Erbrecht: Kein Auskunftsanspruch des Erben gegen früheren Lebenspartner
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Das Oberlandesgericht Köln hat in seinem Beschluss vom 11.05.2017 (16 U 99/16) folgendes entschieden:
Tenor:
Der Senat weist darauf hin, dass beabsichtigt ist, die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.
Es besteht Gelegenheit, innerhalb von drei Wochen ab Zustellung Stellung zu nehmen.
Gründe:
Die zulässige Berufung hat nach der einstimmigen Überzeugung des Senates offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.
Zu Recht und mit insgesamt zutreffender Begründung, der sich der Senat in vollem Umfang anschließt, hat das Landgericht den Klageantrag zu 2) abgewiesen. Die Ausführungen der Klägerin in der Berufungsbegründung geben zu einer anderen rechtlichen Beurteilung keinen Anlass.
Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Erteilung einer Auskunft aus übergegangenem Recht der Erblasserin aus § 666 BGB i.V.m. § 1922 BGB.
Nach den §§ 662, 666 BGB ist der Beauftragte seinem Auftraggeber zur Auskunft und Rechenschaft verpflichtet. Der Beklagte verfügte zwar über eine Kontovollmacht und eine Vollmacht für das Bankschließfach. Daraus folgt aber nicht zwingend, dass zwischen ihm und der Erblasserin ein Auftragsverhältnis bestand. Entscheidend für die Annahme eines Auftragsverhältnisses ist, ob anhand objektiver Kriterien festgestellt werden kann, dass sich die Parteien rechtsgeschäftlich binden wollten. Insoweit ist zu berücksichtigen, ob die Erteilung einer Vollmacht aufgrund eines besonderen Vertrauens erfolgt. Im Rahmen eines solchen besonderen Vertrauensverhältnisses wird in der Regel keine Auskunft oder Rechenschaft verlangt. Der Andere soll grundsätzlich nicht im Nachhinein dem einseitigen Risiko ausgesetzt werden, Ausgaben genauer anzugeben und zu belegen. Es müssen vielmehr objektive Kriterien hinzutreten, die den Rückschluss auf einen rechtsgeschäftlichen Bindungswillen zulassen. Diese sind vorliegend nicht ersichtlich. Ein Vertrauensverhältnis, welches gegen den Abschluss eines Auftragsvertrages spricht, liegt vor, wenn der Vollmachtnehmer dasjenige Kind ist, das sich um die Mutter kümmert und in deren unmittelbarer Nachbarschaft wohnt. Wenn ein Kind sich im gesteigerten Maße um die Mutter kümmert und nicht lediglich über eine Bankvollmacht verfügt, liegt ein besonderes Vertrauensverhältnis vor. Dies ist hier der Fall. Der Beklagte wohnte in der Nähe der Erblasserin und kümmerte sich neben den Bankgeschäften auch um andere Angelegenheiten, wie z.B. um die Vermittlung von Haushaltskräften. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte als Beauftragter später Rechenschaft über die Bankgeschäfte gegenüber der Erblasserin ablegen sollte, sind nicht ersichtlich.
Darüber hinaus hat der Beklagte etwaige Auskunftsansprüche der Erblasserin hinsichtlich der Vorgänge, die über die Konten abgewickelt wurden, hinsichtlich derer er eine Vollmacht hatte, bereits erfüllt. Der Beklagte hat der gesetzlichen Betreuerin der Erblasserin am 11.10.2007 drei Aktenordner mit Unterlagen und Kontoauszüge übergeben, die er aufgrund seiner Tätigkeit für die Erblasserin im Rahmen seiner Bevollmächtigung erhalten hat. Mit der Übergabe der Unterlagen und Kontoauszüge ist der Beklagte seiner Auskunftspflicht gegenüber der Erblasserin hinreichend nachgekommen. Zutreffend ist, dass der gesetzliche Betreuer nicht an die Stelle des Betreuten tritt. Der Betreuer war aber zur Vermögenssorge bestellt worden, was der Klägerin, die an dem Betreuungsverfahren beteiligt war, bekannt gewesen sein muss. Die zum damaligen Zeitpunkt bestellte Betreuerin hat demzufolge u.a. in diesem Bereich die Erblasserin vertreten, § 1902 BGB. Die dem Betreuer übergebenen Aktenordner bewirken mithin eine Erfüllung des Auskunftsanspruchs auch gegenüber der Erblasserin. Weitere Auskünfte wurden seitens der Betreuerin und auch seitens der Erblasserin nicht mehr verlangt. Es ist nicht zu beanstanden, dass das Landgericht das Bestreiten der Klägerin in Bezug auf die Übergabe der Aktenordner an die Betreuerin für unerheblich gehalten hat. Die Übergabe ergibt sich aus dem vorgelegten Protokoll des Amtsgerichts Aachen vom 11.10.2007. Das Protokoll wurde anlässlich eines Gesprächs in der Betreuungssache für die Erblasserin in ihrer Wohnung, bei dem u.a. die Beklagte anwesend war, gefertigt.
