Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 27. Apr. 2015 - W 7 K 14.325

published on 27/04/2015 00:00
Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 27. Apr. 2015 - W 7 K 14.325
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Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht Würzburg

Aktenzeichen: W 7 K 14.325

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 27. April 2015

7. Kammer

Sachgebiets-Nr: 532

Hauptpunkte:

Wiederaufgreifen des Verfahrens;

Änderung der Sach- oder Rechtslage;

Rücknahme einer Einbürgerung als statusbegründende Verwaltungsakt;

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Kläger -

bevollmächtigt: ...

gegen

..., vertreten durch die Regierung von ...

- Beklagter -

wegen Einbürgerung (Rücknahme),

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Würzburg, 7. Kammer,

durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht Kolenda, die Richterin am Verwaltungsgericht Betz, den Richter Krah, den ehrenamtlichen Richter G., die ehrenamtliche Richterin N. aufgrund mündlicher Verhandlung am 27. April 2014 folgendes Urteil:

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

I.

Der Kläger wendet sich gegen die Rücknahme seiner Einbürgerung.

1.

Er reiste am 11. Dezember 1995 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 12. Dezember 1995 einen Asylantrag. Hierbei gab er an, N. A. (N. A.) zu heißen, am 2. Juni 1968 geboren und ledig zu sein. Kinder gab er keine an. Am 24. Juni 1996 schloss er in Spanien mit einer deutschen Staatsangehörigen die Ehe. Aufgrund dieser Eheschließung nahm der Kläger mit Schreiben vom 30. Juli 1996 seinen Asylantrag zurück und beantragte am 31. Juli 1996 die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis als Ehegatte einer Deutschen. Unter der Ziffer 8 dieses Antrags, in welcher nach Kindern gefragt ist, machte der Kläger keine Angaben. Auch im Antrag vom 15. November 1996 machte er zu den Kindern keine Angaben. Seit 13. Januar 2000 war der Kläger im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis.

Am 30. November 2000 beantragte der Kläger die Einbürgerung. Im Antragsformular kreuzte er bei der Frage nach früheren Ehen „nein“ an. Die Angaben zu Kindern strich er durch. Am 17. Juli 2003 wurde der Kläger eingebürgert.

Am 7. März 2005 beantragte der Kläger bei der Stadt B., seinen Vornamen „N.“ in „I.“ und seinen Nachnamen „A.“ in „M.“ zu ändern. Zur Begründung für die Namensänderung gab der Kläger an, er sei sehr verwirrt. Alles, was er lese, vergesse er. Er wisse auch nicht, was er sage. Er sei seit 1996 mit M. W. verheiratet und seine Ehe sei bis heute kinderlos geblieben. Er sei jetzt total verrückt. Er legte der Stadt B. ein Schreiben der Jamiha Moschee Mohammadia, Qila Mian Singh, Gemeinde und Distrikt Gujranwala, vor, in welchem ihm der Rat gegeben wurde, sich den Namen „I.“ zu geben. Der Name „N. A.“ bedeute nichts Gutes. N. komme aus dem Wort N. und bedeute Verworrenheit und deshalb sei er immer durcheinander. Der Stern von A. sei nicht männlich, d. h. wer diesen Namen trage, habe schwache männliche Kräfte. Er solle seinen Namen wechseln, dann werde sich seine Verwirrung bessern. Dann werde er auch ganz gesund. Er solle einen Namen aussuchen, der vom Koran und Hadith bestätigt werde. Da die Namensänderung auch ärztlicherseits befürwortet wurde, änderte die Stadt B. mit Verfügung vom 2. August 2005 den Namen „N. A.“ in den Namen „I. M.“.

Mit Endurteil des Amtsgerichts B. vom 11. Juli 2007 wurde die Ehe des Klägers mit der deutschen Staatsangehörigen geschieden.

Mit Schreiben vom 18. Januar 2008 teilte das Bundesverwaltungsamt Köln mit, dass die pakistanische Staatsangehörige S. P. ein Visum zur Familienzusammenführung mit ihren Kindern I., S., S. und B. I. zum Kläger gestellt hat. Nach der vorgelegten Heiratsurkunde fand die Eheschließung zwischen dem Kläger, der damals schon den Namen I. M. führte, und Frau S. P. am 4. Juni 1982 statt. Das Alter des Klägers bei der Eheschließung ist mit 21 Jahren, sein Geburtsdatum jedoch mit dem ... 1968, das der Ehefrau mit 17 Jahren angegeben. Nach Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Islamabad vom 28. April 2008 ist die Heiratsurkunde echt und inhaltlich richtig.

