Gesellschaftsrecht: Zur Anerkennung eines gerichtlich genehmigten Vergleichsplans nach englischem Gesellschaftsrecht
Der Anerkennung eines gerichtlich genehmigten Vergleichsplans nach englischem Gesellschaftsrecht ("Scheme of Arrangement"), der eine Lebensversicherung betrifft, stehen jedenfalls die Vorschriften über die Zuständigkeit in Versicherungssachen gemäß Artt. 8, 12 Abs. 1, 35 EuGVVO entgegen.
Die Verjährung eines auf das negative Interesse gerichteten Schadensersatzanspruchs aus vorvertraglichem Verschulden richtet sich nicht nach § 12 Abs. 1 VVG a.F., sondern nach den §§ 195, 199 BGB (Bestätigung Senatsbeschluss vom 16. Dezember 2009 - IV ZR 195/08).
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 8. September 2009 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand:
Der Kläger macht gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche anlässlich des Abschlusses einer englischen Lebensversicherung mit Überschussbeteiligung geltend.
Die Beklagte, ein englisches Versicherungsunternehmen, vertrieb bis 2001 über Mitarbeiter ihrer deutschen Niederlassung Lebens- und Rentenversicherungen mit Überschusssystem. Bei der Vermarktung ihrer Produkte stellte sie ihre hohen Überschüsse aus der Vergangenheit mit Werten deutlich über denen ihrer deutschen Mitbewerber heraus.
Mit Wirkung zum 1. März 1999 schloss der Kläger bei der Beklagten einen Versicherungsvertrag über eine "überschussbeteiligte flexible Investment-Lebensversicherung" ab. Der monatliche Beitrag betrug 4.174 DM und sollte bis zum 1. Februar 2007 gezahlt werden. Die garantierte Erlebensfallsumme zum 1. März 2011 belief sich auf 368.989 DM. Der Vertrag unterfällt gemäß II Kap. 1 Nr. 3 der ihm zugrunde liegenden "Versicherungsbedingungen für die überschussbeteiligte flexible Investment-Lebensversicherung" deutschem Recht. Nach den Bestimmungen zur Überschussbeteiligung in II Kap. 7 Nr. 1 der Versicherungsbedingungen werden zunächst jährlich festgesetzte Überschussbeteiligungen dem jeweiligen Vertrag zugeordnet und Teil der vertraglich garantierten Leistung, wobei eine vorherige separate Auszahlung von Überschüssen nicht möglich ist. Ferner kann bei Ablauf des Vertrags eine weitere Beteiligung an den Überschüssen in Form einer Schlussüberschussbeteiligung in Betracht kommen.
Der Kläger erhielt auf seinen Vertrag bis 2002 Überschüsse, während der Vertragswert seit 2003 stagniert. Seit dem 1. Januar 2006 ist die Versicherung beitragsfrei gestellt.
Mitte der 1990er Jahre bekam die Beklagte Schwierigkeiten mit Verträgen britischer Bestandskunden. Seit 1957 hatte sie in Großbritannien Versicherungsverträge mit garantierter Ablaufleistung (sog. "Guaranteed Annuity Rate", abgekürzt "GAR") abgeschlossen. Hiernach hatten die Versicherungsnehmer bei Fälligkeit der Versicherung das Wahlrecht zwischen einer bestimmten garantierten Rente und der zum Zeitpunkt der Fälligkeit geltenden Überschussrate, d.h. der am Kapitalmarkt durch die Beklagte erwirtschafteten Rente. Ferner enthielten zahlreiche Verträge auch garantierte Anlageerträge (sog. "Guaranteed Interest Rate", abgekürzt "GIR"), die dem jeweiligen Versicherungsnehmer einen jährlichen Mindestwertzuwachs gewährleisteten. Ab 1993 fielen die Zinssätze am Kapitalmarkt unter die Rentensätze bei garantierter Ablaufleistung, woraufhin Versicherungsnehmer die vertraglich zugesagte höhere Rente wählten. Den hieraus resultierenden finanziellen Belastungen begegnete die Beklagte dadurch, dass sie bei Inanspruchnahme einer im Vertrag garantierten Rente einen geringeren Schlussüberschussanteil zuteilte als bei Wahl der am Kapitalmarkt erwirtschafteten Rente (sog. "differentielle Schlussüberschusspolitik"). Diese Praxis wurde der Beklagten im sog. "Hyman-Urteil" des britischen House of Lords vom 20. Juli 2000 letztinstanzlich untersagt. Ihr wurde darin weiterhin verboten, den erforderlichen Mittelausgleich allein zwischen den Verträgen mit garantierter Ablaufleistung GAR vorzunehmen. Die Auszahlung der höheren garantierten Renten war deshalb nur zu Lasten der Überschussbeteiligungen auch der übrigen Verträge ohne garantierte Rente möglich.
Im August 2000 unterrichtete die Beklagte den Kläger über die Ergebnisse des "Hyman-Urteils". In dem Rundschreiben heißt es u.a.:
"Es war schon immer die Unternehmensphilosophie der E. , die Gewinne in möglichst hohem Umfang
in Form von zeitnahen Überschüssen an die Versicherungsnehmer weiterzugeben, anstatt hohe Reserven zu bilden, was zu geringeren Renditen für die Versicherungsnehmer führen würde. Im Gegensatz zu anderen britischen Versicherungsunternehmen, die ebenfalls GAR-Policen vertrieben haben, hat E. daher keine zusätzlichen Reserven, die zur Abdeckung der nun höheren Leistungen der GAR-Verträge herangezogen werden könnten. ..."