Selbst wenn man in Bezug aus das Bankschließfach ein Auftragsverhältnis zwischen der Erblasserin und dem Beklagten annähme, was der Senat auch diesbezüglich aus den vorgenannten Gründen ablehnt, schiede ein Auskunftsanspruch aus § 666 BGB hinsichtlich der Gegenstände, die der Beklagte mit Wissen/Billigung der Erblasserin aus dem Bankfach entnommen hat, aufgrund der Kenntnis der Erblasserin aus. Nach § 666 BGB ist der Beauftragte verpflichtet, dem Auftraggeber die erforderlichen Nachrichten zu geben, auf Verlangen über den Stand des Geschäftes Auskunft zu erteilen und nach der Ausführung des Auftrags Rechenschaft abzulegen. Der Beauftragte hat dem Auftraggeber die erforderlichen Nachrichten zu geben. Nach dem Grundgedanken der Vorschrift bedeutet dies: Mitteilung aller dem Auftraggeber unbekannten Informationen, die diesen soweit über den Stand der Dinge unterrichten, dass er seine Rechte wahrnehmen, Pflichten erfüllen und sachgerechte Entscheidungen treffen kann. Vorliegend waren die Vorgänge der Erblasserin bekannt; mangels unbekannter Informationen stand der Erblasserin diesbezüglich kein Auskunftsanspruch zu.
Dies betrifft auch die begehrte Auskunft hinsichtlich von Geldbeträgen, Wertgegenständen oder Vermögensbestandteilen, die der Beklagte mit Wissen/Billigung der Erblasserin erhalten hat, ohne dass dies durch seine Vollmacht umfasst gewesen ist.
In Bezug auf Geldbeträge, Wertgegenstände oder Vermögensbestandteile, die der Beklagte ohne Wissen/Billigung der Erblasserin ihrem Vermögen entnommen hat, hat der Beklagte die Erklärung abgegeben, dass er keinerlei Gegenstände ohne Wissen und Billigung der Erblasserin aus dem Schließfach entnommen hat. Damit hat er die ihm abverlangten Auskünfte in Bezug auf das Schließfach bereits erteilt. Ob diese zutreffend sind, ist im Hinblick auf den gestellten Auskunftsantrag unerheblich.
Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Erteilung einer Auskunft aufgrund ihrer Stellung als Miterbin.
Zu Recht hat das Landgericht einen Auskunftsanspruch der Klägerin gegen den Beklagten aus den § 2027 BGB verneint. Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass der Beklagte Erbschaftsbesitzer im Sinne von § 2018 BGB ist. Erbschaftsbesitzer ist nach § 2018 BGB derjenige, der „auf Grund“ der Anmaßung eines Erbrechts etwas aus dem Nachlass erlangt hat. Der Beklagte ist nicht Erbschaftsbesitzer im Sinne dieser Vorschrift. Er hat nicht etwas aufgrund eines ihm in Wirklichkeit nicht zustehenden Erbrechtes erlangt. Er ist selbst Miterbe. Die Begründung des alleinigen Besitzes an Nachlassgegenständen durch den Miterben kann als Anmaßung einer tatsächlich nicht bestehenden Alleinerbenstellung nur verstanden werden, wenn sie mit einer Negierung des den weiteren Miterben zustehenden Rechts zum Mitbesitz verbunden ist. Der Beklagte hat sich eine Alleinerbenstellung zu keinem Zeitpunkt angemaßt.
Der geltend gemachte Auskunftsanspruch folgt auch nicht aus § 2028 Abs. 1 BGB. Nach § 2028 Abs. 1 BGB ist derjenige, der sich zur Zeit des Erbfalls mit dem Erblasser in häuslicher Gemeinschaft befunden hat, verpflichtet, dem Erben auf Verlangen Auskunft darüber zu erteilen, welche erbschaftlichen Geschäfte er geführt hat und was ihm über den Verbleib der Erbschaftsgegenstände bekannt ist. Da die Erblasserin zum Zeitpunkt des Erbfalls bereits im Altenpflegewohnheim wohnte, ist § 2028 Abs. 1 BGB nicht einschlägig. Im Übrigen beinhaltet diese Vorschrift ohnehin nicht die von der Klägerin geltend gemachte Rechtsfolge.