Mit Bescheid vom 10. Juli 2008 nahm die Regierung von Unterfranken die durch die Aushändigung der Einbürgerungsurkunde am 17. Juli 2003 vollzogene Einbürgerung des Klägers in den deutschen Staatsverband rückwirkend zum 17. Juli 2003 zurück und ordnete insoweit die sofortige Vollziehung an. Mit Beschluss vom 29. August 2008 (Az. W 6 S 08.1818) lehnte das Bayerische Verwaltungsgericht Würzburg einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ab. Die Beschwerde gegen diesen Beschluss verwarf der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 30. Oktober 2008 (Az. CS 08.2008). Die Klage in der Hauptsache wurde durch Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 8. April 2009 (Az. W 6 K 08.1817) abgewiesen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof lehnte am 29. September 2009 den Antrag auf Zulassung der Berufung ab. Das Bundesverfassungsgericht nahm am 10. Dezember 2009 die hiergegen erhobene Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an. Auch eine Restitutionsklage, mit dem Antrag das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 8. April 2009 und den Bescheid der Regierung von Unterfranken vom 10. Juli 2008 aufzuheben, wies das Bayerische Verwaltungsgericht Würzburg mit Urteil vom 22. September 2009 (W 6 K 10.403) ab. Zur Antragsbegründung legte der Kläger eine Urkunde vor, die das Original einer eidesstattlichen Erklärung seiner früheren pakistanischen Ehefrau vom 19. April 2009 darstellte. Danach habe er diese am 4. Juni 1982 nach islamischem Gesetz geheiratet und ihr am 15. Oktober 1995 mündlich die Scheidung mitgeteilt und sie von ihren Verpflichtungen als Ehefrau entbunden. In diesem Verfahren wurde auch eine eidesstattliche Erklärung vom 5. Juli 2010 der früheren deutschen Ehefrau vorgelegt, nach welcher der Kläger ihr gegenüber erklärt habe, früher in Pakistan verheiratet gewesen zu sein und drei Kinder zu haben. Den gegen die Klageabweisung gestellten Antrag auf Zulassung der Berufung lehnte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 8. Dezember 2010 ab.

Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 18. November 2013 beantragte der Kläger das frühere Verfahren über die Rücknahme der Einbürgerung wegen „nunmehr zu Tage getretener Fehlerhaftigkeit der Sachverhaltsaufklärung“ und wegen „neuer, vor kurzem zu Tage getretener Erkenntnisse über fehlende Rechtsgültigkeit der damaligen Eheschließung“ wieder aufzugreifen und den Bescheid vom 10. Juli 2008 zurückzunehmen. Bei der früheren Eheschließung in Pakistan sei von einer Kinderehe und damit von einer Nichtehe auszugehen.

Mit Bescheid vom 25. Februar 2014, beim Klägerbevollmächtigten am 6. März 2014 eingegangen, lehnte die Regierung von Unterfranken den Antrag des Klägers vom 18. November 2013 ab. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, dass der Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens nach Art. 51 BayVwVfG zulässig, aber unbegründet sei. Als Grund für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens werde seitens des Klägers auf die Ungültigkeit der Eheschließung vom 4. Juni 1982 zwischen dem Kläger und Frau S. P. abgestellt. Die Verheiratung des damals vierzehnjährigen Klägers durch den Vater als Vertreter und ohne eigene Willenserklärung bedeute einen Verstoß gegen den deutschen „ordre public“. Das bewirke, dass die Ehe sowohl in Pakistan als auch in Deutschland nicht rechtswirksam geschlossen worden sei und somit nicht anerkannt werden könne. Gestützt werde diese Ansicht in erster Linie auf die Schreiben des Herrn Dr. U. S. vom Auswärtigen Amt in Berlin vom 15. März und 22. April 2013. Daraus ergebe sich jedoch nicht die notwendige Änderung der Sach- oder Rechtslage. Der Kläger und Frau P. hätten mehrfach gegenüber deutschen Behörden das Bestehen einer Ehe bestätigt. Insbesondere am 22. August 2008 habe der Kläger beim Landratsamt S. angegeben, mit seiner pakistanischen Frau verheiratet zu sein und mit ihr und den Kindern bis zu seiner Ausreise zusammengelebt zu haben. Eigene Zweifel über ein wirksames Zustandekommen ihrer Ehe hätten demnach nicht bestanden. Zudem könne nicht davon ausgegangen werden, dass sich der Kläger zum Zeitpunkt der Eheschließung noch im Kindesalter befunden habe. Er habe keine Unterlagen vorgelegt, die das Geburtsjahr 1968 bestätigten. Die Ausführungen in den beiden Schreiben des Auswärtigen Amts stellten lediglich eine Änderung der Verwaltungspraxis dar, nicht jedoch der Sach- und Rechtslage. Überdies verstießen Minderjährigenehen nicht generell gegen den deutschen ordre public. In den einschlägigen Fachkreisen werde im Ergebnis davon ausgegangen, dass Ahmadiyya-Eheschließungen für den deutschen Rechtsbereich regelmäßig als wirksam anzusehen seien. Schließlich gehe aus dem Schreiben der Deutschen Botschaft in Islamabad vom 20. Februar 2007 hervor, dass die Tatsache, dass aus einer Ehe Kinder hervorgegangen seien, einen Beleg für die Ernsthaftigkeit und die sich daraus ergebende Anerkennung der Ehe darstelle. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf den Bescheid vom 25. Februar 2014 Bezug genommen.

