Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 21. Feb. 2018 - W 2 K 17.1080

bei uns veröffentlicht am21.02.2018

Tenor

I. Der Herstellungsbeitragsbescheid vom 26. Oktober 2012, Nr. 212-3035/0017, in der Fassung des Änderungsbescheids vom 17. Februar 2016, und der Widerspruchsbescheid der Regierung von Unterfranken vom 20. Januar 2016 werden aufgehoben.

II. Der Beklage hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

I.

Die Parteien streiten um einen Herstellungsbeitrag zur Wasserversorgungsanlage, die der Beklagte als öffentliche Einrichtung unter anderem für das Gebiet der Gemeinde G* … betreibt.

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. …5 der Gemarkung G* … und betreibt darauf eine Maler-, Lackierer-, Stuckateur- und Bodenlegefirma. Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des bis heute gültigen Bebauungsplanes „Gewerbegebiet …“ der Gemeinde G* … vom 16. Mai 1983 (in Kraft am 13.1.1984, i.d.F. der 4. Änderung vom 25.5.1999, in Kraft am 27.8.1999), der als zulässige Geschossflächenzahl 0,8 festlegt. Das Grundstück ist seit 1951 an die Wasserversorgungsanlage des Beklagten angeschlossen.

Auf dem Grundstück befanden sich sieben aneinander gebaute, nicht überdachte Kalkschlammbecken, drei Wohn-, Verwaltungs- und Betriebsgebäude und eine Lagerhalle für Leertrommeln (59,51 m²). Mit Bauarbeiten, die am 1. Dezember 2001 fertiggestellt wurden, wurde den Kalkschlammbecken ein pultartiges Dach aufgesetzt und in die Stahlbetonwände Tore und Fenster geschnitten. Diese umgebauten Gebäude beherbergen nun einen Personalbereich mit WC, einen Umkleide- und Aufenthaltsraum, eine Werkstatt mit Technik, ein Farblager und in den Hallen 4 - 7 Gerüstlager.

Das Grundstück Fl.Nr. …5 wurde am 25. April 2000 in die Grundstücke Fl.Nr. …5 (10.263 m²) und Fl.Nr. …5/2 (13.366 m²) geteilt, wobei auf dem Grundstück Fl.Nr. …5 das bereits 1951 vorhandene Verwaltungsgebäude (mit Wohnung, sozialen Räumen, angebauten Heizöllager), die Garagen, die umgebauten Kalkschlammbecken, die Lagerhalle und die Fahrradüberdachung verblieben. Der Kläger wurde am 25. April 2000 Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. …5.

Mit Bescheid vom 11. November 2005 setzte der Beklagte für das Grundstück Fl.Nr. …5 auf Grundlage der Beitrags- und Gebührensatzung zur Wasserabgabesatzung des Beklagten (BGS-WAS) vom 5. Dezember 1991 wegen der Geschossflächenvergrößerung von mehr als 60 m² einen Herstellungsbeitrag für die Wasserversorgungsanlage in Höhe von 36.838,38 EUR fest. Dieser Betrag errechnete sich aus 7.057,16 m² anrechenbarer Geschossfläche (Grundstücksfläche 10.263 m² x 0,8, abzüglich einer nach früherem Satzungsrecht maßgeblichen tatsächlicher Geschossfläche von 1.153,24 m²) multipliziert mit dem Beitragssatz von 4,50 EUR/m² zuzüglich 16% Mehrwertsteuer.

Das Verwaltungsgericht Würzburg hob mit Urteil vom 28. März 2007 (W 2 K 06.1011) den Beitragsbescheid vom 11. November 2005 auf, da die zugrunde liegende Beitrags- und Gebührensatzung zur Wasserabgabensatzung 1991, zuletzt geändert durch Änderungssatzung vom 1. Dezember 2004, nichtig gewesen sei.

Daraufhin erließ der Beklagte eine neue Satzung für die öffentliche Wasserversorgungsanlage (Wasserabgabesatzung - WAS) vom 1. Januar 2008 und eine neue Beitrags- und Gebührensatzung zur Wasserabgabensatzung (BGS-WAS) vom 1. Januar 2008.

Mit Bescheid vom 26. Oktober 2012 setzte der Beklagte auf Grundlage der neuen Satzung erneut einen Herstellungsbeitrag für das Grundstück Fl.Nr. …5 in Höhe von 39.563,83 EUR fest. Durch den Umbau der Kalkschlammbecken habe sich die anzurechnende Geschossfläche um mehr als 60 m² vergrößert. Maßgeblich sei für die anrechenbare Geschossfläche der Unterschied zwischen zulässiger und bisher maßgeblicher Geschossfläche. Die veranlagte Geschossfläche von 6.162,59 m² errechne sich aus der Grundstücksfläche 10.263 m² x 0,8, abzüglich einer beitragsfreien Geschossfläche nach § 5 Abs. 7 BGS-WAS von 894,57 m² und einer nach früherem Satzungsrecht bereits abgegoltenen Fläche von 1.153,24 m², multipliziert mit dem Beitragssatz von 6,00 EUR/m² zuzüglich 7% Mehrwertsteuer.

Hiergegen ließ der Kläger durch seinen Bevollmächtigten Widerspruch einlegen. Dieser wurde im Wesentlichen damit begründet, dass das rechtskräftige Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 28. März 2007 eine erneute Veranlagung des Grundstücks zu einem Herstellungsbeitrag ausschließe. Darüber hinaus sei der Rückgriff auf die zulässige Geschossflächenzahl verjährt.

Die Regierung von Unterfranken wies mit Widerspruchsbescheid vom 20. Januar 2016, zugestellt am 25. Januar 2016, diesen Widerspruch als unbegründet zurück. Auf die Ausführungen in diesem Bescheid wird verwiesen.

