Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 08. Nov. 2017 - W 8 K 17.32647

bei uns veröffentlicht am08.11.2017

Gericht

Verwaltungsgericht Würzburg

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Tatbestand

Der am … 2017 in Deutschland geborene Kläger ist der Sohn iranischer Staatsangehöriger. Die Klage seiner Eltern wurde mit Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 15. Februar 2017 (W 6 K 16.32201 – juris) rechtskräftig abgewiesen. Die Beklagte erachtete am 7. Juni 2017 einen Asylantrag aufgrund der Antragsfiktion des § 14a Abs. 2 AsylG als gestellt.

Mit Bescheid vom 12. Juni 2017 erkannte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft nicht zu (Nr. 1), lehnte den Antrag auf Asylanerkennung ab (Nr. 2) und erkannte den subsidiären Schutzstatus nicht zu (Nr. 3). Weiter stellte es fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 4). Der Kläger wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung, im Falle der Klageerhebung innerhalb von 30 Tagen nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens, zu verlassen. Die Abschiebung in den Iran oder einen anderen Staat wurde angedroht (Nr. 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 6). Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe keine eigenen individuellen Gründe geltend gemacht. Die Anträge der Eltern seien mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 13. Oktober 2016 abgelehnt worden. Aus den gleichen Gründen hätten dem Sohn kein Schutzstatus oder keine Abschiebungsverbote zuerkannt werden können. Gemäß § 43 Abs. 3 Satz 1 AsylG entscheide die Ausländerbehörde über die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung zur Ermöglichung einer gemeinsamen Ausreise zusammen mit den Eltern.

Mit Schriftsatz vom 21. Juni 2017, bei Gericht eingegangen am 22. Juni 2017, ließ der Kläger Klage erheben und beantragen,

Die Beklagte wird verpflichtet, den Kläger unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 12. Juni 2017 die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise dem Kläger den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen, hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Iran vorliegen, hilfsweise, das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf Null ab dem Tag der Abschiebung zu befristen.

Zur Begründung ließ der Kläger im Wesentlichen ausführen: Er stamme von kurdischen Eltern ab, deren Asylklage rechtskräftig abgewiesen worden sei. Da jedoch die Eltern in der Bundesrepublik weiterhin für die im Iran verbotene kurdische Sache tätig seien und die exilpolitische Betätigung durch den iranischen Sicherheitsdienst auch überwacht werde, drohe für den Kläger im Falle einer Rückkehr eine Trennung von seinen Eltern, verbunden mit einer staatlichen Inobhutnahme.

Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 27. Juni 2017,

die Klage abzuweisen.

Mit Beschluss vom 22. Juni 2017 übertrug die Kammer den Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung.

Die Beteiligten erklärten jeweils ihr Einverständnis, dass das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheidet.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte (einschließlich der Akte der Eltern im Verfahren W 6 K 16.32201) und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Die Klage, über die mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte, ist zulässig, aber unbegründet.

Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 12. Juni 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylG. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzes gemäß § 4 AsylG sowie für die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG liegen nicht vor. Die Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung sowie die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots sind ebenfalls nicht zu beanstanden (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Das Gericht folgt dem angefochtenen Bescheid und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylG).

Ergänzend wird lediglich angemerkt, dass das Gericht mit seinem Urteil vom 15. Februar 2017 (W 6 K 16.32201 – juris) betreffend die Eltern des Klägers entschieden und ausführlich begründet hat, dass den Eltern des Klägers bei einer Rückkehr in den Iran keine politische Verfolgung oder sonst eine ernste Gefahr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht. Dabei hat das Gericht sowohl die Angaben der Eltern des Klägers zu ihrem Vorfluchtschicksal als auch zu ihren Nachfluchtgründen betreffend ihre exilpolitischen Aktivitäten ausführlich gewürdigt. Neue Aspekte wurden im vorliegenden Klageverfahren nicht vorgebracht. Der allgemeine, unsubstanziierte Hinweis, dass die Eltern des Klägers weiterhin für die verbotene kurdische Sache in der Bundesrepublik Deutschland tätig seien, rechtfertigt für sich keine andere Beurteilung. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass nunmehr eine exponierte exilpolitische Betätigung anzunehmen wäre, so dass weiterhin keine relevante Verfolgungsgefahr für die Eltern bei einer Rückkehr in den Iran besteht.

Infolgedessen droht für den Kläger im Falle einer Rückkehr auch keine Trennung von seinen Eltern, verbunden mit einer staatlichen Inobhutnahme, zumal Letztere angesichts anderer Verwandter, bei denen der Kläger gegebenenfalls unterkommen könnte, ohnehin nicht zwingend sein müsste. Der letzte Aspekt braucht mangels Entscheidungserheblichkeit jedoch nicht abschließend geklärt zu werden, sondern kann hier offen bleiben.

Die Beklagte hat im streitgegenständlichen Bescheid des Weiteren schon zutreffend ausgeführt, dass die Ausländerbehörde gemäß § 43 Abs. 3 Satz 1 AsylG zuständig ist, die Abschiebung vorübergehend auszusetzen, um die gemeinsame Ausreise mit anderen Familienangehörigen zu ermöglichen. Die Vermeidung der Trennung der Familie ist ausländerrechtlich gegenüber der zuständigen Ausländerbehörde geltend zu machen und nicht im Asylverfahren gegenüber dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Dabei geht das Gericht davon aus, dass die Ausländerbehörde die Vorgaben von Art. 6 GG und Art. 8 EMRK beachtet (vgl. auch VG München, B.v. 15.6.2016 – M 16 S. 16.31068 – juris).

Ergänzend wird noch angemerkt, dass eine eventuelle Steigerung der exilpolitischen Tätigkeiten der Eltern des Klägers und daraus möglicherweise folgende asylrechtliche Konsequenzen gegebenenfalls in einem Asylfolgeverfahren der Eltern zu prüfen wären und nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens des Klägers sind. Vor einer unanfechtbaren Entscheidung über einen internationalen Schutz der Eltern des Klägers liegen die Voraussetzungen des § 26 AsylG offenkundig nicht vor. Entsprechendes gilt hinsichtlich der Feststellung des Nichtvorliegens von Abschiebungsverboten betreffend die Eltern.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 08. Nov. 2017 - W 8 K 17.32647

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 08. Nov. 2017 - W 8 K 17.32647

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 08. Nov. 2017 - W 8 K 17.32647 zitiert 14 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 4 Subsidiärer Schutz


(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt: 1. die Verhängung oder Vollstreckung der To

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 11 Einreise- und Aufenthaltsverbot


(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen n

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3 Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft


(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich1.aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 83b Gerichtskosten, Gegenstandswert


Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 77 Entscheidung des Gerichts


(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefä

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 6


(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinsc

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 101


(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 8


(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. (2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 26 Familienasyl und internationaler Schutz für Familienangehörige


(1) Der Ehegatte oder der Lebenspartner eines Asylberechtigten wird auf Antrag als Asylberechtigter anerkannt, wenn 1. die Anerkennung des Asylberechtigten unanfechtbar ist,2. die Ehe oder Lebenspartnerschaft mit dem Asylberechtigten schon in dem Sta

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 43 Vollziehbarkeit und Aussetzung der Abschiebung


(1) War der Ausländer im Besitz eines Aufenthaltstitels, darf eine nach den Vorschriften dieses Gesetzes vollziehbare Abschiebungsandrohung erst vollzogen werden, wenn der Ausländer auch nach § 58 Abs. 2 Satz 2 des Aufenthaltsgesetzes vollziehbar aus

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 14a Familieneinheit


(1) Mit der Asylantragstellung nach § 14 gilt ein Asylantrag auch für jedes minderjährige ledige Kind des Ausländers als gestellt, das sich zu diesem Zeitpunkt im Bundesgebiet aufhält, ohne freizügigkeitsberechtigt oder im Besitz eines Aufenthaltstit

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 08. Nov. 2017 - W 8 K 17.32647 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 08. Nov. 2017 - W 8 K 17.32647 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 15. Feb. 2017 - W 6 K 16.32201

bei uns veröffentlicht am 15.02.2017

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Tatbestand Die Kläger sind iranische Staatsangehörige (ein Ehepaar mit ein

Referenzen

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Tatbestand

Die Kläger sind iranische Staatsangehörige (ein Ehepaar mit einer Tochter) mit kurdischer Volkszugehörigkeit. Sie reisten nach eigenen Angaben am 14. April 2016 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 17. Mai 2016 ihre Asylanträge. Zur Begründung brachten sie im Wesentlichen vor: Der Kläger zu 1) sei Mitglied der Komalah-Partei (Komala-Partei) im Iran gewesen. Er habe für die Komalah-Partei Flugblätter verteilt und Veranstaltungen organisiert und auch kurdische Trachten mit der kurdischen Fahne genäht. Bei einer Hausdurchsuchung seien ein Laptop, eine kurdische Fahne usw. mitgenommen worden.

Mit Bescheid vom 13. Oktober 2016 erkannte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Klägern die Flüchtlingseigenschaft nicht zu (Nr. 1), lehnte die Anträge auf Asylanerkennung ab (Nr. 2) und erkannte den subsidiären Schutzstatus nicht zu (Nr. 3). Weiter stellte es fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 4). Die Kläger wurden aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung, im Falle der Klageerhebung innerhalb von 30 Tagen nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens, zu verlassen. Die Abschiebung in dem Iran oder in einem Staat wurde angedroht (Nr. 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 6). Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt: Dem Vorbringen mangele es an genauen Einzelheiten und einer stimmigen Sachverhaltsschilderung. Dem Kläger zu 1) fehle es am einfachsten Grundwissen über seine kurdische Partei. Widersprüchlich sei, dass die Klägerin zu 2) nicht verhaftet worden sei. Im Vorbringen der Kläger zu 1) und 2) fänden sich weitere Widersprüche. Die im Verfahren überreichte Geburtsurkunde des Klägers 1) weise Fälschungsmerkmale auf.

Mit Schriftsatz vom 16. November 2016, bei Gericht eingegangen am 17. November 2016, ließen die Kläger Klage erheben und zur Begründung im Wesentlichen vorbringen, die Kläger seien kurdischer Volkszugehörigkeit aus dem Grenzgebiet zum Irak und seien auch für die kurdische Sache in der Komalah-Partei aktiv gewesen. Von der Komalah-Partei mit Sitz im Irak liege eine Bestätigung vor, dass der Kläger zu 1) für die Partei aktiv gewesen sei.

Mit Schriftsatz vom 5. November 2016 ließen die Kläger weiter ausführen: Sie hielten die Klage nicht für verfristet. Im Zeitpunkt des Zustellversuchs vom 28. Oktober 2016 hätten sich die Kläger noch in der Aufnahmeeinrichtung in Roth befunden. Die Zuweisung in die Gemeinschaftsunterkunft Karlstein a. Main sei erst am 8. November 2016 erfolgt. Eine Anschriftenänderung im Zeitpunkt des Zustellversuchs habe somit noch nicht stattgefunden gehabt. Eine erstmalige Zustellung sei noch in Roth am 7. November 2016 erfolgt.

Mit Schriftsatz vom 9. Februar 2017 ließen die Kläger noch zwei Bestätigungen der Komalah-Partei Kurdistan vom 25. Juli 2016 und vom 25. Januar 2017 zu den Aktivitäten des Klägers zu 1) für die Komalah im Iran (Teilnahme an Protestbewegungen und an Veranstaltungen) sowie zu seinen Aktivitäten in Europa und Deutschland (Teilnahme an Sitzungen und Veranstaltungen) vorlegen.

Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 23. November 2016,

die verfristete Klage abzuweisen.

Die Kammer übertrug den Rechtsstreit mit Beschluss vom 24. November 2016 dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung.

In der mündlichen Verhandlung am 15. Februar 2017 beantragte der Klägerbevollmächtigte:

Die Beklagte unter Aufhebung der Nrn. 1 und 3 bis 6 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 13. Oktober 2016 zu verpflichten, den Klägern die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen;

hilfsweise den Klägern den subsidiären Schutz zuzuerkennen;

hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, das Einreise- und Aufenthaltsverbot auf null Monate zu befristen.

Das Gericht hörte die Kläger zu 1) und 2) informatorisch an.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringen der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Die Klage, über die entschieden werden konnte, obwohl nicht alle Beteiligten in der mündlichen Verhandlung erschienen sind (§ 102 Abs. 2 VwGO), hat keinen Erfolg.

Schon die Zulässigkeit der Klage ist wegen Versäumung der zweiwöchigen Klagefrist fraglich. Denn der Bescheid wurde laut Postzustellungsurkunde am 28. November 2016 durch Einwurf in den Briefkasten oder eine ähnliche Vorrichtung der Aufnahmeeinrichtung zugestellt. Diese Zustellung müssen die Kläger gegenüber sich gelten lassen. Die Zustellung gilt am dritten Tag nach Übergabe an die Aufnahmeeinrichtung als bewirkt (§ 10 Abs. 4 Satz 4 2. Halbsatz AsylG). Eine spätere tatsächliche Übergabe an die Asylbewerber - hier am 7. November 2016 - ändert an der Zustellungsfiktion nichts (vgl. Preisner in Beck´scher Online-Kommentar Ausländerrecht, hrsg. Kluth/Heusch, 11. Edition Stand:15.8.2016, § 10 AsylG Rn. 36 f.; Bergmann in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Aufl. 2016, § 10 AsylG Rn. 21). Jedoch spricht Einiges dafür, dass die Kläger die Frist unverschuldet versäumt haben könnten, so dass die Möglichkeit der Wiedereinsetzung besteht (vgl. Bruns in Hofmann, Ausländerrecht, 2. Aufl. 2016, § 10 AsylG Rn. 35; Marx, AsylVfG, 8. Aufl. 2014, § 10 AsylVfG Rn. 58 und Rn. 67). Denn die Kläger haben in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass sie jeden Tag bei der Postausgabe nachgesehen hätten und dass wegen des Wochenendes und der Feiertage um Allerheiligen herum die Postausgabe geschlossen gewesen sei. Sie hätten erst am 4. November 2016 (Freitag) abends einen Vermerk auf der Tafel gesehen; da sei aber keiner mehr anwesend gewesen. Die Frage kann letztlich dahingestellt bleiben, weil die Klage jedenfalls unbegründet ist.

Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 13. Oktober 2016 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylG. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzes gemäß § 4 AsylG sowie für die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegen nicht vor (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung sowie die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots sind ebenfalls nicht zu beanstanden. Das Gericht folgt dem angefochtenen Bescheid und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylG).

Das Gericht ist insbesondere nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung nicht davon überzeugt, dass den Klägern bei einer Rückkehr in den Iran politische Verfolgung oder sonst eine ernsthafte Gefahr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht.

Ein Ausländer darf gemäß § 3 ff. AsylG nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Verfolgungshandlungen müssen an diese Gründe anknüpfend mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen (siehe zum einheitlichen Wahrscheinlichkeitsmaßstab BVerwG, U.v. 1.6.2011 - 10 C 25/10 - BVerwGE 140, 22; U.v. 27.4.2010 - 10 C 5/09 - BVerwGE 136, 377). Eine beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit liegt dann vor, wenn die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Maßgebend ist letztlich, ob es zumutbar erscheint, dass der Ausländer in sein Heimatland zurückkehrt (BVerwG, U.v. 3.11.1992 - 9 C 21/92 - BVerwGE 91, 150; U.v. 5.11.1991 - 9 C 118/90 - BVerwGE 89, 162). Über das Vorliegen einer mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit gegebenen Gefahr politischer Verfolgung entscheidet eine wertende Gesamtbetrachtung aller möglichen verfolgungsauslösenden Gesichtspunkte, wobei in die Gesamtschau alle Verfolgungsumstände einzubeziehen sind, unabhängig davon, ob diese schon im Verfolgerstaat bestanden oder erst in Deutschland entstanden und von dem Ausländer selbst geschaffen wurden oder ob ein Kausalzusammenhang zwischen dem nach der Flucht eingetretenen Verfolgungsgrund und entsprechend den schon in dem Heimatland bestehenden Umständen gegeben ist (BVerwG, U.v. 18.2.1992 - 9 C 59/91 - Buchholz 402.25, § 7 AsylVfG Nr. 1).

Aufgrund seiner prozessualen Mitwirkungspflicht hat ein Kläger (oder eine Klägerin) seine (ihre) Gründe für seine politische Verfolgung schlüssig und vollständig vorzutragen (§ 25 Abs. 1 und 2 AsylG, § 86 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz VwGO). Er muss unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt schildern, aus dem sich - als wahr unterstellt - bei verständiger Würdigung die behauptete Verfolgung ergibt. Bei den in die eigene Sphäre des Klägers fallenden Ereignissen, insbesondere seinen persönlichen Erlebnissen, muss er eine Schilderung abgeben, die geeignet ist, den Abschiebungsschutz lückenlos zu tragen. Unauflösbare Widersprüche und erhebliche Steigerungen des Vorbringens sind hiermit nicht vereinbar und können dazu führen, dass dem Vortrag im Ganzen nicht geglaubt werden kann. Bleibt ein Kläger hinsichtlich seiner eigenen Erlebnisse konkrete Angaben schuldig, so ist das Gericht nicht verpflichtet, insofern eigene Nachforschungen durch weitere Fragen anzustellen. Das Gericht hat sich für seine Entscheidung die volle Überzeugung von der Wahrheit, nicht bloß von der Wahrscheinlichkeit zu verschaffen (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 16.4.1985 - 9 C 106.84 - BVerwGE 71, 180).

Den Klägern ist es letztlich nicht gelungen, die für ihre Ansprüche relevanten Gründe - sowohl zu ihrem Vorfluchtschicksal als auch zu den vorgebrachten Nachfluchtgründen betreffend ihre exilpolitische Betätigung - in der dargelegten Art und Weise geltend zu machen. Unter Zugrundelegung der Angaben der Kläger ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass eine begründete Gefahr politischer Verfolgung oder sonst eine ernsthafte Gefahr im Iran mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit bestand bzw. besteht. Die Kläger haben im Verlauf des Behördenverfahrens sowie des gerichtlichen Verfahrens, insbesondere in der mündlichen Verhandlung teils in frappierender Weise ungereimte und widersprüchliche sowie teils auch gesteigerte Angaben gemacht. Demgegenüber ließen sie eine zweifelsfreie, in sich stimmige Verfolgungsgeschichte vermissen.

Gerade auch aufgrund des Aussageverhaltens der Kläger zu 1) und 2) in der mündlichen Verhandlung drängt sich dem Gericht der Eindruck auf, dass sich die von ihnen geschilderte Geschichte im wesentlichen Teilen so nicht zugetragen hat und insoweit ohne realistischen Erlebnishintergrund ist. Anders lassen sich die zahlreichen Widersprüche in der mündlichen Verhandlung im Vergleich der Kläger zu 1) und 2) untereinander sowie im Vergleich zu ihren Angaben beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge samt der damit verbundenen sonstigen Unstimmigkeiten und Ungereimtheiten nicht erklären. So bleiben letztlich nicht ausräumbare, durchgreifende Zweifel an der Glaubhaftigkeit des klägerischen Vorbringens zu ihrem Vorfluchtschicksal.

Ungereimtheiten offenbaren sich schon zu den Angaben hinsichtlich der Aktivitäten des Klägers zu 1) für die Komalah (Komala) im Iran verbunden mit seinen angeblichen Reisen in den Irak. So hatte der Kläger zu 1) gegenüber dem Bundesamt überhaupt nicht erwähnt, dass er regelmäßig in den Irak gereist sei, um sich neue Informationen und Aufträge für seine Aktivitäten betreffend die Komalah geben zu lassen. Demgegenüber hatte die Klägerin zu 2) bei der Bundesamtsanhörung angegeben, der Kläger sei für zwei bis drei Tage alle zwei bis drei Wochen in den Irak gereist. Widersprüchlich dazu erklärte die Klägerin zu 2) jedoch in der mündlichen Verhandlung, ihr Ehemann sei in den letzten fünf bis sechs Jahren insgesamt fünf- bis sechsmal in den Irak gegangen, vielleicht jedes Jahr einmal. Auf Vorhalt des Widerspruchs erklärte die Klägerin zu 2), ihr sei es beim Bundesamt wegen ihrer Schwangerschaft nicht gut gegangen. Sie wisse nicht, was sie dort erzählt habe. Im Widerspruch dazu wiederum gab der Kläger zu 1) nunmehr erstmals in der mündlichen Verhandlung an, er sei im Monat zweimal in den Irak gereist und habe dort jeweils drei Nächte in der Parteizentrale übernachtet. Er habe seiner Frau weniger gesagt. Er habe alles heimlich gemacht. Der mögliche Umstand, dass der Kläger zu 1) gegenüber seiner Ehefrau angegeben habe, dies seien Geschäftsreisen - wie vom Klägerbevollmächtigten angedacht -, überzeugt das Gericht schon deshalb nicht, weil die Klägerin zu 2) dahingehendes überhaupt nicht erwähnt hat. Außerdem ist nicht erklärlich, wieso der Kläger zu 1) die zahlreichen Reisen in den Irak, die nach seiner Darstellung offenbar auch für den iranischen Geheimdienst Anlass gewesen sein sollten, ihn zu verfolgen, nicht schon bei der Bundesamtsanhörung angegeben hat.

Weiter ergeben sich erhebliche Diskrepanzen in den Angaben des Klägers zu 1) und der Klägerin zu 2) zu ihrem Geschäft sowie insbesondere zu der dafür benötigten Erlaubnis. Die Klägerin zu 2) gab diesbezüglich in der mündlichen Verhandlung an, sie hätten zunächst über viele Jahre eine gültige Gewerbeerlaubnis gehabt, etwa so sieben bis acht Jahre. Erst danach habe man ihrem Ehemann gesagt, dass sie das Geschäft nicht weiterbetreiben dürften. Demgegenüber erklärte der Kläger zu 1) sie hätten von vornherein keine gültige Erlaubnis besessen. Während er jedoch gegenüber dem Bundesamt vorbrachte, sie hätten mittels der Erlaubnis des Nachbarn gearbeitet, erklärte er in der mündlichen Verhandlung, er habe keine Geschäftserlaubnis wegen seines Schwagers bekommen, weil sie eine politische Familie seien. Er habe aber eine andere Erlaubnis gehabt, die er bekommen habe, als er den Beruf erlernt habe. Dies sei aber nicht eine Erlaubnis gewesen, um das Geschäft zu betreiben. Erst nachher habe er eine Kopie der Erlaubnis seines Nachbarn genommen. Der Kläger zu 1) erklärte weiter, er habe danach Probleme mit den Steuerbehörden bekommen und 500.000 Toman Strafe für unbezahlte Steuern erhalten. Demgegenüber erklärte die Klägerin zu 2), sie hätten die 500.000 Toman bezahlen müssen, weil sie das Geschäft ohne Erlaubnis betrieben hätten. Im Widerspruch zum Kläger zu 1) hatte die Klägerin zu 2) beim Bundesamt auf entsprechende Frage, was gegen ihren Mann vorliege, noch angegeben, ihr Ehemann habe 500.000 Toman Strafe zahlen müssen und unterschreiben müssen, dass er sich nicht weiter politisch betätige. Demgegenüber hatte der Kläger zu 1) im Rahmen der Bundesamtsanhörung nur allgemein ausgesagt, der Geheimdienst habe ihm Papiere gegeben, die er habe unterschreiben müssen. Erstmals in der mündlichen Verhandlung steigerte der Kläger zu 1) sein Vorbringen dahin, dass er etwas unterschrieben habe, dass er keine politischen Aktivitäten habe.

Widersprüchlich und ungereimt sind auch des Weiteren die Angaben der Kläger zum Geheimdienst. Während der Kläger zu 1) gegenüber dem Bundesamt überhaupt nicht angegeben hatte, dass der Geheimdienst jemals sein Geschäft aufgesucht hatte, hatte die Klägerin zu 2) angegeben, der Geheimdienst sei in ihr Geschäft gekommen. Sie hätten kurdische Trachten mit einer Fahne von Kurdistan darin gefertigt. Der Geheimdienst habe diese verbrannt. In der mündlichen Verhandlung erklärte der Kläger zu 1) erstmals, der Geheimdienst sei wiederholt bei ihm im Geschäft gewesen. Dreimal sei er so gegen 12:00 Uhr vor dem Geschäft gewesen und drei weitere Male seien sie in das Geschäft gegangen und hätten sein Geschäft durchsucht. Zu dem Zeitpunkt sei aber nichts gefunden und verbrannt worden. Verbrannt worden seien Stücke erst nach der Hausdurchsuchung, nachdem das Geschäft geschlossen worden sei.

Erst auf Einflüsterung der Klägerin zu 2) verwies der Kläger zu 1) auch auf die Fertigung der kurdischen Damentrachten, die der Geheimdienst dann gefunden habe. Die Trachten seien mitgenommen worden. Erst nach seiner Flucht sei der Geheimdienst noch einmal in das Geschäft gegangen und habe Stoffe verbrannt. In der mündlichen Verhandlung erklärte der Kläger zu 1) erstmals weiter, man habe die Nummer seines Handys herausgefunden und deshalb sei der Geheimdienst zu ihnen nach Hause gekommen. Gegenüber dem Bundesamt hatte der Kläger zu 1) dahingehendes noch nicht erwähnt. Genauso wenig hatte die Kläger bislang etwas über die Verfolgungsmaßnahmen der Behörden nach dem Untertauchen erwähnt, etwa den von der Klägerin zu 2) erstmals in der mündlichen Verhandlung angeführten Haftbefehl sowie der zahlreichen Nachfragen des Geheimdienstes, insbesondere auch nach dem Verlassen des Landes.

Ergänzend ist noch anzumerken, dass der Kläger zu 1) in der mündlichen Verhandlung betonte, dass sein Name „K*“ falsch geschrieben sei, richtig sei die Schreibweise „Ki*“. Allerdings fällt in der Beziehung auf, dass auch in den von ihm selbst vorgelegten Übersetzungen der Bestätigungen seiner Partei die Schreibweise „K*“ enthalten ist, so dass sich die Frage stellt, wieso die kurdische Exilorganisation bzw. das von ihm beauftragte Übersetzungsbüro seinen Namen ebenfalls falsch schreiben sollte.

