WEG-Recht: Für Betriebskostenabrechnung in einer Zweier-WEG ist kein Beschluss notwendig

published on 19/06/2017 13:40
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Ist in einer Zweier-WEG kein Verwalter bestellt, kann der eine Eigentümer, der Betriebskosten verauslagt hat, diese auch ohne Beschluss von dem anderen Eigentümer erstattet verlangen.
Dies gilt insbesondere dann, wenn aufgrund der Stimmengleichheit in der Eigentümerversammlung ein entsprechender Beschluss über die Jahresabrechnung nicht möglich ist.

So entschied es das Landgericht (LG) Dortmund im Streit zweier WEG-Parteien. Die Richter stellten klar, dass es ordnungsgemäßer Verwaltung entspreche, wenn die gemeinsamen Lasten gezahlt würden. Bei den Ausgaben für Steuern, Versicherung etc. handele es sich regelmäßig um notwendige Ausgaben im gemeinschaftlichen Interesse.

Allerdings sei der Eigentümer, der seine getätigten Aufwendungen ersetzt verlangt, für diese Aufwendungen darlegungspflichtig. Er müsse im Prozess zu den einzelnen Ausgaben substanziiert vortragen. Er könne nicht – wie bei der Abrechnung durch einen WEG-Verwalter oder einen Vermieter – auf das Belegeinsichtsrecht verweisen. Auch die mietrechtlichen Ausschlussfristen über die Nebenkostenabrechnung seien nicht analog ­anwendbar.

Das Landgericht Dortmund hat in seinem Urteil vom 03.02.2017 (17 S 125/16) folgendes entschieden:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Bielefeld vom 03.05.2016 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits und der Streithilfe trägt die Klägerin.

Dieses sowie das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.

Die Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Erstattung von anteiligen Betriebskosten aus §§ 683 Satz 1, 677, 670 BGB zu.

Die Klageabweisung des Amtsgerichts mit der Begründung, die Klägerin habe die verauslagten Kosten schon nicht hinreichend konkret dargelegt, ist aus Sicht der Kammer nicht zu beanstanden.

In einer Zweier-WEG kann der eine Eigentümer, der Betriebskosten verauslagt hat, diese auch ohne Eigentümerbeschluss über die Jahresabrechnung von dem anderen Eigentümer erstattet verlangen, wenn ein Verwalter nicht bestellt ist und aufgrund der Stimmengleichheit in der Eigentümerversammlung ein entsprechender Beschluss nicht möglich ist.

Diese Zahlungsansprüche ergeben sich aus einer Geschäftsführung ohne Auftrag gem. §§ 683, 670 BGB, da die Zahlung der gemeinsamen Lasten an sich ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht und es sich bei den Ausgaben für Steuern, Versicherung etc. regelmäßig um notwendige Ausgaben im gemeinschaftlichen Interesse handelt.

Ein solcher Anspruch setzt jedoch einen substantiierten Vortrag der getätigten Aufwendungen voraus.

Zwar kann der jeweilige Wohnungseigentümer zur Prüfung einer von der WEG zu beschließenden Jahresabrechnung auf die Einsicht der Belege im Verwalterbüro verwiesen werden.

Diese Wertung ist auf den vorliegenden Fall jedoch nicht übertragbar.

Insofern folgt die Kammer der Auffassung des Amtsgerichts, dass die Klägerin nicht anders zu behandeln ist als ein Geschäftsführer, der Ersatz seiner getätigten Aufwendungen begehrt. Sie ist für die Aufwendungen, die sie nach § 670BGB ersetzt verlangt, darlegungspflichtig. Das bedeutet, dass sie im Prozess diejenigen Umstände, insbesondere die einzelnen Ausgaben, substantiiert vortragen muss, aus denen sie ihren Anspruch herleitet.

Entgegen der Auffassung der Klägerin sind die mietrechtlichen Ausschlussfristen über die Nebenkostenabrechnung auf den vorliegenden Fall ebenfalls nicht analog anwendbar. Diese gelten wegen des Vorrangs des WEG als Spezialregelung schon nicht für die von einer WEG beschlossene Jahresabrechnung und damit erst Recht nicht für den vorliegend geltend gemachten Aufwendungsersatzanspruch.