Der Begründung des Widerspruchbescheids folgend erhöhte die Beklagte den Herstellungsbeitrag mit Änderungsbescheid vom 17. Februar 2016 auf insgesamt 40.182,01 EUR. Dabei ging sie nun von einer nach früherem Satzungsrecht bereits abgegoltenen Fläche von 1.064,00 m² aus, so dass sich eine zu veranschlagende Geschossfläche von 6.258,88 m² ergebe.

II.

Der Kläger erhob hierauf mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 25. Februar 2016, eingegangen bei Gericht am selben Tag, Klage. Die Beitrags- und Gebührensatzung des Beklagten vom 1. Januar 2008 sei nichtig, da die Veranlagung nach der zulässigen Geschossfläche im Zusammenhang mit den Übergangsregelungen mit dem Gleichheitssatz nicht vereinbar sei. Die Beitragssatzung sei ein hochkompliziertes Gebilde, das nicht aus sich selbst heraus verständlich sei. Zudem sei Verjährung eingetreten. Auf die weitere Klagebegründung wird verwiesen.

Der Kläger beantragt zuletzt,

  • 1.Der Herstellungsbeitragsbescheid vom 26. Oktober 2012 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 17. Februar 2016 sowie der Widerspruchsbescheid der Regierung von Unterfranken vom 20. Januar 2016 werden aufgehoben.

  • 2.Die Zuziehung eines Bevollmächtigten wird für notwendig erklärt.

Der Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Die Beitrags- und Gebührensatzung des Beklagten vom 1. Januar 2008 sei wirksam. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 werde der Beitrag nach der zulässigen und rechtmäßig ermittelten Grundstücksfläche und der zulässigen Geschossfläche berechnet. Dieser kombinierte Beitragsmaßstab sei nach ständiger Rechtsprechung geeignet, eine sachgerechte Abgeltung des aus der Anschlussmöglichkeit erwachsenen Vorteils zu gewähren. Dem Satzungsgeber stehe es frei, einen in einer früheren Satzung enthaltenen Beitragsmaßstab durch einen anderen zu ersetzen. Dabei werde der Erhebungstatbestand hinsichtlich der Differenz zwischen der tatsächlichen Geschossfläche und der zusätzlichen Geschossfläche mit dem Inkrafttreten des neuen Beitragsmaßstabs verwirklicht. Der Satzungsgeber könne in einer Übergangsregelung für Eigentümer von Grundstücken, für die bereits nach früherem wirksamen Satzungsrecht eine Beitragspflicht entstanden war, das Entstehen einer weiteren Beitragspflicht in Höhe der Differenz zwischen der vorhandenen tatsächlichen zur zulässigen Geschossfläche auf den Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse (zum Beispiel Geschossflächenvergrößerung) hinausschieben. Nach einer Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 8. Januar 2002 (BayVBl 2002, 428) verstoße eine derartige Regelung nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz. Auch § 16 Abs. 1 BGS-WAS sei rechtmäßig. Nachdem die neue Satzung als erstmalig gültigen Beitragsmaßstab die zulässige Geschossfläche vorsehe, sei es nicht zu beanstanden, dass nur jene Beitragstatbestände als abgeschlossen betrachtet würden, für die nach dem bis zum 31. Dezember 2007 angewandten Satzungsrecht bereits ein Beitrag mit der vollen zulässigen Geschossfläche erhoben worden sei und keine Veränderung im Sinne des § 5 Abs. 9 BGA-WAS eingetreten sei.

Im Übrigen wird auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 21. Februar 2018, auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie auf die beigezogenen Behördenakten des Beklagten und der Regierung von Unterfranken, die Gegenstand des Verfahrens waren, Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Beklagte ist als Zweckverband richtiger Beklagter, § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO, Art. 2 Abs. 3, Art. 17 des Gesetzes über die kommunale Zusammenarbeit (KommZG) i.d.F. der Bek. vom 20. Juni 1994 (GVBl. S. 555, ber. 1995 S. 98, BayRS 2020-6-1-I). Er ist auch für den Erlass des Herstellungsbeitragsbescheids sachlich zuständig, da die Gemeinde G* … die Aufgabe der Wasserversorgung auf den Beklagten übertragen hat, Art. 17 Abs. 1 KommZG.

Nach Art. 5 Abs. 1 des Kommunalabgabengesetzes (KAG) i.d.F. d. Bek. vom 4. April 1993 (GVBl S. 264, BayRS 2024-1-I), zuletzt geändert durch Gesetz vom 13. Dezember 2016 (GVBl S. 351), können die Gemeinden zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung und Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen Beiträge von den Grundstückseigentümern und Erbbauberechtigten erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen besondere Vorteile bietet. Zu diesen Einrichtungen zählen auch die öffentlich betriebenen Wasserversorgungseinrichtungen. Ändern sich die für die Beitragsbemessung maßgeblichen Umstände nachträglich und erhöht sich dadurch der Vorteil, so entsteht dadurch grundsätzlich ein zusätzlicher Beitrag, Art. 5 Abs. 2a Satz 1 KAG. Von dieser Ermächtigung hat die Beklagte durch den Erlass der Satzung für die öffentliche Wasserversorgungsanlage des Zweckverbandes zur Wasserversorgung der Rhön-Maintal-Gruppe (Wasserabgabesatzung – WAS) vom 1. Januar 2008 und der Beitrags- und Gebührensatzung zur Wasserabgabesatzung des Zweckverbandes zur Wasserversorgung der Rhön-Maintal-Gruppe vom 1. Januar 2008 (BGS/WAS) Gebrauch gemacht.

