Amtsgericht Flensburg Beschluss, 26. Juli 2011 - 56 IN 201/11

ECLI:ECLI:DE:AGFLENS:2011:0726.56IN201.11.0A
bei uns veröffentlicht am26.07.2011

Tenor

Die Anträge des Schuldners auf Erteilung der Restschuldbefreiung sowie Verfahrenkostenstundung werden verworfen.

Der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners wird mangels Masse abgewiesen.

Der Schuldner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gegenstandswert: 100,-- Euro.

Gründe

I.

1

Der Schuldner stellte bei dem Amtsgericht Flensburg am 23.12.2008 einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen, einen Restschuldbefreiungsantrag sowie einen Antrag auf Stundung der Kosten des Verfahrens bis zur Erteilung der Restschuldbefreiung. Das Verfahren wurde bei dem Amtsgericht Flensburg unter dem Aktenzeichen 56 IN 362/08 geführt. Mit Beschluss vom 29.12.2008 sind dem Schuldner die Kosten des Verfahrens gemäß § 4 a InsO bis zur Entscheidung über die Erteilung der Restschuldbefreiung gestundet worden. Am 20.02.2009 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet. Mit Schreiben vom 29.10.2010 wurde der Schuldner aufgefordert, binnen einer Frist von 2 Wochen nachzuweisen, über welche Einkünfte er verfügt und welche Ausgaben diesen entgegenstehen. Da er diesen Verlangen nicht nachgekommen war, hat das Amtsgericht Flensburg durch Beschluss vom 14.12.2010 die gewährte Stundung der Gerichtskosten aufgehoben; der Beschluss ist seit dem 14.12.2010 rechtskräftig. Mit Beschluss vom 04.05.2011, rechtkräftig seit dem 25.05.2011, wurde das Verfahren gemäß § 207 InsO mangels Masse eingestellt.

2

Nunmehr stellt der Schuldner erneut einen Insolvenzeigenantrag mit Antrag auf Restschuldbefreiung sowie Stundung der Verfahrenskosten.

II.

3

Der erneut gestellte Antrag des Schuldners auf Restschuldbefreiung ist unzulässig. Dem Antrag fehlt das Rechtsschutzinteresse.

4

Durch die Verfahrenseinstellung gemäß § 207 InsO in dem Verfahren 56 IN 362/08 hat der Schuldner sich die Möglichkeit zur Restschuldbefreiung genommen, da nach § 289 Abs. 3 InsO Restschuldbefreiung nur bei Einstellung des Verfahrens nach § 211 InsO erteilt werden kann (vgl. Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht, 3. Auflage, § 208 Rn. 27). Zu der Einstellung des Verfahren gemäß § 207 InsO kam es, weil die dem Schuldner bewilligte Verfahrenskostenstunden aufgehoben werden musste, nachdem dieser seinen Mitwirkungspflichten nach der InsO - nämlich Nachweis seiner Einkünfte und Ausgaben - zumindest grob fahrlässig nicht nachgekommen war.

5

Nach den Grundsätzen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Beschluss vom 11.02.2010, Az: IX ZA 45/09, ZinsO 2010, 490f.) muss auch in diesem Fall für den Schuldner die 3-jährige Sperrfrist gelten, innerhalb der ein mit dem Antrag auf Restschuldbefreiung verbundener Eigenantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausscheidet. Der Verstoß des Schuldners gegen seine Verpflichtungen im Rahmen des Erstverfahrens kann in dem jetzt anhängigen - sehr zeitnahen - Zweitverfahren nicht sanktionslos bleiben, wenn man die Mitwirkungspflichten des Schuldners ernst nimmt, deren Einhaltung im Interesse des Gläubigerschutzes durchsetzen und einer übermäßigen Inanspruchnahme des zeit- und kostenaufwendigen Restschuldbefreiungsverfahrens im Allgemeininteresse entgegenwirken will. Diese Wertung, die eine übermäßige Beeinträchtigung der Schuldnerinteressen schon deshalb nicht begründet, weil dieser die Pflichtverletzung im Erstverfahren zumindest grob fahrlässig und damit vermeidbar verursacht hat, greift auch in dem hier vorliegenden Sachverhalt. Andernfalls könnte der Schuldner durch rasche Stellung eines Folgeantrages die Pflichtverletzung im Erstverfahren ungeschehen machen.

6

Kann der Schuldner somit das Ziel der Restschuldbefreiung mit dem beantragten Verfahren nicht erreichen, ist auch sein Antrag auf Stundung der Verfahrenskosten wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig zurückzuweisen.

7

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist mangels Masse abzuweisen.

8

Die Kostenentscheidung erfolgt aus §§ 4 InsO, 91 ZPO.


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Insolvenzordnung - InsO | § 4 Anwendbarkeit der Zivilprozeßordnung


Für das Insolvenzverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend. § 128a der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe, dass bei Gläubigerversammlungen sowie sonstigen Versammlungen

Insolvenzordnung - InsO | § 289 Einstellung des Insolvenzverfahrens


Im Fall der Einstellung des Insolvenzverfahrens kann Restschuldbefreiung nur erteilt werden, wenn nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit die Insolvenzmasse nach § 209 verteilt worden ist und die Einstellung nach § 211 erfolgt.