Die Beklagte führte in der Folgezeit ein sog. Vergleichsplanverfahren ("Scheme of Arrangement") nach § 425 des Britischen Companies Act 1985 durch. Dieses sieht im Ergebnis vor, dass die Versicherungsnehmer auf Ansprüche, die in Zusammenhang mit den Verträgen mit garantierter Ablaufleistung GAR stehen, verzichten und dafür der Versicherungswert ihrer Verträge um 2,5% erhöht wird. Der Vergleichsplan bestimmt insoweit:
"4.1 Am und mit Wirkung vom Tag des Wirksamwerdens:
(c)werden alle mit GAR zusammenhängenden Ansprüche, die ein unter die Regelung fallender Versicherungsnehmer in Verbindung mit dem überschussbeteiligten GAR- und/oder Nicht-GAR-Fonds unter Umständen oder mit Sicherheit hat, aufgehoben und vollständig, endgültig und unwiderruflich erledigt; und
(d)werden vorbehaltlich Klausel 5, 8 und 12:
ii) die Nicht-GAR-Versicherungswerte und die NichtGAR-Garantiewerte einer unter die Regelung fallenden Versicherung jeweils in Übereinstimmung mit den Vorkehrungen in Teil B des Anhangs erhöht."
Im Zuge dieses Verfahrens versandte die Beklagte umfangreiches Informationsmaterial an den Kläger. Hierzu gehörte eine im Dezember 2001 übermittelte Broschüre mit dem Titel "Antworten auf Ihre Fragen", in der es auszugsweise heißt:
"Die Zahlung der Leistungen aus Rentenversicherungen mit einem garantierten Rentensatz (GAR), die die Society bis 1988 abgeschlossen hat, kostet heutzutage und vielleicht auch in Zukunft mehr, als die Society erwartet hatte; und die Society kann nicht wissen, wie viel die GAR-Leistungen in den nächsten 40 Jahren tatsächlich kosten werden. … Versicherungsnehmer ohne garantierten Rentensatz (Nicht-GAR-Versicherungsnehmer) können unter Umständen Ansprüche gegenüber der Society geltend machen, weil sie über das Bestehen oder die potentielle kostenmäßige Auswirkung der GAR nicht informiert oder nicht richtig informiert wurden. Diese Ansprüche sind in der Beschreibung der mit GAR zusammenhängenden Ansprüche inbegriffen. Sämtliche Kosten werden von den überschussbeteiligten Versicherungsnehmern der Society getragen. Wenn die verschiedenen Ansprüche nicht erledigt werden, könnten die zu ihrer Beilegung erforderlichen Maßnahmen die Überschussanteile auf Jahre hinaus belasten. Dies bedeutet, dass der Wert Ihres überschussbeteiligten Vertrages gefährdet ist. Er ist bereits beeinträchtigt worden und wird möglicherweise nicht mehr so schnell steigen, wie er ohne diese Probleme gestiegen wäre."
Im "Vorschlag einer Vergleichsregelung", den der Kläger erhielt, ist weiterhin ausgeführt:
"Der historische Ansatz der Society hinsichtlich des Finanzmanagements zeichnete sich durch die folgenden zwei Merkmale aus:
(i) dem sehr geringen Eigenkapital (falls überhaupt vorhanden)
Da die Anlagerenditen geglättet wurden, entspricht der Betrag, um den die Versicherungswerte angehoben wurden, nicht genau der Rendite, die tatsächlich aus dem angelegten Vermögen erzielt wird. Das heißt, dass die Gesamtsumme aller Versicherungswerte größer sein kann als der Gesamtwert des Vermögens. ...
Am 31. Dezember 2000 überstieg die Gesamtsumme der Versicherungswerte den Vermögenswert um rund 10%. ..."
An anderer Stelle heißt es:
"Darüber hinaus ist die Sterblichkeitstabelle, die für die Versicherungen mit GAR-Rechten verwendet wurde, überholt, da die menschliche Lebenserwartung gestiegen ist und Renten demzufolge länger ausgezahlt werden. Im Gegensatz zu den GAR der Society werden die aktuellen von der Society und anderen Rentenanbietern angebotenen Rentensätze unter Bezugnahme auf aktuelle Sterblichkeitstabellen berechnet, bei denen davon ausgegangen wird, dass Rentenempfänger erheblich länger leben als zu dem Zeitpunkt angenommen wurde, als die GAR für die Versicherungen mit Überschussbeteiligung mit GAR-Rechten berechnet wurden."
Der Kläger sieht zahlreiche Aufklärungspflichtverletzungen der Beklagten. Diese habe ihm folgende Umstände nicht offenbart: riskantes Überschussmodell, unzureichend gebildetes Deckungskapital, überhöhte Zuteilung von Überschüssen in der Vergangenheit, unzureichende Sterblichkeitsrückstellungen, Garantieversprechen in Verträgen britischer Bestandskunden und Quersubventionierung von Altverbindlichkeiten durch neue Versicherungsnehmer. Außerdem sei ihre Werbung mit Überschüssen irreführend gewesen. Bei korrekter Aufklärung hätte er keine Lebensversicherung bei der Beklagten abgeschlossen. Als Schadensersatz verlangt er die an die Beklagten gezahlten Beiträge, den Zinsausfallschaden durch unterlassene Anlage des Geldes in einer anderen Anlageform sowie Erstattung der steuerlichen Nachteile durch vorzeitige Rückabwicklung der Lebensversicherung.
Die Beklagte meint, der Kläger sei an der Geltendmachung von Ansprüchen gehindert, da der Vergleichsplan nach englischem Gesellschafsrecht durch die erteilte gerichtliche Genehmigung allen vom Vergleichsplan betroffenen Versicherungsnehmern gegenüber wirksam geworden sei. Hilfsweise erhebt die Beklagte die Einrede der Verjährung, weil sie in den Jahren 2000 und 2001 im Zuge der Information über die Ergebnisse des Hyman-Verfahrens und den Vorschlag eines Vergleichsplans den Kläger umfassend über die von ihm behaupteten Unregelmäßigkeiten informiert habe und daher Verjährung spätestens Ende 2004 eingetreten sei.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung hiergegen ist erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Entscheidungsgründe:
Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Das Berufungsgericht, dessen Urteil unter anderem in VersR 2010, 612 ff. veröffentlicht ist, hat dem englischen Vergleichsplanverfahren keine Sperrwirkung zugebilligt. Es handele sich weder um ein anerkennungsfähiges ausländisches Insolvenzverfahren noch um eine gerichtliche Entscheidung i.S. des Art. 32 EuGVVO. Zudem sei die Zuständigkeitsvorschrift des Art. 12 Abs. 1 EuGVVO verletzt, so dass eine Anerkennung nach Art. 35 Abs. 1 EuGVVO ausscheide.