Bedenken gegen das ordnungsgemäße Zustandekommen dieser Beitrags- und Gebührensatzung vom 1. Januar 2008 und der ihr zugrundeliegenden Wasserabgabesatzung vom 1. Januar 2008 sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Rechtsgrundlage für die Nacherhebung des Herstellungsbeitrages für das Grundstück des Klägers ist § 5 Abs. 1 Satz 1, Abs. 9 i.V.m. § 16 Abs. 2 Satz 1 und 3 Buchst. b) BGS/WAS. Danach wird der Beitrag nach der Grundstücksfläche und der zulässigen Geschossfläche berechnet. Nach der Übergangsregelung gelten die Grundstücke beitragsrechtlich als noch nicht abgeschlossen, für die nach dem bis zum 31. Dezember 1991 angewandten Satzungsrecht ein Beitrag nach den tatsächlichen Geschossflächen oder nach anderen früheren Maßstäben (zum Beispiel: Frontmeter) erhoben wurde. Für solche Grundstücke soll nach dem Willen des Beklagten eine weitere Beitragsschuld bei bebauten Grundstücken mit einer Geschossflächenerweiterung von insgesamt mehr als 60 m² im Vergleich zu der nach früherem Satzungsrecht beitragspflichtigen Geschossfläche für die Differenz zwischen der bereits vorhandenen nach früherem Satzungsrecht beitragspflichtigen und der zulässigen Geschossfläche entstehen.

Durch den Umbau der Kalkschlammbecken wurde mit Ablauf des Jahres 2001 unstrittig mehr als 60 m² zusätzlich zu veranlagende Geschossfläche auf dem Grundstück des Klägers geschaffen.

Die Erhebung des Herstellungsbeitrages war jedoch nicht mehr zulässig, weil die Beitragserhebung nach Ablauf der Dreißigjahresfrist in Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b) bb) 1. Spiegelstrich i.V.m. Art. 19 Abs. 2 KAG erfolgte. Ein Beitragstatbestand, der einmal verwirklicht wurde und damit eine Beitragspflicht begründet hat, kann nicht mehr zur Beitragserhebung führen, wenn entweder die Festsetzungsverjährung eingetreten ist oder die Erhebung nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b) bb) i.V.m. Art. 19 Abs. 2 KAG ohne Rücksicht auf die Entstehung der Beitragsschuld spätestens 20 bzw. 30 Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem die Vorteilslage eintrat (Ausschlussfrist), nicht mehr zulässig ist (BayVGH, U.v.13.7.2017 - 20 B 16.1695 - juris).

Der Beklagte hat mit der Beitrags- und Gebührensatzung zur Wasserabgabesatzung 2008 ab 1. Januar 2008 erstmals gültiges Satzungsrecht für die Erhebung von Herstellungsbeiträgen für die Wasserversorgungseinrichtung geschaffen. Wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 25. Februar 1993 - 23 B 90.931 – juris - feststellte, waren alle vorherigen Beitrags- und Gebührensatzungen des Zweckverbandes aus unterschiedlichen Gründen zumindest im Beitragsteil unwirksam. Das Verwaltungsgericht Würzburg erklärte mit Urteil vom 28. März 2007 (W 2 K 06. 1011 – juris), auch die Satzung vom 5. Dezember 1991 im Beitragsteil für nichtig. Das erstmals 2008 wirksam geschaffene Satzungsrecht wirkt auf den Zeitpunkt des tatsächlichen Anschlusses zurück, auch wenn diese neue Satzung nicht ausdrücklich rückwirkend erlassen wurde (vgl. BayVGH, B.v. 4.2.2010 – 20 ZB 09.3224 – juris – m.w.N.).

Der Ablauf der Festsetzungsverjährungsfrist folgt daraus, dass die Erhebung eines Herstellungsbeitrags nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG oder eines zusätzlichen Beitrags nach Art. 5 Abs. 2a KAG maßgeblich vom Vorteilsbegriff abhängig ist. Die Vorteilslage für das veranlagte Grundstück ist aber bereits mit dem tatsächlichen Anschluss an die Wasserversorgung im Jahr 1951 eingetreten, so dass selbst die Dreißigjahresfrist schon mit Ablauf des Jahres 1981 verstrichen war. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, dem sich die Kammer anschließt, begründete dies in seinem Urteil vom 13. Juli 2017 (20 B 16.1695 – juris), wie folgt:

„Sinn und Zweck dieser Regelung (Anm.: gemeint ist die Übergangsregelung) ist es, nach vorhergehendem nichtigen Satzungsrecht bei sogenannten Altanschließern die Beitragsschuld für die zulässige Geschossfläche erst dann entstehen zu lassen, wenn auf dem Grundstück bauliche Veränderungen, wie hier eine Geschossflächenmehrung vorgenommen werden. Es handelt sich somit um einen Nacherhebungstatbestand für den Beitragsmaßstab der zulässigen Geschossfläche. Nach nichtigem Satzungsrecht entsteht der Herstellungsbeitrag mit dem erstmaligen Inkrafttreten einer rechtmäßigen Beitragssatzung. Für Altanschließer wird die Entstehung des Beitrags für die zulässige Geschossfläche bis zum Eintritt eines zukünftigen Ereignisses hinausgeschoben. Damit zeigt sich aber, dass diese Regelung an die Vorteilslage beim erstmaligen Entstehen der Beitragsschuld anknüpft und die Geschossflächenmehrung lediglich den Zeitpunkt des Entstehens der Beitragsschuld festlegt. Der Begriff des Vorteils ist zwar rein tatsächlich zu verstehen, kann aber immer nur unter Berücksichtigung des vom Beitragsgläubiger in seiner Satzung gewählten Beitragsmaßstabs bestimmt werden.“

Daraus ergibt sich, dass unter Zugrundelegung des Beitragsmaßstabes der zulässigen Geschossfläche – anders als beim Beitragsmaßstab der tatsächlichen Geschoßfläche - bei der Schaffung von neuen zusätzlichen Geschossflächen durch den Ausbau der Kalkschlammbecken gerade kein zusätzlicher Vorteil angenommen werden kann. Voraussetzung für die Erhebung eines zusätzlichen Beitrags nach Art. 5 Abs. 2a Satz 1 KAG ist aber, dass sich nachträglich die für die Beitragsbemessung maßgeblichen Umstände ändern und sich dadurch der Vorteil erhöht. Durch den Ausbau der Kalkschlammbecken zu Betriebsgebäuden hat sich der für die Beitragsbemessung maßgebliche Umstand, also die zulässige Geschossfläche nach § 5 Abs. 1 BGS/EWS 2008, aber nicht geändert. Lediglich die tatsächliche Geschossfläche erhöhte sich, was für die Beitragserhebung nach dem Maßstab der zulässigen Geschossfläche allerdings ohne Belang ist.“