2.

Gegen diesen Bescheid ließ der Kläger mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 7. April 2014, einem Montag, bei Gericht am selben Tag als Telefax eingegangen, Klage erheben. Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, dass die Eheschließung des Klägers am 4. Juni 1982 nicht rechtsgültig erfolgt sei. Deshalb sei der Vorwurf des Führens einer bigamischen Ehe unbegründet und der Grund für die Rücknahme der Einbürgerung entfallen. Die früheren Äußerungen des Klägers zum Bestand seiner Ehe beruhten auf seiner „Laiensicht“, Die hier zentrale Frage, ob eine rechtsgültige Ehe vorliege, sei jedoch eine Sache rechtlicher Bewertung. Die Auskunft der Deutschen Botschaft in Islamabad vom 28. April 2008 bestätige lediglich die Echtheit der Heiratsurkunde. Ob allerdings der Ehevertrag zu einer rechtsgültigen Verheiratung geführt habe, sei eine Rechtsfrage. Ein der derzeitigen Epoche würden die hier relevanten Fragen bezüglich der Verheiratung Minderjähriger rechtlich neu bewertet. Der Schutz Minderjähriger rücke stärker in den Fokus, Sachverhalte würden eindringlicher, genauer und strenger überprüft. Die Verheiratung von Kindern werde mittlerweile als Zwangsheirat angesehen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Klagebegründung wird auf die Schriftsätze des Klägerbevollmächtigten vom 7. April 2014, 16. Juni 2014, 22. September 2014, 22., 23. und 25. April 2015 Bezug genommen.

Der Kläger lässt zuletzt beantragen,

die Bescheide der Regierung von Unterfranken vom 25. Februar 2014 und 10. Juli 2008 aufzuheben;

hilfsweise, den Beklagten zu verpflichten, den Antrag des Klägers auf Wiederaufnahme des Verfahrens über die Rücknahme der Einbürgerung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist der Beklagte auf die Gründe des angefochtenen Bescheids. Die am 4. Juni 1982 geschlossene Ehe des Klägers mit Frau P. sei nach dem damals allein maßgeblichen pakistanischen Familienrecht wirksam geschlossen worden. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf den Schriftsatz vom 16. Oktober 2014 Bezug genommen.

Auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 27. April 2015 wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid der Regierung von Unterfranken vom 25. Februar 2014 ist rechtmäßig und der Kläger ist dadurch (schon deshalb) nicht in seinen Rechten verletzt. Denn er hat keinen Anspruch auf Aufhebung des Bescheids der Regierung von Unterfranken vom 10. Juli 2008, durch den seine Einbürgerung zurückgenommen wurde (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Die vom Kläger begehrte nachträgliche Aufhebung der bestandskräftigen Rücknahme seiner Einbürgerung durch den Bescheid der Regierung von Unterfranken vom 10. Juli 2008 kommt nur nach Art. 51 BayVwVfG im Wege einer Wiederaufnahme des Verwaltungsverfahrens im engeren Sinne bzw. nach Art. 48 oder Art. 49 BayVwVfG (Wiederaufnahme im weiteren Sinn) in Betracht.

1.

