Urteils-Kommentar zu Bundesgerichtshof Urteil, 4. Juni 2024 - 5 StR 205/23

published on 27/06/2024 14:35
Urteils-Kommentar zu Bundesgerichtshof Urteil, 4. Juni 2024 - 5 StR 205/23
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Bundesgerichtshof Urteil, 4. Juni 2024 - 5 StR 205/23

Urteilsbesprechung zum BGH-Urteil vom 4. Juni 2024 - 5 StR 205/23


Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 4. Juni 2024 eine bedeutende Entscheidung zur Verhängung von Jugendstrafen getroffen. Demnach ist eine Jugendstrafe zu verhängen, wenn die Schwere der Schuld dies erfordert, unabhängig davon, ob eine Erziehungsbedürftigkeit oder -fähigkeit festgestellt werden kann. Diese Entscheidung stellt eine wichtige Weiterentwicklung in der Rechtsprechung zum Jugendstrafrecht dar und hat weitreichende Konsequenzen.

 

Hintergrund des Falls

Im vorliegenden Fall waren zwei Jugendliche im Sommer 2017 in Hamburg an gewaltsamen Protesten beteiligt, wobei Mülltonnen und private Autos angezündet sowie Glasscheiben eingeworfen wurden. Das Landgericht Hamburg verurteilte die Jugendlichen wegen Landfriedensbruchs in Tateinheit mit Beihilfe zur Brandstiftung zu je 15 Arbeitsdiensten à sechs Stunden. Obwohl die Schwere der Schuld nach § 17 Abs. 2 Alt. 2 JGG festgestellt wurde, sah das Gericht von einer Jugendstrafe ab, da keine Erziehungsbedürftigkeit der Jugendlichen gegeben sei. Gegen diese Entscheidung legte die Staatsanwaltschaft Revision ein.

 

Entscheidung des BGH

Der 5. Strafsenat des BGH hob das Urteil des Landgerichts auf und entschied, dass die Schwere der Schuld allein ausreichend ist, um eine Jugendstrafe zu verhängen. Diese Entscheidung ist unabhängig davon, ob eine Erziehungsbedürftigkeit besteht. Damit setzt der BGH ein klares Signal, dass die Ahndung schwerer Straftaten bei Jugendlichen nicht an die Voraussetzung der Erziehungsbedürftigkeit gebunden ist.

 

Der ältere Beschluss vom 13.09.2023 - 5 StR 205/23

Bereits im Beschluss vom 13. September 2023 hatte der 5. Strafsenat des BGH die Hauptverhandlung ausgesetzt und seine Schwester-Senate gefragt, ob sie an der bisherigen Praxis festhalten würden, die Erziehungsbedürftigkeit als Voraussetzung für die Verhängung einer Jugendstrafe zu sehen. Diese Anfrage erfolgte vor dem Hintergrund unterschiedlicher Auffassungen innerhalb der Senate. Einige Senate hatten argumentiert, dass eine Jugendstrafe nur bei Vorliegen von Erziehungsdefiziten verhängt werden könne, während andere Senate dies als unnötig ansahen.

Die Anfragen bei den anderen Strafsenaten führten zu einer Überprüfung und letztlich zur Bestätigung der Auffassung des 5. Strafsenats. Dieser entschied, dass die Schwere der Schuld als eigenständiger Strafzweck im Jugendstrafrecht ausreicht, um eine Jugendstrafe zu verhängen, unabhängig von der Erziehungsbedürftigkeit.

 

Begründung des Gerichts

Der BGH stellte fest, dass die Schwere der Schuld als eigenständiges Kriterium für die Verhängung einer Jugendstrafe ausreicht. Damit wird die Strafzweckfunktion im Jugendstrafrecht gestärkt. Die Entscheidung unterstreicht, dass schwerwiegende Straftaten auch im Jugendstrafrecht entsprechend geahndet werden müssen, ohne die zusätzliche Voraussetzung der Erziehungsbedürftigkeit.

 

Auswirkungen auf die Praxis

Dieses Urteil hat erhebliche Auswirkungen auf die Praxis des Jugendstrafrechts. Künftig können Gerichte Jugendstrafen verhängen, wenn die Schwere der Schuld dies erfordert, ohne die Erziehungsbedürftigkeit der Täter prüfen zu müssen. Diese Klarstellung erleichtert die Rechtsanwendung und stellt sicher, dass schwere Straftaten auch bei Jugendlichen entsprechend geahndet werden können.

 

Fazit

Mit dem Urteil vom 4. Juni 2024 hat der BGH eine wegweisende Entscheidung getroffen, die die Verhängung von Jugendstrafen bei schweren Straftaten erleichtert. Die Schwere der Schuld ist nun allein ausreichend, um eine Jugendstrafe zu rechtfertigen, unabhängig von der Erziehungsbedürftigkeit des Täters. Diese Entscheidung stärkt die Rechtssicherheit und die Strafzweckfunktion im Jugendstrafrecht und stellt sicher, dass schwere Straftaten auch bei Jugendlichen angemessen geahndet werden.

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