Insolvenzordnung - InsO | § 207 Einstellung mangels Masse


(1) Stellt sich nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens heraus, daß die Insolvenzmasse nicht ausreicht, um die Kosten des Verfahrens zu decken, so stellt das Insolvenzgericht das Verfahren ein. Die Einstellung unterbleibt, wenn ein ausreichender G

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Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Feb. 2010 - IX ZA 45/09

bei uns veröffentlicht am 11.02.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZA 45/09 vom 11. Februar 2010 in dem Verfahren auf Eröffnung des Insolvenzverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO § 4a Abs. 1, § 287 Abs. 1, § 290 Abs. 1 Nr. 6 Der Schuldner muss eine Spe

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(1) Stellt sich nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens heraus, daß die Insolvenzmasse nicht ausreicht, um die Kosten des Verfahrens zu decken, so stellt das Insolvenzgericht das Verfahren ein. Die Einstellung unterbleibt, wenn ein ausreichender Geldbetrag vorgeschossen wird oder die Kosten nach § 4a gestundet werden; § 26 Abs. 3 gilt entsprechend.

(2) Vor der Einstellung sind die Gläubigerversammlung, der Insolvenzverwalter und die Massegläubiger zu hören.

(3) Soweit Barmittel in der Masse vorhanden sind, hat der Verwalter vor der Einstellung die Kosten des Verfahrens, von diesen zuerst die Auslagen, nach dem Verhältnis ihrer Beträge zu berichtigen. Zur Verwertung von Massegegenständen ist er nicht mehr verpflichtet.

Im Fall der Einstellung des Insolvenzverfahrens kann Restschuldbefreiung nur erteilt werden, wenn nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit die Insolvenzmasse nach § 209 verteilt worden ist und die Einstellung nach § 211 erfolgt.

(1) Stellt sich nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens heraus, daß die Insolvenzmasse nicht ausreicht, um die Kosten des Verfahrens zu decken, so stellt das Insolvenzgericht das Verfahren ein. Die Einstellung unterbleibt, wenn ein ausreichender Geldbetrag vorgeschossen wird oder die Kosten nach § 4a gestundet werden; § 26 Abs. 3 gilt entsprechend.

(2) Vor der Einstellung sind die Gläubigerversammlung, der Insolvenzverwalter und die Massegläubiger zu hören.

(3) Soweit Barmittel in der Masse vorhanden sind, hat der Verwalter vor der Einstellung die Kosten des Verfahrens, von diesen zuerst die Auslagen, nach dem Verhältnis ihrer Beträge zu berichtigen. Zur Verwertung von Massegegenständen ist er nicht mehr verpflichtet.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZA 45/09
vom
11. Februar 2010
in dem Verfahren auf Eröffnung des Insolvenzverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Schuldner muss eine Sperrfrist von drei Jahren für einen erneuten Insolvenz
-, Stundungs- und Restschuldbefreiungsantrag auch dann einhalten, wenn
im ersten Verfahren der Stundungsantrag wegen eines festgestellten Versagungsgrundes
für die Restschuldbefreiung nach § 290 Abs. 1 Nr. 6 InsO abgelehnt
, deshalb das Verfahren mangels Masse nicht eröffnet worden und der Antrag
auf Restschuldbefreiung gegenstandslos geworden ist; die Frist läuft ab
Rechtskraft des Ablehnungsbeschlusses im Erstverfahren.
BGH, Beschluss vom 11. Februar 2010 - IX ZA 45/09 - LG Duisburg
AG Duisburg
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter, die Richter Prof. Dr. Gehrlein und Vill, die Richterin Lohmann und
den Richter Dr. Fischer
am 11. Februar 2010

beschlossen:
Der Antrag des Schuldners, ihm Prozesskostenhilfe für das beabsichtigte Verfahren der Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 4. Dezember 2009 zu gewähren, wird abgelehnt.
Die Rechtsbeschwerde gegen den genannten Beschluss des Landgerichts Duisburg vom 4. Dezember 2009 wird auf Kosten des Antragstellers als unzulässig verworfen.

Gründe:


I.


1
Der Schuldner beantragte am 29. Dezember 2006 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen, Stundung der Verfahrenskosten und Restschuldbefreiung. Mit Beschluss vom 7. Januar 2008, rechtskräftig seit 25. Januar 2008, lehnte das Insolvenzgericht den Stundungsantrag des Schuldners ab, weil ein Grund zur Versagung der Restschuldbefreiung nach § 290 Abs. 1 Nr. 6 InsO offensichtlich vorliege, und wies den Eröffnungsantrag mangels kostendeckender Masse ab.

2
Am 5. Dezember 2008 beantragte der Schuldner erneut die Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens über sein Vermögen, Stundung der Verfahrenskosten und Restschuldbefreiung.
3
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 23. April 2009 die Anträge auf Restschuldbefreiung und auf Stundung der Verfahrenskosten zurückgewiesen sowie den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgewiesen. Die hiergegen erhobene sofortige Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben. Hiergegen hat der Schuldner persönlich Rechtsbeschwerde eingelegt und beantragt, ihm für das beabsichtigte Rechtsbeschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu gewähren.