Der Kläger hat keinen Rechtsanspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens nach Art. 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG, weil sich die der Ausweisung zugrundeliegende Sach- und Rechtslage nicht nachträglich zu seinen Gunsten geändert hat.

Der Kläger macht eine Änderung der Sach- und Rechtslage aufgrund zweier Schreiben des Auswärtigen Amts vom 15. März und 22. April 2013 geltend, wonach das Auswärtige Amt die rechtliche Wirksamkeit sog. „Ahmadiyya-Ehen“ zukünftig einer strengeren Prüfung unterziehen werde. Zudem beruft er sich auf einen in letzter Zeit in der Gesellschaft eingetretenen Wandel hinsichtlich der rechtlichen und moralischen Bewertung von Kinderehen, was u. a. durch die Einführung des § 237 StGB verdeutlicht werde, wonach Zwangsheiraten unter Strafe gestellt sind.

Die Rücknahme der Einbürgerung ist allerdings ein statusbestimmender Verwaltungsakt. Im Gegensatz zu Dauerverwaltungsakten ist insoweit keine laufende Überprüfung an Hand der neuesten gesetzlichen Regelungen vorgesehen. Art. 51 Abs. 1 Nr. 1 BayVwVfG gilt grundsätzlich nur für Dauerverwaltungsakte (vgl. Falkenbach in BeckOK VwVfG, Stand: 1.1.2015, § 51 Rn. 35; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl. 2014, § 51 Rn. 27; Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Aufl. 2014, § 51 Rn. 89). Nachträgliche Änderungen im Statusrecht können nur dann die vom Kläger geforderte Rücknahme der Einbürgerungsrücknahme tragen, wenn sie rückwirkende Kraft haben, d. h. wenn sie "ex tunc" auf den maßgeblichen Zeitpunkt zurückwirken und den Bescheid damit nachträglich rechtswidrig machen (vgl. BayVGH, B. v. 20.2.2008 - 10 ZB 07.2203 - juris Rn. 10 m. w. N.). Dies ist vorliegend jedoch durch die geltend gemachte geänderte Behandlung von Ahmadiyya-Ehen durch das Auswärtige Amt bzw. geänderte Wertvorstellung bzgl. des Schutzes von Kindern vor Zwangsheirat nicht der Fall.

Zudem liegt auch keine Änderung der Sach- oder Rechtslage i. S. d. Art. 51 Abs. 1 Nr. 1 BayVwVfG vor. Die Briefe des Auswärtigen Amts zeigen allenfalls eine Änderung der Verwaltungspraxis des Auswärtigen Amts selbst. So erklärte dieses auch im Schreiben vom 22. April 2013, dass „es sich bei den nachstehenden Ausführungen zur Formwirksamkeit und zu den materiellrechtlichen Voraussetzungen von Ahmadi-Ehen um die vom Auswärtigen Amt derzeit vertretene Rechtsauffassung handelt, die weder Anspruch auf Rechtsverbindlichkeit erhebt, noch abschließenden Charakter haben kann“. Eine Änderung der bloßen Verwaltungspraxis einer einzelnen Behörde stellt jedoch keine Änderung der Sach- oder Rechtslage i. S. d. Art. 51 Abs. 1 Nr. 1 BayVwVfG dar (Falkenbach in BeckOK VwVfG, Stand: 1.1.2015, § 51 Rn. 31, 38; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl. 2014, § 51 Rn. 29, 30; Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Aufl. 2014, § 51 Rn. 97). Erst recht handelt es sich bei einem möglicherweise in der Bevölkerung eingetretenen Meinungswandel hinsichtlich der Wahrung von Kinderrechten um keine Änderung der Sach- oder Rechtslage i. d. S.

2.

Ein Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens ergibt sich auch nicht aus Art. 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG. Insbesondere handelt es sich bei den Schreiben des Auswärtigen Amts nicht um neue Beweismittel i. S. d. Vorschrift. Die Regelung soll die Wiederaufnahme eines Verfahrens in Fällen ermöglichen, in denen ein Betroffener wegen Beweisschwierigkeiten, die nunmehr behoben sind, einen Nachteil erlitten hat. Dies ist der Fall, wenn ein neues Beweismittel vorliegt, das eine für den Antragssteller günstigere Entscheidung herbeigeführt hätte. Beweismittel sind dabei alle Erkenntnismittel, die geeignet sind, das Vorliegen oder Nichtvorliegen einer Tatsache zu beweisen (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl. 2014, § 51 Rn. 32 f. m. w. N.). Die Schreiben des Auswärtigen Amts beziehen sich jedoch ebenso wie gewandelte gesellschaftliche Wertvorstellungen nicht auf das Vorliegen von Tatsachen, sondern auf die (geänderte rechtliche) Bewertung bereits feststehender Tatsachen.