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof führt im oben genannten Urteil zu einer gleichlautenden Satzungsregelung weiter aus, dass es sich bei der Übergangsregelung (hier: § 16 BGS/EWS) um eine aufschiebend bedingte erstmalige Entstehung der Beitragsschuld handele. „Demgemäß ging der Gesetzgeber bei Erlass des Gesetzes über die Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 1. April 2014 davon aus, dass solche Übergangsregelungen wie hier als rein rechtliche Aspekte des Entstehens der Beitragsschuld keinen Einfluss auf das Entstehen der Vorteilslage besitzen (vgl. LT-Drucksache 17/370 S. 13).“ Deshalb muss bei der Beitragserhebung die Zwanzigbzw. Dreißigjahresfrist des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b) bb) 1. Spiegelstrich i.V.m. Art. 19 Abs. 2 KAG beachtet werden. Ein Herstellungsbeitrag kann für das Grundstück des Klägers damit nicht mehr festgesetzt werden.

Nach den Ausführungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes wird dieses Ergebnis dadurch bestätigt, dass auch ohne Erlass der Übergangsregelung kein Herstellungsbeitrag für das Grundstück des Klägers mehr verlangt werden konnte und kann, weil nach dem Satzungsrecht des Beklagten bis zum Ablauf der Zwanzigjahresfrist nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b) bb) 1. Spiegelstrich KAG bzw. dem Ablauf der Dreißigjahresfrist des Art. 19 Abs. 2 KAG keine wirksame Beitragssatzung vorgelegen hat und somit auch keine Beitragsschuld für das Grundstück des Klägers entstehen konnte.

Nach alledem sind der Herstellungsbeitragsbescheid vom 26. Oktober 2912, in der Fassung des Änderungsbescheids vom 17. Februar 2016, sowie der Widerspruchsbescheid der Regierung von Unterfranken vom 20. Januar 2016 rechtswidrig und aufzuheben.

Der Klage war deshalb mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Zivilprozessordnung - ZPO | § 711 Abwendungsbefugnis


In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt e

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 78


(1) Die Klage ist zu richten 1. gegen den Bund, das Land oder die Körperschaft, deren Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen oder den beantragten Verwaltungsakt unterlassen hat; zur Bezeichnung des Beklagten genügt die Angabe der Behörde,2

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 13. Juli 2017 - 20 B 16.1695

bei uns veröffentlicht am 13.07.2017

Tenor I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 15. Februar 2016 wird geändert. Der Bescheid der Beklagten vom 17. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung der Oberpfalz vom 24. Februar 2015 wird

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(1) Die Klage ist zu richten

1.
gegen den Bund, das Land oder die Körperschaft, deren Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen oder den beantragten Verwaltungsakt unterlassen hat; zur Bezeichnung des Beklagten genügt die Angabe der Behörde,
2.
sofern das Landesrecht dies bestimmt, gegen die Behörde selbst, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen oder den beantragten Verwaltungsakt unterlassen hat.

(2) Wenn ein Widerspruchsbescheid erlassen ist, der erstmalig eine Beschwer enthält (§ 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2), ist Behörde im Sinne des Absatzes 1 die Widerspruchsbehörde.

Tenor

I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 15. Februar 2016 wird geändert. Der Bescheid der Beklagten vom 17. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung der Oberpfalz vom 24. Februar 2015 wird aufgehoben.

II. Die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge trägt die Beklagte. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu einem Kanalherstellungsbeitrag. Sie ist Eigentümerin des Grundstücks Fl.-Nr. 5395 der Gemarkung … Das Grundstück wurde im Jahre 1969 erstmals an die öffentliche Entwässerungseinrichtung angeschlossen und war damals bereits mit einem Einfamilienhaus bebaut. Die Klägerin wurde mit Bescheid vom 13. Mai 1969 zu einer Anschlussgebühr nach dem Frontmetermaßstab in Höhe von 1749,- DM herangezogen. Aufgrund des Baugenehmigungsbescheides der Stadt ... vom 2. Juni 2010 führte die Klägerin das Vorhaben „Ausbau des Dachgeschosses und Einbau einer Schleppgaube in das bestehende Wohnhaus“ im Jahr 2011 aus.

Mit Bescheid der Beklagten vom 7. November 2013 wurde für das Grundstück der Klägerin Fl.-Nr. 5395 der Gemarkung … ein Kanalherstellungsbeitrag in Höhe von 3218,40 € erhoben. Zur Begründung führte die Beklagte aus, der Beitrag berechne sich nach der Grundstücksfläche und der erreichbaren zulässigen Geschossfläche. Bei Grundstücken, die bislang noch nicht zur zulässigen Geschossfläche, sondern nach einem anderen Abrechnungsmaßstab abgerechnet worden seien, erfolge erst im Baufall eine Beitragsnachberechnung der Geschossfläche (§ 9 BGS/EWS). Das Grundstück sei noch nicht zur zulässigen Geschossfläche veranlagt worden. Mit dem Dachgeschossausbau, der am 1. August 2011 fertiggestellt worden sei, sei die Geschossfläche vergrößert worden. Aus diesem Grund sei ein Kanalherstellungsbeitrag nachzuerheben. Dabei werde die Differenz aus der vorhandenen Geschossfläche (vor dem Bau) zur erreichbaren zulässigen Geschossfläche veranlagt. Beitragspflichtig sei, wer im Zeitpunkt des Entstehens der Beitragsschuld Grundstückseigentümer gewesen sei. Da die Klägerin im Zeitpunkt der Baufertigstellung Grundstückseigentümerin gewesen sei, werde der Beitrag von ihr erhoben.

Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Regierung der Oberpfalz mit Widerspruchsbescheid vom 24. Februar 2015 zurück. Die Berechnung des zusätzlichen Geschossflächenbeitrags gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 BGS-EWS und § 5 Abs. 1 BGS- EWS sei nicht gemäß dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 5. März 2013 und der zum 1. April 2014 in Kraft getretenen Änderung von Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b) bb) KAG rechtswidrig. Das bebaute Grundstück sei zwar schon seit 1969 an die städtische Entwässerungseinrichtung angeschlossen und habe seit dieser Zeit einen beitragsrechtlich relevanten Vorteil aus dieser Einrichtung. Durch den Ausbau des Dachgeschosses im Jahr 2011 erfahre das Grundstück jedoch einen weiteren, anderen Vorteil, der beitragsrechtlich noch nicht abgegolten sei. Es werde auch auf die amtliche Begründung zum Gesetzesentwurf zur Änderung des KAG vom 31. Januar 2014 (LT-Drs. 17/370 S.13) verwiesen. Dort werde ausdrücklich angesprochen, dass satzungsrechtliche Übergangsbestimmungen zulässig seien, die einen Maßstabswechsel von der tatsächlichen zur zulässigen Geschossfläche zum Gegenstand hätten und hinsichtlich des Entstehens der Beitragsschuld auf die Vornahme von baulichen Veränderungen durch den Beitragsschuldner abstellten.

Die hiergegen erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht Regensburg mit Urteil vom 15. Februar 2016 ab. Rechtsgrundlage für die Nacherhebung eines Kanalherstellungsbeitrags sei Art. 5 KAG i.V.m. §§ 9 und 5 der BGS-EWS vom 22. Dezember 2009. Durch den Dachgeschossausbau im Jahre 2011 sei dieser Beitragstatbestand erfüllt worden. Beim Übergang von der tatsächlichen auf die zulässige Geschossfläche werde der Nacherhebungstatbestand hinsichtlich der Differenz zwischen der tatsächlichen Geschossfläche und der zulässigen Geschossfläche mit dem Inkrafttreten des neuen Beitragsmaßstabes verwirklicht. Dadurch werde lediglich derjenige Tatbestand der zulässigen Bebauung, der bisher nicht oder noch nicht zur Gänze durch einen (Teil-) Beitrag abgegolten gewesen sei, für die Zukunft zeitlich vorgezogen. Der Tatbestand der Verwirklichung der zulässigen Geschossfläche sei bisher noch nicht abgeschlossen gewesen, eine Beitragspflicht insoweit also noch nicht entstanden, geschweige denn abgegolten. Dabei sei es möglich, die Differenz zwischen dem bereits erhobenen Beitragsanteil der vorhandenen Geschossfläche zur zulässigen Geschossfläche sofort mit Satzungserlass fällig zu stellen. Es sei aber auch möglich, das Entstehen des Beitrags von einer weiteren Bebauung abhängig zu machen. Bei Altanschließern entstehe dann aufgrund einer entsprechenden Übergangsregelung erst dann die weitere Beitragsschuld, wenn ein unbebautes Grundstück bebaut oder bei einem bebauten Grundstück die Geschossfläche vergrößert werde. Die Nacherhebung beschränke sich dann auf die Differenz zwischen zulässiger Geschossfläche und bereits abgegoltener tatsächlicher Geschossfläche. Dabei handle es sich um eine altanschließerfreundliche Regelung, denn Neuanschließer würden unmittelbar in Anspruch genommen. Die der Anschlussgebührenerhebung 1969 zugrunde liegende Entwässerungssatzung vom 19. April 1967 sei nichtig gewesen, weil sie auf einen unzulässigen sog. Frontmetermaßstab abgestellt habe. Erstmals mit der Satzung zur Änderung der Satzung für die öffentliche Entwässerungseinrichtung der Stadt ... vom 26. Juli 1972 sei dann auf den bis heute geltenden Beitragsmaßstab Grundstücksfläche und zulässige Geschossfläche umgestellt worden. Damit sei dem Umstand Rechnung getragen, dass die vorherige Beitragssatzung nichtig gewesen sei. Auf diese Weise habe auch kein abgeschlossener Beitragstatbestand vorgelegen. Der Anwendung des § 9 Abs. 1 Satz 1 BGS-EWS (2009) auf den vorliegenden Fall stünden nicht die Ausschlussfristregelung des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b) bb) 1. Spiegelstrich, Art. 19 Abs. 2 KAG entgegen. Für den Beginn der 20- bzw. 30-Jahresfrist sei der Eintritt der Vorteilslage maßgeblich. Diese sei unabhängig von den rechtlichen Entstehungsvoraussetzungen des Beitrags. Aus dem Begriff der Vorteilslage sei jedenfalls auch abzuleiten, dass auf den jeweils durch die Einrichtung vermittelten Vorteil für das Grundstück abzustellen sei. Im Laufe der Zeit könne durch Veränderungen am Grundstück eine neue, andere Vorteilslage eintreten, so zum Beispiel wenn ein bebautes Grundstück eine bauliche Erweiterung erfahre. Derartige tatsächliche Entwicklungen, die nach Art. 5 Abs. 2a Satz 1 KAG Auswirkungen auf den Vorteil und damit auf die Beitragsbemessung hätten, bewirkten auch eine neue Vorteilslage. Der Eintritt der neuen Vorteilslage setze aber hinsichtlich des neu hinzukommenden Vorteils die Ausschlussfrist gesondert in Gang. Wenn der Einrichtungsträger den Vollzug des Maßstabswechsels an eine aktuelle Grundstücksmehrung anknüpfen dürfe, liege das beitragsauslösende Ereignis aber nicht in der Vergangenheit, sondern in der Gegenwart. Dementsprechend werde in der Gesetzesbegründung zur Neufassung des Art. 13 KAG klargestellt, dass satzungsrechtliche Übergangsregelungen, die einen Maßstabswechsel hin zum Maßstab der zulässigen Geschossfläche zum Gegenstand hätten und hinsichtlich des Entstehens der Beitragsschuld auf die Vornahme baulicher Veränderungen durch den Beitragsschuldner abstellten, unberührt blieben, da sie als rein rechtliche Aspekte den Eintritt der Vorteilslage nicht beeinflussten. Zudem wirkten derartige satzungsrechtliche Übergangsvorschriften nicht auf in der Vergangenheit abgeschlossene Beitragstatbestände ein, sondern hätten lediglich die künftige bauliche Ausnutzbarkeit des Grundstücks im Blick. Das Rechtsstaatsprinzip in seiner Ausprägung als Gebot der Belastungsklarheit und Belastungsvorhersehbarkeit, schütze aber nur davor, dass lange zurückliegende, in tatsächlicher Hinsicht abgeschlossene Vorgänge zeitlich unbegrenzt zur Anknüpfung neuer Lasten herangezogen werden könnten. Übergangsregelungen fänden sich jedoch bereits in § 34 Abs. 3 der Entwässerungssatzung 1972 und entsprechende Übergangsvorschriften fänden sich dann durchgehend in den nachfolgenden Satzungen, so in § 8 der Satzung zur Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die öffentliche Entwässerungseinrichtung vom 14. Januar 1980, § 8 der Satzung zur Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die öffentliche Entwässerungseinrichtung vom 1. Oktober 1985, § 8 der Änderungssatzung vom 17. November 1987, § 8 der Änderungssatzung vom 22. Oktober 1998, § 8 der Beitrags-und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung um 18. Dezember 2001 und § 5 Abs. 13 der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 18. Dezember 2007.

