Amtsgericht Ahaus Urteil, 20. Juni 2016 - 2 Ds-30 Js 8/16-58/16
Gericht
Tenor
Der Angeklagte wird wegen fahrlässiger Tötung in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung in drei Fällen in Tateinheit mit vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 3 Monaten verurteilt.Dem Angeklagten wird die Fahrerlaubnis entzogen. Der Führerschein des Angeklagten wird eingezogen. Die Verwaltungsbehörde darf ihm vor Ablauf von vier Jahren keine neue Fahrerlaubnis erteilen.
Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens sowie seine eigenen notwendigen Auslagen. Der Angeklagte hat zudem die notwendigen Auslagen der Nebenkläger zu tragen.
Angewendete Vorschriften:
§§ 222, 315 c Abs. 1 Nr. 2 b), 229, 230, 52, 69 Abs. 1, 2, 69 a StGB
1
Gründe:
2I.
3Der am 00.00.0000 in Q geborene Angeklagte ist geschieden. Der Angeklagte ist eigentlich Metzger von Beruf, übt diesen jedoch nicht aus. Vielmehr hat er bis zur vorläufigen Entziehung seiner Fahrerlaubnis am 00.00.2016 bei dem Paketdienst "E" als Fahrer gearbeitet. Nunmehr arbeitet er als Arbeiter am Band bei diesem Paketdienst. Durch diese Tätigkeit verdient der Angeklagte ca. 345,00 € im Monat. Der Angeklagte hat sechs Kinder, für die er zur Zeit keinen Unterhalt zahlt. Vom Jobcenter bekommt er aufgrund seiner geringen Einkünfte eine Aufstockung zur Zahlung der Miete.
4Der Angeklagte ist bislang nicht vorbestraft, der seine Person betreffende Auszug aus dem Bundeszentralregister vom 17.03.2016 weist keine Eintragungen auf.
5Verkehrsrechtlich ist der Angeklagte in der Vergangenheit wie folgt in Erscheinung getreten:
6Am 00.00.2015 erging gegen den Angeklagten ein Bußgeldbescheid der Stadt Gelsenkirchen, Az. ##########. Gegen den Angeklagten wurde eine Geldbuße festgesetzt in Höhe von 110,00 €. Gegenstand des Verfahrens war ein verbotswidriges Überholen von rechts außerhalb geschlossener Ortschaften. Das fällige Bußgeld wurde beglichen.
7Am 00.00.2015 erging gegen den Angeklagten ein weiterer Bußgeldbescheid der Stadt Gelsenkirchen, Az. ###/########- PO. Gegen den Angeklagten wurde eine Geldbuße festgesetzt in Höhe von 150,00 €. Dem Bußgeldverfahren lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Der Angeklagte missachtete die Vorfahrt eines von rechts kommenden Fahrzeuges und es kam zum Unfall. Das fällige Bußgeld wurde in der Folgezeit beglichen.
8II.
9Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung geschöpften Überzeugung des Gerichts folgender Sachverhalt fest:
10Am 00.00.2015 wurde der Angeklagte morgens von seinem Arbeitgeber gebeten, eine Pakettour zu fahren. Eigentlich war der Angeklagte an diesem Tag nicht für das Ausfahren von Paketen eingeteilt. Nachdem er im Depot des Paketdienstes einige Pakete eingeladen hatte, befuhr der Angeklagte mit dem weißen Auslieferungsfahrzeugs mit der Aufschrift „E“, einem Fahrzeug der Marke IVEO Daily C35C, amtliches Kennzeichen ###-## ##, die L572 aus Richtung Ahaus-Wüllen kommend in Fahrtrichtung Stadtlohn. Auf der L572 gilt eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 100 km/h. Die Wetterverhältnisse waren am Unfalltag gut, es schien die Sonne. Die Sichtverhältnisse an der Unfallstelle waren für gut, die L572 ist an der Unfallstelle übersichtlich und breit ausgebaut, die Straßenführung ist gerade.
11In Höhe der L572 Abzweig „Landmaschinen Dücker“ kam der Zeuge S mit einem Pkw VW Caddy aus der auf die L572 einmündende Einfahrt zu seinem Wohnhaus Straße ## und bog nach rechts in Richtung Stadtlohn auf die L572 ein. Auf der L572 ist der Mittelstreifen der Fahrbahn in der Höhe Abzweig „Landmaschinen Dücker“ durchgezogen. Ca. ein bis eineinhalb Kilometer vor dem späteren Kollisionsort überholte der Angeklagte den Zeugen S, der mit einer Geschwindigkeit von ca. bis 70-80 km/h fuhr, links über den durchgezogenen Mittelstreifen mit einer Geschwindigkeit von ca. 120 km/h. Ferner überfuhr der Angeklagte im Rahmen dieses Überholvorganges auch eine auf der L572 befindlichen Linksabbiegerspur und scherte sodann wieder auf die rechte Fahrspur ein.
12Kurz bevor der Angeklagte gegen 10:50 Uhr mit seinem Fahrzeug den Einmündungsbereich zur L608 Richtung Vreden, aus seiner Fahrtrichtung rechts der L572 liegend, erreichte, bog die Zeugin X1 mit ihrem Fahrzeug aus der L608 aus Vreden kommend nach rechts auf die L572 in Richtung Stadtlohn ein. Der Zeugin X1 fiel dabei bei dem vor Einleitung des Abbiegevorgang getätigten Blick nach links das Fahrzeug des Angeklagten von weitem auf. Allein seines schnelleren Fortkommen willens und ohne Vergewisserung eines gefahrlosen Überholens sowie unter Missachtung von Nr. 72 der Anl. 2 zur Straßenverkehrsordnung setzte der Angeklagte über die in seiner Fahrtrichtung im Einmündungsbereich zur L608 gelegenen Sperrfläche zum Überholen des in diesem Moment noch weiter entfernten PKW der Zeugin X1 an, obwohl für ihn erkennbar war, dass sich auf der Gegenfahrbahn Fahrzeuge näherten. In diesem Moment befuhr nämlich die Zeugin W mit ihrem Beifahrer, dem Zeugen C, mit ihrem schwarzen Fahrzeug Pkw Skoda, amtliches Kennzeichen ###-# ###, die L572 aus Richtung Stadtlohn kommend. Sie beabsichtigte, über die Linksabbiegespur nach links in Fahrtrichtung Vreden auf die L608 abzubiegen. Hinter der Zeugin befuhr der am 00.00.1973 geborene Unfallbeteiligte Herr B mit dem Beifahrer, dem Zeugen T, mit dem PkW Dacia Duster, amtliches Kennzeichen ###-##, ebenfalls die L572 aus Richtung Stadtlohn kommend in Richtung Ahaus. In dem Moment, als sich der Angeklagte entschloss, über die vor der Einmündung nach rechts in die L608 befindliche Sperrfläche zu fahren, um das auf seine Fahrbahn einbiegende Fahrzeug der Zeugin X1 zu überholen, entschloss sich die Zeugin W, in die Linksabbiegerspur einzufahren. Die Zeugin setzte sodann den linken Blinker und fuhr in die Linksabbiegerspur ein. Der Angeklagte, der mit seinem Fahrzeug in diesem Moment die Sperrfläche überfuhr, konnte die Zeugin W und den Gegenverkehr in diesem Moment bereits wahrnehmen. Der Angeklagte befuhr jedoch die Sperrfläche geradeaus weiter und befuhr sodann verbotswidrig die Linksabbiegerspur des Gegenverkehrs und nahm dabei in Kauf, dass es zu einer Gefährdung der Zeugin W und ihres Beifahrers sowie des nachfolgenden Verkehrs kommen konnte. Unter Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt reduzierte der Angeklagte weder seine Geschwindigkeit, noch lenkte er auf den in Richtung Stadtlohn führenden Fahrbahnstreifen zurück, obwohl ihm erkennbar das Fahrzeug der Zeugin W auf der Linksabbiegerspur des Gegenverkehrs entgegenkam. Der entgegenkommenden Fahrerin W war es nicht mehr möglich, auf das verkehrswidrige Überholen des Angeklagten und das Befahren der Linksabbiegerspur durch ein im Bereich einer verkehrsüblichen Reaktion liegendes Brems- und Ausweichmanöver zu reagieren und so einen Unfall abzuwenden. Daher kam es ca. 40 m vor der Einmündung auf der Linksabbiegespur bzw. dem in Richtung Ahaus führenden Fahrstreifen zu einer Kollision des Fahrzeuges des Angeklagten zunächst frontal mit dem Pkw der Zeugin W, obwohl diese durch ein Ausweichmanöver nach rechts noch versuchte, eine Kollision zu vermeiden. Im Zeitpunkt der Kollision hatte das Fahrzeug des Angeklagten eine Geschwindigkeit von ca. 75-90 km/h. Die Zeugin W befuhr die Linksabbiegerspur im Zeitpunkt der Kollision mit einer Geschwindigkeit von ca. 15-20 km/h. Im Zuge des Zusammenpralls beider Fahrzeuge wurde der Pkw der Zeugin W zurückgeschleudert und das Fahrzeug des Angeklagten aus seiner ursprünglichen Fahrtrichtung weiter nach links in Richtung Mehrzweckstreifen abgelenkt. Auf diesem Weg ist der Transporter des Angeklagten dann mit dem aus Richtung Stadtlohn kommenden PKW Dacia des Unfallbeteiligten B zusammengestoßen. Für den Unfallbeteiligten B, der noch eine Lenkbewegung zum Ausweichen machte, war die Kollision unvermeidbar. Infolge dieser Kollision kam der Lieferwagen des Angeklagten auf dem Mehrzweckstreifen der Gegenfahrbahn zum Stillstand. Das Fahrzeug des Unfallbeteiligten B wurde über den Grünstreifen auf das anliegende Kornfeld geschleudert. Das Fahrzeug des Unfallbeteiligten B hatte im Zeitpunkt der Kollision eine Geschwindigkeit von ca. 75 km/h. In Folge der Kollision mit dem Fahrzeug des Angeklagten wurde der Unfallbeteiligte Herr B tödlich verletzt. Die Zeugin W wurde leicht verletzt und hatte Schmerzen am Knie. Sie erlitt zudem aufgrund des Unfallereignisses eine Augenverletzung, was zur Folge hat, dass sie auch heute noch alles doppelt sieht. Der Zeuge T erlitt durch die Kollision eine Prellung im Deckenbereich, der Zeuge C eine schwere Prellung im Beckengurtbereich sowie Schnittverletzungen.
