WEG: Ganztägige Kinderbetreuung in vermietetem Wohnungseigentum ist unzumutbar



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Das zeigt eine Entscheidung des Landgerichts (LG) Köln. Die Richter wiesen allerdings darauf hin, dass die Zustimmungsverweigerung voraussetze, dass anderenfalls die anderen Wohnungseigentümer oder -mieter unzumutbar beeinträchtigt oder gestört würden. Gleiches gelte, wenn der Charakter des Hauses beeinträchtigt werde. Diese Voraussetzung sei in dem betreffenden Fall erfüllt gewesen. Die Mieterin wollte eine ganztägige Kinderbetreuung in der Wohnung einrichten. In diesem Fall sei die Zustimmungsverweigerung des Verwalters rechtmäßig erfolgt (LG Köln, 29 S 285/10).
Die Entscheidung im Einzelnen lautet:
LG Köln: Urteil vom 11.08.2011 (Az: 29 S 285/10)
Unter Abänderung des Urteils des Amtsgerichts Köln vom 12.11.2010, Az. 204 C 74/10, werden die Beklagten verurteilt, den unzulässigen Gebrauch ihrer Eigentumswohnung Nr. 7, Haus 402, 1. OG rechts in der Wohnanlage A-Straße, ... Köln als ganztätige Tagespflegestelle für bis zu 5 Kinder im Alter von 0 bis 3 Jahren zu unterlassen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz haben die Beklagten zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 11.000 € vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
Die Parteien streiten um die Zulässigkeit, innerhalb einer vermieteten Eigentumswohnung eine ganztägige Kinderbetreuung anzubieten.
Die Parteien sind Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft A-Straße, ... Köln. Die Wohnung der Klägerin befindet sich im Erdgeschoss rechts, die Wohnung der Beklagten, die die Mieterin Frau I2 bewohnt, im 1. Obergeschoss rechts. Frau I2 übt in der Mietwohnung eine Tätigkeit als Tagesmutter aus. Sie betreut dort werktags im Zeitraum vom 7:00 bis 19:00 Uhr bis zu 5 Kinder im Alter vom 0 bis 3 Jahren. Es ist unstreitig, dass Frau I2 hierfür Entgelt erhält. Sie verfügt auch über eine Erlaubnis der Stadt Köln, in ihrer Privatwohnung als Tagespflegeperson bis zu max. fünf fremde Kinder zu beaufsichtigen.
Teil III, § 2 der für die Wohnungseigentumsgemeinschaft maßgeblichen Teilungserklärung vom 23.09.1998 (Bl. 22 d. A.) enthält folgende Regelung:
Die Ausübung eines Gewerbes oder Berufes in der Wohnung ist nur mit Zustimmung des Verwalters zulässig. Die Zustimmung darf nur aus wichtigem Grund verweigert werden. Bei Vorliegen eines wichtigen Grundes kann sie auch von der Erfüllung von Auflagen abhängig gemacht werden. Als wichtiger Grund für die Verweigerung der Zustimmung gilt insbesondere, wenn die Ausübung des Gewerbes oder Berufes eine unzumutbare Beeinträchtigung anderer Wohnungseigentümer oder Hausbewohner befürchten lässt oder wenn sie den Charakter des Hauses beeinträchtigt. Erteilt der Verwalter eine beantragte Zustimmung nicht oder nur unter Auflage oder wird von ihm eine unwiderruflich erteilte Zustimmung widerrufen, so kann der betroffene Miteigentümer einen Beschluss der Gemeinschaft herbeiführen, die die Entscheidung des Verwalters mit dreiviertel Mehrheit der abgegebenen Stimmen ändern kann.
Die Beklagten haben keine Zustimmung für die Tätigkeit ihrer Mieterin beantragt. Die Verwalterin erklärte mit Schreiben vom 05.05.2009, dass sie die Zustimmung wegen der mit der Kinderbetreuung einhergehenden Lärmbelästigungen auch nicht erteilen wird.
Die Verwalterin stellte sodann auf der Eigentümerversammlung vom 28.09.2009 den Antrag zu TOP 3, der eine Beschlussfassung über die Genehmigung der Ausübung der Tätigkeit von Frau I2 vorsieht (Bl. 40 d. A.). Die Mehrheit stimmte für die Genehmigung. Allerdings handelte es sich dabei nicht um die erforderliche ... und ...190; -Mehrheit. Der Antrag wurde daher fälschlicherweise als „angenommen“ bezeichnet, was mit Schreiben vom 22.10.2009 (Bl. 46 d. A.) korrigiert wurde.