Alle geltend gemachten Ansprüche seien kenntnisunabhängig gemäß § 12 Abs. 1 VVG a.F. verjährt. Jedenfalls sei nach §§ 195, 199 BGB bei den meisten Ansprüchen Verjährung Ende 2004 eingetreten. Insoweit hätten die dem Kläger von der Beklagten übersandten Dokumente bereits in den Jahren 2000 und 2001 hinreichende Tatsachenkenntnis verschafft. Dies gelte allerdings nicht für geltend gemachte Aufklärungspflichtverletzungen bezüglich überhöhter Überschusszahlungen, unzureichender Sterblichkeitsrückstellungen und der im konkreten Beratungsgespräch mit einem Verkaufsmitarbeiter der Beklagten angeblich genannten Mindestrenditen. Im Übrigen fehle es - bis auf die beiden zuletzt genannten Punkte - an der Verletzung einer Aufklärungspflicht durch die Beklagte.
Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht in jeder Hinsicht stand.
Die Klage ist zulässig. Die Genehmigung ("court order") eines Vergleichsplans ("Scheme of Arrangement") nach englischem Gesellschaftsrecht (Sect. 425 Companies Act 1985) durch ein englisches Gericht steht der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen.
Es liegt kein anerkennungsfähiges ausländisches Insolvenzverfahren vor.
Das Vergleichsplanverfahren der Beklagten ist allein schon wegen des Zeitpunkts seiner Durchführung kein Insolvenzverfahren i.S. des § 88 VAG, das gemäß § 88 Abs. 1a Satz 2 VAG im Inland ohne Rücksicht auf die Voraussetzungen des § 343 Abs. 1 InsO anzuerkennen wäre. Das Vergleichsplanverfahren wurde vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung aufsichtsrechtlicher Bestimmungen zur Sanierung und Liquidation von Versicherungsunternehmen und Kreditinstituten vom 10. Dezember 2003 (BGBl. I 2003, 2478), das § 88 Abs. 1a VAG mit Wirkung zum 17. Dezember 2003 eingefügt hat, eingeleitet. Auch die § 88 VAG zu Grunde liegende Richtlinie 2001/17/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. März 2001 über die Sanierung und Liquidation von Versicherungsunternehmen erfasst das Vergleichsplanverfahren der Beklagten nicht, weil die Richtlinie nur für Sanierungsmaßnahmen oder Liquidationsverfahren gilt, die nach dem 20. April 2003 ergriffen oder eröffnet worden sind.
Das Vergleichsplanverfahren der Beklagten ist auch nicht nach § 343 InsO anzuerkennen. Danach wird die Eröffnung eines ausländischen Insolvenzverfahrens anerkannt; dies gilt entsprechend für Sanierungsmaßnahmen, die nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens getroffen worden sind.
Die Anerkennung des ausländischen Verfahrens nach § 343 Abs. 1 Satz 1 InsO setzt ein Insolvenzverfahren voraus. Als solches werden Auslandsverfahren nicht schrankenlos, sondern nur dann anerkannt, wenn damit in etwa die gleichen Ziele verfolgt werden wie mit den in der Insolvenzordnung vorgesehenen Verfahren. Den in § 1 InsO formulierten Zielen des Insolvenzverfahrens dienen neben Verfahren, die in erster Linie auf alsbaldige Liquidation des Schuldnervermögens angelegt sind, auch solche, durch die der Bestand eines Unternehmens trotz bestehender Insolvenzgründe erhalten werden soll, sofern mit diesen Verfahren auch das Ziel der Befriedigung der Gläubiger verfolgt wird. In der Insolvenzordnung ist diese Zielsetzung durch Anerkennung solcher Verfahren als Insolvenzverfahren verwirklicht, bei denen die gemeinschaftliche Befriedigung der Gläubiger nicht nur in der Weise bewirkt wird, dass das Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt wird, sondern auch dadurch, dass in einem Insolvenzplan eine abweichende Regelung insbesondere zum Erhalt des Unternehmens getroffen wird.
Diese Anforderungen erfüllt das Vergleichsplanverfahren der Beklagten nicht. Nach englischem Gesellschaftsrecht hat das Vergleichsplanverfahren einen breiten Anwendungsbereich, der auch Verfahrensgestaltungen außerhalb von Insolvenzverfahren abdeckt. Die Verfahrenseröffnung ist an keine tatbestandlichen Voraussetzungen gebunden und erfordert folglich keinen Insolvenztatbestand. Außerhalb der Insolvenz liegt ein sog. "solventer Vergleichsplan" vor. Dieser ist als Vergleich zwischen einem Unternehmen und seinen Gläubigern oder einer Gruppe von Gläubigern aufzufassen. Dabei werden sämtliche (also auch zukünftige) Verbindlichkeiten eines Unternehmens aus solchen Rechtsgeschäften, die der solvente Vergleichsplan erfasst, gegen bestimmte, an die Gläubiger auszuzahlende Beträge abgewickelt.
