Strafprozessrecht: Die Würdigung von Zeugenaussagen nach der Strafprozessordnung
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Ausführungen zu den Zeugnisverweigerungsrechten finden Sie hier.
Im Gesetz finden sich kaum Anhaltspunkte, wie Zeugenbeweise zu werten sind. Die einzige Aussage enthält § 261 StPO:
"Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung."
Bei Zeugen unterscheidet man zwischen der Glaubwürdigkeit der Person und der Glaubhaftigkeit der Aussage.
Hinsichtlich der Glaubwürdigkeit spielen z.B. eine Rolle, ob die Aussage sich vollständig mit der anderer Zeugen oder der Einlassung des Beschuldigten deckt, so dass es nach einer abgesprochenen Aussage aussieht. Weiterhin sind solche Momente relevant, ob der Zeuge ein eigenes persönliches oder wirtschaftliches Interesse am Ausgang des Verfahrens hat oder andere Aussagemotive existieren.
Bei der Glaubhaftigkeit gilt die Grundregel, der Lügner kommt immer sofort auf den Punkt, kann sich aber an Details nicht erinnern.
Für eine wahrheitsgetreue Aussagen sprechen daher originelle Details, individuelle der Persönlichkeit und dem Bildungsstand entsprechende Ausführungen, eine assoziative Erzählweise mit Detailreichtum und ggf. auch Erweiterungen gegenüber früheren Ausführungen, auch Selbstkorrekturen und Belastungen.
Zu Berücksichtigen sind bei dem vorstehenden auch, ob die Aussagen mit der Wahrnehmungsfähigkeit überein stimmen. Das Nummernschild wird ein Zeitungslesender Mitfahrer, der wegen Kurzsichtigkeit die Brille abgesetzt hat, nur schwer erkannt haben können.
Gegen eine wahrheitsgetreue Aussage sprechen fehlende Details und Abstraktheit der Ausführungen. Ein klares Indiz für Lügen sind natürlich Widersprüche während der Aussage und ggf. Verweigerungen oder stoisches Wiederholen der selben Floskeln.
Neben diesen Erfahrungswerten sind auch Beobachtungen zur Rhetorik des Aussagenden hilfreich. Wenn jemand versucht der Situation zu entflihen, wird sein Blick nach unten links gehen. Wenn er sich versucht zu erinnern, so schaut man unbewußt nach oben und lehnt sich leicht zurück. Ein geschulter Richter, Staatsanwalt und natürlich auch Verteidiger kann anhand solcher Indizien erkennen, wem eher zu glauben ist. Die These, wonach die Anzahl der Zeugen maßgeblich ist daher schlicht falsch.
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Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.