Amtsgericht Bottrop Urteil, 18. Sept. 2015 - 20 C 25/15
Tenor
Es wird festgestellt, dass der Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung vom 21.5.2015 zu TOP 4a insoweit nichtig ist, als die Wartungspflicht der Rauchwarnmelder den Eigentümern auferlegt wurde.
Die Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagten zu tragen.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Den Beklagten wird gestattet die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Zwangsvollstreckung eine Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Die Parteien sind die Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft X in Bottrop. Am 21.5.2015 fand eine Eigentümerversammlung statt, deren Ergebnisse in der Niederschrift vom 27. Mai 2015 zusammengefasst sind. Unter TOP 4a wurde ausweislich des Protokolls mehrheitlich beschlossen, dass die einzelnen Wohnungen mit Rauchwarnmeldern auszustatten seien. Die Wartungspflicht der Rauchwarnmelder wurde dem jeweiligen Eigentümer auferlegt.
3Mit letzterer Regelung ist der Kläger nicht einverstanden. Er rügt einen Verstoß gegen § 24 Abs. 4 WEG, weil das Thema Wartungspflicht für Rauchwarnmelder in der Einladung zur Versammlung nicht angekündigt worden sei. Des Weiteren verstoße der Beschluss gegen landesbaurechtliche Vorschriften. In Nordrhein-Westfalen habe nicht der Eigentümer, sondern der unmittelbare Besitzer die Betriebsbereitschaft der Rauchwarnmelder sicherzustellen.
4Der Kläger beantragt,
5den Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung vom 21.5.2015 bezüglich des Tagesordnungspunktes 4a insoweit für ungültig zu erklären, als die Wartungspflicht der Raucheranmelder den Eigentümern auferlegt wurde,
6hilfsweise die Feststellung der Nichtigkeit.
7Die Beklagten beantragen,
8die Klage abzuweisen.
9Sie treten dem Vorbringen des Klägers entgegen. Der angefochtene Beschluss sei formell und materiell nicht zu beanstanden. Die Beratung und Beschlussfassung über den Einbau von Rauchwarnmeldern sei in der Einladung angekündigt worden. Die Pflicht zur Wartung sei diesbezüglich ein notwendiger Annex und von der Ankündigung gedeckt. Darüber hinaus habe die Wohnungseigentümergemeinschaft die Kompetenz, den Einbau von Rauchmeldern im Sondereigentum zu beschließen. Die Beschlusskompetenz umfasse auch die Entscheidung, wer für die regelmäßige Kontrolle und Wartung der Geräte zuständig sei
10.
11Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze verwiesen.
12Entscheidungsgründe:
13Die Klage ist gemäß § 43 Nr. 4 WEG zulässig. Sie ist in Form des Hilfsantrages auch begründet.
14Das Gericht kann formelle Fehler nicht feststellen, weil die Diskussionsthematik “Einbau von Rauchmeldern“ in der Einladung angekündigt war und die Frage der Wartungspflicht wegen des engen Zusammenhanges nicht gesondert erwähnt werden musste. Letztlich kann aber offen bleiben, weil der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 21. Mai 2015 zu TOP 4a gegen landesrechtliche Vorschriften verstößt und nichtig ist. Die Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen normiert in § 49 Abs. 7 die Pflicht zum Einbau von Rauchmeldern in Wohnungen. Die Installationspflicht wird dem Eigentümer auferlegt. Satz 4 dieser Vorschrift regelt die Zuständigkeit für die Erhaltung der Betriebsbereitschaft. Diese hat grundsätzlich der unmittelbare Besitzer sicherzustellen. Den Eigentümer trifft die Wartungspflicht nur dann, wenn er sie bereits vor Geltung der Einbaupflicht, also vor dem 1. April 2013 selber übernommen hat.
15Der angefochtene Teil des Beschlusses zu Tagesordnungspunkt 4a widerspricht dieser gesetzlichen Regelung, indem er die Zuständigkeit zur Wartung abweichend organisiert. Das hat die Nichtigkeit der Bestimmung zur Folge, § 23 Abs. 4 S. 1 WEG. Denn die Vorschrift des §§ 49 Abs. 7 S. 4 LBauO NW ist nicht disponibel. Das folgt zum einen aus der klaren Regelung, unter welchen eng begrenzten Voraussetzungen die Zuständigkeit zur Instandhaltung nicht besitzbezogen ist, zum anderen aus dem Sinn der Vorschrift. Der Landesgesetzgeber möchte nämlich denjenigen in Verantwortung nehmen, der die Funktionsfähigkeit der Rauchmelder ständig im Auge hat und sofort eingreifen kann, wenn Fehler auftreten. Diese Kontrollmöglichkeit hat nur derjenige, der sich ständig in der Wohnung aufhält. Aus diesem Grunde hat sich der Landesgesetzgeber nicht für eine eigentumsbezogene Wartungspflicht entschieden, sondern grundsätzlich auf den unmittelbaren Besitz abgestellt.
16Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
17Der Streitwert wird auf 3.000,00 EUR festgesetzt.
18Rechtsbehelfsbelehrung:
19Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
201. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
212. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
22Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Dortmund, Kaiserstraße 34, 44135 Dortmund, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
23Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Dortmund zu begründen.
24Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Dortmund durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
25Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
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(1) Die Versammlung der Wohnungseigentümer wird von dem Verwalter mindestens einmal im Jahr einberufen.
(2) Die Versammlung der Wohnungseigentümer muss von dem Verwalter in den durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer bestimmten Fällen, im Übrigen dann einberufen werden, wenn dies in Textform unter Angabe des Zwecks und der Gründe von mehr als einem Viertel der Wohnungseigentümer verlangt wird.
(3) Fehlt ein Verwalter oder weigert er sich pflichtwidrig, die Versammlung der Wohnungseigentümer einzuberufen, so kann die Versammlung auch durch den Vorsitzenden des Verwaltungsbeirats, dessen Vertreter oder einen durch Beschluss ermächtigten Wohnungseigentümer einberufen werden.
(4) Die Einberufung erfolgt in Textform. Die Frist der Einberufung soll, sofern nicht ein Fall besonderer Dringlichkeit vorliegt, mindestens drei Wochen betragen.
(5) Den Vorsitz in der Wohnungseigentümerversammlung führt, sofern diese nichts anderes beschließt, der Verwalter.
(6) Über die in der Versammlung gefassten Beschlüsse ist unverzüglich eine Niederschrift aufzunehmen. Die Niederschrift ist von dem Vorsitzenden und einem Wohnungseigentümer und, falls ein Verwaltungsbeirat bestellt ist, auch von dessen Vorsitzenden oder seinem Vertreter zu unterschreiben.
(7) Es ist eine Beschluss-Sammlung zu führen. Die Beschluss-Sammlung enthält nur den Wortlaut
- 1.
der in der Versammlung der Wohnungseigentümer verkündeten Beschlüsse mit Angabe von Ort und Datum der Versammlung, - 2.
der schriftlichen Beschlüsse mit Angabe von Ort und Datum der Verkündung und - 3.
der Urteilsformeln der gerichtlichen Entscheidungen in einem Rechtsstreit gemäß § 43 mit Angabe ihres Datums, des Gerichts und der Parteien,
(8) Die Beschluss-Sammlung ist von dem Verwalter zu führen. Fehlt ein Verwalter, so ist der Vorsitzende der Wohnungseigentümerversammlung verpflichtet, die Beschluss-Sammlung zu führen, sofern die Wohnungseigentümer durch Stimmenmehrheit keinen anderen für diese Aufgabe bestellt haben.
(1) Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer hat ihren allgemeinen Gerichtsstand bei dem Gericht, in dessen Bezirk das Grundstück liegt. Bei diesem Gericht kann auch die Klage gegen Wohnungseigentümer im Fall des § 9a Absatz 4 Satz 1 erhoben werden.
(2) Das Gericht, in dessen Bezirk das Grundstück liegt, ist ausschließlich zuständig für
- 1.
Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander, - 2.
Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten zwischen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und Wohnungseigentümern, - 3.
Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten des Verwalters einschließlich solcher über Ansprüche eines Wohnungseigentümers gegen den Verwalter sowie - 4.
Beschlussklagen gemäß § 44.
(1) Angelegenheiten, über die nach diesem Gesetz oder nach einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer die Wohnungseigentümer durch Beschluss entscheiden können, werden durch Beschlussfassung in einer Versammlung der Wohnungseigentümer geordnet. Die Wohnungseigentümer können beschließen, dass Wohnungseigentümer an der Versammlung auch ohne Anwesenheit an deren Ort teilnehmen und sämtliche oder einzelne ihrer Rechte ganz oder teilweise im Wege elektronischer Kommunikation ausüben können.
(2) Zur Gültigkeit eines Beschlusses ist erforderlich, dass der Gegenstand bei der Einberufung bezeichnet ist.
(3) Auch ohne Versammlung ist ein Beschluss gültig, wenn alle Wohnungseigentümer ihre Zustimmung zu diesem Beschluss in Textform erklären. Die Wohnungseigentümer können beschließen, dass für einen einzelnen Gegenstand die Mehrheit der abgegebenen Stimmen genügt.
(4) Ein Beschluss, der gegen eine Rechtsvorschrift verstößt, auf deren Einhaltung rechtswirksam nicht verzichtet werden kann, ist nichtig. Im Übrigen ist ein Beschluss gültig, solange er nicht durch rechtskräftiges Urteil für ungültig erklärt ist.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.