Das Vergleichsplanverfahren der Beklagten stellt keine Regelung dar, die sämtliche Gläubiger der Beklagten einbezieht, und kann schon mangels gemeinschaftlicher Befriedigung nicht als Insolvenzverfahren betrachtet werden. Inhalt des Vergleichsplans ist nicht eine Gesamtregelung gegenüber allen Gläubigern, sondern nur die Abgeltung von Ansprüchen der Versicherungsnehmer im Zusammenhang mit GAR-Verträgen gegen Erhöhung des Versicherungswertes. Hinzu kommt, dass das "Scheme of Arrangement" in Anhang A zur Verordnung (EG) Nr. 1346/200 des Rates vom 29. Mai 2000 über Insolvenzverfahren bei den innerhalb der EU anzuerkennenden Verfahren nicht genannt wird. Schließlich wollte die Beklagte als Initiatorin des Vergleichsplanverfahrens gerade kein Verfahren durchführen, das in irgendeiner Form mit einer Insolvenz in Verbindung steht. So heißt es in dem Begleitschreiben des Vorstands an die Versicherungsnehmer vom 1. Dezember 2001: "Die Society ist und bleibt solvent". Dies kann nur als Durchführung eines solventen Vergleichsplanverfahrens verstanden werden.
Eine Anerkennung folgt auch nicht aus der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO).
Für die gerichtliche Genehmigung eines Vergleichsplans als eine Entscheidung im Sinne von Art. 32 EuGVVO sprechen insbesondere das insoweit gebotene weite Verständnis und die kontradiktorischen Züge dieses Verfahrens. Das kann hier aber letztlich offen bleiben.
Einer Anerkennung stehen jedenfalls Artt. 8, 12 Abs. 1, 35 EuGVVO entgegen, weil die Bestimmungen über die Zuständigkeit in Versicherungssachen nicht gewahrt sind. Gemäß Art. 35 Abs. 1 EuGVVO wird eine Entscheidung nicht anerkannt, wenn u.a. Vorschriften in Abschnitt 3 des Kapitels II der EuGVVO verletzt worden sind. Hierzu gehört Art. 12 Abs. 1 EuGVVO, wonach der Versicherer grundsätzlich nur vor den Gerichten des Mitgliedsstaats klagen kann, in dessen Hoheitsgebiet die von ihm verklagte Partei ihren Wohnsitz hat. Diese Zuständigkeit gilt gemäß Art. 8 EuGVVO für Klagen in Versicherungssachen. Als solche ist das von der Beklagten initiierte gerichtliche Verfahren zur Durchführung und Genehmigung eines Vergleichsplans aufzufassen. Die Sonderregelungen in Art. 8 ff. EuGVVO beruhen auf sozialpolitischen Erwägungen, um dem wirtschaftlich schwächeren Versicherungsnehmer im Prozess besonderen Schutz zu gewähren. Im Lichte seines Schutzzwecks ist Art. 8 EuGVVO in autonomer Weise weit auszulegen. Erfasst werden alle Streitigkeiten, die sich auf den Abschluss, die Auslegung, die Durchführung und Beendigung des Versicherungsvertrages beziehen. Mit dem Schutzgedanken des Art. 8 EuGVVO ist nicht zu vereinbaren, dass Versicherer Rechte eines Versicherungsnehmers grundlegend umgestalten, ohne hierbei den Gerichtsstand des Art. 12 Abs. 1 EuGVVO einhalten zu müssen. Die Genehmigung des Vergleichsplans durch das zuständige englische Gericht zielt auf eine solche grundlegende Umgestaltung der Rechte der Versicherungsnehmer ab. Die Änderung der Rechtsposition des Versicherungsnehmers liegt darin, dass entsprechend dem englischen Gesellschaftsrecht der Vergleichsplan durch die Genehmigung des zuständigen englischen Gerichts gegenüber allen Gläubigern Wirkung entfalten soll, also auch gegenüber den Versicherungsnehmern in Deutschland.
Die Mehrzahl, jedoch nicht alle der vom Kläger geltend gemachten Schadenersatzansprüche sind verjährt.
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts richtet sich die Verjährung nicht nach § 12 Abs. 1 VVG a.F.. Auf Ansprüche aus vorvertraglichem Verschulden ist diese Vorschrift nur anzuwenden, wenn der Schadensersatzanspruch wirtschaftlich die Stelle des vertraglichen Erfüllungsanspruchs einnimmt. Auf diesen Ersatzwert des Bedungenen zielen vorvertragliche Schadensersatzansprüche, wenn der Geschädigte verlangt, so gestellt zu werden, wie er stünde, wenn der Vertrag wirksam oder mit dem versprochenen Inhalt zustande gekommen wäre. Dies ist hier nicht der Fall, weil der Kläger so gestellt werden will, wie er stünde, wenn er den Vertrag nicht abgeschlossen hätte. Hierfür ist nach der Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB ab dem 1. Januar 2002 die dreijährige Regelverjährung des § 195 BGB n.F. maßgeblich. Diese beginnt gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB n.F. mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und in dem der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt hat.
Die vom Kläger vorgetragenen verschiedenen Aufklärungspflichtverletzungen sind - entgegen der Revisionserwiderung - kein einheitlicher Vorgang und daher getrennt darauf zu untersuchen, ob Verjährung eingetreten ist. Mehrere Handlungen sind auch dann, wenn sie gleichartig sind und auf einem einheitlichen Vorsatz des Schädigers beruhen, nicht unter dem Gesichtspunkt eines zusammenhängenden Gesamtverhaltens als Einheit zu betrachten. Vielmehr stellt jede Handlung, die zu dem Gesamtschaden beiträgt, verjährungsrechtlich eine neue selbständige Schädigung dar und erzeugt daher einen neuen Ersatzanspruch mit eigenem Lauf der Verjährungsfrist.