Der Senat hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Die Klägerin beantragte mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 31. Oktober 2016,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 15. Februar 2016 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 17. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung der Oberpfalz vom 24. Februar 2015 aufzuheben.

Die Klägerin genieße Vertrauensschutz, weil die Erhebung des Beitrags im Jahre 1969 durch den sog. Frontmetermaßstab bereits abschließend gewesen sei. Auch 1972 konnte durch die Satzung der Stadt ... vom 26. Juli 1972 kein neuer Beitragstatbestand entstehen. Dies verdeutliche gerade die Übergangsregelung in § 34 Abs. 3 der Entwässerungssatzung. Die Vorteilslage bestehe schon seit 1969. Die Nacherhebung dieser Beiträge sei deshalb aufgrund der Ausschlussregelung des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b) bb) 1. Spiegelstrich KAG unzulässig. Durch den Dachgeschossausbau sei kein neuer Vorteil entstanden, weil eine weitere Bebauung bereits seit über 40 Jahren zulässig sei. Der Ausbau des Dachgeschosses sei aber gerade kein tatsächlicher Anknüpfungspunkt dafür, einen Wandel der Vorteilslage hin zu einer zulässigen Geschossfläche vorzunehmen. Die von der Beklagten vorgesehenen Übergangsregelungen verstießen gegen den Grundsatz der Belastungsklarheit und seien damit verfassungswidrig und nichtig. Ein Wandel des Beitragsmaßstabes sei eine rechtliche Erwägung, die mit tatsächlichen Gegebenheiten aus Sicht des betroffenen Bürgers überhaupt nichts zu tun habe. Für einen Bürger sei nicht ersichtlich, warum ein Ausbau der Dachgeschossfläche im Jahre 2011 nunmehr nachträglich Beiträge für eine seit 1969 bestehende weitere zulässige Geschossfläche begründen sollte. Ergänzend werde geltend gemacht, dass für das Grundstück der Klägerin nunmehr auf der Grundlage der aktuellen Satzung für die zulässige Geschossfläche deutlich höhere Beiträge pro Quadratmeter erhoben würden, als dies nach der alten Satzung 1972 der Fall gewesen wäre. Die Klägerin werde dadurch unmittelbar belastet. Von einer altanschließerfreundlichen Regelung könne hier nicht gesprochen werden. Vielmehr werde die Klägerin benachteiligt, weil bei einer Zahlung im Jahr 1972 ein deutlich geringerer Betrag zu zahlen gewesen wäre.

Die Landesanwaltschaft Bayern beteiligte sich mit Schriftsatz vom 28. November 2016 am Verfahren und verteidigte das angefochtene Urteil. Der ursprüngliche beitragsrechtliche Vorteil der Klägerin, der im Anschluss an die öffentliche Entwässerungseinrichtung liege, habe sich durch den Maßstabswechsel weder vergrößert noch verkleinert. Deshalb habe der Maßstabswechsel alleine keine neue Vorteilslage begründen können. Eine neue Vorteilslage sei erst durch den im Jahr 2011 erfolgten Dachgeschossausbau eingetreten.

Die Beklagte beantragte,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung verwies sie auf ihr bisheriges Vorbringen und auf die Ausführungen der Landesanwaltschaft.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Gerichts- und Behördenakten verwiesen. Hinsichtlich des Verlaufes der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen

Gründe

Die zulässige Berufung ist begründet.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 15. Februar 2016 wird geändert und der Bescheid der Beklagten vom 17. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung der Oberpfalz vom 24. Februar 2015 aufgehoben, weil er rechtswidrig ist und die Klägerin dadurch in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die Beklagte ist als selbständiges Kommunalunternehmen (Art. 84 BayGO) in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts richtige Beklagte (§ 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), weil sie den streitgegenständlichen Bescheid erlassen hat. Die Beklagte ist auch für den Erlass des Herstellungsbeitragsbescheids sachlich zuständig und befugt. Die Aufgabe der Abwasserbeseitigung hat die Stadt ... an die Stadtwerke ... durch § 2 Abs. 1 der Unternehmenssatzung des Kommunalunternehmens Stadtwerke... vom 28. Juni 2012 übertragen. Damit war sie zur Erhebung des Herstellungsbeitrags für die Entwässerungsanlage befugt (BayVGH, U.v. 16.2.2017 - 20 BV 16.90 - juris).

