstücke bestätigt werden.

Dass der Angeklagte spätestens zum Zeitpunkt des Eintritts in das Kirchenasyl wusste, dass er trotz nicht eingezogener, versehentlich am 19.02.2016 durch die Zeugin ... verlängerten und bis zum 18.08.2016 ausgestellten Aufenthaltsgestattung, die in Augenschein genommen und verlesen wurde, keinen Aufenthaltstitel mehr hatte und ausreisepflichtig war, ergibt sich aus den Angaben der Zeugin ..., die die zunehmende Verzweiflung des Angeklagten nach Erhalt des Beschlusses vom 17.02.2016 am 01.03.2016 schilderte. Der Angeklagte sei verzweifelt gewesen, warum gerade er kein Asylverfahren hier bekomme und nach Italien zurück müsse. Je weiter die Überstellungsfrist ablief, desto mehr sei ihnen allen klar gewesen, dass jetzt jeden Tag die Abschiebung kommen könne, deswegen habe man sich schon um einen Kirchenasylplatz bemüht, während sich der Angeklagte in der Psychiatrie befand, aber erst etwa zwei Wochen danach einen Platz gefunden. Dass der Angeklagte dennoch unvermeidbar den Eindruck gehabt haben könnte, dass er sich legal im Bundesgebiet aufhält, wie der Verteidiger vorträgt, erscheint lebensfern. Zumal der Angeklagte selbst sich nicht dazu äußerte und der Verteidiger diesbezüglich nach eigenen Angaben auch nur eine Vermutung anstellte.

2. Der Angeklagte war aus Rechtsgründen freizusprechen. Ein unerlaubter Aufenthalt eines Ausländers liegt nicht vor und der Tatbestand des § 95 I Nr. 2 AufenthG ist nicht erfüllt, wenn zwar der erforderliche Aufenthaltstitel nach § 4 Absatz 1 Satz 1 AufenthG fehlt, der Ausländer vollziehbar ausreisepflichtig ist und ihm eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist, jedoch dessen Abschiebung hätte ausgesetzt und eine Duldung hätte erteilt werden müssen. Andernfalls hätten es die Ausländerbehörden in der Hand, durch auch pflichtwidrige Untätigkeit eine Strafbarkeit durch Verwaltungshandeln, besser -unterlassen zu begründen.

Gemäß § 60 a AufenthG ist die Abschiebung eines Ausländers auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. In einem solchen Fall besteht ein Anspruch auf Erteilung einer Duldung. Bei dem sogenannten Kirchenasyl handelt es sich um ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis, das freilich - da innerstaatlich und in der Sphäre des BAMF liegend - nicht den Ablauf der Überstellungsfrist nach der Dublin-III-VO hemmt (s. hierzu das verlesene Urteil des VG München vom 06.02.2017, Bl. 62-67 d.A., vgl. auch VG München, Urteil vom 27.03.2017, beck-online)

Die Strafgerichte dürfen sich nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (BVerfG, Beschluss vom 06.03.2003 - 2 BvR 397/02) nicht mit der Feststellung begnügen, der Angeklagte sei nicht im Besitz einer Duldung nach § 60 a AufenthG gewesen. Die Duldung ist eine gesetzlich zwingende Reaktion auf ein vom Verschulden des Ausländers unabhängiges Abschiebungshindernis. Insofern dient § 95 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG nicht der Strafbewehrung eines Verwaltungsakts und bindet den Strafrichter nicht an die unterlassene oder verspätet getroffene Entscheidung einer Verwaltungsbehörde.

Die Strafgerichte sind vielmehr von Verfassungs wegen gehalten, selbstständig zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer ausländerrechtlichen Duldung im Tatzeitraum gegeben waren.

Ob die Voraussetzungen des § 60 a AufenthG vorliegen, kann aus Behördensicht nicht anders bewertet werden als aus Betroffenensicht. Grundsätzlich kommt es beim Vorliegen eines Abschiebungshindernisses im Sinne des § 60 a AufenthG nicht darauf an, ob der Angeklagte dies zu vertreten hatte. Das Bundesamt hat sowohl zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse als auch der Abschiebung entgegenstehende inlandsbezogene Vollzugshindernisse zu prüfen, so dass daneben für eine eigene Entscheidungskompetenz der Ausländerbehörde zur Erteilung oder Nichterteilung einer Duldung gemäß § 60 a Abs. 2 AufenthG kein Raum verbleibt. (mit weiteren Nachweisen BVerfG, Beschluss vom 17.09.2014 BvR 732/14). Dies gilt nicht nur hinsichtlich bereits bei Erlass der Abschiebungsanordnung vorliegender, sondern auch bei nachträglich auftretenden Abschiebungshindernissen und Duldungsgründen. Gegebenenfalls hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Abschiebungsanordnung aufzuheben oder die Ausländerbehörde anzuweisen, von deren Vollziehung abzusehen. Im Falle von Kirchenasyl liegt aus Sicht des Bundesamtes und der Ausländerbehörde offenkundig ein tatsächliches inlandsbezogenes Vollzugshindernis im Sinne des § 60 a Abs. 2 AufenthG vor. Bundesamt und Ausländerbehörde sahen sich an die Absprache mit den Kirchen gebunden, das Kirchenasyl des Angeklagten nicht durch unmittelbaren Zwang zu beenden. In der Vereinbarung das BAMF mit den Kirchen wird sich diesbezüglich ausdrücklich auf das Kirchenasyl als christlich-humanitäre Tradition berufen und das Bundesamt erklärt, dass es diese Tradition nicht in Frage stelle (hierzu VG München, Urteil vom 29.10.2015 - Az. M 2 K 15.50211, beck-online, Ziffer 1 bb) am Ende).

