Amtsgericht Brühl Urteil, 02. Aug. 2016 - 22 C 67/16
Gericht
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger im bedingungsgemäßen Umfang der zwischen den Parteien geschlossenen Rechtsschutzpolice Nr. RS-V-#-####-####-#### Deckungsschutz für den Rechtsstreit gegen die Bundesrechtsanwaltskammer im Rechtsstreit VG Berlin VG 2K87.15 zu gewähren.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 3.000,00 € vorläufig vollstreckbar.
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TATBESTAND:
2Der Kläger war bei der Beklagten gemäß der im Klageantrag genannten Police Rechtsschutzversichert.
3Mit vorliegender Klage verlangt er Deckungsschutz für einen Rechtsstreit gegen die Bundesrechtsanwaltskammer, die er mit Klageschrift vom 10.03.2015 beim Verwaltungsgericht Berlin erhob. Mit der Klage sollte die Bundesrechtsanwaltskammer verpflichtet werden, dem Kläger eine gut lesbare Kopie des Versicherungsscheins und der Versicherungsbedingungen der über die Beklagte (Bundesrechtsanwaltskammer) für die regionalen Rechtsanwaltskammern geschlossenen im Einzelnen bezeichneten Gruppenversicherungen,
4ferner das Protokoll, die Liste der teilnehmenden Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte und der auf der großen Hauptversammlung der Beklagten vom 26.09.2014 in Köln getroffenen Beschlüsse zu überlassen, hilfsweise ihm Informationszugang zu ermöglichen.
5Mit Schreiben vom 09.03.2015 hatte die Bundesrechtsanwaltskammer dem Kläger mitgeteilt, dass diese mit Schreiben vom 06.02.2015 zuvor erbetenen Auskünfte nicht erteilt würden.
6Gemäß einem Auftrag der Beklagten selbst fertigte der Kläger den Stichentscheid gemäß § 53a ARB mit Datum vom 21.05.2013, wegen deren Einzelheiten auf die Anlage K14 zur Klageschrift verwiesen wird.
7Die Beklagte wies den Stichentscheid als offensichtlich neben der Sach- und Rechtslage liegend zurück und verweigerte mit Schreiben vom 11.06.2015 den Deckungsschutz. Wegen der Einzelheiten des Zurückweisungsschreibens wird auf die Anlage K15 zur Klageschrift verwiesen. Der Kläger weist insoweit darauf hin, dass das Verwaltungsgericht ihn weder in der Ladungsverfügung noch am Terminstag auf eine fehlende Anspruchsgrundlage hingewiesen habe. Vielmehr sei für das Gericht nur erörterungsbedürftig gewesen, ob die bisherigen Darlegungen der Beklagten ausreichend seien, die geltend gemachten Ausschlussgründe zu belegen. Hieraus ergebe sich, dass sein geltend gemachtes Begehren nicht offensichtlich unbegründet sei.
8Der Kläger beantragt,
9wie erkannt.
10Die Beklagte beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Sie führt aus, das Klageverfahren des Klägers vor der Bundesrechtsanwaltskammer unterfalle zwar grundsätzlich dem Verwaltungsrechtsschutz des Klägers. Es sei jedoch kein Rechtsschutzbedürfnis für die Klage gegen die Bundesrechtsanwaltskammer ersichtlich.
13Es scheine zumindest zweifelhaft, ob der genaue Inhalt der Versicherung eine amtliche Information im Sinne des § 1 Abs. 1 IFG sei und ob es sich bei der Bundesrechtsanwaltskammer um eine Bundebehörde im Sinne des IFG handele.
14Insoweit sei das Ergebnis des Stichentscheides des Klägers für die Beklagte nicht bindet, denn die Entscheidung weiche offenbar von der tatsächlichen Sach- und Rechtslage erheblich ab.
15Die Beklagte halte an ihrer im Schreiben vom 11.06.2015 geäußerten Rechtsauffassung fest.
16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
17ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
18Die Klage ist begründet.
19Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Deckungsschutz für den Prozess, den er gegen die Bundesrechtsanwaltskammer vor dem Verwaltungsgericht Berlin gemäß Klageschrift vom 10.03.2015 führt.
20Dies ergibt sich aus dem Stichentscheid des Klägers vom 21.05.2013, demzufolge die Klage Aussicht auf Erfolg hat.
21Die Beklagte ist an den Inhalt des Stichentscheides gebunden, es sei denn, dass die Entscheidung offenbar von der tatsächlichen Sach- und Rechtslage erheblich abweicht.
22Hiervon ist nach dem Vorbringen des Beklagten nicht auszugehen.
23Die Beklagte führt selbst in der Klageerwiderung aus, dass es „zumindest zweifelhaft“ sei, ob der genaue Inhalt der Versicherung eine amtliche Information im Sinne des § 1 IFG sei und ob es sich bei der Bundesrechtsanwaltskammer um eine Bundesbehörde im Sinne des IFG handele. Bei Zweifeln ist von einer offensichtlichen und erheblichen Abweichung von der tatsächlichen Sach- und Rechtslage jedoch nicht auszugehen.
24Auch aus der Sachbehandlung der Klage bei dem Verwaltungsgericht ergibt sich ohne weiteres, dass das Begehren des Klägers nicht von vornherein als aussichtslos einzustufen ist. Bei einer offensichtlichen und erheblichen Abweichung der Rechtsansicht des Klägers von der tatsächlichen Sach- und Rechtslage hätte das Verwaltungsgericht mangels Schlüssigkeit der Klage nicht im Rahmen der Erörterung der Sach- und Rechtslage Auflagen an die Beklagte des Verfahrens erteilt.
25Allein der Umstand, dass die Beklagte eine andere von der Auffassung des Klägers abweichende Rechtsauffassung vertritt, hindert die Bindung der Beklagten an den Inhalt des Stichentscheides nicht.
26Die Kostenentscheidung und die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.
Annotations
(1) Jeder hat nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Für sonstige Bundesorgane und -einrichtungen gilt dieses Gesetz, soweit sie öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen. Einer Behörde im Sinne dieser Vorschrift steht eine natürliche Person oder juristische Person des Privatrechts gleich, soweit eine Behörde sich dieser Person zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben bedient.
(2) Die Behörde kann Auskunft erteilen, Akteneinsicht gewähren oder Informationen in sonstiger Weise zur Verfügung stellen. Begehrt der Antragsteller eine bestimmte Art des Informationszugangs, so darf dieser nur aus wichtigem Grund auf andere Art gewährt werden. Als wichtiger Grund gilt insbesondere ein deutlich höherer Verwaltungsaufwand.
(3) Regelungen in anderen Rechtsvorschriften über den Zugang zu amtlichen Informationen gehen mit Ausnahme des § 29 des Verwaltungsverfahrensgesetzes und des § 25 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch vor.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.