Amtsgericht Düsseldorf Beschluss, 17. Nov. 2015 - 90 VI 701/09
Tenor
Der Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 2. vom 14.05.2010 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
1
Gründe:
2I.
3Der am 21.12.1942 geborene Erblasser besaß die deutsche Staatsangehörigkeit. Er lebte zuletzt bis zu seinem Tod in Guatemala.
4Der Beteiligte zu 1. ist der einzige Abkömmling des Erblassers. Am 20.9.1987 schloss der Erblasser mit der Beteiligten zu 2. die dritte Ehe. Von seiner zweiten Ehefrau wurde er durch Urteil des Amtsgerichts T vom 28.09.1994 geschieden.
5Unter dem 26.10.1990 errichtete der Erblasser ein notarielles Testament vor dem Notar D in Guatemala-Stadt. In diesem Testament wies er den Beteiligten zu 1. und 2. diverse Grundstücke und Firmenanteile zu einem Wert von jeweils etwa 430.000 € zu. Der Erblasser verfügte ferner, dass er all das andere Vermögen, das er zum Zeitpunkt des Todes besitzen sollte und in dieser Urkunde nicht genannt wird, insbesondere die Fahrzeuge, das auf Bankkonten hinterlegte Geld oder Vermögen jeder Art zu gleichen Teilen den Beteiligten zu 1. und 2. hinterlasse. Zudem ordnete er Testamentsvollstreckung durch Herrn B an.
6Es existiert noch ein weiteres vor der Notarin F in Guatemala-Stadt errichtetes Testament vom 13.06.2006, das den Erblasser als Errichtenden ausweist und nach seinem Inhalt in Gegenwart von zwei der Notarin bekannten Zeugen beurkundet worden ist. In diesem Testament wird die Beteiligte zu 2. zur Alleinerbin und Testamentsvollstreckerin bestimmt und zu Gunsten des Beteiligten zu 1. ein Vermächtnis von 200.000 € ausgesetzt. Des Weiteren heißt es in der zur Akte gereichten Übersetzung aus der spanischen Sprache im Testament vom 13.6.2006 unter anderem unter „Neuntens B":
7„Sollte seine Ehefrau G zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers bereits verstorben sein oder gleichzeitig mit ihm Versterben, ernennt er als Ersatzuniversalerben zu gleichen Teilen und stammweise die bereits bestehende oder noch zu gründende Stiftung Fundacion ## y ##."
8Unter „Zehntens (Stiftung)" ist verfügt, dass der Erblasser seinen ausdrücklichen Willen erklärt, eine Stiftung mit dem Ziel der Unterstützung Minderjähriger, von Umweltprojekten, guatemaltekischer Familien, damit diese ein besseres Leben führen können, und der Unterstützung verlassener alter Menschen zu gründen. Gründerin soll die Beteiligte zu 2 sein. Sollte sie bereits verstorben sein, so beauftragt er Herrn P3, Herrn P und den Beteiligten zu 1. mit der Gründung und Geschäftsführung der Stiftung.
9Unter „Elftens“ heißt es:
10„Der Erblasser T erklärt ausdrücklich, dass er mit der vorliegenden Rechtshandlung und Urkunde Frau G als Testamentsvollstreckerin einsetzt und – sollte diese versterben – Frau P4 und Frau P2, damit diese gemeinsam tätig werden".
11Auf Antrag des Beteiligten zu 1. vom 30.6.2010 hat das Nachlassgericht mit Beschluss vom 29.07.2010 Nachlasspflegschaft angeordnet und mit Beschluss vom 02.08.2010 Herrn Rechtsanwalt K aus E zum Nachlasspfleger bestellt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat das Oberlandesgericht Düsseldorf mit Beschluss vom 08.02.2011 zurückgewiesen.
12Mit anwaltlichen Schriftsatz vom 28.10.2009 hat der Beteiligte zu 1. beim Amtsgericht T1 die Erteilung eines ihn und die Beteiligte zu 2. zu Miterben zu je ein ½ Anteil ausweisenden Erbscheins beantragt.
13Mit Schriftsatz vom 19.03.2012 (Blatt 1033 der Nachlassakten in VI) hat der Beteiligte zu 1. seinen Antrag dahingehend abgeändert, dass er einen Erbschein beantragt hat, in welchem der Beteiligte zu 1. als Alleinerbe ausgewiesen ist, wobei Testamentsvollstreckung angeordnet ist.
14Die Beteiligte zu 2. tritt dem Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 1. entgegen und hat mit Schriftsatz vom 14.05.2010 (Bl. 132 d.A.) die Erteilung eines Erbscheins beantragt, in welchem sie als Alleinerbin ausgewiesen wird. Mit Anwaltsschriftsatz vom 27.01.2012 (Bl. 988 d.A.) hat die Beteiligte zu 2. darüber hinaus beantragt, ein Testamentsvollstreckerzeugnis zu erteilen, in welchem sie als Testamentsvollstreckerin ausgewiesen wird.
15Der Beteiligte zu 1. macht geltend, die Unterschrift unter dem angeblichen Testament vom 13.06.2006 stamme nicht vom Erblasser. Jedenfalls sei das Testament formunwirksam, weil sich der Erblasser nach dem Inhalt der Urkunde durch seine „Cedula“ ausgewiesen habe, die zu diesem Zeitpunkt ungültig gewesen sei. Dies führe nach dem von ihm eingeholten Gutachten des Rechtsanwalts S zur Unwirksamkeit des angeblich vom Erblasser stammenden Testaments. Das Gericht hat gemäß Beschluss vom 11.04.2011 hierzu ein schriftliches Rechtsgutachten eingeholt, welches der Sachverständige E unter dem 19.03.2012 ( Blatt 1054 ff. der Nachlassakten) erstattet hat.