Bundesamt und Ausländerbehörden setzen sich aber zudem zu sich selbst in Widerspruch, wenn aus Rücksicht auf die christlich-humanitäre Tradition des Kirchenasyls den Kirchen zugesichert wird, vom (mit unmittelbarem Zwang durchgesetzten) Vollzug der Abschiebung vollständig abzusehen, und die Ausländerbehörden wie die Polizei vor Ort informell entsprechend anzuweisen, die Abschiebung nicht zu vollziehen, zugleich aber ein Vorgehen über eine Anordnung durch die oberste Landesbehörde gemäß § 60 a Abs. 1 AufenthG für im Kirchenasyl befindliche Ausländer oder die Ausstellung einer Duldung gemäß § 60 a Abs. 2 AufenthG vermieden wird. Obwohl also die Ausländerbehörde aus humanitären Gründen gegenüber den Kirchen von einer Abschiebung absieht, möchte sie gegenüber dem „Kirchenasylanten“ die gleichen Gründe nicht als solche des § 60 a AufenthG gelten lassen. Da dies offensichtlich willkürlich ist, war das Kirchenasyl, das zwar kein eigenes Rechtsinstitut ist, dennoch einheitlich als tatsächliches Abschiebungshindernis anzusehen.

Solange der Angeklagte sich also im Kirchenasyl befand, hätte ihm daher auch förmlich eine Duldung erteilt werden müssen. Dass der Angeklagte nach Angaben des Verteidigers aus dem Kirchenasyl heraus selbst keinen Antrag auf Ausstellung einer Duldung gestellt hat, ist hierbei unschädlich. Die Ausstellung der Duldung hat ausweislich § 60 a Abs. 4 AufenthG von Amts wegen zu geschehen. Wie das Verfassungsgericht bereits in der o.g. Entscheidung feststellte (BVerfG, Beschluss vom 06.03.2003 - 2 BvR 397/02), lässt die Systematik des Ausländergesetzes - jetzt Aufenthaltsgesetzes - grundsätzlich keinen Raum für einen derartig ungeregelten Aufenthalt (vgl. BVerwGE 105, 232, 236), der den Zeitpunkt der Duldungserteilung ins Belieben der Behörden stellt. Da der Ausländer auch zu dulden ist, wenn er die Entstehung des Hindernisses (z.B. durch Mitführen gefälschter Papiere bei der Einreise oder wie hier: das Aufsuchen des Kirchenasyls) oder dessen nicht rechtzeitige Beseitigung (etwa durch unterlassene Mitwirkung bei der Beschaffung notwendiger Identitätspapiere) zu vertreten hat (vgl. BVerwGE 111, 62, 64 f.), ist keine Konstellation vorstellbar, in der der Ausländer nicht einen Anspruch auf Erteilung einer Duldung hätte.

Darüber hinaus konnte der Angeklagte nach Verlassen des Kirchenasyls am 19.10.2016 nicht mehr nach Italien zurück überstellt werden, da die Überstellungsfrist spätestens am 03.09.2016 abgelaufen war. Hierin liegt ebenfalls ein Hindernis gemäß § 60 a Abs. 2 AufenthG, dass zur Ausstellung einer Duldung von Amts wegen bzw. im konkreten Fall zur Ausstellung einer Aufenthaltsgestattung gemäß § 55 AsylG zur Durchführung des Asylverfahrens im nationalen Verfahren verpflichtet hätte.

Eine Strafbarkeit gemäß § 95 Abs. Nr. 2 AufenthG schied für den Angeklagten, der im Kirchenasyl und nach Ablauf der Überstellungsfrist einen Anspruch auf Ausstellung einer Duldung gemäß § 60 a Aufenthaltsgesetz bzw. Aufenthaltsgestattung gemäß § 55 AsylG hatte, in dem noch abzuurteilenden Zeitraum vom Eintritt in das Kirchenasyl am 15.07.2016 bis zum 21.10.2016 aus.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 467 Abs. 1 StPO.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

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Strafprozeßordnung - StPO | § 467 Kosten und notwendige Auslagen bei Freispruch, Nichteröffnung und Einstellung


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(1) Ausländer bedürfen für die Einreise und den Aufenthalt im Bundesgebiet eines Aufenthaltstitels, sofern nicht durch Recht der Europäischen Union oder durch Rechtsverordnung etwas anderes bestimmt ist oder auf Grund des Abkommens vom 12. September

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Verwaltungsgericht München Urteil, 29. Okt. 2015 - M 2 K 15.50211

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Tenor I. Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 23. Februar 2015 wird aufgehoben. II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreck

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(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zur Last.

(2) Die Kosten des Verfahrens, die der Angeschuldigte durch eine schuldhafte Säumnis verursacht hat, werden ihm auferlegt. Die ihm insoweit entstandenen Auslagen werden der Staatskasse nicht auferlegt.

(3) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn der Angeschuldigte die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er in einer Selbstanzeige vorgetäuscht hat, die ihm zur Last gelegte Tat begangen zu haben. Das Gericht kann davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen, wenn er

1.
die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er sich selbst in wesentlichen Punkten wahrheitswidrig oder im Widerspruch zu seinen späteren Erklärungen belastet oder wesentliche entlastende Umstände verschwiegen hat, obwohl er sich zur Beschuldigung geäußert hat, oder
2.
wegen einer Straftat nur deshalb nicht verurteilt wird, weil ein Verfahrenshindernis besteht.

(4) Stellt das Gericht das Verfahren nach einer Vorschrift ein, die dies nach seinem Ermessen zuläßt, so kann es davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen.