Die Beschlussfassung wurde nicht angefochten. Die Mieterin Frau I2 setzte die Kinderbetreuung fort.
Die Klägerin ist der Ansicht, die Mieterin der Beklagten sei aufgrund der Regelung in der Teilungserklärung nicht zur Betreuung von Kleinkindern in der Wohnung berechtigt. Es fehle eine Zustimmung der Verwalterin und der Miteigentümer. Außerdem finde eine erhebliche Lärmbelästigung statt. Die Klägerin hat daraufhin vor dem Amtsgericht Köln auf Unterlassung geklagt.
Das Amtsgericht Köln hat die Klage mit Urteil vom 12.11.2010 (204 C 74/10) abgewiesen mit der Begründung, es handele sich nicht um eine zustimmungsbedürftige gewerbliche Tätigkeit i. S. d. Teilungserklärung. Die Art der Tätigkeit sei von einer normalen Wohnungsnutzung nicht zu unterscheiden.
Das Urteil, auf dessen tatsächliche Feststellungen im Übrigen Bezug genommen wird (Bl. 158 ff. d. A.), wurde der Klägerin am 29.11.2010 zugestellt (Bl. 164 d. A.). Hiergegen hat sie mit Schriftsatz vom 29.12.2010, eingegangen bei Gericht am selben Tag (Bl. 168 d. A.) Berufung eingelegt und diese nach Fristverlängerung bis zum 28.02.2011 (Bl. 180 d. A.) mit Schriftsatz vom 28.02.2011, eingegangen bei Gericht am selben Tag (Bl. 183 d. A.) begründet.
Die Klägerin ist der Ansicht, die Nutzung der Wohnung, so wie sie durch die Mieterin I2 erfolge, sei nicht mit der normalen Nutzung einer Wohnung durch eine mehrköpfige Familie vergleichbar.
Mit der Kinderbetreuung in der Wohnung gingen erhebliche Lärmemissionen und Verschmutzungen, beispielsweise des Treppenhauses, einher. Dies werde vor allem durch den erhöhten Publikumsverkehr hervorgerufen. Die Gemeinschaftsordnung ginge von „Wohnnutzung“ aus, was hier nicht mehr gegeben sei. Im Übrigen sei der Mieterin die Ausübung der Tätigkeit auch durch Beschluss untersagt worden.
Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des Urteils des Amtsgerichts Köln vom 12.11.2010, Az. 204 C 74/10, die Beklagten zu verurteilen, den unzulässigen Gebrauch ihrer Eigentumswohnung Nr. 7, Haus 402, 1. OG rechts in der Wohnanlage A-Straße, ... Köln zu unterlassen im Hinblick auf den Beschluss der ersten außerordentlichen Eigentümerversammlung der Wohnungseigentümergemeinschaft A-Straße, ... Köln vom 28.09.2009 zum Tagesordnungspunkt 3, mit dem der Mieterin Frau I2 die Ausübung der Tätigkeit als Tagesmutter (Betreuung von Kindern) untersagt wurde.
Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen und die Revision zuzulassen.
Sie wenden ein, die Tätigkeit unterliege keiner Zustimmungspflicht. Die Wohnung werde im normalen Maße genutzt, es handele es nicht um eine gewerbliche Tätigkeit. Die Beklagten bestreiten erhebliche Lärmbelästigungen und tragen vor, der Charakter der Anlage werde durch die Tätigkeit der Mieterin auch nicht nachteilig verändert. Zudem gäbe es keinen „Untersagungs-Beschluss“.
Die Berufung ist zulässig und begründet.
Die Klägerin hat einen Anspruch auf Unterlassung aus § 1004 BGB i. V. m. § 15 Abs. 3 WEG haben. Gemäß § 15 Abs. 3 WEG kann jeder Wohnungseigentümer einen Gebrauch der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile und des gemeinschaftlichen Eigentums verlangen, der dem Gesetz, den Vereinbarungen und Beschlüssen und, soweit sich die Regelung hieraus nicht ergibt, dem Interesse der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht.