16Mit Klageschrift vom 04.06.2010 hat der Beteiligte zu 1. beim Landgericht C eine Erbunwürdigkeitsklage gegen die Beteiligte zu 2. erhoben. Nach Verweisung des Rechtsstreits an das Landgericht Düsseldorf hat dieses am 23.12.2011 unter dem Aktenzeichen 1 O 358/11 ein Versäumnisurteil erlassen, in welchem die Beteiligte zu 2. im Hinblick auf den Nachlass des Erblassers für erbunwürdig erklärt wird. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dieses Versäumnisurteil der Beteiligten zu 2. ordnungsgemäß zugestellt worden und damit rechtskräftig ist.
17Am 01.07.2010 hat das Nachlassgericht einen Beweisbeschluss zu der Behauptung des Beteiligten zu 1. erlassen, das Testament vom 13.6.2006 sei nicht vom Erblasser unterzeichnet worden und die Vernehmung der Notarin sowie der in der notariellen Urkunde genannten Zeugen im Wege der Rechtshilfe angeordnet. Die diesbezügliche Beweisaufnahme steht noch aus.
18Mit Beschluss vom 11.04.2011 hat das Gericht den oben genannten Beweisbeschluss dahingehend abgeändert, dass zunächst ein Rechtsgutachten eingeholt werden soll zu der Frage, ob das notarielle Testament des Erblassers vom 13.06.2006 den Formvorschriften des guatemaltekischen Rechts entspricht sowie ein Schriftgutachten zu der Behauptung des Antragstellers zu 1. , das Testament vom 13. 06.2006 sei nicht vom Erblasser unterschrieben worden, die Unterschrift des Erblassers sei gefälscht. Die diesbezügliche Beweisaufnahme steht ebenfalls noch aus. Die endgültige Absendung des derzeit noch nicht mit der erforderlichen Legalisation versehenen Rechtshilfeersuchens an die deutsche Botschaft in Guatemala wurde bis auf Weiteres zurückgestellt.
19Mit Beweisbeschluss vom 09.10.2012 (Blatt 1367 der Nachlassakten) hat das Gericht eine Beweiserhebung zu der Frage angeordnet, ob die Beteiligte zu 2. am 17.03.2011 unter der Adresse ###, Guatemala-Stadt wohnte und ob es sich bei B am 17.03.2011 um einen Familienangehörigen oder Hausangestellten der Beteiligten zu 2. gehandelt hat oder ob er mit der Beteiligten zu 2. in häuslicher Gemeinschaft gelebt hat durch Vernehmung des Zeugen T2. Mit Ergänzungs-Beweisbeschluss vom 06.05.2013 hat das Gericht den Beweisbeschluss vom 09.10.2012 dahingehend erweitert, dass auch darüber Beweis erhoben werden soll, ob bei es sich den im Beweisbeschluss vom 09.12.2012 genannten Räumen um Geschäftsräume oder ein Büro der Beteiligten zu 2. handelte oder ob sie in sonstiger Weise dort irgendwie berufstätig war. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der Vernehmung des Zeugen T2 vor dem Rechtshilfegericht vom 29.08.2013 (Bl. 1793 ff. der Nachlassakten) verwiesen.
20Mit Beweisbeschluss vom 03.12.2013 hat das Gericht ferner die Einholung eines Rechtsgutachtens über die Frage, welche Möglichkeiten der Ersatzzustellung die guatemaltekischen Zustellungsvorschriften vorsehen, angeordnet. Mit Verfügung vom 07.01.2014 hat das Nachlassgericht im Hinblick auf die mittlerweile erhobene Erbenfeststellungsklage den Sachverständigen E ersucht, die Begutachtung zunächst bis auf weiteres zurückzustellen.
21Mit Schriftsatz vom 20.12.2013 hat der Beteiligte zu 1. eine zunächst vor dem Landgericht Düsseldorf unter dem Aktenzeichen 14c O 214/11 erhobene Pflichtteils-Stufenklage dahingehend umgestellt, dass diese nur noch hilfsweise erhoben sein soll und mit Hauptantrag beantragt, festzustellen, dass der Kläger Alleinerbe des Erblassers geworden ist, und zwar beschränkt durch eine Testamentsvollstreckung.
22Am 9.7.2015 hat das Landgericht Düsseldorf ein Versäumnisurteil gegen die Beteiligte zu 2. als dortiger Beklagter zu 2) mit folgendem Urteilstenor erlassen:
23„Es wird gegenüber der Beklagten zu 2) festgestellt, dass der Kläger Alleinerbe des am 1.9.2008 in Guatemala-Stadt, Guatemala, verstorbenen T geworden ist, und zwar beschränkt durch eine Testamentsvollstreckung."
24Auf dem Versäumnisurteil ist ein Rechtskraftvermerk angebracht, wonach das Urteil am 17.8.2015 rechtskräftig geworden ist.
25Die Beteiligte zu 2. ist der Auffassung, dass das Versäumnisurteil des Landgerichts Düsseldorf vom 9.7.2015 nicht zu berücksichtigen sei, da es an schwerwiegenden prozessualen Fehlern leide. Das Urteil könne zudem im Erbscheinsverfahren keine Bindungswirkung entfalten, weil neben den Beteiligten zu 1. und 2. die Stiftung ## als potentielle Ersatzerbin in Betracht komme. Ferner seien die Gerichtsbeschlüsse des guatemaltekischen Nachlassgerichts vom 1.10.2010 und vom 8.11.2010 (Anlagen B & J 46 und 47) sowie vom 19.1.2012 (Anlagen B & J 48 und 49) durch das deutsche Gericht anzuerkennen. Dort sei die Beteiligte zu 2. als Testamentsvollstreckerin eingesetzt worden.