Nach Art. 5 Abs. 1 KAG können die Gemeinden zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen Beiträge von den Grundstückseigentümern und Erbbauberechtigten erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen besondere Vorteile bietet. Zu diesen Einrichtungen zählen auch die öffentlich betriebenen Entwässerungseinrichtungen, wie die der Beklagten. Von dieser Ermächtigung hat die Beklagte durch den Erlass einer Beitrags- und Gebührensatzung vom 25. Juni 2013 (BGS/EWS 2013) Gebrauch gemacht. Bedenken gegen das ordnungsgemäße Zustandekommen dieser Beitragssatzung und der zugrundeliegenden Entwässerungssatzung vom 21. Dezember 2012 (EWS 2012) sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Auf die Beitrags- und Gebührensatzung der Stadt ... vom 28. Juli 2009 kommt es entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht an, weil nicht die Stadt ..., sondern die beklagten Stadtwerke Beitragsgläubigerin sind. Gemäß Art. 5 Abs. 2a Satz 1 KAG entsteht ein zusätzlicher Beitrag, wenn sich nachträglich die für die Beitragsbemessung maßgeblichen Umstände ändern und sich dadurch der Vorteil erhöht.

Die Erhebung des Herstellungsbeitrags war jedoch nicht mehr zulässig, weil die Beitragserhebung nach Ablauf der Zwanzigjahresfrist nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b) bb) 1. Spiegelstrich KAG erfolgte, denn das Grundstück der Klägerin wurde bereits im Jahre 1969 an die öffentliche Entwässerungsanlage angeschlossen, so dass die Zwanzigjahresfrist mit Ablauf des Jahres 1989 abgelaufen war. Auch die Dreißigjahresfrist des Art. 19 Abs. 2 KAG für Beiträge, die vor dem 1. April 2014 durch nicht bestandskräftigen Bescheid festgesetzt sind, war bereits abgelaufen, so dass es auf deren Anwendbarkeit hier nicht ankommt. Die Erhebung eines Herstellungsbeitrags nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG oder eines zusätzlichen Beitrags nach Art. 5 Abs. 2a KAG haben sich am Vorteilsbegriff zu orientieren. Daran anknüpfend kann ein Beitragstatbestand, der einmal verwirklicht wurde und damit eine Beitragspflicht entstanden ist, nicht mehr zur Beitragserhebung führen, wenn die Festsetzungsverjährung eingetreten ist oder wenn nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b) bb) KAG die Festsetzung eines Beitrags ohne Rücksicht auf die Entstehung der Beitragsschuld spätestens 20 Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem die Vorteilslage eintrat, nicht mehr zulässig ist.

Rechtsgrundlage für die Nacherhebung des Herstellungsbeitrags für das Grundstück der Klägerin ist § 9 Abs. 1 der BGS/EWS (2013). Dieser lautet:

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Übergangsregelung

(1) Bei einem bebauten Grundstück, für welches aufgrund einer früheren (auch nichtigen) Satzung eine Anschlussgebühr/ein Beitrag erhoben worden ist, ist eine Beitragsnachberechnung aus der Differenz der vor dieser Erhebung vorhandenen Geschossfläche zur zulässigen Geschossfläche vorzunehmen, wenn eine Veränderung der baulichen Ausnutzung vorgenommen wird. Ist aufgrund dieser Veränderung die nunmehrige tatsächliche Geschossfläche größer als die zulässige Geschossfläche, so ist jene für die Nachberechnung maßgeblich.“

Sinn und Zweck dieser Regelung ist es, nach vorhergehendem nichtigen Satzungsrecht bei sogenannten Altanschließern die Beitragsschuld für die zulässige Geschossfläche erst dann entstehen zu lassen, wenn auf dem Grundstück bauliche Veränderungen, wie hier eine Geschossflächenmehrung durch einen Dachgeschossausbau, vorgenommen werden. Es handelt sich somit um einen Nacherhebungstatbestand für den Beitragsmaßstab der zulässigen Geschossfläche. Nach nichtigem Satzungsrecht entsteht der Herstellungsbeitrag mit dem erstmaligen Inkrafttreten einer rechtmäßigen Beitragssatzung. Für Altanschließer wird die Entstehung des Beitrags für die zulässige Geschossfläche bis zum Eintritt eines zukünftigen Ereignisses hinausgeschoben. Damit zeigt sich aber, dass diese Regelung an die Vorteilslage beim erstmaligen Entstehen der Beitragsschuld anknüpft und die Geschossflächenmehrung lediglich den Zeitpunkt des Entstehens der Beitragsschuld festlegt. Der Begriff des Vorteils ist zwar rein tatsächlich zu verstehen, kann aber immer nur unter Berücksichtigung des vom Beitragsgläubiger in seiner Satzung gewählten Beitragsmaßstabs bestimmt werden. Unter Zugrundelegung des Beitragsmaßstabes der zulässigen Geschossfläche handelt es sich beim Dachgeschossausbau gerade nicht, wie beim Maßstab der tatsächlichen Geschossfläche, um die Abschöpfung eines zusätzlichen, durch die Geschossflächenmehrung vermittelten Vorteils. Die Erhebung eines zusätzlichen Beitrags nach Art. 5 Abs. 2a Satz 1 KAG setzt aber voraus, dass sich nachträglich die für die Beitragsbemessung maßgeblichen Umstände ändern und sich dadurch der Vorteil erhöht. Die für die Beitragsbemessung maßgeblichen Umstände, also entsprechend der der Beitragserhebung zugrundeliegenden BGS/EWS (2013) die zulässige Geschossfläche, haben sich durch den Dachgeschossausbau aber nicht geändert, sondern die tatsächliche Geschossfläche, was für die Beitragserhebung nach dem Maßstab der zulässigen Geschossfläche allerdings ohne Belang ist. Selbst wenn man im Dachausbau eine Änderung der maßgeblichen Umstände sehen möchte, würde sich der zusätzliche Vorteil in diesem erschöpfen und nicht durch die zulässige Geschossfläche wiedergespiegelt werden. Hält man sich dann noch vor Augen, dass die Beitragssatzung die Erhebung von zusätzlichen Beiträgen entsprechend Art. 5 Abs. 2a KAG in § 5 Abs. 9 BGS/EWS (2013) geregelt hat, so wird deutlich, dass es sich bei der Übergangsregelung des § 9 BGS/EWS (2013) um eine aufschiebend bedingte erstmalige Entstehung der Beitragsschuld handelt. Demgemäß ging der Gesetzgeber bei Erlass des Gesetzes über die Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 1. April 2014 davon aus, dass solche Übergangsregelungen wie hier als rein rechtliche Aspekte des Entstehens der Beitragsschuld keinen Einfluss auf das Entstehen der Vorteilslage besitzen (vgl. LT-Drucksache 17/370 S. 13). Deshalb muss hier bei der Beitragserhebung genauso die Zwanzigjahresfrist des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b) bb) 1. Spiegelstrich KAG beachtet werden. Ein Herstellungsbeitrag kann für das Grundstück der Klägerin damit nicht mehr festgesetzt werden.

