Amtsgericht Detmold Beschluss, 13. Juni 2016 - 33 F 150/16

Gericht
Tenor
I. Der Antrag wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.
III. Der Verfahrenswert wird auf 3000 € festgesetzt.
1
I.
3Die Antragstellerin ist die Mutter der beiden minderjährigen Kinder J und L W, die als Zwillinge am 26.09.2009 geboren wurden.
4Der Antragsgegner ist der Vater der beiden Kinder, die bei der Kindesmutter in Lage leben. Die ehemals verheirateten nunmehr geschiedenen Kindeseltern leben getrennt und haben in den vergangenen Jahren mehrere Verfahren in Bezug auf das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Kinder sowie das Umgangsrecht des Kindesvaters mit den Kindern vor dem Amtsgericht D geführt.
5In dem Verfahren 33 F 390/15 haben die Kindeseltern vor dem Amtsgericht D am 24.11.2015 eine gerichtlich gebilligte Umgangsvereinbarung getroffen, aus der sich ein 14-tägiges Umgangsrecht des Kindesvaters mit den beiden Kindern in der Zeit von Freitag bis Sonntag ergibt. Die Kindeseltern sind in dieser Vereinbarung dahingehend übereingekommen, dass die Kindesmutter jeweils die Fahrten am Freitag zum Wohnsitz des Kindesvaters übernimmt und dass der Kindesvater die Fahrten am Sonntag zurück zum Wohnsitz der Kindesmutter übernimmt.
6Die Kindesmutter begehrt mit dem nunmehr vorliegenden Antrag die Abänderung dieser Regelung dahingehend, dass nicht sie, sondern allein der Kindesvater die Fahrten im Zusammenhang mit den Umgangskontakten übernimmt.
7Sie trägt vor, aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr über einen PKW zu verfügen und überdies auch gesundheitlich nicht in der Lage zu sein, die - nach ihren Angaben weite - Fahrt von Lage nach E bei Dunkelheit durchzuführen.
8Sie beantragt daher,
9die im Verfahren des Amtsgerichts D zu 33 F 390 / 15 getroffene Umgangsregelung wie folgt abzuändern:
101. Der Antragsgegner erhält ein 14-tägiges Umgangsrecht bezüglich der beiden gemeinsamen Kinder J und L W, und zwar jeweils am Umgangswochenende von Freitag ab 16:00 Uhr bis Sonntag um 18:00 Uhr. Zur Durchführung der Umgangskontakte wird der Kindesvater am Umgangswochenende die Kinder bei der Antragstellerin in L freitags um 16:00 Uhr abholen und spätestens am darauffolgenden Sonntag um 18:00 Uhr zurückbringen. Die Kindesmutter ist nicht mehr verpflichtet, zur Sicherstellung der Umgangskontakte die Kinder zum Antragsgegner nach E zu bringen.
112. Außerdem erhält der Antragsgegner Umgangsrecht für die beiden minderjährigen Kinder Weihnachten jeweils am zweiten Weihnachtsfeiertag bis zum 31.12. Der Antragsgegner wird die Kinder bei der Antragstellerin abholen am zweiten Weihnachtsfeiertag um 9:00 Uhr und die Kinder am 31.12 bis 14:00 Uhr der Kindesmutter L zurückbringen. Auch insoweit ist die Kindesmutter nicht mehr verpflichtet, für eine Verbringung der Kinder Sorge zu tragen.
123. Weiter erfolgt ein Umgangskontakt jeweils am Ostermontag ab 9:00 Uhr morgens. Der Antragsgegner wird die Kinder bei der Kindesmutter am Ostermontag um 9:00 Uhr abholen und die Kinder am darauffolgenden Freitag um 18:00 Uhr zur Kindesmutter wieder zurückbringen.
13Der Antragsgegner beantragt den Antrag auf Abänderung einer Umgangsregelung vom 07.04.2016 zurückzuweisen.
14Er meint, es sei der Antragstellerin sehr wohl möglich, über einen PKW zu verfügen, um die Kinder zu transportieren.
15II.
16Der Abänderungsantrag ist zulässig, aber unbegründet.
17Zwar liegt eine grundsätzlich der Abänderbarkeit des §§ 1696 Abs. 1 BGB unterliegende Regelung vor, weil die Beteiligten im genannten Verfahren vor dem Amtsgericht D am 14.11.2015 eine gerichtlich gebilligte Umgangsvereinbarung getroffen haben, jedoch ist ein Abänderungsgrund nicht gegeben.