26II.
27Der von der Beteiligten zu 2. gestellte Erbscheinsantrag ist entscheidungsreif. Nicht entscheidungsreif hingegen ist der Antrag der Beteiligten zu 2. auf Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses sowie der Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 1. vom 19.03.2010.
281.
29Nach § 2359 BGB ist ein Erbschein nur zu erteilen, wenn das Nachlassgericht die zur Begründung des Antrages erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet. Dies ist vorliegend bezüglich des Erbscheinsantrages der Beteiligten zu 2. nicht der Fall.
30Das Landgericht Düsseldorf hat im Rechtsstreit zwischen den beiden Beteiligten zu 1. und 2. mit rechtskräftigem Urteil vom 9.7.2015 (Az. 14c O 214/11) festgestellt, dass der hiesige Beteiligte zu 1. als dortiger Kläger Alleinerbe des Erblassers ist, und zwar beschränkt durch eine Testamentsvollstreckung. Nach allgemeiner Auffassung ist das Ergebnis eines Feststellungsrechtsstreits für ein Erbscheinsverfahren unter denselben Beteiligten („inter partes") vorgreiflich.
31Innerhalb der persönlichen und sachlichen Grenzen der materiellen Rechtskraft ist das Nachlassgericht an die Entscheidung des Prozessgerichts gebunden (Burandt/Rojahn/Seiler Rn. 16; Lange/Kuchinke § 39 III; Lange ErbR Kap. 19 Rn. 50; Staudinger/Herzog (2010) Rn. 24 mwN; NK-BGB/Kroiß Rn. 7; PWW/Deppenkemper Rn. 2; zitiert in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2013, § 2359 BGB, Rn. 35). Die Bindungswirkung tritt bei solchen Urteilen ein, die das Erbrecht als solches feststellen, also bei einer entsprechenden Feststellungsklage hierzu (Münchener Kommentar a.a.O.).
32a)
33Nach herrschender Meinung ist es hierbei ohne Belang, ob das Urteil durch Versäumnisurteil oder durch streitiges Urteil zustandegekommen ist (vgl. z.B. Zöller-Vollkommer, ZPO, 30. Auflage, Vorbemerkung zu § 322, Rn. 17 ff., 23). Die vereinzelt vertretene gegenteilige Auffassung, die eine Bindungswirkung eines Versäumnisurteils verneint, lässt unbeachtet, dass es ansonsten ins freie Belieben des Beklagten einer (Erben-) Feststellungsklage gestellt wäre, durch Nichtauftreten im Prozess ein Versäumnisurteil zu provozieren und damit die Bindungswirkung des Klageverfahrens zu umgehen.
34Das Nachlassgericht ist somit im Verhältnis zwischen den Beteiligten zu 1. und 2. an den Urteilstenor im Versäumnisurteil des Landgerichts Düsseldorf vom 9.7.2015 gebunden. Hierbei ist durch das Nachlassgericht nicht zu überprüfen, ob das rechtskräftige Versäumnisurteil des Landgerichts Düsseldorf an prozessualen oder materiellrechtlichen Mängeln leidet. Dies gilt schon deshalb, weil andernfalls der oben dargestellten Grundsatz der Bindung des Nachlassgerichts an die Feststellungen des Prozessgerichts inter partes durch das Nachlassgericht in unzulässiger Weise missachtet würde bzw. leerlaufen würde.
35b)
36Eine andere Betrachtung ist auch nicht deshalb geboten, weil die von dem Erblasser in nach § 83 BGB zulässiger Weise durch Stiftungsgeschäft bereits im notariellen Testament errichtete ##-Stiftung als Ersatzerbin in Betracht kommt, wenn sich herausstellen sollte, dass das Testament vom 13.6.2006 wirksam errichtet worden ist (dazu auch im gesondert ergehenden Auflagen-unter Hinweisbeschluss).
37Zwar ist das Nachlassgericht einer dritten Person gegenüber, die neben den beiden Prozessparteien auch als Erbe in Betracht Kommt, in seiner Beurteilung der Rechtslage frei. Es muss die Rechtsstellung des Dritten auch dann berücksichtigen, wenn dieser sich am Erbscheinsverfahren selbst nicht beteiligt und deshalb dem Prozessgegner den Erbschein verweigern, wenn es den Dritten als Erben ansieht oder auch nur das Erbrecht des Prozesssiegers gegenüber dem Dritten für nicht zweifelsfrei bewiesen hält. Der Kläger einer Feststellungsklage kann die sich hieraus ergebenden Probleme dadurch vermeiden, dass er in dem Zivilprozess alle anderen sein Erbrecht eventuell bestreitenden Personen mitverklagt (Münchener Kommentar, a.a.O. Rn. 39).
38Dass die ##-Stiftung nach Ausscheiden der Beteiligten zu 2. als Erbprätendentin nunmehr als Ersatzerbin und damit ihrerseits als Erbprätendentin in Betracht kommt, hat jedoch nicht zur Folge, dass das Feststellungsurteil zwischen den Beteiligten zu 1. und 2. keine Bindungswirkung entfaltet. Folge dieses Umstandes wird vielmehr sein, dass im weiteren Verlauf des vom Beteiligten zu 1. betriebenen Erbscheinsverfahrens die Stiftung ## zu beteiligen sein wird.