13An den Fahrzeugen der entstand jeweils ein Totalschaden von 8.000,00 € sowie von 10.000,00 €. Auch das Fahrzeug des Angeklagten wurde beschädigt.
14III.
15Diese Feststellungen beruhen auf der nach Maßgabe des Hauptverhandlungsprotokolls durchgeführten Verhandlung, hier auf der glaubhaften und geständigen Einlassungen des Angeklagten soweit ihnen gefolgt werden konnte, sowie auf den uneidlichen Aussagen der Zeugen W, C, X2, S und W1, der Verlesung der Aussage des Zeugen T und auf dem erstatteten und mündlich erörterten Gutachten des technischen Sachverständigen der Dekra Münster Hr. Dipl.-Ing. N vom 00.00.2015.
16Der Angeklagte hat sich zunächst dahingehend eingelassen, dass er an dem 00.00.2015 eigentlich keinen Dienst hatte. Er sei vielmehr spontan für eine Pakettour eingesprungen. Er sei dann morgens vom Depot des Paketdienstes aus auf die Tour zum Verteilen der Pakete gefahren. Mit dem Transporter sei er bereits schon einmal gefahren. Er habe dann aus Ahaus kommend die L572 in Richtung Stadtlohn befahren. Kurz vor dem Unfall im Einmündungsbereich zur L608 habe er ein Fahrzeug links überholt. Dies habe die L572 in seiner Fahrtrichtung mit einer Geschwindigkeit von ca. 40-50 km/h befahren. Das Fahrzeug habe ihm noch Platz gemacht und sei rechts gefahren. Er habe das Fahrzeug dann überholt. Kurz vor der in seiner Fahrtrichtung rechts gelegenen Einmündung zur L608 nach Vreden habe er wahrgenommen, dass aus der L608 kommend ein Fahrzeug in seine Fahrbahn auf die L572 einbog. Das Auto sei weit weg gewesen, er wäre nicht aufgefahren, da das Auto schnell weg gewesen sei. Mit dem Auto habe nichts zu tun gehabt. Er sei dann weiter normal auf seiner Geradeausspur gefahren. In Höhe der Einmündung zur L608 sei ihm plötzlich ein schwarzer Wagen schnell entgegengekommen. Das Fahrzeug habe beabsichtigt, nach links abzubiegen in die L608 in Richtung Vreden. Er sei auf der Geradeausspur gefahren, als das schwarze Fahrzeug einfach links abgebogen und in seine Geradeausspur gefahren sei. Er habe es nicht mehr geschafft zu bremsen und sei dem schwarzen Wagen zusammen gestoßen. Er habe anschließend die Kontrolle über sein Auto verloren, da er zu Seite gefallen sei. Nach etwa 10 m habe es ein zweites Mal geknallt. Das schwarze Auto habe nicht gewartet und sei trotz seiner Vorfahrt einfach nach links auf seine Geradeausspur abgebogen. Er habe noch gedacht, was dieses Fahrzeug mache und nicht mehr geschafft die Bremse zu drücken. Er sei sich sicher, dass das Fahrzeug auf seine Spur geraten sei. Der Unfall habe im Einmündungsbereich, vielleicht auch einige Meter dahinter stattgefunden. Er habe nicht nach rechts fahren und ausweichen können, da dort ein Hindernis gewesen sei. Er habe jedoch noch versucht auszuweichen. Er habe weder den Sperrstreifen sowie die Linksabbiegerspur der Gegenfahrbahn befahren, noch habe er beabsichtigt, das Fahrzeug der Zeugin X1 zu überholen.
17Die Einlassung des Angeklagten zum Unfallhergang ist zur Überzeugung des Gerichts widerlegt aufgrund der vernommenen Zeugen sowie aufgrund des mündlich erörterten unfallanalytischen Sachverständigengutachtens des Sachverständigen Herrn N vom 00.00.2015. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und aufgrund aller sonstiger aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung stammenden Umstände steht zur vollen Überzeugung des Gerichts fest, dass der Angeklagte die Tat so begangen hat, wie es in den getroffenen Feststellungen seinen Niederschlag gefunden hat.
18Im Einzelnen gilt folgendes:
19Hinsichtlich des vor dem Unfallgeschehen durchgeführten Überholvorgangs stützt das Gericht seine Feststellungen auf die Aussage des Zeugen S.
20Der Zeuge hat bekundet, er wohne 2 km von der Einmündung zur L608 entfernt direkt an der L572. Er habe beabsichtigt, in Richtung Stadtlohn zu fahren. Nachdem er ca. 70-80 m mit seinem Fahrzeug VW Caddy die L572 befahren habe, sei er von einem Kurierdienstwagen überholt worden. Das Auto sei ein Auto des Paketdienstes „E“ gewesen. Das Auto habe ihn überholt, obwohl eine durchgezogene Mittellinie auf der Straße gewesen sei. Wenn man von Stadtlohn kommend in Richtung Ahaus fahre, so sei dort auch eine Linksabbiegerspur. Der Transporter habe ihn, den Zeugen, überholt unter Überfahren des durchgezogenen Mittelstreifens und auch unter Überfahren der auf der Straße befindlichen Linksabbiegerspur. Anschließend sei das Fahrzeug wieder auf die rechte Spur und vor ihm gefahren. Der Wagen sei schätzungsweise mit 120 km/h gefahren, jedenfalls wesentlich schneller als er. Er selber sei mit seinem Wagen sehr zügig angefahren und sein Fahrzeug habe im Zeitpunkt des Überholens eine Geschwindigkeit von ca. 70-80 km/h erreicht. Er sei nicht weiter rechts als sonst gefahren, um das Fahrzeug des Paketdienstes vorbeizulassen und sei vor allem auch nicht auf dem rechten Seitenstreifen gefahren. Nach dem er überholt worden sei, sei er ca. 3 Minuten später am Unfallort angekommen. Dort hätten schon alle drei Autos verteilt auf der Straße gelegen.
21Das Gericht folgt der Aussage des Zeugen in vollem Umfang. Der Zeuge S hat die Situation nachvollziehbar, ruhig und sachlich geschildert. Die Aussage enthielt keine Widersprüche und keine Tendenz, den Angeklagten zu Unrecht zu belasten. Der Zeuge hat vor allem persönliche Empfindungen wiedergeben können, die er im Zeitpunkt des Überholens durch den Angeklagten empfunden habe. Er hat bekundet, er habe noch gedacht, was für „ein verrückter Fahrer“. Der Zeuge S wohnt direkt an der L572, er kennt die Strecke sehr gut. Anhaltspunkte dafür, dass die Aussage des Zeugen vor allem im Hinblick auf die örtlichen Gegebenheiten nicht zutreffen oder sonstige Anhaltspunkte dafür, die Anlass gebieten, den Wahrheitsgehalt der Aussage des Zeugen Zweifel zu ziehen, hat das Gericht nicht. Die Aussage war glaubhaft, der Zeuge selber auch glaubwürdig.
22Das Gericht stützt sich hinsichtlich des äußeren Ablauf des konkreten Unfallgeschehens zunächst auf die Bekundungen der Zeugen W, C und X1, die das festgestellte Geschehen, soweit sie es miterlebt und wahrgenommen haben, so geschildert haben, wie es in den getroffenen Feststellungen im Einzelnen dargelegt ist. Ferner stützt das Gericht seine Feststellungen auf die in der Hauptverhandlung verlesenen Aussage des Zeugen T vor der Polizei.