Zusammenfassend ist das Gericht nach dem Gesamtbild, wie sich dem Gericht aufgrund der Angaben der Kläger zu 1) und der Klägerin zu 2) im behördlichen Verfahren und im Gerichtsverfahren unter Einbeziehung der vorgelegten Unterlagen - gerade auch nach dem Eindruck in der mündlichen Verhandlung - nicht davon überzeugt, dass den Klägern aufgrund des von ihnen geschilderten Vorfluchtschicksals eine (politische) Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohte oder heute noch droht.

Des Weiteren droht den Klägern, insbesondere dem Kläger zu 1), - ausgehend von der vorliegenden Erkenntnislage und der darauf fußenden Rechtsprechung - auch nicht wegen der von ihm vorgetragenen exilpolitischen Aktivitäten mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohende politischen Verfolgung bei einer Rückkehr in den Iran.

Denn nach der Rechtsprechung ist - allgemein - maßgeblich für eine beachtliche wahrscheinliche Verfolgungsgefahr darauf abzustellen, ob die im Asylverfahren geltend gemachten exilpolitischen Aktivitäten als untergeordnete Handlungen eingestuft werden, die dem Betreffenden nicht als ernsthaften und gefährlichen Regimegegner in Erscheinung treten lassen oder umgekehrt. Die Gefahr politischer Verfolgung wegen exilpolitischer Aktivitäten ist anzunehmen, wenn ein iranischer Bürger bei seinen Aktivitäten besonders hervortritt und sein gesamtes Verhalten den iranischen Stellen als ernsthaften, auf die Verhältnisse im Iran einwirkenden Regimegegner erscheinen lässt (vgl. etwa m.w.N. OVG NRW, B.v. 16.1.2017 - 13 A 1793/16.A - juris; BayVGH, B.v. 29.7.2013 - 14 ZB 13.30084 - juris; B.v. 6.1.2014 - 13 A 1474/13.A - juris sowie VG Bayreuth, U.v. 2.4.2016 - B 3 K 15.30486 - juris; VG Stuttgart, U.v. 15.2.2016 - A 11 K 1658/15 - juris; VG Würzburg, U.v. 26.8.2015 - W 6 K 15.30206 - juris; jeweils m.w.N.; vgl. auch schon VG Würzburg, U.v. 19.12.2012 - W 6 K 12.30171 - Beck-Online, BeckRS 2013, 45668). Erforderlich ist im Regelfall ein exponiertes exilpolitisches Engagement, das den Betreffenden aus dem Kreis der standardmäßig exilpolitisch Aktiven heraushebt und im iranischen Staat als ernsthaften Regimegegner erscheinen lässt, so dass wegen der von ihm ausgehenden Gefahr eines Verfolgungsinteresses seitens des iranischen Staates besteht (vgl. auch HessVGH, U.v. 21.9.2011 - 6 A 1005/10.A - EzAR-NF 63 Nr. 4).

Diese Voraussetzungen sind im Ergebnis bei den Klägern nicht erfüllt, selbst wenn man zu ihren Gunsten davon ausgeht, dass bei Mitgliedern der Komalah eine womöglich größere Verfolgungsgefahr besteht als bei anderen exilpolitisch aktiven Iranern.

Grundsätzlich ist festzustellen, dass die exilpolitischen Organisationen im Ausland sowie deren Aktivitäten durch den iranischen Sicherheitsdienst genauestens überwacht werden. Dies ist allgemein bekannt und unstrittig (Schweizerische Flüchtlingshilfe - SFH -, Länderanalyse Iran vom 04.04.2006, S. 6). Die Mitgliedschaft in verbotenen politischen Gruppierungen, z.B. der Kurdenpartei DPKI oder Komalah, kann zu staatlichen Zwangsmaßnahmen führen. Da die DPKI und die Komalah eine ähnliche Stellung in der iranischen Opposition einnehmen, können nach Ansicht des Gerichts jeweils betreffende Auskünfte entsprechend herangezogen werden, um eine Verfolgungsgefahr für jeweilige Aktivitäten zu ermitteln. Dies gilt insbesondere deshalb, da die Geschichte der beiden Organisationen miteinander verknüpft ist und auch die Auskünfte selbst meist nicht differenzieren, sondern von einer ähnlichen Verfolgungsgefahr ausgehen (vgl. z.B. Deutsches Orient-Institut an HessVGH vom 25.01.2007; Amnesty International an VG Köln vom 29.05.2007; GIGA an VG Köln vom 06.03.2007 und an VG Karlsruhe vom 01.06.2007). Beide Organisationen sind angesiedelt im politisch linken kurdischen Spektrum (GIGA an VG Karlsruhe vom 01.06.2007, S. 3; Deutsches Orient-Institut an HessVGH vom 25.01.2007, S. 7), haben früher einen gewaltsamen Kampf gegen das iranische Regime geführt (GIGA, a.a.O., S. 3; Deutsches Orient-Institut, a.a.O., S. 6), mittlerweile abgeschworen und den bewaffneten Kampf abgelehnt (GIGA an VG Karlsruhe vom 01.06.2007, S. 11; Auswärtiges Amt an HessVGH vom 04.04.2007, S. 2). Heute treten beide Organisationen für ein föderales System im Iran sowie Rechte auf freie Meinungsäußerung und Vereinigungsfreiheit ein (Auswärtiges Amt, a.a.O., S. 2; Amnesty International an VG Köln vom 29.05.2007, S. 2). Kurdische Gruppierungen, denen die Regierung separatistische Tendenzen unterstellt, stehen weiterhin im Zentrum der Aufmerksamkeit der iranischen Sicherheitskräfte (Bundesamt, Informationszentrum Asyl und Migration, Iran - Online Loseblattwerk - 3. Gesellschaft und Bevölkerung, Oktober 2004, S. 14). Zwar ist der innenpolitische Einfluss der kurdischen Exilorganisationen vergleichsweise gering, da im Iran verbotene Organisationen nur im Untergrund und ohne ein offen hervortretendes Netz arbeiten können; gleichwohl sind diese im Land präsent (Deutsches Orient-Institut an HessVGH vom 25.01.2007, S. 17). Die Bedeutung der DPKI nimmt zu (GIGA an VG Karlsruhe vom 01.06.2007, S. 11). Denn die kurdisch oppositionellen Gruppen haben - ohne innenpolitisch Einfluss ausüben zu können - eine lebendig-wirksame Entsprechung im Iran (GIGA an VG Köln vom 06.03.2007, S. 10). Seit 2004 mit Spitzen Anfang und Mitte 2006 kam es in zahlreichen kurdischen Städten zu Demonstrationen, in deren Folge es Verhaftungen und Tote gab. Infolgedessen kam es zu verstärkten Verhaftungen von Mitgliedern kurdischer Organisationen, da die iranischen Sicherheitsbehörden den Grund für solche Aktionen in politischen Gruppen der Kurden im Iran sehen, auch wenn diese nicht unmittelbar gewalttätig sind (GIGA an VG Karlsruhe vom 01.06.2007, S. 10). Es gab Berichte über Auseinandersetzungen zwischen iranischen Sicherheitskräften und kurdischen Extremisten. Die iranischen Sicherheitsbehörden versuchen, den politischen Hinter- und Untergrund solcher Aktivitäten auszuräuchern. Es gibt eine Vielzahl gut belegter Übergriffe, Verhaftungen, Verurteilungen und sogar Todesfälle beim „Umkippen“ der Demonstrationen (GIGA, a.a.O., S. 10). Die Aufstachelung und Anheizung dieser Konflikte kann auch zu einer verschärften Gefährdung der kurdischen Exilopposition führen (GIGA an VG Köln vom 06.03.2007, S. 10). Soweit Aktivitäten von Mitgliedern und Aktivisten der Komalah im Iran bekannt werden, sind die Betreffenden unnachsichtiger staatlicher Verfolgung ausgesetzt (Beschluss des HessVGH vom 24.07.2007, Az.: 6 UE 3107/05.A). Das Auswärtige Amt und das Bundesamt stellten bereits seit Herbst 2002 ein verschärftes Vorgehen gegen die Komalah und andere kurdische Organisationen fest (Auswärtiges Amt an HessVGH vom 04.04.2007; Bundesamt, a.a.O., S. 15).

Die eben skizzierte (ältere) Erkenntnislage wird durch neuere vorliegende Erkenntnisse in der Sache bestätigt.

Die Schweizerische Flüchtlingshilfe vermerkt in ihrer Länderanalyse vom 16. November 2010 (Iran: Illegale Ausreise/Situation von Mitgliedern der PDKI/politische Aktivitäten im Exil), dass die PDKI (KDPI, DPIK, DPKI) die älteste kurdische Oppositionsgruppe ist. Sie hat 1991 den bewaffneten Kampf aufgegeben und strebt die staatliche Anerkennung kurdischer Rechte in einer föderalen iranischen Republik an. Im Iran haben sich die Repressionen gegen politische Aktivisten und Gegnern des Regimes verstärkt. Kurdische oppositionelle Gruppen, die wie die PDKI in Verdacht stehen, separatistische Ziele zu verfolgen, werden brutal unterdrückt. Aktivisten werden in unfairen Verfahren zu harten Gefängnisstrafen verurteilt. Die Verfolgung kurdischer Oppositioneller beschränkt sich nicht ausschließlich auf Parteimitglieder in hohen Positionen. Der Besitz einer Broschüre oder einer CD mit Informationen zur Partei kann als ein die nationale Sicherheit bedrohender Akt aufgefasst werden. Angesichts des zunehmenden Drucks auf die kurdische Minderheit werden kurdische Iraner, die mehrere Jahre im Ausland gelebt haben, bei einer Rückkehr mit großer Wahrscheinlichkeit von den Geheimdiensten intensiv verhört. Iranische Sicherheitsdienste beobachten und erfassen seit Jahren die politischen Aktivitäten von Exiliranern. Allerdings ist es äußerst schwierig, den Grad der Überwachung von unregelmäßig aktiven Demonstrierenden oder von Personen, die ohne Schlüsselposition an Sitzungen der regierungskritischen Organisationen teilnehmen, einzuschätzen. Die Überwachung von exilierten Regierungskritikern scheint seit den Unruhen im Jahr 2009 zugenommen zu haben. Die, die sich öffentlich kritisch zu den Vorgängen im Iran äußern, müssen bei einer Rückkehr mit Problemen rechnen. Bis heute ist die PDKI eine der großen Oppositionsparteien des iranischen Regimes. Asylbewerber, die an Demonstrationen einer großen Oppositionsgruppe wie der PDKI teilgenommen haben, riskieren bei einer Rückkehr verfolgt zu werden. Für die PDKI aktive Personen laufen Gefahr, bei einer Rückkehr verfolgt und verhört zu werden.

Nach einer Stellungnahme von ACCORD (ACCORD-Anfrage-Beantwortung zum Iran: Lage von Mitgliedern der Demokratic Cardy of Kurdistan/Iran, Verfolgung von Mitgliedern durch iranische Behörden im Nordirak vom 18.11.2013) ist es unmöglich zu sagen, wo die Reizschwelle der Regierung gegenüber kurdischen Aktivitäten liegt. Es gibt keine klare Logik und keine kIare rote Linie. Grundsätzlich gibt es keine Toleranz des iranischen Regimes für irgendwelche Aktivitäten in Verbindung mit kurdischen politischen Parteien. Allerdings ist das System im Iran so kompliziert, dass man nicht vorhersagen kann, welche Gruppe am meisten gefährdet ist; dies ändert sich auch ständig.

Eine Verfolgungsgefahr besteht, wenn sich Asylbewerber im Ausland exponiert haben (vgl. Amnesty International, Auskunft an das VG Würzburg vom 20.3.2014). Seit Herbst 2009 gibt es verstärkte Hinweise auf eine gesteigerte Aufmerksamkeit der iranischen Sicherheitsdienste bezüglich der exilpolitischen Tätigkeit iranischer Staatsangehöriger. Dazu gehört auch, dass verstärkt Personen, die an solchen Tätigkeiten beteiligt gewesen sind, bei späteren Besuchen in den Iran seitens des Sicherheitsdienstes zu ihren Aktionen befragt werden (Auswärtiges Amt, Auskunft an das VG Würzburg vom 24.2.2014).

Nach einer weiteren Stellungnahme der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (Schnellrecherche der SFH-Länderanalyse vom 22.1.2016 zu Iran: Gefährdung eines Mitglieds der KDP bei der Rückkehr in den Iran) werden kurdische Oppositionsgruppen, welche separatistischer Aspirationen verdächtigt werden, im Iran brutal unterdrückt, sie können dort nicht legal tätig sein. Diese Mitglieder werden oftmals unter falschem Vorwand verhaftet und unfairen Gerichtsverfahren unterworfen sowie zu schweren Strafen verurteilt. Die iranische Regierung duldet keinerlei Aktivitäten im Zusammenhang mit kurdischen politischen Parteien im Iran. Im Iran müssen auch Unterstützer mit niedrigem Profil mit ernsthaften Konsequenzen rechnen. Des Weiteren sind Rückkehrer aus dem Irak, die dort in Kontakt mit kurdischen Exilparteien gestanden haben, Gefährdungen ausgesetzt.