39Hiergegen spricht auch nicht, dass es bei klageweiser Inanspruchnahme nur eines von mehreren Erbprätendenten durch Erbenfeststellungsklage im Ergebnis zu „unlogischen“ Ergebnissen im Erbscheinsverfahren kommen kann (vgl. BGH Urteil v. 14.4.2010, IV ZR 135/08 = FamRZ 2010, 1068), weil das Erbscheinsverfahren eventuell mit dem Ergebnis enden kann, dass im Verhältnis zwischen den Beteiligten zu 1. und 2. auf Grund des bindenden Landgerichtsurteils von der Unwirksamkeit des Testaments vom 13.6.2006 ausgegangen werden muss, im Verhältnis zwischen den Beteiligten zu 1. und der Stiftung hingegen von dessen Wirksamkeit.
40Mehrere Erbprätendenten bilden keine notwendige Streitgenossenschaft. Auftretende Schwierigkeiten sind auch keineswegs unlösbar. Entschließt sich ein Erbprätendent, lediglich gegen einen Miterben auf Feststellung seines Erbrechts zu klagen und nicht zugleich gegen weitere, die ebenfalls sein Erbrecht in Abrede stellen, so fällt es allein in seinen Risikobereich, wenn es gegebenenfalls zu widersprechenden Entscheidungen kommt, weil er nicht alle Erbprätendenten in Anspruch genommen hat (BGH a.a.O, Rn. 18 in juris).
41c)
42Das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 9.7.2015 ist rechtskräftig. Es trägt einen Rechtskraftvermerk. Eingeleitet wurde der Rechtsstreit vor dem Landgericht Düsseldorf zwischen den beiden Beteiligten durch ein schriftliches Vorverfahren sowie einen Beschluss nach § 184 ZPO mit der Aufforderung zur Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten. Diese wurden im Wege der Rechtshilfe durch die zuständige guatemaltekische Stelle ordnungsgemäß an die Beklagte zugestellt. Dies hat auch das Landgericht Düsseldorf mit Beschluss vom 9.9.2013 so festgestellt und im Einzelnen begründet (Bl. 1860 der Nachlassakten in VI). Die anschließenden Zustellungen durch Aufgabe zur Post erfolgten somit wirksam nach § 184 ZPO, weil die Beteiligte zu 2. als Beklagte des Rechtsstreits keinen Zustellungsbevollmächtigten benannte. Dies gilt auch für das Versäumnisurteil vom 9.7.2015. Für die Wirksamkeit und die Rechtskraft des Versäumnisurteils ist es unerheblich, ob die zu Grunde liegende Klageschrift bzw. vorliegend die Klageänderung wirksam zugestellt worden ist. Denn es bestand die Möglichkeit der Einspruchseinlegung.
43Doch selbst, wenn im Erbscheinsverfahren zu prüfen wäre, ob der die Klage ändernde Schriftsatz, in welchem Feststellungsklage erhoben wurde, im dortigen Rechtsstreit zugestellt werden und anschließend ein Versäumnisurteil ergehen durfte, würde sich nichts anderes ergeben: Die Möglichkeit der Vornahme einer Zustellung durch Aufgabe zur Post nach § 184 ZPO besteht auch bei klageändernden Schriftsätzen. Die Klageänderung war auch zulässig. Sie war sachdienlich. Denn durch die Klageänderung wurden keine Parteien ausgewechselt bzw. keine neuen Parteien mit in den Rechtsstreit einbezogen. Die Parteiidentität blieb gewahrt. Es handelte sich auch im weiteren Sinne um dasselbe Rechtsverhältnis, es geht sowohl bei der Pflichtteilsklage als auch bei der Feststellungsklage um die Berechtigung der Beteiligten am Nachlass. Das Landgericht Düsseldorf hat die Klageänderung nach § 263 ZPO also zu Recht für sachdienlich erachtet.
44Ein Einspruch wurde durch die Beteiligte zu 2. innerhalb der Zweiwochenfrist nicht eingelegt, weshalb die Geschäftsstelle des Landgerichts Düsseldorf zu Recht den Rechtskraftvermerk angebracht hat.
45d)
46Das Landgericht Düsseldorf war auch nicht zur Entscheidung der Erbenfeststellungsklage vom 20.12.2013 unzuständig, weil bereits ein Verfahren bei dem zuständigen guatemaltekischen Nachlassgericht rechtshängig war, in welchem über die Erbenstellung der Beteiligten entschieden werden wird. Es gibt keine zentrale Verteilung der internationalen Zuständigkeit auf einzelne Staaten. Vielmehr steht es jedem Staat zu, die Kognitionsbefugnis seiner Gerichte nach eigenen Zweckmäßigkeitserwägungen zu bestimmen. Anderweitige Rechtshängigkeit könnte allenfalls die Unzulässigkeit der Feststellungsklage beim Landgericht Düsseldorf begründet haben. Dies wiederum wäre im vorliegenden Erbscheinserteilungsverfahren aufgrund der Bindungswirkung des rechtskräftigen Versäumnisurteils nicht zu berücksichtigen. Dass bereits eine rechtskräftige anders lautende Entscheidung eines guatemaltekischen Gerichts über die Erbfolge vorliegt, ist nicht ersichtlich. Aus den Ausführungen der Beteiligten zu 2. ergibt sich zudem lediglich, dass am 10.2.2010 die Eröffnung des Nachlassverfahrens beim Nachlassgericht in Guatemala erfolgt ist. Dass ein dem deutschen Klageverfahren vergleichbares Klageverfahren in Guatemala angestrengt worden ist, kann nicht festgestellt werden.
