Amtsgericht Essen Urteil, 04. Mai 2015 - 196 C 255/14
Gericht
Tenor
1.
Die zu den Tagesordnungspunkten 2, 3 und 4 der Eigentümerversammlung vom 14.10.2014 getroffenen Beschlüsse, den Klägern durch Übersendung des Protokolls der Eigentümerversammlung bekannt gegeben, werden für ungültig erklärt.
2.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten.
3.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar
1
Tatbestand:
2Die Parteien sind sämtliche Wohnungseigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft T in Essen.
3Auf einer Vollversammlung vom 31.12.1997 zu Tagesordnungspunkt 6 wurde mit Stimmen aller damaligen Eigentümer beschlossen, dass jede Wohnungseigentümerversammlung unabhängig von den anwesenden und vertretenen Wohnungseigentumsanteilen beschlussfähig ist. Diese Vereinbarung wurde nicht ins Grundbuch eingetragen, die Teilungserklärung nicht entsprechend geändert. Die Kläger waren zum damaligen Zeitpunkt noch nicht Eigentümer innerhalb der WEG. Nach den derzeitigen Bestimmungen im Verwaltervertrag wird die Durchführung einer Wiederholungsversammlung mit 550 Euro zusätzlich vergütet. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll der Wohnungseigentümerversammlung vom 31.12.1997 zu Tagesordnungspunkt 6 sowie auf die Teilungserklärung Bezug genommen.
4Auf der Wohnungseigentümerversammlung vom 14.10.2014 waren höchstens 458/1000stel Miteigentumsanteile vertreten.
5Unter Tagesordnungspunkt 1 wurde sodann die Beschlussfähigkeit der Versammlung festgestellt und unter Tagesordnungspunkt 2 über die Jahresabrechnung 2013, unter Tagesordnungspunkt 3 über die diesbezügliche Entlastung der Verwaltung und unter Tagesordnungspunkt 4 über den Wirtschaftsplan 2014/2015 mehrheitlich beschlossen.
6Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll der Wohnungseigentümerversammlung vom 14.10.2014 Bezug genommen.
7Die Kläger sind der Auffassung, die gefassten Beschlüsse seien mangels Beschlussfähigkeit der Wohnungseigentümerversammlung vom 14.10.2014 für ungültig zu erklären.
8Die Kläger haben beantragt,
9die zu den TOP 1, TOP 2, TOP 3 und TOP 4 der Eigentümerversammlung vom 14.10.2014 getroffenen Beschlüsse, den Klägern durch Übersendung des Protokolls der Eigentümerversammlung bekanntgegeben, für ungültig zu erklären.
10Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 04.05.2015 haben die Kläger den Antrag hinsichtlich Tagesordnungspunkt 1 zurückgenommen und beantragen jetzt nur noch,
11die zu den Tagesordnungspunkten 2, TOP 3 und TOP 4 der Eigentümerversammlung vom 14.10.2014 getroffenen Beschlüsse, den Klägern durch Übersendung des Protokolls der Eigentümerversammlung bekanntgegeben, für ungültig zu erklären.
12Die Beklagten haben der Klagerücknahme zugestimmt und beantragen im Übrigen,
13die Klage abzuweisen.
14Die Beklagten behaupten, die Bestimmungen zur Beschlussfähigkeit gemäß § 25 Abs. 3 WEG zur Beschlussfähigkeit der Wohnungseigentümerversammlung seien durch Vereinbarung vom 31.12.1997 zu Tagesordnungspunkt 6 abbedungen worden. Die Beklagten sind ferner der Auffassung, die Vereinbarung habe keiner Eintragung ins Grundbuch bedurft, da die Eigentümer durch diese begünstigt worden seien.
15Entscheidungsgründe:
16Die Klage ist zulässig und begründet.
17Die Wohnungseigentümerversammlung vom 14.10.2014 war nicht beschlussfähig, die dennoch gefassten Beschlüsse sind deshalb für ungültig zu erklären.
18Unstreitig waren auf der Wohnungseigentümerversammlung vom 14.10.2014 maximal 458/1000stel Miteigentumsanteile und damit weniger als die nach § 25 Abs. 3 WEG für die Beschlussfähigkeit notwendige Hälfte aller Miteigentumsanteile vertreten.
19Die Vorschrift des § 25 Abs. 3 WEG ist auch nicht durch Beschlussfassung vom 31.12.1997 zu Tagesordnungspunkt 6 wirksam abgedungen worden.
20Es kann dahinstehen, ob es sich hierbei überhaupt um eine Vereinbarung im Sinne des WEG handelt. Zumindest wirkt diese nicht gegen die Kläger. Gemäß § 10 Abs. 3 WEG wirken Vereinbarungen gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nur, wenn sie als Inhalt des Sondereigentums ins Grundbuch eingetragen sind. Die Beschlussfassung vom 31.12.1997 ist unstreitig nicht eingetragen worden. Die Kläger haben erst nach diesem Zeitpunkt ihr Wohnungseigentum erworben, so dass sie sich diese Regelung nicht entgegenhalten lassen müssen.