Die mit der Klageschrift eingereichte bloße Aufstellung der einzelnen Kosten in der Abrechnung genügt den vorstehenden Anforderungen nicht.

Insbesondere nach dem Bestreiten der Höhe der einzelnen Kostenpositionen seitens der Beklagten hätte es der Klägerin im Rahmen ihrer Substantiierungslast oblegen, die einzelnen Rechnungen vorzulegen.

Erst dann kann von der Beklagten ein substantiierteres Bestreiten gefordert werden.

Hinzu kommt, dass jedenfalls die von der Klägerin in der Abrechnung angesetzten Verwaltungskosten nicht dem Willen und Interesse der Beklagten entsprochen haben dürften, da es sich nach den eigenen Angaben der Klägerin um Kosten ihrer Objektverwaltung und nicht um eine WEG-Verwaltung gehandelt hat.

Auch hinsichtlich der weiteren Kosten hätte es der Klägerin oblegen näher zu erläutern, aufgrund welcher Umstände die aufgewendeten Kosten auch im Interesse der Beklagten erfolgt sind. Dies erscheint jedenfalls im Hinblick auf die Gebäudereinigung fraglich.

Die Klägerin ist mit weiterem Vortrag zur Höhe der Aufwendungen gem. § 531 Abs. 2 Nr. 2 bzw. 3 ZPO ausgeschlossen, da nicht ersichtlich ist, dass ihr dieser in erster Instanz nicht möglich war.

Das Amtsgericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 31.03.2016 einen entsprechenden Hinweis erteilt. Daraufhin hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 18.04.2016 erklärt, sie halte eine weitere Substantiierung nicht für erforderlich.

Insoweit ist die gerügte Verletzung rechtlichen Gehörs nicht ersichtlich.

Der Klägerin wurde hinreichend Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben, die sie jedoch nicht wahrgenommen hat.

Im Übrigen erfolgt auch in der Berufungsbegründung keine weitere Aufschlüsselung der aufgewendeten Kosten. Soweit die Klägerin nach Schluss der mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz vom 24.01.2017 Belege eingereicht hat, ist dieser Vortrag gem. §§ 296 a, 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen.

Unabhängig von der Frage des Vortrags zur Höhe der getätigten Aufwendungen hält die Kammer das Bestehen einer wirksamen Freistellung der Beklagten auch gegenüber der Klägerin jedenfalls ohne Durchführung einer Beweisaufnahme zur Frage des Inhalts der mündlichen Abreden der Parteien vor bzw. bei Abschluss des notariellen Kaufvertrags für fraglich.

Aus dem Vertrag vom 02.10.1989 selbst lässt sich mangels Eintragung ins Grundbuch keine Verpflichtung der Beklagten ableiten.

Auch die Teilungserklärung vom 23.11.1993 enthält in § 4 Abs. 1 lediglich eine Bezugnahme auf die §§ 10 bis 29 WEG, so dass nach dieser der gesetzliche Kostenverteilungsschlüssel des § 16 Abs. 2 WEG mit der Folge einer anteiligen Kostenbeteiligung der Beklagten maßgebend wäre.

Auf den Vertrag vom 02.10.1989 wird in der Teilunsgerklärung lediglich bei den Unterschriften hinsichtlich der Vollmacht für die Notariatsangestellte H hingewiesen, daraus ist das Bestehen einer schuldrechtlichen Verpflichtung nicht ersichtlich.

Aus der notariellen Kaufurkunde vom 05.07.2005 ergibt sich ebenfalls keine ausdrückliche Bezugnahme auf die Freistellungsregelung bzw. den Vertrag vom 02.10.1989, sondern in Ziffer 3. wird lediglich festgestellt, dass der Klägerin die Teilungserklärung vorlag.

Die Kammer neigt auch eher der Auffassung zu, dass die Formulierung „mit der Teilungserklärung“ in Ziffer 3.1 des Vertrages vom 05.07.2005 nicht dahingehend ausgelegt werden kann, dass damit auch die Freistellung der Beklagten aus dem Jahr 1989 umfasst sein sollte, sondern diese vielmehr so zu verstehen ist, dass nur unmittelbar durch die Teilungserklärung begründete Rechte und Pflichten umfasst sein sollten.