Den Beklagten ist insoweit zuzustimmen, als dass der Gebrauch der Wohnung nicht dem Beschluss zu TOP 3 der Eigentümerversammlung vom 28.09.2009 widerspricht. Denn dieser Beschluss bestimmt gerade nicht - wie die Klägerin vielfach meint -, dass der Mieterin der Beklagten ihre Tätigkeit als Tagesmutter untersagt wird. Vielmehr fand sich lediglich für die Genehmigung der Tätigkeit nicht die gemäß Teil III § 2 der Teilungserklärung erforderliche...und...190;-Mehrheit. Aus dem Umstand, dass unter Abänderung der Entscheidung der Verwalterin eine Genehmigung nicht mit der erforderlichen Mehrheit beschlossen wurde, ergibt sich aber noch nicht, dass damit das kontradiktorische Gegenteil, nämlich die Untersagung der Tätigkeit, beschlossen wurde. Vielmehr verhält es sich so, dass es in diesem Fall bei der Entscheidung der Verwalterin bleibt.
Unter Berücksichtigung dieses Aspekts war der in der Klageschrift formulierte Antrag der Klägerin nicht ganz zutreffend, so dass er seitens der Kammer seinem Sinngehalt entsprechend abzuändern war. Dies bewegt sich noch im Rahmen zulässiger Auslegung des Antrags.
Da der Beschluss die Entscheidung der Verwalterin nicht abzuändern vermochte, kann hier dahinstehen, ob dieser überhaupt den Vorgaben der Teilungserklärung entsprach. Denn hiernach ist eigentlich vorgesehen, dass der betroffene Miteigentümer, also hier die Beklagten, einen Beschluss herbeiführen können. Im vorliegenden Fall hat die Verwalterin selbst die Beschlussfassung herbeigeführt. Dies ist aber unschädlich, da die Regelung in der Teilungserklärung nur eine „Kann-Vorschrift“ ist. Dass der Verwalterin die Kompetenz zur Herbeiführung eines Beschlusses fehlen soll, ist vom Wortlaut nicht erfasst und kann auch vom Sinn und Zweck der Vorschrift nicht erfasst sein.
Im Gegensatz zum oben genannten Beschluss stellt hingegen die Teilungserklärung eine Vereinbarung i. S. d. § 15 Abs. 3 WEG dar. Hierin ist bestimmt, dass die Ausübung eines Gewerbes oder Berufes in der Wohnungen nur mit Zustimmung des Verwalters zulässig ist, die dieser verweigern kann, wenn die Ausübung des Gewerbes oder Berufes eine unzumutbare Beeinträchtigung anderer Wohnungseigentümer oder Hausbewohner befürchten lässt oder wenn sie den Charakter des Hauses beeinträchtigt.
Die Verwalterin hat die Zustimmung ausdrücklich verweigert. Nach Auffassung der Kammer lagen die Voraussetzungen für eine Verweigerung der Zustimmung auch vor, so dass die Fortsetzung der Kinderbetreuung der Vereinbarung in der Teilungserklärung widerspricht.
zustimmungspflichtige Tätigkeit
Das Amtsgericht Köln hat das Vorliegen einer zustimmungspflichtigen Tätigkeit trotz der Gewinnerzielung verneint. In Anbetracht der Tatsache, dass die Mieterin werktags eine ganztägige Kinderbetreuung von 7:00 Uhr bis 19:00 Uhr anbietet und hierfür ein Entgelt erhält, liegt jedoch nach Auffassung der Kammer eine zustimmungsbedürftige Tätigkeit vor. Ob diese als „Gewerbe“ qualifiziert werden kann oder nicht, kann dahinstehen, da es sich jedenfalls um den „Beruf“ der Mieterin handelt. Einer anderen Tätigkeit kann sie neben dieser Vollzeittätigkeit nicht nachgehen. Ihre Einkünfte erzielt sie daher - wenn nicht ausschließlich, dann doch zumindest zum ganz überwiegenden Teil - aus ihrer Tätigkeit als Tagesmutter. Auch die Ausübung eines Berufes in der Wohnung ist aber von der Zustimmung des Verwalters abhängig. Damit soll gewährleistet werden, dass die Wohnanlage im Kern zu Wohnzwecken genutzt wird.
wichtiger Grund zur Verweigerung der Zustimmung
Die somit erforderliche Zustimmung durfte nur dann versagt werden, wenn ein wichtiger Grund vorlag.
Beeinträchtigung
Zweifelsohne ist der Charakter des Hauses durch die Tätigkeit der Mieterin nicht beeinträchtigt. Hierunter dürften bloß solche Tätigkeiten fallen, die nach außen hin sichtbar sind, wie z. B. die Einrichtung eines Verkaufsraumes etc.
