Amtsgericht Ansbach Endurteil, 09. März 2017 - 3 C 775/16

published on 09.03.2017 00:00
Amtsgericht Ansbach Endurteil, 09. März 2017 - 3 C 775/16
ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile

Gericht

There are no judges assigned to this case currently.
addJudgesHint

Tenor

1. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger 1.597,– € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 16.07.2016 sowie 255,85 € außergerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 16.07.2016 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 60 % und die Beklagten gesamtschuldnerisch 40 %.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil beizutreibenden Betrags.

Der Kläger darf die gegen ihn gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil beizutreibenden Betrags abwenden, falls nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall vom 14.10.2015 auf der Kreisstraße ... zwischen ... und ....

Der Kläger befuhr mit seinem Pkw Golf, amtl. Kennzeichen ... die Kreisstraße in Richtung ... hinter einem Lkw und dem vom Beklagten zu 1) gesteuerten Lkw samt Anhänger, amtl. Kennzeichen ..., der bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversichert ist. Der Kläger überholte zunächst den direkt vorausfahrenden Lkw und beim Überholvorgang des Beklagten-Lkw’s kam es zur Streifkollision zwischen den Fahrzeugen.

Dem Kläger entstand dadurch ein unstreitiger Fahrzeugschaden in Höhe von 3.701,51 € (Rechnung Anlage K1).

Der Kläger trägt vor,

der Beklagte zu 1) habe infolge Unaufmerksamkeit während des klägerischen Überholvorgangs nach links gelenkt und gegen das Rechtsfahrgebot verstoßen. Ausschließlich dadurch sei es zur – für den Kläger unvermeidbaren – Kollision gekommen. Aufgrund der ausreichenden Straßenbreite am Kollisionsort sei ein gefahrloses Überholen für den Kläger zudem möglich gewesen.

Der Kläger begehrt zu 100 % Ersatz seines Schadens und beziffert diesen auf 4.032,51 €. Wegen der weiteren Einzelheiten der Schadenspositionen wird auf die Klageschrift Bl. 4 Bezug genommen.

Der Kläger beantragt:

I. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 4.032,51 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

II. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger die außergerichtliche Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG in Höhe von 492,54 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

III. Weiter wird beantragt festzustellen, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, auf die von dem Kläger eingezahlten Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) 5 %-Punkte über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB Zinsen seit dem Zeitpunkt der Einzahlung der Gerichtskosten bei der Gerichtskasse bis zum Tag des Eingangs des Kostenfestsetzungsantrags bei Gericht mit Maßgabe der ausgeurteilten Kostenquote zu zahlen.

Die Beklagten beantragen:

Kostenpflichtige Klageabweisung.

Die Beklagten bestreiten die Aktivlegitimation des Klägers und tragen hierzu vor, der Kläger habe seine Kaskoversicherung in Anspruch genommen.

Der Kläger habe trotz einer Fahrbahn-Verengung und nicht ausreichender Fahrbahnbreite den Beklagten-Lkw überholt, wodurch es zur Kollision zwischen den Fahrzeugen gekommen sei. Der Beklagte zu 1) sei stets am rechten äußersten Fahrbahnrand gefahren. Ein Ausscheren nach links wird bestritten.

Die Beklagten bestreiten zudem den geltend gemachten Nutzungsausfallschaden als auch die Höhe der Pauschale und tragen hierzu vor, der Tagessatz betrage aufgrund des Fahrzeugalters lediglich 35,– €.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 29.09.16 (Bl. 33, 34) durch Einholung eines unfallanalytischen Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH) ... vom 31.01.2017. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 31.01.17 (Bl. 43–55) Bezug genommen.

Gründe

I.

Die zulässige Klage ist teilweise begründet.

Dem Kläger steht gegen die Beklagten der geltend gemachte Schadensersatzanspruch gemäß § 7 I StVG bzw. § 115 I VVG in Höhe von 1.597,– € zu.

1. Der Kläger ist als Fahrzeugeigentümer aktivlegitimiert, da ausweislich der als Anlage K3 vorgelegten Bestätigung keine Inanspruchnahme der klägerischen Kaskoversicherung erfolgt ist.

2. Nach der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Beklagte zu 1) gegen das Rechtsfahrgebot gemäß § 2 II StVO verstoßen und während des klägerischen Überholvorgangs nach links auf die Gegen-Fahrbahn geraten ist.

Der Beklagte zu 1) gab selbst informatorisch an, er habe in der leichten Rechtskurve etwas nach links ausholen müssen, um nicht mit dem Anhänger auf das Bankett zu geraten. Vor dem leichten Ausscheren nach links habe er in den rechten Außenspiegel geschaut und den Hänger beobachtet. Das überholende klägerische Fahrzeug habe er erst bewusst wahrgenommen, als es bereits auf Höhe des Führerhauses gewesen sei.

Der Sachverständige Dipl.-Ing. (FH) ... kommt in seinem überzeugenden und nachvollziehbaren unfallanalytischen Gutachten aufgrund der Schadensbilder, einer Besichtigung und Vermessung der Unfallstelle sowie rechnergestützter Kollisionsanalysen zu dem Ergebnis, dass sich der Beklagten-Lkw von rechts nach links in die Fahrlinie des klägerischen Fahrzeugs bewegt hat, wobei die Kollision im Hinblick auf die zur Verfügung stehende Gesamt-Fahrbahnbreite grundsätzlich vermeidbar gewesen wäre, wenn der Beklagte zu 1) kontinuierlich am äußersten rechten Fahrbahnrand gefahren wäre. Für den Beklagten zu 1) war der klägerische Pkw zudem beim Blicken in den linken Außenspiegel frühzeitig als überholendes Fahrzeug erkennbar.

