Strafrecht: Zur Bemessung der Höhe des Tagessatzes bei einem ALG II-Bezieher


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Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Merseburg vom 26. März 2017 aufgehoben
- im Ausspruch über die Tagessatzhöhe,
- soweit dem Angeklagten Keine Zahlungserleichterungen bewilligt worden sind.
Gründe:
Das Amtsgericht hat den Angeklagten wegen fünf Straftaten zur Gesamtgeldstrafe von 160 Tagessätzen zu je 15 Euro verurteilt. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Angeklagten, die wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt wurden ist.
Das Rechtsmittel hat den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg, im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Die Feststellungen des Amtsgerichts zur Einkommenssituation des Angeklagten sind sehr knapp, sie beschränken sich darauf, dass er Arbeitslosengeld II erhält.
Feststellungen dazu, ob er außer dem Regelsatz weitere Zuwendungen, etwa für Miete, erhält, fehlen.
Daher kann der Senat nur den Regelsatz von 409 Euro zugrunde legen. Das ergibt nach § 40 Abs. 2 Satz 2 StGB zunächst im Ausgangspunkt eine Tagessatzhöhe von 13 Euro. das Gericht hat indes 15 Euro festgesetzt. Davon abgesehen beträgt die Höhe eines Tagessatzes nur "in der Regel" 1/30 des monatlichen Nettoeinkommens. Eine Senkung des so ermittelten Tagessatzes kommt bei einer hohen Tagesatzzahl, die wie hier 90 Tagessätze deutlich übersteigt, ebenso in Betracht wie in den Fällen, in denen die Einkünfte des Täters am Rande des Existenzminimums liegen. Liegen solche Umstände vor, bedarf es einer Ermessensausübung dahingehend, ob die Tagessatzhöhe unter 1/30 des Monatseinkommens gesenkt wird. Aus dem Satz "Die Tagessatzhöhe ergibt sich aus den Einkommensverhältnissen des Angeklagten" folgt, dass das Gericht keine dahingehenden Überlegungen angestellt hat.
Angesichts der Höhe der Gesamtgeldstrafe und der Einkommensverhältnisse des Angeklagten liegt es nahe, ihm Zahlungserleichterungen nach §42 StGB zu bewilligen.


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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Die Geldstrafe wird in Tagessätzen verhängt. Sie beträgt mindestens fünf und, wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt, höchstens dreihundertsechzig volle Tagessätze.
(2) Die Höhe eines Tagessatzes bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters. Dabei geht es in der Regel von dem Nettoeinkommen aus, das der Täter durchschnittlich an einem Tag hat oder haben könnte. Ein Tagessatz wird auf mindestens einen und höchstens dreißigtausend Euro festgesetzt.
(3) Die Einkünfte des Täters, sein Vermögen und andere Grundlagen für die Bemessung eines Tagessatzes können geschätzt werden.
(4) In der Entscheidung werden Zahl und Höhe der Tagessätze angegeben.
Ist dem Verurteilten nach seinen persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen nicht zuzumuten, die Geldstrafe sofort zu zahlen, so bewilligt ihm das Gericht eine Zahlungsfrist oder gestattet ihm, die Strafe in bestimmten Teilbeträgen zu zahlen. Das Gericht kann dabei anordnen, daß die Vergünstigung, die Geldstrafe in bestimmten Teilbeträgen zu zahlen, entfällt, wenn der Verurteilte einen Teilbetrag nicht rechtzeitig zahlt. Das Gericht soll Zahlungserleichterungen auch gewähren, wenn ohne die Bewilligung die Wiedergutmachung des durch die Straftat verursachten Schadens durch den Verurteilten erheblich gefährdet wäre; dabei kann dem Verurteilten der Nachweis der Wiedergutmachung auferlegt werden.