Das Österreichische Bundesamt für Fremdenwesen (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Iran vom 31.3.2016) führt aus, dass kurdische Gruppierungen wie auch die Komalah aufgrund der unterstellten separatistischen Tendenzen im Zentrum der Aufmerksamkeit der Sicherheitskräfte stehen. Die Komalah hat ihre Zentrale in der autonomen kurdischen Region Irak. Es gibt Parteimitglieder und Parteisympathisanten. Organisiert ist die Partei in einzelnen Zellen, die eine große Anzahl von Sympathisanten abdecken. Einer realen Gefährdung bei einer Rückkehr in den Iran setzen sich solche führende Persönlichkeiten der Oppositionsgruppen aus, die öffentlich und öffentlichkeitswirksam in Erscheinung träten und zum Sturz des Regimes aufrufen. Im Ausland lebende prominente Vertreter im Iran verbotener Oppositionsgruppen haben im Fall einer Rückführung mit sofortiger Inhaftierung zu rechnen. Des Weiteren ist zu beobachten, dass Teilnehmer an iran-kritischen Demonstrationen bei späteren Besuchen im Iran seitens des Sicherheitsdienstes zu ihren Aktionen befragt werden. Nach Erkenntnissen deutscher Sicherheitsbehörden arbeitet der iranische Geheimdienst primär gegen oppositionelle Exil-Aktivitäten. Im Fokus stehen vor allem Aktivitäten, die als Angriff auf das politische System empfunden werden und die islamischen Grundsätze in Frage stellen.

In den vorliegenden Lageberichten des Auswärtigen Amtes (zuletzt Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran vom 8.12.2016, Stand: Oktober 2016 sowie vom 9.12.2015, Stand: November 2015) ist vermerkt, dass die Mitgliedschaft in verbotenen politischen Gruppierungen zu staatlichen Zwangsmaßnahmen führen kann. Zu diesen verbotenen Organisationen zählen unter anderem die Kurdenparteien (z.B. DPIK, Komalah). Den Lageberichten ist weiter zu entnehmen, dass es zunehmend Hinweise auf Diskriminierung von im Iran lebenden Kurden hinsichtlich ihrer kulturellen Eigenständigkeit, Meinungs- und Versammlungsfreiheit in den Fällen gibt, in denen die Zentralregierung separatistische Tendenzen vermutet. Einzelne kurdische Gruppierungen, denen die Regierung separatistische Tendenzen unterstellt, stehen im Zentrum der Aufmerksamkeit der Sicherheitskräfte. Hierzu zählen insbesondere die marxistische Komalah-Partei und die Democratic Party of Iranian Kurdistan (DPIK bzw. DPKI). Diese werden von der Regierung als konterrevolutionäre und terroristische Gruppen betrachtet, die vom Irak aus das Regime bekämpfen. Festnahmen und Verurteilungen zu hohen Gefängnisstrafen einschließlich der Todesstrafe gegen mutmaßliche radikale Mitglieder kommen weiterhin vor. Weiter ist zu den exilpolitischen Tätigkeiten ausgeführt, dass davon auszugehen ist, dass die iranischen Stellen die im Ausland tätigen Oppositionsgruppen genau beobachten. Einer realen Gefährdung bei einer Rückkehr in den Iran setzen sich daher solche führenden Persönlichkeiten der Oppositionsgruppen aus, die öffentlich und öffentlichkeitswirksam (z.B. Redner, Verantwortliche oder leitende Funktionsträger) in Erscheinung treten und zum Sturz des Regimes aufrufen. Im Ausland lebende prominente Vertreter im Iran verbotener Oppositionsgruppen haben im Fall einer Rückführung mit sofortiger Inhaftierung zu rechnen.

Im aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amtes (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran vom 8.12.2016, Stand Oktober 2016) ist noch angemerkt, dass kurdischen Aktivisten von der Zentralregierung separatistische Tendenzen vorgeworfen und diese entsprechend geahndet werden. Iraner, die im Ausland leben, sich dort öffentlich regimekritisch äußern und dann in den Iran zurückkehrten, können von Repressionen bedroht sein.

Ausgehend von dieser Erkenntnislage kommt die Rechtsprechung zum Ergebnis, dass auch nicht radikale Mitglieder kurdischer Oppositionsparteien im Iran flüchtlingsrelevant verfolgt werden können. Gefährdet sind nicht ausschließlich Mitglieder der Partei, sondern auch einfache Anhänger. Auch solche Personen sind im Iran gezielter politischer Repression ausgesetzt, die sich als überzeugte und aktive Mitglieder der Oppositionspartei offenbart haben. Der Grad der Gefährdung wegen exilpolitischer Betätigung übersteigt damit für Mitglieder der Komalah oder auch der DPKI denjenigen, der für Mitglieder und Anhänger anderer Exilorganisationen, wie etwa der Monarchisten, angenommen wird. Abzustellen ist auf eine Einzelfallbeurteilung (vgl. HessVGH, B.v. 24.7.2007 - 6 UE 3108/05.A - juris sowie OVG NRW, B.v. 6.8.2010 - 13 A 829/09.A - juris; VG Bremen U.v. 01.02.2012 - 1 K 173/09.A - juris; VG Karlsruhe, U.v. 28.7.2011 - A 6 K 671/11 - Asylmagazin 2011, 287; VG Ansbach, U.v. 21.7.2011 - AN 18 K 11.30194 - juris; VG Düsseldorf, U.v. 18.8.2010 - 5 K 3884/10.A - juris; VG Oldenburg, U.v. 26.1.2010 - 3 A 135/09 - juris; VG Dresden, U.v. 6.8.2003 - 14 A 30558/00.A - juris; vgl. auch HessVGH, U.v. 21.9.2011 - 6 A 1005/10.A - EzAR-NF 63 Nr. 4; BayVGH, B.v. 9.8.2012 - 14 ZB 12.30263 - juris).

Nach alledem ist festzuhalten, dass bei Mitgliedern, Anhängern oder Sympathisanten der kurdischen Oppositionsgruppen eine beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit nicht voraussetzt, dass diese in exponierter Stellung nachhaltig als Regimefeinde in die Öffentlichkeit getreten sind. Vielmehr ist auch bei einer abgeschwächten Form oppositioneller Aktivitäten eine beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit möglich. Ob eine solche vorliegt, richtet sich weitgehend nach den konkreten Umständen des Einzelfalles. Bei einfachen Mitgliedern und untergeordneten Tätigkeiten für kurdische exiloppositionelle Gruppen ist es nach Ansicht des Gerichts erforderlich für die Begründung einer beachtlichen Verfolgungswahrscheinlichkeit, dass diese Mitglieder oder Personen erkennbar und identifizierbar derart in die Öffentlichkeit getreten sind, dass sie mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit von den iranischen Behörden und Sicherheitskräften erkannt und identifiziert worden sind und zudem wegen der von ihnen ausgehenden Gefahr ein Verfolgungsinteresse des iranischen Staates besteht. Dafür genügt nicht allein die passive Mitgliedschaft oder die vereinzelte Teilnahme an Demonstrationen. Denn es ist nicht als realistisch anzusehen, dass jede Person, welche an Veranstaltungen der kurdischen Exilopposition teilnimmt, als möglicher Regimefeind erkannt und verfolgt wird. Denn ein bloßer Mitläufer der Komalah ist nicht gefährdet. Auch bei Mitgliedern der Komalah ist nach dem Gesamtbild der Aktivitäten die Einzelfallbeurteilung das maßgebliche Kriterium für die Bewertung der Verfolgungsrelevanz exilpolitischer Aktivitäten. Das Bestehen einer beachtlichen wahrscheinlichen Verfolgungsgefahr ist nach den konkret-individuellen Gesamtumständen des Einzelfalles zu beurteilen. Entscheidend ist dabei, ob die Aktivitäten den jeweiligen Asylsuchenden aus der Masse der mit dem Regime im Teheran Unzufriedenen herausheben und ihn als ernsthaften (und gefährlichen) Regimegegner erscheinen lassen (vgl. BayVGH, B.v. 9.8.2012 - 14 ZB 12.30263 - juris; OVG NRW, B.v. 6.8.2010 - 13 A 829/09.A. - juris).

Vor diesem Hintergrund besteht für den Kläger zu 1) nach derzeitiger Auskunftslage aufgrund des Gesamtbildes seiner exilpolitischen Tätigkeiten keine beachtliche Wahrscheinlichkeit einer politischen Verfolgung bei einer Rückkehr in den Iran. Der Kläger hat konkret unter Vorlage einer Bescheinigung der Komalah vorgebracht, er sei Aktivist in Deutschland. Er stehe mit der Komalah in Verbindung und habe in dieser Zeit auf verschiedene Weise an den Sitzungen und Veranstaltungen der Komalah in Europa und in Deutschland teilgenommen. Der Kläger hat dies im Gerichtsverfahren und insbesondere in der mündlichen Verhandlung jedoch nicht weiter konkretisiert. Er verwies lediglich auf eine erst am 25. Februar 2017 stattfindende Sitzung der Komalah in Köln sowie eine Demonstration verschiedener kurdischer Parteien gegen den iranischen Staat dort. Er habe Anrufe erhalten, dass er weitere Aktivitäten in Deutschland machen solle, aber er habe noch keine großen Möglichkeiten gehabt, weil er in seiner Asylunterkunft örtlich gebunden sei.

Die demnach insgesamt eher dürftigen Aktivitäten des Klägers rechtfertigen nicht die Annahme einer begründeten Verfolgungswahrscheinlichkeit, weil die Teilnahme an einzelnen Parteiveranstaltungen oder Demonstrationen nach der ins Verfahren eingeführten Erkenntnisse nicht ausreicht. Der Kläger hat sich auch nicht mit Veröffentlichungen gegen das iranische Regime hervorgetan. Es ist schon nicht ersichtlich, wie die wenigen Aktivitäten des Klägers in Deutschland den iranischen Sicherheitsbehörden bekannt werden sollten. Zudem scheinen die politischen Aktivitäten des Klägers nicht geeignet, auf die Verhältnisse im Iran ernsthaft einzuwirken und aus der Sicht des iranischen Staates eine Gefahr zu begründen. Nach der vorliegenden Auskunftslage ist es unrealistisch anzunehmen, dass jegliche regimekritische Aktivität bei einer Rückkehr in den Iran mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu persönlichen Konsequenzen führt. Der Kläger hat sich insgesamt betrachtet nicht als überzeugtes und aktives Mitglied der Oppositionspartei offenbart, so dass nicht davon auszugehen ist, dass seine Aktivitäten den iranischen Sicherheitsbehörden bekannt sind und darüber hinaus ein Verfolgungsinteresse des iranischen Staates begründen.

Die einfache Mitgliedschaft in der Partei Komalah sowie eine vereinzelte Teilnahme an Parteiveranstaltungen und auch Demonstrationen genügen im Ergebnis nicht (vgl. auch schon BayVGH, B.v. 9.8.2012 - 14 ZB 12.32063 - juris). Im Übrigen spricht einiges dafür, dass die vom Kläger vorgelegten Bescheinigungen der Komalah-Partei allgemeine Gefälligkeitsbescheinigungen sind, die keinen eigenständigen individuellen Beweiswert haben, sodass im Wesentlichen nur davon auszugehen ist, was der Kläger zu 1) selbst in der mündlichen Verhandlung an Aktivitäten angegeben hat (vgl. auch schon VG München, U.v. 16.12.2011 - M 2 K 10.31239 - juris).

Schließlich ist auch nicht anzunehmen, dass den Klägern sonst bei einer Rückkehr politische Verfolgung droht, etwa wegen ihres Auslandsaufenthalts oder ihrer Asylantragstellung in Deutschland. Auslandsaufenthalte sind nicht verboten. Zwar kann es bei der Rückkehr in Einzelfällen zu einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden über den Auslandsaufenthalt kommen; die Befragung geht in Ausnahmefällen mit einer ein- bis zweitägigen Inhaftierung einher. Darüber hinaus kommt es jedoch zu keinen staatlichen Repressionen. Keiner westlichen Botschaft ist bisher ein Fall bekannt geworden, in dem Zurückgeführte darüber hinaus staatlichen Repressionen ausgesetzt waren. Zudem wurde auch kein Fall bekannt, in dem Zurückgeführte im Rahmen der Befragung psychisch oder physisch gefoltert wurden. Zurzeit gibt es keine Hinweise auf eine Veränderung dieser Praxis. Schließlich können Personen, die das Land illegal verlassen und sonst keine weiteren Straftaten begangen haben, von der iranischen Vertretung ein Passersatzpapier bekommen und in den Iran zurückkehren. Mit dieser „gesetzlichen Wiedereinreise“ werden die früheren illegalen Ausreisen legalisiert (vgl. Auswärtiges Amt an das VG Würzburg vom 11.12.2013; Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der islamischen Republik Iran vom 8.12.2016, Stand Oktober 2016, S. 17 f.). Vorstehendes gilt auch in Bezug auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 9. März 2010 (R.C./Sweden, Nr. 41827/07). Denn die dort entschiedene Fallkonstellation ist nicht mit der hier vorliegenden vergleichbar, weil der Europäische Gerichtshof in jenem Fall seiner Beurteilung eine Vorverfolgung (Demonstrationsteilnahme mit anschließender Verhaftung und Folter) als substanziiert glaubhaft gemacht zugrunde gelegt hat (VGH BW, U.v. 15.4.2015 - A 3 S 1459/13 - juris; SächsOVG, U.v. 14.1.2014 - A 2 A 911/11 - juris; BayVGH, B.v. 25.2.2013 - 14 ZB 13.30023 - juris; B. v. 21.1.2013 - 14 ZB 12.30456 - juris; OVG NRW, B.v. 16.6.2011 - 13 A 1188/11.A - Asylmagazin 2011, 246; NdsOVG, B.v. 13.5.2011 - 13 LA 176/10 - AuAS 2011, 174).