Allerdings gilt als wichtiger Grund im Sinne der Teilungserklärung auch die Befürchtung unzumutbarer Beeinträchtigungen anderer Wohnungseigentümer.
Bei einer vom Einzelfall losgelösten, typisierenden Betrachtung ist davon auszugehen, dass eine ganztägige Kinderbetreuung in einem Wohnhaus zu Beeinträchtigungen führen kann. Denkbar sind hier, wie die Klägerin konkret aufführt, ein erhöhter Lärmpegel sowie eine gesteigerte Besucherfrequenz und damit einhergehende Störungen wie vermehrter Schmutz im Treppenhaus, häufiges Betätigen der Klingel, Türenschlagen - zusammenfassend also größere Unruhe im Haus. Zudem ist auch ein erhöhtes Müllaufkommen durch die Entsorgung der vermehrt anfallenden Windeln zu berücksichtigen.
Der Frage, ob diese Beeinträchtigungen hier tatsächlich vorlagen, war nicht nachzugehen; einerseits nicht, weil das Gericht insoweit eine typisierende Betrachtung anstellt, andererseits nicht, weil die Teilungserklärung es dem Wortlaut gemäß genügen lässt, wenn Beeinträchtigungen „zu befürchten“ sind. Ob diese dann tatsächlich eintreten, spielt insoweit keine Rolle. Bei der Verweigerung der Zustimmung hat der Verwalter daher eine Prognose anzustellen, ob Beeinträchtigungen aller Wahrscheinlichkeit nach eintreten werden. Dies ist bei der hier in Frage stehenden Kinderbetreuung aus den oben genannten Erwägungen der Fall. Ein Ermessensfehler ist nicht ersichtlich.
Unzumutbarkeit
Die zu befürchtenden Beeinträchtigungen sind nach Ansicht der Kammer auch unzumutbar. Sie gehen über diejenigen, die mit einer normalen Wohnungsnutzung einhergehen, hinaus, so dass die Nachbarn nicht zur Duldung verpflichtet sind.
Die Beklagten tragen vor, die Wohnungsnutzung unterscheide sich nicht von derjenigen einer mehrköpfigen Familie. Sicherlich ist den Beklagten insoweit zuzustimmen, als dass viele Beeinträchtigungen ebenso gut von einer kinderreichen Familie ausgehen können, z. B. aus der Wohnung dringender Kinderlärm, Getrampel, Weinen etc. Diese Beeinträchtigungen wären - gingen sie von einer kinderreichen Familie aus - von den Nachbarn zu dulden, auch wenn beispielsweise erhöhter Lärm beim Verlassen und Betreten des Hauses - vor allem in der Gruppe - entsteht. Selbstverständlich ist auch zu dulden, wenn die Kinder nachmittags Besuch von Gleichaltrigen erhalten und diese hierzu von ihren Müttern gebracht und abgeholt werden.
Hier liegt der Fall jedoch anders. Durch die Kinderbetreuung wird Unruhe im Haus gestiftet, die bei einer Wohnungsnutzung durch eine Familie nicht in diesem Maße aufträte. Hierzu zählt zum einen der tägliche Publikumsverkehr zu ungewöhnlichen Zeiten. So findet das Bringen der Kinder durch die Eltern nicht etwa erst nachmittags statt, sondern bereits morgens ab ca. 7:00 Uhr. Zudem kommen jeden Tag mehrere Kinder ins Haus. Dass damit auch eine stärkere Verschmutzung des Treppenhauses einhergeht, liegt auf der Hand.
Im Mietrecht ist diese Problematik obergerichtlich bereits mehrfach entschieden worden. Dort ging es stets um die Frage, ob ein Vermieter von seinem Mieter Unterlassung der Nutzung der Wohnung verlangen könne, was dann der Fall ist, wenn die Nutzung nicht mehr vom Wohnzweck gedeckt ist. Hier liegt eine vergleichbare Interessenlage vor, dass diese Rechtsprechung herangezogen werden kann.
Die Grenze zum Wohnzweck ist dabei grundsätzlich überschritten, wenn die Nutzung als kommerziell angesehen werden kann. Maßgebliches Kriterium sei hierfür der anfallende Publikumsverkehr. Auch das OLG Köln ist der Ansicht, es habe eine typisierende Betrachtung stattzufinden, bei der verglichen wird, ob die Beeinträchtigung größer ist als bei einer Nutzung zu Wohnzwecken. Hierbei spiele die Besucherfrequenz eine entscheidende Rolle.