23Die Zeugin W hat in der mündlichen Verhandlung bekundet, sie habe beabsichtigt, mit ihrem schwarzen Skoda Fabia von der L572 kommend nach links in die L608 nach Vreden abzubiegen. Sie habe geblinkt, dann ihre Geschwindigkeit reduziert und habe ihr Fahrzeug anschließend auf die Linksabbiegerspur bewegt. Sie habe sich dabei auf das Einfahren auf die Linksabbiegerspur konzentriert. Plötzlich habe sie ein großes weißes Auto auf sie zukommen fahren, dieses sei einfach über die Sperrfläche gefahren. Das Auto sei plötzlich ausgeschert und über die Sperrfläche gefahren, als sie auf die Linksabbiegerspur eingefahren sei. Das Auto sei auch dann weiter frontal auf sie zu gefahren. Sie habe noch versucht, auszuweichen, es sei dann jedoch zur Kollision gekommen. Wie lange das Auto über die Sperrfläche gefahren sei, das wisse sie nicht mehr genau. Sie wisse jedoch noch sicher, dass vor ihr auf der Linksabbiegerspur kein weiteres Fahrzeug gefahren sei. Sie könne nur spekulieren, dass das weiße Auto vielleicht einem anderen Auto ausgewichen sei. Zuvor seien ihr Autos auf der Gegenfahrbahn entgegengekommen, sie habe beabsichtigt, an der Haltelinie der Linksabbiegerspur auch anzuhalten. Durch den Unfall habe sie Verletzungen am Körper sowie eine Augenverletzung erlitten, die immer noch nicht abgeheilt sei. Sie leide zudem auch an sog. Flash-backs und durchlebe das Unfallereignis immer wieder.
24Der Zeuge C hat wie die Zeugin W bekundet, dass Frau W mit ihrem Fahrzeug auf die Abbiegespur nach links gefahren sei, um nach Vreden weiter zu fahren. Etwa 100-150 m vor dem Ende der Linksabbiegerspur sei eine „weiße Wand“, ein Transporter, auf sie zugefahren. Er sei sich sicher, dass ihnen der weiße Transporter über die Sperrfläche entgegengekommen sei. Er habe den Transporter das erste Mal wahrgenommen, als er gerade zur Hälfte auf die Sperrfläche eingefahren sei. Der Zeuge hat bekundet, er glaube, dass der weiße Wagen jemanden, das heißt ein anderes Fahrzeug, überholen wollte. Er habe auch etwas Dunkles zuvor auf der Gegenfahrbahn wahrgenommen. Er hat habe den Eindruck gehabt, dass das weiße Auto schnell entgegenkam, weil der Fahrer jemand überholen wollte. Er sei sich sicher, dass der weiße Kastenwagen die Sperrfläche anschließend auch ganz befahren habe. Er sei dann einfach geradeaus weiter in die Linksabbiegerspur gefahren und es sei auf der Linksabbiegerspur zu Kollision gekommen. Frau W habe noch versucht nach rechts auszuweichen, der Lieferwagen ebenfalls. Er habe durch den Verkehrsunfall einen Schock und im Beckenbereich eine Gurtverletzung sowie eine Verletzung am Rücken erlitten.
25Die Zeugin X1 hat bekundet, sie sei aus der L608 gekommen und sei nach rechts abgebogen auf die L572 in Richtung Stadtlohn. Sie habe zunächst vor dem Abbiegen abgebremst und habe am Halteschild angehalten. Anschließend habe sie nach links geschaut und von weitem ein helles Fahrzeug wahrgenommen. Dieses Fahrzeug sei noch weiter weg gewesen, deshalb habe sie ohne Probleme abbiegen können. Sie habe dann die L572 bis zur Höhe eines auf der rechten Seite gelegenen Hauses gefahren. Ihrer Einschätzung nach seien dies ca. 800 m gewesen. Soweit der Sachverständige N erklärt habe, dass die Strecke bis zum Haus etwa nur 200 m seien, so könne dies jedoch auf sein. Sie selber könne nicht mehr sagen, wie schnell sie auf Höhe des Hauses gefahren sei. In Höhe des Hauses habe sie jedoch einen lauten Knall gehört. Sie habe durch den Rückspiegel zurückgeschaut und den Unfall gesehen.
26Das Gericht folgt den Aussagen der Zeugen C, W und X1 in vollem Umfang. Die Zeugen haben ihre Aussage ruhig und sachlich gemacht. Die Aussagen waren in sich geschlossen, enthielten keine Widersprüche und ließen keine emotionalen überschießenden Tendenzen gegen den Angeklagten erkennen. Die Bekundungen des Zeugen C decken sich in ihren wesentlichen Gehalt mit den Angaben, die die Zeugen W gemacht hat. Die Aussagen stimmen in ihrem wesentlichen Inhalt überein. Das Gericht hat nicht den geringsten Anlass gesehen, auch unter Berücksichtigung der Einlassung des Angeklagten und aller sonstiger Ergebnisse der Hauptverhandlung, den Wahrheitsgehalt der Aussagen der Zeugen in Zweifel zu ziehen. Die Aussagen waren glaubhaft, sie selbst glaubwürdige Zeugen. Es ist auch kein durchgreifender Anhaltspunkt erkennbar geworden dafür, dass die Zeugen den Angeklagten wider besseres Wissen oder irrtümlich der Tat falsch bezichtigt haben können.
27Das Gericht stützt seine Feststellungen ferner auf die Aussage des Zeugen T vor der Polizei vom 10.08.2015. Obwohl der Zeuge zum Termin ordnungsgemäß geladen worden ist, ist der Zeuge zum Hauptverhandlungstermin nicht erschienen. Er hatte vorher mitgeteilt, dass er nach Albanien ausreisen werde. Nach Anhörung und nach Einholung der Zustimmung aller Beteiligten wurde die Aussage des Zeugen 10.08.2015, die er im Rahmen seiner polizeilichen Vernehmung gemacht hat, gemäß § 251 Abs. 1 Nr. 1 StPO verlesen. Der Zeuge T hat bei seiner Vernehmung bekundet, er sei von dem Unfallbeteiligten Herrn B abgeholt worden. Er habe neben Herrn B als Beifahrer im Fahrzeug gesessen. Dieser hatte angeboten mit ihm zur Apotheke zu fahren, weil es ihm, dem Zeugen, nicht gut gegangen sei an diesem Tag. Auf dem Rückweg in Richtung Ahaus habe er einen weißen Lkw wahrgenommen, der mit einem schwarzen Pkw, der vor ihnen gefahren sei, zusammengestoßen sei. Anschließend sei der weiße Lkw in auf die Fahrbahn des Unfallbeteiligten B gekommen und mit dessen PKW zusammengestoßen. Der Unfallbeteiligte B habe noch versucht auszuweichen, dies habe aber nicht gereicht. Mehr könne er zum Zusammenstoß nicht sagen. Er sei durch das Unfallgeschehen verletzt worden.
28Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen zum Unfallhergang stützt sich das Gericht weiter auf das mündlich erstattete unfallanalytische Gutachten des technischen Sachverständigen Dipl.-Ing. N.
29Der Sachverständige hat erklärt, zum Ablauf des Unfallgeschehens sei nach seinen ausführlichen Untersuchungen folgendes festzustellen:
30Die Auswertung der Unfallspuren führe zu dem eindeutigen Ergebnis, dass sowohl die Unfallbeteiligte W als auch der Unfallbeteiligte B aus Richtung Stadtlohn kommend in Fahrtrichtung Ahaus gefahren seien. Der Angeklagte habe aus Richtung Ahaus kommend die L572 in Fahrtrichtung Stadtlohn befahren. In Annäherung an die Unfallstelle sei die Zeugin W in die Linksabbiegerspur in Fahrtrichtung Vreden eingefahren. Der Unfallbeteiligte B sei weiter auf der Geradeausspur in Richtung Ahaus gefahren. Es lasse sich eindeutig rekonstruieren, dass der Angeklagte entgegen seiner Behauptung nicht auf dem Geradeausstreifen in Richtung Stadtlohn gefahren sei, sondern mit seinem Fahrzeug auf die entgegenkommenden Fahrstreifen geraten sei. Dort sei es zur Kollision mit der Zeugin W gekommen, die noch versucht habe auszuweichen. Anschließend habe sich der Transporter des Angeklagten auf die entgegenkommende Spur bewegt und sei dort mit dem entgegenkommenden Fahrzeug des Herrn B kollidiert. Das Unfallereignis habe sich nicht - wie vom Angeklagten behauptet- im Bereich der Einmündung der L572 auf die L608 stattgefunden habe, sondern aus technischer Sicht eindeutig ca. 40 m vor der Einmündung auf der Linksabbiegerspur bzw. auf dem in Richtung Ahaus führenden Fahrstreifen. Die genaue Lage der Unfallörtlichkeit könne er durch die festgestellten und gesicherten Spuren, die im Unfallbereich abgelösten Fahrzeugteile, die auslaufende Betriebsstoffe und Angaben der Unfallbeteiligten aus technischer Sicht sicher festlegen.