(5) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn das Verfahren nach vorangegangener vorläufiger Einstellung (§ 153a) endgültig eingestellt wird.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 48 Abs. 2 sich im Bundesgebiet aufhält,
2.
ohne erforderlichen Aufenthaltstitel nach § 4 Absatz 1 Satz 1 sich im Bundesgebiet aufhält, wenn
a)
er vollziehbar ausreisepflichtig ist,
b)
ihm eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist und
c)
dessen Abschiebung nicht ausgesetzt ist,
3.
entgegen § 14 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 in das Bundesgebiet einreist,
4.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 46 Abs. 2 Satz 1 oder 2 oder § 47 Abs. 1 Satz 2 oder Abs. 2 zuwiderhandelt,
5.
entgegen § 49 Abs. 2 eine Angabe nicht, nicht richtig oder nicht vollständig macht, sofern die Tat nicht in Absatz 2 Nr. 2 mit Strafe bedroht ist,
6.
entgegen § 49 Abs. 10 eine dort genannte Maßnahme nicht duldet,
6a.
entgegen § 56 wiederholt einer Meldepflicht nicht nachkommt, wiederholt gegen räumliche Beschränkungen des Aufenthalts oder sonstige Auflagen verstößt oder trotz wiederholten Hinweises auf die rechtlichen Folgen einer Weigerung der Verpflichtung zur Wohnsitznahme nicht nachkommt oder entgegen § 56 Abs. 4 bestimmte Kommunikationsmittel nutzt oder bestimmte Kontaktverbote nicht beachtet,
7.
wiederholt einer räumlichen Beschränkung nach § 61 Abs. 1 oder Absatz 1c zuwiderhandelt oder
8.
im Bundesgebiet einer überwiegend aus Ausländern bestehenden Vereinigung oder Gruppe angehört, deren Bestehen, Zielsetzung oder Tätigkeit vor den Behörden geheim gehalten wird, um ihr Verbot abzuwenden.

(1a) Ebenso wird bestraft, wer vorsätzlich eine in § 404 Abs. 2 Nr. 4 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder in § 98 Abs. 3 Nr. 1 bezeichnete Handlung begeht, für den Aufenthalt im Bundesgebiet nach § 4 Abs. 1 Satz 1 eines Aufenthaltstitels bedarf und als Aufenthaltstitel nur ein Schengen-Visum nach § 6 Abs. 1 Nummer 1 besitzt.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 11 Absatz 1 oder in Zuwiderhandlung einer vollziehbaren Anordnung nach § 11 Absatz 6 Satz 1 oder Absatz 7 Satz 1
a)
in das Bundesgebiet einreist oder
b)
sich darin aufhält,
1a.
einer vollstreckbaren gerichtlichen Anordnung nach § 56a Absatz 1 zuwiderhandelt und dadurch die kontinuierliche Feststellung seines Aufenthaltsortes durch eine in § 56a Absatz 3 genannte zuständige Stelle verhindert oder
2.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder benutzt, um für sich oder einen anderen einen Aufenthaltstitel oder eine Duldung zu beschaffen oder das Erlöschen oder die nachträgliche Beschränkung des Aufenthaltstitels oder der Duldung abzuwenden oder eine so beschaffte Urkunde wissentlich zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 und der Absätze 1a und 2 Nr. 1 Buchstabe a ist der Versuch strafbar.

(4) Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach Absatz 2 Nr. 2 bezieht, können eingezogen werden.

(5) Artikel 31 Abs. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge bleibt unberührt.

(6) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 steht einem Handeln ohne erforderlichen Aufenthaltstitel ein Handeln auf Grund eines durch Drohung, Bestechung oder Kollusion erwirkten oder durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichenen Aufenthaltstitels gleich.

(7) In Fällen des Absatzes 2 Nummer 1a wird die Tat nur auf Antrag einer dort genannten zuständigen Stelle verfolgt.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Ausländer bedürfen für die Einreise und den Aufenthalt im Bundesgebiet eines Aufenthaltstitels, sofern nicht durch Recht der Europäischen Union oder durch Rechtsverordnung etwas anderes bestimmt ist oder auf Grund des Abkommens vom 12. September 1963 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei (BGBl. 1964 II S. 509) (Assoziationsabkommen EWG/Türkei) ein Aufenthaltsrecht besteht. Die Aufenthaltstitel werden erteilt als

1.
Visum im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 3,
2.
Aufenthaltserlaubnis (§ 7),
2a.
Blaue Karte EU (§ 18b Absatz 2),
2b.
ICT-Karte (§ 19),
2c.
Mobiler-ICT-Karte (§ 19b),
3.
Niederlassungserlaubnis (§ 9) oder
4.
Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU (§ 9a).
Die für die Aufenthaltserlaubnis geltenden Rechtsvorschriften werden auch auf die Blaue Karte EU, die ICT-Karte und die Mobiler-ICT-Karte angewandt, sofern durch Gesetz oder Rechtsverordnung nichts anderes bestimmt ist.

(2) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht, ist verpflichtet, das Bestehen des Aufenthaltsrechts durch den Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nachzuweisen, sofern er weder eine Niederlassungserlaubnis noch eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt. Die Aufenthaltserlaubnis wird auf Antrag ausgestellt.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 48 Abs. 2 sich im Bundesgebiet aufhält,
2.
ohne erforderlichen Aufenthaltstitel nach § 4 Absatz 1 Satz 1 sich im Bundesgebiet aufhält, wenn
a)
er vollziehbar ausreisepflichtig ist,
b)
ihm eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist und
c)
dessen Abschiebung nicht ausgesetzt ist,
3.
entgegen § 14 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 in das Bundesgebiet einreist,
4.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 46 Abs. 2 Satz 1 oder 2 oder § 47 Abs. 1 Satz 2 oder Abs. 2 zuwiderhandelt,
5.
entgegen § 49 Abs. 2 eine Angabe nicht, nicht richtig oder nicht vollständig macht, sofern die Tat nicht in Absatz 2 Nr. 2 mit Strafe bedroht ist,
6.
entgegen § 49 Abs. 10 eine dort genannte Maßnahme nicht duldet,
6a.
entgegen § 56 wiederholt einer Meldepflicht nicht nachkommt, wiederholt gegen räumliche Beschränkungen des Aufenthalts oder sonstige Auflagen verstößt oder trotz wiederholten Hinweises auf die rechtlichen Folgen einer Weigerung der Verpflichtung zur Wohnsitznahme nicht nachkommt oder entgegen § 56 Abs. 4 bestimmte Kommunikationsmittel nutzt oder bestimmte Kontaktverbote nicht beachtet,
7.
wiederholt einer räumlichen Beschränkung nach § 61 Abs. 1 oder Absatz 1c zuwiderhandelt oder
8.
im Bundesgebiet einer überwiegend aus Ausländern bestehenden Vereinigung oder Gruppe angehört, deren Bestehen, Zielsetzung oder Tätigkeit vor den Behörden geheim gehalten wird, um ihr Verbot abzuwenden.