Mangelnde Fälligkeit steht dem Beginn der Verjährung - anders als der Kläger meint - nicht entgegen. Zwar ist der hierfür maßgebliche Eintritt eines Schadens regelmäßig erst dann anzunehmen, wenn es zu einer konkreten Verschlechterung der Vermögenslage des Gläubigers gekommen ist; der Eintritt einer risikobehafteten Situation reicht dafür regelmäßig nicht aus. Jedoch kann der auf einer Aufklärungs- oder Beratungspflichtverletzung beruhende Erwerb einer für den Anlageinteressenten nachteiligen, weil seinen konkreten Anlagezielen und Vermögensinteressen nicht entsprechenden Kapitalanlage bereits für sich genommen einen Schaden darstellen und ihn deshalb - unabhängig von der ursprünglichen Werthaltigkeit der Anlage - dazu berechtigen, im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung zu verlangen; der Anspruch entsteht hierbei schon mit dem (unwiderruflichen und vollzogenen) Erwerb der Anlage. So liegt der Fall hier.
Die Feststellung, ob und wann Gläubiger positiv Kenntnis von bestimmten Umständen hatten oder ob ihre Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit beruhte, unterliegt als Ergebnis tatrichterlicher Würdigung zwar nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht darauf, ob der Streitstoff umfassend, widerspruchsfrei und ohne Verstoß gegen Denk- und Erfahrungssätze gewürdigt worden ist und ob der Tatrichter den Begriff der groben Fahrlässigkeit verkannt oder bei der Beurteilung des Grades der Fahrlässigkeit wesentliche Umstände außer Betracht gelassen hat. Die Frage, wann eine für den Beginn der Verjährung hinreichende Kenntnis vorhanden ist, ist jedoch nicht ausschließlich Tatfrage, sondern wird maßgeblich durch den der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegenden Begriff der Zumutbarkeit der Klageerhebung geprägt. Nach diesen Grundsätzen können die behaupteten Ansprüche wegen angeblicher Aufklärungspflichtverletzungen nur teilweise als verjährt angesehen werden.
Das Berufungsgericht hat in seiner Hilfsbegründung ohne Rechtsfehler zum 31. Dezember 2004 Verjährung von Ansprüchen aus Aufklärungspflichtverletzungen angenommen, die im Zusammenhang mit den GAR- und GIR-Verträgen, der differentiellen Schlussüberschusspolitik sowie dem "Hyman-Urteil" stehen. Insoweit hatte die Beklagte im Schreiben vom August 2000 und in den Informationsunterlagen vom Dezember 2001 alle kenntnisbegründenden Umstände mitgeteilt.
Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht weiterhin Verjährung des Anspruchs angenommen, den der Kläger wegen unzureichender Aufklärung über das von der Beklagten angeblich betriebene riskante Überschussmodell verfolgt. Die im Jahr 2001 übermittelten Unterlagen haben insoweit hinreichende Kenntnis vermittelt. Insbesondere ergibt sich aus den vom Berufungsgericht zitierten Passagen der Informationsunterlagen sowie aus dem im "Vorschlag einer Vergleichsregelung" offenbarten mangelnden Deckungskapital und dem Übersteigen der Gesamtsumme der Versicherungswerte über den Vermögenswert hinaus, dass die Beklagte ein riskantes Überschussmodell angewendet hatte.
Gleiches gilt für den Anspruch des Klägers, den dieser auf eine Aufklärungspflichtverletzung hinsichtlich der mangelnden Offenlegung eines unzureichenden Deckungskapitals stützt.
Hingegen hat das Berufungsgericht die Verjährung des Anspruchs aus Aufklärungspflichtverletzung wegen angeblich überhöhter Überschusszahlungen rechtsfehlerhaft verneint. Bei den Umständen, die Kenntnis von dem geltend gemachten Anspruch vermitteln sollen, hat es allein das Informationsschreiben der Beklagten vom August 2000 herangezogen. Es hat insoweit den Streitstoff nicht umfassend gewürdigt, weil es nicht die Passage aus dem "Vorschlag eines Vergleichsplans" berücksichtigt hat, in der die Beklagte offenbart, dass sich der historische Ansatz ihres Finanzmanagements u.a. durch das "sehr geringe Eigenkapital (falls überhaupt vorhanden)" auszeichnete und Ende 2000 die Gesamtsumme der Versicherungswerte den Vermögenswert um rund 10% überstieg, mit anderen Worten eine gravierende Unterdeckung vorlag. Damit wurde offen gelegt, dass die Überschussbeteiligungen in der Vergangenheit zu hoch waren, weil Versicherungswerte wie die Überschüsse ohne Rücksicht auf die vorhandenen Vermögenswerte und ein hinreichendes Eigenkapital ausgewiesen worden waren.
Dagegen ist Verjährung nicht eingetreten, soweit der Kläger behauptet, über unzureichende Sterblichkeitsrückstellungen der Beklagten nicht aufgeklärt worden zu sein.
Zwar muss der Versicherer grundsätzlich keine Einzelauskünfte über seine Geschäftspolitik erteilen. Wirbt er jedoch wie hier mit Überschussanteilen aus der Vergangenheit, so muss er den Interessenten darüber aufklären, wenn sich bei Vertragsschluss abzeichnet, dass die in der Vergangenheit erzielten Überschüsse z.B. aufgrund veränderter durchschnittlicher Lebenserwartung unwahrscheinlich bis ausgeschlossen sind. Der Hinweis, dass Überschüsse aus der Vergangenheit nicht garantiert werden könnten oder Prognosen über die künftige Entwicklung unverbindlich seien, reicht hierfür nicht aus.
Das Berufungsgericht hat in seiner Hilfsbegründung mangels hinreichender Kenntnis des Klägers einen Verjährungsbeginn - im Ergebnis zutreffend - abgelehnt, weil dieser aus dem Vergleichsplan nicht habe entnehmen können, dass seinem Vertrag unzureichende Sterblichkeitsannahmen zu Grunde lägen. Sofern nur der Versicherungstarif des Klägers in den Blick genommen wird, trifft dies zu. Allerdings zielt der Vortrag des Klägers weitergehend darauf ab, dass es auch bei anderen Versicherungstarifen unzureichende Sterblichkeitsrückstellungen gegeben habe, die Beklagte deshalb zu Sonderrückstellungen gezwungen gewesen sei und dies wegen des einheitlichen Haftungspools zu Lasten der Überschussbeteiligung seines Vertrages gehe. Auch insoweit ist mangels hinreichender Kenntnis des Klägers kein Beginn der Verjährung anzunehmen, da in den vom Berufungsgericht herangezogenen Unterlagen weder die Notwendigkeit erhöhter Rückstellungen in Folge geänderter Sterblichkeitsannahmen offenbart wird, noch dass diese wirtschaftlich zu Lasten des Vertrages des Klägers gehen.