Dieses Ergebnis wird dadurch bestätigt, dass auch ohne Erlass der Übergangsregelung des § 9 BGS/EWS (2013) kein Herstellungsbeitrag für das Grundstück der Klägerin mehr verlangt werden konnte und kann, weil nach dem Satzungsrecht der Stadt... bis zum Ablauf der Zwanzigjahresfrist nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b) bb) 1. Spiegelstrich KAG und dem Ablauf der Dreißigjahresfrist des Art. 19 Abs. 2 KAG keine wirksame Beitragssatzung vorgelegen hat und somit auch keine Beitragsschuld für das Grundstück der Klägerin entstehen konnte. Der Beitragstatbestand der Satzung für die öffentliche Entwässerungseinrichtung der Stadt ... vom 28. April 1967 war unwirksam, weil er in § 32 Abs. 1 einen sog. Frontmetermaßstab enthielt. Der Frontmetermaßstab ist für sich allein ungeeignet, die durch die Anschlussmöglichkeit erlangten Vorteile sachgerecht zu bewerten und abzugelten (BayVGH, U.v. 23.4.1998 - 23 B 96.3932 - juris). Auch die Satzung zur Änderung der Satzung für die öffentliche Entwässerungseinrichtung der Stadt ... vom 26. Juli 1972 war u.a. unwirksam, weil sie in § 32 Abs. 3 eine unzulässige Privilegierung für bestimmte Nutzungsarten enthielt und in § 32 Abs. 5 im unbeplanten Bereich auf die tatsächliche Geschossfläche abgestellt hat. Die Satzung zur Erhebung von Beiträgen für die öffentliche Entwässerungseinrichtung vom 15. Januar 1980 war u.a. aus den gleichen Gründen (vgl. § 5 Abs. 3 und 6) unwirksam. Die Satzung zur Erhebung von Beiträgen für die öffentliche Entwässerungseinrichtung vom 15. Oktober 1985 war in jedem Fall unwirksam, weil sie in § 5 Abs. 6 für Grundstücke im Außenbereich als zulässige Geschossfläche ein Viertel der Grundstücksfläche in Ansatz gebracht hat. Bei einem Grundstück im Außenbereich ist es ohne Bedeutung, ob die Satzung im Maßstab auf zulässige oder vorhandene Geschossfläche abstellt, weil sich die zulässige Geschossfläche eines Grundstücks im Außenbereich ausschließlich nach der tatsächlich vorhandenen Bebauung bestimmt; das heißt, zulässige Bebauung und vorhandene Bebauung sind in diesem Fall identisch (vgl. Driehaus, Kommunales Abgabenrecht, § 8 Anm. 740i Buchst. c). Die Änderungssatzungen vom 17. Novem-ber 1987 und vom 22. Oktober 1998 führten zu keinen wirksamen Satzungsregelungen, weil die Nichtigkeit einer Satzung grundsätzlich nicht allein durch die Änderung der die Nichtigkeit bewirkenden Bestimmungen behoben werden kann; vielmehr bedarf es des Neuerlasses der gesamten ungültigen Satzung bzw. des gesamten ungültigen Satzungsteils, hier der Beitragssatzung (vgl. BayVGH, U.v. 19.2.2003 - 23 B 02.1109 - BayVBl 2003, 435). Im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Beitragssatzung für die Entwässerungsanlage vom 18. Dezember 2001 zum 1. Januar 2002 waren die Ausschlussfristen des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b) bb) KAG und des Art. 19 Abs. 2 KAG jedoch abgelaufen. Eine Beitragsfestsetzung war jedenfalls mit dem Ablauf des Jahres 1999 nicht mehr möglich.

Ergibt sich nach alledem, dass für das Grundstück der Klägerin im Zeitpunkt des Erlasses des Beitragsbescheids keine Festsetzung eines Herstellungsbeitrags für die Entwässerungseinrichtung mehr möglich war, kommt es auf die Frage der Wirksamkeit der Übergangsregelung des § 9 BGS/EWS 2013 nicht mehr an. Es stellt sich nämlich die Frage, ob die Veränderung der baulichen Ausnutzung tatsächlich ein sachlicher Anknüpfungspunkt für die Nacherhebung im Allgemeinen und hier im Besonderen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 VwGO, § 709 Sätze 1 und 2 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.