31Der Sachverständige ist auch zu der Feststellung gelangt, dass die Sichtverhältnisse im Zeitpunkt der Kollision gut gewesen seien. Es hätten gute Wetterverhältnisse geherrscht, die Sicht sei auch nicht durch Pflanzen an den Seiten der Fahrbahn beeinträchtigt gewesen. Die Straße sei geradlinig übersichtlich ausgebaut und gut zu übersehen. Es seien keine Hügel vorhanden. Aufgrund der Spuren vor Ort könne festgestellt werden, dass das Fahrzeug von Frau W zum Zeitpunkt der Kollision etwa 15-20 km/h gefahren sei, der Transporter etwa mit einer Geschwindigkeit zwischen 70 und 90 km/h. Man könne also ausschließen, dass der Unfall auf einer überhöhten Geschwindigkeit einer der Unfallbeteiligten beruhe. Der Sachverständige hat auch eingehend erläutert, dass er die verunfallten Fahrzeuge untersucht habe. Er könne ausschließen, dass technische Mängel an den Fahrzeugen den Unfall verursacht hätten. Alle Fahrzeuge seien in einem fahrtauglichen Zustand gewesen. Aus sachverständiger Sicht sei festzustellen, dass der Verkehrsunfall weder für die Zeugin W noch für den Unfallbeteiligten B vermeidbar war. Die der von den Beteiligten durchgeführte Lenkbewegung nach rechts, um den Unfall zu vermeiden, sei eine natürliche und spontane Reaktion. Theoretisch hätte es auch sein können, dass nicht das Fahrzeug der Zeugin W nach links auf die Gegenspur abgebogen sei, sondern ein anderes Fahrzeug. Dies setze jedoch voraus, dass sich vor der Zeugin W ein anderes Fahrzeug auf der Linksabbiegerspur gefunden habe, dies hätten die Zeugen W und C jedoch übereinstimmend verneint.
32Der Sachverständige ist zu dem Ergebnis gelangt, dass der Unfall so, wie er vom Angeklagten geschildert worden sei, aus technischer Sicht nicht möglich gewesen sein kann. Der Sachverständige hat auch rekonstruiert, dass die Kollision nicht auf der Geradeausspur des Angeklagten stattgefunden haben kann, sondern eindeutig auf der Linksabbiegerspur. Aus technischer Sicht lasse sich feststellen und aufgrund der Spuren am Unfallort konkret berechnen, dass der Angeklagte mit seinem Fahrzeug gerade die Sperrfläche befuhr, als die Zeugin W sich entschlossen habe, nach links abzubiegen und den Abbiegevorgang auf die dafür vorgesehene Fahrspur einleitete. Sie habe sich mit ihrem Fahrzeug noch auf der Geradeausspur befunden, als sie sich entschlossen habe, nach links abzubiegen. Die Bewegung des Fahrzeuges des Angeklagten lasse auf einen normalen Fahrvorgang und nicht auf ein plötzliches und abruptes Lenken nach links schließen. Der Angeklagte habe den Gegenverkehr und auch die Zeugin W erkennen können, als er sich mit dem Fahrzeug nach links auf die Sperrfläche bewegte. Wenn man die Zeugin X1 in das Unfallgeschehen einbinde, so könne man einen Unfallablauf in der Weise annehmen, dass der Angeklagte, als er erkannte, dass die Zeugin vor ihm in seine Fahrspur einbog, sich entschloss, diese zu überholen. Denn zu diesem Zeitpunkt habe sich die Zeugen W auch noch nicht auf der Linksabbiegerspur befunden. Ein Grund für das Fahrmanöver des Angeklagten könnten die Überschussgeschwindigkeit sein, mit der der Angeklagte auf die Zeugen X1 auffahre. Der Angeklagte habe aus technischer Sicht 4 Sekunden Reaktionszeit und ca. 85 m Raum auf der Fahrbahn, um den Unfall zu vermeiden. In dieser Zeit habe er die Sperrfläche überfahren und sei weiter geradeaus in die Linksabbiegerspur des Gegenverkehrs gefahren. Es lasse sich eindeutig feststellen, dass eine einheitliche Fahrbewegung über die Sperrfläche in den Gegenverkehr vorlag. Aus sachverständiger Sicht hätte der Angeklagte den Unfall vermeiden können, indem er entweder seine Geschwindigkeit reduziert hätte oder bei Erkennen des Gegenverkehrs sein Fahrzeug wieder nach rechts auf die Geradeausspur hätte lenken können. Dies habe der Angeklagte während der ihm verbleibenden und berechneten Reaktionszeit von 4 Sekunden unterlassen. Wenn er, der Sachverständige, auch die Schilderung des Zeugen S in die unfallanalytische Unfallrekonstruktion einbeziehe, so könne man aus technischer Sicht sagen, dass im Prinzip der gleiche Überholvorgang, wie er 2 km vor dem Unfall mit dem Zeugen S stattgefunden habe, durch den Angeklagten erneut durchgeführt worden sei -nur mit anderen Autos.
33Auszuschließen vermochte das Gericht aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen und der vernommenen Zeugen einen Geschehensablauf dergestalt, dass, wie der Angeklagte angegeben hat, die Zeugin W nach links in die Geradeausspur des Angeklagten abgebogen ist. Dies beruht auf den oben dargelegten Ausführungen des Sachverständigen N sowie den Aussagen der vernommenen Zeugen W und C. Auszuschließen vermochte das Gericht zudem einen Geschehensablauf dergestalt, dass der Angeklagte aufgrund eines Ausweichmanövers hinsichtlich der ihm entgegenkommenden Zeugen W plötzlich nach links lenkte und so auf die Gegenfahrbahn kam. Der Sachverständige N hat zu der Frage, ob ein plötzlicher Riss des Lenkrad nach links Grund für das Abkommen des Angeklagten auf die Linksabbiegespur bzw. die Gegenfahrbahn gewesen sei, Stellung genommen. Diese Frage hat der Sachverständige eindeutig verneint. Er hat ausgeführt, wenn der Angeklagte plötzlich und abrupt nach links gelenkt hätte, dieser dann viel früher, nämlich schon in Höhe der Einmündung L608 mit seinem Fahrzeug nach links geraten wäre und nicht, wie von ihm, dem Sachverständigen, festgestellt, erst ca. 40 m hinter der Einmündung auf der Linksabbiegerspur mit der Zeugin W kollidiert wäre.
34Den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. N schließt sich das erkennende Gericht in vollem Umfang an. Die von dem Gutachter eingeführten Anknüpfungs- und Befundtatsachen sind glaubhaft und sachkundig fundiert dargelegt worden. Der Sachverständige hat sein Gutachten klar und übersichtlich erstattet, er ist von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgegangen. Seine Ausführungen enthielten keine Widersprüche und keine Verstöße gegen Denkgesetze. Die Ausführungen des Sachverständigen waren durch das Gericht mühelos nachvollziehbar. Einwendungen gegen die Person der Sachverständigen und ihre Sachkunde sind von keinem der Prozessbeteiligten vorgebracht worden. Das Gericht hat sich mit den Ausführungen der Sachverständigen und mit den von ihnen gefundenen Ergebnissen auseinander gesetzt. Anlässlich der Inaugenscheinnahme der Unfallörtlichkeit, von Unfallskizzen und der umfassenden Begutachtung der am Unfall beteiligten Fahrzeuge sowie der Einbeziehung aller aufgefundenen und gesicherten Spuren am Unfallort hat der Sachverständige den Geschehensablauf, den er ermittelt und festgestellt hat, eingehend dargelegt und erklärt. Das Gericht hat nach eingehender Prüfung keine Bedenken, sich den Ausführungen des Sachverständigen anzuschließen und sich diese zu eigen zu machen.
35Hinsichtlich der Verletzungen der Zeugen W, C und T stützt das Gericht seine Feststellungen zudem auf den vernommenen Zeugen Polizeikommissar X2. Dieser ist unmittelbar nach dem Unfall am Unfallort eingetroffen. Er hat bekundet, dass er wahrgenommen hat, dass der sich deutlich nach der Einmündung aus Ahaus kommend ereignet habe. Es seien alle Unfallbeteiligten verletzt gewesen. Auch der Beifahrer des Unfallbeteiligten, der am Unfallort noch reanimiert worden sei, sei verletzt gewesen und ins Krankenhaus nach Borken gebracht worden. Das Gericht folgt der Aussage des Zeugen in vollem Umfang. Der Zeuge hat seiner Aussage ruhig und sachlich gemacht, die Aussage war nachvollziehbar und enthielt keine Widersprüche. Das Gericht hat keinen Anlass an dem Wahrheitsgehalt der Aussage des Zeugen zu zweifeln.