472.
48Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 FamFG. Die Beteiligte zu 2. ist mit dem von ihr gestellten Erbscheinsantrag unterlegen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 4.4.2014, Az. I - 3 Wx 115/13 = ErbR 2014, 391).
49Rechtsbehelfsbelehrung:
50Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Beschwerde gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder wenn das Gericht des ersten Rechtszugs die Beschwerde zugelassen hat. Beschwerdeberechtigt ist derjenige, dessen Rechte durch den Beschluss beeinträchtigt sind. Die Beschwerde ist bei dem Amtsgericht - Nachlassgericht – Düsseldorf, Werdener Straße 1, 40227 Düsseldorf schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.
51Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Sie ist zu unterzeichnen und soll begründet werden.
52Die Beschwerde muss spätestens innerhalb eines Monats nach der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses bei dem Amtsgericht - Nachlassgericht - Düsseldorf eingegangen sein. Dies gilt auch dann, wenn die Beschwerde zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines anderen Amtsgerichtes abgegeben wurde. Die Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses. Fällt das Ende der Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.
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BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger begehrt die Feststellung seines Miterbenrechts.
- 2
- Die Erblasserin hatte mit notariellem Testament vom 27. Oktober 1988 den Beklagten und weitere 12 Personen zu ihren Erben eingesetzt sowie Testamentsvollstreckung angeordnet. In diesem Testament ist der Kläger nicht bedacht. Durch weiteres notarielles Testament vom 17. Januar 1991 hob die Erblasserin frühere letztwillige Verfügungen auf, ordnete erneut Testamentsvollstreckung an und wandte verschiedenen Personen ohne ausdrückliche Erbeinsetzung Vermächtnisse zu. Unter anderem sollten die beiden Parteien sowie zwei andere Personen eine Eigentumswohnung in T. erhalten. In einem notariellen Testament vom 6. Juli 1991 nahm die Erblasserin schließlich Änderungen hinsichtlich der Vermächtnisse vor und setzte bezüglich der Eigentumswohnung in T. statt des Beklagten eine andere Person ein. Außerdem sollten der Kläger sowie seine Ehefrau das Ankaufsrecht für ein Pachtgrundstück und ein Teilgrundstück erhalten. Auch in diesem Testament erfolgte keine ausdrückliche Erbeinsetzung.
- 3
- Testamentsvollstrecker Der beantragte die Erteilung eines Erbscheins , der 28 in den Testamenten aus dem Jahre 1991 mit Grundstücks - und Geldzuwendungen bedachte Personen als Erben ausweisen sollte. Dagegen wandte sich der Beklagte und beantragte am 12. Juli 1995 seinerseits unter Berufung auf die Unwirksamkeit der beiden Testamente aus 1991, ihm entsprechend dem Testament aus 1988 einen Erbschein zu erteilen, der ihn als Miterben zu 1/13 ausweisen sollte. Nach Beweisaufnahme durch Vernehmung von Zeugen sowie Einholung eines Sachverständigengutachtens wies das Amtsgericht Hamburg mit Beschluss vom 7. April 1998 den Erbscheinsantrag des Testamentsvollstreckers zurück und kündigte an, dem Teilerbscheinsantrag des Beklagten stattzugeben. Zur Begründung führte es aus, dass die Testamente aus dem Jahre 1991 wegen Testierunfähigkeit der Erblasserin nichtig seien. Die dagegen eingelegte Beschwerde wurde vom Landgericht zurückgewiesen. Die weitere Beschwerde des Klägers blieb ausweislich des Beschlusses des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 13. Dezember 2006 ebenfalls ohne Erfolg. Dem Beklagten wurde am 5. September 2007 ein Erbschein ausgestellt, der ihn als Teilerben über 1/12 des Nachlasses ausweist.
- 4
- Der Kläger begehrt nunmehr die Feststellung, dass er aufgrund der Testamente vom 17. Januar 1991 und 6. Juli 1991 Miterbe der Erblasserin geworden sei. Die Vorinstanzen haben die Klage als unzulässig abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 5
- Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 6
- I. Dieses hat ausgeführt, dem Kläger fehle das Rechtsschutzbedürfnis , da er seine Klage nur gegen einen der Begünstigten des Testaments von 1988 gerichtet habe. Es sei nicht erkennbar, welche positiven Rechtsfolgen der Kläger im Falle eines Obsiegens aus einem entsprechenden Urteil ableiten wolle. Einer Entscheidung im Feststellungsverfahren komme für das Nachlassgericht keine Bindungswirkung zu, da noch andere Personen als Erben in Betracht kämen. Der Zulässigkeit der Klage stehe ferner das unter Beteiligung der Parteien durchgeführte Erbscheinsverfahren entgegen. Hier komme diesem Bindungswirkung zu, da in dem Verfahren eine Beweisaufnahme durch Vernehmung zahlreicher Zeugen sowie Einholung mehrerer Sachverständigengutachten erfolgt sei, die zum Ergebnis einer Testierunfähigkeit der Erblasserin 1991 geführt habe. Ein Rechtsschutzbedürfnis für eine erneute Entscheidung über die identische Frage der Testierfähigkeit bestehe nicht. Hierfür spreche auch das Gebot lebensnaher Praktikabilität, da anderenfalls wechselnde einzelne Feststellungsklagen einer Verteilung des Nachlasses durch den Testamentsvollstrecker nahezu dauerhaft entgegenstünden.