Der Seitenabstand der beiden Fahrzeuge hat sich während des Überholvorgangs aufgrund der Fahrbahn-Verengung von 0,8–1 m auf 0,2–0,4 m verringert. Nach den weiteren Feststellungen des Sachverständigen kann in diesem Zusammenhang jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass sich das klägerische Fahrzeug um 10 bis maximal 15 cm unmittelbar vor der Kollision nach rechts bewegt und dadurch den bereits äußerst geringen Seitenabstand zum Lkw weiter reduziert hat.

Die Kollision wäre für den Kläger ebenfalls vermeidbar gewesen, wenn er bei Erkennen der Ausscherbewegung des Beklagten-Lkw mit einer ABS-Vollbremsung bzw. einem starken Verzögern und einem Lenken nach links reagiert hätte.

3. Die im Rahmen des § 17 I StVG vorzunehmende Abwägung nach dem Grad der beiderseitigen Verursachungsbeiträge führt vorliegend zu einer Haftungsverteilung von 60 % zu Lasten des Klägers und 40 % zu Lasten der Beklagten.

Dem Beklagten zu 1) ist zwar ein Verstoß gegen § 2 II StVO anzulasten, jedoch hat der Kläger entgegen § 5 IV S. 2 StVO den geforderten ausreichenden Seitenabstand beim Überholen nicht eingehalten. Wenn auf schmaler Straße nur ein geringer Seitenabstand verbleibt – was vorliegend für den ortskundigen Kläger bereits bei Beginn des Überholvorgangs erkennbar war – muss der Überholer grundsätzlich zurückbleiben oder seine Überholabsicht ankündigen und sich mit dem zu Überholenden verständigen (Hentschel „Straßenverkehrsrecht“ 37. Aufl. § 5 StVO, Rdnr. 54).

Der Verursachungsanteil des Klägers ist aufgrund des betriebsgefahrerhöhenden Überholens mit gefährdendem Seitenabstand – trotz der grundsätzlich erhöhten Betriebsgefahr des Beklagten-Lkw’s – deutlich höher zu bewerten.

4. Der dem Grunde nach erstattungsfähige klägerische Schaden beträgt 3.992,51 €.

Neben den unstreitigen Reparaturkosten (3.701,51 €) war eine Pauschale von 25,– € (ständige Rechtsprechung des LG Ansbach – Berufungskammer –) und ein Nutzungsausfallschaden von 266,– € (7 Tage zu je 38,– €) in Ansatz zu bringen. Der klägerische Pkw war aufgrund des Alters (9 Jahre) in die nächstniedrigere Gruppe D nach der Tabelle Küppersbusch einzustufen.

Unter Zugrundelegung der oben genannten Haftungsquote errechnet sich der klägerische Schadensersatzanspruch auf 1.597,– € (40 % aus 3.992,51 €).

In dieser Höhe war der Klage stattzugeben.

5. Der geltend gemachte Zinsanspruch und die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten sind gemäß §§ 280 II, 286, 288 BGB begründet. Die Klagezustellung erfolgte am 16.07.16 (§ 291 BGB). Die Rechtsanwaltsgebühren wurden entsprechend dem zugesprochenen Betrag reduziert.

Der Feststellungsantrag zur Verzinsung verauslagter Gerichtskosten für die Zeit von deren Einzahlung bis zum Eingang des Kostenfestsetzungsantrags war nach der aktuellen Rechtsprechung des BGH als unbegründet abzuweisen.

Gemäß § 288 I S. 1 BGB ist eine Geldschuld während desVerzugs zu verzinsen. Eine schlüssige Begründung, dass sich die Beklagten mit der Erfüllung der Verzinsungsschuld im Verzug befunden haben, liegt nicht vor (BGH Urteil vom 22.07.2014; VI ZR 357/13).

II.

Kosten: § 92 I ZPO.

III.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: §§ 708 Nr. 11, 711, 709 ZPO.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 4.032,51 € festgesetzt.

ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

9 Referenzen - Gesetze

moreResultsText

{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur
1 Referenzen - Urteile
{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 22.07.2014 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 357/13 Verkündet am: 22. Juli 2014 Holmes Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:
{{Doctitle}} zitiert {{count_recursive}} Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Annotations

*

(1) Der Basiszinssatz beträgt 3,62 Prozent. Er verändert sich zum 1. Januar und 1. Juli eines jeden Jahres um die Prozentpunkte, um welche die Bezugsgröße seit der letzten Veränderung des Basiszinssatzes gestiegen oder gefallen ist. Bezugsgröße ist der Zinssatz für die jüngste Hauptrefinanzierungsoperation der Europäischen Zentralbank vor dem ersten Kalendertag des betreffenden Halbjahrs.

(2) Die Deutsche Bundesbank gibt den geltenden Basiszinssatz unverzüglich nach den in Absatz 1 Satz 2 genannten Zeitpunkten im Bundesanzeiger bekannt.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.