36Die Feststellungen zur Person des Angeklagten beruhen auf seiner eigenen Einlassung, der das Gericht in diesem Punkt folgt.
37IV.
38Aufgrund der getroffenen Feststellungen hat sich der Angeklagte wegen fahrlässiger Tötung nach § 222 StGB in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung in drei gemäß § 229 StGB in Tateinheit mit vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs gemäß § 315 c Abs. 1 Nr. 2 b) strafbar gemacht.
39Indem der Angeklagte mit seinem Fahrzeug unter Missachtung der Anl. 2 zu § 41 StVO, Nr. 72 Zeichen 298 den Sperrstreifen auf der L 572 überfahren und sodann geradeaus weiter in die Linksabbiegerspur des Gegenverkehrs gefahren ist, hat er eine objektive Sorgfaltspflichtverletzung begangen. Durch das Hineinfahren in die Linksabbiegerspur des Gegenverkehrs ist er mit dem Fahrzeug der Zeugin W zusammengestoßen, die wie ihr Beifahrer, der Zeugen C, durch die Kollision mit dem am Fahrzeug des Angeklagten verletzt worden ist. Der Unfall war für die Zeugin W unvermeidbar. Anschließend ist der Angeklagte mit seinem Fahrzeug auf die Geradeausspur geraten und sodann mit dem Fahrzeug des Unfallbeteiligten B zusammengestoßen. Dessen Fahrzeug wurde auf das Feld geschleudert. Auch für den Unfallbeteiligten B war der Unfall unvermeidbar. Aufgrund der Kollision erlitt der Unfallbeteiligte B so schwere Verletzungen, dass er an den Unfallfolgen verstorben ist. Sein Beifahrer, der Zeuge T, wurde verletzt. Für den Angeklagten wäre die Kollision bei verkehrsgerechtem Verhalten vermeidbar gewesen. Aus seiner Sicht hätte er entweder die Geschwindigkeit reduzieren können als er den Gegenverkehr erblickte oder das Fahrzeug zumindest auf seine Fahrspur nach rechts zurück lenken können. Die Kollision war für ihn angesichts des erkennbaren Gegenverkehrs bei Überfahren in den Sperrstreifen objektiv vorhersehbar auch vermeidbar. Der Angeklagte handelte rechtswidrig und schuldhaft. Vor allem ist ihm subjektiv die von ihm begangene Sorgfaltspflichtverletzung vorzuwerfen. Gemäß der oben getroffenen Feststellungen ist der Angeklagte nicht aufgrund eines technischen Defektes am Auto, einer plötzlichen Lenkbewegung oder eines Fahrfehlers eines anderen Beteiligten auf die Gegenfahrbahn gekommen, sondern er ist aufgrund eines eigenen Entschlusses, die vor ihm in die Fahrbahn fahrende Zeugin X1 zu überholen, nach links über die Sperrfläche gefahren. Dies folgt zur Überzeugung des Gerichts aus einer Gesamtschau der objektiven Umstände des Einzelfalls und vor allem unter Berücksichtigung der Ausführungen des Sachverständigen N sowie der Aussagen der Zeugen S, X1 und C. Der Angeklagte handelte damit fahrlässig hinsichtlich der Verletzung der Unfallbeteiligten T, W und C sowie hinsichtlich der eingetretenen tödlichen Verletzungen des Unfallbeteiligten B. Der Angeklagte hat sich damit wegen fahrlässiger Tötung gemäß § 222 StGB zum Nachteil des Unfallbeteiligten B sowie wegen fahrlässiger Körperverletzung gemäß § 229 StGB in drei Fällen zum Nachteil der Zeugen W, C und T strafbar gemacht.
40Der Angeklagte hat tateinheitlich dazu auch vorsätzlich den Straftatbestand des §§ 315 Buchst. c Abs. 1 Nr. 2 b, 53 StGB verwirklicht.
41Aus den Umständen des Einzelfalls und einer Gesamtschau der Aussagen der vernommenen Zeugen S, X1, C sowie den Ausführungen des technischen Sachverständigen Dipl.-Ing. N in der Hauptverhandlung vom 20.06.2016 steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass das riskante Fahrmanöver des Angeklagten, hier das Ausscheren mit seinem Fahrzeug auf die Sperrfläche und das darauf folgende Befahren der Sperrfläche unter Verstoß gegen Anl. 2 zu § 41 StVO Nr. 72 Zeichen 289 allein darauf zurückzuführen ist, dass der Angeklagte, wie zuvor bei dem Zeugen S geschehen, in einem einheitlichen Fahrvorgang links die auf seine Fahrbahn einfahrende Zeugin X1 überholen wollte, um mit seinem Fahrzeug selber schneller vorzukommen. Der Angeklagte hat insofern in Höhe der Einmündung der L572 in die L608 Richtung Vreden falsch überholt im Sinne des § 315 c Abs. 1 Nr. 2 b) StGB. Im Rahmen des Überholvorganges hat er nicht nur eine Sperrfläche befahren, sondern ist auch über diese hinaus geradeaus weiter in die Linksabbiegerspur des Gegenverkehrs gefahren. Ein solcher Verstoß gegen Anl. 2 zu § 41 StVO Nr. 72 Zeichen 289 stellt sich als ein besonders schwerer Verkehrsverstoß dar, da nach den getroffenen Feststellungen durch den Angeklagten über eine Zeit von 4 Sekunden die Sperrfläche sowie die Linksabbiegerspur des Gegenverkehrs befahren wurde ohne dass es zu einer Reaktion kam. Zu diesem Verstoß tritt mithin auch ein besonders hoher Gefahr- und Verletzungserfolg durch Befahren der Gegenfahrbahn hinzu.
42Bei dem Überholmanöver handelt es sich nach den getroffenen Feststellungen gerade um kein Augenblicksversagen oder eine Schreckreaktion des Angeklagten. Vielmehr stellt sich aufgrund der konkreten Verkehrssituation und vor allem der Einbeziehung der Aussage des Zeugen S das Fahrverhalten des Angeklagten als ein aus eigensüchtigen Gründen geprägtes und besonders aggressives Fahrverhalten dar. Dies folgt zunächst daraus, dass der Zeuge S bekundet hat, ca. 2 km vor dem der Unfallstelle von dem Angeklagte unter Überfahren einer durchgezogenen Mittellinie sowie durch Überfahren einer Linksabbiegerspur bereits überholt worden zu sein. Allein dieses Fahrverhalten stellt ein besonders rücksichtsloses und aggressives Verhalten des Angeklagten dar, da er, auch wenn in diesem Moment kein Gegenverkehr ersichtlich war, eine durchgezogene Mittellinie und eine Linksabbiegerspur überfahren hat. Dies auch allein aufgrund des eigenen Fortkommens willen. Der Zeuge S hat auch erläutert, dass er gerade nicht wie vom Angeklagten behauptet, besonders weit rechts gefahren sei, um dem Angeklagten ein gefahrloses Überholen zu ermöglichen. Er sei normal in der Fahrspur gefahren. Der Angeklagte habe ihn mit mindestens 120 km/h überholt. Als der Angeklagte die Unfallstelle erreichte, bog zuvor die Zeugin X1 in seine Fahrbahn in Richtung Stadtlohn ein. Die Zeugin X1 hat bekundet, sie habe von links kommend ein helles Auto gesehen, das sei jedoch recht weit entfernt gewesen. Der sich in dem Fahrzeug der Frau W auf der Gegenfahrbahn befindliche Zeuge C hat bekundet, er habe den Eindruck gehabt, der Angeklagte wolle ein anderes Fahrzeug überholen und sei deshalb auf die Sperrfläche gefahren. Er habe auch zuvor ein dunkles Fahrzeug auf der Fahrbahn des Angeklagten gesehen. Der technische Sachverständige N hat glaubhaft bekundet, dass es eine allgemeine nachvollziehbare Begründung, warum der Angeklagte im Rahmen einer durchgehenden Fahrbewegung auf die Sperrfläche und in die Gegenfahrbahn gefahren sei, nicht gebe. Unter Berücksichtigung der Aussagen der Zeugen S, X1 und C könne man das Fahrverhalten des Angeklagten aus technischer Sicht jedoch damit erklären, dass ein möglicher Unfallablauf in der Weise dargelegt werden könne, dass der Angeklagte beabsichtigte, die nach rechts in seine Fahrtrichtung einbiegende Fahrerin X1 über die Sperrfläche und die entgegenkommende Linksabbiegerspur zu überholen. Denn es lasse sich rekonstruieren, dass zu diesem Entschlusszeitpunkt die entgegenkommende Unfallbeteiligte W noch nicht von der Geradeausspur auf die Abbiegespur gewechselt hatte. Ein Grund für das Fahrmanöver des Angeklagten könne insofern die Überschussgeschwindigkeit sein, mit der der Transporter auf die Fahrerin X1 aufgefahren sei. Es könne so sein, dass der Angeklagte den Überholvorgang, den er zuvor beim Zeugen S durchgeführt habe, einfach noch einmal wiederholt habe, nur dass diesmal andere Fahrzeuge beteiligt gewesen seien. In Zusammenschau dieser festgestellten Umstände des Einzelfalls lässt sich die Motivlage des Angeklagten feststellen, die Zeugin X1 verkehrswidrig zu überholen. Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Zeugen W auch noch nicht auf der Linksabbiegerspur, so dass der Angeklagte unter Zurückstellung jeglicher Bedenken gegen sein Fahrverhalten und aus Gleichgültigkeit darauf vertraute, dass die Zeugen W nicht in die Linksabbiegerspur einfahren werde. Insofern liegt ein besonders rücksichtsloses Verhalten des Angeklagten im Sinne des § 315 Buchst. c Abs. 1 Nr. 2 b) StGB vor. Durch die Kollision mit den Fahrzeugen der Zeugin W und dem Unfallbeteiligten B ist es auch zu einer konkreten Gefährdung von Leib und Leben dieser Unfallbeteiligten sowie zu einer Beschädigung der unfallbeteiligten Fahrzeuge in Höhe von insgesamt über 10.000,00 € gekommen. Der Unfallbeteiligte B ist an den beim Unfall erlittenen schweren Verletzungen verstorben. Nach den getroffenen Feststellungen war dem Angeklagten auch bewusst, dass er durch das überfahren der Sperrfläche verkehrswidrig handelte, nämlich gegen Anl. 2 zu § 41 StVO Nr. 72 Zeichen 289 verstieß. Aufgrund seiner Fahrweise, die er bereits vor dem Unfall im Hinblick auf den Zeugen S 1-1,5 km vor dem Unfallort an den Tag gelegt hatte, musste er sich der besonderen Gefährlichkeit des Überfahrens des Querstreifens sowie der Linksabbiegerspur im Gegenverkehr und dem Entstehen einer konkreten Gefahrenlage auch bewusst sein. Der Angeklagte konnte bei Auffahren auf die Sperrfläche die ihm entgegen kommende Zeugin W erkennen. Er durfte insofern nicht darauf vertrauten, dass die Zeugin auf der Geradeausspur verbleibt und nicht – wie geschehen- in die Linksabbiegerspur einfährt. Er hat damit zumindest auch bedingt vorsätzlich eine konkrete Gefährdungssituation herbeigeführt und eine Gefährdung des Gegenverkehrs in Kauf genommen. Dabei schließt das Bewusstsein der Selbstgefährdung den Vorsatz nicht aus, denn wer darauf vertraut, den Schaden vermeiden zu können, kann durchaus mit einer Gefahr für sich und andere einverstanden sein (Fischer, a.a.O., § 315 c Rn. 18 a, NStZ-RR 98,150; m.w.N). Nach alledem ist tateinheitlich auch der Tatbestand des § 315 c Abs. 1 Nr. 2 b) StGB in der Vorsatzvariante als erfüllt anzusehen.
43V.
44Danach war der Angeklagte zu bestrafen, wonach der Strafrahmen der Vorschrift des § 222 StGB, die Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren vorsieht zu entnehmen war, § 52 StGB. Dabei ist der Strafrahmen des § 222 StGB identisch mit der Strafandrohung der Vorschrift des § 315 c Abs. 1 Nr. 2 b) StGB. Werden mehrere Straftatbestände tateinheitlich verwirklicht, richtet sich das Strafmaß unter den anwendbaren Gesetzen nach demjenigen, das die schwerste Strafe bedroht, § 52 Abs. 2 S. 1 StGB. Bei gleicher Strafdrohung hat das Gericht die Wahl, von welchem Straftatbestand mit identischer Strafandrohung es bei der Bemessung des Mindestmaßes ausgeht.
45Bei der Strafzumessung hat sich das Gericht von den Grundsätzen des § 46 StGB leiten lassen. Bei der Festlegung der konkreten Strafe gemäß § 46 StGB waren die Schuld des Angeklagten sowie die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, zu berücksichtigen.
46Bei der Strafzumessung war mildernd zu werten, dass der Angeklagte bislang strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist. Ferner war strafmildernd zu berücksichtigen, dass sich der Angeklagte ausdrücklich bei den Angehörigen des verstorbenen Unfallbeteiligten B in der mündlichen Verhandlung vom 20.06.2016 entschuldigt hat. Der Angeklagte hat auch erklärt, dass er die Tat ausdrücklich bedauert. Diese persönliche Entschuldigung bei den Angehörigen und anderen Unfallbeteiligten ist zwar spät, jedoch noch im Termin erfolgt. Strafmildernd ist ferner berücksichtigt worden, dass der Unfall auch für den Angeklagten nicht unerhebliche Folgen hatte. Der Angeklagte bei dem Unfall selber verletzt worden und hat aufgrund des Einzugs seiner Fahrerlaubnis seine Tätigkeit als Paketdienstfahrer verloren. Auf eine berufliche Tätigkeit ist der Angeklagte aufgrund dessen, dass er sechs Kinder zu versorgen hat, jedoch besonders dringend angewiesen. Nicht strafmildernd konnte berücksichtigen berücksichtigt werden eine etwaige Mitverursachung des Verkehrsunfalles durch ein Mitverschulden der Zeugin W oder des verstorbenen Unfallbeteiligten B. Für sie beide war der Unfall unvermeidbar, ein Mitverschulden der Unfallbeteiligten B und W, welches zu Gunsten des Angeklagten strafmildernd berücksichtigt werden konnte, war nicht gegeben.
47Strafschärfend ist zu berücksichtigen, dass der Angeklagte durch das Überfahren der Sperrfläche massiv gegen seine ihm als Kraftfahrer obliegende Sorgfaltspflichtverletzung verstoßen hat. Er hat auch zuvor den Zeugen S verbotswidrig über den durchgezogenen Mittelstreifen und eine Linksabbiegerspur überholt. Kurz vor dem Unfall hat er damit eine weitere massive und äußerst verkehrsgefährdende Sorgfaltspflichtverletzung begangen. Dem Verkehrsunfall lag kein Alltagsgeschehen zugrunde, sondern eine massive Sorgfaltspflichtverletzung des Angeklagten. Der Angeklagte ist wegen einem verbotswidrigen Überholmanöver auch Anfang des Jahres 2015 bereits mittels eines Ordnungsgeldes belangt worden. Noch im Juli 2015 kurz vor dem Unfall hat er zudem die Vorfahrt eines von rechts kommenden Fahrzeuges missachtet und es kam zum Unfall. Die gegen ihn verhängten Geldbußen konnten ihn nicht von weiteren verkehrswidrigen Überholvorgängen abhalten. Straferschwerend müssen auch die Folgen des Unfalls berücksichtigt werden, die bei den Unfallbeteiligten und Zeugen eingetreten sind. Die Zeugin W hat eine Augenverletzung erlitten, unter deren Folgen sie noch heute leidet. Die Verletzungen am Auge muss eventuell auch noch operiert werden. Auch der Zeuge C leidet wie die Zeugin W unter einer andauernden psychischen Belastung durch den Unfall. Durch die Kollision mit dem Angeklagten hat der Unfallbeteiligte B zudem so schwere Verletzungen erlitten, dass er an diesen schweren Verletzungen verstorben ist. Er hinterlässt zwei Kinder, eine Lebensgefährtin und seine anderen Angehörigen, die mit dem Verlust eines ihnen nahe stehenden Menschen weiter leben müssen.
48Nach Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände, unter Berücksichtigung aller Umstände in der Person des Angeklagten und der Umstände der Tat erschien dem erkennenden Gericht eine Freiheitsstrafe von
49einem Jahr und drei Monaten
50tat- und schuldangemessen.
51Zu prüfen war, ob diese Freiheitsstrafe noch zur Bewährung ausgesetzt werden konnte. Trotz einer dem Angeklagten unter Berücksichtigung seiner familiären Verhältnisse und seiner derzeitigen Arbeitssituation sicherlich zuzusprechenden positiven Sozialprognose war die verhängte Freiheitsstrafe nicht zur Bewährung auszusetzen.
52Trotz Annahme einer günstigen Sozialprognose im Sinne des § 56 Absatz 2 StGB konnte die verhängte Freiheitsstrafe deshalb nicht zu Bewährung ausgesetzt werden, weil nach Auffassung des Gerichts die Verteidigung der Rechtsordnung die Vollstreckung der Freiheitsstrafe gebietet (§ 56 Absatz 3 StGB).