- 7
- II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
- 8
- Zu 1. Unrecht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, es handele sich um eine objektiv sinnlose Klage, der das Rechtsschutzbedürfnis bzw. Feststellungsinteresse fehle. Ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses ist gegeben, wenn dem Recht oder der Rechtslage des Klägers eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (BGH, Urteile vom 22. März 1995 - XII ZR 20/94 - NJW 1995, 2032 unter 3a; vom 7. Februar 1986 - V ZR 201/84 - NJW 1986, 2507 zu II 1; Zöller/Greger, ZPO 28. Aufl. § 256 Rdn. 7). Bei einer Feststellungsklage liegt eine solche Gefährdung in der Regel schon darin, dass der Beklagte das Recht des Klägers ernstlich bestreitet oder er sich eines eigenen Rechts gegenüber dem Kläger berühmt. Gegenstand einer Feststellungsklage kann hierbei, wie sich auch aus § 27 ZPO ergibt, das Bestehen oder Nichtbestehen eines (Mit-)Erbrechts sein (BGHZ 47, 58, 66; 23, 73, 75 f.; RGZ 95, 97; Brandenburgisches OLG FamRZ 2009, 1610; Palandt/Edenhofer, BGB 69. Aufl. § 2353 Rdn. 23). Im Zivilprozess kann ein Streit zwischen Parteien, die kollidierende Rechte geltend machen, grundsätzlich im Wege der Feststellungsklage nach § 256 ZPO geklärt werden (BGH, Urteil vom 29. Juni 1987 - II ZR 198/86 - NJW-RR 1987, 1439 unter 2). So liegt es hier. Die Parteien streiten als Erbprätendenten darüber, ob der Kläger Miterbe geworden ist, was wiederum von der Wirksamkeit der Testamente aus dem Jahr 1991 abhängt. Der Beklagte wendet sich gegen eine derartige Mitberechtigung des Klägers, weil er von einer Unwirksamkeit der Testamente wegen Geschäftsunfähigkeit der Erblasserin ausgeht und nur das Testament aus 1988 für wirksam hält, welches lediglich ihm eine Miterbenstellung einräumt. Damit macht er ein vom Kläger behauptetes Recht diesem streitig.
- 9
- Der Zulässigkeit der Feststellungsklage steht es hierbei nicht entgegen , dass ein Urteil im streitigen Verfahren nur zwischen den Parteien wirkt und keine Bindungswirkung für das Erbscheinsverfahren mit seinen weiteren Beteiligten hat. Für das Vorliegen des Feststellungsinteresses und des Rechtsschutzbedürfnisses ist es unerheblich, ob andere Gerichte einschließlich solcher der freiwilligen Gerichtsbarkeit an ein Sachurteil gebunden sind (MünchKomm-ZPO/Becker-Eberhard, 3. Aufl. § 256 Rdn. 44; Musielak/Foerste, ZPO 7. Aufl. § 256 Rdn. 11).
- 10
- Auch im Übrigen kann von einer objektiv sinnlosen Klage nicht gesprochen werden. Wird zwischen den Parteien rechtskräftig festgestellt, dass der Kläger Miterbe ist, so kann der Beklagte dessen Erbenstellung nicht länger bestreiten, wie er dies bisher im Erbscheinsverfahren getan hatte. Selbst wenn der Kläger aber gezwungen wäre, gegen weitere sein Erbrecht bestreitende Beteiligte eine Feststellungsklage zu erheben, stünde dies seinem Rechtsschutzbedürfnis im Verhältnis zum Beklagten nicht entgegen.
- 11
- Das 2. Rechtsschutzbedürfnis entfällt nicht deshalb, weil bereits ein umfangreiches Erbscheinsverfahren durchgeführt wurde.
- 12
- a) Im Erbscheinsverfahren werden keine der materiellen Rechtskraft fähige Entscheidungen über das Erbrecht getroffen, die Bindungswirkung für einen späteren streitigen Prozess über die Feststellung des Erbrechts hätten (BGHZ 47, 58, 66; BVerfG ZEV 2006, 74; Brandenburgisches OLG FamRZ 2009, 1610; BayObLG FamRZ 2004, 313; 1986, 1151; Palandt/Edenhofer aaO § 2353 Rdn. 23; MünchKomm-BGB/Mayer, 5. Aufl. § 2353 Rdn. 2, § 2359 Rdn. 45; PWW/Deppenkemper, BGB § 2353 Rdn. 4; Bamberger/Roth/Siegmann/Höger, BGB 2. Aufl. § 2353 Rdn. 25; Erman/Schlüter, BGB 12. Aufl. vor § 2353 Rdn. 3; Staudinger /Schilken, BGB [1997] § 2353 Rdn. 9, § 2360 Rdn. 14, § 2365 Rdn. 21). Diese fehlende Bindungswirkung ergibt sich daraus, dass dem Erbschein keine Rechtskraftwirkung zukommt. Er kann vielmehr jederzeit nach § 2361 BGB eingezogen werden. Das Nachlassgericht kann einen Erbschein hierbei auch dann einziehen, wenn es ihn nach erneuter Überprüfung für unrichtig hält, selbst wenn seit der Erteilung des Erbscheins ein langer Zeitraum verstrichen ist, zwischenzeitlich keine neuen Tatsachen aufgetreten sind und die der Erbscheinerteilung zugrunde liegende Testamentsauslegung von den Betroffenen widerspruchslos hingenommen wurde (BGHZ 47, 58, 62 ff.). Hinzu kommt, dass nach der Vorstellung des Gesetzgebers im Erbschein nur eine provisorische Entscheidung getroffen werden soll, die die Erbprätendenten dagegen nicht an einer abschließenden Streitentscheidung im Zivilprozess hindert (vgl. MünchKomm-BGB/Mayer, aaO § 2353 Rdn. 2).