(1a) Ebenso wird bestraft, wer vorsätzlich eine in § 404 Abs. 2 Nr. 4 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder in § 98 Abs. 3 Nr. 1 bezeichnete Handlung begeht, für den Aufenthalt im Bundesgebiet nach § 4 Abs. 1 Satz 1 eines Aufenthaltstitels bedarf und als Aufenthaltstitel nur ein Schengen-Visum nach § 6 Abs. 1 Nummer 1 besitzt.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 11 Absatz 1 oder in Zuwiderhandlung einer vollziehbaren Anordnung nach § 11 Absatz 6 Satz 1 oder Absatz 7 Satz 1
a)
in das Bundesgebiet einreist oder
b)
sich darin aufhält,
1a.
einer vollstreckbaren gerichtlichen Anordnung nach § 56a Absatz 1 zuwiderhandelt und dadurch die kontinuierliche Feststellung seines Aufenthaltsortes durch eine in § 56a Absatz 3 genannte zuständige Stelle verhindert oder
2.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder benutzt, um für sich oder einen anderen einen Aufenthaltstitel oder eine Duldung zu beschaffen oder das Erlöschen oder die nachträgliche Beschränkung des Aufenthaltstitels oder der Duldung abzuwenden oder eine so beschaffte Urkunde wissentlich zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 und der Absätze 1a und 2 Nr. 1 Buchstabe a ist der Versuch strafbar.

(4) Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach Absatz 2 Nr. 2 bezieht, können eingezogen werden.

(5) Artikel 31 Abs. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge bleibt unberührt.

(6) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 steht einem Handeln ohne erforderlichen Aufenthaltstitel ein Handeln auf Grund eines durch Drohung, Bestechung oder Kollusion erwirkten oder durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichenen Aufenthaltstitels gleich.

(7) In Fällen des Absatzes 2 Nummer 1a wird die Tat nur auf Antrag einer dort genannten zuständigen Stelle verfolgt.

Tenor

I.

Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 23. Februar 2015 wird aufgehoben.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger ist irakischer Staatsangehöriger kurdischer Volks- und yezidischer Religionszugehörigkeit.

Am ... März 2014 erteilte ihm die spanische Botschaft in Bagdad ein bis 2. Mai 2014 gültiges Visum für die Schengen-Staaten für einen Aufenthalt von 15 Tagen. Der Kläger verließ nach eigenen Angaben am 10. Mai 2014 sein Heimatland und reiste nach I./Türkei. Von dort flog er nach Spanien und reiste über die Niederlande am 10. Juni 2014 in die Bundesrepublik Deutschland ein (jeweils eigene Angaben).

Am 23. Juli 2014 stellte er beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) einen Asylantrag. Mit Bescheid der Regierung von O. vom 28. Juli 2014 wurde er ab 31. Juli 2014 dem Landkreis E. zugewiesen. Am 5. August 2014 hörte ihn das Bundesamt zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates an.

Auf Ersuchen des Bundesamtes vom 25. September 2014 teilten die spanischen Behörden mit Schreiben vom 30. Oktober 2014 mit, dass Spanien seine Zuständigkeit für den Asylantrag des Klägers aufgrund Art. 12 Abs. 4 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin lll-VO) anerkenne.

Mit Bescheid vom 23. Februar 2015, dem Kläger zugestellt am 3. März 2015, lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Klägers als unzulässig ab (Ziffer 1.) und ordnete die Abschiebung nach Spanien an (Ziffer 2.). Zur Begründung wurde u. a. ausgeführt, der Asylantrag sei gemäß § 27 a AsylVfG unzulässig, da Spanien aufgrund des erteilten Visums gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin lll-VO für die Behandlung des Asylantrags zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin lll-VO auszuüben, seien nicht ersichtlich. Der Kläger habe bei der Anhörung am 5. August 2014 keine Gründe geltend gemacht, die gegen eine Überstellung nach Spanien sprächen. Die Anordnung der Abschiebung beruhe auf § 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG.

Gegen diesen Bescheid ließ der Kläger durch seinen Bevollmächtigten am 5. März 2015 Klage erheben und beantragen,

den Bescheid des Bundesamts vom 23. Februar 2015 aufzuheben.

Zur Begründung wurde u. a. vorgetragen, das Asyl- und Aufnahmeverfahren in Spanien leide unter Systemmängeln.

Am 11. März 2015 übersandte die Beklagte ihre Behördenakten.

Einen ebenfalls am 5. März 2015 vom Kläger durch seinen Bevollmächtigten gestellten Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Anordnung der Abschiebung nach Spanien anzuordnen, lehnte das Gericht mit Beschluss vom 16. März 2015 (Az. M 2 S 15.50212) ab. Der Beschluss wurde der Beklagten am 20. März 2015 zugestellt. Zur Begründung führte das Gericht insbesondere aus, in Spanien bestünden keine systemischen Mängel des Asylverfahrens und/oder der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber. Einen am 23. März 2015 vom Kläger durch seinen Bevollmächtigen gestellten Antrag gemäß § 80 Abs. 7 VwGO, unter Abänderung des Beschlusses vom 16. März 2015 die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, lehnte das Gericht mit Beschluss vom 31. März 2015 (Az. M 2 S7 15.50325) ab.

Mit Schriftsatz vom 7. April 2015 legte die Beklagte ein Schreiben des Landratsamts E. (ohne Datum) und ein Schreiben des Bevollmächtigten des Klägers vom 20. März 2015 vor, wonach sich der Kläger seit 20. März 2015 im F.-kloster, St. A.-Str. ..., M. befinde.