Die Sache ist noch nicht entscheidungsreif, weil Feststellungen zu den nicht verjährten Ansprüchen einschließlich der auch vom Berufungsgericht nicht abschließend behandelten weiteren Vorwürfe zu Aufklärungspflichtverletzungen im Rahmen der Beratungsgespräche fehlen. Im weiteren Verfahren wird das Berufungsgericht zu beachten haben, dass es bei der Frage der Kausalität der behaupteten Aufklärungspflichtverletzung bezüglich der Verwendung veralteter Sterbetafeln für das Zustandekommen des Vertrages nicht erforderlich ist, dass gerade die unzureichenden Sterblichkeitsrückstellungen zu dem Wertverfall der Versicherung geführt haben.
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Annotations
Als Versicherungsperiode gilt, falls nicht die Prämie nach kürzeren Zeitabschnitten bemessen ist, der Zeitraum eines Jahres.
Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.
(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem
- 1.
der Anspruch entstanden ist und - 2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren
- 1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und - 2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.
(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.
(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
- 1
- I. Der Kläger nimmt die Beklagte, bei der er eine private Krankenversicherung hält, auf Schadensersatz wegen Verschuldens beim Vertragsschluss in Anspruch. Er war als angestellter Lehrer aus eigenem Recht zu 50% beihilfeberechtigt und bei der Beklagten ergänzend krankenversichert. Im Mai 1994 ließ sich der Kläger aus Anlass seiner bevorstehenden Verrentung zum 1. September 1994 von einem Versicherungsagenten der Beklagten über den dann erforderlichen Krankenversicherungsschutz beraten. Daraufhin schloss der Kläger bei der Beklagten eine Vollversicherung beginnend mit dem 1. September 1994 ab.
- 2
- Im August 2004 erfuhr der Kläger im Zusammenhang mit der Pensionierung seiner Ehefrau, einer beamteten Lehrerin, dass er über diese schon 1994 zu 70% beihilfeberechtigt gewesen wäre, weil seine Renteneinkünfte nicht über der maßgeblichen Schwelle des § 2 Abs. 2 EStG lagen. Zum 1. Januar 2005 stellte die Beklagte den Vertrag mit dem Kläger auf eine Beihilfeergänzungsversicherung von 30% um.
- 3
- Der Kläger macht eine Falschberatung durch den Versicherungsagenten der Beklagten geltend und verlangt von ihr Erstattung der infolge der falschen Tarifeinstufung zuviel gezahlten Versicherungsprämien.
- 4
- DasLandgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
- 5
- II. Die Voraussetzungen für eine Zurückweisung der Revision im Beschlusswege nach § 552a Satz 1 ZPO sind gegeben.
- 6
- 1. Die vom Berufungsgericht uneingeschränkt zugelassene, jedenfalls nicht wirksam auf die Frage der Verjährung beschränkte Revision hat keine Aussicht auf Erfolg.
- 7
- Die a) von der Beklagten erhobene Verjährungseinrede hat das Berufungsgericht - allerdings nur - im Ergebnis zu Recht nicht durchgreifen lassen.
- 8
- aa) Das Berufungsgericht hat die Klageforderung der zweijährigen Verjährung nach § 12 Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. unterworfen. Da dem Kläger die falsche Tarifeinstufung im August 2004 anlässlich der Pensionie- rung seiner Ehefrau bekannt geworden sei, habe er erst zu diesem Zeitpunkt den Schadensersatzanspruch gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 VVG a.F. geltend machen können, so dass die Verjährung mit Schluss des Jahres 2004 zu laufen begonnen habe und durch die im Juni 2006 zugestellte Klage gehemmt worden sei.
- 9
- bb) Die Klageforderung unterliegt indessen der Verjährungsregelung des § 12 Abs. 1 VVG a.F. nicht.
- 10
- (1)DieseVorschrift erfasst nach ihrem klaren und unzweideutigen Wortlaut nur "die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag". Damit können nach allgemein gültigem juristischem Sprachgebrauch nur solche Ansprüche gemeint sein, die ihre rechtliche Grundlage in dem Versicherungsvertrag haben, also nach ihrer rechtlichen Natur auf dem Versicherungsvertrag beruhen. Dazu gehören grundsätzlich nicht bereicherungsrechtliche Rückgewähransprüche, weil sie weder in dem durch den Versicherungsvertrag begründeten Versicherungsverhältnis ihre rechtliche Grundlage haben noch einen rechtswirksamen Versicherungsvertrag voraussetzen (BGHZ 32, 13, 15). Demgemäß hat der Senat § 12 Abs. 1 VVG a.F. auf einen bereicherungsrechtlichen Anspruch des Versicherungsnehmers auf Rückzahlung von Versicherungsprämien nicht angewandt (Senatsurteil vom 10. März 2004 - IV ZR 75/03 - VersR 2004, 893 unter II 3 b). Etwas anderes gilt nur dann, wenn ein Bereicherungsausgleich auf vertraglicher Grundlage erfolgt (Senatsurteil vom 25. Oktober 1989 - IVa ZR 221/88 - VersR 1990, 189 unter 3 a).