II.


4
beantragte Die Prozesskostenhilfe ist abzulehnen, weil die Rechtsbeschwerde keine Aussicht auf Erfolg verspricht (§ 114 Abs. 1 ZPO, § 4 InsO) und auch keine zweifelhaften Rechtsfragen beantwortet werden müssen.
5
1. Mit Beschluss vom 16. Juli 2009 (IX ZB 219/08, NZI 2009, 691 z.V.b. in BGHZ) hat der Senat entschieden, dass ein Antrag des Schuldners auf Restschuldbefreiung analog § 290 Abs. 1 Nr. 3 InsO unzulässig ist, wenn er innerhalb von drei Jahren nach rechtskräftiger Versagung der Restschuldbefreiung in einem früheren Verfahren wegen einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verletzung seiner Auskunfts- und Mitwirkungspflichten gestellt worden ist. In einem Beschluss vom 3. Dezember 2009 (IX ZB 89/09, z.V.b.) hat der Senat diese Grundsätze auf den Fall übertragen, dass der Restschuldbefreiungsan- trag der Schuldnerin in einem früheren Verfahren als unzulässig verworfen worden ist. Auch in diesem Fall gilt für den Schuldner die dreijährige Sperrfrist, die mit der Rechtskraft der Entscheidung über die Verwerfung des Restschuldbefreiungsantrages zu laufen beginnt. Innerhalb dieser Frist scheidet ein mit dem Antrag auf Restschuldbefreiung verbundener Eigenantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens aus (vgl. BGH, Beschl. v. 16. Juli 2009, aaO S. 693 Rn. 17; v. 3. Dezember 2009 - IX ZB 89/09, z.V.b. Rn. 6 f; v. 21. Januar 2010 - IX ZB 174/09, z.V.b. Rn. 7). Mit Beschluss vom 14. Januar 2010 hat der Senat entschieden , dass die Sperrfrist von drei Jahren auch dann gilt, wenn die Restschuldbefreiung im ersten Verfahren nach § 290 Abs. 1 Nr. 4 InsO wegen Vermögensverschwendung versagt worden ist (IX ZB 257/09, z.V.b.). Ein solcher Fall liegt hier allerdings - entgegen der Auffassung des Antragstellers - nicht vor.
6
2. Diese Grundsätze sind auch auf den vorliegenden Fall anzuwenden. Dem Schuldner fehlt auch hier das Rechtsschutzbedürfnis für den Folgeantrag. Nach einer Versagung der Restschuldbefreiung nach § 290 Abs. 1 Nr. 5 oder 6 InsO besteht ein Bedürfnis nach einer Sperrfrist. Durch Schuldner, die die Auskunfts- und Mitwirkungspflichten im Verfahren verletzen, würden die Gerichte in nicht hinzunehmender Weise belastet, wenn sie alsbald nach der Versagung der Restschuldbefreiung erneut Restschuldbefreiungsanträge stellen könnten. Aus diesem Grund ist eine Sperrfrist von drei Jahren einzuhalten (vgl. im Einzelnen BGH, Beschl. v. 16. Juli 2009, aaO Rn. 16 ff).
7
Nichts anderes kann gelten, wenn im ersten Verfahren bereits die beantragte Kostenstundung wegen der schon feststehenden Voraussetzungen für die Versagung der Restschuldbefreiung analog § 4a Abs. 1 Satz 3 und 4 InsO versagt, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens aus diesem Grund mangels Masse gemäß § 26 Abs. 1 InsO abgelehnt und der Antrag auf Restschuldbefreiung gegenstandslos geworden ist.
8
die Da Entscheidung des Amtsgerichts im ersten Verfahren erst seit 25. Januar 2008 rechtskräftig ist, ist die Sperrfrist von drei Jahren noch nicht abgelaufen.
9
3. Kann der Schuldner somit das Ziel der Restschuldbefreiung mit dem beantragten Verfahren nicht erreichen, ist auch sein Antrag auf Stundung der Verfahrenskosten wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses zutreffend als unzulässig zurückgewiesen und die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgewiesen worden.

III.


10
Die unbedingt erhobene Rechtsbeschwerde ist unzulässig, weil sie nicht von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt worden ist, § 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO, § 4 InsO.
Ganter Gehrlein Vill
Lohmann Fischer Vorinstanzen:
AG Duisburg, Entscheidung vom 23.04.2009 - 65 IK 35/08 -
LG Duisburg, Entscheidung vom 04.12.2009 - 7 T 148/09 -

Für das Insolvenzverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend. § 128a der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe, dass bei Gläubigerversammlungen sowie sonstigen Versammlungen und Terminen die Beteiligten in der Ladung auf die Verpflichtung hinzuweisen sind, wissentliche Ton- und Bildaufzeichnungen zu unterlassen und durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass Dritte die Ton- und Bildübertragung nicht wahrnehmen können.