Nach dem vorstehend Gesagten sind weiter insgesamt betrachtet keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzes gemäß § 4 AsylG oder von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG erfüllt wären. Auf den angefochtenen Bundesamtsbescheid wird im Einzelnen Bezug genommen und von einer weiteren Darstellung der Gründe abgesehen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Dies gilt auch hinsichtlich der Begründung der Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung sowie der Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.

(1) Mit der Asylantragstellung nach § 14 gilt ein Asylantrag auch für jedes minderjährige ledige Kind des Ausländers als gestellt, das sich zu diesem Zeitpunkt im Bundesgebiet aufhält, ohne freizügigkeitsberechtigt oder im Besitz eines Aufenthaltstitels zu sein, wenn es zuvor noch keinen Asylantrag gestellt hatte.

(2) Reist ein minderjähriges lediges Kind des Ausländers nach dessen Asylantragstellung ins Bundesgebiet ein oder wird es hier geboren, so ist dies dem Bundesamt unverzüglich anzuzeigen, wenn ein Elternteil eine Aufenthaltsgestattung besitzt oder sich nach Abschluss seines Asylverfahrens ohne Aufenthaltstitel oder mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 des Aufenthaltsgesetzes im Bundesgebiet aufhält. Die Anzeigepflicht obliegt neben dem Vertreter des Kindes im Sinne von § 12 Abs. 3 auch der Ausländerbehörde. Mit Zugang der Anzeige beim Bundesamt gilt ein Asylantrag für das Kind als gestellt.

(3) Der Vertreter des Kindes im Sinne von § 12 Abs. 3 kann bis zur Zustellung der Entscheidung des Bundesamtes auf die Durchführung eines Asylverfahrens für das Kind verzichten, indem er erklärt, dass dem Kind keine Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 und kein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Absatz 1 drohen. § 13 Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

(4) Die Absätze 1 bis 3 sind auch anzuwenden, wenn der Asylantrag vor dem 1. Januar 2005 gestellt worden ist und das Kind sich zu diesem Zeitpunkt im Bundesgebiet aufgehalten hat, später eingereist ist oder hier geboren wurde.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) War der Ausländer im Besitz eines Aufenthaltstitels, darf eine nach den Vorschriften dieses Gesetzes vollziehbare Abschiebungsandrohung erst vollzogen werden, wenn der Ausländer auch nach § 58 Abs. 2 Satz 2 des Aufenthaltsgesetzes vollziehbar ausreisepflichtig ist.

(2) Hat der Ausländer die Verlängerung eines Aufenthaltstitels mit einer Gesamtgeltungsdauer von mehr als sechs Monaten beantragt, wird die Abschiebungsandrohung erst mit der Ablehnung dieses Antrags vollziehbar. Im Übrigen steht § 81 des Aufenthaltsgesetzes der Abschiebung nicht entgegen.

(3) Haben Familienangehörige im Sinne des § 26 Absatz 1 bis 3 gleichzeitig oder jeweils unverzüglich nach ihrer Einreise einen Asylantrag gestellt, darf die Ausländerbehörde die Abschiebung vorübergehend aussetzen, um die gemeinsame Ausreise der Familie zu ermöglichen. Sie stellt dem Ausländer eine Bescheinigung über die Aussetzung der Abschiebung aus.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Tatbestand

Die Kläger sind iranische Staatsangehörige (ein Ehepaar mit einer Tochter) mit kurdischer Volkszugehörigkeit. Sie reisten nach eigenen Angaben am 14. April 2016 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 17. Mai 2016 ihre Asylanträge. Zur Begründung brachten sie im Wesentlichen vor: Der Kläger zu 1) sei Mitglied der Komalah-Partei (Komala-Partei) im Iran gewesen. Er habe für die Komalah-Partei Flugblätter verteilt und Veranstaltungen organisiert und auch kurdische Trachten mit der kurdischen Fahne genäht. Bei einer Hausdurchsuchung seien ein Laptop, eine kurdische Fahne usw. mitgenommen worden.

Mit Bescheid vom 13. Oktober 2016 erkannte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Klägern die Flüchtlingseigenschaft nicht zu (Nr. 1), lehnte die Anträge auf Asylanerkennung ab (Nr. 2) und erkannte den subsidiären Schutzstatus nicht zu (Nr. 3). Weiter stellte es fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 4). Die Kläger wurden aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung, im Falle der Klageerhebung innerhalb von 30 Tagen nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens, zu verlassen. Die Abschiebung in dem Iran oder in einem Staat wurde angedroht (Nr. 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 6). Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt: Dem Vorbringen mangele es an genauen Einzelheiten und einer stimmigen Sachverhaltsschilderung. Dem Kläger zu 1) fehle es am einfachsten Grundwissen über seine kurdische Partei. Widersprüchlich sei, dass die Klägerin zu 2) nicht verhaftet worden sei. Im Vorbringen der Kläger zu 1) und 2) fänden sich weitere Widersprüche. Die im Verfahren überreichte Geburtsurkunde des Klägers 1) weise Fälschungsmerkmale auf.

Mit Schriftsatz vom 16. November 2016, bei Gericht eingegangen am 17. November 2016, ließen die Kläger Klage erheben und zur Begründung im Wesentlichen vorbringen, die Kläger seien kurdischer Volkszugehörigkeit aus dem Grenzgebiet zum Irak und seien auch für die kurdische Sache in der Komalah-Partei aktiv gewesen. Von der Komalah-Partei mit Sitz im Irak liege eine Bestätigung vor, dass der Kläger zu 1) für die Partei aktiv gewesen sei.

Mit Schriftsatz vom 5. November 2016 ließen die Kläger weiter ausführen: Sie hielten die Klage nicht für verfristet. Im Zeitpunkt des Zustellversuchs vom 28. Oktober 2016 hätten sich die Kläger noch in der Aufnahmeeinrichtung in Roth befunden. Die Zuweisung in die Gemeinschaftsunterkunft Karlstein a. Main sei erst am 8. November 2016 erfolgt. Eine Anschriftenänderung im Zeitpunkt des Zustellversuchs habe somit noch nicht stattgefunden gehabt. Eine erstmalige Zustellung sei noch in Roth am 7. November 2016 erfolgt.

Mit Schriftsatz vom 9. Februar 2017 ließen die Kläger noch zwei Bestätigungen der Komalah-Partei Kurdistan vom 25. Juli 2016 und vom 25. Januar 2017 zu den Aktivitäten des Klägers zu 1) für die Komalah im Iran (Teilnahme an Protestbewegungen und an Veranstaltungen) sowie zu seinen Aktivitäten in Europa und Deutschland (Teilnahme an Sitzungen und Veranstaltungen) vorlegen.

Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 23. November 2016,

die verfristete Klage abzuweisen.

Die Kammer übertrug den Rechtsstreit mit Beschluss vom 24. November 2016 dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung.

In der mündlichen Verhandlung am 15. Februar 2017 beantragte der Klägerbevollmächtigte:

Die Beklagte unter Aufhebung der Nrn. 1 und 3 bis 6 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 13. Oktober 2016 zu verpflichten, den Klägern die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen;

hilfsweise den Klägern den subsidiären Schutz zuzuerkennen;

hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, das Einreise- und Aufenthaltsverbot auf null Monate zu befristen.

Das Gericht hörte die Kläger zu 1) und 2) informatorisch an.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringen der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Die Klage, über die entschieden werden konnte, obwohl nicht alle Beteiligten in der mündlichen Verhandlung erschienen sind (§ 102 Abs. 2 VwGO), hat keinen Erfolg.

Schon die Zulässigkeit der Klage ist wegen Versäumung der zweiwöchigen Klagefrist fraglich. Denn der Bescheid wurde laut Postzustellungsurkunde am 28. November 2016 durch Einwurf in den Briefkasten oder eine ähnliche Vorrichtung der Aufnahmeeinrichtung zugestellt. Diese Zustellung müssen die Kläger gegenüber sich gelten lassen. Die Zustellung gilt am dritten Tag nach Übergabe an die Aufnahmeeinrichtung als bewirkt (§ 10 Abs. 4 Satz 4 2. Halbsatz AsylG). Eine spätere tatsächliche Übergabe an die Asylbewerber - hier am 7. November 2016 - ändert an der Zustellungsfiktion nichts (vgl. Preisner in Beck´scher Online-Kommentar Ausländerrecht, hrsg. Kluth/Heusch, 11. Edition Stand:15.8.2016, § 10 AsylG Rn. 36 f.; Bergmann in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Aufl. 2016, § 10 AsylG Rn. 21). Jedoch spricht Einiges dafür, dass die Kläger die Frist unverschuldet versäumt haben könnten, so dass die Möglichkeit der Wiedereinsetzung besteht (vgl. Bruns in Hofmann, Ausländerrecht, 2. Aufl. 2016, § 10 AsylG Rn. 35; Marx, AsylVfG, 8. Aufl. 2014, § 10 AsylVfG Rn. 58 und Rn. 67). Denn die Kläger haben in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass sie jeden Tag bei der Postausgabe nachgesehen hätten und dass wegen des Wochenendes und der Feiertage um Allerheiligen herum die Postausgabe geschlossen gewesen sei. Sie hätten erst am 4. November 2016 (Freitag) abends einen Vermerk auf der Tafel gesehen; da sei aber keiner mehr anwesend gewesen. Die Frage kann letztlich dahingestellt bleiben, weil die Klage jedenfalls unbegründet ist.

Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 13. Oktober 2016 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylG. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzes gemäß § 4 AsylG sowie für die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegen nicht vor (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung sowie die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots sind ebenfalls nicht zu beanstanden. Das Gericht folgt dem angefochtenen Bescheid und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylG).

Das Gericht ist insbesondere nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung nicht davon überzeugt, dass den Klägern bei einer Rückkehr in den Iran politische Verfolgung oder sonst eine ernsthafte Gefahr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht.

Ein Ausländer darf gemäß § 3 ff. AsylG nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Verfolgungshandlungen müssen an diese Gründe anknüpfend mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen (siehe zum einheitlichen Wahrscheinlichkeitsmaßstab BVerwG, U.v. 1.6.2011 - 10 C 25/10 - BVerwGE 140, 22; U.v. 27.4.2010 - 10 C 5/09 - BVerwGE 136, 377). Eine beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit liegt dann vor, wenn die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Maßgebend ist letztlich, ob es zumutbar erscheint, dass der Ausländer in sein Heimatland zurückkehrt (BVerwG, U.v. 3.11.1992 - 9 C 21/92 - BVerwGE 91, 150; U.v. 5.11.1991 - 9 C 118/90 - BVerwGE 89, 162). Über das Vorliegen einer mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit gegebenen Gefahr politischer Verfolgung entscheidet eine wertende Gesamtbetrachtung aller möglichen verfolgungsauslösenden Gesichtspunkte, wobei in die Gesamtschau alle Verfolgungsumstände einzubeziehen sind, unabhängig davon, ob diese schon im Verfolgerstaat bestanden oder erst in Deutschland entstanden und von dem Ausländer selbst geschaffen wurden oder ob ein Kausalzusammenhang zwischen dem nach der Flucht eingetretenen Verfolgungsgrund und entsprechend den schon in dem Heimatland bestehenden Umständen gegeben ist (BVerwG, U.v. 18.2.1992 - 9 C 59/91 - Buchholz 402.25, § 7 AsylVfG Nr. 1).

Aufgrund seiner prozessualen Mitwirkungspflicht hat ein Kläger (oder eine Klägerin) seine (ihre) Gründe für seine politische Verfolgung schlüssig und vollständig vorzutragen (§ 25 Abs. 1 und 2 AsylG, § 86 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz VwGO). Er muss unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt schildern, aus dem sich - als wahr unterstellt - bei verständiger Würdigung die behauptete Verfolgung ergibt. Bei den in die eigene Sphäre des Klägers fallenden Ereignissen, insbesondere seinen persönlichen Erlebnissen, muss er eine Schilderung abgeben, die geeignet ist, den Abschiebungsschutz lückenlos zu tragen. Unauflösbare Widersprüche und erhebliche Steigerungen des Vorbringens sind hiermit nicht vereinbar und können dazu führen, dass dem Vortrag im Ganzen nicht geglaubt werden kann. Bleibt ein Kläger hinsichtlich seiner eigenen Erlebnisse konkrete Angaben schuldig, so ist das Gericht nicht verpflichtet, insofern eigene Nachforschungen durch weitere Fragen anzustellen. Das Gericht hat sich für seine Entscheidung die volle Überzeugung von der Wahrheit, nicht bloß von der Wahrscheinlichkeit zu verschaffen (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 16.4.1985 - 9 C 106.84 - BVerwGE 71, 180).

Den Klägern ist es letztlich nicht gelungen, die für ihre Ansprüche relevanten Gründe - sowohl zu ihrem Vorfluchtschicksal als auch zu den vorgebrachten Nachfluchtgründen betreffend ihre exilpolitische Betätigung - in der dargelegten Art und Weise geltend zu machen. Unter Zugrundelegung der Angaben der Kläger ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass eine begründete Gefahr politischer Verfolgung oder sonst eine ernsthafte Gefahr im Iran mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit bestand bzw. besteht. Die Kläger haben im Verlauf des Behördenverfahrens sowie des gerichtlichen Verfahrens, insbesondere in der mündlichen Verhandlung teils in frappierender Weise ungereimte und widersprüchliche sowie teils auch gesteigerte Angaben gemacht. Demgegenüber ließen sie eine zweifelsfreie, in sich stimmige Verfolgungsgeschichte vermissen.