Mit Schreiben vom 21. September 2015 gab das Gericht der Beklagten u. a. auf, dem Gericht bis 5. Oktober 2015 mitzuteilen, ob der Kläger zwischenzeitlich nach Spanien überstellt worden sei und/oder Spanien über eine Fristverlängerung nach Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin lll-VO informiert worden sei. Die Beklagte hat dieses Schreiben nicht beantwortet.

Mit Beschluss vom 7. Oktober 2015 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.

Mit Schreiben des Bevollmächtigten vom 8. Oktober 2015 verzichtete der Kläger auf mündliche Verhandlung.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf die Gerichtsakten und die vorgelegte Behördenakte verwiesen.

Gründe

Das Gericht konnte gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil alle Beteiligten auf mündliche Verhandlung verzichtet haben. Der Kläger hat mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 8. Oktober 2015, die Beklagte hat allgemein mit Schreiben an die Präsidentin des Gerichts vom 24. Juni 2015 auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. Die Regierung von Oberbayern ist vorliegend zwar aufgrund der generellen Beteiligungserklärungen vom 11. Mai 2015 und vom 18. Mai 2015 gemäß § 63 Nr. 4 VwGO als Vertreter des öffentlichen Interesses Verfahrensbeteiligter. In diesen Erklärungen hat die Regierung von Oberbayern allerdings darum gebeten, ihr ausschließlich die jeweilige Letzt- und Endentscheidung zu übersenden und damit unter anderem auch auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Für das Gericht ist hinsichtlich der Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt der Entscheidung maßgeblich (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylG). Insbesondere kommt aufgrund des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes vom 20. Oktober 2015 das Asylgesetz (AsylG) in der durch das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz geänderten Fassung zur Anwendung.

Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist die erhobene Anfechtungsklage statthaft: Nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung ist davon auszugehen, dass statthafte Klageart gegen eine Feststellung nach § 27 a AsylG die Anfechtungsklage ist

(BayVGH, B. v. 20.5.2015 - 11 ZB 14.50036 - juris Rn. 11 m. w. N.; BayVGH, B. v. 11.2.2015 - 13a ZB 15.50005 - juris Rn. 8 ff.; OVG NRW, B. v.16.6.2015 - 13 A 221/15.A-juris Rn. 16 ff.; VGH BW, U. v. 29.4.2015-A 11 S 121/15-juris Rn. 35 ff.).

Die Klage ist auch begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 23. Februar 2015 ist im nach § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt dieser Entscheidung rechtswidrig (sogleich 1.) und verletzt den Kläger in seinen Rechten (sogleich 2.), § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

1. Der streitgegenständliche Bescheid ist aufgrund des zwischenzeitlichen Ablaufs der Überstellungsfrist und des hierdurch bedingten Zuständigkeitsübergangs auf die Bundesrepublik Deutschland rechtswidrig geworden (sogleich a)) und kann auch nicht umgedeutet werden (sogleich b)).

a) Nach Art. 29 Abs. 1 Dublin lll-VO erfolgt die Überstellung eines Antragstellers aus dem ersuchenden Mitgliedstaat in den zuständigen Mitgliedstaat gemäß den innerstaatlichen Rechtsvorschriften des ersuchenden Mitgliedstaats nach Abstimmung der beteiligten Mitgliedstaaten, sobald dies praktisch möglich ist und spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat oder der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese gemäß Art. 27 Abs. 3 Dublin lll-VO aufschiebende Wirkung hat. Wird die Überstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgeführt, ist der zuständige Mitgliedstaat nicht mehr zur Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person verpflichtet und die Zuständigkeit geht auf den ersuchenden Mitgliedstaat über (Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin lll-VO). Diese Frist kann höchstens auf eine Jahr verlängert werden, wenn die Überstellung aufgrund der Inhaftierung der betreffenden Person nicht erfolgen konnte, oder höchstens auf achtzehn Monate, wenn die betreffende Person flüchtig ist (Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin lll-VO). Daran gemessen ist vorliegend davon auszugehen, dass die Überstellungsfrist zwischenzeitlich abgelaufen ist und hierdurch die Zuständigkeit auf die Beklagte übergegangen ist, wodurch der streitgegenständliche Bescheid rechtswidrig geworden ist:

aa) Nachdem der unanfechtbare Beschluss des Gerichts vom 16. März 2015 über den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO der Beklagten am 20. März 2015 zugestellt worden war, ist die sechsmonatige Überstellungsfrist des Art. 29 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Dublin lll-VO zwischenzeitlich zweifellos abgelaufen. Dies gilt selbst dann, wenn man wie das erkennende Gericht davon ausgeht, dass die grundsätzlich sechsmonatige Überstellungsfrist des Art. 29 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Dublin lll-VO in Fällen wie dem vorliegenden, in denen ein Antrag des Asylsuchenden auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Anordnung der Abschiebung in einen nach der Dublin lll-VO zuständigen Staat gemäß § 80 Abs. 5 VwGO i. V. m. § 34 a Abs. 2 Satz 1 AsylG erfolglos geblieben ist, mit der gerichtlichen Entscheidung über diesen Antrag neu zu laufen beginnt.

bb) Ein Tatbestand, der nach Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin lll-VO ausnahmsweise zu einer Verlängerung der Überstellungsfrist führt, liegt nicht vor:

Dies folgt bereits daraus, dass die Beklagte die spanischen Behörden gemäß Art. 29 Abs. 4 Dublin-lll-VO i. V. m. Art. 9 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1560/2003 i. d. F. der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 118/2014 vom 30. Januar 2014 über die Fristverlängerung vor Ablauf der Sechsmonatsfrist hätte informieren müssen (so auch: VG München, U. v. 4.9.2015 - M 11 K 14.50168 - n. v.; VG München, B. v. 11.3.2015 - M 11 S7 15.50189 - juris Rn. 10). Die Beklagte hat weder vorgetragen, noch gibt es sonst Anhaltspunkte dafür, dass dies geschehen ist. Insbesondere hat die Beklagte das gerichtliche Schreiben vom 21. September 2015, mit dem ihr u. a. aufgegeben worden war mitzuteilen, ob eine solche Information über eine Fristverlängerung nach Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin lll-VO erfolgt ist, nicht beantwortet. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, die Beklagte habe die spanischen Stellen rechtzeitig informiert.