- 11
- (2) Schadensersatzansprüche des Versicherungsnehmers aus culpa in contrahendo und aus der gewohnheitsrechtlichen Erfüllungshaftung des Versicherers hat der Senat dann der Verjährungsfrist des § 12 Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. unterstellt, wenn ein vorvertragliches Verschulden des Versicherers oder seines Agenten zwar nicht das Zustandekommen des späteren Versicherungsvertrages verhindert, aber zu einem Vertrag geführt hat, der im Inhalt hinter den Vorstellungen des Versicherungsnehmers zurückbleibt oder von ihnen abweicht (Senatsurteil vom 21. Januar 2004 - IV ZR 44/03 - VersR 2004, 361 unter II 1 c; ähnlich OLG Karlsruhe VersR 1999, 477). Denn in einem solchen Fall besteht ein enger rechtlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen dem Ersatzanspruch aus culpa in contrahendo und dem ursprünglich vom Geschädigten angestrebten Vertrag. Der Anspruch aus culpa in contrahendo kann dem Geschädigten hinsichtlich der Verjährung keine stärkere Rechtsstellung verschaffen als ein vertraglicher Erfüllungsanspruch (Senatsurteil vom 21. Januar 2004 aaO). Dies entspricht dem allgemein für Ansprüche aus Verschulden beim Vertragsschluss entwickelten Rechtsgedanken , wonach die für vertragliche Erfüllungsansprüche maßgeblichen kurzen Verjährungsfristen auch für solche Ansprüche gelten sollen, die wirtschaftlich die Stelle der vertraglichen Erfüllungsansprüche einnehmen und sich insoweit als der "Ersatzwert des ursprünglich Bedungenen" erweisen (BGHZ 57, 191, 195; Senatsurteil vom 21. Januar 2004 aaO unter II 1 b m.w.N.).
- 12
- (3) Dies bedeutet allerdings nicht, dass § 12 Abs. 1 VVG a.F. auf jedweden Schadensersatzanspruch, den der Versicherungsnehmer auf Verschulden beim Vertragsschluss stützt, anwendbar ist. Maßgeblich ist, ob der Schadensersatzanspruch wirtschaftlich die Stelle des vertraglichen Erfüllungsanspruchs einnimmt und sich insoweit als "Ersatzwert des ursprünglich Bedungenen" darstellt. Dies gilt für den hier streitigen Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo nicht. Der Kläger macht die Beklagte deshalb haftbar, weil er durch ihren Versicherungs- agenten vor Abschluss des Versicherungsvertrages falsch beraten worden sei und deshalb einen Vertrag abgeschlossen habe, der ihm einen über seine Bedürfnisse hinausgehenden Versicherungsschutz gewährte und für den er höhere Prämien zu zahlen hatte als bei Abschluss eines bedarfsgerechten Vertrages. Damit begehrt der Kläger gerade nicht den Ersatzwert des ursprünglich Bedungenen; er macht keinen Anspruch geltend , der wirtschaftlich die Stelle des vertraglichen Erfüllungsanspruchs einnimmt. Vielmehr ist sein Begehren von dem zustande gekommenen Versicherungsvertrag noch weiter entfernt als ein bereicherungsrechtlicher Anspruch auf Rückgewähr einer nach Maßgabe des Versicherungsvertrages nicht geschuldeten Leistung. Der Kläger hat die Prämien, die er teilweise mit der Klage zurückverlangt, nach dem mit der Beklagten geschlossenen Versicherungsvertrag geschuldet. Sein Rückforderungsanspruch setzt indessen vor Vertragsschluss an. Denn der Kläger will so gestellt werden, wie er stünde, wenn er diesen Vertrag gar nicht abgeschlossen hätte.
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- cc) Da auf die Klageforderung § 12 Abs. 1 VVG a.F. keine Anwendung findet, unterliegt sie den allgemeinen verjährungsrechtlichen Regeln. Bis zum 31. Dezember 2001 galt die 30-jährige Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB a.F. Für den bis dahin entstandenen Teil des Schadensersatzanspruchs war nach der Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB ab dem 1. Januar 2002 die dreijährige Regelverjährung des § 195 BGB n.F. maßgeblich. Diese begann gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB n.F. mit dem Schluss des Jahres 2004, nachdem der Kläger im August 2004 Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen erlangt hatte, und war bei Zustellung der Klage im Juni 2006 noch nicht abgelaufen. Nach Maßgabe des neuen Verjährungsrechts war auch der Anspruch auf Erstattung der ab dem 1. Januar 2002 zuviel gezahlten Prämien bei Klagezustellung noch nicht verjährt.
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- b) Das Berufungsgericht hat auch ohne durchgreifende Rechtsfehler ein vorvertragliches Beratungsverschulden des Versicherungsagenten der Beklagten bejaht.
- 15
- aa) Ohne Erfolg verweist die Beklagte auf das Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 25. August 1999 (OLGR Hamm 2000, 204). Das Oberlandesgericht Hamm verneinte einen Beratungsfehler eines Versicherungsagenten , der einen Lehrer, der wegen Wegfalls seiner Beihilfeberechtigung bei Ausscheiden aus dem Schuldienst eine Änderung des Krankenversicherungstarifs wünschte, nicht darauf hingewiesen hatte, dass er über seine Ehefrau noch beihilfeberechtigt war. Dies wurde damit begründet, dass der Agent nicht ungefragt über die Möglichkeit abgeleiteter Beihilfeansprüche belehren müsse, wenn er von deren Voraussetzungen keine Kenntnis habe. Davon unterscheidet sich der vorliegende Fall schon dadurch, dass dem Agenten der Beklagten nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts die Beihilfeberechtigung der Ehefrau des Klägers bekannt war. Darin, dass der Versicherungsagent gleichwohl nicht den an den abgeleiteten Beihilfeanspruch des Klägers angepassten Krankenversicherungstarif ermittelte, hat das Berufungsgericht die Falschberatung gesehen. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
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- bb) Schließlich greift die Rüge nicht durch, das Berufungsgericht hätte ein Mitverschulden des Klägers prüfen müssen, weil ihm unstreitig mit Vorliegen des Einkommensteuerbescheides 1994 bekannt gewesen sei, dass seine Rente allein mit ihrem Ertragsanteil besteuert wurde.