53Nach § 56 Absatz 3 StGB wird bei einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe vom mindestens sechs Monaten die Vollstreckung nicht ausgesetzt, wenn die Verteidigung der Rechtsordnung sie gebietet. Ein solcher Fall ist nur dann anzunehmen, wenn eine Strafaussetzung im Hinblick auf schwerwiegende Besonderheiten des Einzelfalles für das allgemeine Rechtsempfinden unverständlich erscheinen müsste und dadurch das Vertrauen der Bevölkerung in die Unverbrüchlichkeit des Rechts erschüttert werden könnte (vgl. Fischer, StGB Kommentar, 63. Aufl. 2016 § 56 Rn. 13 m.w.N). Dabei dürfen die hierin zum Ausdruck kommenden generalpräventiven Erwägungen nicht dazu führen, bestimmte Tatbestände oder Tatbestandsgruppen von der Möglichkeit der Aussetzung der Strafe zur Bewährung generell auszuschließen, vielmehr bedarf es stets einer dem Einzelfall gerecht werdenden Abwägung, bei welcher Tat und Täter umfassend zu würdigen sind. Auch bei Fahrlässigkeitsdelikten kann bei Freiheitsstrafen von mindestens sechs Monaten das Kriterium der Verteidigung der Rechtsordnung die Vollstreckung der Freiheitsstrafe gebieten, wenn sowohl das Erfolgs- als auch das Handlungsunrecht schwer wiegen und es trotz der vorrangig zu gewichtenden spezialpräventiven Gesichtspunkte unabweislich ist, durch eine stringente Anwendung des Strafrechts das Vertrauen der Bevölkerung in die Wirksamkeit des Rechtsgüterschutzes zu sichern (Fischer, a.a.O., § 56 Rn. 15).
54Gemessen daran, war die Freiheitsstrafe nicht zur Bewährung nach § 56 Abs. 3 StGB auszusetzen.
55Die Verursachung des Unfalls vom 00.00.2015 durch den Angeklagten beruht nicht lediglich auf einer falschen Einschätzung einer Verkehrssituation oder einer bloßen Überschätzung der eigenen Fähigkeiten im Umgang mit einem Kraftfahrzeug. Vielmehr hat der Angeklagte allein um seines eigenen Fortkommen willens jegliche Bedenken gegen sein Fahrverhalten zurückgestellt und ein äußerst gefährliches Überholmanöver innerhalb von kurzer Zeit zweimal, einmal im Hinblick auf den Zeugen S und einmal im Hinblick auf die Zeugin X1 durchgeführt, wobei es beim zweiten Mal zu einem Unfall kam. Es kam zu einer Kollision, infolgedessen drei Menschen verletzt und ein Mensch tödlich verletzt wurde. Der Angeklagte hat eine besonders rücksichtslose aggressive Fahrweise an den Tag gelegt. Das Verhalten des Angeklagten geht auf eine verkehrsfeindliche und aus eigennützigen Beweggründen geprägte Motivation zurück. Das ergibt sich zunächst daraus, dass der Angeklagte nicht nur auf der gerade verlaufenden Landstraße durch Überfahren eines durchgezogenen Mittelstreifens sowie einer Linksabbiegerspur den Zeugen S überholte, sondern auch daraus, dass er im Anschluss an diesen Überholvorgang ca. 2 km später denselben Vorgang wiederholte und verkehrswidrig die auf seiner Fahrbahn befindliche Sperrfläche befuhr und nach deren überqueren mehrere Sekunden lang noch weiter geradeaus in die Linksabbiegerspur des Gegenverkehrs fuhr. Der Angeklagte hat bereits in der Vergangenheit verbotswidrig überholt und die Vorfahrt eines anderen Fahrzeugführers missachtet, so dass es sogar im letzteren Fall zu einem Unfall kam. Diese vom Angeklagten durchgeführten „Überholmanöver” vom 00.00.2015 zeigen, dass der Angeklagte nicht nur die Fahrleistung seines Fahrzeugs überschätzt, sondern sich vielmehr ohne Bedenken über Verkehrsregeln und die Sicherheitsinteressen anderer Verkehrseilnehmer hinweggesetzt hat. Er hatte darauf vertraut, dass die für ihn bei Einfahren auf den Sperrstreifen bereits erkennbare Zeugin W im Gegenverkehr weiter geradeaus fährt und nicht links in die Linksabbiegerspur in Richtung L608 einfährt. Es handelt sich nicht um ein bloßes spontanes Fehlversagen, dem der Angeklagte auf Grund einer Gedankenlosigkeit oder sonstigen Unaufmerksamkeit erlegen ist, sondern der Unfall beruht vor allem auf der mangelnden Einsicht des Angeklagten in die Notwendigkeit der Einhaltung von Verkehrsregeln und damit auf einer dauerhaften und verantwortungslosen Selbstüberschätzung eigener Fahrfertigkeiten und der groben Missachtung der Rechte anderer Verkehrsteilnehmer.
56Ein derartiges besonders rücksichtsloses und mit dem Tode eines anderen Menschen einhergehendes Verhalten im Straßenverkehr in Verbindung mit einer aggressiven Fahrweise gebietet auch unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalles, insbesondere der sozialen Integration des Angeklagten und seiner familiären Bindungen die Vollstreckung der verhängten Freiheitsstrafe. Eine Strafaussetzung zur Bewährung würde im Hinblick auf diese herausragend schweren Folgen für den Getöteten und seine nahen Angehörigen bei der auch über die „besonderen Umstände” im Sinne des § 56 Absatz 2 StGB informierte – Bevölkerung auf völliges Unverständnis stoßen und deren Rechtsgefühl und Rechtstreue ernstlich beeinträchtigen.
57Nach alledem war die verhängte Freiheitsstrafe Strafe zu vollstrecken und nicht mehr zu Bewährung auszusetzen.
58Durch seine Fahrweise hat sich der Angeklagte auch als ungeeignet zum Führen eines Kraftfahrzeuges im Sinne des §§ 69 Abs. 1, 2 Nr. 1, 69 a StGB erwiesen. Das Regelbeispiel des §§ 69 Abs. 2 Nr. 1 StGB ist im vorliegenden Fall erfüllt. § 69 Abs. 2 StGB enthält eine Regelvermutung dafür, dass bei der Begehung der in Nr. 1 genannten Tat Umstände in der Person des Täters wirksam geworden sind, welche die Schlussfolgerung auf eine Ungeeignetheit im Sinne von charakterlichen Mängeln zum Führen von Kraftfahrzeugen zu lassen. Die Wirkung der Vermutung geht vor allem auch dahin, dass eine die Ungeeignetheit positiv begründende Gesamtwürdigung nur erforderlich ist, wenn ernsthafte Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sich ein Ausnahmefall ergeben könnte, dass also die Tat Ausnahmecharakter Hinblick auf die Frage mangelnder Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen hat (vgl. Fischer, a.a.O., § 69 StGB, Rn. 22). Solche einen Ausnahmefall begründen ernsthaften Anhaltspunkte sind im vorliegenden Fall nicht gegeben. Die festgestellte und die Pflichten als Kraftfahrzeugführer in besonderem Maße verletzende Fahrweise des Angeklagten im vorliegenden Einzelfall, die besonders schweren Folgen des Verkehrsunfalls und auch das verkehrsordnungswidrige Verhalten in der Vergangenheit zeigen, dass der das Fahrverhalten des Angeklagten von besonderer Rücksichtslosigkeit und Gleichgültigkeit gegenüber Interessen und Rechtsgütern anderer geprägt ist. Sein Fahrverhalten war im vorliegenden Fall von Bedenkenlosigkeit gegenüber dem eigenen Fahrverhalten geprägt. Der Angeklagte ist bereits in der Vergangenheit wegen dem verbotswidrigen Überholen aufgefallen und hat am Unfalltag vor der Kollision erneut einen vor ihm fahrenden Wagen verbotswidrig über eine durchgezogene Mittellinie und unter Überfahren einer Linksabbiegerspur überholt. Zu berücksichtigen war hier zwar auch, dass den Angeklagten den Entzug der Fahrerlaubnis beruflich und auch aus familiären Gründen (er hat sechs Kinder) besonders hart trifft. Nach Abwägung aller vorliegender Umstände erscheint dem Gericht jedoch eine Sperre für die Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis von vier Jahren tat- und schuldangemessen.
59Dem Angeklagten war damit die Fahrerlaubnis zu entziehen, der Führerschein war einzuziehen. Die Verwaltungsbehörde war anzuweisen, dem Angeklagten vor Ablauf von vier Jahren keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen, §§ 69 Abs. 1, 2 Nr. 1, 69 a StGB.
60VI.
61Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 472, 465 StPO.
62Unterschrift
moreResultsText
Annotations
(1) Die Vernehmung eines Zeugen, Sachverständigen oder Mitbeschuldigten kann durch die Verlesung eines Protokolls über eine Vernehmung oder einer Urkunde, die eine von ihm erstellte Erklärung enthält, ersetzt werden,
- 1.
wenn der Angeklagte einen Verteidiger hat und der Staatsanwalt, der Verteidiger und der Angeklagte damit einverstanden sind; - 2.
wenn die Verlesung lediglich der Bestätigung eines Geständnisses des Angeklagten dient und der Angeklagte, der keinen Verteidiger hat, sowie der Staatsanwalt der Verlesung zustimmen; - 3.
wenn der Zeuge, Sachverständige oder Mitbeschuldigte verstorben ist oder aus einem anderen Grunde in absehbarer Zeit gerichtlich nicht vernommen werden kann; - 4.
soweit das Protokoll oder die Urkunde das Vorliegen oder die Höhe eines Vermögensschadens betrifft.