Hinzu kommt, dass es auch keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Kläger inhaftiert oder flüchtig ist oder war. Auch diesbezüglich hat die Beklagte nichts vorgetragen und ist auch sonst nichts für das Gericht ersichtlich geworden. Insbesondere rechtfertigt der Umstand, dass sich der Kläger gemäß der Mitteilung des Bevollmächtigten vom 20. März 2015 im sog. „Kirchenasyl“ befunden haben dürfte, keine Fristverlängerung: Den Behörden war der Aufenthaltsort des Klägers durch die Adressmitteilung des Bevollmächtigten (F.-kloster, St. A.-Str. ..., M.) bekannt, so dass nicht davon ausgegangen werden kann, der Kläger sei über einen erheblichen Zeitraum hinweg aus von ihm zu vertretenden Gründen nicht auffindbar und damit „flüchtig“ gewesen. Die Sachlage bei einer sich im sog. „Kirchenasyl“ befindlichen Person ist auch nicht mit jener vergleichbar, die bei einer inhaftierten oder flüchtigen Person vorliegt. Ist eine Person inhaftiert oder flüchtig, so ist eine Überstellung unmöglich. Das sog. „Kirchenasyl“ führt indes eine solche Unmöglichkeit der Überstellung nicht herbei. Es existiert kein Sonderrecht der Kirchen, aufgrund dessen die Behörden bei Aufnahme einer Person in das sog. „Kirchenasyl“ gehindert wären, eine Überstellung durchzuführen und hierzu soweit erforderlich unmittelbaren Zwang anzuwenden. Der Umstand, dass die für die Aufenthaltsbeendigung zuständigen Behörden wohl davor zurückschrecken, bei einer sich im sog. „Kirchenasyl“ befindlichen Person die ihnen zur Verfügung stehenden rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, also insbesondere die Anwendung unmittelbaren Zwangs in kirchlichen Räumen scheuen, macht die Überstellung nicht unmöglich (ebenso VG München, U. v. 4.9.2015 - M 11 K 14.50168 - n. v.). Soweit in der Rechtsprechung verschiedentlich die Auffassung vertreten wird, bei einer im sog. „Kirchenasyl“ befindlichen Person gelte eine Überstellungsfrist von 18 Monaten, weil sich diese bewusst der Ordnung des Staates bzw. der Überstellung entzogen habe (etwa VG Ansbach, B. v. 21.07.2015 - AN 3 S 15.30959 - juris Rn. 31 m. w. N.; VG Saarland, U. v. 6.3.2015 - 3 K 832/14 - juris Rn. 45.; VG Regensburg, U. v. 20.02.2015 - RN 3 K 14.50264 - juris Rn. 56), vermag dem das erkennende Gericht nicht zu folgen: Eine sich ins sog. „Kirchenasyl“ begebende Person entzieht sich nicht der Ordnung des Staates bzw. der Überstellung. Der Staat ist weder tatsächlich noch rechtlich daran gehindert, die Überstellung einer sich im sog. „Kirchenasyl“ befindlichen Person nötigenfalls unter Anwendung unmittelbaren Zwangs durchzusetzen und damit der staatlichen Ordnung Geltung zu verschaffen. Es ist der Staat selbst, der bewusst darauf verzichtet, staatliches Recht durchzusetzen. Dieses Vollzugsdefizit auf Seiten des Staates kann nicht der sich in das sog. „Kirchenasyl“ begebenden Person angelastet werden.

cc) Ist demnach die Überstellungsfrist zwischenzeitlich abgelaufen und hierdurch die Zuständigkeit auf die Beklagte übergegangen, ist der Asylantrag des Klägers nicht mehr nach § 27 a AsylG wegen Unzuständigkeit der Beklagten unzulässig. Folglich kommt auch eine Anordnung der Abschiebung in den ursprünglich zuständigen Mitgliedstaat nach § 34 a AsylG nicht mehr in Betracht. Dass Spanien sich entgegen der europarechtlichen Bestimmungen nicht auf den Fristablauf berufen wird und ausnahmsweise dennoch zur Übernahme der Kläger bereit ist, wurde weder mitgeteilt noch kann hiervon grundsätzlich ausgegangen werden (vgl. BayVGH, B. v. 11.2.2015 - 13a ZB 15.50005 - juris Rn. 4). Eine rein theoretische Überstellungsmöglichkeit, die nicht durch konkrete aussagekräftige und auch eine überschaubare zeitliche Dimension der Überstellung umfassende Fakten untermauert wird, kann nicht genügen. Im Übrigen würde es der Beklagten, der insoweit die Darlegungslast zukommt, obliegen, diese Frage rechtzeitig zu klären und das Ergebnis in das verwaltungsgerichtliche Verfahren einzuführen (vgl. BayVGH, B. v. 1.6.2015 - 11 ZB 15.50090 - juris Rn. 9).

b) Der somit rechtswidrig gewordene streitgegenständliche Bescheid des Bundesamts kann nach inzwischen gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung auch nicht in eine ablehnende Entscheidung nach § 71 a AsylG umgedeutet werden, wie dies teilweise von der Beklagten in anderen Verfahren nach Ablauf der sechsmonatigen Überstellungsfrist vertreten wurde (vgl. z. B. BayVGH, B. v. 18.5.2015-11 ZB 14.50053-juris Rn. 17; B. v. 23.1.2015 - 13a ZB 14.50071 -juris Rn. 8 ff.).