- 17
- Auch 2. ein Zulassungsgrund ist nicht gegeben. Insbesondere kommt der Rechtssache nicht die vom Berufungsgericht angenommene grundsätzliche Bedeutung zu. Die Frage, wann für den Rückforderungsanspruch des Versicherungsnehmers wegen zuviel gezahlter Versicherungsbeiträge die kurze Verjährung nach § 12 Abs. 1 Satz 1 und 2 VVG a.F. beginnt, ist nicht entscheidungserheblich, weil diese - nur noch auf Altfälle anwendbare - Vorschrift hier nicht einschlägig ist. Die Zulassung der Revision ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nach § 543 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO geboten.
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- Die Parteien erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 22. Januar 2010.
Dr. Kessal-Wulf Harsdorf-Gebhardt
Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigtworden.
Vorinstanzen:
LG Frankenthal, Entscheidung vom 14.12.2006 - 3 O 187/06 -
OLG Zweibrücken, Entscheidung vom 27.06.2008 - 1 U 8/07 -
Als Versicherungsperiode gilt, falls nicht die Prämie nach kürzeren Zeitabschnitten bemessen ist, der Zeitraum eines Jahres.
Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.
(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem
- 1.
der Anspruch entstanden ist und - 2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren
- 1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und - 2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.
(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.
(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.
(1) Auf Verlangen der Aufsichtsbehörde haben ihr die Versicherungsunternehmen Folgendes nachzuweisen:
- 1.
die Angemessenheit der Höhe ihrer versicherungstechnischen Rückstellungen, - 2.
die Eignung und die Erheblichkeit der verwendeten Methoden sowie - 3.
die Angemessenheit der verwendeten statistischen Basisdaten.
(2) Soweit die von dem Versicherungsunternehmen vorgenommene Berechnung der versicherungstechnischen Rückstellung nicht den Vorschriften der §§ 75 bis 87 entspricht, kann die Aufsichtsbehörde eine Erhöhung des Betrags der versicherungstechnischen Rückstellungen bis zu der nach den genannten Vorschriften vorgesehenen Höhe anordnen.
(3) Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz durch Rechtsverordnung zur Berechnung der Deckungsrückstellung unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung
- 1.
bei Versicherungsverträgen mit Zinsgarantie einen oder mehrere Höchstwerte für den Rechnungszins festzusetzen, - 2.
weitere Vorgaben zur Ermittlung der Diskontierungszinssätze nach § 341f Absatz 2 des Handelsgesetzbuchs festzulegen, - 3.
die Höchstbeträge für die Zillmerung festzusetzen und - 4.
die versicherungsmathematischen Rechnungsgrundlagen und die Bewertungsmethoden für die Deckungsrückstellung festzulegen.
(1) Die Eröffnung eines ausländischen Insolvenzverfahrens wird anerkannt. Dies gilt nicht,
- 1.
wenn die Gerichte des Staats der Verfahrenseröffnung nach deutschem Recht nicht zuständig sind; - 2.
soweit die Anerkennung zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist, insbesondere soweit sie mit den Grundrechten unvereinbar ist.
(2) Absatz 1 gilt entsprechend für Sicherungsmaßnahmen, die nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens getroffen werden, sowie für Entscheidungen, die zur Durchführung oder Beendigung des anerkannten Insolvenzverfahrens ergangen sind.
(1) Auf Verlangen der Aufsichtsbehörde haben ihr die Versicherungsunternehmen Folgendes nachzuweisen:
- 1.
die Angemessenheit der Höhe ihrer versicherungstechnischen Rückstellungen, - 2.
die Eignung und die Erheblichkeit der verwendeten Methoden sowie - 3.
die Angemessenheit der verwendeten statistischen Basisdaten.
(2) Soweit die von dem Versicherungsunternehmen vorgenommene Berechnung der versicherungstechnischen Rückstellung nicht den Vorschriften der §§ 75 bis 87 entspricht, kann die Aufsichtsbehörde eine Erhöhung des Betrags der versicherungstechnischen Rückstellungen bis zu der nach den genannten Vorschriften vorgesehenen Höhe anordnen.
(3) Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz durch Rechtsverordnung zur Berechnung der Deckungsrückstellung unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung
- 1.
bei Versicherungsverträgen mit Zinsgarantie einen oder mehrere Höchstwerte für den Rechnungszins festzusetzen, - 2.
weitere Vorgaben zur Ermittlung der Diskontierungszinssätze nach § 341f Absatz 2 des Handelsgesetzbuchs festzulegen, - 3.
die Höchstbeträge für die Zillmerung festzusetzen und - 4.
die versicherungsmathematischen Rechnungsgrundlagen und die Bewertungsmethoden für die Deckungsrückstellung festzulegen.
(1) Die Eröffnung eines ausländischen Insolvenzverfahrens wird anerkannt. Dies gilt nicht,
- 1.
wenn die Gerichte des Staats der Verfahrenseröffnung nach deutschem Recht nicht zuständig sind; - 2.
soweit die Anerkennung zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist, insbesondere soweit sie mit den Grundrechten unvereinbar ist.
(2) Absatz 1 gilt entsprechend für Sicherungsmaßnahmen, die nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens getroffen werden, sowie für Entscheidungen, die zur Durchführung oder Beendigung des anerkannten Insolvenzverfahrens ergangen sind.
Das Insolvenzverfahren dient dazu, die Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen, indem das Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt oder in einem Insolvenzplan eine abweichende Regelung insbesondere zum Erhalt des Unternehmens getroffen wird. Dem redlichen Schuldner wird Gelegenheit gegeben, sich von seinen restlichen Verbindlichkeiten zu befreien.
Als Versicherungsperiode gilt, falls nicht die Prämie nach kürzeren Zeitabschnitten bemessen ist, der Zeitraum eines Jahres.
Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.
(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem
- 1.
der Anspruch entstanden ist und - 2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren
- 1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und - 2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.
(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.
(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.