Gerade auch aufgrund des Aussageverhaltens der Kläger zu 1) und 2) in der mündlichen Verhandlung drängt sich dem Gericht der Eindruck auf, dass sich die von ihnen geschilderte Geschichte im wesentlichen Teilen so nicht zugetragen hat und insoweit ohne realistischen Erlebnishintergrund ist. Anders lassen sich die zahlreichen Widersprüche in der mündlichen Verhandlung im Vergleich der Kläger zu 1) und 2) untereinander sowie im Vergleich zu ihren Angaben beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge samt der damit verbundenen sonstigen Unstimmigkeiten und Ungereimtheiten nicht erklären. So bleiben letztlich nicht ausräumbare, durchgreifende Zweifel an der Glaubhaftigkeit des klägerischen Vorbringens zu ihrem Vorfluchtschicksal.

Ungereimtheiten offenbaren sich schon zu den Angaben hinsichtlich der Aktivitäten des Klägers zu 1) für die Komalah (Komala) im Iran verbunden mit seinen angeblichen Reisen in den Irak. So hatte der Kläger zu 1) gegenüber dem Bundesamt überhaupt nicht erwähnt, dass er regelmäßig in den Irak gereist sei, um sich neue Informationen und Aufträge für seine Aktivitäten betreffend die Komalah geben zu lassen. Demgegenüber hatte die Klägerin zu 2) bei der Bundesamtsanhörung angegeben, der Kläger sei für zwei bis drei Tage alle zwei bis drei Wochen in den Irak gereist. Widersprüchlich dazu erklärte die Klägerin zu 2) jedoch in der mündlichen Verhandlung, ihr Ehemann sei in den letzten fünf bis sechs Jahren insgesamt fünf- bis sechsmal in den Irak gegangen, vielleicht jedes Jahr einmal. Auf Vorhalt des Widerspruchs erklärte die Klägerin zu 2), ihr sei es beim Bundesamt wegen ihrer Schwangerschaft nicht gut gegangen. Sie wisse nicht, was sie dort erzählt habe. Im Widerspruch dazu wiederum gab der Kläger zu 1) nunmehr erstmals in der mündlichen Verhandlung an, er sei im Monat zweimal in den Irak gereist und habe dort jeweils drei Nächte in der Parteizentrale übernachtet. Er habe seiner Frau weniger gesagt. Er habe alles heimlich gemacht. Der mögliche Umstand, dass der Kläger zu 1) gegenüber seiner Ehefrau angegeben habe, dies seien Geschäftsreisen - wie vom Klägerbevollmächtigten angedacht -, überzeugt das Gericht schon deshalb nicht, weil die Klägerin zu 2) dahingehendes überhaupt nicht erwähnt hat. Außerdem ist nicht erklärlich, wieso der Kläger zu 1) die zahlreichen Reisen in den Irak, die nach seiner Darstellung offenbar auch für den iranischen Geheimdienst Anlass gewesen sein sollten, ihn zu verfolgen, nicht schon bei der Bundesamtsanhörung angegeben hat.

Weiter ergeben sich erhebliche Diskrepanzen in den Angaben des Klägers zu 1) und der Klägerin zu 2) zu ihrem Geschäft sowie insbesondere zu der dafür benötigten Erlaubnis. Die Klägerin zu 2) gab diesbezüglich in der mündlichen Verhandlung an, sie hätten zunächst über viele Jahre eine gültige Gewerbeerlaubnis gehabt, etwa so sieben bis acht Jahre. Erst danach habe man ihrem Ehemann gesagt, dass sie das Geschäft nicht weiterbetreiben dürften. Demgegenüber erklärte der Kläger zu 1) sie hätten von vornherein keine gültige Erlaubnis besessen. Während er jedoch gegenüber dem Bundesamt vorbrachte, sie hätten mittels der Erlaubnis des Nachbarn gearbeitet, erklärte er in der mündlichen Verhandlung, er habe keine Geschäftserlaubnis wegen seines Schwagers bekommen, weil sie eine politische Familie seien. Er habe aber eine andere Erlaubnis gehabt, die er bekommen habe, als er den Beruf erlernt habe. Dies sei aber nicht eine Erlaubnis gewesen, um das Geschäft zu betreiben. Erst nachher habe er eine Kopie der Erlaubnis seines Nachbarn genommen. Der Kläger zu 1) erklärte weiter, er habe danach Probleme mit den Steuerbehörden bekommen und 500.000 Toman Strafe für unbezahlte Steuern erhalten. Demgegenüber erklärte die Klägerin zu 2), sie hätten die 500.000 Toman bezahlen müssen, weil sie das Geschäft ohne Erlaubnis betrieben hätten. Im Widerspruch zum Kläger zu 1) hatte die Klägerin zu 2) beim Bundesamt auf entsprechende Frage, was gegen ihren Mann vorliege, noch angegeben, ihr Ehemann habe 500.000 Toman Strafe zahlen müssen und unterschreiben müssen, dass er sich nicht weiter politisch betätige. Demgegenüber hatte der Kläger zu 1) im Rahmen der Bundesamtsanhörung nur allgemein ausgesagt, der Geheimdienst habe ihm Papiere gegeben, die er habe unterschreiben müssen. Erstmals in der mündlichen Verhandlung steigerte der Kläger zu 1) sein Vorbringen dahin, dass er etwas unterschrieben habe, dass er keine politischen Aktivitäten habe.

Widersprüchlich und ungereimt sind auch des Weiteren die Angaben der Kläger zum Geheimdienst. Während der Kläger zu 1) gegenüber dem Bundesamt überhaupt nicht angegeben hatte, dass der Geheimdienst jemals sein Geschäft aufgesucht hatte, hatte die Klägerin zu 2) angegeben, der Geheimdienst sei in ihr Geschäft gekommen. Sie hätten kurdische Trachten mit einer Fahne von Kurdistan darin gefertigt. Der Geheimdienst habe diese verbrannt. In der mündlichen Verhandlung erklärte der Kläger zu 1) erstmals, der Geheimdienst sei wiederholt bei ihm im Geschäft gewesen. Dreimal sei er so gegen 12:00 Uhr vor dem Geschäft gewesen und drei weitere Male seien sie in das Geschäft gegangen und hätten sein Geschäft durchsucht. Zu dem Zeitpunkt sei aber nichts gefunden und verbrannt worden. Verbrannt worden seien Stücke erst nach der Hausdurchsuchung, nachdem das Geschäft geschlossen worden sei.

Erst auf Einflüsterung der Klägerin zu 2) verwies der Kläger zu 1) auch auf die Fertigung der kurdischen Damentrachten, die der Geheimdienst dann gefunden habe. Die Trachten seien mitgenommen worden. Erst nach seiner Flucht sei der Geheimdienst noch einmal in das Geschäft gegangen und habe Stoffe verbrannt. In der mündlichen Verhandlung erklärte der Kläger zu 1) erstmals weiter, man habe die Nummer seines Handys herausgefunden und deshalb sei der Geheimdienst zu ihnen nach Hause gekommen. Gegenüber dem Bundesamt hatte der Kläger zu 1) dahingehendes noch nicht erwähnt. Genauso wenig hatte die Kläger bislang etwas über die Verfolgungsmaßnahmen der Behörden nach dem Untertauchen erwähnt, etwa den von der Klägerin zu 2) erstmals in der mündlichen Verhandlung angeführten Haftbefehl sowie der zahlreichen Nachfragen des Geheimdienstes, insbesondere auch nach dem Verlassen des Landes.

Ergänzend ist noch anzumerken, dass der Kläger zu 1) in der mündlichen Verhandlung betonte, dass sein Name „K*“ falsch geschrieben sei, richtig sei die Schreibweise „Ki*“. Allerdings fällt in der Beziehung auf, dass auch in den von ihm selbst vorgelegten Übersetzungen der Bestätigungen seiner Partei die Schreibweise „K*“ enthalten ist, so dass sich die Frage stellt, wieso die kurdische Exilorganisation bzw. das von ihm beauftragte Übersetzungsbüro seinen Namen ebenfalls falsch schreiben sollte.

Zusammenfassend ist das Gericht nach dem Gesamtbild, wie sich dem Gericht aufgrund der Angaben der Kläger zu 1) und der Klägerin zu 2) im behördlichen Verfahren und im Gerichtsverfahren unter Einbeziehung der vorgelegten Unterlagen - gerade auch nach dem Eindruck in der mündlichen Verhandlung - nicht davon überzeugt, dass den Klägern aufgrund des von ihnen geschilderten Vorfluchtschicksals eine (politische) Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohte oder heute noch droht.

Des Weiteren droht den Klägern, insbesondere dem Kläger zu 1), - ausgehend von der vorliegenden Erkenntnislage und der darauf fußenden Rechtsprechung - auch nicht wegen der von ihm vorgetragenen exilpolitischen Aktivitäten mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohende politischen Verfolgung bei einer Rückkehr in den Iran.

Denn nach der Rechtsprechung ist - allgemein - maßgeblich für eine beachtliche wahrscheinliche Verfolgungsgefahr darauf abzustellen, ob die im Asylverfahren geltend gemachten exilpolitischen Aktivitäten als untergeordnete Handlungen eingestuft werden, die dem Betreffenden nicht als ernsthaften und gefährlichen Regimegegner in Erscheinung treten lassen oder umgekehrt. Die Gefahr politischer Verfolgung wegen exilpolitischer Aktivitäten ist anzunehmen, wenn ein iranischer Bürger bei seinen Aktivitäten besonders hervortritt und sein gesamtes Verhalten den iranischen Stellen als ernsthaften, auf die Verhältnisse im Iran einwirkenden Regimegegner erscheinen lässt (vgl. etwa m.w.N. OVG NRW, B.v. 16.1.2017 - 13 A 1793/16.A - juris; BayVGH, B.v. 29.7.2013 - 14 ZB 13.30084 - juris; B.v. 6.1.2014 - 13 A 1474/13.A - juris sowie VG Bayreuth, U.v. 2.4.2016 - B 3 K 15.30486 - juris; VG Stuttgart, U.v. 15.2.2016 - A 11 K 1658/15 - juris; VG Würzburg, U.v. 26.8.2015 - W 6 K 15.30206 - juris; jeweils m.w.N.; vgl. auch schon VG Würzburg, U.v. 19.12.2012 - W 6 K 12.30171 - Beck-Online, BeckRS 2013, 45668). Erforderlich ist im Regelfall ein exponiertes exilpolitisches Engagement, das den Betreffenden aus dem Kreis der standardmäßig exilpolitisch Aktiven heraushebt und im iranischen Staat als ernsthaften Regimegegner erscheinen lässt, so dass wegen der von ihm ausgehenden Gefahr eines Verfolgungsinteresses seitens des iranischen Staates besteht (vgl. auch HessVGH, U.v. 21.9.2011 - 6 A 1005/10.A - EzAR-NF 63 Nr. 4).

Diese Voraussetzungen sind im Ergebnis bei den Klägern nicht erfüllt, selbst wenn man zu ihren Gunsten davon ausgeht, dass bei Mitgliedern der Komalah eine womöglich größere Verfolgungsgefahr besteht als bei anderen exilpolitisch aktiven Iranern.