Aufgrund dessen käme es auf den Inhalt der mündlich getroffenen Abreden an, deren Formmangel gem. § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB durch den Vollzug des notariellen Kaufvertrags geheilt worden sein dürfte. Insofern ist nicht anzunehmen, dass die Bauherrengemeinschaft den Vertrag ohne die Freistellung der Beklagten abgeschlossen hätte, da sie selbst vertraglich dazu verpflichtet war, diese auf die Klägerin zu übertragen.

Demgegenüber hält die Kammer eine Übernahme der Freistellung durch schlüssiges Verhalten bzw. eine Verwirkung der Erstattungsansprüche durch die Klägerin aufgrund der jahrelangen Praxis, die Betriebskosten allein zu tragen, für zweifelhaft, da die Anwendung eines nicht wirksam beschlossenen bzw. vereinbarten Verteilungsschlüssels auch über einen längeren Zeitraum im WEG-Recht grundsätzlich keine Änderung dieses Verteilungsschlüssels bewirkt. Jedoch entfaltet diese Praxis jedenfalls eine Indizwirkung für das Bestehen einer mündlichen Freistellungsabrede zwischen den Parteien.

Eine Verjährung ist nicht ersichtlich, da die Klageänderung am 31.03.2016 vor Ablauf der gem. §§ 195, 199 Abs. 1 BGB bis zum 31.12.2016 laufenden Verjährungsfrist erfolgte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708Nr. 10, 711, 713 ZPO

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Entspricht die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn, so kann der Geschäftsführer wie ein Beauftragter Ersatz seiner Aufwendungen verlangen. In den Fällen des § 679 steht dieser Anspruch dem Geschäftsführer zu, auch wenn die Übernahme der Geschäftsführung mit dem Willen des Geschäftsherrn in Widerspruch steht.

Macht der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des Auftrags Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, so ist der Auftraggeber zum Ersatz verpflichtet.

(1) Jedem Wohnungseigentümer gebührt ein seinem Anteil entsprechender Bruchteil der Früchte des gemeinschaftlichen Eigentums und des Gemeinschaftsvermögens. Der Anteil bestimmt sich nach dem gemäß § 47 der Grundbuchordnung im Grundbuch eingetragenen Verhältnis der Miteigentumsanteile. Jeder Wohnungseigentümer ist zum Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums nach Maßgabe des § 14 berechtigt.

(2) Die Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, insbesondere der Verwaltung und des gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums, hat jeder Wohnungseigentümer nach dem Verhältnis seines Anteils (Absatz 1 Satz 2) zu tragen. Die Wohnungseigentümer können für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten eine von Satz 1 oder von einer Vereinbarung abweichende Verteilung beschließen.

(3) Für die Kosten und Nutzungen bei baulichen Veränderungen gilt § 21.

(1) Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben, bedarf der notariellen Beurkundung. Ein ohne Beachtung dieser Form geschlossener Vertrag wird seinem ganzen Inhalt nach gültig, wenn die Auflassung und die Eintragung in das Grundbuch erfolgen.

(2) Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, sein künftiges Vermögen oder einen Bruchteil seines künftigen Vermögens zu übertragen oder mit einem Nießbrauch zu belasten, ist nichtig.

(3) Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, sein gegenwärtiges Vermögen oder einen Bruchteil seines gegenwärtigen Vermögens zu übertragen oder mit einem Nießbrauch zu belasten, bedarf der notariellen Beurkundung.

(4) Ein Vertrag über den Nachlass eines noch lebenden Dritten ist nichtig. Das Gleiche gilt von einem Vertrag über den Pflichtteil oder ein Vermächtnis aus dem Nachlass eines noch lebenden Dritten.

(5) Absatz 4 gilt nicht für einen Vertrag, der unter künftigen gesetzlichen Erben über den gesetzlichen Erbteil oder den Pflichtteil eines von ihnen geschlossen wird. Ein solcher Vertrag bedarf der notariellen Beurkundung.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)