18Gemäß § 1696 Abs. 1 BGB kann (unter anderem) ein Umgangsvergleich aus triftigen, das Wohl der Kinder nachhaltig berührenden Gründen abgeändert werden.
19Schon aus dem Wortlaut der genannten Vorschrift ergibt sich, dass ausschließlich das Wohl der Kinder maßgebend ist und daher die Änderung nicht mit dem Interesse eines beteiligten Elternteils begründet werden kann (vgl. OLG Schleswig v. 25.08.1989 - 13 UF 119/89, 13 WF 123/89 - FamRZ 1990, 433-435; OLG Karlsruhe v. 12.12.1997 - 2 UF 202/97 - NJW-RR 1998, 940-941).
20Im Übrigen kommen als Abänderungsgründe nur solche Tatsachen in Betracht, die nach Erlass der abzuändernden Entscheidung eingetreten oder bekannt geworden sind (vgl. OLG Brandenburg v. 11.04.2014 - 3 UF 50/13 - juris Rn. 44; OLG Bamberg v. 20.03.1990 - 2 UF 49/90 - NJW-RR 1990, 774-776).
21Nach alledem kann der Abänderungsantrag der Antragstellerin bereits deshalb keinen Erfolg haben, weil sie keinen Grund vorträgt, weshalb die von ihr begehrte Änderung allein der Vereinbarung über die Durchführung der Fahrten anlässlich der Umgangskontakte dem Wohl der Kinder dienen sollte.
22Soweit sie – angeblich - nicht über einen PKW verfügt, mag dies ein nachträglich eingetretener Umstand sein. Dass sie aber deshalb von der Durchführung der Fahrten an jedem zweiten Freitag entlastet werden soll, liegt allein in ihrem eigenen Interesse und dient nicht dem Wohl der Kinder. Dies schon allein deshalb nicht, weil die von der Antragstellerin angegriffene Übung nach jahrelangen Streitigkeiten über die Übergabe der Kinder erstmals - zumindest überwiegend - funktioniert hat. Im Übrigen steht es der Antragstellerin auch im Verständnis der angegriffenen Regelung frei, die Fahrten selbst durchzuführen, von Dritten durchführen zu lassen oder aber die Kinder mit dem Zug nach E zu bringen.
23Das Gericht geht letztlich auch davon aus, dass die Kindesmutter die Regelung vom 24.11.2015 im wohlverstandenen Interesse der Kinder abgeschlossen hat und dass es ihr dabei bewusst war, dass sie die Mobilität der Kinder in irgendeiner Weise mittelfristig wird sicherstellen müssen. Da sie allein vorträgt, nicht mehr über einen PKW zu verfügen, ist bereits nicht nachvollziehbar, dass sie die Durchführung ihr die Durchführung der Fahrten ganz grundsätzlich nicht mehr möglich sein soll, ungeachtet des Umstandes, dass dies ohnehin einen Abänderungsgrund nicht darstellen könnte.
24Die von der Antragstellerin vorgebrachte Sehschwäche bei Dunkelheit vermag einen Abänderungsgrund erst recht nicht darzustellen, weil dieser Umstand bei Abschluss der Vereinbarung am 24.11.2015 bereits bekannt gewesen sein muss. Dass mit der Verpflichtung, die Kinder bis 18:00 Uhr nach Emsdetten zu bringen, jedenfalls im Winter zwangsläufig auch Fahrten in Dunkelheit verbunden sein werden, muss der Antragstellerin bewusst gewesen sein und kann daher nachträglich nicht mehr zu einer Änderung führen.
25Nachdem andere Gründe, insbesondere solche, die das Wohl der Kinder betreffen, nicht vorgebracht und auch sonst dem Gericht nicht bekannt geworden sind, konnte der Ablehnungsantrag ein Erfolg haben.
26Da der Ablehnungsantrag der Antragstellerin bereits aus Rechtsgründen keinen Erfolg haben konnte, hat das Gericht ausnahmsweise davon abgesehen, für die Kinder ein Verfahrensbeistand zu bestellen und auch davon abgesehen, die Kinder anzuhören (§§ 158 Abs. 1, Abs. 2, 159 Abs. 2 FamFG).
27Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 80, 81 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 FamFG.
28Die Festsetzung des Verfahrenswertes hat ihre Grundlage in § 45 Abs. 1 Nr. 2 FamFGKG.