Grundsätzlich ist festzustellen, dass die exilpolitischen Organisationen im Ausland sowie deren Aktivitäten durch den iranischen Sicherheitsdienst genauestens überwacht werden. Dies ist allgemein bekannt und unstrittig (Schweizerische Flüchtlingshilfe - SFH -, Länderanalyse Iran vom 04.04.2006, S. 6). Die Mitgliedschaft in verbotenen politischen Gruppierungen, z.B. der Kurdenpartei DPKI oder Komalah, kann zu staatlichen Zwangsmaßnahmen führen. Da die DPKI und die Komalah eine ähnliche Stellung in der iranischen Opposition einnehmen, können nach Ansicht des Gerichts jeweils betreffende Auskünfte entsprechend herangezogen werden, um eine Verfolgungsgefahr für jeweilige Aktivitäten zu ermitteln. Dies gilt insbesondere deshalb, da die Geschichte der beiden Organisationen miteinander verknüpft ist und auch die Auskünfte selbst meist nicht differenzieren, sondern von einer ähnlichen Verfolgungsgefahr ausgehen (vgl. z.B. Deutsches Orient-Institut an HessVGH vom 25.01.2007; Amnesty International an VG Köln vom 29.05.2007; GIGA an VG Köln vom 06.03.2007 und an VG Karlsruhe vom 01.06.2007). Beide Organisationen sind angesiedelt im politisch linken kurdischen Spektrum (GIGA an VG Karlsruhe vom 01.06.2007, S. 3; Deutsches Orient-Institut an HessVGH vom 25.01.2007, S. 7), haben früher einen gewaltsamen Kampf gegen das iranische Regime geführt (GIGA, a.a.O., S. 3; Deutsches Orient-Institut, a.a.O., S. 6), mittlerweile abgeschworen und den bewaffneten Kampf abgelehnt (GIGA an VG Karlsruhe vom 01.06.2007, S. 11; Auswärtiges Amt an HessVGH vom 04.04.2007, S. 2). Heute treten beide Organisationen für ein föderales System im Iran sowie Rechte auf freie Meinungsäußerung und Vereinigungsfreiheit ein (Auswärtiges Amt, a.a.O., S. 2; Amnesty International an VG Köln vom 29.05.2007, S. 2). Kurdische Gruppierungen, denen die Regierung separatistische Tendenzen unterstellt, stehen weiterhin im Zentrum der Aufmerksamkeit der iranischen Sicherheitskräfte (Bundesamt, Informationszentrum Asyl und Migration, Iran - Online Loseblattwerk - 3. Gesellschaft und Bevölkerung, Oktober 2004, S. 14). Zwar ist der innenpolitische Einfluss der kurdischen Exilorganisationen vergleichsweise gering, da im Iran verbotene Organisationen nur im Untergrund und ohne ein offen hervortretendes Netz arbeiten können; gleichwohl sind diese im Land präsent (Deutsches Orient-Institut an HessVGH vom 25.01.2007, S. 17). Die Bedeutung der DPKI nimmt zu (GIGA an VG Karlsruhe vom 01.06.2007, S. 11). Denn die kurdisch oppositionellen Gruppen haben - ohne innenpolitisch Einfluss ausüben zu können - eine lebendig-wirksame Entsprechung im Iran (GIGA an VG Köln vom 06.03.2007, S. 10). Seit 2004 mit Spitzen Anfang und Mitte 2006 kam es in zahlreichen kurdischen Städten zu Demonstrationen, in deren Folge es Verhaftungen und Tote gab. Infolgedessen kam es zu verstärkten Verhaftungen von Mitgliedern kurdischer Organisationen, da die iranischen Sicherheitsbehörden den Grund für solche Aktionen in politischen Gruppen der Kurden im Iran sehen, auch wenn diese nicht unmittelbar gewalttätig sind (GIGA an VG Karlsruhe vom 01.06.2007, S. 10). Es gab Berichte über Auseinandersetzungen zwischen iranischen Sicherheitskräften und kurdischen Extremisten. Die iranischen Sicherheitsbehörden versuchen, den politischen Hinter- und Untergrund solcher Aktivitäten auszuräuchern. Es gibt eine Vielzahl gut belegter Übergriffe, Verhaftungen, Verurteilungen und sogar Todesfälle beim „Umkippen“ der Demonstrationen (GIGA, a.a.O., S. 10). Die Aufstachelung und Anheizung dieser Konflikte kann auch zu einer verschärften Gefährdung der kurdischen Exilopposition führen (GIGA an VG Köln vom 06.03.2007, S. 10). Soweit Aktivitäten von Mitgliedern und Aktivisten der Komalah im Iran bekannt werden, sind die Betreffenden unnachsichtiger staatlicher Verfolgung ausgesetzt (Beschluss des HessVGH vom 24.07.2007, Az.: 6 UE 3107/05.A). Das Auswärtige Amt und das Bundesamt stellten bereits seit Herbst 2002 ein verschärftes Vorgehen gegen die Komalah und andere kurdische Organisationen fest (Auswärtiges Amt an HessVGH vom 04.04.2007; Bundesamt, a.a.O., S. 15).

Die eben skizzierte (ältere) Erkenntnislage wird durch neuere vorliegende Erkenntnisse in der Sache bestätigt.

Die Schweizerische Flüchtlingshilfe vermerkt in ihrer Länderanalyse vom 16. November 2010 (Iran: Illegale Ausreise/Situation von Mitgliedern der PDKI/politische Aktivitäten im Exil), dass die PDKI (KDPI, DPIK, DPKI) die älteste kurdische Oppositionsgruppe ist. Sie hat 1991 den bewaffneten Kampf aufgegeben und strebt die staatliche Anerkennung kurdischer Rechte in einer föderalen iranischen Republik an. Im Iran haben sich die Repressionen gegen politische Aktivisten und Gegnern des Regimes verstärkt. Kurdische oppositionelle Gruppen, die wie die PDKI in Verdacht stehen, separatistische Ziele zu verfolgen, werden brutal unterdrückt. Aktivisten werden in unfairen Verfahren zu harten Gefängnisstrafen verurteilt. Die Verfolgung kurdischer Oppositioneller beschränkt sich nicht ausschließlich auf Parteimitglieder in hohen Positionen. Der Besitz einer Broschüre oder einer CD mit Informationen zur Partei kann als ein die nationale Sicherheit bedrohender Akt aufgefasst werden. Angesichts des zunehmenden Drucks auf die kurdische Minderheit werden kurdische Iraner, die mehrere Jahre im Ausland gelebt haben, bei einer Rückkehr mit großer Wahrscheinlichkeit von den Geheimdiensten intensiv verhört. Iranische Sicherheitsdienste beobachten und erfassen seit Jahren die politischen Aktivitäten von Exiliranern. Allerdings ist es äußerst schwierig, den Grad der Überwachung von unregelmäßig aktiven Demonstrierenden oder von Personen, die ohne Schlüsselposition an Sitzungen der regierungskritischen Organisationen teilnehmen, einzuschätzen. Die Überwachung von exilierten Regierungskritikern scheint seit den Unruhen im Jahr 2009 zugenommen zu haben. Die, die sich öffentlich kritisch zu den Vorgängen im Iran äußern, müssen bei einer Rückkehr mit Problemen rechnen. Bis heute ist die PDKI eine der großen Oppositionsparteien des iranischen Regimes. Asylbewerber, die an Demonstrationen einer großen Oppositionsgruppe wie der PDKI teilgenommen haben, riskieren bei einer Rückkehr verfolgt zu werden. Für die PDKI aktive Personen laufen Gefahr, bei einer Rückkehr verfolgt und verhört zu werden.

Nach einer Stellungnahme von ACCORD (ACCORD-Anfrage-Beantwortung zum Iran: Lage von Mitgliedern der Demokratic Cardy of Kurdistan/Iran, Verfolgung von Mitgliedern durch iranische Behörden im Nordirak vom 18.11.2013) ist es unmöglich zu sagen, wo die Reizschwelle der Regierung gegenüber kurdischen Aktivitäten liegt. Es gibt keine klare Logik und keine kIare rote Linie. Grundsätzlich gibt es keine Toleranz des iranischen Regimes für irgendwelche Aktivitäten in Verbindung mit kurdischen politischen Parteien. Allerdings ist das System im Iran so kompliziert, dass man nicht vorhersagen kann, welche Gruppe am meisten gefährdet ist; dies ändert sich auch ständig.

Eine Verfolgungsgefahr besteht, wenn sich Asylbewerber im Ausland exponiert haben (vgl. Amnesty International, Auskunft an das VG Würzburg vom 20.3.2014). Seit Herbst 2009 gibt es verstärkte Hinweise auf eine gesteigerte Aufmerksamkeit der iranischen Sicherheitsdienste bezüglich der exilpolitischen Tätigkeit iranischer Staatsangehöriger. Dazu gehört auch, dass verstärkt Personen, die an solchen Tätigkeiten beteiligt gewesen sind, bei späteren Besuchen in den Iran seitens des Sicherheitsdienstes zu ihren Aktionen befragt werden (Auswärtiges Amt, Auskunft an das VG Würzburg vom 24.2.2014).

Nach einer weiteren Stellungnahme der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (Schnellrecherche der SFH-Länderanalyse vom 22.1.2016 zu Iran: Gefährdung eines Mitglieds der KDP bei der Rückkehr in den Iran) werden kurdische Oppositionsgruppen, welche separatistischer Aspirationen verdächtigt werden, im Iran brutal unterdrückt, sie können dort nicht legal tätig sein. Diese Mitglieder werden oftmals unter falschem Vorwand verhaftet und unfairen Gerichtsverfahren unterworfen sowie zu schweren Strafen verurteilt. Die iranische Regierung duldet keinerlei Aktivitäten im Zusammenhang mit kurdischen politischen Parteien im Iran. Im Iran müssen auch Unterstützer mit niedrigem Profil mit ernsthaften Konsequenzen rechnen. Des Weiteren sind Rückkehrer aus dem Irak, die dort in Kontakt mit kurdischen Exilparteien gestanden haben, Gefährdungen ausgesetzt.

Das Österreichische Bundesamt für Fremdenwesen (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Iran vom 31.3.2016) führt aus, dass kurdische Gruppierungen wie auch die Komalah aufgrund der unterstellten separatistischen Tendenzen im Zentrum der Aufmerksamkeit der Sicherheitskräfte stehen. Die Komalah hat ihre Zentrale in der autonomen kurdischen Region Irak. Es gibt Parteimitglieder und Parteisympathisanten. Organisiert ist die Partei in einzelnen Zellen, die eine große Anzahl von Sympathisanten abdecken. Einer realen Gefährdung bei einer Rückkehr in den Iran setzen sich solche führende Persönlichkeiten der Oppositionsgruppen aus, die öffentlich und öffentlichkeitswirksam in Erscheinung träten und zum Sturz des Regimes aufrufen. Im Ausland lebende prominente Vertreter im Iran verbotener Oppositionsgruppen haben im Fall einer Rückführung mit sofortiger Inhaftierung zu rechnen. Des Weiteren ist zu beobachten, dass Teilnehmer an iran-kritischen Demonstrationen bei späteren Besuchen im Iran seitens des Sicherheitsdienstes zu ihren Aktionen befragt werden. Nach Erkenntnissen deutscher Sicherheitsbehörden arbeitet der iranische Geheimdienst primär gegen oppositionelle Exil-Aktivitäten. Im Fokus stehen vor allem Aktivitäten, die als Angriff auf das politische System empfunden werden und die islamischen Grundsätze in Frage stellen.

In den vorliegenden Lageberichten des Auswärtigen Amtes (zuletzt Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran vom 8.12.2016, Stand: Oktober 2016 sowie vom 9.12.2015, Stand: November 2015) ist vermerkt, dass die Mitgliedschaft in verbotenen politischen Gruppierungen zu staatlichen Zwangsmaßnahmen führen kann. Zu diesen verbotenen Organisationen zählen unter anderem die Kurdenparteien (z.B. DPIK, Komalah). Den Lageberichten ist weiter zu entnehmen, dass es zunehmend Hinweise auf Diskriminierung von im Iran lebenden Kurden hinsichtlich ihrer kulturellen Eigenständigkeit, Meinungs- und Versammlungsfreiheit in den Fällen gibt, in denen die Zentralregierung separatistische Tendenzen vermutet. Einzelne kurdische Gruppierungen, denen die Regierung separatistische Tendenzen unterstellt, stehen im Zentrum der Aufmerksamkeit der Sicherheitskräfte. Hierzu zählen insbesondere die marxistische Komalah-Partei und die Democratic Party of Iranian Kurdistan (DPIK bzw. DPKI). Diese werden von der Regierung als konterrevolutionäre und terroristische Gruppen betrachtet, die vom Irak aus das Regime bekämpfen. Festnahmen und Verurteilungen zu hohen Gefängnisstrafen einschließlich der Todesstrafe gegen mutmaßliche radikale Mitglieder kommen weiterhin vor. Weiter ist zu den exilpolitischen Tätigkeiten ausgeführt, dass davon auszugehen ist, dass die iranischen Stellen die im Ausland tätigen Oppositionsgruppen genau beobachten. Einer realen Gefährdung bei einer Rückkehr in den Iran setzen sich daher solche führenden Persönlichkeiten der Oppositionsgruppen aus, die öffentlich und öffentlichkeitswirksam (z.B. Redner, Verantwortliche oder leitende Funktionsträger) in Erscheinung treten und zum Sturz des Regimes aufrufen. Im Ausland lebende prominente Vertreter im Iran verbotener Oppositionsgruppen haben im Fall einer Rückführung mit sofortiger Inhaftierung zu rechnen.

Im aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amtes (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran vom 8.12.2016, Stand Oktober 2016) ist noch angemerkt, dass kurdischen Aktivisten von der Zentralregierung separatistische Tendenzen vorgeworfen und diese entsprechend geahndet werden. Iraner, die im Ausland leben, sich dort öffentlich regimekritisch äußern und dann in den Iran zurückkehrten, können von Repressionen bedroht sein.

Ausgehend von dieser Erkenntnislage kommt die Rechtsprechung zum Ergebnis, dass auch nicht radikale Mitglieder kurdischer Oppositionsparteien im Iran flüchtlingsrelevant verfolgt werden können. Gefährdet sind nicht ausschließlich Mitglieder der Partei, sondern auch einfache Anhänger. Auch solche Personen sind im Iran gezielter politischer Repression ausgesetzt, die sich als überzeugte und aktive Mitglieder der Oppositionspartei offenbart haben. Der Grad der Gefährdung wegen exilpolitischer Betätigung übersteigt damit für Mitglieder der Komalah oder auch der DPKI denjenigen, der für Mitglieder und Anhänger anderer Exilorganisationen, wie etwa der Monarchisten, angenommen wird. Abzustellen ist auf eine Einzelfallbeurteilung (vgl. HessVGH, B.v. 24.7.2007 - 6 UE 3108/05.A - juris sowie OVG NRW, B.v. 6.8.2010 - 13 A 829/09.A - juris; VG Bremen U.v. 01.02.2012 - 1 K 173/09.A - juris; VG Karlsruhe, U.v. 28.7.2011 - A 6 K 671/11 - Asylmagazin 2011, 287; VG Ansbach, U.v. 21.7.2011 - AN 18 K 11.30194 - juris; VG Düsseldorf, U.v. 18.8.2010 - 5 K 3884/10.A - juris; VG Oldenburg, U.v. 26.1.2010 - 3 A 135/09 - juris; VG Dresden, U.v. 6.8.2003 - 14 A 30558/00.A - juris; vgl. auch HessVGH, U.v. 21.9.2011 - 6 A 1005/10.A - EzAR-NF 63 Nr. 4; BayVGH, B.v. 9.8.2012 - 14 ZB 12.30263 - juris).