Das Landgericht Berlin hat beispielsweise eine nicht (mehr) vertragsgemäße Nutzung angenommen, wenn im Rahmen einer sog. Großpflegestelle werktäglich fünf Kinder gegen Entgelt betreut werden. Die Betreuung mehrerer Kinder sei eine nicht nur geringfügig einzustufende regelmäßige Dienstleistung, die äußerlich mit nicht unerheblichem Publikumsverkehr (Bringen und Abholen der Kinder) und einigem Raumbedarf verbunden ist. Dabei spielt es nach Ansicht des Landgerichts Berlin keine Rolle, ob die Kinderbetreuung grundsätzlich (politisch) wünschenswert sei.
Das Landgericht Hamburg ist sogar der Ansicht, dass die Betreuung von drei fremden Kindern neben einem eigenen sich nicht mehr im Rahmen des Zumutbaren befinde
Auch aus einer Entscheidung des Kammergerichts lässt sich nichts anderes herleiten. Dort wurde zwar ein für Jugendliche eingerichtetes betreutes Wohnen nicht als Gewerbe angesehen. Allerdings wurde hier argumentiert, dass es sich insoweit schließlich um ein familienähnliches Zusammenwohnen handele, das auf gewisse Dauer angelegt sei. Die Nutzung sei zulässig, da sie mit der durch eine Familie oder Partnerschaft ausgeübten Nutzung vergleichbar sei. Hier geht es jedoch nicht um ein Zusammenleben auf Dauer, sondern um eine lediglich tagsüber stattfindende Kinderbetreuung. Die Tagesmutter bietet lediglich ein Zusammenleben auf Zeit an, was mit einem ständigen Bringen und Abholen einhergeht.
Ein zu berücksichtigender Einwand ist sicherlich auch, dass im Familienverbund aufwachsende Kinder älter werden, sich also nicht immer Kleinkinder in der Wohnung aufhalten würden, so dass die Nachbarn die Aussicht haben, dass die Lärmbeeinträchtigungen mit zunehmendem Alter der Kinder nachlassen oder sich zumindest verändern. Diese Perspektive hat die Klägerin nicht. Werden die Kinder älter, bedürfen sie der Betreuung durch die Mieterin nicht mehr. Statt ihrer übernimmt die Mieterin dann wieder die Betreuung neuer Kleinkinder.
Aufgrund der aufgezeigten Unterschiede zwischen einer kinderreichen Familie und einer mehrere Kleinkinder betreuenden Tagesmutter ergibt sich, dass die weitere Ausübung der Tätigkeit der Mieterin im derzeitigen, konkreten Umfang (5 Kinder) unzulässig ist und der Klägerin daher ein Unterlassungsanspruch zusteht. Die Kammer verkennt dabei nicht, dass das politisch wünschenswerte und in §§ 23, 24 SGB VIII normierte Ziel, umfassende Kinderbetreuung durch Privatpersonen zu fördern, dadurch unter Umständen beeinträchtigt werden kann. Die staatlich angestrebte Form der Kinderbetreuung kann jedoch nicht uneingeschränkt zulasten von Wohnungseigentümern gehen, in deren Wohnanlage dann Tagespflegepersonen mehrere Kinder mit entsprechender Erlaubnis seitens der Stadt betreuen. Den Wohnungseigentümer steht es frei, in ihrer Wohnanlage die Ausübung einer solchen Tätigkeit zu gestatten oder nicht, denn dies ist Ausfluss des mit dem Eigentum verknüpften Bestimmungsrechts. Hieran kann auch eine von der Stadt erteilte Erlaubnis zum Tätigwerden als Tagespflegeperson nichts ändern. Die Möglichkeiten, Tagespflege anzubieten, sind damit nicht unverhältnismäßig eingeschränkt. Zum einen betrifft diese Konstellation nur die Betreuung von Kindern in einer Mietwohnung. Zum anderen ist es den jeweiligen Eigentümern im Falle von einschränkenden Regelungen zur Nutzung des Sondereigentums möglich und zumutbar, sich vorab um die Einholung einer ggf. erforderlichen Zustimmung der Wohnungseigentümer zur Ausübung dieser Tätigkeit zu bemühen.


Rechtsanwältin


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(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.
(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.
Wer Wohnungseigentum gebraucht, ohne Wohnungseigentümer zu sein, hat gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und anderen Wohnungseigentümern zu dulden:
- 1.
die Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums und des Sondereigentums, die ihm rechtzeitig angekündigt wurde; § 555a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt entsprechend; - 2.