2. Der Kläger ist durch den rechtwidrigen Bescheid auch in seinen Rechten verletzt:

Zwar kann eine Asylbewerber nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung (grundlegend: EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 - juris; BVerwG, B. v. 19.3.2014 - 10 B 6/14 - juris Rn. 7 m. w. N.; dazu: Berlit, jurisPR-BVerwG 12/2014 Anm. 3 - juris; ferner: BVerwG, B. v. 6.6.2014 - 10 B 35/14, juris Rn. 5 m. w. N.; HessVGH, B. v. 25.8.2014 - 2 A 975/14.A-juris Rn. 17 m. w. N.) seiner Überstellung in einen anderen Mitgliedstaat, der als zuständiger Mitgliedstaat der Aufnahme zugestimmt hat, nur mit dem Einwand systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber entgegentreten. Die Fristbestimmungen der Dublin Ill-Verordnung richten sich als zwischenstaatliche Regelungen vorrangig an den Mitgliedsstaat und begründen keine subjektiven Rechte der Asylbewerber auf Prüfung des Asylantrags in der Bundesrepublik Deutschland wegen Ablaufs der Überstellungsfrist (OVG SH, B. v. 24.2.2015 - 2 LA 15/15 - juris Rn. 7 m. w. N.).

Die durch den streitgegenständlichen Bescheid verletzte subjektive Rechtsstellung des Klägers ergibt sich aber aus Art. 18 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union sowie Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Dublin lll-VO (so auch OVG RhPf, U. v. 5.8.2015-1 A 11020/14-juris Rn. 56 f. m. w. N.). Danach hat der Kläger ein subjektiv-öffentliches Recht auf die Durchführung eines Asylverfahrens und die inhaltliche Prüfung seines Asylbegehrens in einem der Mitgliedstaaten. Dieser Anspruch wird vereitelt, wenn wie vorliegend eine Überstellung in den ursprünglich für die Prüfung des Asylantrags zuständigen Mitgliedstaat - hier also Spanien - nicht erfolgte und nach Ablauf der Überstellungsfrist auch nicht mehr zu erwarten ist, dass eine Überstellung noch erfolgen wird, der Kläger aber wegen Fortbestehens des streitgegenständlichen Bescheids gegenüber der nunmehr objektiv zuständigen Beklagten auch nicht durchsetzen kann, dass diese den bei ihr gestellten Asylantrag inhaltlich prüft. Diese Konstellation führt dazu, dass unter Verletzung der subjektiven Rechte des Klägers dessen Asylbegehren in keinem der Mitgliedstaaten inhaltlich geprüft wird. Dem kann nicht entgegengehalten werden, es sei nicht gänzlich ausgeschlossen, dass der ursprünglich zuständige Mitgliedstaat - hier also Spanien - trotz Ablaufs der Überstellungsfrist weiterhin zur Aufnahme und zur inhaltlichen Prüfung des Asylbegehrens bereit sei. Hierbei handelt es sich um eine rein theoretische Möglichkeit, die nur dann eine hinreichende Gewährleistung der subjektiven Rechte des Klägers darstellen könnte, wenn der ursprünglich zuständige Mitgliedstaat in eindeutiger Weise zu erkennen gibt, dass er alsbald so verfahren werde (vgl. dazu auch OVG RhPf., U. v. 5.8. 2015-1 A 11020/14 - juris Rn. 58 ff. m. w. N.). Vorliegend gibt es indes keinerlei Hinweise darauf, dass Spanien trotz Ablaufs der Überstellungsfrist weiterhin bereit ist, den Kläger aufzunehmen und dessen Asylbegehren inhaltlich zu prüfen (vgl. dazu schon oben unter 1. a) cc)). Ist demnach vorliegend eine inhaltliche Prüfung des Asylbegehrens des Klägers durch Spanien nicht zu erwarten, verletzt der streitgegenständliche Bescheid die Rechte des Klägers, weil er der Durchsetzung einer inhaltlichen Prüfung seines Asylbegehrens durch die Beklagte entgegensteht. Zur Wahrung der subjektiv-öffentlichen Rechte des Klägers ist es deshalb erforderlich, den streitgegenständlichen Bescheid aufzuheben.

Der gemäß § 83 b AsylG gerichtskostenfreien Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

(1) Einem Ausländer, der um Asyl nachsucht, ist zur Durchführung des Asylverfahrens der Aufenthalt im Bundesgebiet ab Ausstellung des Ankunftsnachweises gemäß § 63a Absatz 1 gestattet (Aufenthaltsgestattung). Er hat keinen Anspruch darauf, sich in einem bestimmten Land oder an einem bestimmten Ort aufzuhalten. In den Fällen, in denen kein Ankunftsnachweis ausgestellt wird, entsteht die Aufenthaltsgestattung mit der Stellung des Asylantrags.

(2) Mit der Stellung eines Asylantrags erlöschen eine Befreiung vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels und ein Aufenthaltstitel mit einer Gesamtgeltungsdauer bis zu sechs Monaten sowie die in § 81 Abs. 3 und 4 des Aufenthaltsgesetzes bezeichneten Wirkungen eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels. § 81 Abs. 4 des Aufenthaltsgesetzes bleibt unberührt, wenn der Ausländer einen Aufenthaltstitel mit einer Gesamtgeltungsdauer von mehr als sechs Monaten besessen und dessen Verlängerung beantragt hat.