Nach alledem ist festzuhalten, dass bei Mitgliedern, Anhängern oder Sympathisanten der kurdischen Oppositionsgruppen eine beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit nicht voraussetzt, dass diese in exponierter Stellung nachhaltig als Regimefeinde in die Öffentlichkeit getreten sind. Vielmehr ist auch bei einer abgeschwächten Form oppositioneller Aktivitäten eine beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit möglich. Ob eine solche vorliegt, richtet sich weitgehend nach den konkreten Umständen des Einzelfalles. Bei einfachen Mitgliedern und untergeordneten Tätigkeiten für kurdische exiloppositionelle Gruppen ist es nach Ansicht des Gerichts erforderlich für die Begründung einer beachtlichen Verfolgungswahrscheinlichkeit, dass diese Mitglieder oder Personen erkennbar und identifizierbar derart in die Öffentlichkeit getreten sind, dass sie mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit von den iranischen Behörden und Sicherheitskräften erkannt und identifiziert worden sind und zudem wegen der von ihnen ausgehenden Gefahr ein Verfolgungsinteresse des iranischen Staates besteht. Dafür genügt nicht allein die passive Mitgliedschaft oder die vereinzelte Teilnahme an Demonstrationen. Denn es ist nicht als realistisch anzusehen, dass jede Person, welche an Veranstaltungen der kurdischen Exilopposition teilnimmt, als möglicher Regimefeind erkannt und verfolgt wird. Denn ein bloßer Mitläufer der Komalah ist nicht gefährdet. Auch bei Mitgliedern der Komalah ist nach dem Gesamtbild der Aktivitäten die Einzelfallbeurteilung das maßgebliche Kriterium für die Bewertung der Verfolgungsrelevanz exilpolitischer Aktivitäten. Das Bestehen einer beachtlichen wahrscheinlichen Verfolgungsgefahr ist nach den konkret-individuellen Gesamtumständen des Einzelfalles zu beurteilen. Entscheidend ist dabei, ob die Aktivitäten den jeweiligen Asylsuchenden aus der Masse der mit dem Regime im Teheran Unzufriedenen herausheben und ihn als ernsthaften (und gefährlichen) Regimegegner erscheinen lassen (vgl. BayVGH, B.v. 9.8.2012 - 14 ZB 12.30263 - juris; OVG NRW, B.v. 6.8.2010 - 13 A 829/09.A. - juris).

Vor diesem Hintergrund besteht für den Kläger zu 1) nach derzeitiger Auskunftslage aufgrund des Gesamtbildes seiner exilpolitischen Tätigkeiten keine beachtliche Wahrscheinlichkeit einer politischen Verfolgung bei einer Rückkehr in den Iran. Der Kläger hat konkret unter Vorlage einer Bescheinigung der Komalah vorgebracht, er sei Aktivist in Deutschland. Er stehe mit der Komalah in Verbindung und habe in dieser Zeit auf verschiedene Weise an den Sitzungen und Veranstaltungen der Komalah in Europa und in Deutschland teilgenommen. Der Kläger hat dies im Gerichtsverfahren und insbesondere in der mündlichen Verhandlung jedoch nicht weiter konkretisiert. Er verwies lediglich auf eine erst am 25. Februar 2017 stattfindende Sitzung der Komalah in Köln sowie eine Demonstration verschiedener kurdischer Parteien gegen den iranischen Staat dort. Er habe Anrufe erhalten, dass er weitere Aktivitäten in Deutschland machen solle, aber er habe noch keine großen Möglichkeiten gehabt, weil er in seiner Asylunterkunft örtlich gebunden sei.

Die demnach insgesamt eher dürftigen Aktivitäten des Klägers rechtfertigen nicht die Annahme einer begründeten Verfolgungswahrscheinlichkeit, weil die Teilnahme an einzelnen Parteiveranstaltungen oder Demonstrationen nach der ins Verfahren eingeführten Erkenntnisse nicht ausreicht. Der Kläger hat sich auch nicht mit Veröffentlichungen gegen das iranische Regime hervorgetan. Es ist schon nicht ersichtlich, wie die wenigen Aktivitäten des Klägers in Deutschland den iranischen Sicherheitsbehörden bekannt werden sollten. Zudem scheinen die politischen Aktivitäten des Klägers nicht geeignet, auf die Verhältnisse im Iran ernsthaft einzuwirken und aus der Sicht des iranischen Staates eine Gefahr zu begründen. Nach der vorliegenden Auskunftslage ist es unrealistisch anzunehmen, dass jegliche regimekritische Aktivität bei einer Rückkehr in den Iran mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu persönlichen Konsequenzen führt. Der Kläger hat sich insgesamt betrachtet nicht als überzeugtes und aktives Mitglied der Oppositionspartei offenbart, so dass nicht davon auszugehen ist, dass seine Aktivitäten den iranischen Sicherheitsbehörden bekannt sind und darüber hinaus ein Verfolgungsinteresse des iranischen Staates begründen.

Die einfache Mitgliedschaft in der Partei Komalah sowie eine vereinzelte Teilnahme an Parteiveranstaltungen und auch Demonstrationen genügen im Ergebnis nicht (vgl. auch schon BayVGH, B.v. 9.8.2012 - 14 ZB 12.32063 - juris). Im Übrigen spricht einiges dafür, dass die vom Kläger vorgelegten Bescheinigungen der Komalah-Partei allgemeine Gefälligkeitsbescheinigungen sind, die keinen eigenständigen individuellen Beweiswert haben, sodass im Wesentlichen nur davon auszugehen ist, was der Kläger zu 1) selbst in der mündlichen Verhandlung an Aktivitäten angegeben hat (vgl. auch schon VG München, U.v. 16.12.2011 - M 2 K 10.31239 - juris).

Schließlich ist auch nicht anzunehmen, dass den Klägern sonst bei einer Rückkehr politische Verfolgung droht, etwa wegen ihres Auslandsaufenthalts oder ihrer Asylantragstellung in Deutschland. Auslandsaufenthalte sind nicht verboten. Zwar kann es bei der Rückkehr in Einzelfällen zu einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden über den Auslandsaufenthalt kommen; die Befragung geht in Ausnahmefällen mit einer ein- bis zweitägigen Inhaftierung einher. Darüber hinaus kommt es jedoch zu keinen staatlichen Repressionen. Keiner westlichen Botschaft ist bisher ein Fall bekannt geworden, in dem Zurückgeführte darüber hinaus staatlichen Repressionen ausgesetzt waren. Zudem wurde auch kein Fall bekannt, in dem Zurückgeführte im Rahmen der Befragung psychisch oder physisch gefoltert wurden. Zurzeit gibt es keine Hinweise auf eine Veränderung dieser Praxis. Schließlich können Personen, die das Land illegal verlassen und sonst keine weiteren Straftaten begangen haben, von der iranischen Vertretung ein Passersatzpapier bekommen und in den Iran zurückkehren. Mit dieser „gesetzlichen Wiedereinreise“ werden die früheren illegalen Ausreisen legalisiert (vgl. Auswärtiges Amt an das VG Würzburg vom 11.12.2013; Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der islamischen Republik Iran vom 8.12.2016, Stand Oktober 2016, S. 17 f.). Vorstehendes gilt auch in Bezug auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 9. März 2010 (R.C./Sweden, Nr. 41827/07). Denn die dort entschiedene Fallkonstellation ist nicht mit der hier vorliegenden vergleichbar, weil der Europäische Gerichtshof in jenem Fall seiner Beurteilung eine Vorverfolgung (Demonstrationsteilnahme mit anschließender Verhaftung und Folter) als substanziiert glaubhaft gemacht zugrunde gelegt hat (VGH BW, U.v. 15.4.2015 - A 3 S 1459/13 - juris; SächsOVG, U.v. 14.1.2014 - A 2 A 911/11 - juris; BayVGH, B.v. 25.2.2013 - 14 ZB 13.30023 - juris; B. v. 21.1.2013 - 14 ZB 12.30456 - juris; OVG NRW, B.v. 16.6.2011 - 13 A 1188/11.A - Asylmagazin 2011, 246; NdsOVG, B.v. 13.5.2011 - 13 LA 176/10 - AuAS 2011, 174).

Nach dem vorstehend Gesagten sind weiter insgesamt betrachtet keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzes gemäß § 4 AsylG oder von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG erfüllt wären. Auf den angefochtenen Bundesamtsbescheid wird im Einzelnen Bezug genommen und von einer weiteren Darstellung der Gründe abgesehen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Dies gilt auch hinsichtlich der Begründung der Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung sowie der Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.

(1) War der Ausländer im Besitz eines Aufenthaltstitels, darf eine nach den Vorschriften dieses Gesetzes vollziehbare Abschiebungsandrohung erst vollzogen werden, wenn der Ausländer auch nach § 58 Abs. 2 Satz 2 des Aufenthaltsgesetzes vollziehbar ausreisepflichtig ist.

(2) Hat der Ausländer die Verlängerung eines Aufenthaltstitels mit einer Gesamtgeltungsdauer von mehr als sechs Monaten beantragt, wird die Abschiebungsandrohung erst mit der Ablehnung dieses Antrags vollziehbar. Im Übrigen steht § 81 des Aufenthaltsgesetzes der Abschiebung nicht entgegen.

(3) Haben Familienangehörige im Sinne des § 26 Absatz 1 bis 3 gleichzeitig oder jeweils unverzüglich nach ihrer Einreise einen Asylantrag gestellt, darf die Ausländerbehörde die Abschiebung vorübergehend aussetzen, um die gemeinsame Ausreise der Familie zu ermöglichen. Sie stellt dem Ausländer eine Bescheinigung über die Aussetzung der Abschiebung aus.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Der Ehegatte oder der Lebenspartner eines Asylberechtigten wird auf Antrag als Asylberechtigter anerkannt, wenn

1.
die Anerkennung des Asylberechtigten unanfechtbar ist,
2.
die Ehe oder Lebenspartnerschaft mit dem Asylberechtigten schon in dem Staat bestanden hat, in dem der Asylberechtigte politisch verfolgt wird,
3.
der Ehegatte oder der Lebenspartner vor der Anerkennung des Ausländers als Asylberechtigter eingereist ist oder er den Asylantrag unverzüglich nach der Einreise gestellt hat und
4.
die Anerkennung des Asylberechtigten nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist.
Für die Anerkennung als Asylberechtigter nach Satz 1 ist es unbeachtlich, wenn die Ehe nach deutschem Recht wegen Minderjährigkeit im Zeitpunkt der Eheschließung unwirksam oder aufgehoben worden ist; dies gilt nicht zugunsten des im Zeitpunkt der Eheschließung volljährigen Ehegatten.

(2) Ein zum Zeitpunkt seiner Asylantragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylberechtigten wird auf Antrag als asylberechtigt anerkannt, wenn die Anerkennung des Ausländers als Asylberechtigter unanfechtbar ist und diese Anerkennung nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist.

(3) Die Eltern eines minderjährigen ledigen Asylberechtigten oder ein anderer Erwachsener im Sinne des Artikels 2 Buchstabe j der Richtlinie 2011/95/EU werden auf Antrag als Asylberechtigte anerkannt, wenn

1.
die Anerkennung des Asylberechtigten unanfechtbar ist,
2.
die Familie im Sinne des Artikels 2 Buchstabe j der Richtlinie 2011/95/EU schon in dem Staat bestanden hat, in dem der Asylberechtigte politisch verfolgt wird,
3.
sie vor der Anerkennung des Asylberechtigten eingereist sind oder sie den Asylantrag unverzüglich nach der Einreise gestellt haben,
4.
die Anerkennung des Asylberechtigten nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist und
5.
sie die Personensorge für den Asylberechtigten innehaben.
Für zum Zeitpunkt ihrer Antragstellung minderjährige ledige Geschwister des minderjährigen Asylberechtigten gilt Satz 1 Nummer 1 bis 4 entsprechend.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten nicht für Familienangehörige im Sinne dieser Absätze, die die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Absatz 2 erfüllen oder bei denen das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat. Die Absätze 2 und 3 gelten nicht für Kinder eines Ausländers, der selbst nach Absatz 2 oder Absatz 3 als Asylberechtigter anerkannt worden ist.

(5) Auf Familienangehörige im Sinne der Absätze 1 bis 3 von international Schutzberechtigten sind die Absätze 1 bis 4 entsprechend anzuwenden. An die Stelle der Asylberechtigung tritt die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutz. Der subsidiäre Schutz als Familienangehöriger wird nicht gewährt, wenn ein Ausschlussgrund nach § 4 Absatz 2 vorliegt.

(6) Die Absätze 1 bis 5 sind nicht anzuwenden, wenn dem Ausländer durch den Familienangehörigen im Sinne dieser Absätze eine Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Absatz 1 droht oder er bereits einer solchen Verfolgung ausgesetzt war oder einen solchen ernsthaften Schaden erlitten hat.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.