Weiterhin ergibt sich der mit dem Klageantrag zu 2) geltend gemachte Anspruch auch nicht aus dem Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB. Ein in § 242 BGB anzusiedelnder Auskunftsanspruch setzt voraus, dass der Auskunftsgläubiger in entschuldbarer Weise über ein ihm zustehendes Recht im Ungewissen ist und dass der Auskunftsschuldner dem unschwer abhelfen kann. Dabei ist aber grundsätzlich eine Sonderbeziehung zwischen beiden Personen erforderlich. Durch die Miterbenstellung wird eine Sonderbeziehung nicht begründet . Bei fehlender Sonderbeziehung ist Voraussetzung für eine Auskunftspflicht als unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben mitgeschuldete Nebenverpflichtung ein dem Grunde nach bereits feststehender Leistungsanspruch. Einen solchen, dem Grunde nach bereits feststehenden Leistungsanspruch hat die Klägerin auch in der Berufungsbegründung nicht dargetan. Die Klägerin kann einen derartigen Anspruch auch nicht mittels der in der Berufungsbegründung aufgeführten Verfügungen, die nach ihrer Auffassung nicht mit den üblichen Lebensgewohnheiten der Erblasserin in Einklang zu bringen seien, begründen. Diese Verfügungen stammen aus einem Zeitraum, zu dem die gesetzliche Betreuung bereits bestand. Diese Zahlungen wurden durch die gesetzliche Betreuerin veranlasst und durch das Betreuungsgericht überprüft. Hinzu kommt, dass die Klägerin selbst in der Lage war und nach wie vor ist, sich Informationen durch Einsichtnahme in die Betreuungsakte zu beschaffen. Zutreffend hat das Landgericht festgestellt, dass sich die Klägerin durch die nunmehr erstrebte Auskunft die Realisierung zusätzlicher Nachlasswerte erhofft. Es geht hier darum, die Teilungsmasse unter Inanspruchnahme des Beklagten zu vergrößern und in der Folge ihre Erbauseinandersetzungsberechtigung zu verbessern. Insofern ist das erbrechtliche Verhältnis der Parteien berührt, das indessen keine Sonderbeziehung begründet. In Bezug auf die von der Klägerin benannten Gegenstände hat der Beklagte die ihm abverlangten Auskünfte bereits erteilt. Ob diese zutreffend sind, ist im Hinblick auf den gestellten Auskunftsantrag unerheblich.
Die Klägerin kann ihren Auskunftsanspruch auch nicht darauf stützen, dass sie auf die Mitwirkung des Beklagten angewiesen ist, um Einsicht in die beim Betreuer der Erblasser befindlichen Akten zu nehmen. Diesbezüglich kann sich allenfalls eine Pflicht zur Mitwirkung bei der Errichtung des Nachlassverzeichnisses ergeben, die vorliegend jedoch nicht geltend gemacht wird. Darüber hinaus hat sie Einsicht in die Betreuungsakte genommen.
Auch die sonstigen Voraussetzungen einer Entscheidung durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO sind gegeben.
Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Senates auf Grund mündlicher Verhandlung, die auch sonst nicht geboten ist.
Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme zu den Hinweisen des Gerichts binnen der genannten Frist. Auf die Möglichkeit der Kosten sparenden Rücknahme der Berufung zu § 3 Abs. 2 GKG) wird hingewiesen.
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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber die erforderlichen Nachrichten zu geben, auf Verlangen über den Stand des Geschäfts Auskunft zu erteilen und nach der Ausführung des Auftrags Rechenschaft abzulegen.
Durch die Annahme eines Auftrags verpflichtet sich der Beauftragte, ein ihm von dem Auftraggeber übertragenes Geschäft für diesen unentgeltlich zu besorgen.
Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber die erforderlichen Nachrichten zu geben, auf Verlangen über den Stand des Geschäfts Auskunft zu erteilen und nach der Ausführung des Auftrags Rechenschaft abzulegen.
(1) Der Erbschaftsbesitzer ist verpflichtet, dem Erben über den Bestand der Erbschaft und über den Verbleib der Erbschaftsgegenstände Auskunft zu erteilen.
(2) Die gleiche Verpflichtung hat, wer, ohne Erbschaftsbesitzer zu sein, eine Sache aus dem Nachlass in Besitz nimmt, bevor der Erbe den Besitz tatsächlich ergriffen hat.
Der Erbe kann von jedem, der auf Grund eines ihm in Wirklichkeit nicht zustehenden Erbrechts etwas aus der Erbschaft erlangt hat (Erbschaftsbesitzer), die Herausgabe des Erlangten verlangen.
(1) Wer sich zur Zeit des Erbfalls mit dem Erblasser in häuslicher Gemeinschaft befunden hat, ist verpflichtet, dem Erben auf Verlangen Auskunft darüber zu erteilen, welche erbschaftlichen Geschäfte er geführt hat und was ihm über den Verbleib der Erbschaftsgegenstände bekannt ist.
(2) Besteht Grund zu der Annahme, dass die Auskunft nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erteilt worden ist, so hat der Verpflichtete auf Verlangen des Erben zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er seine Angaben nach bestem Wissen so vollständig gemacht habe, als er dazu imstande sei.
(3) Die Vorschriften des § 259 Abs. 3 und des § 261 finden Anwendung.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.