3.

Ein Anspruch des Klägers auf die Rücknahme des Bescheid vom 10. Juli 2008 nach Art. 51 Abs. 5 i. V. m. Art. 48 bzw. Art. 49 BayVwVfG (Wiederaufgreifen im weiteren Sinne) besteht ebenfalls nicht. Die Regierung von Unterfranken hat im Bescheid vom 25. Februar 2014 auch zur Frage der Begründetheit des Antrags des Klägers auf Wiederaufgreifen des Verfahrens ausführlich Stellung genommen. Sie gelangte dabei zu dem Ergebnis, dass sie auch zum jetzigen Zeitpunkt die in Pakistan geschlossene Ehe des Klägers als wirksam betrachte und keine Unwirksamkeit aufgrund eines Verstoßes gegen den „ordre public“ annehme. Damit hat die Regierung von Unterfranken zum Ausdruck gebracht, dass sie den Bescheid vom 10. Juli 2008 nicht im Ermessenswege zurücknehmen werde.

Dies begegnet im Rahmen der nach § 114 Satz 1 VwGO eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung keinen rechtlichen Bedenken.

Die Rücknahme nach Art. 48 BayVwVfG setzt voraus, dass ein Verwaltungsakt bereits im Zeitpunkt seines Erlasses rechtswidrig war. Nach § 121 VwGO steht für die Beteiligten bindend fest, dass die Rücknahme der Einbürgerung im für die damalige gerichtliche Überprüfung maßgeblichen Zeitpunkt rechtmäßig war. Zwar ist die Behörde trotz der Rechtskraft der klageabweisenden gerichtlichen Entscheidung grundsätzlich berechtigt, das Verfahren wieder aufzugreifen und den gerichtlich bestätigten Verwaltungsakt abzuändern oder aufzuheben. Die Behörde handelt i.d.R. aber nicht ermessensfehlerhaft, wenn sie ein Wiederaufgreifen unter Hinweis auf die rechtskräftige Bestätigung ablehnt (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl. 2014, § 48 Rn. 81b).

Schließlich hat der Kläger auch keinen Anspruch auf ein Wiederaufgreifen im weiteren Sinne gemäß Art. 51 Abs. 5 i. V. m. Art. 49 BayVwVfG. Insbesondere liegt auch im Fall des Art. 49 Abs. 1 BayVwVfG (Widerruf eines belastenden Verwaltungsakts) kein Fall sog. intendierten Ermessens vor, dass im Normalfall zugunsten des Widerrufs zu entscheiden wäre (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl. 2014, § 49 Rn. 23; Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Aufl. 2014, § 49 Rn. 11).

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

III.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg,

Hausanschrift: Burkarderstraße 26, 97082 Würzburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 02 65, 97029 Würzburg,

schriftlich zu beantragen. Hierfür besteht Vertretungszwang.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München,

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,

einzureichen.

Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte, Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, oder die in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Der Antragsschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg,

Hausanschrift: Burkarderstraße 26, 97082 Würzburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 02 65, 97029 Würzburg,

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.

Der Beschwerdeschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
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Gründe Bayerisches Verwaltungsgericht Würzburg Aktenzeichen: W 7 K 14.325 Im Namen des Volkes Urteil vom 27. April 2015 7. Kammer Sachgebiets-Nr: 532 Hauptpunkte: Wiederaufgreifen des Verfahrens;
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Gründe Bayerisches Verwaltungsgericht Würzburg Aktenzeichen: W 7 K 14.325 Im Namen des Volkes Urteil vom 27. April 2015 7. Kammer Sachgebiets-Nr: 532 Hauptpunkte: Wiederaufgreifen des Verfahrens;
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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zur Eingehung der Ehe nötigt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.

(2) Ebenso wird bestraft, wer zur Begehung einer Tat nach Absatz 1 den Menschen durch Gewalt, Drohung mit einem empfindlichen Übel oder durch List in ein Gebiet außerhalb des räumlichen Geltungsbereiches dieses Gesetzes verbringt oder veranlasst, sich dorthin zu begeben, oder davon abhält, von dort zurückzukehren.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,

1.
die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und
2.
im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.