- 13
- Unabhängig vom entgegenstehenden Inhalt eines Erbscheins kann der wirkliche Erbe vor dem Prozessgericht mithin jederzeit gegen den Erbscheinserben Klage auf Feststellung seines Erbrechts erheben, wobei das Prozessgericht nicht gehindert ist, von den Feststellungen des Nachlassgerichts abzuweichen (BGHZ 47, 58, 66).
- 14
- Hieran ändert der Umstand nichts, dass im Erbscheinsverfahren die Testierfähigkeit der Erblasserin durch Vernehmung von Zeugen und Einholung von Sachverständigengutachten geprüft wurde. Selbst in einem solchen Fall fehlt es an einer rechtskräftigen Entscheidung über das Erbrecht. Ob im Erbscheinsverfahren der Sachverhalt vollständig aufgeklärt wurde, ist in der Praxis kaum möglich und lediglich geeignet, die Ursache für einen weiteren Streit der Parteien zu bilden.
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- Auch das "Gebot einer lebensnahen Praktikabilität" steht dem Rechtsschutzbedürfnis nicht entgegen. Insbesondere kann nicht davon ausgegangen werden, dass wechselnde einzelne Feststellungsklagen eine Verteilung des Nachlasses durch den Testamentsvollstrecker nahezu dauerhaft hinderten. Vielmehr kann der Testamentsvollstrecker selbst, um eine Verteilung des Nachlasses nach § 2204 BGB durchführen zu können, gegen einen Erbprätendenten Klage auf Feststellung erheben, dass dieser nicht Erbe geworden ist (BGH, Urteil vom 4. Februar 1987 - IVa ZR 229/85 - NJW-RR 1987, 1090 unter I 3; OLG Karlsruhe FamRZ 2005, 1200; Stein/Jonas/Roth, ZPO 22. Aufl., § 256 Rdn. 36). Ein entsprechender Weg stünde dem Testamentsvollstrecker auch hier offen. Wird hierüber eine rechtskräftige Feststellung getroffen, kann der Testamentsvollstrecker eine Verteilung des Nachlasses vornehmen. Die Ge- fahr einer Undurchführbarkeit der Verteilung des Nachlasses besteht dann nicht.
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- 3. Die Unzulässigkeit der Klage folgt schließlich auch nicht daraus, dass der Beklagte mit den weiteren Miterben eine notwendige Streitgenossenschaft bildete und der Kläger daher eine Feststellungsklage gegenüber allen Miterben hätte erheben müssen.
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- Im a) Falle der notwendigen Streitgenossenschaft aus materiellrechtlichen Gründen nach § 62 Abs. 1 2. Alt. ZPO ist die Klage nur eines oder gegen nur einen Streitgenossen mangels Prozessführungsbefugnis unzulässig (BGHZ 92, 351, 353; 30, 195, 197; Zöller/Vollkommer aaO § 62 Rdn. 11; Musielak/Weth aaO § 62 Rdn. 8.; MünchKomm-ZPO/ Schultes aaO § 62 Rdn. 24). Das Erfordernis einer gemeinschaftlichen Klage ergibt sich aus der lediglich gemeinschaftlich vorhandenen materiell -rechtlichen Verfügungsbefugnis. Ein derartiger Fall einer notwendigen Streitgenossenschaft liegt auf Seiten beklagter Miterben, gegen die auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens des Erbrechts geklagt wird, nicht vor (BGHZ 23, 73, 75 f.; RGZ 95, 97, 98; Musielak/Weth aaO Rdn. 11; MünchKomm-ZPO/Schultes aaO Rdn. 37; Stein/Jonas/Bork aaO § 62 Rdn. 11, 23). Dies ergibt sich schon daraus, dass in einem derartigen Prozess erst geklärt werden soll, wer Erbe geworden ist und deshalb eine Klage gegen einen einzelnen oder mehrere einzelne Miterben nicht unzulässig sein kann. Durch eine solche Feststellungsklage wird dagegen kein Recht geltend gemacht, das materiell-rechtlich nur gegen alle in Betracht kommenden Miterben gleichzeitig ausgeübt werden könnte. Auch für vergleichbare Fallgestaltungen hat die Rechtsprechung keine notwendige Streitgenossenschaft angenommen, etwa für die Klage eines Gesellschafters auf Feststellung, dass einer seiner Mitge- sellschafter aus der Gesellschaft ausgeschieden ist (BGHZ 30, 195, 197 ff.).
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- Eine notwendige Streitgenossenschaft folgt auch nicht alleine daraus , dass es "unlogisch" wäre, im Verhältnis zu einem Beklagten festzustellen , dass dem klagenden Prätendenten ein Erbrecht zusteht, während im Verhältnis zu anderen Beklagten in weiteren Prozessen möglicherweise das Gegenteil festgestellt würde. Mögen solche unterschiedlichen Feststellungen auch "unlogisch" sein, so sind sie dennoch denkbar und möglich und führen prozessual nicht zu einer notwendigen Streitgenossenschaft (so ausdrücklich BGHZ 30, 195, 199 f.; 23, 73, 75 f.; RGZ 95, 97 f.; anders Wieser NJW 2000, 1163, der aber gleichwohl eine getrennte Klage gegen mehrere Miterben für möglich hält). Auftretende Schwierigkeiten sind auch keineswegs unlösbar. Wenn ein Erbprätendent sich entschließt, lediglich gegen einen Miterben auf Feststellung seines Erbrechts zu klagen und nicht zugleich gegen weitere, die ebenfalls sein Erbrecht in Abrede stellen, so fällt es allein in seinen Risikobereich , wenn es gegebenenfalls zu widersprechenden Entscheidungen kommt. Diese Gefahr kann der Erbprätendent dadurch vermeiden, dass er sämtliche sein Erbrecht bestreitenden Miterben in einem Prozess verklagt. Umgekehrt haben auch diejenigen Miterben, die die Berechtigung eines Erbprätendenten in Abrede stellen, die Möglichkeit, diesen gemeinschaftlich zu verklagen. Auch dem Testamentsvollstrecker wird die Verteilung des Nachlasses durch möglicherweise widersprechende Entscheidungen keineswegs unmöglich gemacht. Er kann vielmehr selbst gegen den Erbprätendenten auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Erbrechts klagen und auf diese Weise verbindlich feststellen lassen, unter welchen Miterben er die Verteilung des Nachlasses nach § 2204 BGB vorzunehmen hat (s.o. unter 2.).