(2) Die Vernehmung eines Zeugen, Sachverständigen oder Mitbeschuldigten darf durch die Verlesung des Protokolls über seine frühere richterliche Vernehmung auch ersetzt werden, wenn
- 1.
dem Erscheinen des Zeugen, Sachverständigen oder Mitbeschuldigten in der Hauptverhandlung für eine längere oder ungewisse Zeit Krankheit, Gebrechlichkeit oder andere nicht zu beseitigende Hindernisse entgegenstehen; - 2.
dem Zeugen oder Sachverständigen das Erscheinen in der Hauptverhandlung wegen großer Entfernung unter Berücksichtigung der Bedeutung seiner Aussage nicht zugemutet werden kann; - 3.
der Staatsanwalt, der Verteidiger und der Angeklagte mit der Verlesung einverstanden sind.
(3) Soll die Verlesung anderen Zwecken als unmittelbar der Urteilsfindung, insbesondere zur Vorbereitung der Entscheidung darüber dienen, ob die Ladung und Vernehmung einer Person erfolgen sollen, so dürfen Protokolle und Urkunden auch sonst verlesen werden.
(4) In den Fällen der Absätze 1 und 2 beschließt das Gericht, ob die Verlesung angeordnet wird. Der Grund der Verlesung wird bekanntgegeben. Wird das Protokoll über eine richterliche Vernehmung verlesen, so wird festgestellt, ob der Vernommene vereidigt worden ist. Die Vereidigung wird nachgeholt, wenn sie dem Gericht notwendig erscheint und noch ausführbar ist.
Wer durch Fahrlässigkeit den Tod eines Menschen verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Wer durch Fahrlässigkeit die Körperverletzung einer anderen Person verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(1) Wer am Verkehr teilnimmt, hat die durch Vorschriftzeichen nach Anlage 2 angeordneten Ge- oder Verbote zu befolgen.
(2) Vorschriftzeichen stehen vorbehaltlich des Satzes 2 dort, wo oder von wo an die Anordnung zu befolgen ist. Soweit die Zeichen aus Gründen der Leichtigkeit oder der Sicherheit des Verkehrs in einer bestimmten Entfernung zum Beginn der Befolgungspflicht stehen, ist die Entfernung zu dem maßgeblichen Ort auf einem Zusatzzeichen angegeben. Andere Zusatzzeichen enthalten nur allgemeine Beschränkungen der Gebote oder Verbote oder allgemeine Ausnahmen von ihnen. Die besonderen Zusatzzeichen zu den Zeichen 283, 286, 277, 290.1 und 290.2 können etwas anderes bestimmen, zum Beispiel den Geltungsbereich erweitern.
Wer durch Fahrlässigkeit den Tod eines Menschen verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Wer durch Fahrlässigkeit die Körperverletzung einer anderen Person verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(1) Wer am Verkehr teilnimmt, hat die durch Vorschriftzeichen nach Anlage 2 angeordneten Ge- oder Verbote zu befolgen.
(2) Vorschriftzeichen stehen vorbehaltlich des Satzes 2 dort, wo oder von wo an die Anordnung zu befolgen ist. Soweit die Zeichen aus Gründen der Leichtigkeit oder der Sicherheit des Verkehrs in einer bestimmten Entfernung zum Beginn der Befolgungspflicht stehen, ist die Entfernung zu dem maßgeblichen Ort auf einem Zusatzzeichen angegeben. Andere Zusatzzeichen enthalten nur allgemeine Beschränkungen der Gebote oder Verbote oder allgemeine Ausnahmen von ihnen. Die besonderen Zusatzzeichen zu den Zeichen 283, 286, 277, 290.1 und 290.2 können etwas anderes bestimmen, zum Beispiel den Geltungsbereich erweitern.
Wer durch Fahrlässigkeit den Tod eines Menschen verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.
(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.
(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.
(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.
Wer durch Fahrlässigkeit den Tod eines Menschen verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.
(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.
(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.
(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.
(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.
(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:
die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende, die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille, das Maß der Pflichtwidrigkeit, die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat, das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie sein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.
(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.
(1) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Dabei sind namentlich die Persönlichkeit des Verurteilten, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, sein Verhalten nach der Tat, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind.
(2) Das Gericht kann unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 auch die Vollstreckung einer höheren Freiheitsstrafe, die zwei Jahre nicht übersteigt, zur Bewährung aussetzen, wenn nach der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Verurteilten besondere Umstände vorliegen. Bei der Entscheidung ist namentlich auch das Bemühen des Verurteilten, den durch die Tat verursachten Schaden wiedergutzumachen, zu berücksichtigen.
(3) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten wird die Vollstreckung nicht ausgesetzt, wenn die Verteidigung der Rechtsordnung sie gebietet.
(4) Die Strafaussetzung kann nicht auf einen Teil der Strafe beschränkt werden. Sie wird durch eine Anrechnung von Untersuchungshaft oder einer anderen Freiheitsentziehung nicht ausgeschlossen.
(1) Wird jemand wegen einer rechtswidrigen Tat, die er bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so entzieht ihm das Gericht die Fahrerlaubnis, wenn sich aus der Tat ergibt, daß er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Einer weiteren Prüfung nach § 62 bedarf es nicht.
(2) Ist die rechtswidrige Tat in den Fällen des Absatzes 1 ein Vergehen
- 1.
der Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c), - 1a.
des verbotenen Kraftfahrzeugrennens (§ 315d), - 2.
der Trunkenheit im Verkehr (§ 316), - 3.
des unerlaubten Entfernens vom Unfallort (§ 142), obwohl der Täter weiß oder wissen kann, daß bei dem Unfall ein Mensch getötet oder nicht unerheblich verletzt worden oder an fremden Sachen bedeutender Schaden entstanden ist, oder - 4.
des Vollrausches (§ 323a), der sich auf eine der Taten nach den Nummern 1 bis 3 bezieht,
(3) Die Fahrerlaubnis erlischt mit der Rechtskraft des Urteils. Ein von einer deutschen Behörde ausgestellter Führerschein wird im Urteil eingezogen.
(1) Die dem Nebenkläger erwachsenen notwendigen Auslagen sind dem Angeklagten aufzuerlegen, wenn er wegen einer Tat verurteilt wird, die den Nebenkläger betrifft. Die notwendigen Auslagen für einen psychosozialen Prozessbegleiter des Nebenklägers können dem Angeklagten nur bis zu der Höhe auferlegt werden, in der sich im Falle der Beiordnung des psychosozialen Prozessbegleiters die Gerichtsgebühren erhöhen würden. Von der Auferlegung der notwendigen Auslagen kann ganz oder teilweise abgesehen werden, soweit es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten.
(2) Stellt das Gericht das Verfahren nach einer Vorschrift, die dies nach seinem Ermessen zuläßt, ein, so kann es die in Absatz 1 genannten notwendigen Auslagen ganz oder teilweise dem Angeschuldigten auferlegen, soweit dies aus besonderen Gründen der Billigkeit entspricht. Stellt das Gericht das Verfahren nach vorangegangener vorläufiger Einstellung (§ 153a) endgültig ein, gilt Absatz 1 entsprechend.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend für die notwendigen Auslagen, die einem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsen sind. Gleiches gilt für die notwendigen Auslagen eines Privatklägers, wenn die Staatsanwaltschaft nach § 377 Abs. 2 die Verfolgung übernommen hat.
(4) § 471 Abs. 4 Satz 2 gilt entsprechend.
(1) Die Kosten des Verfahrens hat der Angeklagte insoweit zu tragen, als sie durch das Verfahren wegen einer Tat entstanden sind, wegen derer er verurteilt oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung gegen ihn angeordnet wird. Eine Verurteilung im Sinne dieser Vorschrift liegt auch dann vor, wenn der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt wird oder das Gericht von Strafe absieht.
(2) Sind durch Untersuchungen zur Aufklärung bestimmter belastender oder entlastender Umstände besondere Auslagen entstanden und sind diese Untersuchungen zugunsten des Angeklagten ausgegangen, so hat das Gericht die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten. Dies gilt namentlich dann, wenn der Angeklagte wegen einzelner abtrennbarer Teile einer Tat oder wegen einzelner von mehreren Gesetzesverletzungen nicht verurteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für die notwendigen Auslagen des Angeklagten. Das Gericht kann anordnen, dass die Erhöhung der Gerichtsgebühren im Falle der Beiordnung eines psychosozialen Prozessbegleiters ganz oder teilweise unterbleibt, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten.
(3) Stirbt ein Verurteilter vor eingetretener Rechtskraft des Urteils, so haftet sein Nachlaß nicht für die Kosten.