29Rechtsbehelfsbelehrung:
30Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Beschwerde gegeben. Beschwerdeberechtigt ist derjenige, dessen Rechte durch den Beschluss beeinträchtigt sind. Die Beschwerde ist bei dem Amtsgericht - Familiengericht - Detmold, I-Str., 32756 Detmold schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.
31Die Beschwerde muss spätestens innerhalb eines Monats nach der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses bei dem Amtsgericht - Familiengericht - Detmold eingegangen sein. Dies gilt auch dann, wenn die Beschwerde zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines anderen Amtsgerichtes abgegeben wurde. Die Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses. Fällt das Ende der Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.
32Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Sie ist zu unterzeichnen und soll begründet werden.
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Annotations
(1) Eine Entscheidung zum Sorge- oder Umgangsrecht oder ein gerichtlich gebilligter Vergleich ist zu ändern, wenn dies aus triftigen, das Wohl des Kindes nachhaltig berührenden Gründen angezeigt ist. Entscheidungen nach § 1626a Absatz 2 können gemäß § 1671 Absatz 1 geändert werden; § 1671 Absatz 4 gilt entsprechend. § 1678 Absatz 2, § 1680 Absatz 2 sowie § 1681 Absatz 1 und 2 bleiben unberührt.
(2) Eine Maßnahme nach den §§ 1666 bis 1667 oder einer anderen Vorschrift des Bürgerlichen Gesetzbuchs, die nur ergriffen werden darf, wenn dies zur Abwendung einer Kindeswohlgefährdung oder zum Wohl des Kindes erforderlich ist (kindesschutzrechtliche Maßnahme), ist aufzuheben, wenn eine Gefahr für das Wohl des Kindes nicht mehr besteht oder die Erforderlichkeit der Maßnahme entfallen ist.
(3) Eine Anordnung nach § 1632 Absatz 4 ist auf Antrag der Eltern aufzuheben, wenn die Wegnahme des Kindes von der Pflegeperson das Kindeswohl nicht gefährdet.
(1) Das Gericht hat dem minderjährigen Kind in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, einen fachlich und persönlich geeigneten Verfahrensbeistand zu bestellen, soweit dies zur Wahrnehmung der Interessen des Kindes erforderlich ist. Der Verfahrensbeistand ist so früh wie möglich zu bestellen.
(2) Die Bestellung ist stets erforderlich, wenn eine der folgenden Entscheidungen in Betracht kommt:
- 1.
die teilweise oder vollständige Entziehung der Personensorge nach den §§ 1666 und 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuchs, - 2.
der Ausschluss des Umgangsrechts nach § 1684 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder - 3.
eine Verbleibensanordnung nach § 1632 Absatz 4 oder § 1682 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.
(3) Die Bestellung ist in der Regel erforderlich, wenn
- 1.
das Interesse des Kindes zu dem seiner gesetzlichen Vertreter in erheblichem Gegensatz steht, - 2.
eine Trennung des Kindes von der Person erfolgen soll, in deren Obhut es sich befindet, - 3.
Verfahren die Herausgabe des Kindes zum Gegenstand haben oder - 4.
eine wesentliche Beschränkung des Umgangsrechts in Betracht kommt.
(4) Die Bestellung endet mit der Aufhebung der Bestellung, mit Rechtskraft der das Verfahren abschließenden Entscheidung oder mit dem sonstigen Abschluss des Verfahrens. Das Gericht hebt die Bestellung auf, wenn
- 1.
der Verfahrensbeistand dies beantragt und einer Entlassung keine erheblichen Gründe entgegenstehen oder - 2.
die Fortführung des Amtes die Interessen des Kindes gefährden würde.
(5) Die Bestellung eines Verfahrensbeistands oder deren Aufhebung sowie die Ablehnung einer derartigen Maßnahme sind nicht selbständig anfechtbar.
Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur Durchführung des Verfahrens notwendigen Aufwendungen der Beteiligten. § 91 Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.
(2) Das Gericht soll die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn
- 1.
der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat; - 2.
der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste; - 3.
der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat; - 4.
der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat; - 5.
der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 156 Absatz 1 Satz 3 oder einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Absatz 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat.
(3) Einem minderjährigen Beteiligten können Kosten in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, nicht auferlegt werden.
(4) Einem Dritten können Kosten des Verfahrens nur auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft.
(5) Bundesrechtliche Vorschriften, die die Kostenpflicht abweichend regeln, bleiben unberührt.