(3) Soweit der Erwerb oder die Ausübung eines Rechts oder einer Vergünstigung von der Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet abhängig ist, wird die Zeit eines Aufenthalts nach Absatz 1 nur angerechnet, wenn der Ausländer als Asylberechtigter anerkannt ist oder ihm internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 zuerkannt wurde.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 48 Abs. 2 sich im Bundesgebiet aufhält,
2.
ohne erforderlichen Aufenthaltstitel nach § 4 Absatz 1 Satz 1 sich im Bundesgebiet aufhält, wenn
a)
er vollziehbar ausreisepflichtig ist,
b)
ihm eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist und
c)
dessen Abschiebung nicht ausgesetzt ist,
3.
entgegen § 14 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 in das Bundesgebiet einreist,
4.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 46 Abs. 2 Satz 1 oder 2 oder § 47 Abs. 1 Satz 2 oder Abs. 2 zuwiderhandelt,
5.
entgegen § 49 Abs. 2 eine Angabe nicht, nicht richtig oder nicht vollständig macht, sofern die Tat nicht in Absatz 2 Nr. 2 mit Strafe bedroht ist,
6.
entgegen § 49 Abs. 10 eine dort genannte Maßnahme nicht duldet,
6a.
entgegen § 56 wiederholt einer Meldepflicht nicht nachkommt, wiederholt gegen räumliche Beschränkungen des Aufenthalts oder sonstige Auflagen verstößt oder trotz wiederholten Hinweises auf die rechtlichen Folgen einer Weigerung der Verpflichtung zur Wohnsitznahme nicht nachkommt oder entgegen § 56 Abs. 4 bestimmte Kommunikationsmittel nutzt oder bestimmte Kontaktverbote nicht beachtet,
7.
wiederholt einer räumlichen Beschränkung nach § 61 Abs. 1 oder Absatz 1c zuwiderhandelt oder
8.
im Bundesgebiet einer überwiegend aus Ausländern bestehenden Vereinigung oder Gruppe angehört, deren Bestehen, Zielsetzung oder Tätigkeit vor den Behörden geheim gehalten wird, um ihr Verbot abzuwenden.

(1a) Ebenso wird bestraft, wer vorsätzlich eine in § 404 Abs. 2 Nr. 4 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder in § 98 Abs. 3 Nr. 1 bezeichnete Handlung begeht, für den Aufenthalt im Bundesgebiet nach § 4 Abs. 1 Satz 1 eines Aufenthaltstitels bedarf und als Aufenthaltstitel nur ein Schengen-Visum nach § 6 Abs. 1 Nummer 1 besitzt.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 11 Absatz 1 oder in Zuwiderhandlung einer vollziehbaren Anordnung nach § 11 Absatz 6 Satz 1 oder Absatz 7 Satz 1
a)
in das Bundesgebiet einreist oder
b)
sich darin aufhält,
1a.
einer vollstreckbaren gerichtlichen Anordnung nach § 56a Absatz 1 zuwiderhandelt und dadurch die kontinuierliche Feststellung seines Aufenthaltsortes durch eine in § 56a Absatz 3 genannte zuständige Stelle verhindert oder
2.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder benutzt, um für sich oder einen anderen einen Aufenthaltstitel oder eine Duldung zu beschaffen oder das Erlöschen oder die nachträgliche Beschränkung des Aufenthaltstitels oder der Duldung abzuwenden oder eine so beschaffte Urkunde wissentlich zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 und der Absätze 1a und 2 Nr. 1 Buchstabe a ist der Versuch strafbar.

(4) Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach Absatz 2 Nr. 2 bezieht, können eingezogen werden.

(5) Artikel 31 Abs. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge bleibt unberührt.

(6) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 steht einem Handeln ohne erforderlichen Aufenthaltstitel ein Handeln auf Grund eines durch Drohung, Bestechung oder Kollusion erwirkten oder durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichenen Aufenthaltstitels gleich.

(7) In Fällen des Absatzes 2 Nummer 1a wird die Tat nur auf Antrag einer dort genannten zuständigen Stelle verfolgt.

(1) Einem Ausländer, der um Asyl nachsucht, ist zur Durchführung des Asylverfahrens der Aufenthalt im Bundesgebiet ab Ausstellung des Ankunftsnachweises gemäß § 63a Absatz 1 gestattet (Aufenthaltsgestattung). Er hat keinen Anspruch darauf, sich in einem bestimmten Land oder an einem bestimmten Ort aufzuhalten. In den Fällen, in denen kein Ankunftsnachweis ausgestellt wird, entsteht die Aufenthaltsgestattung mit der Stellung des Asylantrags.

(2) Mit der Stellung eines Asylantrags erlöschen eine Befreiung vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels und ein Aufenthaltstitel mit einer Gesamtgeltungsdauer bis zu sechs Monaten sowie die in § 81 Abs. 3 und 4 des Aufenthaltsgesetzes bezeichneten Wirkungen eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels. § 81 Abs. 4 des Aufenthaltsgesetzes bleibt unberührt, wenn der Ausländer einen Aufenthaltstitel mit einer Gesamtgeltungsdauer von mehr als sechs Monaten besessen und dessen Verlängerung beantragt hat.

(3) Soweit der Erwerb oder die Ausübung eines Rechts oder einer Vergünstigung von der Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet abhängig ist, wird die Zeit eines Aufenthalts nach Absatz 1 nur angerechnet, wenn der Ausländer als Asylberechtigter anerkannt ist oder ihm internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 zuerkannt wurde.

(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zur Last.

(2) Die Kosten des Verfahrens, die der Angeschuldigte durch eine schuldhafte Säumnis verursacht hat, werden ihm auferlegt. Die ihm insoweit entstandenen Auslagen werden der Staatskasse nicht auferlegt.

(3) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn der Angeschuldigte die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er in einer Selbstanzeige vorgetäuscht hat, die ihm zur Last gelegte Tat begangen zu haben. Das Gericht kann davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen, wenn er

1.
die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er sich selbst in wesentlichen Punkten wahrheitswidrig oder im Widerspruch zu seinen späteren Erklärungen belastet oder wesentliche entlastende Umstände verschwiegen hat, obwohl er sich zur Beschuldigung geäußert hat, oder
2.
wegen einer Straftat nur deshalb nicht verurteilt wird, weil ein Verfahrenshindernis besteht.

(4) Stellt das Gericht das Verfahren nach einer Vorschrift ein, die dies nach seinem Ermessen zuläßt, so kann es davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen.

(5) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn das Verfahren nach vorangegangener vorläufiger Einstellung (§ 153a) endgültig eingestellt wird.