Überholverbot: Überholverbot verbietet auch die Fortsetzung des Überholvorgangs

published on 01.12.2014 13:12
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Das Zeichen 276 verbietet nicht nur den Beginn, sondern auch die Fortsetzung und die Beendigung des Überholvorgangs innerhalb der Überholverbotszone.
Die Vorschriftzeichen 276 „Überholverbot für Kraftfahrzeuge aller Art“ und 277 „Überholverbot für Kraftfahrzeuge über 3,5 t“ der Straßenverkehrsordnung verbieten nicht nur den Beginn, sondern grundsätzlich auch die Fortsetzung und die Beendigung eines bereits zuvor begonnenen Überholvorgangs innerhalb der Überholverbotszone.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Falle eines Lkw-Fahrers beschlossen. Dieser befuhr mit seinem Lkw die BAB 1. Im Bereich eines geltenden Überholverbots, angeordnet zunächst durch das Vorschriftzeichen 277 der Straßenverkehrsordnung und sodann durch das Vorschriftzeichen 276 der Straßenverkehrsordnung mit dem Zusatzzeichen 1049-13 (Geltung nur für Lkw, Busse und Pkw mit Anhänger), überholte der Betroffene mehrere auf dem rechten Fahrstreifen fahrende Fahrzeuge. Für diese Fahrweise erhielt er wegen fahrlässigen Verstoßes gegen das Überholverbot eine Geldbuße von 70 EUR. Die Geldbuße wollte der Betroffene nicht akzeptieren, unter anderem mit der Begründung, er habe den Überholvorgang vor Beginn der Überholverbotszone begonnen und danach mangels ausreichender Lücke zwischen den überholten Fahrzeugen nicht eher nach rechts einscheren können.

Seine Rechtsbeschwerde hatte keinen Erfolg. Die Überholverbotszeichen der Straßenverkehrsordnung verbieten nach Ansicht des OLG nicht nur den Beginn, sondern auch die Fortsetzung und die Beendigung des Überholvorgangs innerhalb der Überholverbotszone. Ein bereits vor Beginn der Überholverbotszone eingeleiteter Überholvorgang müsse noch vor dem Verbotsschild abgebrochen werden. Wer sich bei Beginn der Überholverbotszone mit seinem Fahrzeug bereits schräg vor dem zu überholenden Fahrzeug befinde, zu diesem aber noch keinen hinreichenden Sicherheitsabstand gewonnen habe, sodass er vor dem überholten Fahrzeug einscheren könne, müsse das Überholmanöver ebenfalls abbrechen. Er müsse sein Fahrzeug gegebenenfalls verlangsamen und sich zurückfallen lassen. Das gelte auch im vorliegenden Fall. Der Betroffene hätte, wenn er tatsächlich den Überholvorgang noch vor Beginn der Überholverbotsstrecke begonnen haben sollte, beim Ansichtigwerden des ersten Überholverbotsschilds den Überholvorgang rechtzeitig abbrechen müssen. Den Fall, dass ein solcher Abbruch nicht gefahrlos möglich ist, hatte das OLG nicht zu entscheiden.


Die Entscheidung im Einzelnen lautet:

OLG Hamm, Beschluss vom 07.10.2014 (Az.: 1 RBs 162/14):

Das Zeichen 276 verbietet nicht nur den Beginn, sondern auch die Fortsetzung und die Beendigung des Überholvorgangs innerhalb der Überholverbotszone; ein bereits eingeleiteter Überholvorgang muss andernfalls noch vor dem Verbotsschild abgebrochen werden.

Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde wird verworfen, da es nicht geboten ist, die Nachprüfung des angefochtenen Urteils zur Fortbildung des materiellen Rechts zu ermöglichen oder das Urteil wegen Versagung des rechtlichen Gehörs aufzuheben. Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens trägt der Betroffene.

Ergänzend zur zutreffenden Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft Hamm vom 15.09.2014, welche dem Betroffenen bzw. seinem Verteidiger bekannt gemacht worden ist und der sich der Senat nach eigener Prüfung anschließt, merkt der Senat Folgendes an:

Soweit der Betroffene ausführt, dass das Urteil den von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen zur Beweiswürdigung nicht entspreche, könnte sich daraus nur der Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ergeben, der in der vorliegenden Konstellation aufgrund der Höhe der verhängten Geldbuße aber gerade nicht eingreift.

Weiter ist auf Folgendes hinzuweisen: In der höchstrichterlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass ein Verbotszeichen sofort, d. h. von der Stelle an zu befolgen ist, an der es angebracht ist. Das Zeichen 276 verbietet nach wohl ebenso einhelliger Auffassung nicht nur den Beginn, sondern auch die Fortsetzung und die Beendigung des Überholvorgangs innerhalb der Überholverbotszone; ein bereits eingeleiteter Überholvorgang muss andernfalls noch vor dem Verbotsschild abgebrochen werden. Wer sich mit seinem Fahrzeug schräg vor dem zu überholenden Fahrzeug befindet, zu diesem aber noch keinen hinreichenden Sicherheitsabstand gewonnen hat, muss das Überholmanöver abbrechen, gegebenenfalls verlangsamen und sich zurückfallen lassen.

Auch, wenn nach den tatrichterlichen Feststellungen in Verbindung mit der Beweiswürdigung im angefochtenen Urteil letztlich nicht ganz klar wird, ob der Betroffene seinen Überholvorgang erst bei Kilometer 323,000 begonnen hat , oder ob dem Betroffenen seitens des die Tat beobachtenden Polizeibeamten der Verkehrsverstoß erst ab Kilometer 323,000 „zugerechnet“ wurde, obwohl der Überholvorgang bereits vor der Überholverbotsstrecke begonnen worden war, weil sich dem Betroffenen möglicherweise vor Kilometer 323,000 keine Möglichkeit zu einem gefahrlosen Wiedereinordnen auf dem rechten Fahrstreifen geboten hat, kann sich angesichts der oben zitierten Rechtsprechung kein Anlass zur Fortbildung des Rechts ergeben. Der Betroffene hätte - wenn er tatsächlich den Überholvorgang noch vor Beginn der Überholverbotsstrecke begonnen haben sollte - bei Ansichtigwerden bereits des ersten Überholverbotsschildes den Überholvorgang entweder beendet oder abgebrochen haben müssen.

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published on 07.10.2014 00:00

Tenor Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde wird verworfen, da es nicht geboten ist, die Nachprüfung des angefochtenen Urteils zur Fortbildung des materiellen Rechts zu ermöglichen oder das Urteil wegen Versagung des rechtlichen Gehörs aufzu
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Tenor

Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde wird verworfen, da es nicht geboten ist, die Nachprüfung des angefochtenen Urteils zur Fortbildung des materiellen Rechts zu ermöglichen oder das Urteil wegen Versagung des rechtlichen Gehörs aufzuheben (§ 80 Abs. 1, 2, 4 Satz 3 OWiG).Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens trägt der Betroffene (§ 473 Abs. 1 StPO in Verbindung mit § 46 Abs. 1 OWiG).


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