Maßnahmen, die über die Erhaltung hinausgehen, die spätestens drei Monate vor ihrem Beginn in Textform angekündigt wurden; § 555c Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 und 2, Absatz 2 bis 4 und § 555d Absatz 2 bis 5 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gelten entsprechend.
(1) Die Förderung in Kindertagespflege nach Maßgabe von § 24 umfasst die Vermittlung des Kindes zu einer geeigneten Kindertagespflegeperson, soweit diese nicht von der erziehungsberechtigten Person nachgewiesen wird, deren fachliche Beratung, Begleitung und weitere Qualifizierung sowie die Gewährung einer laufenden Geldleistung an die Kindertagespflegeperson.
(2) Die laufende Geldleistung nach Absatz 1 umfasst
- 1.
die Erstattung angemessener Kosten, die der Kindertagespflegeperson für den Sachaufwand entstehen, - 2.
einen Betrag zur Anerkennung ihrer Förderungsleistung nach Maßgabe von Absatz 2a, - 3.
die Erstattung nachgewiesener Aufwendungen für Beiträge zu einer angemessenen Unfallversicherung sowie die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung der Kindertagespflegeperson und - 4.
die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Kranken- und Pflegeversicherung.
(2a) Die Höhe der laufenden Geldleistung wird von den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe festgelegt, soweit Landesrecht nicht etwas anderes bestimmt. Der Betrag zur Anerkennung der Förderungsleistung der Kindertagespflegeperson ist leistungsgerecht auszugestalten. Dabei sind der zeitliche Umfang der Leistung und die Anzahl sowie der Förderbedarf der betreuten Kinder zu berücksichtigen.
(3) Geeignet im Sinne von Absatz 1 sind Personen, die sich durch ihre Persönlichkeit, Sachkompetenz und Kooperationsbereitschaft mit Erziehungsberechtigten und anderen Kindertagespflegepersonen auszeichnen und über kindgerechte Räumlichkeiten verfügen. Sie sollen über vertiefte Kenntnisse hinsichtlich der Anforderungen der Kindertagespflege verfügen, die sie in qualifizierten Lehrgängen erworben oder in anderer Weise nachgewiesen haben.
(4) Erziehungsberechtigte und Kindertagespflegepersonen haben Anspruch auf Beratung in allen Fragen der Kindertagespflege. Für Ausfallzeiten einer Kindertagespflegeperson ist rechtzeitig eine andere Betreuungsmöglichkeit für das Kind sicherzustellen. Zusammenschlüsse von Kindertagespflegepersonen sollen beraten, unterstützt und gefördert werden.
(1) Ein Kind, das das erste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist in einer Einrichtung oder in Kindertagespflege zu fördern, wenn
- 1.
diese Leistung für seine Entwicklung zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit geboten ist oder - 2.
die Erziehungsberechtigten - a)
einer Erwerbstätigkeit nachgehen, eine Erwerbstätigkeit aufnehmen oder Arbeit suchend sind, - b)
sich in einer beruflichen Bildungsmaßnahme, in der Schulausbildung oder Hochschulausbildung befinden oder - c)
Leistungen zur Eingliederung in Arbeit im Sinne des Zweiten Buches erhalten.
(2) Ein Kind, das das erste Lebensjahr vollendet hat, hat bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.
(3) Ein Kind, das das dritte Lebensjahr vollendet hat, hat bis zum Schuleintritt Anspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung. Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben darauf hinzuwirken, dass für diese Altersgruppe ein bedarfsgerechtes Angebot an Ganztagsplätzen zur Verfügung steht. Das Kind kann bei besonderem Bedarf oder ergänzend auch in Kindertagespflege gefördert werden.
(4) Für Kinder im schulpflichtigen Alter ist ein bedarfsgerechtes Angebot in Tageseinrichtungen vorzuhalten. Absatz 1 Satz 3 und Absatz 3 Satz 3 gelten entsprechend.
(5) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die von ihnen beauftragten Stellen sind verpflichtet, Eltern oder Elternteile, die Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 in Anspruch nehmen wollen, über das Platzangebot im örtlichen Einzugsbereich und die pädagogische Konzeption der Einrichtungen zu informieren und sie bei der Auswahl zu beraten. Landesrecht kann bestimmen, dass die erziehungsberechtigten Personen den zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die beauftragte Stelle innerhalb einer bestimmten Frist vor der beabsichtigten Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis setzen.
(6) Weitergehendes Landesrecht bleibt unberührt.