21Zwar wird teilweise die Auffassung vertreten, dass eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer einer Eintragung in das Grundbuch für die Geltung gegenüber dem Sondernachfolger in Bezug auf eine begünstigende Regelung nicht bedarf (vergleiche Niedenführ / Kümmel / Vandenhouten, WEG 10. Auflage § 10 Randnummer 69, a. A. Bärmann 12. Auflage WEG § 10 Randnummer 122.).
22Die unter Tagesordnungspunkt 6 unter dem 31.12.1997 getroffene Regelung ist aber keine begünstigende. Durch die Festlegung der Beschlussfähigkeit unabhängig von Mehrheitsverhältnissen schon in der ersten Versammlung werden die Rechte der Wohnungseigentümer auf Teilnahme eingeschränkt, auch die Hinweispflichten, die sich für die Verwaltung im Übrigen aus § 25 Abs. 4 Satz 2 WEG in Bezug auf eine in jedem Fall beschlussfähige Zweitversammlung herleiten, werden durch die entsprechende Beschlussfassung zu Lasten der Wohnungseigentümer abbedungen. Der Inhalt der Beschlussfassung wird auch nicht dadurch begünstigend, dass durch die sofortige Beschlussfähigkeit Folgekosten für eine Zweitversammlung – nach dem derzeit geltenden Verwaltervertrag 550 EUR – vermieden werden. Vielmehr ist der Verwaltervertrag für die Wohnungseigentümer nachteilig.
23Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 92 Abs. 2 Nr. 1, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO.
24Eine Kostenentscheidung gemäß § 49 Abs. 2 WEG war nicht veranlasst, da nach den derzeit bekannten Umständen nicht feststellbar ist, dass den Verwalter ein grobes Verschulden trifft.
25Rechtsbehelfsbelehrung:
26Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
27a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
28b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
29Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Dortmund, Kaiserstraße 34, 44135 Dortmund (oder Postanschrift: 44127 Dortmund), eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
30Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Dortmund zu begründen.
31Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Dortmund durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
32Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
moreResultsText
Annotations
(1) Bei der Beschlussfassung entscheidet die Mehrheit der abgegebenen Stimmen.
(2) Jeder Wohnungseigentümer hat eine Stimme. Steht ein Wohnungseigentum mehreren gemeinschaftlich zu, so können sie das Stimmrecht nur einheitlich ausüben.
(3) Vollmachten bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Textform.
(4) Ein Wohnungseigentümer ist nicht stimmberechtigt, wenn die Beschlussfassung die Vornahme eines auf die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums bezüglichen Rechtsgeschäfts mit ihm oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits gegen ihn betrifft oder wenn er nach § 17 rechtskräftig verurteilt ist.
(1) Das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander und zur Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bestimmt sich nach den Vorschriften dieses Gesetzes und, soweit dieses Gesetz keine besonderen Bestimmungen enthält, nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Gemeinschaft. Die Wohnungseigentümer können von den Vorschriften dieses Gesetzes abweichende Vereinbarungen treffen, soweit nicht etwas anderes ausdrücklich bestimmt ist.
(2) Jeder Wohnungseigentümer kann eine vom Gesetz abweichende Vereinbarung oder die Anpassung einer Vereinbarung verlangen, soweit ein Festhalten an der geltenden Regelung aus schwerwiegenden Gründen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Rechte und Interessen der anderen Wohnungseigentümer, unbillig erscheint.
(3) Vereinbarungen, durch die die Wohnungseigentümer ihr Verhältnis untereinander in Ergänzung oder Abweichung von Vorschriften dieses Gesetzes regeln, die Abänderung oder Aufhebung solcher Vereinbarungen sowie Beschlüsse, die aufgrund einer Vereinbarung gefasst werden, wirken gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nur, wenn sie als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragen sind. Im Übrigen bedürfen Beschlüsse zu ihrer Wirksamkeit gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nicht der Eintragung in das Grundbuch.
(1) Bei der Beschlussfassung entscheidet die Mehrheit der abgegebenen Stimmen.
(2) Jeder Wohnungseigentümer hat eine Stimme. Steht ein Wohnungseigentum mehreren gemeinschaftlich zu, so können sie das Stimmrecht nur einheitlich ausüben.
(3) Vollmachten bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Textform.
(4) Ein Wohnungseigentümer ist nicht stimmberechtigt, wenn die Beschlussfassung die Vornahme eines auf die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums bezüglichen Rechtsgeschäfts mit ihm oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits gegen ihn betrifft oder wenn er nach § 17 rechtskräftig verurteilt ist.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
(1) Werden Rechtsverhältnisse, mit denen ein Rechtserfolg bezweckt wird, der den durch dieses Gesetz geschaffenen Rechtsformen entspricht, in solche Rechtsformen umgewandelt, so ist als Geschäftswert für die Berechnung der hierdurch veranlassten Gebühren der Gerichte und Notare im Fall des Wohnungseigentums ein Fünfundzwanzigstel des Einheitswerts des Grundstückes, im Falle des Dauerwohnrechtes ein Fünfundzwanzigstel des Wertes des Rechts anzunehmen.
(2) Durch Landesgesetz können Vorschriften zur Überleitung bestehender, auf Landesrecht beruhender Rechtsverhältnisse in die durch dieses Gesetz geschaffenen Rechtsformen getroffen werden.