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- Die Annahme notwendiger Streitgenossenschaft hätte hier demgegenüber zur Folge, dass der Kläger gezwungen wäre, sämtliche Beteiligte , die in dem Testament der Erblasserin von 1988 als Erben genannt werden, zusammen mit dem Beklagten zu verklagen. Dies würde selbst dann gelten, wenn einzelne dieser Beteiligten sein Erbrecht überhaupt nicht in Abrede stellen und es ihnen gegenüber daher am Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage fehlen würde. Die Unzulässigkeit der Klage gegen einen notwendigen Streitgenossen mangels Rechtsschutzbedürfnisses hätte dann aber die Unzulässigkeit der Klage insgesamt zur Folge (vgl. Zöller/Vollkommer aaO Rdn. 23; Musielak/Weth aaO Rdn. 17; MünchKomm-ZPO/Schultes aaO Rdn. 47). Ein derartiges Ergebnis ließe sich nur vermeiden, wenn der Erbprätendent nur diejenigen Miterben verklagen müsste, die sein Erbrecht bestreiten oder sich hierzu zumindest nicht äußern. Dann müsste er zunächst außergerichtlich von sämtlichen in Betracht kommenden Miterben Erklärungen darüber einholen, ob diese sein Erbrecht anerkennen oder dies bestreiten wollen. Zu einer derartigen Vorgehensweise ist der Erbprätendent indessen dann nicht gehalten, wenn er von vornherein berechtigt ist, nur gegen einzelne Miterben zu klagen.
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- b)DerZulässigkeit der Klage steht schließlich nicht das Vorliegen einer notwendigen Streitgenossenschaft nach § 62 Abs. 1 1. Alt. ZPO entgegen. In diesen Fällen der notwendigen Streitgenossenschaft aus prozessualen Gründen ist eine Klage einzelner Streitgenossen oder gegen einzelne Streitgenossen zulässig (BGHZ 30, 195, 198; MünchKomm-ZPO/Schultes aaO Rdn. 47; Stein/Jonas/Bork aaO Rdn. 4). Im Übrigen sind auch die Voraussetzungen einer derartigen Streitgenossenschaft nicht gegeben, für die die Rechtskrafterstreckung aufgrund ei- ner besonderen Vorschrift für einen späteren Prozess gegen einen anderen der Beteiligten typisch ist (BGHZ 30, 195, 199; Zöller/Vollkommer aaO Rdn. 3 ff.). Die Rechtskrafterstreckung bei nacheinander geführten Prozessen führt dann zur notwendigen Streitgenossenschaft bei einem Nebeneinander der Prozesse (BGHZ 92, 351, 354). Ein derartiger Fall einer Rechtskrafterstreckung oder der Erstreckung sonstiger Urteilswirkungen liegt aber in dem Fall, in dem ein Erbprätendent lediglich einen der möglichen Miterben auf Feststellung seines Erbrechts in Anspruch nimmt, nicht vor.
Dr. Karczewski Lehmann
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 25.05.2007 - 323 O 23/07 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 03.06.2008 - 2 U 17/07 -
(1) Das Gericht kann bei der Zustellung nach § 183 Absatz 2 bis 5 anordnen, dass die Partei innerhalb einer angemessenen Frist einen Zustellungsbevollmächtigten benennt, der im Inland wohnt oder dort einen Geschäftsraum hat, falls sie nicht einen Prozessbevollmächtigten bestellt hat. Wird kein Zustellungsbevollmächtigter benannt, so können spätere Zustellungen bis zur nachträglichen Benennung dadurch bewirkt werden, dass das Schriftstück unter der Anschrift der Partei zur Post gegeben wird.
(2) Das Schriftstück gilt zwei Wochen nach Aufgabe zur Post als zugestellt. Das Gericht kann eine längere Frist bestimmen. In der Anordnung nach Absatz 1 ist auf diese Rechtsfolgen hinzuweisen. Zum Nachweis der Zustellung ist in den Akten zu vermerken, zu welcher Zeit und unter welcher Anschrift das Schriftstück zur Post gegeben wurde.
Nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit ist eine Änderung der Klage zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet.
(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.
(2) Das Gericht soll die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn
- 1.
der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat; - 2.
der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste; - 3.
der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat; - 4.
der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat; - 5.
der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 156 Absatz 1 Satz 3 oder einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Absatz 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat.
(3) Einem minderjährigen Beteiligten können Kosten in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, nicht auferlegt werden.
(4) Einem Dritten können Kosten des Verfahrens nur auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft.
(5) Bundesrechtliche Vorschriften, die die Kostenpflicht abweichend regeln, bleiben unberührt.